Feurige Blicke – sündige Küsse

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Es ist Poppys schmerzlichstes Geheimnis: Sie liebt den attraktiven Randall Grant, Earl of Langston, der bald ihre beste Freundin heiraten wird - und der ihr Boss ist. Aber in letzter Sekunde platzt die Adelshochzeit. Auf der Flucht vor den Paparazzi befindet Poppy sich plötzlich mit Dal auf dem Weg nach Mehkar, ins Land seiner Vorfahren! Wo er nicht länger der kühle Earl ist, für den sie romantisch schwärmt. Sondern ein feuriger Scheich, der sie gefährlich erregt - und der ihr in seinem opulenten Wüstenpalast aus heiterem Himmel einen Antrag macht! Sie sah ihm in die Augen, und ihr Atem stockte, als sie etwas Ungewohntes darin las: eine wilde, rohe, männliche Leidenschaft, die überhaupt nicht zu dem Mann passte, den sie kannte.


  • Erscheinungstag 18.12.2018
  • Bandnummer 2367
  • ISBN / Artikelnummer 9783733710613
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Die Braut, die eben noch vor dem Altar gestanden hatte, war spurlos verschwunden.

Poppy, die Augen vor Schreck weit aufgerissen, begegnete Randall Grants Blick für den Bruchteil einer Sekunde und sah schnell wieder weg. Seit der die Kirchentür aufgerissen und die Zeremonie von einem rachsüchtigen Sizilianer gestört worden war, zitterte sie am ganzen Körper.

Aber nicht nur aus Furcht. Sie hatte es getan. Sie hatte Sophie gerettet.

Und sie hatte nicht nur Sophie gerettet, sondern auch Randall. Auch wenn Randall Grant, der sechste Earl of Langston, es ihr in diesem Augenblick kaum danken würde, denn schließlich war er der Bräutigam, und kein Mann wollte gern vor zweihundert erlesenen Gästen gedemütigt werden, die aus ganz England und Europa angereist waren, um der Hochzeit des Jahres beizuwohnen. Jedenfalls wäre es die Hochzeit des Jahres gewesen, wäre die Braut nicht kurzerhand von einem sizilianischen Rennfahrer entführt worden. Beziehungsweise ehemaligen Rennfahrer.

Poppy bezweifelte, dass den Earl of Langston dieser feine Unterschied im Moment interessierte. Schließlich musste er sich um eine voll besetzte Kirche kümmern. Zum Glück war er nicht besonders emotional. Es würde weder Tränen noch Gefühlsausbrüche geben. Der Earl of Langston verlor niemals die Contenance.

Sie riskierte erneut einen flüchtigen Blick auf Randall, unglaublich attraktiv in seinem Cutaway, der seine schlanke, elegante Erscheinung betonte. Seine Miene war wie versteinert.

Poppy schluckte ihr schlechtes Gewissen hinunter. Eines Tages würde Sophie es ihr danken. Und auch Randall, obwohl sie ihm natürlich nicht verraten würde, welche Rolle sie bei diesem Desaster spielte. Er war nicht nur Sophies Bräutigam – sitzengelassener Bräutigam – sondern auch seit vier Jahren Poppys Boss, in den sie heimlich verliebt war. Auch wenn er ein sehr guter Chef war, würde er sie feuern, wenn er erfuhr, dass sie etwas mit dem Hochzeitsdebakel zu tun hatte. Ohne zu zögern. Und das würde ihr das Herz brechen.

Doch wie hätte sie Renzo nicht schreiben können? Wie hätte sie ihm nicht den Zeitungsausschnitt schicken können? Sophie liebte Randall nicht. Sie heiratete ihn, weil ihre Familie es so beschlossen hatte, als sie noch nicht einmal alt genug für den Führerschein gewesen war. Es war weniger eine Hochzeit als ein Deal, und Sophie verdiente etwas Besseres.

Für Randall musste Renzos Auftritt ziemlich demütigend gewesen sein. Doch für Sophie… Für Sophie war es die Chance auf die große Liebe.

1. KAPITEL

Sie wusste etwas.

Dal Grant konnte es in Poppys Augen sehen, an der Linie ihrer Lippen, der Falte zwischen ihren Brauen.

Er kannte den schuldbewussten Gesichtsausdruck nur zu gut, den sie aufsetzte, wenn sie etwas verbockt hatte und versuchte, es zu vertuschen.

Er hätte sie schon vor Jahren feuern sollen.

Sie war nie eine herausragende Sekretärin gewesen. Doch sie brachte ihn zur Vernunft, wenn er mal wieder jemanden umbringen wollte, so wie jetzt gerade.

Vor allem aber hatte er ihr vertraut, was ganz offensichtlich ein Fehler gewesen war.

Allerdings konnte er jetzt keine Informationen aus ihr herausquetschen. Nicht, solange noch zweihundert Gäste die Kirchenreihen füllten und aufgeregt flüsterten, Sophies Vater völlig fassungslos, Lady Carmichael-Jones leichenblass.

Dal atmete einmal tief durch, bevor er sich den Gästen zuwandte, um sie nach Hause zu schicken. Danach würde er sich Poppy vornehmen.

„Was hast du getan?“, fragte Randall in dem kleinen Vorraum neben dem Altar.

Poppy knetete nervös ihre Hände. Sie warf einen hilfesuchenden Blick über die Schulter, doch die Kirche hatte sich inzwischen geleert. Die Gäste waren schneller verschwunden als gedacht, nachdem Randall mit kalter, harter Stimme verkündet hatte: „Entschuldigen Sie, dass wir heute Ihre Zeit vergeudet haben, aber die Hochzeit scheint nicht stattzufinden.“ Und dann hatte er ebenso kalt gelächelt, und die Leute waren förmlich aus der Kirche geflohen.

Sie wäre am liebsten auch geflohen, doch Randall hatte ihr bedeutet zu bleiben, während er ein paar knappe Worte mit Sophies Eltern gewechselt und seinen beiden Trauzeugen die Hand geschüttelt hatte.

„Was hast du getan, Poppy?“, wiederholte er etwas ruhiger, aber mit eiskalter Miene.

Ihr Herz pochte. Er war groß, viel größer als sie, und sie machte unwillkürlich einen Schritt rückwärts, sodass sie mit den Schultern gegen den unverputzten Türbogen stieß. „Nichts“, flüsterte sie, doch sie war eine schlechte Lügnerin. Sophie sagte immer, das sei es, was sie am meisten an ihr mochte. Und das war auch der Hauptgrund, warum Randall Grant, Earl of Langston, sie vor vier Jahren eingestellt hatte, als sie einen Job brauchte. Er sagte, er brauche jemanden, dem er vertrauen könne.

„Ich glaube dir nicht“, erwiderte er.

Ihr Mund wurde trocken.

„Ich weiß nicht, wo sie ist, und das ist die Wahrheit.“ Ihre Stimme bebte, und sie hasste es, dass er sie ansah, als hätte sie sich in ein dreiköpfiges Monster verwandelt. „Ich hatte keine Ahnung, dass Renzo die Hochzeit stürmen würde.“

Er zog die Augenbrauen hoch. „Renzo“, wiederholte er nachdenklich.

Ihr wurde erst heiß und dann kalt, als ihr aufging, welchen Fehler sie begangen hatte. Sie zupfte an ihrem eng anliegenden, tief ausgeschnittenen Kleid und versuchte, nicht in Panik auszubrechen. Eigentlich war ihr gar nicht zum Heulen zumute, doch sie fühlte sich in die Enge getrieben, und wenn sie sich in die Enge getrieben fühlte, funktionierte ihr Gehirn nicht richtig, und die Tränen kamen.

So war es schon in der Schule gewesen. Und in den furchtbaren Feriencamps, bevor Sophie sie gerettet und über die Sommerferien zu sich nach Hause eingeladen hatte. Poppy hatte gedacht, ihre Panikattacken überwunden zu haben, doch plötzlich schnürte sich ihr die Kehle zu, und sie bekam keine Luft mehr.

„Ich glaube, ich werde ohnmächtig“, flüsterte sie. Sie brauchte frische Luft … und Abstand von ihrem wütenden Chef.

Randall zog die schwarzen Augenbrauen hoch. „Du wirst nicht ohnmächtig. Du willst nur meiner Frage ausweichen.“

„Ich bekomme keine Luft.“

„Dann hör auf, dummes Zeug zu reden und atme.“

„Ich rede kein dummes Zeug …“

„Atme. Durch die Nase ein, durch den Mund aus. Weiter. Einatmen. Ausatmen.“

So wütend konnte er nicht sein, wenn er versuchte, sie zu beruhigen. Sie wollte nicht, dass er wütend auf sie war. Sie wollte doch nur helfen. Sie wollte, dass die Menschen, die sie liebte, glücklich waren. Gute Menschen verdienten es, glücklich zu sein, und Sophie und Randall waren gute Menschen. Und Poppy hätte Renzo nie den Zeitungsausschnitt über die bevorstehende Hochzeit geschickt, wenn Sophie glücklich gewesen wäre …

Ihre Augen brannten, und sie versuchte, sich auf den eleganten Krawattenknoten zu konzentrieren, während sie tief ein- und ausatmete, um Randalls Nähe auszublenden.

Sie musste an etwas anderes denken, sonst folgte gleich die nächste Panikattacke, deshalb schloss sie die Augen und stellte sich vor, sie wäre in ihrer kleinen gemütlichen Wohnung, hätte etwas Bequemes an, ihren Pyjama zum Beispiel, und säße mit einer Tasse Tee in ihrem Lieblingssessel. Der Tee wäre stark und heiß mit Milch und Zucker, und sie würde einen Keks eintunken …

„Besser?“, fragte er nach einer Minute.

Sie öffnete die Augen und unterdrückte ein Schaudern. „Können wir bitte nach draußen gehen?“

„Ich will eine ehrliche Antwort.“

„Ich hab doch gesagt …“

„Du nennst Crisanti beim Vornamen. Woher kennst du ihn, Poppy?“ Randall senkte die Stimme, sein Tonfall war jetzt streng.

Poppy schnappte verzweifelt nach Luft, atmete seinen Duft ein, den Geruch seiner Haut, ein sauberer, männlicher Duft, von dem sie immer Gänsehaut bekam. „Ich kenne ihn nicht.“

Seine Augen funkelten. „Und woher kennt Sophie ihn?“

Poppy ballte die Hände zu Fäusten, sodass ihre Fingernägel sich ins Fleisch bohrten. Sie durfte jetzt nichts Falsches zu sagen. Außerdem wusste sie gar nicht genau, was vor fünf Wochen in Monte Carlo genau passiert war. Am letzten Abend der Reise war Sophie nicht nach Hause gekommen, und als sie Monaco am nächsten Tag verließen, war sie eine andere Frau gewesen.

Die meisten Leute hätten die Veränderung vielleicht nicht bemerkt, doch Poppy war nicht wie andere Leute. Sophie war nicht nur ihre beste Freundin, sondern die Schwester, die sie nie gehabt hatte, die Beschützerin, die sie als Kind aus einfachen Verhältnissen an der Haskell’s School gebraucht hatte. Sophie hatte sich ihrer praktisch von Anfang an angenommen, und nach all den Jahren bot sich Poppy endlich eine Gelegenheit, sich zu revanchieren. Und so war es bei ihrem Brief an Renzo Crisanti nicht darum gegangen, die Hochzeit zu sabotieren, sondern darum, Sophie zu ihrem Glück zu verhelfen.

Dal musste sich bemühen, sich zu beherrschen. Poppy erwies sich als erstaunlich widerspenstig. Natürlich war sie nicht für das heutige Fiasko verantwortlich, aber offensichtlich kannte sie die Hintergründe.

„Hol deine Sachen“, befahl er knapp.

„Wohin fahren wir?“, fragte sie unsicher.

„Spielt das eine Rolle?“

„Du hast mir Urlaub gegeben. Ich hab nächste Woche frei.“

„Das war, als ich dachte, ich wäre selbst im Urlaub, aber die Flitterwochen fallen aus, und dein Urlaub damit auch.“

Sie sah ihn blinzelnd an und schien um Worte zu ringen. „Das ist nicht fair“, flüsterte sie schließlich.

„Nicht fair ist, dass du von Crisanti und Sophie wusstest und mir kein Wort gesagt hast.“ Ihm war egal, dass sie tatsächlich aussah, als würde sie gleich ohnmächtig werden, denn ihre Gedankenlosigkeit gefährdete seine ganze Zukunft. „Hol deine Sachen, wir treffen uns in fünf Minuten vor dem Haus.“

Poppy war so froh, Randalls Nähe zu entkommen, dass sie praktisch in das ehrwürdige Anwesen stürmte und die herrschaftliche Treppe hoch bis in die Suite rannte, wo die Braut und ihre Begleiterinnen am Morgen alles für die Zeremonie vorbereitet hatten.

Die anderen Brautjungfern hatten ihre Sachen schon geholt, sodass nur noch Sophies Gepäck für die Flitterwochen in dem Zimmer stand – und Poppys kleine Reisetasche.

Plötzlich gaben Poppys Beine nach, und sie sank auf den nächsten Stuhl und bedeckte das Gesicht mit den Händen.

Sie hoffte wirklich, dass Randall ihr eines Tages dankbar sein würde, doch inzwischen musste sie ihm helfen, zur Normalität zurückzukehren.

Darin war sie gut.

Na ja, ihre Stärke waren Büroarbeit und Ablage, das Buchen, Umbuchen und Stornieren von Geschäftsreisen. Ein Großteil ihrer Arbeit bestand darin, Meetings, Konferenzen und Reisen zu koordinieren.

Doch Poppy beschwerte sich nie. Randall gab ihrem Leben einen Sinn. Zwar war er die ganze Zeit Sophies Verlobter gewesen, doch er war der Grund, warum sie morgens mit einem Lächeln aufwachte und sich darauf freute, zur Arbeit zu gehen.

Randall heute in diese Situation bringen zu müssen, war furchtbar. Es schmerzte sie, ihm wehzutun, doch Sophie liebte Randall nicht, und beide verdienten etwas Besseres als eine arrangierte Ehe.

„Was dauert denn so lange?“, fragte Randall, der plötzlich in der Tür stand.

Seine Stimme war kalt. Poppy versteifte sich und wischte hastig die Tränen fort. „Tut mir leid. Ich brauchte einen Moment.“

„Du hattest einen Moment. Du hattest fünf Minuten.“

„Ich glaube, so lange war es nicht.“

„Und ich glaube, ich weiß nicht mehr, wer du bist.“

Sie wurde blass. „Tut mir leid. Ich bringe nur schnell die Koffer nach unten.“

„Die gehören Sophie. Soll sie sich selbst um ihr Gepäck kümmern.“

„Sie ist meine beste Freundin …“

„Ist mir egal.“

„Aber als ihre Brautjungfer …“

„Du arbeitest für mich, nicht für sie. Und wenn du auch weiterhin für mich arbeiten willst, nimmst du jetzt deine Tasche und kommst mit. Sonst …“

„Es gibt keinen Grund, mir zu drohen. Ich wollte nur helfen.“

„Darum wird sich Mrs. Holmes, meine Haushälterin, kümmern“, erwiderte er. Er durchquerte den Raum und zeigte auf eine kleine abgenutzte Reisetasche. „Ist das deine?“ Als sie nickte, nahm er die Tasche. „Dann lass uns gehen. Der Wagen wartet.“

Poppy warf einen letzten Blick auf Sophies Gepäck, doch es gab nichts, was sie jetzt noch tun konnte.

Mrs. Holmes wartete vor dem stattlichen Backsteinhaus auf sie.

„Machen Sie sich keine Sorgen, Sir“, sagte sie zu Randall, bevor sie sich im Flüsterton an Poppy wandte: „Armes Häschen. Er muss am Boden zerstört sein.“

Poppy hätte Randall nicht als armes Häschen beschrieben und hatte auch nicht den Eindruck, dass er am Boden zerstört war, aber Mrs. Holmes hatte eine andere Beziehung zu Randall als Poppy. „Er kommt schon darüber hinweg“, erwiderte sie im Brustton der Überzeugung. „Es hat ihn kalt erwischt, aber er wird sich wieder berappeln. Versprochen.“

Randalls Austin-Healey-Cabrio stand in der breiten Auffahrt von Langston House.

Er stellte Poppys Reisetasche in den Kofferraum und hielt ihr dann die Beifahrertür auf. Das Auto lag so tief, dass Poppy, obwohl sie nicht besonders groß war, das Gefühl hatte, in den Sitz zu fallen. Sie musste den Tüllrock des rosa Brautjungfernkleids raffen, damit Randall die Tür zubekam.

„Albernes Kleid“, murmelte sie vor sich hin.

„Du kannst dich im Flugzeug umziehen“, sagte er.

„Welches Flugzeug?“, fragte sie.

„Mein Flugzeug.“

„Aber damit wolltet ihr doch in die Flitterwochen.“

„Ja, es kann aber auch an andere Orte als die Karibik fliegen“, bemerkte er trocken, während er hinters Steuer glitt und seine Krawatte lockerte.

„Apropos, soll ich mich darum kümmern, die Reise zu stornieren?“

„Welche Reise?“

Sie errötete. „Deine … Flitterwochen.“

Er bedachte sie mit einem Blick, den sie nicht zu deuten vermochte. „Auch wenn ich von meiner Braut vor dem Altar stehen gelassen wurde, bin ich kein kompletter Idiot. Ich habe die Reise gebucht, also werde ich sie auch stornieren.“

Sie knetete ihre Hände. „Ich versuche nur zu helfen.“

„Da bin ich sicher. Du bist eine außerordentlich ergebene Sekretärin, die stets auf mein Wohl bedacht ist.“

Sein beißender Sarkasmus versetzte ihr einen Stich. „Ich gebe immer mein Bestes für dich.“

„So wie heute?“

„Was meinst du damit?“

„Was glaubst du, was ich meine, Poppy? Oder willst du dich weiter dumm stellen?“

Randall hätte Poppy am liebsten erwürgt. Wirklich. Sie wusste mehr, als sie zugab, doch sie schien den Plan, den sie und Sophie ausgeheckt hatten, durchzuziehen.

Er hatte sich immer eingebildet, eine gute Menschenkenntnis zu besitzen, doch offenbar hatte er sich getäuscht. Sophie und Poppy hatte beide sein Vertrauen missbraucht.

Er hasste sich selbst dafür, dass er so naiv gewesen war.

Er hasste sich dafür, dass er so ein leichtes Opfer gewesen war.

Dals Hände umklammerten das Lenkrad, während er die kurze Strecke von Langston House zum Privatflugplatz außerhalb von Winchester fuhr. Es war wenig Verkehr, der Himmel war blau, es war warm, aber nicht heiß. Der perfekte Junitag für eine Hochzeit.

Bei dem Gedanken an die Schlagzeilen in den morgigen Zeitungen umklammerte er das Steuer noch fester. Wie die Presse Skandale in der Oberschicht liebte …

Im Gegensatz zu Sophie vermied er es, in der Öffentlichkeit zu stehen, verabscheute die feine englische Gesellschaft. In seinen Augen gab es nichts Schlimmeres als die Klassengesellschaft mit ihrer Faszination für die Aristokratie.

In den vergangenen zehn Jahren hatte er sich bemüht, Skandalen aus dem Weg zu gehen. Umso mehr nervte es ihn jetzt, im Rampenlicht zu stehen. Allein der Gedanke an die Kameras und Mikrofone, mit denen man ihn belästigen würde, machte ihn aggressiv, dabei hatte er sich seit Jahren nicht geprügelt.

Früher war Dal keinem Kampf aus dem Weg gegangen, sodass er nach einer besonders üblen Prügelei fast seinen Studienplatz in Cambridge verloren hätte. Es interessierte weder den Dekan noch seinen Vater, dass er den Namen seiner Mutter verteidigt hatte. Für die da oben galt sich prügeln als unfein und geziemte sich nicht für Randall Grant, den zukünftigen Earl of Langston.

Die Universitätsleitung hatte seine Entschuldigung und sein Gelöbnis, sich zu bessern, akzeptiert, doch sein Vater war nicht so leicht zu besänftigen gewesen. Nachdem er seine Wut wochenlang in sich hineingefressen hatte, explodierte er schließlich, und auf den Wutausbruch folgte Verzweiflung.

Als Kind hatte Dal die Stimmungsschwankungen gefürchtet. Als junger Mann fand er sie unerträglich. Doch er konnte sich nicht von seinem Vater lossagen. Irgendjemand musste sich um den Earl kümmern, ganz zu schweigen von seiner Grafschaft, den Ländereien und den Erträgen. Als sein Sohn stand Dal in der Pflicht, und so stellte er seinem Vater zuliebe die eigenen Bedürfnisse zurück und hatte sogar eingewilligt, die Frau zu heiraten, die sein Vater vor fünfzehn Jahren für ihn ausgewählt hatte.

Zum Glück lebte sein Vater inzwischen nicht mehr. Er hätte die heutige Demütigung nicht verkraftet. Doch sein Vater war nicht da, deshalb konnte Dal die Situation auf seine Weise klären.

Und das würde er.

Er wusste auch schon genau wie. Dal bedachte Poppy mit einem flüchtigen Seitenblick. Sie war unkompliziert, gutmütig, formbar und damit die leichteste und schnellste Lösung für sein Problem.

Außerdem wusste er, dass sie Gefühle für ihn hegte, was die Sache erleichterte.

Dal lockerte seine Krawatte, während er überlegte, wohin er mit ihr fahren sollte.

Irgendwohin, wo sie allein waren und wo niemand nach ihnen suchen würde. Die Karibikinsel, die er für die Flitterwochen gebucht hatte, kam nicht infrage. Dennoch musste es ein Ort sein, wo sie ungestört waren, völlig abgeschnitten vom Rest der Welt.

Plötzlich sah Dal das warme, sonnendurchtränkte Rosa vom Sommerpalast im roten Atlasgebirge in Mehkar vor sich … Kasbah Jolie.

Seit Jahren hatte er nicht mehr an den Wüstenpalast seiner Mutter gedacht. Die große, rosa Villa lag auf einem riesigen Grundstück, inmitten von glitzernden blau gefliesten Pools und nach Lavendel und Rosen, Minze und Thymian duftenden Gärten.

Das spektakuläre Anwesen lag zwei Stunden vom nächsten Flughafen und vier Stunden von der Hauptstadt Gila entfernt. Man brauchte Zeit, um die versteckte Perle im Atlasgebirge zu erreichen, die hoch auf einer Bergspitze lag, mit Blick auf die Berge und einen dunkelblauen Fluss, der sich durch das fruchtbare Tal darunter schlängelte.

Er war nicht mehr dort gewesen, seit er elf war, und wollte eigentlich wegen der schmerzhaften Erinnerungen auch nie wieder hin, doch welchen besseren Ort konnte es geben, seine Sekretärin zu verführen und sie zu seiner Frau zu machen.

Vor langer Zeit war er in Mehkar ebenso zu Hause gewesen wie in England. Damals hatte er Mehkar jedem anderen Ort auf der Welt vorgezogen. Dagegen sprach höchstens, dass er seinem Großvater keine falschen Hoffnungen machen wollte. All die Jahre hatte sein Großvater geduldig darauf gewartet, dass Dal zurückkehren würde, und er hasste es, seinen Großvater zu enttäuschen, doch seine Rückkehr würde nur vorübergehend sein.

Er musste seinen Großvater informieren, dass er kommen würde, um den König nicht zu überrumpeln. Doch für Dal war es keine Heimkehr. Er wollte sich nur eine Atempause verschaffen.

2. KAPITEL

Poppy kaute auf der Innenseite ihrer Unterlippe, als sich der Sportwagen dem Flugplatz vor den Toren Winchesters näherte.

Sie sah den strahlend weißen Jet mit den schmalen marineblauen und weinroten Streifen auf der Rollbahn stehen. Er war aufgetankt, und die Besatzung wartete auf Braut und Bräutigam, die ihre Flitterwochen auf einer Karibikinsel verbringen wollten.

Sie hatte erst vor wenigen Wochen erfahren, dass Randall ein eigenes Flugzeug gehörte, und dass der Jet in einem privaten Hangar in London stand. Poppy war über diese Entdeckung schockiert gewesen und hatte sich gefragt, warum sie nicht früher davon gewusst hatte. Sie kümmerte sich seit Jahren um all seine geschäftlichen Angelegenheiten. Hätte sie nicht wissen sollen, dass er ein Flugzeug samt fest angestellter Besatzung besaß?

„Fliegen wir zurück nach London?“, fragte sie Randall, als sich das elektrische Tor zum privaten Flugfeld öffnete.

„Wird uns die Presse in London erwarten?“, erwiderte er grimmig.

„Klar“, erwiderte sie schwach.

„Dann auf keinen Fall.“

Sein verächtlicher Tonfall jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Diese Seite kannte sie noch nicht an ihm. Randall war stets ein Muster an Selbstbeherrschung und zeigte selten Gefühle. Allerdings war er heute durch die Hölle gegangen.

„Aber wird die Presse nicht überall sein?“, fragte sie vorsichtig.

„Nicht überall, nein.“

„Hast du einen bestimmten Ort im Sinn?“

Er bedachte sie mit einem langen, forschenden Blick. „Ja.“

„Ist es weit?“

„Jedenfalls nicht gerade nah.“

„Du weißt, dass ich meinen Laptop nicht dabei habe“, bemerkte sie eilig, um ihr Unbehagen zu kaschieren. „Der ist in London. Vielleicht können wir einen kurzen Zwischenstopp einlegen …“

„Nein.“

Poppy zuckte zusammen.

Sie wusste, dass er es gesehen hatte, denn der Zug um seinen Mund verhärtete sich, und seine Augen funkelten, als wüsste er um ihre Rolle in dem heutigen Desaster. Doch er konnte es nicht wissen. Nicht einmal Sophie wusste es, und Sophie war es, die auf Renzos Schultern aus der Kirche getragen worden war.

Randall bremste neben dem Flugzeug und stellte den Motor aus. „Heul ruhig, wenn du willst, aber ich habe nicht das geringste Mitleid mit dir.“

„Ich heul doch gar nicht“, fauchte sie.

„Aber so wie ich dich kenne, wirst du es sicher bald.“

Sie wandte den Kopf ab und beschloss, seine Beleidigungen einfach zu ignorieren.

„Ich hab dir vertraut“, brummte er. „Ich hab dir vertraut, und du hast mich enttäuscht.“

Blitzschnell drehte sie sich um und sah ihm ins Gesicht. Es fühlte sich an, als würde er sie mit seinem Blick durchbohren.

Ihr Herz pochte. Ihr Mund wurde trocken. „Tut mir leid.“

„Dann sag mir die Wahrheit. Erklär mir, was da vorhin eigentlich passiert ist.“

„Renzo hat Sophie entführt.“

„So viel habe ich mitbekommen. Ich war dabei. Aber ich will wissen warum. Warum ist er gekommen? Warum ist Sophie mit ihm gegangen? Warum ist sie jetzt bei ihm und nicht bei mir, so wie es abgesprochen war? Du kennst die Wahrheit. Ich denke, es ist nur fair, wenn auch ich sie erfahre.“

Poppys Lippen öffneten sich, doch sie brachte keinen Ton heraus.

Mit finsterer Miene betrachtete er ihr Gesicht, bevor er den Kopf schüttelte. „Ich respektiere deine Loyalität gegenüber Sophie. Ich bewundere Freunde, die füreinander einstehen. Doch in diesem Fall hast du dich für die falsche Seite entschieden, Poppy. Sophie war mit mir verlobt. Sophie hatte versprochen, mich zu heiraten. Wenn du wusstest, dass sie eine Beziehung mit einem anderen Mann hat, hättest du zu mir kommen sollen. Du hättest mich warnen sollen, statt zuzulassen, dass ich bloßgestellt werde.“ Und dann stieg er aus und entfernte sich mit langen Schritten, als könnte er nicht schnell genug von ihr wegkommen.

Poppy atmete bebend aus. Sie musste die Sache in Ordnung bringen, aber wie? Jedenfalls würde sie nicht mit ihm streiten. Sie würde seine Wut aushalten, denn er hatte allen Grund wütend zu sein. Sie würde noch liebenswürdiger und fügsamer sein als sonst, um ihm zu zeigen, wie leid es ihr tat.

Als sie zum Kofferraum ging, um ihre Tasche zu holen, trat ein junger Mann in Uniform neben sie und bot ihr an, sich um das Gepäck zu kümmern. Sie solle an Bord gehen, wo ihr eine Flugbegleiterin helfen würde, sich einzurichten.

Ein wenig unsicher bestieg Poppy das Flugzeug und strich die dunklen Haarsträhnen zurück, die sich aus ihrer komplizierten Hochsteckfrisur gelöst hatten. Sie fühlte sich in ihrem pinkfarbenen Brautjungfernkleid overdressed und nackt zugleich. Sie wünschte sich ein Tuch für ihre nackten Schultern und bequeme Schlappen für die Füße. Aber wenigstens war sie nicht die einzige, die unpassend gekleidet war. Randall trug noch immer seinen Cutaway, auch wenn er die Krawatte gelockert hatte und den obersten Knopf von seinem weißen Hemd geöffnet.

Eine Flugbegleiterin trat aus der kompakten Küche des Jets und begrüßte Poppy lächelnd. „Willkommen an Bord“, sagte sie. „Sie können sich aussuchen, wo Sie sitzen möchten.“

Die Stewardess folgte Poppy den schmalen Gang hinunter, vorbei an einem kleinen Konferenztisch zu einer Sesselgruppe. Die Sessel waren aus edlem weichen Leder mit breiten Armlehnen und schienen sich kippen zu lassen.

Vorsichtig setzte sie sich, und es war tatsächlich sehr bequem.

„Möchten Sie etwas trinken?“, fragte die hübsche, blonde Stewardess. „Ein Glas Champagner? Wir haben eine sehr gute Flasche kaltgestellt.“

„Ich bin nicht die Braut“, erklärte Poppy eilig.

„Ich weiß. Aber die Hochzeit wurde abgesagt, warum nicht das Beste daraus machen?“

„Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist. Ich möchte Randall nicht zu nahe treten.“

„Er hat es selbst vorgeschlagen.“

Poppy lachte nervös. „In dem Fall, ja, ein kleines Gläschen wäre nett. Ich zittere wie Espenlaub.“

Autor

Jane Porter
Bereits in der Grundschule schrieb Jane ihr erstes Manuskript: Es war 98 Seiten lang und wurde von einem Jungen in ihrer Klasse zerrissen. Jane weinte, der Junge musste die zerrissenen Seiten zusammenkleben und kam mit einer Verwarnung davon, während Jane fürs Schreiben im Unterricht bestraft wurde und so lernte, dass...
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