Eingeschneit mit dem Millionär

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"Ich bekomme immer, was ich will." Bei Braden O’Sheas Worten läuft Zara ein erregender Schauer über den Rücken. Sicher, er ist ihr Boss, und das heißt eigentlich: Finger weg! Die gefährlichen Blicke aus seinen dunklen Augen verraten ihr jedoch zu genau, was er will: sie …


  • Erscheinungstag 16.04.2020
  • ISBN / Artikelnummer 9783733716615
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Zara Perkins zuckte zusammen, als ihr Ex ihren Arm ergriff. „Ich tanze nicht. Ich arbeite.“

Warum musste ausgerechnet Shane Chapman hier auftauchen? Diese Party von einer der namhaftesten Familien der Stadt war die größte Veranstaltung, die Zara je ausgerichtet hatte. Sie hatte viel Arbeit in die Planungen gesteckt, und Shane konnte ihr alles ruinieren.

„Jetzt spiel nicht die Unnahbare“, erwiderte er süffisant. Sein Atem roch nach Whiskey. „Ich habe doch gesehen, wie du zu mir herübergeschaut hast.“

Das hatte sie tatsächlich. Aber voller Widerwillen. Sie würde lieber barfuß über Glasscherben laufen, als ihn noch einmal an sich heranzulassen. Zara hoffte inständig, dass Shane verschwinden würde. Dies war ihr erstes bedeutendes Event für die Familie O’Shea; und das Letzte, was sie jetzt gebrauchen konnte, war ein aufdringlicher Typ, mit dem sie unglücklicherweise ein paarmal ausgegangen war.

„Tanzen Sie mit mir“, forderte eine tiefe Stimme.

Ohne sich umzudrehen, wusste Zara, wer hinter ihr stand. Ihr neuer Kunde, der berühmt-berüchtigte Tycoon Braden O’Shea. Ein geheimnisvoller, faszinierender Mann, der ihr Herz schneller schlagen ließ. Er strahlte so viel Autorität, Macht und Sexappeal aus, dass es ihr bei den Vorbereitungstreffen zu diesem Abend oft schwergefallen war, sich auf das Gespräch zu konzentrieren.

Es war ihr schrecklich peinlich, dass er Zeuge dieser unangenehmen Szene geworden war. Sie war beruflich hier, und sich mit einem lästigen Ex herumzuschlagen schadete ihrem Ruf.

Shane warf Braden einen Blick zu, der deutlich zeigte, was er von der Unterbrechung hielt. Doch bevor Zara auch nur ein Wort sagen konnte, nahm Braden sie an die Hand und führte sie auf die Tanzfläche des historischen Ballsaals seiner prächtigen viktorianischen Villa.

Im nächsten Augenblick fand sie sich in den Armen dieses fantastisch aussehenden Mannes wieder. Hochgewachsen, athletisch und sexy. Wie üblich trug er einen dunklen Maßanzug, ein schwarzes Hemd und keine Krawatte. Der herbe Duft seines zweifellos teuren Parfüms war sinnlich und betörend.

Aber dieser Mann war ihr neuer Kunde. Sie durfte sich keinerlei Nachlässigkeit erlauben. Und keine erotischen Fantasien.

Na gut, vielleicht später, wenn sie wieder allein wäre.

„Ich muss wirklich arbeiten“, protestierte sie.

Immerhin war sie für den reibungslosen Ablauf der Party verantwortlich. Mit dem Gastgeber zu tanzen war eigentlich ein absolutes Tabu. Auch wenn sie schon vor diesem Abend eine gewisse Anziehungskraft zwischen ihnen bemerkt hatte, über die sie lieber nicht weiter nachdenken wollte.

Er sah sie durchdringend an. „Mit einem solchen Kleid sollten Sie aber tanzen.“

Ihr knielanges, schwarzes Kleid war sehr figurbetont und hatte vorn und hinten einen tiefen V-Ausschnitt. Es war schlicht und doch sexy. Es war das einzige elegante Kleid gewesen, das sie gefunden hatte, weil sie seit ihrem Umzug noch nicht dazu gekommen war, alle Kisten auszupacken.

„Sie bezahlen mich nicht fürs Tanzen“, erklärte sie. Dennoch machte sie keinerlei Anstalten, sich aus seinen kraftvollen Armen zu befreien. Ihr Verstand sagte ihr, dass sie sich nicht sehr professionell benahm, doch ihr eigensinniger Körper ignorierte die Botschaft.

„Sie haben gerade Pause.“

Braden hatte eine Hand um ihre Taille gelegt. Die funkelnden Kristallleuchter, die von der Decke hingen, tauchten den Saal in goldenes Licht. Andere Paare wirbelten um sie herum, doch Zara hatte nur Augen für diesen aufregenden Mann, der sich in vollkommenem Einklang mit ihr bewegte. Dabei war es höchste Zeit, dass sie sich von ihm losriss. Schließlich war sie nicht hier, um sich zu amüsieren. Man bezahlte sie dafür, dass sie diese Party zu einem Erfolg machte. Da konnte sie keine Ablenkung gebrauchen.

Und auch keine verrückten Exfreunde.

„Ich wäre mit Shane schon klargekommen“, versicherte sie Braden. „Er war nur …“

„Ich rede nicht über andere Männer, während ich eine schöne Frau im Arm halte.“

Der sinnliche Unterton seiner Bemerkung war ihr nicht entgangen. Okay, damit hatte er die professionelle Grenze endgültig überschritten. Und die geheimnisvolle Aura, die ihn umgab, machte ihn nur noch interessanter und faszinierender.

Trotzdem sollte sie sich lieber auf die Arbeit konzentrieren. Ihr Ziel war es, ihre noch junge Firma bekannt zu machen, und der Auftrag der O’Sheas war ein großer Schritt in die richtige Richtung. Natürlich wusste sie, dass es Gerüchte über nicht ganz legale Geschäfte hinter der Fassade ihres renommierten Auktionshauses gab. Doch die O’Sheas verfügten über Beziehungen, von denen andere nur träumen konnten. Und sie erhoffte sich von diesem Event viele neue Kunden.

„Wenn Sie weiter so die Stirn runzeln, muss ich annehmen, dass Sie Shanes Gesellschaft meiner vorziehen“, bemerkte Braden. „Oder habe ich vielleicht einen Streit unter Liebenden unterbrochen?“

Zara zuckte förmlich zusammen. „Nein. Ganz sicher nicht.“

Sie war ein paarmal mit Shane ausgegangen, doch er war für ihren Geschmack viel zu kontrollsüchtig geworden. Daher hatte sie die Beziehung mit ihm schon vor Wochen beendet. Trotzdem versuchte der Kerl immer wieder, sich in ihr Leben zu drängen. Nur gut, dass sie nie mit ihm geschlafen hatte.

Braden ließ seine Hand höher wandern, und seine Fingerspitzen streiften ihre Haut am Rande des tiefen Rückenausschnitts. Die winzige Berührung jagte ein heißes Kribbeln durch ihren ganzen Körper.

„Mr. O’Shea …“

„Braden.“

Zara schluckte. „Braden.“ Sie zwang sich, ihm in die Augen zu blicken. „Ich sollte jetzt wirklich nach dem Büfett sehen und …“

„Nicht nötig.“

„Und die Getränke …“

„Auch davon ist noch reichlich da.“

Sie tanzten an einer der raumhohen Glastüren vorbei, die auf die Veranda hinausführten. Draußen wirbelten dicke Schneeflocken vor den Fenstern. Der Wetterbericht hatte für den späteren Abend einen schweren Schneesturm gemeldet. Der Februar in Boston konnte ziemlich tückisch sein.

„Mit der Party heute Abend haben Sie sich wirklich selbst übertroffen“, sagte er. „Ich bin sehr beeindruckt.“

Sie lächelte. „Ich freue mich, das zu hören. Ich möchte, dass meine Kunden zufrieden sind. Dennoch gehört es nicht zu meinen Gewohnheiten zu tanzen, wenn ich eigentlich arbeiten sollte.“

Er strich mit dem Daumen sanft über die nackte Haut an ihrem Rücken. „Ich habe gehört, was er zu Ihnen gesagt hat.“

Zara erstarrte und überlegte sich ihre nächsten Worte sehr genau. „Ich versichere Ihnen, dass ich niemals zulassen würde, dass irgendetwas oder irgendjemand meine Arbeit beeinträchtigt. Shane ist nur …“

„Er wird Sie nie wieder belästigen“, versicherte Braden ihr mit fester Stimme. Er ließ seinen Blick langsam über ihren Körper wandern, und Zara stellte sich vor, wie er …

Nein, nein, nein. Ganz egal, wie verführerisch Braden O’Shea war, in ihrem Leben war kein Platz für erotische Gedankenspiele. Außerdem war er so was wie ihr Boss, du liebe Güte.

„Der Sturm wird stärker.“ Braden deutete mit dem Kopf in Richtung Fenster. „Wohnen Sie weit von hier weg?“

„Etwa zwanzig Minuten.“

„Wenn Sie lieber aufbrechen möchten …“

„Nein.“ Zara schüttelte energisch den Kopf. „Ich habe mein ganzes Leben in Boston verbracht. Schnee macht mir nichts aus. Außerdem würde ich niemals eine meiner Veranstaltungen vorzeitig verlassen.“

„Freut mich zu hören, aber ich möchte nicht, dass Sie bei diesem Wetter allein unterwegs sind. Mein Fahrer wird dafür sorgen, dass Sie sicher nach Hause kommen.“

„Das ist nicht nötig.“

Braden beugte sich so weit nach vorn, dass sie seinen Atem auf ihrer Wange spüren konnte. „Wir sollten keine Zeit mit Streiten verschwenden, während wir tanzen.“

Er legte seinen Arm enger um ihre Taille und zog sie an sich. Anscheinend war ihre Pause noch nicht vorbei.

Braden wusste schon länger, dass Zara Perkins sexy war. Schon seit er sie zum ersten Mal gesehen hatte. Aber in diesem tief ausgeschnittenen, schwarzen Cocktailkleid sah sie absolut atemraubend aus. Und sie in seinen Armen zu halten und ihre aufregenden Kurven unter seinen Händen zu spüren, raubte ihm fast den Verstand.

Dabei geriet der eigentliche Grund für diese Party fast in Vergessenheit. Und den durfte er nicht aus den Augen verlieren. Egal wie sehr ihn diese verflixten Kurven aus der Bahn warfen. Nichts konnte ihn davon abhalten, das Versprechen zu halten, das er seinem Vater an dessen Sterbebett gegeben hatte.

Braden hatte Zara keineswegs zufällig engagiert. Er hatte sie mit Absicht ausgewählt, um näher an sie heranzukommen, nah genug, um sich Zutritt zu ihrem Privatleben und in ihr Haus zu verschaffen. Das Erbe seiner Familie könnte in diesem Haus verborgen sein, und Zara würde es nicht einmal bemerken, wenn sie darüber stolpern würde.

Braden hatte absolut nichts dagegen, ein wenig Verführungskunst mit einfließen zu lassen, um zu bekommen, was er wollte. Ihm war nicht entgangen, wie ihr Atem gestockt hatte, als er ihre nackte Haut berührte. Und er musste zugeben, dass die harmlose Berührung auch in ihm etwas ausgelöst hatte. Trotzdem durfte er bei aller Faszination auf keinen Fall die Kontrolle verlieren.

Er musste sich in Erinnerung rufen, dass er jetzt das Oberhaupt der Familie war und dass er eine Pflicht zu erfüllen hatte. Ein reizvoller Flirt am Rande war okay, solange er sein Ziel im Blick behielt.

Heute Abend feierten sie das achtzigjährige Bestehen des berühmten Bostoner Auktionshauses O’Shea, dessen Führung Braden seit dem Tod seines Vaters vor ein paar Monaten übernommen hatte. Und nun, da die Verantwortung in seinen Händen lag, würde es ein paar wichtige Veränderungen geben. Die Familie musste endlich raus aus allen illegalen Geschäften. Der Druck, unter dem sein Vater sein ganzes Leben lang gestanden hatte, war nicht das, was Braden für seine eigene Zukunft wollte.

Er hatte einen Fünfjahresplan. In dieser Zeit musste es ihm gelingen, nach und nach alle Verbindungen zur Unterwelt zu lösen. Sein Vater war ein erfolgreicher und hoch angesehener Geschäftsmann gewesen, doch mit manchen seiner Entscheidungen hatte Braden sich nie anfreunden können. Er hatte beschlossen, dass jegliche Gewalt aufhören musste. Das war seine oberste Priorität.

Zara ließ ihren Blick durch den Saal wandern. „Ihr Bruder kommt auf uns zu.“

Braden drehte sich nicht um, sondern tanzte einfach weiter.

„Wir müssen reden“, sagte Mac.

Braden blieb stehen, doch er ließ Zara nicht los, als er seinen Bruder über seine Schulter hinweg ansah. „Wir treffen uns in fünf Minuten im Arbeitszimmer.“

„Jetzt.“

„In fünf Minuten“, wiederholte Braden unbeeindruckt, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder ganz auf Zara richtete.

„Sie können ruhig mit ihm gehen.“ Zara lächelte. „Ich muss jetzt ohnehin weiterarbeiten.“

Ein letztes Mal ließ er seine Fingerspitzen über ihre Haut gleiten, dann ließ er sie los. „Ich komme gleich wieder. Geben Sie mir sofort Bescheid, wenn Shane noch einmal Probleme macht.“

„Gehen Sie, und reden Sie mit Ihrem Bruder. Ich komme schon zurecht“, versicherte sie. „Und danke für den Tanz.“

Braden trat einen Schritt auf sie zu und küsste ihre Hand. „Ich sollte Ihnen danken.“

Er bemerkte, wie sie nach Luft schnappte, als seine Lippen ihre Haut streiften. Ja, sie zu verführen würde nicht schwierig werden. Er musste nur den richtigen Zeitpunkt abwarten.

Doch eins nach dem anderen. Zunächst musste er in Erfahrung bringen, was sein jüngerer Bruder von ihm wollte. Braden entschuldigte sich und machte sich auf den Weg zum Arbeitszimmer.

Mac lehnte am Mahagonischreibtisch und schwenkte eine goldene Flüssigkeit in einem Kristallglas. Die O’Sheas waren einfache Männer mit einfachen Vorlieben – Macht, guter Whiskey und schöne Frauen. Die Reihenfolge richtete sich nach den Umständen.

„Du musst dich beruhigen“, erklärte Mac bestimmt. „Dieser bedrohliche Blick in deinen Augen verängstigt die Gäste.“

„Ich bin vollkommen ruhig“, versicherte Braden.

Mac seufzte. „Hör zu. Ich weiß, wie sehr du Shane Chapman verabscheust. Er ist ein schmieriger Bastard und nur deshalb eingeladen, weil sein Vater eine der bedeutendsten Kunstgalerien der Stadt besitzt. Aber was auch immer er …“

„Er belästigt Zara.“ Braden verschränkte die Arme vor der Brust. „Behalt ihn im Auge. Er darf unsere Pläne nicht durchkreuzen.“

Mac nickte. „Ich werde Ryker Bescheid geben.“

Ryker war die rechte Hand der O’Sheas und ihr Mann fürs Grobe. Obwohl er kein Verwandter war, gehörte er seit vielen Jahren zur Familie. Patrick O’Shea hatte ihn inoffiziell adoptiert, als Ryker noch ein rebellischer Teenager gewesen war. Er hatte ihn wie einen Sohn aufgenommen, und seither war Rykers Loyalität zu den O’Sheas grenzenlos.

Verdammt. Braden wollte kein Blut an seinen Händen. Er wollte sich ganz auf die Wiederbeschaffung verloren gegangener Erbstücke konzentrieren. Das Auktionshaus O’Shea war dafür bekannt, überall auf der Welt wertvolle Kunstschätze aufspüren zu können. Manche der Stücke wurden zwar auf etwas fragwürdige Weise „wiedergefunden“, doch es war leicht, diese Stücke zusammen mit Lieferungen legaler Ware für Auktionen zurück ins Land zu schmuggeln. Und die gut betuchte Kundschaft der O’Sheas ließ sich die notwendige Diskretion einiges kosten. Das Geschäft florierte.

Mac nippte an seinem Whiskey. „Ich finde, dass du die Sache mit Zara ziemlich überstürzt angehst.“

Braden kniff die Augen zusammen. „Eine ziemlich kühne Bemerkung von einem Mann, der in jeder Stadt eine andere Frau hat.“

Mac blickte ihn über sein Glas hinweg an. „Wir sprechen nicht über mich. Es sei denn, du möchtest, dass ich die Verführung der hübschen Eventplanerin übernehme.“

„Du hältst dich von ihr fern, verstanden?“

Warum war er auf einmal so besitzergreifend? Er hatte schließlich keinerlei Ansprüche auf Zara.

Doch er hatte sie in seinen Armen gehalten, ihren Körper an seinem gespürt. Und er hatte die Spur von Verletzlichkeit in ihrem Blick gesehen, als sie von Shane bedrängt worden war. Er würde niemals dulden, dass in seiner Gegenwart eine Frau belästigt oder schlecht behandelt wurde.

Seine kleine Schwester Laney war zurzeit mit einem Idioten zusammen, der furchtbar herablassend sein konnte. Noch eine Angelegenheit, um die er sich kümmern musste, jetzt, da er die Verantwortung übernommen hatte.

„Überlass Zara mir und kümmere dich um deine eigenen Aufgaben“, sagte er.

Mac hatte vor Kurzem die Leitung einer neu eröffneten Filiale in Florida übernommen, ein Job, der ihm sehr entgegenkam. Einerseits, weil er so den kalten Wintern in Boston entkommen konnte, andererseits weil seine beste Freundin Jenna im vergangenen Jahr ebenfalls nach Miami gezogen war.

„War das alles?“, fragte Braden.

„Fürs Erste.“ Mac leerte sein Glas und stellte es beiseite. „Ich werde Shane im Auge behalten. Ryker wäre nur das allerletzte Mittel. Ich weiß, du möchtest die Dinge zukünftig gern anders handhaben als Dad. Aber Shane darf uns nicht dazwischenfunken. Wir sind viel zu nahe dran, die Schriftrollen zu finden.“

Braden nickte. Diese Schriftrollen waren von unschätzbarem Wert. Jahrhundertelang waren sie der kostbarste Besitz seiner Familie gewesen, bis sie zur Zeit der großen Wirtschaftskrise in den 1930er Jahren verloren gingen. Als seine Vorfahren ihr Haus verkaufen mussten, waren die Rollen versehentlich dort zurückgeblieben. Ausgerechnet in dem Haus, in dem Zara nun lebte.

Und die O’Sheas wollten ihr Familienerbe unbedingt zurück.

Als Braden in den Ballsaal zurückkehrte, sah er am anderen Ende des Raumes Shane schon wieder bei Zara stehen. Sie schüttelte den Kopf und wollte sich abwenden, als Shane die Hand ausstreckte, sie unsanft am Oberarm packte und sie an seine Brust zerrte.

Schnell drängte sich Braden durch die Menschenmenge, dicht gefolgt von Mac.

„Hey, Chapman, lass sie los.“ Braden machte sich nicht einmal die Mühe, seine Wut zu verbergen. „Nimm die Hände weg, oder ich werfe dich persönlich raus.“

Mac wies einen der Mitarbeiter an, den Sicherheitsdienst zu alarmieren, doch Braden sah in diesem Moment nur noch rot.

Shane sah ihn ungerührt an. „Das hier geht dich nichts an, O’Shea. Zara und ich haben nur einen kleinen Disput unter Liebenden.“

Der Ausdruck in ihrem Gesicht verriet, dass dies keineswegs der Fall war, genau wie sie es ihm zuvor schon versichert hatte. Obwohl sie das Kinn stolz erhoben hatte, sah Braden eine Spur von Angst in ihren großen, dunklen Augen. Er würde Shanes Benehmen keine weitere Sekunde mehr dulden.

Er packte ihn am Handgelenk und drückte fest zu. „Nimm deine verdammten Hände von ihr. Sofort.“

Shane ließ Zara los und stieß sie von sich fort. „Du kannst mir nicht ewig aus dem Weg gehen“, zischte er ihr zu und rieb sich das schmerzende Handgelenk.

Er wollte gehen, doch Braden versperrte ihm den Weg. „Wenn du ihr noch einmal zu nahe kommst und ich davon höre, wirst du dir wünschen, tot zu sein, verstanden?“

Shane zögerte einen Moment. Dann grinste er. „Patrick O’Sheas Sohn durch und durch. Und ich dachte, du wärst dir zu gut, um dir die Hände schmutzig zu machen.“

Braden ließ sich nicht provozieren. Tief im Inneren wusste er, dass er anders war als sein Vater. Im Gegensatz zu ihm lehnte Braden den Einsatz von Gewalt zur Durchsetzung seiner Ziele ab. Im Augenblick war er allerdings tatsächlich versucht, seine Einstellung noch einmal zu überdenken.

„Für alles gibt es ein erstes Mal“, drohte er.

In diesem Moment tauchten zwei Sicherheitsleute neben ihnen auf. Um unnötiges Aufsehen zu vermeiden, fassten sie Shane nicht an, doch sie flankierten ihn auf beiden Seiten und geleiteten ihn zum nächstgelegenen Ausgang. Die wenigen Gäste, die den Zwischenfall mitbekommen hatten, setzten ihre Gespräche ungestört fort. Jeder hier wusste, dass es besser war, sich um seine eigenen Angelegenheiten zu kümmern, wenn man weiterhin dem engeren Kreis der O’Sheas angehören wollte.

Sobald Shane fort war, wandte sich Braden an Zara. „Kommen Sie.“

Er brachte sie in einen kleinen, an den Ballsaal angrenzenden Salon und schloss die Tür hinter ihnen. Behutsam führte er sie zu einem der ledernen Clubsessel. „Lassen Sie mich Ihren Arm sehen.“

„Mir geht es gut. Es tut mir so leid, dass ich eine solche Szene verursacht habe.“

„Bitte zeigen Sie mir Ihren Arm.“

Zara zögerte einen Moment. Dann zog sie ihr Kleid an der Schulter ein wenig hinunter und entblößte cremeweiße Haut und einen schwarzen BH-Träger.

Als Braden die blau unterlaufenen Male auf ihrem Oberarm sah, spürte er rasende Wut in sich aufsteigen. „Ich hätte ihm doch eine verpassen sollen.“

Sanft zog er den Stoff wieder über ihre Schulter.

„Mir geht es gut“, versicherte sie noch einmal. „Und ich muss wirklich wieder an die Arbeit. Trotzdem weiß ich zu schätzen, was Sie für mich getan haben.“

Er hatte gar nicht bemerkt, wie nahe sie sich waren, bis er ihren sanften Atem auf seiner Wange spürte. Sein Blick fiel auf ihre Lippen.

„Meine Motive sind nicht immer ganz selbstlos.“

Sie lächelte. „Was auch immer Ihre Motive sein mögen, sie waren auf jeden Fall effektiv.“

Er beugte sich vor, bis sie nur noch Zentimeter voneinander entfernt waren. „Ich bin immer effektiv.“

2. KAPITEL

Effektiv. Gründlich. Eindrucksvoll. Es gab viele passende Adjektive, um Braden O’Shea zu beschreiben. Auf jeden Fall war er herbeigeeilt, ohne zu zögern, um sie vor Shane Chapmans Aufdringlichkeiten zu retten.

Zara zog den Mantel enger um sich und ließ sich tief in den Beifahrersitz des Geländewagens sinken. Ihr Kleid, das für die elegante Party durchaus die passende Wahl gewesen war, wirkte bei dem Unwetter draußen reichlich deplatziert. Und mit den dicken Schneestiefeln, die sie nun statt der hochhackigen Pumps trug, sah es auch nicht mehr annähernd sexy aus.

„Als Sie sagten, dass Ihr Fahrer mich nach Hause bringen würde, wusste ich nicht, dass sie selbst dieser Fahrer sein würden.“ Sie warf einen Blick zur Seite und betrachtete Bradens Profil im schwachen Licht der Armaturenbeleuchtung.

„Nach dem Zwischenfall mit Shane wollte ich lieber selbst für Ihre Sicherheit sorgen.“ Er packte das Lenkrad fester. „Und bei diesem Sturm sollten Sie nicht allein unterwegs sein. Im Wetterbericht hieß es, man rechne mit über einem halben Meter Neuschnee.“

Zara hielt den Atem an, als der Wagen in einer Kurve ins Schlingern geriet. Doch Braden brachte das Fahrzeug schnell wieder unter Kontrolle. Seit sie sein Anwesen in Beacon Hill verlassen hatten, waren ihnen erst zwei andere Autos auf der Straße begegnet.

„Es tut mir so leid“, sagte sie. „Ich hätte aufbrechen sollen, als Sie mich vorhin vor dem Schneesturm gewarnt haben. Dann müssten Sie jetzt nicht hier draußen sein.“

„Machen Sie sich keine Gedanken darüber. Der Blizzard kam schneller als erwartet, und ich hatte heute Abend ohnehin nichts anderes mehr vor.“

„Hoffentlich sind Ihre Gäste alle gut nach Hause gekommen“, bemerkte sie besorgt. „Die meisten sind schon vor über einer Stunde losgefahren. Das heißt, sie müssten es geschafft haben, bevor es richtig losging.“

Sie selbst war geblieben, bis alle Aufräumarbeiten beendet waren, so wie sie es bei jeder ihrer Veranstaltungen machte.

„Leben Sie allein?“

„Ja. Ich bin erst vor drei Monaten ins Haus meiner Großmutter gezogen. Sie ist vor Kurzem gestorben, und ich war ihre einzige Verwandte.“

„Das tut mir sehr leid“, sagte Braden mitfühlend. „Mein Vater ist vor sechs Monaten gestorben“, erklärte er mit leiser Stimme. „Wir hatten alle keine Ahnung, dass es um sein Herz so schlecht bestellt war. Manchmal kommt es mir vor, als sei es erst gestern gewesen, und manchmal habe ich das Gefühl, ich müsste nur aus einem Albtraum erwachen, und alles wäre wieder gut.“

Zara schluckte. Dieses Gefühl kannte sie selbst nur zu gut. „Ja, es ist hart.“ Zum ersten Mal seit dem Tod ihrer Großmutter sprach sie offen über ihre Trauer. „Es fühlt sich seltsam an, in ihrem Haus zu wohnen. Als Kind war ich zwar oft bei ihr zu Besuch, aber ohne sie ist das Haus so furchtbar groß und leer.“

Zara war eigentlich nicht ängstlich, aber in dem riesigen alten Haus war ihr manchmal doch ein wenig unheimlich zumute. Und die alten Spukgeschichten machten es auch nicht gerade leichter. Vielleicht würde es sich mehr wie ihr Zuhause anfühlen, wenn sie ein paar der alten Möbel verkaufte und endlich ihre eigenen Sachen auspackte. Aber so weit war sie noch nicht. Die vertraute Einrichtung ihrer Großmutter fortzuräumen schien ihr einfach nicht richtig. Und auspacken, ankommen, sich niederlassen … das war etwas, womit sich Zara ohnehin schwertat. Die Gründe dafür herauszufinden, wäre zweifellos ein gefundenes Fressen für jeden Psychoanalytiker.

Plötzlich sahen sie Blaulicht hinter sich aufflackern. Braden warf einen Blick in den Rückspiegel, fuhr rechts an den Straßenrand und brachte den Geländewagen zum Stehen.

Zara fragte sich, was los war. Braden war ganz sicher nicht zu schnell gefahren. Die Gerüchte über die zwielichtigen Geschäfte der O’Sheas kamen ihr in den Sinn. Sie wusste nicht, ob an diesen Geschichten etwas Wahres dran war, und sie wollte sich auch kein Urteil darüber erlauben, trotzdem machte sie sich Gedanken. Alles, was sie wusste, war, dass die Familie sehr mächtig war und gut bezahlte. Und dass Braden der faszinierendste Mann war, der ihr je begegnet war.

Er warf ihr einen kurzen Blick zu. „Überlassen Sie mir das Reden.“

Zara nickte verwundert. Was sollte sie schon sagen?

Braden ließ das Fenster herunter, als sich ein Polizist dem Wagen näherte. „Guten Abend, Officer.“

Der Beamte beugte sich vor und schaute ins Fahrzeug. „Die Straßen sind ziemlich übel, und wir erwarten innerhalb der nächsten halben Stunde eine Katastrophenwarnung. Sind Sie wegen eines Notfalls unterwegs?“

Autor

Jules Bennett
<p>Jules Bennett, die ihren Jugendfreund geheiratet hat, ist Mutter von zwei Mädchen – und, natürlich, Autorin. Voller Tatkraft managt sie ihr Leben. Wenn sie sich erst einmal ein Ziel gesetzt hat, hält nichts sie davon ab, es zu erreichen. Davon kann ihr Mann ein Lied singen. Jules Bennet lebt im...
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