Etwas Süßes bitte!

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In tausend Abenteuer stürzt der Reporter Jeff die süße Dessert-Küchenchefin Sara. Durch ihn verliert sie ihren Job. Dafür, dass er ihr einen neuen verschafft, muss sie ihm helfen, einen Betrüger zu entlarven. Vor diesem flüchten sie in einen Schrank. Gelegenheit für einen heißen Kuss. Jeff will jedoch noch viel mehr …


  • Erscheinungstag 30.11.2023
  • ISBN / Artikelnummer 9783745753677
  • Seitenanzahl 109
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Der Kaktus fing an zu schmelzen.

Sara Madison betupfte die Eisskulptur mit einem feuchten Schwamm, aber es half nichts. Das gefrorene Kunstwerk glich eher einer verbogenen Haarnadel als einem Saguaro-Kaktus.

Sie musste sich schnell etwas einfallen lassen. Ansonsten würde die Auffangschale überlaufen und das gesamte Arrangement ruinieren, das sie und die anderen Köche des „Dominick’s“ für die diesjährige Gastronomiemesse „Taste of Phoenix“ mit so viel Mühe hergerichtet hatten.

In einer Stunde würden sich die drei Doppeltüren öffnen und das Publikum in den großen Ballsaal des Kongresszentrums strömen, und die Küchenchefs und Restaurantbesitzer würden vor Hektik herumschreien. Zu ihrer Rechten beäugte der Besitzer des „Ye Olde Drawbridge English Restaurant“ kritisch seine bedauernswerten Kellner, deren Ritterrüstungen bei jedem Schritt klapperten.

„Wir ersticken in diesen Blechkanistern!“, schimpfte einer. „Die dämliche Klimaanlage funktioniert nicht.“

Sara war zwar durchaus mitfühlend, hatte aber keine Zeit, die Diskussion weiterzuverfolgen. Zu ihrer Linken war der Küchenchef des neuen norwegischen Restaurants aus Sorge um seine Räucherlachs-Canapés einem Tobsuchtsanfall nahe. Und vom Stand der Ukrainer, die ein Thairestaurant in der Stadt betrieben, kam ein penetranter Kohlgeruch, der das wunderbar würzige Aroma der texanischen Gerichte auf ihrem Tisch überdeckte.

Verzweifelt blickte sie sich nach jemandem um, der ihr helfen könnte, die schwere Eisskulptur zu entfernen, aber den schwitzenden, fluchenden und schreienden Restaurantbesitzern war wohl eher nach Mord als nach guten Taten zu Mute.

Wo war eigentlich ihr Chef, wenn man ihn brauchte? Dominick war vor Stunden weggefahren, um Nachschub aus seinem noblen Restaurant in Scottsdale zu holen, und hätte längst zurück sein müssen. Zwar war sie nicht scharf darauf, sich sein Genörgel über ihr – wie sie fand – perfekt angerichtetes Dessertbüfett anzuhören, aber zumindest hätte er selbst sehen müssen, wie er mit dem schmelzenden Eis fertig wurde. Schließlich war es seine Idee gewesen, von seinem Schwager den albernen Kaktus aus einem Eisblock schnitzen zu lassen, vielleicht hatte ihn aber auch seine Frau dazu gedrängt. Wahrscheinlich hatte der Schwager das Ding schon halb geschmolzen hergebracht.

Er wäre außer sich, wenn eine kleine Konditorin wie sie sich erdreistete, das tropfende Prunkstück von seinem Büfett zu entfernen. Aber sie hatte keine andere Wahl, denn bald würde die hungrige Meute hereinstürmen. Typisch Dominick anzunehmen, dass sie beide alleine am Büfett fertig würden, nur weil er Aushilfskräfte sparen wollte.

Sara lief durch die Gänge auf der Suche nach jemandem, der ihr noch einen Gefallen schuldig war.

Sie erspähte einen der Küchenchefs mit einer Mütze, zwei Mal so hoch wie ihre. Es war einer ihrer Klassenkameraden von der Hotelfachschule. „Vic!“, rief sie. „Kannst du mir einen großen Gefallen tun?“

„Kannst du dir mal meine Shrimpsbeignets ansehen?“, bellte der runde, rotgesichtige Mann zurück. „Sie müssen heiß serviert werden, aber irgendein Idiot hat sie auf Eis gelegt. Soll ich sie jetzt wieder heiß machen oder gleich wegschmeißen?“

„Mach sie wieder heiß.“

Der würde ihr nicht helfen. Niemand hatte Zeit, ihr zu helfen. Sie lief zu ihrem Stand zurück. Dominick hatte schon einen seiner berühmten Tobsuchtsanfälle bekommen, weil man sein Büfett ganz hinten platziert hatte, wobei er nicht bedacht hatte, dass es immerhin bequem von der Küche zu erreichen war. Sie konnte sich lebhaft vorstellen, was er zu dem schmelzenden Saguaro sagen würde. Natürlich würde er sie verantwortlich machen, obwohl sie nur für die Desserts zuständig war.

Die Panik im Saal erreichte ihren Höhepunkt. Draußen versammelten sich schon die Gäste. Es ging vor allem darum, Eindruck zu machen, und die einzig wirklich wichtige Meinung war die von Liz Faraday, der Restaurantkritikerin des „Phoenix Monitor“. Alle rissen sich ein Bein aus, nur um lobend von ihr erwähnt zu werden, denn eine gute Kritik von ihr war mehr wert als Geld auf der Bank.

Dominick hatte auf schmerzhafte Weise erfahren müssen, dass die hartgesottene Kritikerin sich von kleinen Geschenken nicht beeinflussen ließ. Sein Stolz war immer noch angeknackst, nachdem ihm die Faraday vor zwei Jahren die kalte Schulter gezeigt hatte, obwohl er ihr zur Hochzeit ihrer Tochter eine Kiste seines besten Champagners geschickt hatte.

Dieses Jahr hoffte er, dass seine von ihm kreierte Tortilla mit Sauerrahmsauce ihren Beifall finden würde, aber Sara glaubte, ihr Nuss-Rumkuchen hätte die größeren Chancen. Sie hatte bis nach Mitternacht gebacken, um Nachschub zu haben, falls die Gäste über ihren Kuchen herfielen, bevor die Faraday auftauchte.

An ihrem Büfett stand bereits ein Mann, der sich gerade eines ihrer Zitronencremetörtchen in den Mund schob, ohne sich die Mühe zu machen, Teller und Gabel zu Hilfe zu nehmen. Er sah ihr lächelnd entgegen, und sie wurde sich plötzlich bewusst, wie albern sie aussehen musste in ihrem winzigen schwarzen Rock – auf dem hatte Dominick bestanden – und dem steifen weißen Jackett darüber. Verlegen strich sie die Haarsträhnen zurück, die unter ihrer bauschigen Kochmütze hervorlugten.

„Wenn Sie die gemacht haben, heirate ich Sie“, sagte er, und seine braunen Augen waren ebenso betörend wie seine Stimme. Genüsslich stopfte er sich den Rest der köstlichen Süßspeise in den Mund.

„Wenn Sie lernen, eine Gabel zu benutzen, werde ich darüber nachdenken.“

Wieso sie einem Fremden gegenüber, der bloß ihr Dessert gelobt hatte, so schnippisch war, verstand sie selbst nicht. Eigentlich wollte sie doch Dominick und seinem Möchtegern-Eisskulpturenkünstler-Schwager den Hals umdrehen.

„Tut mir leid, ich bin ziemlich nervös.“ Mit einem verlegenen Lächeln reichte sie ihm eine Serviette mit dem in Gold aufgedruckten Logo des „Dominick’s“.

Er wirkte eher wie jemand, der gerne Hamburger aß, und nicht wie ein Gourmet. Aber jedenfalls sah er unverschämt gut aus.

Versonnen betrachtete er sie von oben bis unten.

„Bedienen Sie sich ruhig“, sagte sie verlegen.

„Dafür kennen wir uns noch nicht lange genug, aber ich würde gerne am Ball bleiben.“

Sein freches Grinsen machte es einem schwer, sein Lächeln nicht zu erwidern. Sara fühlte sich sofort zu ihm hingezogen. Er hatte strahlend weiße Zähne, volle sinnliche Lippen und ein kräftiges Kinn. Sein Haar war zerzaust und hätte gut einen Schnitt vertragen können. Er war breitschultrig und vielleicht eins achtzig groß, aber als sie mit ihren eins sechzig direkt vor ihm stand, kam er ihr größer vor.

Was tat sie hier? Sie plänkelte mit einem frühen Gast, der vielleicht ein Spitzel aus einem anderen Restaurant war. Um etwas auf Distanz zu gehen, stellte sie sich hinter das Büfett.

„Unsere gefüllten Teigtaschen sind sehr zu empfehlen“, bot sie ihm mit einem verbindlichen Lächeln an.

„Haben Sie die auch gemacht?“ Er beachtete den Tisch kaum, sondern ließ seine Blicke durch den Saal schweifen.

„Nein, ich bin fürs Dessert zuständig.“

„Mein liebster Gang.“ Er betrachtete sie mit einer Intensität, die sie verlegen machte. „Sie sehen aber gar nicht so aus, als hätten Sie den ganzen Tag mit Süßspeisen zu tun.“

Sara hatte das schon öfters gehört. Warum glauben die Leute immer, dass ein Konditor sich den ganzen Tag mit Süßigkeiten vollstopft? Sie selbst sah sich als Künstlerin und kostete nur von ihren Desserts, wenn sie neue Rezepte ausprobierte.

Gerade wollte sie ihm ihre Standardlektion über Kochen und Backen als kreative Betätigung erteilen, da fiel ihr Blick auf seine muskulösen Arme.

Er war ihr Mann.

Er würde ihr helfen, die dahinschmelzende Krönung von der Tafel zu entfernen und ihre mit zarten, essbaren Blüten bestreute Käsetorte und ihre wunderbaren kleinen, mit frischen Himbeeren verzierten Schokoladencremetörtchen vor dem Ruin zu retten.

„Unser Eiskaktus schmilzt“, sagte sie. „Ich habe Angst, dass einer der Arme abbricht und alles überschwemmt wird.“

„Das wäre ganz schrecklich.“

Er lächelte, schien aber nicht allzu sehr an ihrem Eisproblem interessiert zu sein. Sein Blick schweifte weiterhin suchend durch den Saal.

Wenn der triefende Kaktus weg wäre, könnte sie die Blumen auf dem Tisch zu einem passablen Tafelaufsatz arrangieren.

„Kann ich Ihnen irgendwie helfen?“, fragte sie in dem Versuch, erneut seine Aufmerksamkeit zu erregen.

„Führen diese Türen zur Küche?“, fragte er.

„Ja.“

„Glauben Sie, ich könnte sie mir mal ansehen?“

Sara erschrak. Vielleicht war er wirklich ein Spitzel. Oder etwas noch Schlimmeres. Sie musterte ihn misstrauisch. Keinesfalls konnte er eine Waffe in dieser eng sitzenden Hose versteckt haben. Aber sie bemerkte eine Ausbuchtung an seiner linken Tasche. Er konnte doch unmöglich so gut ausgestattet sein. Schnell sah sie zur Seite.

„Es ist jetzt niemand drin, aber ich könnte sie Ihnen zeigen“, schlug sie vor. „Ich muss ohnehin diesen gefrorenen Albtraum loswerden.“

Er warf einen skeptischen Blick darauf. „Wollen Sie den alleine tragen?“

„Nein, ich hole mir einen Wagen.“

„Und Sie wollen einen Zentner Eis alleine hochhieven?“ Er sah sie skeptisch an. „Ich helfe Ihnen, das Ding in die Küche zu tragen.“

„Das wäre furchtbar nett.“

Es gab eigentlich keine Regeln für die Benutzung der Küche, und er könnte dort sicher nicht viel ausspionieren, falls er es darauf abgesehen hatte. Die Aussteller hatten wohlweislich ihre Gerichte in tragbaren Kühltaschen unter ihren Tischen abgestellt, wo sie sie beaufsichtigen konnten.

„Super! Meine gute Tat für heute.“ Er spurtete auf die Wagen zu, die aufgereiht neben der Küche standen. Der Junge hatte es wirklich eilig.

Sie nestelte an dem Draht, mit dem die Blumen an dem Eisgebilde befestigt waren. Ihr Gewissen meldete sich nur kurz. Immerhin war das ein Notfall. Nicht nur Dominick hatte einen Ruf zu verteidigen. Sie selbst wollte unbedingt, dass ihr Dessertbüfett ein Erfolg würde. Es war ihre Chance zu zeigen, was sie konnte, und sich einen Namen in der Stadt zu machen.

„Na denn mal los, Sara Madison“, sagte er und schob den Wagen an den Tisch.

Sie war erstaunt, dass er sie beim Namen nannte. Aber er wies auf das Namensschild an ihrem Jackett.

„Ich bin ritterlich und aufmerksam“, sagte er mit seiner rauen und doch wohlklingenden Stimme. „Und wenn wir zusammen arbeiten wollen, sollten wir uns beim Vornamen nennen. Ich heiße Jeff. Jeff Wilcox.“

Sie hatte nicht die Absicht, ihn überhaupt mit Namen anzusprechen. Im Moment hatte sie ganz andere Sorgen.

Ihr Retter war so stark, wie er aussah. Er hob den Eisklotz fast ohne ihre Hilfe auf den Wagen und schob ihn in die Küche. Sie hielt ihm die Tür auf.

„Danke vielmals. Sie haben gerade meine Kreationen vor einer Überschwemmung gerettet.“

„Für ein Lächeln wie Ihres würde ich über heiße Kohlen laufen.“

Er übertrieb vielleicht ein bisschen mit seinem Charme, aber er war so unwiderstehlich, dass man ihm nichts übel nehmen konnte. Nur, was suchte er in der Küche? War er vielleicht vom Gesundheitsamt? Nein, wahrscheinlich war er einfach das, wonach er aussah, ein netter, etwas neugieriger junger Mann. Trotzdem hielt sie es für besser, ihm in die Küche zu folgen, auch wenn sie dringend die Blumen neu arrangieren musste, bevor ihr Chef auftauchte.

„Diese Küche wird vorwiegend zum Servieren benutzt“, erklärte sie. „Hier wird kaum Essen vorbereitet.“

Er stellte den Eisklotz samt Untersatz in die Spüle, wobei er sein Hemd durchnässte. Sie konnte durch den dünnen Stoff seine dunklen Brustwarzen und seine Brustbehaarung erkennen.

Allmählich hatte Sara ernsthafte Bedenken, mit diesem attraktiven Fremden allein zu sein. Auch wenn ihre glücklich verheiratete Schwester Ellie fand, dass es genau das sei, was sie brauche. Es mochte ja sein, dass ihr Gefühlsleben im Moment nicht besonders ausgelastet war, aber sie war hier, um ihren Job zu machen, und nicht, um Männer anzubaggern.

„Wir sollten nicht allzu lange hier bleiben“, warnte sie. „Einige der Küchenchefs sind ein wenig eigen, was ihre Kreationen anbelangt. Sie könnten denken, Sie seien ein Spion.“

Er lachte leise. „Ich bin nicht hier, um Rezepte zu stehlen.“

„Jedenfalls, in diesem Raum gibt es nichts Interessantes zu sehen. Kommen Sie mit zu meinem Büfett, ich mache Ihnen einen Teller zurecht.“

„Jetzt nicht, danke. Auch wenn ich nicht daran zweifle, dass alles, was Sie auftischen, absolut köstlich schmeckt.“

„Wir sollten wirklich nicht länger hier bleiben. Ich muss noch die Blumen arrangieren. Mein Chef wird fuchsteufelswild, wenn unser Tisch nicht rechtzeitig fertig ist.“

„Nur eine Sekunde. Bitte.“ Seine Stimme klang heiser und verführerisch.

„Nein, wirklich. Ich kann unmöglich ein großes Loch in der Mitte der Tafel lassen.“

Sie versuchte, an ihm vorbeizugehen, aber er blockierte beide Türflügel, indem er sich davor stellte und durch den Spalt in den Saal spähte.

„Wenn jetzt jemand hereinkommt, riskieren Sie eine gebrochene Nase.“ Sie wurde ärgerlich und versuchte, ihn mit dem Ellbogen wegzudrängen, war aber nicht darauf gefasst, gegen eine Muskelwand zu stoßen. Er legte den Arm um ihre Taille und drängte sie an seine Seite.

„Lassen Sie mich los!“

„Bitte, ich brauche nur noch eine Minute.“ Er spähte von neuem durch den Türspalt.

Sie versuchte freizukommen. „Wenn Sie mich nicht gehen lassen, schreie ich!“ Sie meinte es nicht ernst, aber er schien das zu glauben, denn er drehte sie zu sich um und verschloss ihren Mund mit seinen Lippen.

Er küsste sie … bis sie den Kuss in ihren Zehenspitzen fühlte. Er küsste ziemlich gut. Nein, fantastisch! Hinter ihren geschlossenen Lidern hüpften funkelnde Sterne, und sie vergaß völlig, warum er sie küsste.

„Ich hab ihn!“ Er ließ sie so plötzlich los, dass sie taumelte.

Dann stieß er die Schwingtür auf und sauste auf einen Fleischberg mit borstigem grauen Haar in buntem Hawaiihemd zu. Der riesige Kerl stopfte gerade eins ihrer Schokoladencremetörtchen in den Mund, als Jeff in seine Hosentasche langte.

Sara holte ihn ein, und ihr wurde plötzlich klar, wie leichtsinnig es war, ihm einfach zu folgen, ohne zu überlegen, dass er vielleicht gefährlich war. Aber alles, was er aus der Hosentasche zog, war ein kleines Aufnahmegerät, das er dem Mann vors Gesicht hielt. „Rossano!“, rief Jeff. „Wie kommst du denn jetzt so zurecht, nachdem deine Mutter dich aus dem Hostessengeschäft rausgeworfen hat, weil du die Mädels ausgenommen hast?“

„Halt den Mund und verschwinde, Wilcox! Du und dein Schmierblatt haben mir genug Ärger eingebracht.“

Der große Mann grabschte sich drei ihrer Liebesknochen und stopfte sich einen nach dem andern in seinen breiten Mund. Es dauerte Stunden, das köstliche Gebäck herzustellen, und er verschlang es in zehn Sekunden.

„Du hättest eben Queen Molly nicht verärgern sollen.“

„Meine Mutter heißt Margaret, Mrs. Rossano für dich, du Großmaul.“

„Rührend, wie du zu ihr hältst. Vielleicht bekommt ihr ja benachbarte Zellen, wenn der Prozess vorbei ist.“

Rossano schob sich schnell zwei Stück Käsetorte rein. Sein Gesicht war so rot, dass Sara Angst hatte, er würde an ihrem Meisterwerk ersticken.

Während sie die abstoßende Vorstellung des Dicken beobachtete, fiel ihr plötzlich ein, wer der Vielfraß war. Obwohl sie sich im Restaurant meistens in der Küche aufhielt, erkannte sie ihn als einen Stammkunden von Dominick.

Das Ganze gefiel ihr immer weniger, zumal jetzt ihr Chef mit einem Tablett auf sie zukam. Er sah aus, als habe sein Kahlkopf zu viel Sonne abbekommen.

„Dominick! Du Judas!“, rief Rossano. „Deine Küchenhilfe hat mir einen Reporter auf den Hals gehetzt. Hinter dieser Tür hatte sie ihn versteckt. Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich nicht an deinen Tisch gekommen. Du hast mich eingeladen. Tolles Essen, hast du gesagt. Und dann werde ich von einem kleinen Schreiberling angemacht. Als hätte ich dem Schwachkopf was zu sagen!“

„Rosie, ich würde doch nie meinem besten Kunden Ärger machen.“

Dominicks Stimme klang flehend, und das war das Schrecklichste.

„Sie hat nichts damit zu tun“, warf der Reporter ein. „Und die Öffentlichkeit hat ein Recht zu erfahren …“

„Arbeitet diese Frau für dich oder nicht, Dominick?“, fragte Rossano laut und stieß einen überraschend zierlichen Finger in Saras Richtung.

„Dominick, ich habe ihm nicht geholfen, ich kenne ihn noch nicht mal“, protestierte Sara wütend und vergaß ganz den heißen Kuss von vorhin. „Dieser Mann hat mir nur geholfen, den Kaktus wegzutragen. Jedenfalls ist es Ihre Schuld, dass das Eis so schnell geschmolzen ist. Ich wollte eine hübsche kleine Putte, die ganz langsam schmilzt, aber nein, Sie …“

„Sie sind gefeuert.“ Dominick war ein jähzorniger Mensch, aber wenn er wirklich wütend war, flüsterte er nur heiser.

„Ich habe mir doch gar nichts zu Schulden kommen lassen!“

„In dieser Stadt werden Sie keine Teigschüssel mehr anrühren“, verkündete er drohend. „Sie werden noch nicht mal einen Job in einer fettigen Würstchenbude bekommen, wenn ich es verhindern kann – und das kann ich.“

Ihre Augen brannten von zurückgehaltenen Tränen, aber sie würde Dominick nicht den Triumph gönnen, sie weinen zu sehen. Sie hatte Zeugen, die wussten, dass es ungerecht war, ihr zu kündigen.

Aber was hatten ihre Kollegen gesehen? Sie hatte einen Fremden mit in die Küche genommen, und als sie wieder herauskamen, hatte dieser Fremde einen der Schirmherren der Gastronomiemesse belästigt.

Sie hatte sich einen Ruf erwerben wollen, und den hatte sie jetzt – einen schlechten!

Das Einzige, was ihr blieb, war ihr Stolz. Sie nahm ihre Kochmütze ab, ging zu den aufgereihten Gourmetdesserts und krönte die Möhrentorte mit ihrer Mütze.

Dann lief sie in den zweiten Stock, holte ihre Handtasche und verließ das Gebäude.

2. KAPITEL

Beim Hinausgehen griff Jeff nach etwas, das wie ein Kartoffelchip aussah, aber wie eine Pfefferschote auf seiner Zunge brannte. Er raste zum Trinkwasserbrunnen in der Lobby und trank mit gierigen Schlucken.

Er hatte Hunger, konnte sich aber nicht mit Essen aufhalten, weil er an seiner Story über Rossano weiterschreiben musste. Das saubere Pärchen hatte zwar mit Hilfe eines teuren Anwalts die Prostitutionsanklage abgeschmettert, aber der Herausgeber des „Monitor“ wollte ihnen auf den Fersen bleiben. Jeff hatte nichts dagegen, auch wenn er dafür sein Wochenende opfern musste.

Während er zu seinem Wagen ging, klopfte er sich innerlich auf die Schulter, dass er den Dicken erwischt hatte. Gab es einen besseren Platz, um einen notorischen Vielfraß aufzuspüren, als eine Gourmetmesse? Rosie hatte natürlich nichts preisgegeben, aber Jeff konnte den berühmten Satz verwenden: „Mr. Rossano verweigerte jeden Kommentar.“

Was die kleine blonde Konditorin anging, fühlte er sich nicht so großartig. Wer hätte auch geahnt, dass dieser Fiesling Dominick sie feuern würde?

Vielleicht konnte Liz Faraday etwas für sie tun. Die Restaurantkritikerin kannte jeden Koch in der Stadt, und alle Restaurantbesitzer zitterten vor ihr. Jeff hatte ihr öfter einen Gefallen getan, und entgegen ihrem Presseimage war sie eine reizende Person. Ihr Spitzname im Büro war Tantchen, weil jeder mit seinen Problemen zu ihr kam, nicht zuletzt ermutigt von dem großen Bonbonglas auf ihrem Schreibtisch.

Jeff hatte ein gutes Namensgedächtnis und würde sich Saras Namen merken. Zwar waren ihre Desserts etwas zu süß für seinen Geschmack, aber er hätte nichts dagegen, mit ihr zusammen etwas Herzhaftes zu kochen.

Doch dazu hatte sie nach diesem Zwischenfall sicher keine Lust mehr. Wann hatte er schon mal Glück bei Frauen? Immer traf er die aufregendsten Mädchen in den unmöglichsten Situationen. Kein Wunder, dass er noch mit seinem Vater zusammenlebte und sich kaum erinnern konnte, wann er zuletzt eine schöne Frau in seinem Bett gehabt hatte.

Sara war sicher so wütend, dass sie ihm am liebsten den Hals umdrehen würde. Leider würde er diese großen blauen Augen und ihre samtweiche Haut nicht so bald vergessen. Er stellte sich vor, wie ihr blondes Haar über ihren nackten Rücken fiel. Und welch ein Kuss war das gewesen! Süßer als all ihre Desserts.

Er stieg in seinen alten Jeep, doch als er starten wollte, sah er drei Reihen weiter etwas Weißes. Sara. Wenigstens könnte er sich entschuldigen. Er stieg aus, aber es war ein solches Durcheinander auf dem Parkplatz, dass er sie nicht mehr finden konnte.

Während er zum Auto zurückging, tröstete er sich damit, dass er gleich einen flammenden Leitartikel über Rossano schreiben würde. Dann würde er nach Hause fahren, duschen und sich etwas Saftiges auf den Grill legen.

Kurz bevor er seinen Jeep erreichte, kam ein Idiot in einem roten Kombi auf ihn zugerast und bremste haarscharf vor seinen Füßen.

Er wollte den rücksichtslosen Fahrer gerade anbrüllen, als er die blonde Konditorin hinter der Windschutzscheibe erkannte.

Sie sah aus, als wolle sie ihn kneten wie einen Hefeteig.

„Erinnern Sie sich an mich?“, fragte sie herausfordernd.

„Sara Madison. Da steht’s.“ Er zeigte auf ihr Namensschild.

Ohne ihre Kochmütze war ihr Haar so lang und seidig, wie er es sich vorgestellt hatte. Der Wüstenwind wehte ihr goldene Strähnen über die rosigen Wangen, und Jeff war unsicher, ob sie wegen der Hitze gerötet waren oder vor Wut.

„Ich muss mich entschuldigen“, sagte er und griff durchs Fenster, um ihr eine Strähne von der Wange zu streichen. Wahrscheinlich machte er sie damit noch wütender, aber er musste das gesponnene Gold einfach anfassen.

„Eine bloße Entschuldigung ist mir zu wenig! Sie haben es nicht nur geschafft, dass ich meinen Job los bin, sondern mich auch noch vor allen Küchenchefs in Phoenix unmöglich gemacht. Ich werde hier nie wieder die Füße auf den Boden kriegen.“

„Es war doch nicht Ihre Schuld. Ich werde mit Ihrem Chef sprechen.“

„Als ob das was nützen würde! Dominick hat sogar seine Großmutter rausgeworfen, weil sie den Salat nicht richtig gewaschen hat.“

„Vielleicht kann ich was anderes für Sie tun.“

„Bloß nicht, bei Ihrem Talent! Mein einziger Trost ist, dass Rossano jetzt nicht mehr meine schönen Desserts in sich reinstopfen kann. Soll er sich mit was anderem voll fressen, bis er platzt.“

Sie wollte das Fenster hochdrehen, aber er hielt es fest.

„Ich meine es ernst. Vielleicht kann ich Ihnen wirklich helfen.“

„Sie sind nicht im Gastronomiegeschäft, und falls Sie eine Schwester haben, für die ich einen Kindergeburtstag ausrichten soll, vergessen Sie’s!“

„Das habe ich nicht gemeint. Außerdem lebt meine einzige Schwester mit ihrer Familie in Santa Fe und verabscheut Süßigkeiten.“

Autor

Jennifer Drew
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