Eine irische Affäre

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Die attraktive New Yorkerin Jordan hat wenig Lust auf ihren neuen Job in Irland. Bis der sexy Kunstschmied Danny Quinn ihr die Nächte mit heißen Liebesspielen versüßt. Doch schon bald ahnt Jordan, dass sie mit dieser Affäre alles riskiert: ihre Karriere und ihr Herz …


  • Erscheinungstag 17.09.2018
  • Bandnummer 12
  • ISBN / Artikelnummer 9783733758516
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Danny Quinn zog das Taschenmesser aus seiner Jackentasche und klappte es auf. Vorsichtig begann er, das Stück Seife zu bearbeiten, das er aus der Spüle gestohlen hatte. Hoffentlich würde seine Mutter es nicht bemerken, bevor er mit der Schnitzerei fertig war.

Eine frische Brise vom Meer blies die Seifenspäne in den Sand. Die Schmugglerbucht war sein Lieblingsversteck. Dies war einer der wenigen Orte, die ihm, dem Jüngsten der Quinns, ganz alleine gehörte.

Hier hatte er schon viel Zeit verbracht. Hinter den Klippen lag das alte Spukschloss, von dem seine Brüder oft erzählten. Bisher hatte er jedoch noch nicht genug Mut gesammelt, um es von innen zu erkunden. Dafür hatte er diesen Ort hier gefunden – weit genug entfernt von den Geistern und Kobolden, die den alten Turm bewachten. Zwar es ein Querfeldeinmarsch von etwa fünf Kilometern, aber die waren es wert, um nur genügend Entfernung zwischen sich und seinen Peinigern zu haben.

Heute war er nach dem Frühstück aus dem Haus geschlichen. In den Rucksack hatte er sein Mittagessen, ein paar Stücke Treibholz, die Seife und sein Taschenmesser gepackt, und er freute sich darauf, einen Tag allein zu verbringen. Wer brauchte schon große Brüder? Er war inzwischen selbst groß genug!

„Ich habe ihn hier runtergehen sehen!“

Danny blickte hoch zu seinem ältesten Bruder Kellan, der etwa neun Meter über ihm stand. Sofort sprang er zurück, um sich hinter den Felsen zu verstecken, aber er war nicht schnell genug.

„Er ist dort unten“, rief Kellan.

„Haut ab“, schrie Danny, „das ist mein Ort, ihr könnt hier nicht runterkommen!“

„Und wie bist du da runtergekommen?“, erkundigte sich Kellan.

„Gesprungen!“, rief Danny zurück.

Plötzlich tauchte Riley neben Kellan auf. Jetzt waren es zwei gegen einen – die typische Konstellation bei den drei Brüdern. „Quatsch!“, meinte Riley. „Sag sofort, wie du da runtergekommen bist, oder wir erzählen Ma, dass du in den Klippen rumkletterst.“

Sie würden nicht verschwinden. Seine älteren Brüder waren gnadenlos. „Sucht nach dem Felsen, der wie eine Ente aussieht“, erklärte Danny schließlich. „Der Pfad ist auf der anderen Seite.“ Er beobachtete, wie Riley und Kellan den Ausgangspunkt suchten und dann langsam hinunterkletterten. Als sie beide hinunter in den Sand sprangen, beobachtete er sie argwöhnisch.

„Wie hast du das hier gefunden?“, fragte Kellan und blickte sich erstaunt um.

„Ich habe in den Klippen nach Treibholz gesucht. Dabei habe ich diesen Platz hier gefunden.“ Danny fluchte. „Und wie habt ihr mich gefunden?“

„Wir sind dir einfach hinterhergegangen“, erklärte Kellan grinsend. „Wir wollten wissen, wohin du so eilig verschwinden wolltest.“

„Was machst du eigentlich hier unten?“, wollte Riley wissen. Er zeigte auf das Stück Seife, das Danny an seine Brust presste. „Was ist das? Willst du ein Bad nehmen? Damit du gut riechst für deine Freundin Evelyn?“ Riley lachte schallend und stieß Kellan mit dem Ellenbogen in die Seite. „Deswegen versteckt er sich hier. Danny hat ein Schätzchen. Vielleicht treffen sie sich hier, um ein bisschen zu knutschen.“

„Bist du in Evelyn verknallt, Danno?“, fragte Kellan und ging lauernd um ihn herum.

„Nein“, murmelte Danny, „ich hab kein Mädchen.“

„Warum hältst du dann die Seife so fest?“ Riley ließ nicht locker.

Als Danny versuchte, sie in der Jackentasche zu verstecken, griff Kellan blitzschnell zu und entwand ihm die Seife.

„Was machst du damit?“ Kellan betrachtete den Drachenkopf, den sein kleiner Bruder zu schnitzen angefangen hatte. Riley gesellte sich zu ihm. „Was ist das?“

„Woher hast du das?“, wollte Kellan wissen.

„Das ist meins“, murmelte Danny. „Jetzt gib’s mir wieder.“

„Wem hast du das gestohlen?“

„Niemand. Ich hab dir doch gesagt, es ist meins.“

Riley hielt das Stück Seife hoch und zeigte auf den Drachenkopf. „Das hast du geschnitzt?“

„Hab ich“, sagte Danny und schnappte sich die Seife von seinem Bruder.

„Halt die Klappe!“, herrschte Riley ihn an. „So gut schnitzen kannst du nicht. Du bist ja noch ein Baby.“

Wütend kniff Danny die Augen zusammen. „Ich bin acht!“

„Beweis es doch!“, forderte Riley ihn heraus. „Beweise, dass du das geschnitzt hast.“

„Ich muss nichts tun, was ihr mir sagt. Ihr seid nicht Dad. Verpisst euch, alle beide!“

„Vielleicht hat er es doch gemacht“, überlegte Kellan. „Er ist ein cleverer kleiner Scheißer. Immerhin hat er diesen Ort hier gefunden.“

„Ich hab’s gemacht. Und ich werd’s euch zeigen.“ Der Kleine ließ seinen Rucksack in den Sand fallen und zerrte die Schnitzereien heraus, die er in den letzten Monaten angefertigt hatte. Seine Sammlung änderte sich ständig. Manche Stücke behielt er, manche gab er seinen Schulfreunden, einige warf er einfach ins Meer, wenn sie ihm nicht gut genug erschienen.

Riley und Kellan beobachteten ihn misstrauisch, ohne ein Wort zu sagen. Aber als die Sammlung von Tieren, Insekten und Fabelwesen, die er hervorzog, immer mehr anwuchs, kamen sie näher.

„Schau dir den mal an“, murmelte Kellan und griff nach einem Käfer, auf den Danny besonders stolz war. Er war aus einem handtellergroßen Stück Treibholz geschnitzt. „Wie machst du das?“

„Zuerst muss ich ein gutes Stück Holz finden“, erklärte Danny. „Das gucke ich mir eine Weile an, bis ich sehe, was ich schnitzen will. Dann mache ich einfach alles weg, was kein Käfer ist. Mein Lehrer sagt, dass die großen Bildhauer so arbeiten.“

„Guck doch mal!“ Riley griff nach einem Dinosaurier. „Der hat ja sogar Stacheln auf dem Schwanz.“

Sie setzten sich rechts und links neben ihn und untersuchten jedes seiner Werke. Ihre Kommentare zeigten Ehrfurcht und Respekt vor seinem Talent. Zum ersten Mal in seinem Leben nahmen seine Brüder ihn ernst. Normalerweise ignorierten sie ihn einfach und kümmerten sich nicht um ihn. Aber jetzt gab es etwas, das er konnte und sie nicht. Das war mehr wert als Gold.

„Möchtet ihr eins davon?“, fragte Danny.

Seine Brüder sahen sich an. „Können wir wirklich eins haben?“

„Klar. Sucht euch was aus.“

„Kannst du was für mich schnitzen?“, wollte Kellan wissen.

Danny nickte. „Klar doch. Wenn du ein Bild davon hast, kein Problem.“ Aus seinem Rucksack kramte er ein Foto hervor, das er aus einem Magazin herausgerissen hatte. „Den Troll hier will ich Ma zum Geburtstag schnitzen, den kann sie in den Garten stellen. Aber ich muss erst mal ein Stück Holz finden, das groß genug ist.“

„Dabei helfen wir dir. Irgendwo hier findet sich sicher was.“

Er und seine Brüder suchten lange den Strand ab. Dabei kletterten sie zwischen den Felsen herum und sprachen über die Schnitzereien. Es war der schönste Tag in seinem Leben. Irgendwie wusste er, dass sich mit diesem Tag alles geändert hatte, dass er von nun an für Kellan und Riley wichtig war. Aus dem Duo war ein Trio geworden.

„Ich kann euch noch was zeigen“, bot Danny an. „Es ist ein Geheimnis, und ihr dürft es Dad oder Ma nicht erzählen, sonst kriegen wir alle drei Prügel. Ihr dürft es auch niemand anders sagen, auch nicht euren Freunden. Das ist nur für die Quinn-Brüder.“

„Wir schwören“, erklärte Kellan.

„Ihr müsst einen Bluteid schwören“, verlangte Danny. Er öffnete sein Taschenmesser und schnitt sich, ohne mit der Wimper zu zucken, in den Zeigefinger. Dann gab er das Messer an Riley weiter. „Schwört den Bluteid, oder ich verrate euch nichts.“

Ziemlich widerwillig schnitten sich auch Kellan und Riley in die Finger und ließen das Blut auf die Handflächen tropfen. Dann fassten die drei einander an den Händen und vermischten ihr Blut.

Riley grinste Kellan an. „Was für ein tapferer kleiner Scheißkerl!“

„So, nun zeig uns dein Geheimnis“, befahl Kellan, noch während er seine Hand wegzog.

„Es ist eine Höhle“, verriet Danny, „in den Klippen. Sie ist sehr tief, und ich bin noch nie ganz reingegangen, weil bei Flut das Wasser reinkommt. Aber ich glaube, dass sie vielleicht von Schmugglern benutzt worden ist.“ Aus seiner Jackentasche holte er eine kleine Taschenlampe hervor und schaltete sie ein. „In einer Stunde kommt die Flut, wir müssen uns beeilen.“

„Bist du dir sicher, dass das eine gute Idee ist?“, fragte Riley. „Das könnte gefährlich werden.“

Danny warf ihm einen abschätzigen Blick zu. „Wenn du Angst hast, kannst du ja am Strand bleiben.“

Während sie durch den Sand zu der Felszunge marschierten, grinste Danny stolz. Er war zwar erst acht, aber er fühlte sich wie ein richtiger Mann. Vielleicht sogar mutig genug, um Evelyn Maltby anzusprechen …

1. KAPITEL

„Das ist also Ballykirk“, murmelte Jordan Kennally und blickte auf das idyllische Dorf, das sie unten an der Küste erspäht hatte.

Seit fast sechzehn Monaten war sie in Irland als Projektmanagerin bei der Sanierung von Castle Cnoc tätig. Inzwischen hatte sie viel von der Landschaft gesehen. Trotzdem staunte sie immer wieder, dass die Landschaft tatsächlich so malerisch war wie auf einer Ansichtskarte. Irland war einfach traumhaft schön.

Nach einem flüchtigen Blick auf die Uhr am Armaturenbrett überschlug sie, wie viel Zeit sie brauchen würde, um Danny Quinn zu finden, mit ihm die geschäftlichen Dinge zu besprechen und wieder zum Schloss zurückzukehren. Normalerweise pflegte sie nicht durch die Gegend zu fahren, um nach Mitarbeitern zu suchen. Aber es hieß, Danny Quinn sei der Beste seines Fachs. Und Jordan wollte den Besten.

Vorsichtig lenkte sie den Wagen die kurvenreiche Straße nach Ballykirk hinunter und folgte dabei der Karte, die Kellan Quinn für sie gezeichnet hatte. An der Küste von Cork gab es zahlreiche Orte wie diesen: eine Ansammlung farbenfroher Häuser, eingebettet in eine atemberaubende Landschaft.

Dass ihr Vater ihr Castle Cnoc zugeteilt hatte, war für sie Strafe und Belohnung zugleich. Es war ihr erstes Projekt als Managerin. Sie allein war verantwortlich für den Fünf-Millionen-Dollar-Auftrag eines reichen Klienten ihres Vaters. Gleichzeitig war es auch ein Mittel, sie fest an Kencor zu binden.

Ihren Weg hoch auf der Karriereleiter des Familienimperiums hatte sie sich hart erkämpft. Sie hatte schwer dafür geschuftet, um ihren Platz in der Immobilienfirma zu finden. Aber mit vier ebenso ehrgeizigen und talentierten älteren Brüdern auf der Karriereleiter über ihr, war es für sie schon schwierig, überhaupt zur Kenntnis genommen zu werden.

Sie hatte geradezu um eigene Projekte gebettelt, doch man hatte sie immer nur die zweite Geige spielen lassen. Normalerweise als Innenarchitektin bei den Projekten ihrer Brüder. Doch jetzt war sie alleine nach Irland geschickt worden, um die Instandsetzungsarbeiten an einem ehemals prachtvollen Herrenhaus und einem Kastell zu beaufsichtigen, weil niemand anders abkömmlich war. Alle anderen waren viel zu beschäftigt mit ihren Hotels, Einkaufszentren und Bürotürmen.

Whistler Cottage. Keine Straße, keine Nummer, nur der Name. Das blaue Cottage auf dem Hügel, hinter der Bäckerei, las Jordan auf der Karte. Die Bäckerei war leicht zu finden. Dort stellte Jordan ihren Wagen ab.

Schmiede gab es überall in Irland – angefangen von einfachen Amateuren bis hin zu äußerst fähigen Handwerkern. Aber Danny Quinn war als bester Kunstschmied im ganzen Land bekannt. Ein wahrer Künstler, den sie für ihr Projekt anwerben wollte.

Sein Bruder Kellan hatte bei der Sanierung von Castle Cnoc als Architekt gearbeitet, und Jordan war davon ausgegangen, dass Danny sich ebenfalls auf einen so gut dotierten Job in der Nähe seines Wohnorts stürzen würde. Aber er hatte auf keinen ihrer Anrufe reagiert. Wenn sie im Zeitplan bleiben wollte, brauchte sie jetzt eine klare Zu- oder Absage von ihm.

Der Druck, den Auftrag rechtzeitig und innerhalb des Budgets fertigzustellen, war immens. Wenn sie es schaffte, würde ihr Vater sie nicht länger ignorieren können. Das Hotel in SoHo wäre der nächste logische Schritt, danach entsprechend größere Projekte. In den Augen der anderen würde sie nicht länger lediglich die „Dekorateurin“ sein.

Jordan fluchte leise. Alle betrachteten sie als kleines Mädchen, das nur mit Stoffmustern herumspielte und außerstande war, den größtenteils männlichen Handwerkern auf den Baustellen Druck zu machen. Sie fluchte vielleicht nicht, bekam keine Wutanfälle und beschimpfte auch die Arbeiter nicht, das hieß jedoch nicht, dass sie ihren Job nicht erledigte. Ihr Auftreten war ruhig, gelassen und selbstbewusst. Schon ihre Großmutter hatte immer gesagt, dass Zuckerbrot erfolgreicher ist als die Peitsche.

So war sie auch bei Danny Quinn immer freundlich gewesen, hatte nur höfliche Nachrichten hinterlassen. Vielleicht war es an der Zeit, sich etwas energischer zu geben. Wenn er den Job nicht übernehmen wollte, sollte er es klipp und klar sagen. Dann würde sie sich einen anderen suchen. Das Problem war nur, dass sie keinen anderen wollte. Kellan hatte ihr eine Mappe mit den Arbeiten seines Bruders gezeigt. Und das hatte sie davon überzeugt, dass Danny ihr die authentischen Muster liefern konnte, die sie für ihr Projekt brauchte.

Sie folgte dem gepflasterten Weg zwischen der Bäckerei und dem angrenzenden Gebäude. Am Hang einer Anhöhe entdeckte sie an einem himmelblauen Cottage das Zeichen der Schmiede: einen dekorativen Amboss und eine Zange.

Da die Vordertür des Häuschens geöffnet war, trat sie einfach ein. Zwei schwarz-weiße Hunde, die vor dem Kamin lagen, sprangen bei ihrem Anblick sofort auf und fingen an zu bellen. Dann stürmten sie auf sie zu und drängten sie gegen einen ramponierten Schrank.

„Schhhh“, versuchte Jordan die Hunde zu beruhigen, während sie rückwärts Richtung Tür schlich. „Sitz! Ich will euch doch nichts tun …“

Gerade drehte sie sich um und wollte nach draußen flüchten, da rannte sie unvermittelt gegen eine breite, muskulöse und nackte Brust. Ihr entfuhr ein kleiner Schrei, und sie taumelte zurück. Dabei stolperte sie über die Hunde, die hinter ihr standen, und verlor das Gleichgewicht. Plötzlich fand sie sich auf dem Boden wieder. Ausgelassen sprangen die beiden Hunde über sie hinweg und auf ihr herum, schnüffelten an ihren Händen und leckten ihr übers Gesicht.

„Finny. Mogue. Aus!“

Die Hunde zogen sich ein Stückchen zurück. Mit ihren heraushängenden Zungen und den aufgerichteten Köpfen wirkten sie äußerst zufrieden mit sich.

„Ganz herzlichen Dank für die liebevolle Begrüßung!“, grummelte Jordan leise, während sie versuchte, wieder auf die Füße zu kommen. Im selben Moment griff der Mann nach ihrer Hand und half ihr beim Aufstehen. Zum ersten Mal konnte sie den schwer zu erreichenden Danny Quinn von Angesicht zu Angesicht sehen.

Die Familienähnlichkeit war unverkennbar. Auf den ersten Blick sah er aus wie sein älterer Bruder Kellan. Aber bei näherer Betrachtung wurde ihr klar, dass Kellan eher auf eine kühle, kultivierte Art gut aussah – sein Bruder hingegen verströmte puren, männlichen Sexappeal.

Seine zerschlissenen Jeans saßen tief auf den schmalen Hüften. Dazu trug er ein altes Arbeitshemd, dem die Ärmel fehlten und das nicht zugeknöpft war. Seine sehnigen Arme und die Brust glänzten vor Schweiß. Das beinahe schwarze Haar stand ihm wild vom Kopf ab. Aber es waren vor allem seine hellen, leuchtend blauen Augen, die ihre Aufmerksamkeit auf sich zogen. Jordan musste sich förmlich zwingen, den Blick davon abzuwenden – und schaute stattdessen auf den schmalen Haarstreifen, der in einer dünnen Linie von seinem Bauchnabel verlief bis hinunter zu …

„Das mit den Hunden tut mir leid“, erklärte er mit einem jungenhaften Grinsen. „Sie halten alles, was sich bewegt, für eine Herde.“ Er machte eine kurze Pause. „Wieso die beiden Sie mit einem Schaf verwechseln konnten, ist mir allerdings ein Rätsel.“

Vor Verlegenheit errötete Jordan, sie blickte auf. Schaf? Was tat sie hier? Quinn war ein Geschäftspartner. „Sie … Sie müssen Daniel Quinn sein.“

„Muss ich sein! Und wer müssen Sie sein?“

„Oh“, sie streckte die Hand aus, „Jordan, Jordan Kennally.“

Er wirkte überrascht, wischte sich aber sofort die Hand an seiner Jeans ab und ergriff ihre Finger. „Sie sind Joe Kennally?“

„Jordan“, korrigierte sie ihn. „Nur ihr Bruder nennt mich Joe. Er findet das lustig.“ Sie räusperte sich und versuchte, beim Thema zu bleiben. „Ich versuche seit zwei Wochen, Sie zu erreichen. Sie haben nicht zurückgerufen. Da dachte ich, am besten komme ich selbst vorbei.“ Er starrte sie wortlos an. „Oder?“, fragte sie, und in ihrer Stimme schwang Ungeduld mit.

„Ich bin überrascht, dass Sie ein Mädchen sind. Kell vergaß, das zu erwähnen.“

Sie spürte, wie die Wut in ihr hochstieg. Diesen Satz hatte sie regelmäßig zu hören bekommen, seit sie in der Firma ihres Vaters tätig war. Warum sollte sie kein Mädchen sein? Heutzutage hatten auch Frauen das Recht, in der Bauindustrie zu arbeiten.

„Ist das ein Problem?“, erkundigte sie sich. Sie zog ihre Hand zurück und blickte ihn kühl an.

Danny zuckte mit den Schultern. „Ich kann Ihnen versichern, dass das bei mir überhaupt kein Problem ist. Wenn ich gewusst hätte, dass Sie eine Frau sind, hätte ich Ihre Anrufe nicht zwei Wochen lang ignoriert.“ Er lachte leise. „Und wenn ich gewusst hätte, dass Sie so schön sind, hätte ich innerhalb eines Tages auf Ihrer Türschwelle gestanden.“

„Dass ich eine Frau bin, hätten Sie bei meinen Nachrichten hören müssen.“

Danny runzelte die Stirn. „Ich habe nicht richtig zugehört. Normalerweise ignoriere ich Telefonnachrichten.“

„Das ist immer gut fürs Geschäft“, murmelte sie.

Er trat aus der Tür und bedeutete ihr, ihm zu folgen. „Kommen Sie, ich führe Sie herum.“

Noch immer machte er keine Anstalten, sein Hemd zuzuknöpfen, und sie ertappte sich dabei, dass sie wieder die schmale behaarte Linie verfolgte – diesmal von seinem Bauch bis zu seiner Brust. Vielleicht sollte sie ihm eine Chance geben, sich für eine geschäftliche Besprechung etwas passender zu kleiden. Beim Anblick seiner ausgeprägten Oberarmmuskeln musste sie ein Aufstöhnen unterdrücken.

Beim Hinausgehen streifte sie mit der Schulter seinen Körper. Die Berührung durchzuckte sie wie ein Stromschlag. Was passierte hier mit ihr? Schon nach ein paar Minuten hatte dieser Mann sie völlig aus dem Gleichgewicht gebracht. In diesem Zustand war es ihr nicht möglich, mit ihm über einen Vertrag zu verhandeln. Er könnte eine Million Euro verlangen, dazu ihren nackten Körper in seinem Bett – sie würde sofort unterschreiben.

Seitdem sie in Irland war, hatte sie wie eine Nonne gelebt. Im ersten Jahr hatte sie großen Wert darauf gelegt, mindestens einmal im Monat nach New York zu fliegen, um die Beziehung zu ihrem Freund aufrechtzuerhalten. Aber nachdem sie sich mittlerweile getrennt hatten, schien ein Trip nach New York reine Zeit- und Geldverschwendung zu sein.

Obwohl sie hier inzwischen einige Bekanntschaften gemacht hatte, blieb sie meist für sich. Freundschaften waren einfach nichts für sie. Ihre Arbeit hatte immer Vorrang. Aus diesem Grund hatte sie oftmals Einladungen abgelehnt. Ihre ganze Energie steckte sie in ihren Job.

„Hat Ihr Bruder Ihnen eigentlich von dem Projekt erzählt?“, erkundigte Jordan sich, während sie langsam eine kleine Scheune aus Steinen ansteuerten.

„Ich kenne den Ort. Castle Cnoc. Da waren wir oft als Teenager. Ein großartiger Platz für Partys. Die Leute hier glauben, dass es dort spukt.“

„Nun ja, es hat sich vieles geändert“, fuhr sie mit ihrem Thema fort und riskierte einen kurzen Seitenblick. „Den größten Teil der Renovierungsarbeiten haben wir schon abgeschlossen. Aber es bleiben noch viele Details, die wiederhergestellt werden müssen. Ihr Bruder hat mir Ihre Mappe gezeigt. Ich schätze Ihre Arbeit sehr. Ein großer Teil der Eisenbeschläge wurde entfernt, als die Anlage aufgegeben wurde. Aber wir haben Fotos, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts aufgenommen wurden, und wir haben auch einige Musterstücke gefunden. Sie würden also einiges neu herstellen und anderes restaurieren müssen. Wir wollen alles so instandsetzen, wie es einmal war.“

„Ein ordentliches Stück Arbeit“, stellte er fest. „Die Anlage ist riesig.“

„Am Kastell selbst haben wir nichts gemacht. Das kommt erst später dran. Derzeit arbeiten wir noch an dem Herrenhaus.“

„Auch das ist ziemlich groß. Als ich es zum letzten Mal gesehen habe, war es eine Ruine.“

„Neun Schlafräume. Mehr als 900 Quadratmeter. 1860 gebaut, 1910 erweitert. Ich weiß, wir haben noch nicht über Geld gesprochen. Aber ich dachte, Sie wollten erst mal sehen, was erforderlich ist, bevor Sie mir eine Summe nennen. Und ich wollte Sie treffen, um zu sehen, ob wir … nun ja, ob wir zusammenarbeiten können.“

Inzwischen hatten sie das Scheunentor erreicht. Er blieb stehen und musterte sie ziemlich unverfroren. Sie presste eine Hand auf ihre Brust. Warum klopfte bloß ihr Herz so schnell? Lag es an seinem Lächeln, dass sie ihn plötzlich küssen wollte? Oder lag es an dem feuchten Glanz seiner Haut, dass sie sich wünschte, ihn zu berühren? Oder lag es …?

„Das ist ja fast so, als hätten wir unser erstes Date“, stellte er fest. „Erst ein vorsichtiges Abtasten, und dann trifft man die Entscheidung, ob man sich miteinander einlassen will. So ist es doch, oder?“

Schon wieder spürte Jordan, wie die Röte ihr in die Wangen stieg. Es war völlig verrückt. In ihrem Erwachsenenleben hatte sie es oft genug mit gut aussehenden Männern wie Danny Quinn zu tun gehabt. Was war das Besondere an ihm, dass sie sich wieder in einen albernen Teenager verwandelte? „Das ist eine rein geschäftliche Transaktion, Mr Quinn. Mit meinen Gefühlen Ihnen gegenüber hat das rein gar nichts zu tun. Nicht, dass ich irgendwelche Gefühle für Sie hegen würde. Wir haben uns ja gerade erst kennengelernt.“

„Ach, dann ist es wohl so, dass ich der Callboy bin und Sie meine Kundin sind?“

„Ich will Sie nicht dazu überreden, etwas Ungesetzliches zu tun. Es sei denn, man wird in Irland eingesperrt, wenn man Beschläge, Scharniere und Tore anfertigt.“

„Da haben Sie meine Beschläge noch nicht gesehen“, antwortete er grinsend. „Sie sind geradezu unanständig sexy.“

Diese Anzüglichkeiten mussten sofort ein Ende haben. „Mr Quinn, ich …“

„Oh mein Gott, können wir nicht mit dem ‚Mr Quinn‘ aufhören? Niemand redet mich mit Mister an. Und es klingt bei Ihnen so aufgesetzt.“

„Wollen Sie diesen Job?“, fragte sie ihn – inzwischen völlig genervt und frustriert. „Ich habe langsam das Gefühl, Sie setzen alles daran, dass ich kehrtmache und zu meinem Wagen zurückgehe.“

Er fuhr sich mit der Hand durch die strubbligen Haare. „Machen Sie das bloß nicht. Ich habe doch nur Spaß gemacht“, versuchte er sie zu besänftigen. „Und Sie haben recht, ich bin wirklich nicht ganz sicher, ob ich so einen Job annehmen will. Die Arbeit eines anderen zu kopieren, spricht mein künstlerisches Empfinden überhaupt nicht an.“

„Aber Sie wären Teil eines wirklich großartigen Projektes. Die Anlage wird in ihrer ganzen ursprünglichen Pracht und Herrlichkeit wiederhergestellt werden.“

„Warum? Damit irgendein reicher Amerikaner dort leben und vorgeben kann, er sei ein Lord aus dem 19. Jahrhundert, der auf alle Ortsansässigen herabschaut? Da mache ich doch gerne mit. Und wo wir gerade dabei sind, wollen Sie mir nicht auch noch vielleicht ein glühendes Eisen in die Augen stechen?“

Fassungslos starrte Jordan ihn an. Kellan hatte den Eindruck vermittelt, dass sein Bruder den Job wirklich brauchte. Aber es war ganz klar, dass es für Danny Quinn mehr bedurfte als ein großzügiges Honorar, damit er einen Auftrag übernahm. Er brauchte Inspiration.

„Also, wer hat das Ganze gekauft?“, wollte er wissen. „Jeder in der Grafschaft hat darüber spekuliert. Wer auch immer – er muss Geld wie Heu haben.“

„Ich bin wirklich nicht dazu berechtigt …“

„Wenn Sie erwarten, dass ich den Job übernehme, will ich wissen, für wen ich arbeite.“

„Sie würden für mich arbeiten“, erklärte sie.

„Und für wen arbeiten Sie wohl?“ Er wies auf die Scheunentür. „Nach Ihnen.“

Gerade wollte sie ihm auf seine sarkastische Frage Kontra geben. Doch als sich ihre Augen auf die Dunkelheit in der Scheune eingestellt hatten, verschlug es ihr die Sprache. An jedem Balken, in allen Ecken und Winkeln hingen, standen und lagen wunderschöne Objekte aus Eisen – in Formen geschmiedet, die sie nie für möglich gehalten hätte. Sie sah Tore, Gitter, Balustraden und eine prächtige Sonnenuhr, die sie auf der Stelle für den Garten von Castle Cnoc haben wollte.

Und es gab nicht nur architektonische Elemente zu bewundern. Eine ganze Wand war für eine erstaunliche Kollektion kleiner Tiere reserviert: Igel, Kaninchen und Eichhörnchen aus Gusseisen. Auf einem schiefen Regalbrett entdeckte Jordan eine Sammlung kleiner Schnitzereien.

„Haben Sie die gemacht?“, erkundigte sie sich mit einem Blick über die Schulter.

„Ja, als Kind. Die Tiere aus Gusseisen sind für die Touristen, weil sie gut in den Koffer passen und ein nettes Andenken sind. Sie glauben nicht, wie viele Aufträge ich alleine für diese verdammten Igel bekomme.“

„Die sind niedlich“, sagte Jordan lächelnd.

Er griff nach einem Igel und überreichte ihn ihr. „Dann nehmen Sie einen mit. Als Türstopper oder Briefbeschwerer sind sie prima. Aber höllisch, wenn Sie im Dunklen drauftreten.“

„Vielen Dank!“

Einen Moment lang starrte er sie an. „Sie haben ein bezauberndes Lächeln“, stellte er fest.

Sie wandte sich schnell ab und durchquerte den Raum bis zum Schmiedefeuer. In der massiven Feuerstelle aus Stein war rot glühende Kohle aufgehäuft. Die Decke war rußverschmiert, und an den Wänden drum herum waren Werkzeuge aufgereiht. In der Mitte stand ein ramponierter Amboss.

„Wirklich erstaunlich“, murmelte sie, als sie ein Tor betrachtete, das gegen einen Pfosten gelehnt war. Der dekorative Eisenbeschlag war so kompliziert, so kunstvoll, dass sie sofort wusste: Hier war kein Handwerker, sondern ein echter Künstler am Werk. Sie wies auf eine Rosette, die danebenstand. „Wofür ist die?“

„Das ist nur ein Versuch. Die beiden, die ich fertiggestellt habe, wurden in die Steinmauer eines französischen Gartens eingelassen.“

„Ich will Sie!“, platzte sie heraus und wirbelte zu ihm herum. „Es ist mir egal, was es kostet, ich will Sie unbedingt haben!“

Langsam verzog er die Lippen zu einem Lächeln. „Es ist immer nett, so etwas zu hören.“

Sie stöhnte innerlich auf. Noch nie hatte ein Mann sie derart verwirrt. Ja, sie fand ihn wahnsinnig attraktiv. Welche Frau täte das nicht? Wie er dort stand mit seinem bis zur Taille aufgeknöpften Hemd und seinem prachtvollen Körper, der eine einzige Versuchung war. Aber hier war noch etwas anderes am Werk. Er war unglaublich talentiert und hinreißend charmant – ganz anders als die Männer, zu denen sie sich normalerweise hingezogen fühlte. Wenn er bereit wäre, für sie zu arbeiten, würde sie diese Anziehungskraft streng unter Kontrolle halten müssen.

Autor

Kate Hoffmann
Seit Kate Hoffmann im Jahr 1979 ihre erste historische Romance von Kathleen Woodiwiss las – und zwar in einer langen Nacht von der ersten bis zur letzten Seite – ist sie diesem Genre verfallen. Am nächsten Morgen ging sie zu ihrer Buchhandlung, kaufte ein Dutzend Liebesromane von verschiedenen Autorinnen und...
Mehr erfahren