Eine Nacht – und dann ein ganzes Leben?

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Himmel, wie konnte das passieren? Ausgerechnet mit ihrem guten Freund Majed hat Sarah eine heiße Nacht verbracht. Mit süßen Folgen! Für Sarah ist klar, dass sie ihr Kind als Single-Mom aufziehen wird. Schließlich weiß sie, dass Majed überzeugter Junggeselle ist. Doch als sie ihm von der Schwangerschaft erzählt, ist sie von seiner Antwort wie vom Donner gerührt. Überraschend gesteht Majed ihr, dass er ein Prinz ist - der Thronfolger von Keddah Jaleel. Selbstverständlich gehört ihr Kind zu ihm, zu seinem Scheichtum! Doch was wird nun aus Sarah?


  • Erscheinungstag 26.03.2019
  • Bandnummer 72019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733712099
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Sarah glitt auf den Barhocker und begrüßte Majed mit dem üblichen High five. Die kurze Berührung reichte, um ihren Atem stocken zu lassen.

Majed bedeutete ihr, dass er zuerst noch die wartenden Gäste bedienen musste, bevor er Zeit für sie haben würde.

Sarah lächelte. Sie würde problemlos eine Ewigkeit warten, um diese Neuigkeiten mit ihm zu teilen.

Eine Ewigkeit?

Sie rollte ihre Schultern. Vielleicht nicht ganz. So war es nicht zwischen ihnen. So sexy Majed auch sein mochte mit seinem dunklen Haar, den noch dunkleren Augen und der goldbraunen Haut. Mit den langen schwarzen Wimpern, die ihn noch exotischer, seinen Blick noch anziehender machten …

Nein. Daran lag es nicht, dass sie auch bis zum Ladenschluss warten würde, um ihm die aufregenden News zu erzählen. Sie wollte es tun, weil er sie verstand. Im vergangenen Jahr war zwischen ihnen eine tiefe Freundschaft entstanden, die sie zunächst kaum bemerkt hatte und nun nicht mehr missen wollte.

Sarah beobachtete, wie er den drei Frauen am anderen Ende der Bar Mojitos zubereitete. Alles mit dieser selbstverständlichen Eleganz, die sie so beneidete. Die drei flirteten so vehement mit ihm, dass Sarah schmunzeln musste. Er machte wohl einen Scherz, brachte sie zum Lachen; alles mit einer unglaublichen Gelassenheit. Aber Sarah spürte, dass da etwas war, das er verbarg.

Majed: der Mann der Geheimnisse. Der Mann der Gegensätze. Er zauberte die raffiniertesten Cocktails, trank selbst aber nicht. Er zog Frauen in Scharen an – und Männer – und verhielt sich gleichermaßen freundlich und höflich gegenüber ihnen allen. Er hätte sich jeden in dieser Bar aussuchen können. Doch Sarah sah ihn immer allein nach Hause gehen.

Mike, der beste Freund ihres Bruders und Besitzer der Bar, hatte sie gebeten, ein Auge auf Majed zu haben. Ihm auszuhelfen bei Bedarf. Da er sie in seinem schicken Apartment hier direkt in Melbourne während der sechs Monate seines Sabbaticals wohnen ließ, erschien es ihr nicht zu viel verlangt, das zu versprechen. Er nannte sie seinen Housesitter, aber da es weder Blumen zu gießen noch Tiere zu hüten gab, nannte sie sich im Stillen eher seine gute Tat. Mike hatte einfach Mitleid mit ihr. Aber Mitleid oder nicht, sie war froh, dadurch ihren Arbeitsweg um fast eine Stunde verkürzen zu können.

Davon abgesehen war es wirklich nicht schwierig, auf Majed ein Auge zu haben.

Mike hatte erzählt, dass er und Majed die gleiche Universität besucht hatten. Sie wusste, was das bedeutete: Wie Mike müsste er mittlerweile ein erfolgreicher Unternehmer sein, eine Bar- oder Restaurantkette haben oder zumindest darauf hinarbeiten. Stattdessen verbrachte er seine Tage und Nächte damit, in einer Bar zu bedienen.

Aber wer bin ich, ihm hilfreiche Karrieretipps zu geben? Sarah verzog spöttisch das Gesicht.

Sie wusste alles über Tretmühlen, in denen man feststeckte. Darüber, den Erwartungen nicht zu entsprechen: Ihre Mutter ließ keine Gelegenheit aus, es ihr vorzuwerfen.

„Das Übliche?“ Majeds Rückkehr ließ die Stimme ihrer Mutter in ihrem Kopf verstummen.

Ihr Übliches wäre ein Glas Weißwein des Hauses. Sarah richtete sich auf. „Heute nehme ich Sekt.“

Majed sah sie überrascht an. „Gibt es etwas zu feiern?“

Sie musste lachen. „Ich kann heute nicht allein trinken. Ich lade dich ein.“ Er setzte an, etwas zu erwidern, doch Sarah unterbrach ihn. „Sei heute mal unanständig: Trink eine Limo auf mich.“

Mit einem Kopfschütteln machte er sich an die Arbeit. Aber Sarah konnte erkennen, dass das Lächeln, das er ihr von Zeit zu Zeit zuwarf, offener war als das, das er für die anderen Gäste übrig hatte.

Kaum standen die Getränke vor ihnen, stieß sie mit ihm an. „Darauf, dass ich nun offiziell wieder Single bin.“

Seine dunklen Augen verhakten sich für einen Moment mit ihren, und sein Lächeln war so echt, so von innen heraus, dass es etwas tief in ihr berührte.

„Du hast es getan? Du hast mit Super-Sebastian Schluss gemacht?“

Nicht wirklich. Genau genommen hatte Sebastian sie verlassen. Aber das war im Grunde genommen egal. Sie war diesen miesen Typen los. Und Majed schien sich so für sie zu freuen, richtig stolz auf sie zu sein, deshalb brachte sie es nicht übers Herz, ihm die ganze Wahrheit zu sagen.

Stattdessen zeigte Sarah nur auf sich: „Frei!“

Nur darum ging es letzten Endes. „Ich habe ihm in seinen armseligen Hintern getreten. Ich sage dir, nie wieder.“ Das meinte sie so. Nie wieder Sebastians gemeine Spielchen, mal zusammen, mal nicht. Sie wusste nicht einmal, warum sie sich überhaupt darauf eingelassen hatte.

Während Majed einen langen Schluck seiner Limonade nahm, blieb ihr Blick an seinen hübsch geschwungenen Lippen hängen.

„Nie wieder?“

Sarah schüttelte den Kopf. „Nie wieder.“

„Versprochen?“

Sie nickte. Mit einem Mal lehnte sich Majed über die Bar, nahm ihr Gesicht in seine großen, warmen Hände und küsste sie. Kurz nur. Aber voller Hingabe.

Als er sie wieder losließ, konnte Sarah nur überrascht zu ihm aufsehen.

„Das hätte ich nicht tun sollen!“ Majeds Blick verdunkelte sich.

Es fiel ihr nicht leicht, ihre Gedanken unter Kontrolle zu bringen, geschweige denn ihren rasenden Puls. „Doch, das hättest du. Das hättest du.“

Was immer er in ihrem Blick sehen mochte, es trieb die Schatten von seinem Gesicht. Majed hob die Schultern. „Ich konnte dich nicht küssen, während du mit einem anderen Mann ausgingst.“

Majed hatte sie schon länger küssen wollen? Wenn sie das gewusst hätte, hätte sie vielleicht schon früher mit Sebastian Schluss gemacht.

Sie konnte ihr Herz rasen hören. „Ich war blöd, so lange auf Sebastian zu hören. Es war einfach …“

Majed beugte sich zu ihr, bis er auf einer Augenhöhe mit ihr war. „Du vergisst alles, was er dir je gesagt hat. Verstanden? Du musst nicht abnehmen. Du musst dich nicht besonders schminken. Du brauchst keine andere Frisur. Du musst keinen Martini statt eines Fluffy Duck bestellen, nur um cool zu sein. Du bist perfekt, so wie du bist.“

Sarah starrte auf diesen Mund, der so wundervolle Worte von sich gab. Sie wollte Majed so gerne glauben. Mit tränenfeuchten Augen blickte sie auf, ihre Zungenspitze fuhr über ihre Lippen. „Jetzt möchte ich dich küssen.“

„Das wäre nicht klug.“

Dennoch hing Majeds Blick hungrig an ihrem Mund, und er wich keinen Millimeter zurück.

„Vielleicht nicht. Aber es würde Spaß machen.“

Er nickte ansatzweise.

Sarah sah ihn an. Mike hatte doch gesagt, sie solle auf ihn aufpassen. „Wann hattest du das letzte Mal Spaß, Majed?“

Seine Augen wurden dunkler. Für einen Moment erkannte Sarah den tiefen Schmerz darin, ehe Majed den Blick abwandte. „Das ist lange her.“

Sie lehnte sich zurück, um ihn genauer zu mustern. Er hatte ihr geduldig monatelang zugehört. Ihr erzählt, dass sie etwas Besseres verdiente als einen sie nur ständig kritisierenden Freund. Und er hatte recht gehabt. Sie verdiente etwas Besseres. Er aber auch. Wenn Majed so weitermachte, würde er sich noch ins Grab arbeiten.

Sarah spitzte die Lippen. Vielleicht war der Gedanke übertrieben. Sie mochte wirklich schlecht sein, wenn es um Karrieretipps ging, aber sie konnte es mit etwas anderem aufwiegen. „Trinkst du eigentlich nie Alkohol?“

Er richtete sich auf, um einen neuen Gast zu bedienen. „Ich bin gleich zurück.“

Als er das Bier gezapft hatte, lehnte er sich wieder über den Tresen zu ihr. Ob ihm klar war, wie verlockend er damit aussah? Wusste er, dass sie sich nur ein bisschen vorbeugen müsste, um ihn zu küssen? Und wenn sie es tat …

„Deine Augen verraten dich.“ Majed grinste so verführerisch, dass es Sarah heiß über den Rücken lief.

„Ich bin glücklich. Frei. Und ich möchte jetzt meinen Spaß haben“, verteidigte sie sich. Sie war bisher nie so direkt gewesen, aber nun konnte sie nicht mehr anders. „Was soll ich sagen, Majed. Ich mag dich“, erklärte sie mutig.

Er antwortete nicht. Das Schweigen wurde lang. Schrecklich lang. Sie bereitete sich auf die Zurückweisung vor. Doch gerade als sie befürchtete, dass es nun peinlich werden würde, erklärte er: „Brandy. Manchmal nach Feierabend genehmige ich mir ein kleines Glas Brandy.“

Seine plötzliche Offenheit raubte Sarah fast den Atem. Es war so gar nicht, was sie erwartet hatte. Sie schluckte, wagte sich weiter vor. „Willst du nachher vielleicht einen Brandy mit mir trinken? Wenn du hier fertig bist?“

„Kein Vielleicht. Das würde ich sehr gern.“

Sarahs Herz hüpfte vor Freude.

Neue Gäste kamen an die Bar. „Geh nicht weg.“

„Auf keinen Fall.“ Sarah blickte ihm nach und wunderte sich über ihre feste Stimme, während ihr Herz wie wild klopfte.

Sarah streckte sich gähnend und schmiegte sich dabei noch einmal an den warmen, männlichen Körper neben sich. Sie blickte zu Majed auf, und prompt war da wieder dieses süße sexy Lächeln auf seinen Lippen. Prompt waren da wieder die Erinnerungen an die vergangene Nacht. Nie im Leben hatte sie geahnt, dass es jemals so sein könnte …

„Guten Morgen.“

Sie musste grinsen. „Von meiner Perspektive aus ist es ein sehr guter Morgen.“

Langsam strich sie über die feinen Härchen auf seiner Brust, und Majed stöhnte leise auf.

Plötzlich klopfte es laut gegen die Apartmenttür.

„Wenn wir leise sind, gehen sie vielleicht wieder“, flüsterte sie ihm zu.

Erneut das Klopfen. Dann ein drittes Mal.

Majed grinste. „Da scheint jemand nicht aufgeben zu wollen.“

Mit einem Seufzen setzte Sarah sich auf. „Geh ja nicht weg“, deutete sie gespielt drohend auf ihn. Er fing ihre Finger ein und küsste darauf. „Ich gehe nirgendwo hin.“

Sarah schlüpfte lachend in ihren Morgenmantel. „Ich bin gleich zurück.“ Sie hatte vor, wen auch immer vor ihrer Tür sehr schnell loszuwerden. Vielleicht könnten sie dann da weitermachen, wo sie letzte Nacht aufgehört hatten …

Majed richtete sich im Bett auf und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Das Laken glitt an ihm herab, lag nur noch knapp über seiner Hüfte. Sie müsste nur daran ziehen und …

Sein Grinsen wurde breiter, als er sah, wie Sarah ihn musterte. „Geh an die Tür, Sarah.“

Richtig. Je schneller sie diesen Störenfried loswurde, desto schneller konnte sie zurück ins Bett … zu Majed. Sie lief in den kleinen Flur und riss die Tür förmlich auf.

„Warum hat das so verdammt lang gedauert?“ Sebastian schob sich wütend an ihr vorbei.

Sarah blickte ihn ungläubig an. Schnell hatte sie sich aber wieder gefangen und deutete auf die offene Tür. „Verschwinde, Sebastian. Sofort. Wir haben uns nichts mehr zu sagen. Also, hau ab.“

„Ach Baby, stell dich doch nicht so an.“ Er versuchte, die Arme um sie zu legen. Sie wich aus. Majed hatte ja so recht gehabt mit diesem Kerl. Warum hatte sie das nicht früher erkannt?

Weil ich meine Mutter ärgern wollte.

„Komm, Süße.“

„Nenn mich nicht Baby und schon gar nicht Süße!“ Himmel, wie sie diese Spitznamen hasste. „Wir haben uns nichts …“

„Es tut mir leid, Baby. Ich weiß, ich habe mich gestern danebenbenommen. Es war einfach ein schrecklicher Tag. Ich habe es nicht so gemeint. Ich will doch gar nicht mit dir Schluss machen.“

Darauf war sie bisher immer reingefallen? „Ich will dich nicht zurück, Sebastian. Ich will, dass du gehst. Sofort.“

Jetzt sah er tatsächlich überrascht aus. Sarah fühlte, wie Scham über sich selbst in ihr aufstieg. Wann war sie so geworden? Wieso hatte sie sich so lange gefallen lassen, derart herablassend behandelt zu werden?

Sebastians Züge verhärteten sich. Er kam direkt auf sie zu. Wollte er sie etwa mit einem Kuss zum Nachgeben bringen? Wenn er es auch nur versuchte, würde er ihr Knie zwischen den Beinen spüren. Ihre Mutter hatte ihr beigebracht, wie sie es mit solchen Typen aufnahm.

„Wenn Sie die Lady anfassen, zwingen Sie mich einzugreifen.“

Majed lehnte am Türrahmen zum Schlafzimmer. Er trug nun seine eng anliegenden Shorts, die so gar nichts seines beeindruckenden Körpers wirklich verbargen. Trotz der abstrusen Situation konnte Sarah nicht anders, als die wohldefinierten Muskeln zu mustern, diesen wundervollen Körper …

Sebastian starrte ungläubig von Majed zu Sarah und zurück. Es wäre fast komisch gewesen, hätte sein Gesichtsausdruck dabei etwas anderes als schiere Beleidigung gezeigt. Er spuckte das derbe Schimpfwort förmlich aus, mit dem er sich umwandte, um zu gehen.

Mit der gleichen selbstverständlichen Gewandtheit, die sie so oft schon an ihm gesehen und bewundert hatte, war Majed im nächsten Moment bei Sebastian und verpasste ihm einen Kinnhaken. Sofort ging dieser zu Boden. Majed griff ihn beim Kragen, schleifte ihn vor die Tür. Zurück im Raum, schloss er sie ruhig hinter sich. All das mit der Effizienz eines Kriegers. Sarahs Herz schlug ihr bis zum Hals. „Uhm. Danke.“

„Bitte.“

Am liebsten hätte sie ihn direkt zum Bett geschoben. Oder wäre das zu unanständig? Sollte sie ihm erst Kaffee anbieten? Sie wollte nichts ohne seine deutliche Zustimmung tun, weil …

… er gerade ziemlich abweisend aussah. Sie nahm seine Hände. Wenn doch nur ihr Liebhaber aus der Nacht zuvor wieder vor ihr stünde.

„Du hast mich angelogen.“

„Bitte?“ Sarah blinzelte.

„Du hast mir gesagt, du hättest Schluss gemacht.“

„Ich sagte, ich sei eine freie Frau.“

„Aber du hast dabei in Kauf genommen, dass ich glaube, es wäre dein Entschluss gewesen.“

Sie schluckte. Ja, das hatte sie. Er war so stolz auf sie gewesen. Es hatte sich so gut angefühlt. Sie würde nicht noch einmal lügen. Also konnte Sarah nur nicken. Wenn er doch nur wieder lächeln würde. Sie musste einen Scherz versuchen. „Gibst du mir dafür jetzt auch einen auf die Nase?“

Majed lächelte, doch sein Lächeln brach ihr fast das Herz. „Ich würde nie etwas tun, das dich verletzt, Sarah.“ Er küsste ihre Hände. „Es war eine wundervolle Nacht.“

Sie schluckte den Kloß hinunter, der ihre Kehle zuschnüren wollte. „Das war es. Aber ich befürchte, jetzt wirst du gehen, oder?“

„Ja.“

Er ließ ihre Hände los. Noch nie hatte sie sich so allein gefühlt wie in diesem Moment.

„Für immer?“

Majed nickte.

„Ich habe vielleicht nicht von mir aus Schluss gemacht, aber ich wollte es so sehr wie Sebastian. Ich war froh, dass es vorbei war.“

„Warum fühle ich mich dann, als hättest du letzte Nacht nur eine Ablenkung gesucht?“

Das war es nicht gewesen. Wirklich nicht. Aber sie konnte ihm ansehen, dass er das nun nicht mehr glauben würde. Sie hatte alles verdorben. Mit einer einzigen, dummen Lüge. „Ich habe es vermasselt.“ Mal wieder. „Tut mir leid.“

„Sarah.“ Für einen Moment stieg Bedauern in Majeds Blick. „Da war nicht wirklich etwas, das du hättest vermasseln können. Wir sind beide nicht frei …“ Er küsste sie auf die Wange und ging zurück ins Schlafzimmer, um sich anzuziehen. Sarah sah ihm nach. Sie schlich in die Küche, um ihnen Kaffee zu kochen. Irgendwie musste ihr etwas einfallen, um ihn zum Bleiben zu bewegen.

Da hörte sie, wie die Tür ins Schloss fiel. Es war zu spät.

Sarah trat in den Flur und starrte auf die geschlossene Tür. Mit einem Seufzen richtete sie sich auf und atmete tief durch.

Was sie jetzt brauchte, war ein klarer Kopf. Sie musste herausfinden, was sie wollte. Da war es vielleicht ganz gut, einen Abend mal nicht in die Bar zu gehen.

Oder vielleicht ein paar Wochen nicht. Doch der Gedanke, Majed nicht zu sehen, tat weh. Nicht einfach mit ihm reden zu können, zu lachen …

Sarah fuhr sich müde durchs Haar. „Nein, Majed. Du hast unrecht. Ich habe es vermasselt. Ich habe es so was von vermasselt.“

Obwohl er mit dem Rücken zum Eingang stand, spürte Majed sofort, dass Sarah die Bar betrat. Mittwochabends kam sie normalerweise nie, und es war sechs Wochen her, seit er sie das letzte Mal gesehen hatte … trotzdem. Er stellte dem Gast vor sich den gewünschten Scotch mit Soda hin, kassierte ab. Alles, während er sich innerlich darauf vorbereitete, ihr gegenüberzutreten.

Er blickte unauffällig Richtung Tür. Sie unterhielt sich mit ein paar anderen Stammgästen. Allein ihr Anblick berührte etwas tief in ihm. Das war vom ersten Moment an so gewesen. Wahrscheinlich würde es bis zum Ende seines Lebens so bleiben. Manche Dinge hatten diese Wirkung auf ihn: ein Sonnenuntergang in der Wüste. Palmen, die sich sanft im Wind bewegten. Der Duft von Gewürzen in der Luft. Und Sarah.

Doch das war keine Entschuldigung. Es war idiotisch gewesen, mit ihr nach Hause zu gehen. Er hätte der Versuchung widerstehen sollen. Er hatte es bei Sonnenuntergängen, Dattelpalmen und Gewürzmärkten auch geschafft.

Er schob die Gedanken grob beiseite. Gedanken an zu Hause. Sie mochten ihm im Schlaf keine Ruhe lassen, doch im Wachen erlaubte er ihnen keinen Raum. Er rieb sich über die Stirn. Er hätte nicht so nachlässig sein dürfen.

Und doch …

Majed griff sich ein Tuch und wischte umständlich die Theke ab. Sarah gab ihm das Gefühl, jemand anders sein zu können. Jemand anders zu sein. Als sie ihn angesehen hatte mit diesen großen blauen Augen, hatte er das Gefühl gehabt, würdig zu sein. Es hatte sich so gut angefühlt. Auch wenn er seine Schwäche jetzt bedauerte.

Der Mann am anderen Ende des Tresens tippte gegen sein Bierglas. Majed füllte ihm nach. Er bückte sich, um die Bestückung des Kühlschranks zu prüfen. Doch alles, was er sah, waren Bilder ihrer gemeinsamen Nacht vor seinem inneren Auge: die langen schlanken Beine, wie sie ihren Körper reckte, um ihn zu küssen, ihr Geschmack. Der Gedanke ließ ihn so anspannen, dass seine Muskeln schmerzten. Die Nacht war so besonders gewesen. So unbeschreiblich.

Doch der Morgen danach …

Er erhob sich und sah, wie sie gerade lachte. Diese dumme Lüge – es war nicht mal eine große gewesen – hatte ihn an die Fehler seiner Vergangenheit erinnert. Er ballte die Hände zu Fäusten. Fehler, die er nicht wiederholen würde.

Es erinnerte ihn auch an alles, das er seiner Familie schuldig war. Er zwang seine Hände dazu, sich zu entspannen. Was hatte er geglaubt, wo eine Romanze mit einer Australierin hinführen würde? Majed griff ein paar Gläser und räumte sie in den Geschirrspüler. Wenn er sich in den Augen seiner Familie reinwaschen wollte, musste er eine traditionelle Ehe eingehen. Eine politische Ehe, welche die Demokratie seines geliebten Keddah Jaleel festigen und den zukünftigen Generationen Frieden sichern würde. Die Liebe zu seiner Heimat wallte in ihm auf. Er vermisste den Nachthimmel der Wüste. Er vermisste es, an den Ufern voll Dattelpalmen am Bay’al-Fluss entlangzugehen. Er vermisste die geschäftigen Märkte, die Luft schwer von Gewürzen, von Nelke und Muskat. Er vermisste …

Der Schmerz war fast körperlich. Wenn er zurückging, falls, und falls sein Vater es jemals zulassen würde, wäre Ahmed dennoch nicht da. Es wusste nicht, ob er dort leben könnte ohne seinen Bruder. Mit dem täglichen Anblick der Enttäuschung seines Vaters oder der Trauer seiner Mutter. Er vermisste seine Heimat. Doch er wusste nicht, wie er jemals wieder dorthin zurückkehren könnte.

Eine Nacht mit Sarah hatte ihn das alles vergessen lassen. Er sehnte sich nach dieser Atempause, die sie ihm gegeben hatte. Die sie ihm vielleicht noch immer geben würde, wenn er nur danach fragte. Doch er hatte kein Recht dazu. Außerdem würde er sicher nicht mit einer Frau schlafen, die einen anderen liebte. Das ließ schon allein sein Stolz nicht zu.

Er hob sein Kinn und sah ihr entgegen. „Guten Abend.“ Es war fast ein Knurren. Sarah blieb schweigend vor der Bar stehen. Er hätte sich am liebsten die Zunge abgebissen für seinen Tonfall. Wie konnte er so abweisend klingen? Er versuchte es mit mehr Freundlichkeit. Beiläufig legte er einen Untersetzer vor den nächsten freien Platz. „Das Übliche?“

Sarah musterte ihn, während sie auf den Barhocker glitt. „Nur eine Limo, bitte.“

Sie hatte hier noch nie etwas Antialkoholisches bestellt, Arbeitstag oder nicht. Sie hatte ihm verraten, dass das Gläschen Wein half, den Stumpfsinn in ihrem Leben zu betäuben. Etwas, das er schmerzhaft nachvollziehen konnte.

Mitgefühl. Das hatte sie beide von Anfang an verbunden.

Mitgefühl und diese unglaubliche Anziehungskraft. Zumindest von seiner Seite aus. Es war sofort geschehen und seitdem geblieben. Es hatte nichts zu tun gehabt mit seinem heimlichen – oder nicht so heimlichen – Plan, sie von Super-Sebastian loszubekommen.

Er stellte ihr die Limonade hin.

„Hat Sebastian Probleme gemacht?“ Traf sie sich etwa wieder mit ihm?

Sarah hielt inne. „Himmel, nein. Nicht seit …“ Nicht seit Majed ihn aus ihrem Apartment geworfen hatte.

„Er soll bleiben, wo der Pfeffer wächst.“ Sie nahm einen tiefen Schluck, grinste. „Sebastian Wer?“

Wenn er ihr doch nur glauben könnte. Sie verdiente etwas Besseres als die Sebastians dieser Welt. Majed musterte sie. Sie war blass, mit dunklen Ringen unter den Augen. Wie lang würde sie brauchen, um den Kerl zu vergessen? „Du bist besser dran ohne ihn.“

„Ich weiß.“

Er glaubte es fast.

„Majed, ich bin nicht hier, um über Sebastian zu sprechen. Ich …“ Sie biss sich auf die Lippen und beobachtete angespannt ihr eigenes Spiel mit dem Strohhalm im Glas.

Majed spürte, wie der Anblick etwas in seiner Brust verkrampfen ließ. „Worüber willst du dann sprechen?“

Sie blickte sich um. Es war ein ruhiger Abend, aber etwa ein Dutzend Leute waren dennoch in der Bar. „Das ist nicht die richtige Zeit noch der richtige Ort. Ich hatte gehofft, ich könnte später mit dir sprechen, wenn die Bar geschlossen ist. Oder… ein anderes Mal, wenn du Zeit hast.“

Er wollte nicht mit ihr allein sein. Mit deutlicher Ungeduld verschränkte er die Arme. „Kannst du es mir nicht einfach gleich sagen?“

Sarahs Blick wurde wütend. „Nein. Du verdienst mehr Respekt. Und ich auch.“ Wieder sah sie zur Seite. Eine Strähne fiel ihr dabei ins Gesicht, ungeduldig schob sie sie hinter das Ohr. Dort wollte die aber nicht bleiben. Majed hielt den Atem an und wartete gespannt, bis sie, wie immer, wieder zurückfiel. Diese dumme, widerspenstige, lustige Strähne, die ihn immer zum Lächeln brachte.

Stopp!

Er sollte aufhören, über Sarah nachzudenken. Trotzdem starrte er sie weiter an. Sie sah nicht aus wie andere Frauen. Nicht für ihn. Sie entsprach vielleicht nicht irgendwelchen Schönheitsidealen, aber sie hatte etwas, das seinen Blick immer wieder in den Bann zog. Etwas an ihr war … zum Verlieben.

Ihr Haar war weder golden noch braun, ihre Haut weder hell noch oliv. Es hatte sogar eine Weile gedauert, bis ihm klar geworden war, dass ihre Augen tiefblau waren; doch dann hatte er sie nicht mehr vergessen können. Ihre Züge waren ebenmäßig. Manche hätten ihren Mund vielleicht etwas zu breit gefunden, doch gab es eigentlich nichts an Sarah, das auf den ersten Blick wirklich herausstach. Nicht physisch. Außer dass sie eine Wärme ausstrahlte, als brannte eine Sonne in ihr. Alles an ihr ließ ihn sich danach sehnen, sie zu berühren. Selbst jetzt musste er noch kämpfen, um diesem Drang nicht nachzugeben.

Aber etwas an ihrer Haltung war heute anders. Die Erkenntnis traf ihn wie ein Blitz. Er stemmte die Hände in die Hüften, musterte sie. Die Geste fiel ihr natürlich auf, und sie fuhr sich nervös über ihre Lippen. Der verführerische Glanz lenkte seine Gedanken fast ab. Majed räusperte sich. „Du hast wieder deinen Job verloren.“

Ihr Blick kühlte sein Verlangen nicht ab. Sie errötete. Ob wegen des anklagenden Tonfalls oder weil sie erwischt worden war, er war nicht sicher.

„Das stimmt.“ Sie zuckte die Schultern. „Aber deshalb bin ich auch nicht hier.“

Nicht?

„Mike hat dir gesagt, du sollst ein Auge auf mich haben, stimmt’s? Er hat dir gesagt, du solltest mir einen Job geben, wenn ich einen bräuchte.“

Das hatte er, doch Majed wollte es nicht zugeben.

„Keine Sorge, Majed, ich bin nicht hier, um dich um einen Job anzubetteln.“

Die Erklärung erleichterte ihn. Der Gedanke, tagein, tagaus mit ihr zu arbeiten, ohne sie berühren zu dürfen, wäre unerträglich gewesen.

„Wusstest du, dass Mike auch wollte, dass ich ein Auge auf dich habe?“

Majed richtete sich auf. „Das ist nicht nötig.“

Sie lächelte zynisch. „Stimmt ja, ich vergaß: Du bist ein einsamer Wolf.“

Das war genau, was er würde werden müssen, wenn er jemals nach Keddah Jaleel zurückkehren wollte. Aber wie sie es nun sagte, ärgerte ihn.

Wütend fuhr sie fort: „Ich brauche niemanden, der auf mich aufpasst. Auch wenn es anders aussieht. Ich gebe vielleicht zu schnell auf …“

Schon wieder. Sie machte sich wieder selbst herunter.

„Aber ich mache das aus freien Stücken.“

„Ich finde nicht, dass du zu schnell aufgibst.“

Sie lachte auf. „Ich werde dich daran erinnern, wenn wir unsere Unterhaltung haben.“

Worüber, in aller Welt, wollte sie reden?

Wollte sie etwa Melbourne verlassen? Hatte er ihr das Gefühl gegeben, dass sie gehen müsste?

Verdammt!

Er trat in die Mitte der Bar und wandte sich an die verbliebenen Gäste. „Es tut mir leid, aber ich muss heute früher schließen. Darf ich Sie alle bitten, auszutrinken und zu gehen?“

Als er hinter dem letzten Gast abgeschlossen hatte, sah er Sarah direkt an. „Worüber willst du reden?“

Sie glitt vom Hocker und fuhr sich nervös über die Stirn. „Ich glaube, du solltest herkommen und dich setzen.“

Autor

Michelle Douglas
Das Erfinden von Geschichten war schon immer eine Leidenschaft von Michelle Douglas. Obwohl sie in ihrer Heimat Australien bereits mit acht Jahren das erste Mal die Enttäuschung eines abgelehnten Manuskripts verkraften musste, hörte sie nie auf, daran zu arbeiten, Schriftstellerin zu werden. Ihr Literaturstudium war der erste Schritt dahin, der...
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