Ewiger Tanz der Liebe

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Die Lektorin Kate Campbell ist ganz und gar nicht begeistert vom Auftrag ihres Verlags, den Abenteurer und Archäologen Alec Mackenzie am Amazonas aufzuspüren und zu einer Werbeaktion zu überreden. Schließlich ist sie, was keiner weiß, mit Alec verheiratet - und hoffnungslos mit ihm zerstritten. Widerwillig macht Kate sich auf den Weg, auch, um bei dieser Gelegenheit endlich die Scheidung in die Wege zu leiten. Allerdings hat sie die Rechnung ohne ihre - und Alecs - Gefühle gemacht!


  • Erscheinungstag 01.09.2012
  • ISBN / Artikelnummer 9783862786961
  • Seitenanzahl 128
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

JoAnn Ross

Ewiger Tanz der Liebe

Roman

Übersetzung aus dem Amerikanischen von
Christian Trautmann

MIRA® TASCHENBUCH

Band 55627

MIRA® TASCHENBÜCHER

erscheinen in der Harlequin Enterprises GmbH,

Valentinskamp 24, 20354 Hamburg

Geschäftsführer: Thomas Beckmann

Copyright © 2012 by MIRA Taschenbuch

in der Harlequin Enterprises GmbH

Titel der nordamerikanischen Originalausgabe:

Mackenzie’s Woman

Copyright © 1999 by JoAnn Ross

erschienen bei: Harlequin Books, Toronto

Published by arrangement with

HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l

Konzeption/Reihengestaltung: fredebold&partner gmbh, Köln

Covergestaltung: pecher und soiron, Köln

Redaktion: Mareike Müller

Titelabbildung: Harlequin Enterprises, S.A., Schweiz

Autorenfoto: © by Harlequin Enterprises S.A., Schweiz

ISBN epub 978-3-86278-696-1

www.mira-taschenbuch.de

eBook-Herstellung und Auslieferung:

readbox publishing, Dortmund

www.readbox.net

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1. KAPITEL

„Was wir brauchen, ist ein Held.“

Alle Teilnehmer dieses Meetings richteten den Blick auf Kate Campbell.

„Wie bitte?“ Die stellvertretende Leiterin der PR-Abteilung von „Heart Books“, New York, hob eine blonde Braue.

„Wir brauchen einen Helden“, erklärte Kate. „Für die Versteigerung.“

„Wir haben jede Menge Junggesellen, die sich für die Versteigerung zur Förderung der Alphabetisierungskampagne eingetragen haben. Tatsache ist“, fuhr die stellvertretende Leiterin der PR-Abteilung mit offenkundigem Stolz fort, „dass sich sogar Jeffrey Winston III. eingetragen hat.“

„Fabelhaft“, murmelte Kate. „Genau das brauchen wir – noch einen Banker.“

„Einen millionenschweren Banker“, korrigierte Molly Stewart sie, die neben Kate an dem langen Konferenztisch saß. Obwohl der Ton der Lektorin milde war, wusste jeder im Raum, dass ihre Bemerkung eine Warnung an ihre beste Freundin darstellte. Kritik an Vorgesetzten war der weiteren Karriere nicht gerade förderlich.

Aber es lag nun einmal in Kates Natur, ihre Meinung zu sagen. Zwar versuchte sie aufrichtig, niemanden zu verärgern, aber es widerstrebte ihr zutiefst, sich zu verbiegen, mochte Diplomatie auch hier, in der zugeknöpften Geschäftswelt, noch so ratsam sein. „Winston hat Geld“, stimmte sie zu. „Und ich räume auch ein, dass er ganz süß ist, auf seine stockkonservative, gespreizte Art.“

„Vergiss nicht das fantastische Rendezvous, das er anbietet“, mischte sich eine Frau aus der Grafikabteilung ein. „Ein Champagner-Dinner für zwei und eine Mondscheinfahrt an Bord seiner Jacht, das ist doch ein wundervoller romantischer Abend.“ Die Frau Anfang zwanzig seufzte allein bei dem Gedanken daran.

„Das ist doch nichts Besonderes“, konterte Kate. „Das hat es doch schon in unzähligen Romanen gegeben. Und wenn du einmal von seinem Geld absiehst, ist Winston bloß ein gewöhnlicher Kerl mit einer großartigen Garderobe. Leute, vergesst nicht, wer wir sind und was wir tun.“ Kate hatte sich in Fahrt geredet. Sie erhob sich und begann auf und ab zu gehen. Ihr tannengrüner Seidenrock wehte um ihre Knie, als sie sich am Fenster umdrehte und wieder direkt an die Versammelten wandte. „Wir sind ‚Heart Books‘. Unser Name steht in der ganzen Welt für Romantik. Ich stimme ja zu, dass die Versteigerung eine ausgezeichnete Möglichkeit ist, Geld für wohltätige Zwecke …“

„Ich bin ja so froh, dass du sie gutheißt“, bemerkte Cheflektorin Lisa Haring trocken.

„Oh, das tue ich.“ Kate ignorierte den Sarkasmus in der kultivierten Stimme, da sie entschlossen war, ihren Standpunkt darzulegen. „Absolut. Aber ich bin mitten in der Nacht aufgewacht und habe erkannt, dass wir glatt übersehen haben, worum es uns wirklich geht.“

„Und zweifellos wirst du uns jetzt erklären, was genau das ist“, meinte die stellvertretende Leiterin der PR-Abteilung kühl.

„Ja, das werde ich.“ Kate blieb vor der gerahmten Reproduktion des berühmten Gemäldes „Der Kuss“ von Gustav Klimt stehen und machte eine dramatische Pause. „Unser Geschäft hat zwar mit Romantik zu tun, aber es ist nicht das, was wir verkaufen.“ Sie ließ den Blick durch den Raum schweifen. „Was wir tatsächlich verkaufen, sind attraktive Männer.“

„Die wir für die Versteigerung in Hülle und Fülle haben“, ergänzte Lisa Harding.

„Das ist richtig. Viele von den Männern, die sich bisher eingetragen haben, gehören absolut in die Kategorie attraktiv. Aber zu viele von ihnen sind der durchschnittliche Typ, den man im Büro trifft.“

„Nicht in diesem Büro“, murmelte Molly.

Kate stieß frustriert den Atem aus. „Nicht jeder arbeitet in einem Gebäude voller Frauen. Ich will damit nur sagen, dass man Männer, wie wir sie bisher für die Auktion mobilisiert haben, nach Feierabend in jeder besseren Bar der Stadt antreffen kann. Was uns fehlt, Ladys und Gentlemen“, fuhr sie fort und lächelte dem einzigen Mann im Raum zu, als hoffte sie, seine Zustimmung zu gewinnen, „ist ein echter Held. Ein überlebensgroßer Mann, von dem die Frauen auf der ganzen Welt träumen würden.“

„Jemanden wie den hier?“, fragte eine Frau aus der Marketing-Abteilung und hielt einen gebundenen Roman hoch, in dem sie gelesen hatte, während sie darauf wartete, dass sich die anderen im Konferenzzimmer einfanden.

Kate stockte der Atem, als sie auf dem Autorenfoto des Schutzumschlages Alec Mackenzie erkannte. Das Foto war draußen aufgenommen. Der Autor trug ein zerknittertes Kakihemd, das aussah, als sei es auf den Felsen eines weit entfernten Flusses gewaschen worden. Im Hintergrund ragten Pyramiden auf.

Der Autor blinzelte gegen die grelle Sonne über ihm, was die Falten um seine stahlgrauen Augen verstärkte, Falten, die ihn nicht älter, sondern interessanter machten. Seine schwarzen Haare von der Farbe einer mondlosen Nacht im schottischen Hochmoor waren zerzaust, aber nicht künstlich durch einen elektrischen Fön, wie er üblicherweise für die Umschlagfotos der Liebesromane verwendet wurde, sondern durch echten Wüstenwind.

„Dieser Mann sieht wie ein wahrer Held aus“, meinte die Frau aus der Marketing-Abteilung überflüssigerweise.

„Du willst doch sicher nicht Alec Mackenzie für die Versteigerung vorschlagen, oder?“ Der Ton der stellvertretenden Leiterin der PR-Abteilung spiegelte das Erstaunen aller wider.

„Wieso nicht?“, mischte sich Molly ein, die offenbar Gefallen an der Idee fand. „Kate hat recht, wir brauchen einen Helden. Und Mackenzie ist ein lebendiger Indiana Jones. Ich habe in ‚Publishers Weekly‘ gelesen, dass er ein Abenteuerschriftsteller ist, dessen weibliche Leserschaft größer ist als sein männliches Publikum – was sicher nicht daran liegt, dass Millionen Frauen sich für archäologische Funde interessieren.“

„Seine Romane sind packend“, verteidigte die Marketing-Frau das dicke Buch. „Mackenzie ist ebenso Archäologe wie Schatzsucher.“

„Mag ja sein“, meinte Molly. „Aber liest du diesen Roman, weil du schon immer ein brennendes Interesse an versunkenen spanischen Galeonen hattest, oder weil du vom Helden des Abenteuers, Jake Germaine, fasziniert bist?“

Die Frau errötete zwar nur leicht, aber es bewies, dass Molly recht hatte. „Jake ist ein komplexer Charakter“, beharrte sie. „Es ist Mackenzie auf bewundernswerte Weise gelungen, ihn zum Leben zu erwecken und mit jedem Buch mehr über seine Persönlichkeit zu verraten.“

„Er sollte den Kerl ja auch gut genug kennen“, bemerkte Molly. „Schließlich ist es allgemein bekannt, dass die Abenteuer des unerschrockenen, sexy Schatzsuchers Jake Germaine autobiografischen Charakter haben. Die Frauen werden bei uns Schlange stehen, um Eintrittskarten zu kaufen.“

„Ich muss zugeben, dass Mackenzie der Clou auf der Feier unseres fünfzigjährigen Jubiläums wäre“, räumte die Cheflektorin vorsichtig ein. „Aber wie willst du ihn dazu bringen, bei einer solchen Versteigerung mitzumachen?“

„Man könnte ihn einfach fragen. Im schlimmsten Fall lehnt er eben ab.“

„Es wäre einen Versuch wert, wenn wir ihn finden würden. Selbst wenn er sich nicht gerade in einem entfernten Winkel dieser Erde aufhält, lebt dieser Mann schrecklich zurückgezogen“, berichtete die stellvertretende Leiterin der PR-Abteilung. „Ich habe vor einigen Wochen mit dem PR-Mann seines Verlages zu Mittag gegessen, und er trank doppelte Whiskeys, weil Mackenzie gerade das Angebot ausgeschlagen hatte, bei Oprah Winfrey aufzutreten.“

Diese bemerkenswerte Neuigkeit rief bei allen bis auf Kate erstauntes Gemurmel hervor.

„Wir sollten es trotzdem versuchen“, beharrte Molly. „Vielleicht gefällt ihm der Wohltätigkeitscharakter der Versteigerung. Je mehr Menschen lesen können, desto mehr kaufen schließlich auch seine Bücher.“

„Darauf wird er sich niemals einlassen“, prophezeite die PR-Frau. „Obwohl er von seinem nächsten Buch wahrscheinlich Hunderttausende Exemplare allein wegen seines Sex-Appeals verkaufen könnte, ist er absolut allergisch gegen öffentliche Auftritte. Außerdem reist er ständig durch die Welt. Wie sollen wir ihn finden?“

„Gute Frage.“ Molly wandte sich an Kate. „Vielleicht könntest du es versuchen. Hast du ihn nicht letztes Jahr auf einer Konferenz kennengelernt?“

Kate erkannte, dass es ein Fehler gewesen war, überhaupt das Wort zu ergreifen. „Schon, aber es ist nicht so …“

„Du kennst Alec Mackenzie?“, unterbrach die Cheflektorin ihren Einwand.

„Wir haben uns kennengelernt“, gestand sie widerstrebend und spielte mit ihrem Montblanc-Kugelschreiber mit Monogramm, den sie vor acht Jahren zum Abschluss des Studiums von ihrer Großmutter bekommen hatte. Schon die geringste Aussicht darauf, Alec wiederzusehen, machte Kate nervös.

„Hast du nicht gesagt, ihr seid befreundet?“, fragte Molly.

„Das ist nicht ganz richtig“, erwiderte Kate ausweichend.

„Befreundet genug, dass du ihn um etwas bitten kannst?“, hakte die Cheflektorin nach.

„Ich weiß nicht.“ Kate holte tief Luft, während ihre Gedanken durcheinanderwirbelten und sie verzweifelt überlegte, wie viel sie würde zugeben müssen. „Ich könnte es sicher versuchen“, sagte sie ohne Begeisterung und konnte es selbst nicht fassen, dass sie diese Worte ausgesprochen hatte.

Die Kappe ihres Kugelschreibers flog weg und sauste dank der Feder durch den Raum, doch niemand schien es zu bemerken. Aller Augen waren auf sie gerichtet, und man hätte in der Stille nach ihrer Antwort eine Stecknadel fallen hören können.

„Ihr seid also wirklich befreundet?“, fragte die Marketing-Frau ungläubig.

„In gewisser Hinsicht.“ Das war eine glatte Lüge. Ihre schottischen Vorfahren – lauter strenge Calvinisten – würden sich im Grab umdrehten, hätten sie das gehört. „Befreundet“ war keineswegs die richtige Umschreibung für die Art ihrer Beziehung zu Alec Mackenzie.

„Gut genug, dass du ihn aufspüren könntest?“, wollte die Cheflektorin wissen, gab sich jedoch keine Mühe, ihre Skepsis zu verbergen.

Kate wünschte, der Name dieses Mannes wäre gar nicht erst zur Sprache gekommen. Allerdings hätte sie auch einfach bestreiten können, Alec jemals begegnet zu sein. Außerdem hatte es keinen Grund gegeben, überhaupt eine Beziehung zwischen ihr und Alec anzudeuten.

Na ja, dachte sie, das ist schließlich nicht das erste Mal, dass du hinsichtlich dieses Mannes unüberlegt reagierst. Jetzt blieb ihr nichts weiter übrig, als die Sache durchzustehen. Außerdem: falls sie ihn dazu brachte, an der Versteigerung zugunsten der Alphabetisierungskampagne teilzunehmen, würde sie vielleicht befördert werden. Was wiederum zur Folge hätte, dass sie sich nicht mehr an jedem Wochenende durch Stapel sentimentalen Kitsches lesen müsste.

Nicht dass es ihr so viel ausmachte, all die unverlangt eingesandten Manuskripte zu lesen, die jeden Tag die Redaktion überfluteten. Immerhin war es aufregend, wenn man einmal zwischen all den schlechten Geschichten auf einen Diamanten stieß. Trotzdem wäre es schön, zur Abwechslung wieder Zeit zu haben, um in der Dunkelkammer zu arbeiten.

Obwohl die Fotografie immer ihre große Leidenschaft gewesen war, hatte ihre Großmutter väterlicherseits Kate nicht gerade darin ermutigt, in die Fußstapfen ihres Vaters zu treten. Ihre Eltern waren ums Leben gekommen, als Kate neun Jahre alt war. Seither hatte sie bei ihrer Großmutter gelebt. Helen Campbell, deren Mannes Familie nach dem Börsenkrach von 1929 an der Wall Street mit billigen Aktien ein Vermögen gemacht hatte, war letztes Jahr im hohen Alter von neunundneunzig Jahren im Schlaf gestorben.

Vor ihrem Tod hatte sie sich nie eine Gelegenheit entgehen lassen, Kate daran zu erinnern, dass die unpassende Leidenschaft ihres Vaters für die Fotografie nicht nur seines, sondern auch das Leben seiner Frau im Mount Everest gefordert hatte. Durch jene tragische Lawine war es dazu gekommen, dass Kate mit der Frau lebte, von der George Campbell sich schon fast zwanzig Jahre vor seinem frühzeitigen Tod entfremdet hatte.

Seit ihrem ersten Tag im Haus der Campbells auf Long Island hatte Kate ihr Bestes gegeben, um ihre strenge Großmutter zufriedenzustellen. Sie hatte ihre ausgetretenen, bequemen Turnschuhe gegen anständige Halbschuhe eingetauscht, zugesehen, wie ihr geliebtes T-Shirt und die Jeans in die Altkleidersammlung gegeben wurden und sich sogar still duldend einer Prozedur unterworfen, bei der ihre Großmutter ihre Haare, die sie als wilde Mähne bezeichnete, mit einer nach faulen Eiern stinkenden Mixtur wusch, damit sie glatt am Kopf lagen. Erst nachdem sie auf das College entkommen war, hatten sich ihre Haare wieder in wilde rotbraune Locken verwandelt.

Aus einer Laune heraus hatte sie als Hauptfach Englisch gewählt, da ihre Großmutter sich weigerte, ihr ein Fotografie-Studium zu finanzieren. Zudem hatte Kate immer gern gelesen. Durch die Tatsache, dass ihre Mutter Redakteurin gewesen war – und zwar diejenige, die den Fotografen George Campbell entdeckt und später geheiratet hatte –, fühlte sie sich ihrem Vater näher, den zu lieben sie nie aufgehört hatte.

Nach ihrem Abschluss hatte Kate einen Job in einem Verlag für Liebesromane angenommen. Ursprünglich hatte sie lediglich ein paar Monate bleiben wollen, bis sie von den Fotografien leben konnte, die sie tatsächlich angefangen hatte zu verkaufen.

Als Fotografin mit dem begabten Auge ihres Vaters, die sich alles selbst beigebracht hatte, fehlten ihr jedoch die Kontakte zu den Top-Galerien. Und da sie wenigstens einmal am Tag essen wollte, arbeitete sie als Lektorin.

Ein allzu großes Opfer war das allerdings nicht, denn schließlich machte ihr die Arbeit an den meisten Tagen Spaß. Und nachdem der Art Director sie mit einigen Fotografen bekannt gemacht hatte, die die Cover-Fotos für die Liebesromane schossen, hatte sie bei manchen der Fotosessions am Samstagmorgen dabei sein dürfen. Bereitwillig hatte Kate die Filme gewechselt, die Reflektorschirme umgestellt und alles getan, um die technischen Fähigkeiten zu entwickeln, die ihr fehlten. Vor Kurzem hatte sie sogar einige kleine Ausstellungen gehabt, bei denen farbenfrohe Fotos von Straßenszenen der Stadt verkauft worden waren.

„Ja, ich nehme an, dass ich Alec aufspüren könnte“, bestätigte sie mit falscher Begeisterung.

Das genügte. Die Entscheidung, dass Kate Campbell Alec Mackenzie suchen und bitten sollte, an der Junggesellenversteigerung anlässlich des Jubiläums teilzunehmen, war einstimmig gefällt.

Du wirst es bereuen, Mädchen, dachte Kate und bekam kaum ein Wort der Gespräche über weitere Projekte mit. Was war nur in sie gefahren? fragte sie sich und glaubte beinah, das raue Lachen ihres Vaters zu hören.

„Schieß los“, verlangte Molly. Es war nach Feierabend, und die beiden Freundinnen nahmen ein frühes Abendessen in einem Chinarestaurant zu sich. „Wieso hat dich mein Vorschlag, Alec Mackenzie zu treffen, so durcheinandergebracht?“

„Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst.“ Kate schob ihre Essstäbchen aus der Papierhülle.

„Du bist so blass geworden, dass deine Sommersprossen zum Vorschein kamen. Wir sind seit sechs Jahren die besten Freundinnen“, erinnerte Molly sie und verteilte Sojasoße auf einer Frühlingsrolle. „Du verschweigst mir etwas über diesen Kerl, nicht wahr?“

Um Zeit zu gewinnen, nahm Kate ein Stück Sesamhuhn und schob es sich in den Mund. Das war ihr Lieblingsteil des Gerichtes, doch heute Abend schmeckte es nach nichts. Was um alles in der Welt hatte sie sich da eingebrockt?

„Du hast recht“, gestand sie schließlich seufzend. Sie legte die Essstäbchen beiseite und rieb sich die pochenden Schläfen. „Ich hätte es dir erzählen sollen. Die ganze Sache ist nämlich ein wenig komplizierter.“

„Das sind die besten Dinge im Leben oft.“

Das Thema und der forschende Blick ihrer Freundin machten Kate so nervös, dass sie einen trockenen Mund bekam. Sie trank einen Schluck Wein, in der Hoffnung, dass es half. „Gut, du hast recht. Ich habe ihn letztes Jahr kennengelernt, auf dem Schriftstellerkongress in Las Vegas, zu dem du eigentlich fahren solltest, bevor du diese schlimme Erkältung bekamst.“

„Ich hatte eine so schlimme Ohrentzündung, dass ich den Flug nie überstanden hätte.“

„Nun, falls du dich erinnerst, sprach ich über die überlebensgroßen Attribute des Romanhelden. Alec sollte einen Workshop über Recherchiermethoden halten. Aber es war ein riesiger Kongress, und da Alec zu spät kam, begegneten wir uns erst beim Abschlussbankett.“

Molly sah ihre Freundin über den Rand ihres Weinglases an und lauschte gebannt. „Wenn dies einer von unseren Romanen wäre, hätte es bei eurer ersten Begegnung gefunkt.“

„Es war noch schlimmer.“ Kate seufzte erneut und schüttelte den Kopf, was ihre Kopfschmerzen verstärkte. „Es war eher wie ein Blitz, der uns traf. Ich habe keine Erinnerung daran, wie ich das Bankett verlassen habe. Ich weiß nur noch, dass ich höflich und tödlich gelangweilt einer autobiografischen Liebesgeschichte zwischen einem Metzger und dem Geist einer Abteilungsleiterin eines Supermarktes zuhörte, die tragischerweise in der Saftpresse des Supermarktes umgekommen war. Der künftige Autor war natürlich überzeugt, dass es ein Bestseller werden würde. Zufällig ließ ich den Blick durch den Raum schweifen und entdeckte den leidenschaftlichsten Mann, der mir je begegnet ist, im Türrahmen des Bankettraumes.

„Du konntest quer durch den ganzen Raum beurteilen, dass er leidenschaftlich war?“, fragte Molly ungläubig.

„Absolut.“ Selbst nach all den Monaten erinnerte Kate sich noch genau an den heißen Schauer, der sie bei seinem Anblick überlaufen hatte. „Ich weiß, es klingt wie aus einem unserer Liebesromane, aber ich schwöre, dass ich am ganzen Körper erschauerte, als unsere Blicke sich trafen.“

„In diesen Hotels ist die Klimaanlage meistens ziemlich niedrig eingestellt.“

„Aber ich fror nicht. Im Gegenteil, beim Anblick des Funkelns in seinen Augen, während er näher kam, war es, als stünde mein Körper in Flammen. Ich konnte nicht sprechen, ich konnte nicht einmal denken. Was wahrscheinlich erklärt, weshalb ich einfach mit ihm den Bankettsaal verließ, als er wie selbstverständlich meine Hand nahm.“

Molly füllte beide Gläser nach. „Soll das etwa heißen, dass du, ein leuchtendes Beispiel für Tugendhaftigkeit, tatsächlich mit Alec Mackenzie geschlafen hast?“

Kate schloss die Augen und hielt sich das Glas an die hämmernde Schläfe. „Genau das will ich dir damit sagen“, bestätigte sie leise. „Ich habe mit Alec geschlafen. Aber erst, nachdem ich ihn geheiratet habe.“

2. KAPITEL

„Weißt du, was du brauchst?“, fragte die tiefe männliche Stimme aus heiterem Himmel.

„Nein. Aber ich nehme an, du wirst es mir gleich sagen“, erwiderte Alec und studierte weiter das alte Pergament.

„Du brauchst eine Frau.“

Widerstrebend schaute Alec zu seinem besten und, wenn man es genau nahm, einzigen Freund auf, der ihm gegenüber an dem wackeligen Holztisch saß. „Das ist deine Meinung. Was ich wirklich brauche, ist ein Wünschelrutengänger.“

„Wozu braucht man so jemanden?“

„Ein Wünschelrutengänger spürt zum Beispiel unterirdische Wasseradern auf.“

„Dieses Abenteuer dauert bereits bis in die Regenzeit hinein“, bemerkte Rafael Santos. „Man sollte meinen, du hättest inzwischen genug Wasser.“

Alec sah bei diesen Worten finster zu dem uralten, generatorbetriebenen Ventilator hoch, der heute tatsächlich funktionierte. Allerdings drehte er sich so träge, dass er gegen die schwül-feuchte Luft kaum etwas ausrichtete. Der Plan hatte vorgesehen, die verschollene Galeone zu finden, bevor die Regenzeit den südamerikanischen Dschungel in einen riesigen Sumpf verwandelte. Leider verliefen Expeditionen nicht immer nach Plan.

„Er soll ja kein Wasser finden.“

„Aha.“ Rafael nickte. „Diese Wünschelrutengänger können auch Gold aufspüren?“

„Nicht dass ich wüsste. Aber es muss ja wohl ein erstes Mal geben.“

Alec starrte mit düsterer Miene wieder auf die alte Landkarte, die er in einem kleinen Laden in Barcelona entdeckt hatte, der auf alte Bücher spezialisiert war. Sie hatte sich in dem ledergebundenen Logbuch eines spanischen Kapitäns befunden, der mit einem fantastischen Märchen über eine in den Anden verschollene und mit Inka-Gold beladene Galeone heimgekehrt war.

Laut Logbuch hatte ein durch Regenfälle ausgelöster Erdrutsch die meisten Teilnehmer der Expedition getötet und ihre Beute, das Lösegeld für einen König, begraben. Wenn der Logbucheintrag glaubwürdig war – was Alecs Instinkt und seine Recherchen ihm bestätigten –, wurde die Galeone bei dem Erdrutsch mitsamt ihrer kostbaren Fracht unter Tonnen von Schlamm begraben.

„Warum gönnst du dir nicht eine Pause?“, schlug Rafael vor und ließ den Blick durch die cantina schweifen, die kaum mehr als ein Anbau war, umgeben von üppigen Grünpflanzen und allen möglichen Baumarten. „Sonia beobachtet dich schon den ganzen Abend, und jeder Mann hier ist dir bereits zu Dankbarkeit verpflichtet, weil sie ihre Bluse deinetwegen noch ein wenig weiter aufgeknöpft hat.“ Er grinste. „Schnapp dir das Mädchen, Alec, dann bist du nicht mehr so frustriert. Und wenn dein Kopf anschließend wieder klar ist, findest du auch die Lösung des Rätsels.“

Alec schaute zu der üppigen Barfrau, die sich gerade über einen Tisch beugte und verschüttetes Bier aufwischte. Ihre vollen Brüste drohten jeden Moment aus ihrer tief ausgeschnittenen Baumwollbluse zu hüpfen. „Zugegeben, die Idee ist verlockend.“

Besonders da Sonia ihm seit seiner Ankunft in Santa Clara deutlich zu verstehen gegeben hatte, dass er in ihrem Bett äußerst willkommen wäre. Alec seufzte und nahm einen großen Schluck aus der Bierflasche. „Aber falls du es vergessen hast, ich bin ein verheirateter Mann.“

„Dem Gesetz nach schon“, räumte sein Freund ein. „Aber wie ich dir schon gesagt habe, es wäre ein Leichtes, die Ehe annullieren zu lassen.“

„Und ich habe dir oft genug gesagt, dass eine Annullierung nicht infrage kommt.“

„Eine leidenschaftliche Nacht macht noch keine Ehe“, argumentierte Rafael nicht zum ersten Mal. Als Anwalt kannte er sich aus. „Außerdem kann eine Ehe auch annulliert werden, obwohl sie vollzogen wurde. Vergiss nicht, dass deine Braut dich erst belogen hat und dann weggelaufen ist.“

„Ich habe nichts von diesem Desaster vergessen“, knurrte Alec.

Er hatte weder das verblüffende Gefühl vergessen, wie vom Blitz getroffen zu sein, als er Katherine Jeanne Campbell zum ersten Mal begegnet war, noch die gemeinsamen Stunden in der Hotelbar, wo sie an seinen Lippen hing, während er ihr von dem verlorenen Inka-Gold erzählte, das er finden wollte.

Natürlich hatte er auch die Hochzeit nicht vergessen, die nicht einmal zehn Minuten gedauert hatte, aber nach dem Gesetz von Nevada legal war. In lebhaften Einzelheiten erinnerte er sich an jeden Moment jener langen, sinnlichen Nacht, in der er zum ersten Mal in seinen vierunddreißig Jahren wahre Leidenschaft kennengelernt hatte.

Aber er hatte weder den Streit am nächsten Morgen vergessen noch die Abschiedsworte, die seine Frau auf Hotelbriefpapier geschrieben und ihm aufs Kopfkissen gelegt hatte. Zugegeben, er war zuvor aus dem Hotelzimmer gestürmt. Aber sie hätte wissen müssen, dass er zurückkommen wollte, sobald er sich beruhigt und ihr die Gelegenheit zur Einsicht gegeben hatte.

„Die Frau hat, rechtlich gesehen, auf die Ehe verzichtet, was dich zu einem freien Mann macht.“ Rafael argumentierte noch immer, doch Alec hatte sich schon wieder auf die Gegenwart konzentriert.

Autor

Jo Ann Ross
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