Ein süßes Biest

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Mit ihren blonden Locken, den strahlend blauen Augen und der sexy Figur ist das Model Hope der Inbegriff der Schönheit. Auch der selbstbewusste Unternehmer Alex könnte in ihr seine Traumfrau sehen - wenn da nur nicht ihr lockerer Lebenswandel wäre! In allen Blättern ist zu lesen, dass sie ein Verhältnis mit dem Regisseur Lloyd Elliot haben soll, obwohl er noch verheiratet ist. Als Hope wütend in Alex' Firma stürmt, um ihm die Meinung zu sagen, geraten sie so in Streit, dass sie in der Montagehalle fällt und sich ein Bein bricht. Alex besucht sie in ihrem Zwangsurlaub zu Hause und verwöhnt sie mit seinen Küssen. Er kommt von diesem süßen, begehrenswerten Biest einfach nicht los. Happy End? Wohl kaum. Denn wenige Tage später überrascht Alex Lloyd an Hopes Krankenbett...


  • Erscheinungstag 27.04.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733746391
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Auf Hochzeiten muss ich immer weinen“, sagte Tricia, Hopes Cousine, und betupfte die Augen mit ihrem Batisttaschentuch.

Hope konnte jedoch keine Tränenspuren auf Tricias Gesicht entdecken. „Na, dann sind ja auf deiner eigenen Hochzeit auch reichlich Tränen geflossen, oder?“ Sogleich bereute sie die Bemerkung. Es war kein Geheimnis, dass Tricias Ehe nicht in Ordnung war. Aber Hope mochte Tricia nicht, sie war ihr zu oberflächlich und zu wenig spontan. Und da Hope sich schon eine halbe Stunde mit ihr unterhielt, wurde sie ungeduldig.

„Roger ist geschäftlich in Genf“, verteidigte Tricia ihren abwesenden Mann, obwohl alle wussten, dass er eine jüngere Geliebte hatte. „Ich vermisse ihn sehr, aber das verstehst du nicht. Du bist ja nicht verheiratet.“

Hope ließ die Beleidigung an sich abprallen. In den vergangenen Wochen hatte sie schlimmere Anschuldigungen ausgehalten. Doch Tricias indirekte Zurechtweisung hatte sie irgendwie verdient.

„Dann machen wir Fotos von dir, damit Roger sieht, wie gut du heute aussiehst“, schlug Hope vor, um den Fehler gutzumachen. „Bitte lächeln, Tricia. Anna hat mich aufgefordert, alles, was sich bewegt, zu fotografieren. Schade, dass sie ausgerechnet zwölf Stunden vor Lindys Hochzeit die Zwillinge zur Welt bringen musste.“

Dass Anna nicht dabei sein konnte, trübte Lindys Freude an diesem schönen Tag etwas. Die Drillinge standen sich sehr nah, und Rosalind hatte sich gewünscht, an ihrem großen Tag ihre beiden Schwestern um sich zu haben.

„Zwillinge!“ Tricia schauderte.

„Wenigstens keine Drillinge“, erwiderte Hope.

Als Tricia ihr dann wieder einmal in allen Einzelheiten die schwierige Geburt ihres Kinds beschrieb, fühlte Hope sich in ihrer Überzeugung bestärkt, lieber keine Kinder zu bekommen. Vielleicht war es ihr Schicksal, nicht zu heiraten und nur Nichten und Neffen zu haben.

Zwanzig Minuten später ging Hope in ihrem langen Seidenrock auf das kleine Zelt im Garten ihres Elternhauses zu. Die Musik, die zu ihr herüberdrang, lud geradezu zum Tanzen ein.

Plötzlich bemerkte sie Alex Matheson. Er stand mit anderen in einer kleinen Gruppe zusammen. Beim Sprechen gestikulierte er mit den Händen, wie um seinen Standpunkt zu bekräftigen. Seine Bewegungen wirkten sparsam und fließend. Hope holte die Kamera hervor und machte rasch einige Aufnahmen.

Als er sich zu ihr umdrehte und sie ansah, war sie irritiert und wurde verlegen. Sie wandte sich ab, als fühlte sie sich ertappt. So etwas war ihr noch nie passiert.

Na großartig, dachte sie, und dann fiel ihr auch noch die Schutzkappe für die Linse auf den feuchten Boden.

„Kann ich Ihnen helfen?“

Sie bückten sich gleichzeitig und griffen nach dem kleinen Deckel. Dabei berührte Hope unabsichtlich Alex’ Hand. Seine Hände mit den gepflegten Fingernägeln passen zu dem Gesamteindruck und der Aura von Macht und Kraft, die er ausstrahlt, es sind die Hände eines Manns, der zupacken kann und mit beiden Beinen mitten im Leben steht, dachte sie. Sekundenlang hatte sie das Gefühl, seine faszinierende Vitalität mit allen Sinnen bis in die Fingerspitzen in sich aufzunehmen.

„Danke.“ Sie hielt die Hand auf. „Die Kamera gehört mir nicht“, erklärte sie und lächelte ihn freundlich an.

Als international berühmtes Model war sie daran gewöhnt, dass die Leute sie sogleich erkannten, denn ihr Gesicht tauchte in vielen Werbespots auf. Und nach der schmutzigen Medienkampagne, die in letzter Zeit um ihre Person stattgefunden hatte, gab es kaum noch jemanden im ganzen Land, der nicht wusste, wer sie war, außer Alex Matheson, wie es schien. Jedenfalls begegnete er ihr vorurteilsfrei, was Hope ihm hoch anrechnete.

Er richtete sich auf. „Ein guter Apparat.“ Seine tiefe Stimme klang etwas heiser und ungemein erotisch.

„Und idiotensicher, behauptet Adam. Er ist mein Schwager.“ Auch Hope richtete sich wieder auf.

„Ich kenne ihn.“

„Klar.“ Alex war einer der größten Arbeitgeber in der kleinen Gemeinde. Adam und er verkehrten bestimmt in denselben Kreisen. „Letzte Nacht hat Anna Zwillinge bekommen, Jungen. Es soll noch niemand erfahren, weil heute Lindys großer Tag ist. Nach der Trauung haben Lindy und Sam sie rasch besucht.“

Alex nickte. „Ja, ich habe es schon gehört. Sie frieren“, fügte er hinzu, als sie erbebte. „Gehen wir hinein?“ Er drehte sich zum Haus um.

Ihm zuliebe verzichtete Hope gern aufs Tanzen. Der Mann war absolut faszinierend. „Ich habe heute extra meine warmen Dessous angezogen. Wenn man im Winter Brautjungfer spielen muss, wird einem das jeder verzeihen.“

„Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Aber stimmt es wirklich?“

Seine Wärme schien sie einzuhüllen wie eine Decke. Oder liegt es an seinem herzlichen und offenen Blick, dass mir plötzlich ganz warm wird? überlegte sie. Die weniger tanzfreudigen Gäste saßen im Haus von Hopes Eltern zusammen, wo die Hochzeit zwanglos im kleinen Kreis gefeiert wurde. Das große, gemütliche Farmhaus stammte aus dem achtzehnten Jahrhundert.

„Ob was stimmt?“, fragte sie.

Alex betrachtete sekundenlang ihre Oberschenkel, die sich unter der weichen Seide des Rocks deutlich abzeichneten. Er versuchte sich vorzustellen, dass sie warme und längere Slips trug, aber es gelang ihm nicht. Zu ihr passten nur reizvolle Spitze und Seide.

„Dass Sie Thermodessous tragen“, antwortete er mit ernster Miene, wobei es in seinen Augen humorvoll aufblitzte.

Hope fand es geradezu erfrischend, einem Mann zu begegnen, der von ihr als Berühmtheit nicht beeindruckt war, sondern echtes Interesse zeigte. Er war doch interessiert, oder etwa nicht?

„Wissen Sie, wer ich bin? Du liebe Zeit, das hört sich schrecklich an. Es ist einfach so, dass die Leute … dass Männer mich oft behandeln wie …“ Sie gab es auf. Wie konnte sie ihm klarmachen, dass gerade die sympathischsten Männer oft davor zurückschreckten, sich ihr zu nähern? Und dass Männer, die nur wegen ihres Namens und ihres Ruhms mit ihr gesehen werden wollten, sie völlig kalt ließen?

„Wie eine Göttin?“, half er ihr sanft und lächelte dabei. „Das kann ich gut verstehen.“ Er musterte sie eingehend von oben bis unten. Offenbar gefiel ihm, was er sah. Das an sich war nichts Neues, denn die meisten Männer betrachteten sie ungeniert. Nein, außergewöhnlich war dieses Mal nur, dass Hope sich wünschte, sie würde ihm gefallen.

„Es ist nicht unbedingt angenehm.“ Er scheint sich wirklich zu interessieren, dachte sie und bekam Herzklopfen vor Aufregung. Sie war an den Umgang mit international bekannten Persönlichkeiten gewöhnt. Doch dieser Mann hatte etwas Faszinierendes an sich.

„Hoffentlich stört es Sie nicht, dass ich nicht so bin wie die anderen.“

Hope lachte herzlich und unbekümmert. Plötzlich hielt sie inne und runzelte die Stirn. „Da fällt mir gerade ein – Sie sind nicht verheiratet, oder doch?“ Oh nein, wie plump, warum bin ich immer so taktlos?, schoss es ihr durch den Kopf.

Alex fand es offenbar ganz normal. „Nein, davon bin ich weit entfernt.“ Es zuckte ganz leicht um seine Lippen.

„Gut. Können wir Freunde sein?“

Hope Laceys Lächeln könnte sogar Eis zum Schmelzen bringen, sie ist wirklich ganz bezaubernd, und ich bin wie Wachs in ihren Händen, überlegte er.

„Das letzte Mal, als wir uns begegneten, habe ich Sie wahrscheinlich noch mit Mr. Matheson angeredet“, fügte sie hinzu. Die Gefühle, die dieser Mann in ihr wachrief, kamen ihr ziemlich kompliziert vor.

„Ja, stimmt.“ Soweit er sich erinnerte, hatte er nie mit ihr geredet. Er war damals Ende zwanzig gewesen. Worüber hätte er sich mit den sehr viel jüngeren Töchtern seiner Nachbarn Beth und Charlie Lacey auch unterhalten sollen?

„Ich war ein Teenager. Und Sie?“ Hope fand es schwierig, sein Alter zu schätzen.

„In Kürze werde ich vierzig – nächste Woche, um genau zu sein.“

Er redet nicht um die Dinge herum, dachte Hope anerkennend. Der Mann gefiel ihr. Er war nicht schön im eigentlichen Sinn, sondern wirkte durch seine Ausstrahlung beeindruckend und faszinierend. Seine Gesichtszüge waren streng und regelmäßig, die hohen Wangenknochen verliehen ihm ein etwas fremdartiges Aussehen, und sein Kinn wirkte energisch. Seine edle Nase war nicht ganz gerade, aber diese kleine Unregelmäßigkeit störte überhaupt nicht.

„Ich bin siebenundzwanzig. Es ist schon erstaunlich, dass der Altersunterschied im Lauf der Jahre immer unwichtiger wird.“

„Ach ja?“ Er lächelte spöttisch.

„Ja“, bekräftigte sie vehement. „Oder soll ich Sie immer noch mit Mr. Matheson anreden?“

„Nein, nennen Sie mich Alex. Der Altersunterschied ist aber immer derselbe. Darf ich Lacey zu Ihnen sagen?“

„Nein, das ist nur mein Pseudonym. Privat bin ich immer noch Hope.“ Seine muskulöse, kraftvolle Gestalt lässt ihn größer wirken, als er wirklich ist, dachte sie. Mit ihren ein Meter achtzig brauchte sie sich nicht auf die Zehenspitzen zu stellen, um ihm in die Augen zu sehen.

Sie war sich seiner Gegenwart viel zu sehr bewusst und geriet plötzlich in Panik. Deshalb sagte sie das Erstbeste, was ihr einfiel. „Ich wette, Sie können sich keinen Anzug von der Stange kaufen.“ Oh nein, nicht schon wieder, dachte sie entsetzt und schloss sekundenlang die Augen. „Normalerweise werde ich nicht gleich so persönlich.“

„Das stört mich nicht, Hope. Im Gegenteil, ich mag es, wenn Menschen unkompliziert und offen sind. Aber Sie haben recht, ich trage nur maßgeschneiderte Anzüge.“

Wahrscheinlich muss er sich auch zweimal am Tag rasieren, schoss es ihr durch den Kopf, während sie sein Kinn betrachtete. Und dann hatte sie auf einmal das heftige Verlangen, ihm durch das dichte, dunkle Haar zu fahren.

„Das ist dumm“, erklärte sie atemlos.

„Und gefährlich“, stimmte er ihr leicht spöttisch zu.

Wie betäubt sah Hope ihm in die Augen. Dann betrachtete sie nachdenklich seine Lippen und wurde ganz nervös. Es müsste verboten sein, dass ein einziger Mann so viel elementare Sinnlichkeit ausstrahlt, überlegte sie.

„So?“ Sie war verblüfft. Hatte er ihre Gedanken erraten?

Mit rätselhafter Miene verzog er die Lippen zu einem Lächeln. Hope wurde instinktiv klar, dass er seine Emotionen und Gefühle perfekt beherrschte.

„Ihr Heiligenschein hat sich verbogen.“

Sogleich befühlte sie die kleine Krone aus getrockneten Rosenknospen, die sie sich in ihr langes, gelocktes Haar mit den goldblonden Strähnen gesteckt hatte.

„Es war eine schöne Feier“, sagte sie verträumt. „Lindy hat fantastisch ausgesehen.“

„Ja, wahrscheinlich.“

„Wieso wahrscheinlich?“, fragte sie entrüstet.

„Weil ich nur Sie angesehen habe. Sie wirkten wie ein strahlender Botticelli-Engel.“

Die Bemerkung raubte Hope den Atem. So einen blumigen Vergleich hätte sie ihm nicht zugetraut. „Ich bin kein Engel.“

„Nein“, stimmte er nachdenklich zu. „Das wäre sowieso zu langweilig. Mit langweiligen Menschen bin ich nicht gern zusammen, auch nicht, wenn es sich um Engel handelt.“

„Meinen Sie nicht, dass bei schönen Menschen der Charakter nicht so wichtig ist?“

„Sie sind schön und haben Charakter“, antwortete er so ruhig, als stellte er nur eine Tatsache fest.

„Leider muss ich es allzu oft erst beweisen.“

„Ich lerne schnell.“

„Sich mit Ihnen zu unterhalten macht einen ganz schwindlig“, erwiderte sie und rang nach Luft. „Sind Sie immer so direkt und persönlich?“

„Wenn es Ihnen lieber ist, können wir auch übers Wetter reden.“

„Oder vielleicht darüber, was für eine wunderschöne Trauung es war?“

„Ich mag Hochzeiten nicht besonders, aber sie war wirklich nicht schlecht. Wie hat man es eigentlich geheim halten können? Ich dachte, wenn so eine berühmte Persönlichkeit wie Sam Rourke heiratet, wäre damit ein schrecklicher Medienrummel verbunden.“

„Sam versteht es glänzend, die Leute auf die falsche Spur zu locken.“ Hope lächelte liebevoll, als sie an ihren neuen Schwager dachte. Sam war ein international bekannter und berühmter Schauspieler, und Millionen weiblicher Fans würden in Tränen ausbrechen, sobald sie erfuhren, dass er geheiratet hatte. „Außerdem sind die Einladungen erst am Mittwoch verschickt worden. Der Name des Bräutigams wurde darauf mit Patrick S. Rourke, seinem anderen Vornamen, angegeben. Ich bin überrascht, dass ein so beschäftigter Mann wie Sie so kurzfristig kommen konnte.“

„Ich hatte zufällig heute nichts anderes vor, weil ich erst gestern aus Saudi-Arabien zurückgekehrt bin.“ Er erwähnte lieber nicht, dass er nicht lange hatte bleiben wollen.

Alex Matheson stellte Sportwagen her, die er selbst entwarf und die nur in Handarbeit zusammengebaut wurden. Sie waren entsprechend teuer, aber auch sehr beliebt. Für alle drei Modelle gab es eine Warteliste von fünf Jahren.

„Wie lange bleiben Sie hier, Hope?“, fügte er hinzu.

Es wäre besser für uns beide, wenn sie bald wieder wegmüsste wegen irgendwelcher Termine, ehe wir uns zu sehr zueinander hingezogen fühlen, überlegte er. Hope Lacey war einfach zu jung für ihn, davon war er überzeugt.

Irgendwie hatte er damit gerechnet, enttäuscht zu sein, sobald er sie besser kennenlernte. Das hätte die ganze Sache wesentlich erleichtert. Seit er sie in der Kirche gesehen hatte, war er von ihr fasziniert. Irgendwie wünschte er sich, sie würde ihm die Illusionen rauben. Stattdessen fand er sie noch attraktiver und sehr natürlich. Sie war warmherzig und humorvoll und noch vieles andere mehr.

„Ich bin einen ganzen Monat zu Hause.“

Das Schicksal meinte es offenbar nicht gut mit ihm. Alex bemerkte das kleine selbstgefällige Lächeln, das ihre schönen Lippen umspielte. Wahrscheinlich ist jeder Mann von ihr begeistert, kein Wunder, dass sie so selbstsicher ist, sagte er sich.

„Machen Sie eine Pause?“ Er zog fragend eine Augenbraue hoch.

„Na ja, man gerät immer in Versuchung, alles anzunehmen, was einem angeboten wird. Doch irgendwann begreift man, dass es sinnlos ist, sich wegen des Geldes völlig zu verausgaben. Ich bin wählerisch geworden.“ Sie hatte als Model genug verdient und war finanziell abgesichert.

„Das können Sie sich auch erlauben.“

Sie widersprach nicht. „Ich habe Glück gehabt, und ich habe hart gearbeitet. Der Film, der jetzt anläuft, könnte der Beginn einer neuen Karriere sein.“ Hope war gespannt auf die Premiere.

„Sie sind darin Sam Rourkes Partnerin?“

Hope nickte. „Lindy hat Sam durch mich kennengelernt. Wenn etwas schief geht in der Ehe, machen sie bestimmt mich dafür verantwortlich. Kommen Sie, trinken wir ein Glas Champagner, ehe er alle ist.“ Sie berührte Alex leicht am Arm, und er folgte ihr in die Küche.

„Hope, da bist du ja, Liebes.“ Beth Lacey lächelte ihre Tochter an. „Hallo, Alex. Gefällt dir die Feier?“

„Ich werde gut betreut.“

„Kannst du mir rasch die Gläser abwaschen, Hope? Ich muss mich um Lindy kümmern.“

„Sicher, Mum. Geh du ruhig.“

Hope band sich eine Schürze um. „In der Speisekammer ist noch Champagner“, sagte sie zu Alex. „Dort hinten, die dritte Tür“, fügte sie hinzu und wies mit einer Kopfbewegung in Richtung Flur. Dann tauchte sie die Hände ins Abwaschwasser und seufzte. „Warum juckt immer dann die Nase, wenn man keine Hand frei hat?“

„Lassen Sie mich mal machen.“ Ehe Hope begriff, was er vorhatte, rieb er ihr die Nasenspitze. „Besser?“

Sie nickte nur, während sie den dezenten Duft seines herben Eau de Toilette und den männlichen Duft seines warmen Körpers einatmete. Die Empfindungen, die er in ihr auslöste, waren irgendwie geheimnisvoll und wunderbar. Doch dann gestand sie sich ein, dass es ganz elementare erotische Gefühle waren.

Schließlich streichelte er mit dem Daumen sanft ihre leicht geöffneten Lippen. „Bei Ihnen ist alles echt, keine plastische Chirurgie.“

Diese seltsame Bemerkung brachte Hope in die Wirklichkeit zurück. Der zauberhafte Moment war schlagartig vorbei.

„Ist das etwa Ihre Art, Komplimente zu machen? Wenn ja, dann …“

Er zog die Hand nicht zurück, sondern umfasste sanft ihr Kinn. „Sie wissen, was ich meine. Sie sind nicht eine der unechten Blondinen, die serienmäßig hergestellt werden, mit künstlichen Zähnen und Silikon überall.“

Hope musste lachen. „Was für ein Stereotyp! Auch unter den Models und Schauspielerinnen gibt es so viele verschiedenartige Typen und Naturelle wie im normalen Leben.“ Sie bespritzte ihn humorvoll mit Schaum.

Alex war verblüfft. Doch plötzlich blitzte es in seinen Augen belustigt auf, und er entspannte sich. „Ich kenne mich in Ihrer Welt nicht aus“, sagte er und zuckte die Schultern.

„Aber Sie scheinen genau zu wissen, was Ihnen gefällt“, entgegnete sie vorsichtig.

„Und was mir nicht gefällt. Um ehrlich zu sein, wenn ich mir vorstelle, dass immer mehr Menschen sich irgendwelchen Schönheitsoperationen unterziehen, schaudert mir“, erklärte er.

„Sie sind … richtig niedlich und ein bisschen altmodisch“, stieß sie lachend hervor.

Er wollte sich gerade den Schaum aus dem Haar wischen und verharrte in der Bewegung. „Altmodisch?“, wiederholte er irritiert.

„Im positiven Sinn“, versicherte sie ihm freundlich.

„Da bin ich aber erleichtert.“

„Wenn Models sich eine zu üppige Figur machen lassen, ist das nicht unbedingt ein Vorteil“, stellte sie fest. „Die meisten Outfits sehen an knabenhaft schlanken Frauen besser aus.“

„Knabenhaft schlank? Das sind Sie aber nicht.“ Alex betrachtete ihre verführerischen Rundungen.

„Stimmt, ich verkörpere nicht den mädchenhaften Typ, sondern wirke eher sportlich, lebenslustig und sexy“, erklärte sie sachlich.

„Entspricht das der Wirklichkeit?“

„Ich spiele etwas Tennis.“

Er lächelte und sah auf einmal jünger und weniger streng aus. „Vielleicht spielen wir einmal zusammen“, schlug er vor.

Zu ihrem Entsetzen errötete Hope. Ich komme mir vor wie ein Teenager, der zum ersten Mal flirtet, überlegte sie. „Wahrscheinlich wollen Sie immer gewinnen, oder?“

Alex betrachtete ihre geröteten Wangen. Offenbar ist sie gar nicht so erfahren und weltgewandt, wie sie wirkt, dachte er. „Will das nicht jeder?“

„Mir fehlt dieser ganz spezielle Killerinstinkt.“

„Glauben Sie, ich hätte ihn?“

Sie stellte das letzte Glas auf das Spülbrett und streifte sich das Wasser von den Händen. „Wenn ich Ja sage, werden Sie mir vorwerfen, Vorurteile zu haben und in Ihnen nur den rücksichtslosen und gefühllosen Geschäftsmann zu sehen.“ Ihr wurde plötzlich bewusst, dass die Beschreibung wirklich passte. Er strahlte Macht und Autorität aus und war ein Mann, der daran gewöhnt war, seine Ziele zu erreichen.

Er spürte ihre leichte Unsicherheit. „Ich schrecke auf jeden Fall vor Mord zurück.“

„Das beruhigt mich.“

„Ich weiß nicht viel über Ihren Beruf.“

„Macht nichts. Ich habe auch keine Ahnung, wie man Autos konstruiert.“

„Dann können wir ja Informationen austauschen“, schlug er sanft vor.

„Läuft das auf eine Verabredung hinaus?“ Sie lächelte leicht und war selbst überrascht, wie viel seine Antwort ihr bedeutete.

„So kann man es nennen.“ Sie ist innerlich gefestigt, und an diesem Mädchen … nein, dieser Frau ist nichts Unechtes oder Künstliches, überlegte er, als brauchte er eine Rechtfertigung für sein außergewöhnliches Verhalten.

„Ja, das würde mir gefallen“, erwiderte sie kühl und beherrscht, obwohl sie vor lauter Freude am liebsten auf dem Tisch getanzt hätte.

„In Ordnung.“ In seinen grauen Augen blitzte es irgendwie verwegen auf. „Was haben Sie gesagt? Wo ist der Champagner?“

„Wie läuft es, Hope?“, fragte Charlie in einem ruhigen Moment seine Tochter.

„Besser, als ich erwartet habe.“

„Bald ist das alles Schnee von gestern“, tröstete er sie.

Hope nickte. Es war ihr gelungen, das ganze Gerede gelassen hinzunehmen.

Alle glaubten, sie hätte eine Affäre mit Lloyd Elliot, dem Produzenten des Films, in dem sie die Hauptrolle spielte. Sie hatte in zahllosen Artikeln lesen können, wie rücksichtslos sie seine Ehe zerstört hätte. Man unterstellte ihr, dabei nur an ihre Karriere zu denken. Lloyds Frau Dallas, eine temperamentvolle Sängerin, hatte es glänzend verstanden, in Interviews das arme Opfer zu spielen. Wenn Hope nicht ganz genau gewusst hätte, dass Lloyd und Dallas schon jahrelang getrennt lebten, wäre sie sicher selbst auf Dallas’ rührseliges Theater hereingefallen.

Als Hope sich bereit erklärt hatte, die öffentliche Aufmerksamkeit von Lloyds neuer Liebe auf sich abzulenken, hatte sie natürlich nicht geahnt, wie sehr dieser Entschluss ihr Leben und das ihrer Familie beeinflussen würde. Ihre Eltern und Schwestern kannten die Wahrheit, und bald würde sich auch Lloyd zu der Frau, die er wirklich liebte, öffentlich bekennen können.

„Das wird eine Erleichterung sein“, gab sie zu. „Aber in dieser schwierigen Situation habe ich auch gemerkt, wer meine wahren Freunde sind. Heute war es nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte, oder ich habe mich schon an diesen ganzen Wahnsinn gewöhnt.“

„Offenbar hast du einen neuen Freund gewonnen“, meinte ihr Vater betont beiläufig.

„Dir entgeht auch nichts.“

„Deine Mutter erwähnte, du hättest Alex Matheson im Schlepptau.“

„So würde ich es nicht nennen. Er ist ein interessanter Mann.“

„Er ist sehr zurückhaltend und nimmt am Gemeindeleben nicht teil. Ich kenne ihn seit seiner Kindheit. Er unterstützt karitative Einrichtungen sehr großzügig, aber …“ Charlie Lacey runzelte die Stirn, während er nach den richtigen Worten suchte, seine Zweifel auszudrücken. Frauen waren seltsame Wesen. Sie fanden Alex Matheson wahrscheinlich schon allein deshalb attraktiv, weil er ein rätselhafter Mensch war.

Hope war irritiert. Sie liebte ihre Eltern, aber sie schienen zu vergessen, dass sie längst selbstständig und unabhängig war.

„Ich finde es okay, dass er lieber für sich ist. Jedenfalls hat er mich ganz normal behandelt. Du brauchst mich nicht so besorgt anzusehen, Dad. Ich habe nicht vor, etwas Unüberlegtes zu tun.“ Stimmt das wirklich? fragte sie sich insgeheim. Wäre es nicht herrlich, sich mit Alex Matheson auf etwas total Verrücktes einzulassen?

Charlie Lacey umarmte seine Tochter liebevoll. „Ich hoffe, du bist ein vernünftiges Mädchen“, sagte er rau.

Bin ich das? überlegte Hope und erbebte, als sie sich an den vielsagenden Blick erinnerte, mit dem Alex sich verabschiedet hatte.

2. KAPITEL

Als sie über das hügelige Land wanderte, wehte der Wind Hope die gelockten Strähnen, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatten, ins Gesicht. Die wetterfeste Jacke schützte sie gut gegen die Kälte, sie hatte jedoch das Gefühl, eine ganz rote Nase zu bekommen.

Bishop’s Crag war weit und breit die höchste Erhebung. Hope kannte den Platz gut, war jedoch schon jahrelang nicht mehr hier gewesen. Sie blieb stehen und atmete tief ein und aus. Sie hatte beinah vergessen, wie schön es zu Hause war. Ganz hoch oben auf dem Hügel lag sogar schon etwas Schnee.

Alex Matheson war anders als andere, das musste sie zugeben. Er hatte sie nicht zu einem romantischen Dinner mit Kerzenlicht eingeladen und nicht versucht, sie in irgendeiner Weise zu beeindrucken. Vielleicht war der außergewöhnliche Treffpunkt so etwas wie ein Härtetest, den sie bestehen musste, ehe Alex sich intensiver für sie interessierte. Hope lächelte bei dem Gedanken.

Schon seit längerer Zeit hatte sie keinen festen Freund. Nach dem Ende der Beziehung mit Hugh Gilmour, ihrem ersten Agenten, hatte sie weder den Wunsch noch das Verlangen verspürt, sich mit einem anderen Mann einzulassen. Natürlich gab es viele Männer, die sie näher kennenlernen wollten, doch sie ging nie über eine gute Freundschaft hinaus.

Völlig in Gedanken versunken, nahm sie auf einmal am Rand ihres Blickfelds eine flüchtige Bewegung wahr. Weiter links von ihr unter einer Gruppe von Bäumen, die sich mit ihren kahlen Ästen im Wind bogen, stand Alex.

Hope folgte seinem nach oben gerichteten Blick. Ein dunkler Punkt schien im wahrsten Sinn des Wortes vom Himmel zu fallen. Es war ein großer Vogel, der sich nach einer beinah akrobatischen Drehung auf Alex’ ausgestrecktem Arm niederließ.

Hope winkte der einsamen Gestalt zu, die so aussah, als könnten ihr auch die heftigsten Stürme nichts anhaben. Alex reagierte jedoch nicht. Wahrscheinlich hatte er es nicht bemerkt.

„Warum haben Sie mir nicht erzählt, dass Sie einen Falken haben?“, fragte sie, als sie auf dem Hügel angelangt war. Ihre Wangen waren gerötet von der Anstrengung. Fasziniert betrachtete sie den Vogel auf seiner Hand mit dem Schutzhandschuh, ehe sie Alex anlächelte.

„Es ist ein weibliches Tier.“ Sein Blick war kühl, und Hope spürte sogleich, dass etwas nicht stimmte. Alex’ Haar war vom Wind zerzaust, und seine Miene wirkte streng und hart. Er schien genauso in die raue, öde Landschaft zu passen wie sein Falke. Als er den Arm wieder ausstreckte, flog der Vogel davon.

„Haben Sie keine Angst, dass er nicht zurückkommt?“

„Nein, ich kann mich auf sie verlassen, auch wenn sie manchmal etwas länger wegbleibt.“ Es klang so, als würde er Hope so viel Treue nicht zutrauen.

„Wollen Sie mir nicht erklären, was los ist?“ All ihre romantischen Vorstellungen, wie das Treffen verlaufen würde, lösten sich auf und machten der rauen Wirklichkeit Platz. Es lag eine gewisse Ironie darin, dass sie die Schmutzkampagnen der vergangenen Wochen ruhig und gelassen überstanden hatte, aber ausgerechnet jetzt zutiefst verletzt war, nur weil dieser Mann sie unfreundlich behandelte.

„Was sollte denn los sein, Hope?“ Seine Stimme klang so sarkastisch, dass Hope vor lauter Hilflosigkeit zornig wurde.

„Das möchte ich ja von Ihnen wissen. Können Sie nicht endlich von der verdammten Klippe herunterkommen? Ich finde es unmöglich, mit jemandem zu reden, der so drohend über mir steht“, erwiderte sie erschöpft. Sie war bestürzt über sein seltsames Benehmen. War das wirklich derselbe Mann, mit dem sie sich am Tag zuvor so angeregt unterhalten hatte? „Wenn Sie es sich anders überlegt haben, ist es okay. Aber deshalb brauchen Sie mich nicht zu Eis erstarren zu lassen.“

Während er ihre offenbar unschuldige Miene betrachtete, lächelte er spöttisch. Dann sprang er geschmeidig vom Felsblock hinunter.

Hope war überrascht, wie beweglich er war. Wenn sie gehofft hatte, er wirke weniger einschüchternd, wenn er unmittelbar vor ihr stand, hatte sie sich getäuscht. Er war wütend, beherrschte sich jedoch, wie Hope klar wurde. Sie verstand überhaupt nichts mehr und war völlig irritiert.

„Warum haben Sie mich gefragt, ob ich verheiratet sei?“

Autor

Kim Lawrence
Kim Lawrence, deren Vorfahren aus England und Irland stammen, ist in Nordwales groß geworden. Nach der Hochzeit kehrten sie und ihr Mann in ihre Heimat zurück, wo sie auch ihre beiden Söhne zur Welt brachte. Auf der kleinen Insel Anlesey, lebt Kim nun mit ihren Lieben auf einer kleinen Farm,...
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