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Der reiche Unternehmer Greg Rafferty ist fasziniert wie noch nie: Eigentlich hat er Carole Jacks nur aus geschäftlichen Gründen aufgesucht, doch die hinreißende junge Frau hat sein Herz im Sturm erobert. Obwohl sie seine Liebe zu erwidern scheint, bleibt sie misstrauisch: Carole befürchtet dass Greg nur mit ihren Gefühlen spielt …


  • Erscheinungstag 13.01.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733755058
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Erbarmungslos brannte die gleißende Sonne auf die Menschen herab, die sich in Ranger Springs, irgendwo in Texas, um eine Rodeoarena versammelt hatten. Selbst im Schatten, den es hier allerdings kaum gab, kletterte das Thermometer über dreißig Grad. Eingekeilt zwischen schwitzenden Cowboys, stand auch Greg Rafferty, ein Geschäftsmann aus Chicago, an der Absperrung der Arena.

Erschrocken wich er einen Schritt zurück, als ein schwarz-weißes Kalb, auf der Flucht vor einem Lasso schwingenden Cowboy, rasend vor Angst auf ihn zugerannt kam. Dreck spritzte auf Gregs neue rindslederne Cowboystiefel, als die Lassoschlinge sich um den Hals des Tieres legte und es zu Boden zwang. Welchen Spaß konnten diese Menschen nur bei solchen Darbietungen empfinden?

„Das ist doch Quälerei und muss schrecklich wehtun“, wandte er sich an seinen Nebenmann, einen großen, grobschlächtigen Texaner.

„Wem soll was wehtun?“

„Der Kuh natürlich“, antwortete Greg und wies auf das sich in der Arena abspielende Rodeodrama.

Verständnislos starrte der Mann ihn an. „Wie kann man nur solche blöden Fragen stellen? Sie sind wohl nicht von hier, oder?“ Er schüttelte den Kopf. „Haben Sie überhaupt schon mal Rinder aus der Nähe gesehen?“

„Ehrlich gesagt, nein.“

„Wohl auch noch Vegetarier, was?“, murmelte der Texaner halblaut.

Es war unerträglich heiß. Die Luft war voller Staub, den die Tiere aufwirbelten. Greg wäre freiwillig keine Sekunde länger geblieben, wenn er nicht in einer ganz bestimmten Absicht hierhergekommen wäre. Er hatte einen Auftrag zu erledigen, von dem ihn weder Hitze und Dreck noch der alles umhüllende Gestank abbringen würden.

Er war auf der Suche nach Miss Carole, der so genannten Cookie-Queen der Firma Huntington Foods. Die Firma befand sich seit Generationen im Besitz seiner Familie, und Greg war seit kurzem ihr Geschäftsführer. Er war nach Ranger Springs gekommen, um mit Miss Carole einige für seine Firma sehr wichtige Angelegenheiten zu regeln.

Als Nächstes, so verkündete der Lautsprecher, sollten die besten Jungstiere der Nachwuchszüchter prämiert werden. Aber auch das würde Greg überstehen, gehörte doch alles zu seinem Plan, sich Carole Jacks möglichst unauffällig zu nähern. Er wollte einen guten Eindruck auf sie machen, zumal seine Mutter ihn darauf hingewiesen hatte, dass Miss Jacks jeden Kontakt zu Fremden mied und Texas so gut wie nie verließ. Die Verbindung zwischen ihr und der Firma verlief ausschließlich per E-Mail. Keine Telefonate, keine Faxe und schon gar keine persönlichen Treffen. Nicht einmal ein Foto besaßen sie von ihr.

Also hatte er sich in diese furchtbar enge Cowboyhose und die ledernen Stiefel gezwängt, dazu ein blau kariertes Flanellhemd angezogen, um in diesem ihm völlig fremden texanischen Umfeld so wenig wie möglich aufzufallen. In dieser Verkleidung fühlte er sich äußerst unwohl, trug er doch bei Meetings mit Geschäftspartnern normalerweise die typische Business-Kleidung, nämlich Anzug, Hemd und Krawatte und natürlich Straßenschuhe.

In den Firmenunterlagen hatte er auch keinerlei Hinweise auf ihr Alter gefunden. Greg stellte sie sich als eine freundliche, etwas füllige ältere Dame vor, irgendwo zwischen fünfzig und neunundneunzig. Eher ein Großmuttertyp. Aber das Alter spielte keine Rolle. Hauptsache war, sie würde auf seine Vorschläge eingehen und bei den geplanten Fototerminen und öffentlichen Auftritten den Anweisungen der Stylisten und Marketing-Strategen folgen. Alles Weitere würde sich finden.

Wie alt sie auch sein mochte und wie immer sie auch aussah, eines stand fest: Sie hatte damals mit Huntington Foods einen raffinierten Vertrag ausgehandelt, der ihn jetzt zwang, als Cowboy verkleidet nach einer Frau zu suchen, von deren Aussehen er keine Ahnung hatte.

Als es zum Vertragsabschluss zwischen ihr und der Huntington Foods hatte kommen sollen, war sie nur unter der Bedingung bereit gewesen, der Firma die Lizenz für die Nutzung ihrer Rezepte zu gewähren, wenn ihr im Gegenzug vertraglich die absolute Wahrung ihrer Privatsphäre zugesichert würde. Jeden öffentlichen Auftritt hatte sie strikt abgelehnt und darauf bestanden, dass diese Vereinbarung in den Vertrag aufgenommen würde.

Jahrelang hatte Huntington Foods die nach ihren Rezepten produzierten Cookies amerikaweit sehr erfolgreich vermarktet. Greg hatte jedes einzelne dieser Produkte probiert. Sie schmeckten köstlich und zergingen auf der Zunge. Allerdings musste er den Lebensmittelkontrolleuren in einem Punkt recht geben: Sie waren weder kalorien- noch fettarm. Und genau damit hatten alle Probleme seiner Firma begonnen.

Wenn er doch nur wüsste, wie Miss Carole aussah. Dann könnte er sie zu einem kalten Drink in eines der Restaurationszelte einladen und endlich dieser schier unerträglichen Hitze und diesem Dreck und dem Staub entkommen.

Zunächst war er bei Miss Jacks zu Hause aufgetaucht, aber er hatte nur ihre Nachbarin angetroffen, die ihm gesagt hatte, dass er sie bei der Prämierung der Jungstiere finden würde. Aber unter den Zuschauern konnte er niemanden entdecken, der dem Bild entsprach, das er sich von ihr machte.

Plötzlich war er wie erstarrt. Auf der anderen Seite, ihm direkt gegenüber, sah er eine junge Frau, deren Anblick jedem Mann den Atem rauben musste... Blonde Haare, zu einem kurzen Pferdeschwanz gebunden, lugten unter einem schwarzen Cowboyhut hervor. Ein weißes, eng anliegendes T-Shirt betonte verführerisch ihre hinreißende Figur und zeigte dabei mehr, als es verdeckte. Um ihre schmale Taille trug sie einen breiten Gürtel mit silberner Schnalle, in der sich das Sonnenlicht widerspiegelte, was Greg so auf sie aufmerksam gemacht hatte. Auch wenn sie nicht besonders groß zu sein schien, wirkten ihre Beine in den engen Bluejeans doch aufreizend lang.

Sie schien auf irgendetwas oder irgendjemanden zu warten. Der Gedanke, sie könnte sich für einen dieser Macho-Cowboys interessieren, machte Greg auf einmal wütend und eifersüchtig. Er spürte plötzlich ein erregendes Kribbeln bis in die Zehenspitzen. Am liebsten wäre er über die Absperrung gesprungen und zu ihr gelaufen.

Aber was für einen Eindruck hätte dann Miss Carole Jacks, die sich ja auch irgendwo unter den Zuschauern befand, von ihm bekommen? Schließlich durfte er nicht vergessen, dass er einen heiklen Auftrag zu erledigen hatte.

Sein hitzköpfiger Bruder Brad, der frühere Geschäftsführer von Huntington Foods, hatte während einer Talkshow im Fernsehen eine unglückliche Figur gemacht. Er hatte die Lebensmittelkontrolleure angegriffen und beleidigt, als diese die ‚Miss Carole Cookies‘ der Huntington Foods als ungesund bezeichnet hatten, weil sie zu viel Fett enthielten und deshalb zu kalorienreich waren. Natürlich waren sie das. Aber wer aß schon den ganzen Tag nichts anderes als Cookies?

Brad hätte sachlich argumentieren und darauf hinweisen müssen, dass die Produkte seiner Firma natürlich nicht als Hauptnahrungsmittel geeignet, aber als Köstlichkeit zwischendurch unübertroffen seien. Leider hatte er alles andere als souverän reagiert. Er war ausfallend und beleidigend geworden und hatte das Familienunternehmen damit in eine schwere Krise gestürzt.

Man hatte seinen Bruder deswegen zwar von seinem Posten enthoben und Greg an seine Stelle gesetzt, aber der Ruf von Huntington Foods war beschädigt, und jetzt hatte Greg die undankbare Aufgabe, zu retten, was noch zu retten war. Denn die Verkaufszahlen waren dramatisch zurückgegangen.

Nur widerstrebend riss er seine Augen von der blonden Schönheit los, als die Lautsprecher den folgenden Programmpunkt ankündigten. „Und jetzt, meine Damen und Herren, das letzte Ereignis dieses Vormittags. Die Präsentation der besten Jungstiere von unseren Nachwuchszüchtern. Nach der Kür des Siegers findet am Nachmittag um vierzehn Uhr die Versteigerung der Tiere statt. Der Halter des Champions erhält das Geld des Höchstbietenden als Ausbildungszuschuss, damit er später aufs College gehen kann. Begrüßen Sie jetzt mit mir die Viertklässler, die diese herrlichen Stiere aufgezogen haben.“

Unter dem Applaus der Zuschauer zogen die Stiere, geführt von Kindern – von denen eines wahrscheinlich ein Enkelkind von Miss Carole war – in die Arena ein.

Wieder suchte Greg die Zuschauertribüne ab, um eine Frau zu entdecken, die seinem Bild von Carole Jacks entsprach, aber immer wieder kehrten seine Blicke unwillkürlich zu der schönen Blondine ihm gegenüber zurück. Verwundert bemerkte er, wie sie einem der Kinder zuwinkte.

Ein braunhaariges Mädchen, das einen mächtigen Stier an einer Kette hinter sich herzog, winkte lächelnd zurück. Die Kleine mochte zehn oder elf Jahre alt sein und war somit viel zu alt, um die Tochter dieser hinreißenden jungen Frau in Cowboykluft sein zu können. Andererseits ließ der liebevolle Blick, mit dem sie das kleine Mädchen beobachtete, auf eine enge Beziehung zwischen den beiden schließen.

Gregs Augen wanderten unablässig zwischen ihr, dem Mädchen und dem Stier hin und her. Als der Wettkampfrichter die Kleine aufforderte, mit ihrem Stier vorzutreten, beobachtete er, dass sein Gegenüber mindestens so aufgeregt war wie das Kind selbst.

Mit kritischem Blick umrundeten die Juroren den Stier. Das Mädchen hatte den Kopf ganz nahe an den Kopf des riesigen Tieres gelegt und schien mit ihm zu sprechen, wobei sie mit den Fingern seinen Hals kraulte. Ruhig und ohne mit den Hufen zu scharren, ließ der Stier die Bewertung über sich ergehen.

„Der große Schwarze da“, wandte sich Greg an seinen Nachbarn. „Was meinen Sie, schafft er es?“

„Sieht ganz so aus.“

Aber warum weinte die Kleine dann? Oder waren es nur Tränen der Freude darüber, dass ihr Stier den anderen die Schau stahl? Und jetzt erhielt sie auch noch die Siegerschleife. Purpurrot und mindestens einen halben Meter lang. Greg applaudierte, als der Kampfrichter dem Mädchen gratulierte und ihr half, die Schleife am Hals des Stieres zu befestigen.

Das kleine Mädchen umarmte den riesigen Stier und verbarg sein Gesicht in seinem glatten, dicken Fell.

„Sie scheint sich über ihren Sieg aber nicht gerade zu freuen.“

„Ich glaube schon, dass sie sich freut, aber jetzt heißt es, sich von ihrem Stier zu verabschieden.“

„Wieso denn das?“

„Was glauben Sie denn, was mit dem Sieger geschieht? Der kommt zur Versteigerung. Der Meistbietende erhält ihn. Und das ist fast immer Big Jim.“

„Wer ist das?“

„Big Jim hat das größte Steakhaus in der ganzen Gegend.“

„Und was macht er damit?“

„Er veranstaltet jedes Jahr in seinem Restaurant ein großes Barbecue für seine Gäste. Und für diese Grillparty braucht er eben den Stier.“

Noch immer fassungslos über das Gehörte beobachtete Greg, wie sich die junge blonde Frau durch die Absperrung zwängte und zu dem Mädchen eilte, das noch immer sein Gesicht im Nacken des riesigen Tieres versteckte. Ihre schmalen Schultern zuckten. Die Trauer des Kindes versetzte ihm einen Stich ins Herz. Wie konnte man einem Kind so etwas antun? Spontan beschloss Greg, auf keinen Fall zuzulassen, dass dieser Stier auf dem Grill von Big Jim endete. Er würde mitbieten.

Als sie auf dem Weg zum Stall in das traurige Gesicht ihrer Tochter blickte, versetzte es Carole einen Stich ins Herz. Jenny war so sensibel. Sie liebte Puff, diesen großen Stier, wie andere Kinder ihren Hund oder ihre Katze. Carole musste zugegeben, dass der Stier selbst ihr ans Herz gewachsen war.

„Wir haben noch ein paar Stunden Zeit bis zur Versteigerung, mein Schatz. Was möchtest du bis dahin tun?“

Jenny zuckte die Achseln, als wäre ihr alles gleichgültig. „Ich bleibe im Stall bei Puff und packe meine Sachen zusammen.“

Um dich von deinem Liebling zu verabschieden, dachte Carole.

„Soll ich dir irgendetwas holen? Vielleicht ein Eis oder Zuckerwatte oder etwas Kaltes zum Trinken?“

„Danke, aber ich will nichts.“

„Du möchtest, dass ich dich allein lasse, nicht?“

„Ja, bitte.“ Jennys Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.

Es schmerzte Carole, den Kummer ihrer Tochter zu sehen. Aber sie wusste, dass Jenny in den letzten Stunden mit ihrem Liebling allein sein wollte. Verzweifelt wünschte sie, ihrer Kleinen helfen zu können. Aber den Abschiedsschmerz konnte auch sie ihr nicht abnehmen. Sie warf ihrer Tochter einen liebevollen Blick zu und wandte sich zum Gehen.

Obwohl sie sich immer wieder sagte, dass Puff nun mal ein Rind und kein Haustier war und Jenny stolz sein müsste, durch eigene Leistung einen Zuschuss für ihr späteres Studium verdient zu haben, fühlte sie die Trauer ihrer Tochter wie ihre eigene.

Nur gut, dass Jenny nächste Woche ins Feriencamp reiste. Das würde sie hoffentlich auf andere Gedanken bringen.

Beinahe hatte Carole den Ausgang des Stallgebäudes erreicht, als sie dort einen großen, breitschultrigen Mann entdeckte, der auf sie zu warten schien. Sie konnte sich nicht erinnern, ihn schon einmal gesehen zu haben. Aber die Sonne blendete, sodass sie sich nicht sicher war.

Nein, sie kannte ihn nicht. Er kam sicher nicht aus dieser Gegend.

„Gratuliere zum Sieg“, sagte er, als sie an ihm vorbeigehen wollte.

„Danke.“ Bei dem warmen Klang seiner tiefen Stimme, ohne jeden Akzent, blieb sie stehen. „Kennen wir uns von irgendwoher?“

„Nein. Ich bin zum ersten Mal hier.“

Der Mann, der vor ihr stand, war keiner der hiesigen wettergegerbten Cowboys. Darüber konnte auch seine Cowboykleidung nicht hinwegtäuschen. In seinen neuen Sachen und den teuren Stiefeln schien er eher einem Cowboymagazin entstiegen zu sein. Auf jeden Fall sah er umwerfend gut aus.

„Greg Rafferty“, stellte er sich lächelnd vor und streckte ihr die Hand entgegen. „Und, wie ich schon sagte, ich komme nicht aus dieser Gegend.“

Sie musste lachen. „Entschuldigen Sie bitte, wenn ich Sie so angestarrt habe. Die Sonne hat mich geblendet, sodass ich Sie nicht sehen konnte, ob wir uns kennen.“

„Ich für mein Teil kann mich nicht damit entschuldigen, von der Sonne geblendet worden zu sein. Ich gebe also offen zu, Sie angestarrt zu haben.“

Carole spürte, wie ihr das Blut in die Wangen stieg. Das war ihr seit Jahren nicht mehr passiert, stellte sie erstaunt fest.

„Und Sie sind …?“

„Oh, entschuldigen Sie. Der Sieg meiner Tochter hat mich ein bisschen durcheinander gebracht. Ich bin Carole Jacks.“

„Sie?“ Ungläubig sah er sie an. „Sie haben nicht zufällig eine Verwandte gleichen Namens? Eine Mutter oder Tante vielleicht?“

„Soweit ich weiß, bin ich in dieser Gegend die Einzige, die so heißt“, antwortete sie etwas verwirrt.

„Ich hatte eigentlich eine etwas … ältere Dame erwartet.“

„Älter?“

„Ich bin hierhergekommen, wissen Sie, in der Erwartung, eine gesetzte, etwas ältere mütterliche Dame zu treffen. Stattdessen finde ich …“

„Aber was hat das mit mir zu tun? Und warum dachten Sie, ich wäre älter?“

„Weil Sie Cookies backen“, sagte er, als ob damit alles erklärt sei.

„Cookies?“, wiederholte sie vorsichtig. Wie konnte ein so fantastisch aussehender Mann nur so verrückte Dinge sagen?

„Ja, Miss Caroles Cookies. Ich bin hier, weil die Firma Huntington Foods Ihre Hilfe braucht.“

„Oh nein, das glaube ich einfach nicht.“ Sie trat einen Schritt zurück, um den Abstand zwischen sich und diesem Großstadtmenschen zu vergrößern... Was dachte er sich eigentlich dabei, einfach hier aufzukreuzen? Wie konnten sie ihr so etwas antun? Hatte die Firma ihr nicht zugesichert, sie völlig in Ruhe zu lassen? Hatte sie nicht in ihren Vertrag extra die Klausel zum Schutz ihres Privatlebens aufnehmen lassen?

„Sie scheinen überrascht zu sein, dass jemand von der Firma Sie hier aufsucht.“

„Das kann man wohl sagen. Ich rate Ihnen dringend, mit dem nächsten Flieger nach Chicago zurückzukehren“, zischte sie. Mit funkelnden Augen sah sie ihn an.

„Sie wissen doch noch gar nicht, was ich Ihnen anzubieten habe.“

„Mein Privatleben lasse ich mir nicht abkaufen“, sagte sie in einem Tonfall, der keinen Widerspruch zuließ, und ließ Greg im Schatten des Stallgebäudes stehen.

Zum Glück hatte sie noch rechtzeitig die Gründe für seine Anwesenheit beim Rodeo erfahren, bevor sie sich wegen eines gut aussehenden Fremden vielleicht noch lächerlich gemacht hätte.

„Jenny“, flüsterte sie. Wer weiß, vielleicht war dieser Rafferty ja raffiniert genug und versuchte sich bei ihrer Tochter einzuschleichen. Möglicherweise war er schon auf dem Weg zu ihr.

Das konnte sie nicht zulassen. Sie machte auf der Stelle kehrt und wäre beinahe mit jemandem hinter sich zusammengestoßen.

Starke Hände fingen sie auf. Verblüfft spürte sie, wir ihr Puls urplötzlich zu rasen begann und ihr Herz laut pochte. Ungläubig starrte sie in Greg Raffertys blaugrüne Augen. „Sie?“, flüsterte sie. Was hatte dieser Mann nur an sich, dass die bloße Berührung seiner Hände sie seelisch und körperlich so völlig aus dem Gleichgewicht brachte?

„Es wäre besser, wenn Sie auf einem belebten Weg wie diesem den anderen Menschen Ihren Richtungswechsel rechtzeitig signalisieren würden“, sagte er mit einer sanften, tiefen Stimme. Das Zwinkern in seinen Augen brachte sie völlig aus der Fassung.

„Lassen Sie mich sofort los! Wieso verfolgen Sie mich eigentlich?“

„Weil ich den ganzen Weg von Chicago hierhergekommen bin, nur um Sie zu treffen, und weil es wichtig ist, dass Sie sich anhören, was ich Ihnen vorschlagen möchte.“

„Sie geben wohl nicht so schnell auf, was?“

„Das kann ich mir nicht leisten. Ich kenne zwar Ihren Vertrag, aber für die Firma hat sich die Lage verändert. Wir brauchen Ihre Mitarbeit.“

Carole seufzte. Sie würde ihn anhören müssen, ob sie es nun wollte oder nicht. „Okay. Setzen wir uns in den Schatten. Ich gebe Ihnen zehn Minuten. Dann muss ich wieder zu meiner Tochter.“

Sie setzten sich auf eine Bank im Schatten eines großen Baumes in der Nähe des Stalles.

„So, nun erklären Sie mir, bitte, warum Sie den weiten Weg nach Texas gemacht haben und damit gegen die vertraglich vereinbarte Wahrung meiner Privatsphäre verstoßen.“

„Ich weiß nicht, ob Sie etwas über den Streit des früheren Geschäftsführers der Huntington Foods mit der Lebensmittelkontrollbehörde gehört haben?“

„Ja, ich habe gehört, dass er sie als einen ‚Haufen von Idioten‘ beschimpft hat. Aber ich bin überzeugt, dass die Leute seine Beleidigungen schnell vergessen werden.“

„So einfach ist das nicht. Die Presse hat die Angelegenheit aufgegriffen und vergleicht uns inzwischen mit der Tabakindustrie, die auch behauptet, Nikotin mache nicht süchtig. Natürlich wissen wir, dass unsere Produkte kalorienhaltig sind und es ungesund wäre, wenn man sich ausschließlich davon ernähren würde. Es ist von größter Wichtigkeit, dass wir unseren Standpunkt klären. Unsere Umsätze sind dramatisch eingebrochen.“

„Tun Sie das. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, sind Sie der neue Geschäftsführer. Ich sehe allerdings nicht, wieso dazu meine Mitarbeit erforderlich wäre.“

„Möglicherweise ist Ihnen nicht bewusst, dass Ihre Cookies das meistverkaufte Produkt unserer Firma sind. Wir haben vor, Werbespots zu senden, und dabei könnten wir uns vorstellen, dass Sie, vielleicht in einer Morgensendung, Ihre Backkünste vorstellten. Außerdem würden wir uns freuen, wenn Sie uns auf der demnächst stattfindenden Nahrungsmittelmesse repräsentieren würden.“

Bei der bloßen Vorstellung, öffentlich in Erscheinung zu treten, lief es ihr eiskalt über den Rücken. Carole hatte das Gefühl, als hätte ihr jemand einen Schlag in den Magen verpasst. Alles krampfte sich in ihr zusammen. Nur mit größter Mühe gelang es ihr, ihre Stimme locker klingen zu lassen. „Und das wäre alles?“

„Nun, wir bräuchten Ihre Genehmigung, Ihr Bild auf die Verpackungen zu drucken. Außerdem könnten wir uns vorstellen, Artikel über Sie zu veröffentlichen, zusammen mit Fotos, auf denen möglicherweise Sie und Ihre Tochter zu sehen sind, wie Sie gerade Ihre wunderbaren Backwaren genießen.“

Das wurde ja immer schlimmer. Wie konnte dieser Fremde es wagen, Jenny in seine Pläne einzubeziehen? Allerdings, so viel musste sie zu seiner Entschuldigung einräumen, hatte dieser Geschäftsführer keine Ahnung von ihrer Vergangenheit.

„Sie machen wohl Witze“, sagte sie schließlich.

„Nein.“ Er schien ziemlich überrascht. „Wir erwarten doch nichts Unmögliches von Ihnen, Miss Jacks.“

„Was halten Sie davon, wenn ich Ihnen einen freundlichen Brief schreibe, in dem ich erkläre, dass Ihre Firma ganz sicher nicht so unvernünftig ist zu glauben, zucker- und fettreiche Produkte seien als alleinige Nahrungsmittel geeignet?“

Sie bemerkte, wie ihm die Röte ins Gesicht stieg. Die Hitze? Wohl eher nicht.

„Wir brauchen mehr als eine Vertrauenserklärung von Ihnen, Miss Jacks.“ Er bemühte sich, seine Stimme ruhig klingen zu lassen. „Und wir sind auch bereit, uns Ihre Mitarbeit etwas kosten zu lassen.“

„Haben Sie meinen Vertrag gelesen, Mr. Rafferty?“

„Greg, bitte. Ja, ich habe ihn gelesen.“

„Dann wissen Sie auch, dass ich keinesfalls verpflichtet bin, Werbung für das Gebäck zu machen.“

„Ja, das ist mir durchaus bekannt. Aber wie ich schon sagte, die Situation der Firma hat sich verändert.“

„Meine aber nicht. Lassen Sie sich ein für alle Mal sagen, dass ich weder für mich noch meine Familie irgendwelche Publicity wünsche. Mein Vertrag mit Huntington Foods sieht nichts Derartiges vor.“

„Sie könnten das Geld sicher gut gebrauchen.“

„Aber nicht auf Kosten meiner Privatsphäre. Außerdem muss ich jetzt zu meiner Tochter zurück. Für Sie, Mr. Rafferty, hoffe ich, dass Sie Ihr Problem irgendwie anders lösen können. Denn ich werde meine Meinung nicht ändern.“

Sie ging in Richtung Stall, drehte sich aber nach wenigen Metern noch einmal zu Greg um. „Übrigens, lassen Sie meine Tochter in Ruhe, verstanden!“

„Wieso glauben Sie, ich würde mich an Ihre Tochter heranmachen?“

„Weil ich Geschäftsleute wie Sie kenne. Wagen Sie es nicht, ihr zu gratulieren, nur um sich bei mir einzuschmeicheln.“

„Ich hätte ihr gratuliert, wenn ich sie getroffen hätte. Aber Sie habe ich zuerst gesehen. Noch bevor ich wusste, wer Sie waren.“

„Lassen Sie uns einfach in Ruhe, Mr. Rafferty. Wir sind nicht interessiert.“

Autor

Victoria Chancellor
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