Entführt ins Land der Leidenschaft

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Erregend, verlockend - und total verrückt! Megan heiratet den Millionär Simon, obwohl sie ihn kaum kennt. Doch das scheinbar perfekte Arrangement erweist sich als trügerisch, denn Liebe und Leidenschaft kommen ins Spiel. Dabei war doch abgemacht, dass Sex erst einmal tabu ist ...


  • Erscheinungstag 20.06.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733747077
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

1968

Spencer Ashton lehnte sich in seinem dunkelbraunen ledernen Schreibtischstuhl zurück und erlaubte sich die Andeutung eines Lächelns. Er war weit gekommen, seit er vor nicht allzu langer Zeit Nebraska verlassen hatte.

Aber nicht weit genug.

Sein Lächeln verblasste, als er sich mit dem Stuhl drehte und aus dem Fenster auf die Palmen blickte, die sich sanft im Wind wiegten. Palmen – Symbole für Kalifornien und eine Erinnerung daran, wie anders sein Leben jetzt im Vergleich zu früher lief. Er betrachtete sein Spiegelbild in dem blitzenden Glas. Und war zufrieden – zumindest mit sich selbst.

Er war jung, einigermaßen attraktiv und ehrgeizig, Eigenschaften, die ihm bisher gute Dienste geleistet hatten. Erst seit drei Jahren arbeitete er bei Lattimer Investment Banking und hatte es schon weit gebracht. Bis in sein eigenes Eckbüro. Er hatte es verdient. Er war John Lattimer in den Hintern gekrochen, war zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen und hatte das Richtige gesagt. Und er hatte gelernt. Genug gelernt, um zu wissen, dass er sich niemals damit zufriedengeben würde, für jemand anders zu arbeiten.

Er wollte alles.

Lichtjahre sollten zwischen dem Mann liegen, der er einst gewesen war, und dem, der er jetzt war. Flüchtig dachte er an die junge Frau und die Kinder, die er verlassen hatte. Doch das schlechte Gewissen währte nicht lange. Dazu hatte er einfach keine Zeit. Sally existierte für ihn nicht mehr. Er befand sich auf der Überholspur zum Erfolg und würde seine Energie nicht verschwenden, indem er zurückblickte.

Nachdenklich nickte er vor sich hin und beschloss in diesem Moment, die Vergangenheit aus seinem Gedächtnis zu streichen. Ab jetzt gab es nur noch den Blick nach vorn. Und nur eine Richtung, in die sein Leben gehen sollte. Nach oben.

Das Investmentgeschäft ist ein guter Start, sagte er sich. „Doch irgendwann wird das Unternehmen nicht mehr Lattimer Investment Banking heißen, sondern Ashton Investments.“

Er sah alles ganz klar vor sich. Sich selbst, gefürchtet und bewundert von weniger bedeutenden Männern. Angestellte, die um seine Gunst buhlten. Konkurrenten, die ihn anflehten, ihnen nicht den Boden unter den Füßen wegzuziehen. Er würde ein Haus besitzen, doppelt so groß wie das der Lattimers. Vor allem würde er keinen Angestellten dulden, der so ehrgeizig war wie er selbst.

„Macht“, murmelte er und lächelte wieder, als er auf die Palmenwedel blickte, die sich in der frischen Brise des späten Nachmittags bewegten. „Es geht allein um Macht. Und was ein Mann zu tun bereit ist, um sie zu erlangen.“

„Spencer?“

Er stand sofort auf, als er die Stimme seines Chefs hörte. Lattimer klopfte nie an, verdammt. Spencer machte das wütend, doch er unterdrückte seinen Zorn. Er konnte es sich nicht leisten, den Alten zu verärgern. Zumindest noch nicht.

„John“, sagte Spencer und lächelte charmant, obwohl er den Mann zur Hölle wünschte. „Schön, Sie zu sehen.“ Dann fiel sein Blick auf die junge Frau, die sich an Lattimers rechten Arm klammerte.

John schob die zierliche blonde Frau ins Büro und sagte: „Ich möchte Ihnen gern Caroline vorstellen, meine Tochter.“ Er zwinkerte ihr zu. „Mein einziges Kind. Mein Augapfel.“

Tochter?

Warum hatte er nicht gewusst, dass der alte Gauner ein Kind hatte?

Spencers agiler Verstand arbeitete auf Hochtouren. Caroline Lattimer war auf ihre ruhige, unauffällige Art hübsch. Sie hatte grüne Augen, eine ansprechende Figur und strahlte das Selbstbewusstsein einer Frau aus, die im Wohlstand aufgewachsen war. Offensichtlich vergötterte ihr Daddy sie, und Spencer, der eine Chance erkannte, wenn sie sich ihm auftat, schenkte Caroline sein Lächeln.

Sie senkte den Kopf, dann sah sie zu ihm auf. Interessiert, wie er erfreut feststellte.

„Miss Lattimer“, sagte er und nahm ihre Hand. Er merkte, dass sie nervös die Luft anhielt. „Ich freue mich sehr, Sie kennenzulernen.“

„Mein Vater hat mir schon viel von Ihnen erzählt“, erwiderte sie. Ihre Stimme klang ruhig, kultiviert.

Schüchtern, dachte er und lächelte innerlich. Obwohl sie eigentlich ganz hübsch war und vor allem die Tochter eines wohlhabenden Mannes, hatte sie aufgrund ihrer angeborenen Schüchternheit wahrscheinlich keine große Erfahrung mit Männern.

Ein Vorteil, den er nutzen wollte.

Spencer behielt ihre Hand in seiner und streichelte mit dem Daumen über die zarte Haut. Und während sie ihn anlächelte, plante er schon, wie er sie verführen wollte. Sein Verstand arbeitete wie ein Taschenrechner, als er sich ausrechnete, wie lange es dauern würde, bis sich Lattimers einzige Tochter in ihn verliebt hatte.

Nicht lange, wenn er die Karten richtig ausspielte. Und dann? Nun, in die Familie seines Chefs einzuheiraten war keine schlechte Idee.

Schließlich gab es mehr als einen Weg, an die Macht zu kommen.

Und wenn er sie erst einmal gewonnen hatte, würde er sie nie wieder loslassen.

1. KAPITEL

„Was meinst du damit, dass die Braut weg ist?“ Megan Ashton wäre ihrer Schwester Paige am liebsten an die Gurgel gesprungen. Doch es brachte nichts, den Überbringer einer schlechten Botschaft zu erwürgen.

„Ich will damit sagen, dass wir sie nicht finden können“, erwiderte Paige hektisch. Ihre braunen Augen huschten hin und her. „Nirgendwo.“

„Na toll.“ Megan setzte ein freundliches Lächeln auf und nickte geistesabwesend der Handvoll Gäste in dem kleinen Salon zu. Sie durfte ihre Sorge auf keinen Fall zeigen.

Am Ellenbogen zog sie ihre Schwester quer durch den Raum und hinaus auf die großzügige Terrasse. Als sie außer Hörweite waren, riss Megan sich ihr Headset vom Kopf. „Habt ihr auch im Garten gesucht?“

Paige atmete tief ein und aus. „Natürlich. Wir haben überall gesucht. Ich habe sogar in jedes Badezimmer im Erdgeschoss gesehen. Sie ist weg, Megan. Und ich vermute, dass sie nicht zurückkommt.“

„Was meinst du damit?“

Paige seufzte. „Ihr Hochzeitskleid liegt im Brautzimmer.“

„Nein!“ Megan verspürte den ersten Anflug von Panik. Doch so leicht ließ sie sich nicht aus der Bahn werfen. Sie war Eventmanagerin von Ashton Estates and Winery, und bisher war jede von ihr geplante Veranstaltung ein großer Erfolg gewesen – und das würde heute nicht anders sein. Sie musste sich nur etwas einfallen lassen. Und zwar schnell.

Sie blickte ihre jüngere Schwester an. Paige trug ein schlichtes, aber schickes schwarzes Kleid. Der Wind spielte mit ihren hellbraunen Haaren. In ihren Augen zeigte sich Besorgnis. Paige, das Genie der Ashton-Familie, hatte mit neunzehn Jahren das College beendet und dann Betriebswirtschaft an der University of Southern California studiert, bevor sie nach Hause zurückgekommen war, um auf dem Weingut zu arbeiten. Megan wusste nicht, was sie ohne ihre Schwester tun würde.

Paige biss sich auf die Unterlippe und stemmte die Hände in die Hüften. Sie warf einen unsicheren Blick in Richtung Empfangssaal, wo die Hochzeitsgäste auf den Beginn der Zeremonie in ein paar Minuten warteten. „Was sollen wir jetzt tun?“

„Auf jeden Fall nicht in Panik geraten.“

„Okay. Und wie sollen wir das anstellen?“

„Keine Ahnung“, murmelte Megan und strich sich eine blonde Strähne aus dem Gesicht, die sich aus dem festen Pferdeschwanz gelöst hatte. Hinter sich hörte sie Stimmengemurmel, und ein Knarren ertönte aus dem Headset, das sie in der anderen Hand hielt.

Das Ganze war ein Albtraum.

Okay, ein beginnender Albtraum.

Ideen schossen ihr durch den Kopf, wurden blitzschnell überdacht und dann verworfen. Kein Plan war gut genug, um die Situation zu retten. Verdammt! Was war das für eine Frau, die fünfzehn Minuten vor ihrer Trauung davonlief?

Und was zum Teufel sollte sie dem Bräutigam erzählen?

Als könnte sie Gedanken lesen, schüttelte Paige den Kopf. „Oh nein, ich werde dem Bräutigam nicht erzählen, dass seine Braut verduftet ist.“

Megan zuckte zusammen.

Simon Pearce, vorgesehener Bräutigam und Multimillionär, würde über die Neuigkeit alles andere als erfreut sein. Der Mann hatte diese Hochzeit bis ins kleinste Detail arrangiert und den Ablauf minutiös festgelegt. Dass sich in buchstäblich letzter Minute etwas änderte, würde ihm gar nicht passen.

Megan massierte leicht die Stelle zwischen ihren Augen. Mit dem Erfolg, dass sich aus den einsetzenden Kopfschmerzen eine heftige Migräne entwickelte.

Mehr als einen Monat lang hatte sie jetzt mit Simon Pearce geschäftlich zu tun gehabt. Der Mann sah fantastisch aus, war total von sich überzeugt und dadurch manchmal nervig, ja sogar unhöflich. Er erteilte Befehle und erwartete von den Menschen, dass sie sprangen. Heute Vormittag hatte Megan die Braut das erste Mal zu Gesicht bekommen. Pearce hatte sich um alles gekümmert. Er hatte alle Entscheidungen für die Hochzeit getroffen, die jetzt nicht stattfinden würde. In diesem Moment hatte Megan fast Verständnis dafür, dass die Braut sich einfach aus dem Staub gemacht hatte, und sie freute sich nicht gerade darauf, diesem feinen Herrn, der alles zu wissen glaubte und nicht mit Kleinigkeiten belästigt werden wollte, mitzuteilen, dass seine Braut ihm gerade den Laufpass gegeben hatte.

„Oh Herr, lass Abend werden“, murmelte sie und drehte den Kopf in den Wind, der über die Weingärten zu ihr wehte. Der Duft des nahe gelegenen Ozeans hüllte sie ein, und die frische Märzbrise kühlte ihre erhitzten Wangen. Leider half sie nicht, das Gefühl des Unwohlseins zu beseitigen.

„Das kann man wohl sagen“, stimmte Paige zu. Sie verschränkte die Arme vor der Brust, neigte den Kopf zur Seite und fragte: „Also. Was soll ich jetzt tun, Boss?“

Megan hätte fast gelacht. Boss, natürlich. Niemand sagte Paige, was sie zu tun hatte. Wahrscheinlich war das ein Wesenszug der Ashtons, denn Megan nahm genauso wenig Befehle entgegen wie ihre Schwester.

Bei dem Gedanken ging ihr eine Unterhaltung durch den Kopf, die sie gerade vor zwei Tagen mit ihrem Vater gehabt hatte. Auch ein Mann, der Befehle erteilte und erwartete, dass sie befolgt wurden. Schnell verdrängte sie die Erinnerung an das Gespräch. Sie hatte jetzt keine Zeit, sich Gedanken darüber zu machen, wie Spencer Ashton reagieren würde, wenn sie sich weigerte, seinem neuesten Plan zuzustimmen.

Jetzt galt es, die heikle Situation für Pearce zu retten.

„Das darf einfach nicht wahr sein!“, murmelte sie und begann, nervös auf und ab zu laufen. Ihre Absätze klickten auf den polierten Steinen. „Das Essen ist heiß, die Hochzeitstorte sieht fantastisch aus, und die Musiker spielen sich seit einer halben Stunde ein.“ Sie breitete verzweifelt die Arme aus und ließ sie dann sinken. „Die Journalisten stehen direkt vor dem Saal, um Gottes willen. Der Pfarrer wartet, und der Bräutigam kann seine Ungeduld wahrscheinlich schon nicht mehr zügeln. Warum tut mir diese blöde Braut das an?“

„Sie hat wahrscheinlich nicht an dich gedacht“, bemerkte Paige.

„Stimmt.“ Megan atmete tief durch, sammelte sich und stürzte sich wieder auf ihr Problem. „Okay, schön. Wir müssen das Beste aus der Situation machen.“

„Und das wäre …?“

Sie holte noch einmal tief Luft und sagte dann: „Du mischst dich jetzt unter die Gäste und unterhältst sie ein bisschen. Und vergiss um Gottes willen nicht zu lächeln!“

„Okay“, sagte Paige. „Und dann?“

„Hm.“ Megan setzte ihr Headset wieder auf. „Ich hab’s! Ich spreche mit dem Bräutigam, erzähle ihm, was vorgefallen ist, und lasse ihn entscheiden, wie es weitergehen soll.“

„Besser du als ich“, sagte Paige.

Megan schnaubte verächtlich. „Jaja. Das muss der Grund sein, weshalb ich das große Geld verdiene, oder?“

Simon Pearce blickte zum x-ten Mal innerhalb der letzten zehn Minuten auf seine goldene Armbanduhr. Laut Zeitplan hätte er schon vor fünf Minuten den Saal betreten sollen und müsste jetzt kurz davor sein, das Jawort zu geben.

Er tippte mit einem Finger gegen das Glas der Uhr und versuchte, seinen aufkommenden Ärger zu unterdrücken. Diese Verzögerung bedeutete weitere Verzögerungen in dem für den heutigen Tag aufgestellten Zeitplan – und das war nicht akzeptabel.

„Soll ich herausfinden, was los ist?“

Simon sah seinen Freund und Assistenten Dave Healy an und schüttelte den Kopf. „Nein. Wir warten noch eine Minute, und dann werde ich ein paar Fragen stellen.“

Dave zuckte mit den Schultern und lehnte sich gegen die Wand. „Es ist deine Trauerfeier.“

„Hochzeit, meinst du.“

Dave lächelte. „Kommt drauf an, wie man es sieht.“

„Richtig.“ Simon lief in dem kleinen Raum vor dem großen Empfangssaal auf und ab. Dave war von Anfang an gegen die Hochzeit mit Stephanie gewesen. Da er selbst glücklich mit seiner Studentenliebe verheiratet war, meinte er, dass Liebe unerlässlich für eine Ehe war. Nun, Simon war anderer Meinung. Liebe stand einer Beziehung nur im Weg. Führte zu Problemen. Besser war es, die Ehe wie eine Geschäftsbeziehung zu sehen.

Er ging gemächlich zu den großen Fenstern, die den Blick auf den Pool und den parkähnlichen Garten freigaben, und starrte mit leerem Blick hinaus in den herrlichen Frühlingstag. Die meisten Bäume waren noch kahl, und an den Rosenbüschen bildeten sich gerade die ersten Knospen. Aber es gab noch einige dunkelrosa und leuchtend orangefarbene Farbkleckse von der Herbstbepflanzung auf dem Weg zum Pool. Er konzentrierte sich darauf, während sein Verstand auf Hochtouren arbeitete.

Dabei dachte er an Stephanie Moreland, die Frau, der er eigentlich in diesem Moment sein Jawort geben sollte. Sie kannten sich seit einigen Monaten, und als Simon ihr vor sechs Wochen einen Antrag gemacht hatte, hatte sie mit ruhiger Würde und Gelassenheit akzeptiert. Genau die Reaktion, die Simon von ihr erwartet hatte.

Stephanie verkörperte all das, was ihm wichtig war. Sie war elegant, intelligent und selbst so wohlhabend, dass er sich keine Gedanken darüber machen musste, dass sie ihn wegen seines Geldes heiratete. Obwohl zwischen ihnen keine große Leidenschaft herrschte, war Simon recht glücklich. Er brauchte eine Frau – vor allem aus geschäftlichen Gründen. Es gab immer noch einige Firmenchefs, die altmodisch dachten und einen unverheirateten Mann für zu unstet hielten, als dass man ihm vertrauen könnte.

Mit Stephanie an seiner Seite konnte er das Wachstum von Pearce Industries wie geplant weiter vorantreiben.

„Und aus diesem Grund“, sagte er und blickte erneut auf seine Armbanduhr, „muss diese Hochzeit stattfinden.“

Die schwere Eichentür hinter ihm wurde geöffnet, und Simon drehte sich um. Die Hochzeitsplanerin betrat den Raum, und er durchbohrte sie fast mit seinem Blick.

Megan war eine große Blondine mit kühlen grünen Augen und einem begrenzten Maß an Geduld. In den letzten Wochen hatte er bei ihren Besprechungen mehr als einmal erlebt, dass sie sich auf die Unterlippe biss, um mit ihm nicht über seine Entscheidungen zu diskutieren. Sie schien jedoch sehr effizient zu arbeiten, was ohne Zweifel der Grund war, weshalb die Ashtons sie auf ihrem herrschaftlichen Anwesen beschäftigten.

Im Moment jedoch vermittelte sie den Eindruck, als wäre sie lieber sonst wo als ausgerechnet hier.

Eine seiner Stärken in der Geschäftswelt war, dass er den Gesichtsausdruck seines Gegenübers deuten konnte. Und so wusste er sofort, dass ihm nicht gefallen würde, was sie ihm zu berichten hatte.

„Mr. Pearce.“

Er kam direkt zur Sache. „Wo liegt das Problem?“

Sie trat in den Raum, schloss die Tür hinter sich und warf seinem Assistenten einen schnellen Blick zu.

Simon tat dasselbe. Dave Healy zuckte mit den Schultern und sah wieder zu der Frau, die gemessen über den gefliesten Boden schritt. Simon, der ihr Zögern richtig deutete, sagte: „Sie können vor Mr. Healy offen sprechen.“

„Okay“, sagte sie, schluckte und straffte die Schultern. „Es tut mir leid, Mr. Pearce, aber Ihre Braut ist verschwunden.“

„Wie bitte?“ Er stieß die beiden Worte mit eiskalter Stimme hervor.

Die kühle Blondine ließ sich dadurch jedoch nicht aus der Fassung bringen. Sie starrte ihn unbeirrt an. „Miss Moreland hat das Anwesen verlassen.“

„Das ist unmöglich.“

„Leider nein.“

Zorn stieg in ihm auf, doch Simon unterdrückte ihn. Wut löste das Problem nicht. „Haben Sie sie auf dem Handy angerufen?“

„Ja“, sagte Megan. Sie warf Dave erneut einen unbehaglichen Blick zu. „Sie antwortet nicht, und ihr Anrufbeantworter sagt, dass sie sich die nächsten Monate im Ausland aufhalten wird.“

Im Ausland.

Hastig kramte Simon in seinem Gedächtnis nach dem letzten Gespräch mit seiner Verlobten. Dunkel erinnerte er sich daran, dass sie ihn gebeten hatte, für ein paar Monate mit ihr nach London zu gehen. Natürlich hatte er rigoros abgelehnt. Er war geschäftlich im Moment so eingespannt, dass er unmöglich für längere Zeit nach England ziehen konnte. Offensichtlich hatte Stephanie entschieden, ohne ihn zu gehen.

Er steckte die Hände in die Hosentaschen seines eleganten dunkelblauen Anzugs und versuchte, trotz aller Wut einen klaren Kopf zu behalten. Er hatte seine Braut mit Sorgfalt ausgewählt und geglaubt, mit ihr auf einer Wellenlänge zu schwimmen. Eine Ehe ohne große Gefühle. Die Verbindung zweier Familien zum Wohle beider.

Jetzt hatte sie ihm den Laufpass gegeben.

Tief im Innern kochte er vor Wut.

Dass Stephanie ihn verlassen hatte, war ein Schlag, sicher, aber Simon war nicht persönlich verletzt. Er fand das Verschwinden seiner Braut eher aus geschäftlicher Sicht äußerst ärgerlich. Ihre Beziehung war keine Liebesbeziehung gewesen, sondern eine Zweckgemeinschaft. Und so machte er sich nur Gedanken über die Auswirkungen, die die Geschichte haben würde, wenn erst einmal etwas davon nach außen drang.

Der Skandal würde die Fusion mit Derry Foundation wochenlang verzögern, wenn nicht monatelang. Derry Senior war von der alten Schule. Er wollte nur mit einem soliden, verheirateten Mann verhandeln – und Simon hatte keine Zeit, eine andere passende Frau zu finden.

Verdammt.

So etwas passierte einem Simon Pearce einfach nicht.

Er hatte noch nie verloren, und er wollte auch nie verlieren.

„Tut mir leid, Mr. Pearce“, sagte Megan gerade. Er blickte sie an. „Wenn Sie mir bitte sagen würden, was ich den Gästen mitteilen soll, dann kümmere ich mich um alles.“

Er betrachtete sie – nicht das erste Mal in den letzten Wochen – und bemerkte, wie hübsch sie war. Die blonden Haare hatte sie streng aus dem herzförmigen Gesicht gekämmt. Ihre großen grünen Augen blickten jetzt feierlich, doch er hatte sie auch schon anders gesehen. Lachend und Funken sprühend. Sie war intelligent, gebildet und weltgewandt. Im vergangenen Monat hatte er festgestellt, dass sie hart arbeitete und ihr Ziel erreichte, eine Eigenschaft, die er bewunderte. Und sie hatte in etwa dieselbe Größe und Figur wie Stephanie.

Kurz gesagt, sie war vollkommen.

Und er befand sich in einer verzweifelten Situation.

„Megan, ich würde Sie gern um einen ganz anderen Gefallen bitten“, sagte er schließlich.

Verwirrt blickte sie von ihm zu Dave und wieder zurück.

Simon spürte, dass sie sich unbehaglich fühlte, und wandte sich an seinen Freund. „Dave, würdest du uns bitte einen Moment allein lassen?“

„Natürlich.“ Der andere Mann durchquerte den Raum, öffnete die Tür, schlüpfte hindurch und schloss sie wieder.

„Um welchen Gefallen geht es?“, fragte Megan.

„Es ist einer, den nur Sie mir tun können“, begann Simon und sah ihr in die Augen, um ihre Antwort besser beurteilen zu können. „Heiraten Sie mich.“

2. KAPITEL

Megan war jetzt fünfundzwanzig Jahre alt und seit drei Jahren verantwortlich für Veranstaltungen auf dem Familienanwesen. Eigentlich hatte sie geglaubt, alles schon einmal erlebt zu haben. Sie hatte Gartenfeste organisiert, viktorianische Teegesellschaften, eine Baby-Party für die Tochter eines Senators und sogar eine Feier für das älteste Mitglied der Frauenvereinigung Daughters of the American Revolution.

Aber einen Heiratsantrag von einem verlassenen Ehemann zu bekommen war neu für sie.

Megan blinzelte, schüttelte den Kopf und drückte dann den Handballen oberhalb des linken Ohrs gegen den Kopf, als wollte sie einen plötzlichen Anflug von Taubheit vertreiben. „Sind Sie verrückt?“

„Eigentlich nicht.“

„Warum tröstet mich das bloß nicht?“

Er lächelte, und sie versuchte, dem plötzlichen Kribbeln im Bauch keine Beachtung zu schenken. Das war eine merkwürdige Reaktion und absolut unangebracht. Sie konnte sich allerdings nicht vorstellen, dass es überhaupt eine Frau gab, die die erotische Ausstrahlung dieses Mannes nicht spürte.

Über einen Meter achtzig groß, dichte schwarze Haare, die so stylish geschnitten waren, dass sie nicht gestylt wirkten. Seine Augenfarbe erinnerte an Sommernebel, und seine Gesichtszüge wirkten wie von einem Künstler liebevoll geschnitzt. Der Mann war einfach unglaublich sexy. Da spielten die Hormone einer Frau zwangsläufig verrückt.

„Ich möchte, dass Sie mich heiraten“, wiederholte er und blickte auf seine Uhr. Dann richtete er seine rauchgrauen Augen auf sie. „So schnell wie möglich.“

Sie lachte kurz auf. Heiraten? „Das soll wohl ein Witz sein.“

Seine Augen färbten sich dunkler, als er Megan durchdringend ansah, und sie spürte die Macht seines Blickes bis auf die Knochen.

„Ich scherze nie.“

„Schade“, murmelte Megan. Die ganze Situation erschien ihr wie ein Dummejungenstreich.

Das kann alles nicht wahr sein, dachte sie und wünschte plötzlich, sein Assistent käme zurück in den Raum. Denn wenn Simon Pearce es wirklich ernst meinte, dann war er verrückt.

„Hören Sie, Mr. Pearce …“

„Nennen Sie mich bitte Simon.“

„Ich glaube nicht, Mr. Pearce …“

„Megan“, unterbrach er sie schnell. „Ich brauche eine Frau. Ich muss heute Nachmittag heiraten.“

„Warum?“

„Warum was?“

„Warum haben Sie es so eilig zu heiraten?“

„Das ist jetzt nicht wichtig.“

„Oh doch, das ist es, wenn ich Sie heiraten soll.“

Er seufzte, blickte wieder auf seine Armbanduhr und knöpfte dann sein Jackett zu. „Okay. Lassen Sie es mich so ausdrücken: Einige der Geschäftsleute, mit denen ich zu tun habe, halten einen verheirateten Mann für ‚seriöser‘.“

„Sind das Neandertaler?“

Er zog einen Mundwinkel hoch, und Megan erwischte sich dabei, dass sie hoffte, er würde wieder lächeln. Kein gutes Zeichen. In den letzten Wochen hatte sie ihn ungeduldig erlebt, gestresst und gelangweilt, doch bis vor ein paar Minuten hatte sie ihn nie lächeln sehen. Vielleicht bewahrte er sich die wirksamste Waffe für verzweifelte Situationen auf.

Autor

Maureen Child
<p>Da Maureen Child Zeit ihres Lebens in Südkalifornien gelebt hat, fällt es ihr schwer zu glauben, dass es tatsächlich Herbst und Winter gibt. Seit dem Erscheinen ihres ersten Buches hat sie 40 weitere Liebesromane veröffentlicht und findet das Schreiben jeder neuen Romance genauso aufregend wie beim ersten Mal. Ihre liebste...
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