Freundschaft ... oder mehr? - 5 herzergreifende Liebesromane

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  • Erscheinungstag 12.12.2024
  • ISBN / Artikelnummer 9783751532365
  • Seitenanzahl 613
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Kathie DeNosky

Hast du heute Nacht was vor?

1. KAPITEL

Ryder McClain starrte die fünf Männer an, die ihn dämlich grinsend umringten.

Gemeinsam mit ihnen hatte er seine Jugend verbracht – sie alle waren auf der Last Chance Ranch aufgewachsen. Seit dieser Zeit auf der Farm, einem Zuhause für problematische und vom sozialen System fast aufgegebene Pflegekinder, fühlte er sich eng mit ihnen verbunden und liebte sie alle. Auch ohne Blutsverwandtschaft waren sie seine Brüder.

Auch jetzt, da sie längst erwachsen waren, hatte sich daran nichts geändert.

Doch in diesem Moment ärgerte sich Ryder maßlos über sie. „Ich sage es euch jetzt zum letzten Mal, und dann will ich kein Wort mehr davon hören“, sagte er zähneknirschend. „Ich bin mit Summer Patterson zu dieser Party gekommen, weil sie nichts anderes vorhatte. Wir sind Freunde. Punkt. Zwischen uns läuft absolut nichts.“

„Klar, wenn du das sagst, Bruder.“ Jaron Lamberts spöttische Äußerung zeigte, dass er nichts von dem glaubte, was Ryder gerade gesagt hatte. „Wahrscheinlich glaubst du auch noch an den Osterhasen und den Weihnachtsmann, oder?“

„Ich wette hundert zu eins, dass diese Lady andere Pläne hat“, sagte Lane Donaldson, der Diplompsychologe war. Er grinste unverhohlen und wippte abwechselnd auf den Spitzen und Absätzen seiner Krokostiefel. Normalerweise las er in anderen Menschen wie in einem Buch – eine Fähigkeit, die ihm nicht nur in seinem Beruf zugutekam, sondern ihn darüber hinaus zu einem der erfolgreichsten Pokerspieler des amerikanischen Westens machte. Doch diesmal irrte er sich, da war sich Ryder ganz sicher.

„Genau“, bestätigte Sam Rafferty. „Pass auf, sie will dich aus der Herde aussondern und zureiten.“ Er lachte. Als einziger der Pflegebrüder war er bereits verheiratet. Er und seine Frau Bria richteten diese Party aus. Sie feierten, weil sie ihr Eheversprechen erneuert hatten und ein Kind erwarteten.

„Stell dich schon mal drauf ein, Ryder“, scherzte Sam. „Mit deiner Freiheit ist es bald aus und vorbei.“

„Du hoffst ja nur, dass noch einer von uns heiratet, damit jemand dein Schicksal teilt“, konterte Ryder. „Aber ich bin bestimmt nicht der Nächste. Summer und ich sind nichts weiter als gute Freunde, und so soll es auch bleiben. Basta. Und damit Ende der Diskussion.“

T. J. Malloy, der gerade seine Bierflasche austrinken wollte, hielt inne und grinste. „Ryder, was ist los? Hat dich ein wild gewordener Bulle beim letzten Rodeo auf die Hörner genommen? Das würde erklären, dass du das Naheliegende nicht siehst. Oder willst du es nur nicht sehen?“

„Na wenn das so ist … Umso besser und einfacher für mich.“ Nate Rafferty sah zur Tanzfläche hinüber, wo sich Summer mit Bria und deren Schwester Mariah unterhielt. „Dann kann ja ich Summer zum Tanzen auffordern.“

Obwohl er wusste, dass Nate ihn nur aufziehen wollte, hielt Ryder ihn an der Schulter fest. „Vergiss es! Denk nicht mal dran, Romeo.“

„Aha, ich verstehe!“ Lane grinste. „Du willst nicht, dass dir jemand ins Gehege kommt.“

„Was soll das?“, stieß Ryder wütend hervor. „Ich will nur nicht, dass Nate sein übliches Spiel diesmal mit Summer treibt.“ Er mochte seinen Pflegebruder, aber wie dieser mit Frauen umging, gefiel ihm überhaupt nicht. Denn immer, wenn eine Beziehung etwas enger zu werden versprach, machte Nate aus heiterem Himmel Schluss. Dadurch brach er im gesamten Südwesten der USA reihenweise die Herzen der schönsten Frauen.

„Nimm es nicht persönlich, Bruder, aber ein Typ wie du ist das Letzte, was Summer nötig braucht.“

„Da hörst du’s.“ Sam nickte. Er und Nate, unter den sechs Männern die einzigen leiblichen Brüder, waren sich kein bisschen ähnlich. Sam, der Ältere, verkörperte die Ruhe in Person und hatte nicht annähernd den wilden Charakter seines jüngeren Bruders.

Nate zuckte mit den Schultern. „Ich kann nichts dafür, ich mag eben Frauen.“

Missbilligend schüttelte Ryder den Kopf. „Aber Summer lässt du in Ruhe, das rate ich dir. Geh nicht zu weit, sonst bekommst du ein Problem. Und zwar mit mir.“

Um nicht weiter den wissenden Blicken seiner Brüder ausgesetzt zu sein, drehte Ryder sich um und ging weg. Er wollte nicht riskieren, die Beherrschung zu verlieren und mit einer Prügelei den anderen den Spaß an der Party zu verderben.

Das war ein Grund, aber viel wichtiger war, dass er grundsätzlich nie im Zorn die Hand gegen andere erhob. Das war ihm ein einziges Mal in seiner Jugend passiert. Der Vorfall damals hätte um Haaresbreite sein ganzes Leben ruiniert. Seitdem vermied er körperliche Auseinandersetzungen konsequent.

„Ryder?“

Der vertraute Klang einer weiblichen Stimme ließ ihn herumfahren. Vor ihm stand Summer, blond und zierlich, mit den blauesten Augen der Welt.

Er und Summer waren seit einigen Jahren gute Freunde. Auch wenn sich jeder Mann wohl glücklich geschätzt hätte, sie als Frau an seiner Seite zu haben, hatte Ryder vermieden, in ihr etwas anderes als eine Freundin zu sehen. Denn so, wie die Dinge lagen, kam für ihn niemals eine ernsthafte Beziehung infrage.

Sonst hätte er früher oder später so ehrlich sein und seiner Partnerin anvertrauen müssen, warum er auf der Last Chance Ranch aufgewachsen war. Das aber behielt er aus gutem Grund lieber für sich. Manchmal war es das Beste, die Vergangenheit ruhen zu lassen.

Darüber hinaus empfand er die Freundschaft mit Summer als zu kostbar, um sie durch unkalkulierbare Gefühle aufs Spiel zu setzen. Dass Summer über diesen Punkt ebenso dachte, stand für ihn außer Zweifel.

„Stimmt etwas nicht?“, fragte sie in diesem Augenblick besorgt.

Sofort vergaß Ryder, wie sehr er sich eben noch über die Einmischung in seine Privatangelegenheiten geärgert hatte, und lächelte ihr erfreut zu. „Alles in Ordnung. Ich hatte nur keine Lust mehr auf die nervtötenden Albernheiten meiner Brüder.“

„Du Glücklicher! Du hast wenigstens Brüder, die dich nerven. Ich kenne so etwas nicht einmal.“

Ryder bekam ein schlechtes Gewissen. Denn wenn es darauf ankam, hielten alle sechs zusammen wie Pech und Schwefel. Seine Brüder bedeuteten ihm unendlich viel, und es verging kein Tag, an dem er dem lieben Gott nicht für sie dankte.

Summer dagegen war als einziges Kind eines bereits älteren Ehepaares zur Welt gekommen und ohne Geschwister aufgewachsen. Während ihres letzten Jahres auf dem College waren beide Eltern im Privatflugzeug des Vaters ums Leben gekommen. Seit diesem tragischen Unglück stand sie nun völlig allein da. Ryder wusste das, und in dieser Hinsicht tat sie ihm sehr leid.

„Manchmal regen sie mich schon auf“, gab er lachend zu, und der Ärger war verflogen. „Aber nach all den Jahren werde ich sie nicht mehr los, fürchte ich. Mir bleibt keine andere Wahl, als sie weiter zu ertragen.“

Auch Summer lachte. „Das wird das Beste sein, Cowboy. Aber mal im Ernst, deine Familie ist klasse. Ich kenne ja einen Teil deiner Brüder von den Rodeos, bei denen wir zusammengearbeitet haben. Aber Sam, Bria und Mariah bin ich heute Abend zum ersten Mal begegnet. Sie sind alle sehr nett. Ich finde es toll, wie nahe ihr euch alle steht.“

Ryder fiel auf, dass sein Nate Summer fixierte wie ein Wolf ein Schäfchen, das sich von der Herde getrennt hatte.

Warnend blickte Ryder zu ihm hinüber. Dann wandte er sich wieder an Summer und fragte: „Hast du denn heute Abend überhaupt schon getanzt?“

„Nur Line Dance.“ Beim Line Dance tanzten – im Gegensatz zum Paartanz – die Tänzer einzeln in Reihen neben- beziehungsweise hintereinander, ohne sich dabei zu berühren.

Summer schaute kurz zur Tanzfläche, die von Sam und einigen Helfern in der Scheune aufgebaut worden war.

„Hat dich nicht vorhin Sams Vorarbeiter zum Tanz aufgefordert?“, hakte Ryder nach.

„Ja, schon …“, antwortete sie ausweichend. „Aber ich habe abgelehnt. Irgendwie war ich nicht in Stimmung.“

„Darf ich bitten? Vorausgesetzt, es stört dich nicht, dass ich zwei linke Füße habe und das schlechteste Taktgefühl auf dieser Seite des Mississippis … Es wäre mir eine Ehre, mit dir zu tanzen – oder zumindest so zu tun als ob.“

Sie lächelte. „Zwei linke Füße? Dabei dachte ich immer, Cowboys seien besonders smarte Tänzer, vor allem beim Two Step und beim Stroll.“

„Ach weißt du … Tanzen liegt mir nicht wirklich. Dazu fehlt mir das Talent.“ Gerade spielte die Band ein langsames, verträumtes Countrystück. Ryder ergriff die Chance, legte den Arm um Summer und führte sie auf die Tanzfläche.

„Da bin ich aber anderer Meinung“, widersprach sie. „Du bewegst dich sogar sehr elegant, Cowboy.“ Sie legte ihm die Hand auf den Oberarm. „Ich kann das beurteilen. Schließlich habe ich dich schon oft gegen zentnerschwere Bullen fighten sehen. Das ist auch eine Art Tanz, und deine Bewegungen sind ziemlich geschmeidig.“

„Na ja“, wehrte er bescheiden ab. „Darin habe ich Übung. Ist schließlich mein Job.“ Warum fühlte sich ihre Hand so heiß an, als würde sie jeden Moment ein Loch in seine Haut brennen? „Wenn ich mit dem Bullen nicht tanzen würde, würde er den Reiter in Grund und Boden stampfen.“

„Apropos Job. Hast du nicht einen Abschluss in Landwirtschaft?“, fragte sie. „Du könntest zu Hause bleiben und dich in aller Ruhe um deinen Besitz kümmern, anstatt ein gefährliches Leben als Bullfighter zu führen.“

„Ja, ich bin stolzer Absolvent der Texas-A&M-Universität“, bestätigte er lachend.

Mit Summer in den Armen tanzte er eine galante Drehung und vermied so den Zusammenstoß mit einem anderen Tanzpaar. „Zum Glück kann ich mich auf meine Mitarbeiter hundertprozentig verlassen. Mein Vormann hält mich telefonisch auf dem Laufenden und setzt absolut zuverlässig meine Anweisungen um. Das gibt mir die Freiheit, zu den Rodeos zu fahren, um auf leichtsinnige Bullenreiter wie Nate und Jaron aufzupassen.“

Summer blickte ihn stirnrunzelnd an. „Ich glaube, das habe ich dich noch nie gefragt … Warum bist du eigentlich Bullfighter geworden – statt Bullenreiter?“

Bullenreiten galt von jeher als die spektakulärste Disziplin eines Rodeos. Dabei musste es der Reiter schaffen, acht Sekunden lang ohne Sattel auf dem wild springenden und bockenden Tier zu bleiben. Festhalten durfte er sich dabei nur mit einer Hand an einem flachen, um die Schulter des Tieres gelegten Riemen. Die andere Hand musste in die Luft gestreckt werden. Der Reitstil des Cowboys und der Schwierigkeitsgrad des schweren Bullen wurden von zwei Preisrichtern nach Punkten bewertet.

Bullenreiter lebten gefährlich – doch um wie viel mehr galt das für die Bullfighter! Sie waren zu Fuß in der Arena unterwegs und mussten, wenn es darauf ankam, die Aufmerksamkeit des Stieres auf sich lenken. Dabei waren sie traditionell oft als Clowns verkleidet.

„Unser Pflegevater Hank hat oft mit uns fürs Rodeo trainiert. Das hat uns allen großen Spaß gemacht.“

Er lächelte, als er sich daran erinnerte.

„Aber eines Tages hat sich ein Bulle losgerissen und versucht, Jaron niederzumähen. Ohne nachzudenken, bin ich in den Ring gesprungen und dazwischengegangen. Irgendwie habe ich es geschafft, das Tier abzulenken, sonst hätte es meinen Bruder in Grund und Boden gestampft. Anscheinend habe ich mich dabei instinktiv richtig verhalten, denn es ist niemandem etwas passiert. So fing es damals an. Ja, und heute bin ich ein Profi.“

„Mit anderen Worten, du siehst dich gerne als Helden“, stellte sie lächelnd fest.

„Nein, das nicht. Ich brauche einfach nur den Adrenalinstoß“, widersprach er lachend. Das war einfacher, als zuzugeben, dass sein ausgeprägter Beschützerinstinkt für andere Menschen ihn manchmal selbst in Gefahr brachte.

Nach dem Tanz führte er Summer an einen freien Tisch und holte etwas zu trinken. Auf dem Weg zur Bar fühlte er immer noch das Kribbeln an den Stellen, die Summer berührt hatte. Woran lag das nur? So etwas hatte er noch nie erlebt. Hatten ihm seine Brüder mit ihren Anspielungen etwa einen Floh ins Ohr gesetzt?

Aus den Augenwinkeln nahm er wahr, dass seine Brüder ihn interessiert – und immer noch grinsend – beobachteten. Er seufzte.

Ryder war dankbar für das Zusammengehörigkeitsgefühl, das ihnen Hank Calvert auf der Last Chance Ranch vermittelt hatte. In der schwierigen Zeit ihres Heranwachsens hatte der Pflegevater immer wieder betont, wie froh sie später einmal sein würden, eine gemeinsame Geschichte und somit eine eigene Familie zu haben.

Hank hatte recht behalten, denn genauso empfand es Ryder tatsächlich. Meistens zumindest. Aber in Momenten wie diesen konnten Brüder wirklich nerven …

Während Summer auf Ryder wartete, sah sie gedankenverloren den Tänzern beim Line Dance zu. Sie konnte kaum glauben, wie gut es ihr in diesem Augenblick ging. Normalerweise lehnte sie grundsätzlich ab, wenn männliche Kollegen sie einladen wollten, egal wozu und wohin. Sie sagte einfach Nein. Aber bei Ryder war alles ganz anders.

Sie kannte ihn, seit sie den Job als PR-Managerin bei der Rodeo Association angenommen hatte. Auf Anhieb hatten sie sich angefreundet, und aus irgendeinem Grund vertraute sie ihm. Ryder war ehrlich und spielte keine Spielchen. Und obwohl er groß und kräftig war, fühlte sie sich durch ihn nie eingeschüchtert.

Vielleicht hing es damit zusammen, dass er ihr von Anfang an geholfen hatte, zudringliche Kollegen auf Abstand zu halten. Vom ersten Tag ihrer neuen Arbeit an hatte er allen klargemacht, dass sie eine Lady war. Und eine Lady verdiente Respekt. Nie war er ihr anders als zuvorkommend begegnet – er war ein Gentleman vom Cowboyhut bis zur Stiefelspitze.

So war zwischen ihnen eine unkomplizierte Freundschaft entstanden. Dabei hatte Ryder nicht ein einziges Mal mehr von ihr gewollt – eine Tatsache, die ihn erst recht sympathisch machte.

Leider ließ sich das von anderen Männern nicht behaupten. Summer pflegte sie insgeheim in zwei Gruppen einzuteilen: Die einen flirteten offen und ließen keinen Zweifel daran, was sie sich von Frauen erhofften. Gewiss war das kein angenehmes Verhalten, aber die anderen, die vorgeblich harmlosen Typen, waren weitaus gefährlicher. Zu Beginn ließen sie sich lange Zeit nichts anmerken, um dann unvermittelt ihr eigentliches Ziel anzusteuern.

Die Flirter der ersten Gruppe ließen sich meist schnell abschütteln und suchten dann ein anderes Ziel ihrer Begierde. Männer der zweiten Gruppe dagegen waren beängstigend wie Raubtiere und verbargen ihre wahren Absichten hinter einer Fassade von falscher Aufrichtigkeit.

Äußerlich ungerührt schaute sie weiterhin den Tänzern und Tänzerinnen zu, doch eine immer wiederkehrende Erinnerung verursachte ihr eine Gänsehaut. Denn sie hatte durch ein Erlebnis gelernt, gründlich sogar. So gründlich, dass sie dieses nie wieder vergessen würde.

„Darf ich mich zu dir setzen?“, fragte Bria Rafferty. „Ich bin ganz außer Atem vom Tanzen.“

Summer lächelte die hübsche Frau mit den kastanienbraunen Haaren freundlich an. „Klar. Setz dich doch.“ Suchend sah sie sich um. „Wo sind denn die anderen?“

„Sam, Nate, T. J. und Lane diskutieren lebhaft darüber, welche Rinderrassen sich für Rodeos am besten eignen.“ Lachend wies sie auf die andere Seite der Scheune. „Mariah und Jaron debattieren heftig darüber, ob ich einen Jungen oder ein Mädchen bekommen werde.“

„Was wünscht ihr euch denn, du und Sam?“, fragte Summer, während Bria sich setzte.

„Mir ist es egal, Hauptsache, das Kleine ist gesund.“ Bria legte die Hand auf ihren noch flachen Bauch.

„Und Sam?“ Summer meinte, die Antwort im Voraus zu kennen. „Was wünscht er sich?“

„Er gibt es nicht zu, aber ich glaube, einen Jungen.“

Summer lächelte. „Wie die meisten Männer.“

Bria nickte. „Wahrscheinlich können sie sich mit einem Sohn besser identifizieren. Außerdem wollen sie nicht, dass ihr Familienname ausstirbt.“

„Ganz zu schweigen davon, dass das weibliche Geschlecht Männern immer wieder Rätsel aufgibt“, ergänzte Summer. „Warum sollen sie sich ein Kind wünschen, das sie später einmal nicht verstehen werden?“

„Genau“, pflichtete Bria bei.

Als einige der Gäste Bria zu ihrer Schwangerschaft gratulierten, wurde Summer regelrecht neidisch. Denn nichts wünschte sie sich mehr als ein Kind – einen Sohn oder eine Tochter – zum Liebhaben. Seit dem Tod ihrer Eltern sehnte sie sich mit jeder Faser ihres Herzens nach einem Menschen, der ihr nahestand.

Ein Kind zu haben … das bedeutete eine eigene Familie, einen neuen Lebensmittelpunkt. Schon seit Monaten kreisten ihre Gedanken um einen konkreten Plan. Und wenn dieser Plan klappte, würde es schon bald auch für sie so weit sein.

„Wann ist denn dein Termin?“, fragte sie, als sie wieder allein waren.

„Im Frühjahr.“ Bria strahlte.

Also hatte sie zum Glück das gefährliche erste Schwangerschaftsdrittel diesmal bereits überstanden. Ryder hatte erzählt, dass Bria vor einem Jahr eine Fehlgeburt gehabt hatte – ein schwerer Schicksalsschlag für sie und Sam.

Einfühlsam sagte Summer: „Dann wirst du ja bald wissen, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird.“ Würde auch sie eine solch beglückende Ungewissheit erleben? Sie hoffte es inständig.

„Eigentlich haben Sam und ich beschlossen, dass wir es nicht vorher wissen wollen.“ Bria lachte. „Aber je näher der Termin zur Ultraschalluntersuchung rückt, desto mehr kommt Sam ins Wanken.“

„Wieso glaubst du das?“

„Weil er mich immer wieder fragt, ob sich das Baby für mich wie ein Junge anfühlt.“ Gespielt genervt verdrehte sie die Augen. „Als ob ich das wüsste!“

„Männer haben eben keine Ahnung. Es gibt für sie nichts Geheimnisvolleres als eine Schwangerschaft.“

Bria grinste. „Genau“, bestätigte sie.

„Soll ich dir auch etwas zu trinken holen, Bria?“, fragte Ryder und stellte einen Softdrink für Summer und ein Bier für sich auf den Tisch.

„Nein danke. Ich muss mal gucken, wo Sam ist. Wir müssen gemeinsam die riesige Torte anschneiden, die er unbedingt haben wollte.“ Bria erhob sich. „Ich glaube, er will den alten Spruch beweisen, wonach in Texas alles größer ist als anderswo.“

Summer betrachtete die vierstöckige Torte in der Mitte des Buffets. „Könnte durchaus sein“, bestätigte sie lachend.

„Hoffentlich habt ihr genug Platz im Gefrierschrank“, scherzte Ryder, während er sich setzte. „Bestimmt bleibt mindestens die Hälfte davon übrig.“

Bria nickte amüsiert. „Dann brauche ich ein Jahr lang keine neuen Geburtstagstorten für euch zu backen. Ich nehme jedes Mal ein Stück von den Resten, setze eine Kerze drauf und singe ‚Happy Birthday‘.“

„Immer, wenn einer von uns Geburtstag hat, macht sie ein Dinner und eine riesige Torte“, klärte Ryder Summer auf, nachdem Bria sie allein gelassen hatte. „Aber für Jaron gibt’s Kuchen. Er ist ganz versessen auf ihren Apfelkuchen. Natürlich hat der auch die Kerze obendrauf.“

„Ich finde es toll, dass ihr euch so nahesteht.“ Summer seufzte wehmütig. Die letzten Jahre war sie oft allein gewesen, auch an ihren Geburtstagen.

Ryder gegenüber hatte sie nie erwähnt, wie sehr sie darunter litt. Denn wozu hätte ein solches Eingeständnis führen sollen? Mitleid half ihr auch nicht weiter.

Den Job bei der Rodeo Association hatte sie angenommen, um nicht ständig daran denken zu müssen, wie einsam ihr Leben geworden war. Sie reiste von Rodeo zu Rodeo, war also ständig auf Achse und damit abgelenkt.

Dass Ryder sie zu diesem Familienfest mitgenommen hatte, freute sie sehr. Nach allem, was sie hier erlebt hatte, war sie sich erst recht sicher, was ihre Entscheidung betraf. Ja, es fühlte sich richtig an, eine eigene Familie zu gründen.

„Hat euer Pflegevater Hank auch immer mit euch gefeiert, als er noch lebte?“, fragte sie.

Ryder nickte. „Zu allen Feiern hat Bria Hank und auch ihre Schwester Mariah immer eingeladen. Familienleben bedeutet ihr viel, und uns auch. Wir verlieren uns nie aus den Augen.“

Während Summer Ryder aus den Augenwinkeln betrachtete, bewunderte sie ihn im Stillen. Er und seine Pflegebrüder hielten fest zusammen, und sie hatten trotz ihrer schwierigen Jugend in ihrem Leben eine positive Richtung eingeschlagen. Hank, dieser außergewöhnliche Mensch, hatte ihnen geholfen, nach vorn zu sehen. Durch sein Engagement waren alle sechs zu ehrlichen Erwachsenen geworden, die ihren Weg machten. Und sich einander aufs Lebenszeit wie echte Brüder verbunden fühlten.

Nachdem Bria und Sam die Torte, schön verziert mit texanischen Motiven, angeschnitten hatten, war die Schlacht um das beste Stück eröffnet. Die Gäste kamen dieser Einladung nur zu gerne nach.

Ryder stand auf. „Ich hole uns etwas Süßes, und später tanzen wir noch mal, wenn du magst. Und nach der Party fahre ich dich zurück zum Hotel.“

„Hört sich nach einem guten Plan an, Cowboy.“

Er hatte Summer eingeladen, das Wochenende auf seiner Ranch zu verbringen, aber sie bevorzugte die Unabhängigkeit eines Hotelzimmers in der Nachbarstadt.

Erstens redeten die Kollegen bereits über sie, und zweitens wollte sie auf dem Rückweg von der Party mit ihm über ihren Plan sprechen. Da sich nicht vorhersehen ließ, wie Ryder reagieren würde, hätte ein Aufenthalt auf der Blue Canyon Ranch durchaus peinlich für sie werden können.

Eine Stunde später saß Summer neben ihm im Pick-up. Ryder hatte ihr höflich die Tür geöffnet, nun ging er ums Auto herum und stieg ebenfalls ein.

Auf diese Fahrt allein mit ihm hatte Summer seit zwei Wochen gewartet – seit sie beschlossen hatte, ihn um Hilfe zu bitten.

„Ist dir kalt?“, fragte er, nachdem er sich ans Lenkrad gesetzt hatte. „Dann schalte ich die Heizung ein.“

„Nein, alles bestens. Aber danke.“ Summer hatte auf die Temperatur nicht geachtet. Jetzt erst bemerkte sie die abendliche Kühle.

„Hat es dir gefallen?“, wollte er wissen, während er den Motor startete und losfuhr.

„Ja, sehr sogar“, antwortete Summer lächelnd. „Danke, dass du mich mitgenommen hast.“

Nachdem sie den Highway erreicht hatten, schaltete Ryder das Radio ein und suchte nach einem beliebten Sender mit Countrymusik. „Zur nächsten Geburtstagsparty musst du wieder mitkommen.“

„Aber gern! Ich freue mich jetzt schon drauf“, antwortete Summer aufrichtig.

Dann schwiegen beide, ohne dass die Stille unangenehm gewesen wäre.

Während er den Pick-up durch die texanische Nacht mit ihrem wundervollen Sternenhimmel steuerte, betrachtete Summer im Halbdunkel Ryders Profil. Und beglückwünschte sich insgeheim zu ihrer Wahl.

Ryder McClain, von Grund auf ehrlich, unkompliziert und intelligent, war der Beste für das, was sie plante. Und erst jetzt gestand sie sich ein, dass er überdies noch umwerfend aussah.

Mit seinen dunkelbraunen Haaren, den grünen Augen und seinem natürlichen Charme war er ein Mann, wie ihn sich Frauen erträumten. Hinzu kamen die muskulösen Schultern und die breite Brust – wie geschaffen zum Anschmiegen. In seinen starken Armen ließen sich die Schwierigkeiten des Lebens vergessen. Er war ein richtiger Beschützer …

„Summer, alles klar?“

Seine Nachfrage riss sie aus ihren Gedanken, doch sie nickte. „Ich habe nur noch mal den schönen Abend Revue passieren lassen“, flunkerte sie. Wie sollte sie das Thema anschneiden, das ihr auf dem Herzen lag? Sie musste wissen, ob Ryder ihr helfen würde – oder ob sie weitersuchen musste.

Ryder lächelte. „Unsere Familientreffen machen immer Spaß.“

„Auch wenn deine Brüder dich nerven, so wie heute?“

Er lachte sein sympathisches Lachen, das für ihn typisch war. „Ja, sogar dann.“

„Sie haben dich wohl mit Fragen gelöchert?“ Summer konnte sich gut vorstellen, dass sie der Grund dafür war. Durch ihre unterschiedlichen Tätigkeiten bei der Rodeo Association wurden sie nicht oft zusammen gesehen, aber wenn, dann konnten sich die Kollegen Anspielungen meist nicht verkneifen. Kein Wunder, dass seine Brüder in die gleiche Richtung dachten.

Er zuckte die Achseln. „Solange sie das tun, lassen sie sich wenigstens gegenseitig in Ruhe.“ Grinsend fügte er hinzu: „Vor ein paar Monaten hat sich alles darum gedreht, wie dumm und dickköpfig sich Sam Bria gegenüber benommen hat.“

„Hatten sie eine Ehekrise?“

„Ja.“

„Ihr wisst aber viel voneinander. Ist das bei allen Themen so?“ Wenn er sich dafür entschied, ihr zu helfen, wollte sie ihr Projekt eigentlich nicht an die große Glocke hängen.

„Wenn man sich so gut kennt wie wir, ist es schwer, etwas vor den anderen zu verbergen“, antwortete er nachdenklich.

„Heißt das, dass ihr nie Geheimnisse voreinander habt?“

„Natürlich gibt es Dinge, die wir uns nicht erzählen. Aber nicht viele! Warum fragst du?“

Sie hatte absichtlich gewartet, bis sie allein waren. Zum Glück war es dunkel, und sie brauchte ihm deshalb nicht in die Augen zu schauen.

Der entscheidende Moment war gekommen: Sie musste Ryder über ihren Plan in Kenntnis setzen und ihn um Hilfe bitten. Aufgeregt, wie sie war, konnte sie nur inständig hoffen, dass er sie nicht missverstehen, sondern das Ganze richtig auffassen würde. Und natürlich, dass er Ja sagen würde.

„In letzter Zeit habe ich viel nachgedacht“, setzte sie an und wünschte, sie hätte vorher geprobt, was sie sagen wollte. „Ich habe keine Geschwister, meine Eltern sind tot, kurzum … ich sehne mich nach einer Familie.“

„Weiß ich, Darling.“ Tröstend legte er seine Hand auf ihre. „Eines Tages findest du sicher einen Mann, mit dem du zusammenleben und eine Familie gründen möchtest. Und dann bist du nicht nur ein Teil seiner Familie, sondern du hast deine eigene.“

„Das wird nie passieren“, unterbrach sie ihn kühl. „Ich will nicht heiraten. Einen Mann in meinem Leben – außer als Freund – kann ich mir nicht vorstellen.“

Ryder wirkte bestürzt über den brüsken und entschlossenen Tonfall in ihrer Stimme. Bisher hatten sie nie darüber geredet, was jeder von ihnen von der Zukunft erwartete.

Ruhiger sprach sie weiter. „Es ist so … Ich will einen anderen Weg gehen. Heutzutage sind alleinerziehende Mütter ja keine Seltenheit mehr.“

„Hm. Gut, es gibt viele Kinder, die ein gutes Zuhause nötig haben.“ Er nickte verständnisvoll. „Es ist längst nicht mehr so schwer wie früher für eine unverheiratete Frau, ein Kind zu adoptieren.“

„Adoption ist nicht das, was mir vorschwebt.“ Summer starrte hinaus in die Nacht. „Zumindest nicht im Moment. Ich möchte eine richtige Mutter sein und alles selbst erleben, auch die Schwangerschaft.“

„Es dürfte aber schwierig sein, ein Kind zu empfangen – ohne den Faktor Mann“, gab er lächelnd zu bedenken.

„Natürlich, ganz ohne geht es nicht.“ Nun näherten sie sich dem Kern der Sache. „Aber es gibt andere Möglichkeiten als Sex.“

„Ach so, du willst dich an eine Samenbank wenden“, sagte er, offensichtlich völlig vorurteilsfrei, was sie als gutes Zeichen deutete.

„Nein. Ich will den Vater meines Kindes persönlich kennen. Eine Nummer auf einem Reagenzglas und eine Liste der Charaktereigenschaften reichen mir nicht.“

Ryder schaute sie verblüfft an. „Wie soll das gehen? Du willst nicht warten, bis du jemanden kennenlernst, und zur Samenbank willst du auch nicht!“

Ihr Herz klopfte bis unter die Schädeldecke. „Ich denke an eine Samenspende.“

„Hm. Das ist natürlich auch eine Möglichkeit“, räumte er nachdenklich ein. „Denkst du an jemanden Bestimmtes? Kenne ich ihn?“

„Ja.“ Summer nahm all ihren Mut zusammen. „Allerdings. Ich will dich als Vater meines Babys.“

2. KAPITEL

In den dreiunddreißig Jahren seines Lebens war er selten um eine Antwort verlegen gewesen, aber jetzt verschlug es Ryder die Sprache. Er brachte kein Wort heraus. Summer wollte ein Kind von ihm. Das hatte er im Traum nicht erwartet.

Um nicht vor Schreck in den Graben zu fahren, hielt er vorsichtshalber am Straßenrand an.

Fassungslos sah er Summer an. Was um alles in der Welt sollte er antworten? Und woher kam das merkwürdige Gefühl unterhalb der Gürtellinie, das ihm sagte, dass er der Herausforderung durchaus gewachsen war?

Spontan hätte er im ersten Moment fast gelacht, so verrückt erschien ihm ihr Ansinnen. Doch beim Anblick von Summers hübschem Gesicht dröhnte sein Herz plötzlich wie die Basstrommel einer Marschkapelle.

Summer meinte es ernst, das verriet ihr Gesichtsausdruck unmissverständlich. Sie wartete tatsächlich darauf, dass er Ja dazu sagte, der Vater ihres Kindes zu werden!

„Ich weiß, es kommt überraschend“, gab sie zu und senkte den Blick auf ihre ineinander verknoteten Hände. „Aber …“

Zum Glück fand Ryder in diesem Moment die Sprache wieder. „Nein, Summer“, widersprach er. „Überraschend ist zum Beispiel ein unerwartetes Geschenk oder ein Lottogewinn. Das hier ist ein Schock, wie wenn man knöcheltief im Wasser steht und dabei einen Elektrozaun anfasst!“

Langsam nickte sie. „Natürlich, das verstehe ich. So etwas hast du sicher nicht erwartet.“

„Sehr richtig.“

Noch einmal atmete Ryder tief durch. Wie sollte er mit dieser, weiß Gott, unglaublichen Situation umgehen? Er hatte so viele Fragen, dass er nicht wusste, welche er zuerst stellen sollte. Wieso war sich Summer so sicher, dass sie nie den Mann fürs Leben treffen und heiraten würde?

Warum war sie bei der Suche nach einem Vater für das Baby ausgerechnet auf ihn gekommen? Und wie kam sie darauf, dass er ihr tatsächlich dabei helfen würde?

„Darüber müssen wir in Ruhe reden“, stellte er schließlich fest. Vor allem brauchte er Zeit, sich alles durch den Kopf gehen zu lassen. Er startete den Motor erneut und fuhr weiter. „Im Hotel warte ich, bis du deine Sachen gepackt und ausgecheckt hast. Dann fahren wir weiter zur Blue Canyon Ranch.“

„Nein, ich bleibe lieber im Hotel“, lehnte sie mit fester Stimme ab. „Sonst sieht es so aus, als …“

„Wie bitte? Ist das dein Ernst?“, unterbrach er sie. „Du störst dich an dem, was die Leute denken könnten, willst aber, dass ich dir ein Kind mache? Das passt nicht zusammen.“

„Ich will nicht, dass du mir ein Kind machst “, stellte sie klar. „Ich möchte, dass du deinen Samen in einem Becher in der Klinik abgibst.“

Ryder lachte. „Ist doch Haarspalterei, oder? Jedenfalls willst du schwanger werden, und ich soll der Daddy sein.“

„Daddy ist zu viel gesagt. Ich erwarte nicht, dass du mir hilfst, das Kind großzuziehen, oder dass du Unterhalt zahlst. Meine Eltern haben mir genug hinterlassen, sodass ich finanziell unabhängig bin.“

Er unterdrückte einen Kommentar, der sie nur gekränkt hätte. Sie wusste eben doch nicht alles über ihn! Sonst hätte sie nicht gerade eben verlangt, dass er mit ihr ein Kind in die Welt setzte und dann so tat, als wäre nichts geschehen!

Nie im Leben! Das kam für ihn nicht infrage.

„Summer, lassen wir das im Moment. Reden wir lieber in Ruhe auf meiner Ranch darüber.“ Nicht nur, dass sie ein Kind von ihm wollte – sie stellte sich obendrein vor, dass er nach der Zeugung nichts mehr damit zu tun haben sollte! Wirklich ein starkes Stück! Das musste er erst einmal verdauen.

„Nein, ich würde lieber …“

„Betty Lou, meine Haushälterin, ist mit uns zusammen im Haus. Du musst dir also keine Sorgen machen, wonach es aussieht, wenn du zu mir kommst.“ Wenn es ihr so viel ausmachte, was andere dachten – wieso wollte sie dann von ihm schwanger werden? Er verstand es nicht. Noch nicht, aber er würde es herausfinden.

Aber Ja sagen zu dem, was sie ihm da gerade eben vorgeschlagen hatte, würde er nie! Ein solch verantwortungsloses Verhalten ging ihm völlig gegen den Strich. Er musste herausfinden, aus welchem Grund sie ihr Anliegen an ihn herantrug und dabei riskierte, die Freundschaft zwischen ihnen aufs Spiel zu setzten.

Er räusperte sich. „Du musst zugeben, dass das, was du da von mir verlangst, keine Kleinigkeit oder Belanglosigkeit ist. In ein paar Tagen findet das nächste Rodeo statt. Wenn du bis dahin bei mir auf der Ranch bleibst, haben wir Zeit, über alles zu reden.“

Wirklich glücklich war Summer mit dieser Lösung nicht. Trotzdem … es war immerhin eine Chance! „Wenn das der einzige Weg ist, damit du überhaupt darüber nachdenkst …“, stimmte sie zögernd zu.

„Ist es“, antwortete Ryder kurz angebunden. Er wollte keine falschen Hoffungen in Summer wecken, die sie dazu verleiten könnten, doch mit seiner Hilfe zu rechnen. Aber reden wollte er mit ihr. Denn immerhin bestand die Chance, dass sie diesen merkwürdigen Plan aufgab. Sie musste doch einsehen, dass es andere, bessere Möglichkeiten gab, eine Familie zu gründen.

„Also gut. Ich komme mit“, bekräftigte sie.

Während der restlichen Fahrt schwiegen beide.

Nachdem Summer im Hotel ihre Sachen gepackt und ausgecheckt hatte, ging es weiter zum Blue Canyon.

Es war weit nach Mitternacht, als sie auf der Ranch ankamen. In der Dunkelheit zeichneten sich nur die Umrisse des Wohnhauses und der Nebengebäude ab.

Ryder gähnte. „Es ist schon spät. Ich weiß nicht, wie es dir geht, ich jedenfalls bin müde. Gehen wir schlafen, und reden wir morgen weiter.“

Summer nickte. „Das wird das Beste sein.“

Ryder schaltete den Motor ab und sprang aus dem Pick-up und half auch ihr beim Aussteigen. „Ich muss dich warnen, bevor wir ins Haus gehen. Nimm dich vor Lucifer in Acht.“

„Lucifer? Wer ist das denn?“

„Betty Lous Kater“, antwortete Ryder, während er das Gepäck von der Ladefläche holte.

Summer sah zum Ranchhaus. „Oh, er stört mich nicht. Ganz im Gegenteil! Ich mag Tiere sehr.“

Ryder schüttelte den Kopf. „Ihn wohl kaum. Glaub mir, er ist der Teufel selbst.“

„Wieso das denn?“

„Er akzeptiert niemanden in seiner Nähe, nur Betty Lou.“ In der Eingangshalle stellte Ryder die Tasche ab und schaltete die Alarmanlage aus. „Er faucht jeden an, der ihm über den Weg läuft. Und selbst Betty Lou geht an manchen Tagen sehr vorsichtig mit ihm um.“

„Du hast keine Angst vor den größten und gefährlichsten Bullen und lässt dich von einer Katze ins Bockshorn jagen?“, fragte sie ungläubig. Summer lächelte belustigt.

Zum Glück war damit die doch etwas peinliche Situation aufgelockert.

Ryder ging voraus in den ersten Stock. „Mit Rindern kann ich umgehen, aber Lucifer steht auf einem anderen Blatt. Er faucht und kratzt wie ein Minidrache. Oft wartet er auf einem Schrank oder oben auf der Treppe, bis jemand vorbeikommt, und springt ihn dann an.“ Ryder schüttelte die Schultern, als hätte ihn Lucifer durchs Treppengeländer angefallen. „Er hat sich schon so oft auf meinem Rücken festgekrallt, dass ich inzwischen aufpasse, wo ich vorbeilaufe.“

„Trotzdem hast du nichts dagegen, dass Betty Lou ihn behält?“

Auch er hatte schon daran gedacht, das Tier abzuschaffen – meist nach einem dieser schmerzhaften Überfälle. Aber das kam nicht infrage. „Betty Lou liebt ihn. Sie hat ihn nach dem Tod ihres Mannes aus dem Tierheim geholt. Zu dieser Zeit hat sie auch bei mir als Haushälterin angefangen. Damals hatte ich keine Ahnung, dass es Katzen wie ihn gibt. Aber was soll es? Ich mag Tiere, genau wie du. Und außerdem bin ich sowieso oft weg.“

„Das finde ich echt nett von dir.“ Ihre Stimme klang warm.

Ryder zuckte die Achseln. „Was soll ich machen, wenn ihr das Tier so viel bedeutet? Wenn ich zu Hause bin, versuche ich, ihm aus dem Weg zu gehen.“

Sie hatten die Gästezimmer im ersten Stock erreicht.

Vor einem davon blieb Ryder stehen, öffnete die Tür und machte Licht.

Nachdem sie eingetreten waren, stellte Ryder die Tasche neben der Kommode ab. „Gefällt es dir?“, erkundigte er sich. „Wenn nicht, es gibt noch fünf andere Zimmer …“

Sie sah sich um und nickte ihm freundlich zu. „Ich fühle mich hier sehr wohl, Ryder. Hast du den Raum selbst eingerichtet?“

Ryder bemerkte den leisen Spott in ihrer Stimme. „Ja, genau“, erwiderte er grinsend. „Sicher sieht man mir an, dass ich mich mit Vorhängen und Kissenbezügen auskenne.“ Er lachte. „Nein, als ich die Ranch gekauft hatte, habe ich eine Lady aus Waco damit beauftragt, das Haus wohnlich zu gestalten.“

„Das hat sie gut gemacht!“, lobte Summer, während sie über die Patchworkdecke auf dem Bett strich. „Es sieht einladend und behaglich aus. Wirklich schön.“

„Danke.“ Aus irgendeinem Grund freute es ihn, dass ihr sein Zuhause gefiel. „Weißt du eigentlich, wie es dazu kam, dass ich mir die Ranch leisten konnte? Ich habe Anteile an einem Start-up-Unternehmen verkauft. Und diese Anteile hatte ich meinem Zimmergenossen auf dem College zu verdanken.“

„Das war eine sehr gute Geldanlage“, bemerkte Summer.

Ryder grinste. „Kann man wohl sagen. Hast du schon mal von Virtual-Ledger-Computerprogrammen gehört?“

„Klar!“ Sie riss die Augen auf. „Die kennt doch jeder! Gehörst du etwa zu den Gründern?“

Er lachte. „Das nicht direkt. Ich kann einen Computer aufschrauben und damit unbrauchbar machen, mehr aber auch nicht. Die Idee stammte, wie gesagt, von meinem Mitbewohner. Ich hatte den Sommer über etwas Geld bei den Rodeos verdient, das ich ihm gegeben habe. Dafür hat er mir fünfzig Prozent des Geschäfts übertragen. Später, als wir Erfolg hatten, habe ich ihm die Anteile zurückverkauft. Das war nicht schlecht – für uns beide.“

Er atmete tief ein. „Jeder von uns hat bekommen, worauf er gehofft hatte. Mein ehemaliger Mitbewohner ist jetzt der alleinige Inhaber von Virtual Ledger, ich habe die Ranch bekommen und bin finanziell unabhängig. Ich bin mein eigener Herr, kann tun und lassen, was ich mag.“

„Warum arbeitest du weiter in deinem gefährlichen Job als Bullfighter?“

„Jeder Mensch braucht eine Aufgabe, auf die er stolz sein kann. Und außerdem muss ich auf leichtsinnige Dummköpfe wie Nate und Jaron aufpassen.“

Als Summer ein Gähnen unterdrückte, wandte er sich zum Gehen. „Schlaf gut“, sagte er. „Wenn du etwas brauchst – mein Zimmer liegt am Ende des Flurs.“

Summer sah ihn lächelnd an.

Von diesem Lächeln wurde ihm plötzlich seltsam warm ums Herz.

„Danke, Ryder, ich komme klar“, versicherte sie.

Er nickte und beeilte sich, sie allein zu lassen. Was war nur mit ihm los? Er hatte sie doch tausendmal lächeln gesehen, ohne dass ihm dabei irgendwas aufgefallen wäre. Irgendetwas war anders als bisher …

Nachdenklich ging er in sein Schlafzimmer.

Schon beim Tanzen auf der Party hatte sich ihre Hand auf seinem Arm so merkwürdig heiß angefühlt. Auch das konnte er sich nicht erklären.

Und schließlich … Warum löste die Vorstellung, dass sie ein Baby von ihm wollte, ein solch eigenartiges Gefühl unterhalb der Gürtellinie aus?

Als Summer erwachte, drang das Morgenlicht durch die hellgelben Vorhänge. Sie schaute sich in dem freundlich eingerichteten Raum um. Wo war sie? Das hier war keines der üblichen Hotelzimmer in Beige- und Brauntönen … Dann erinnerte sie sich an den Vorabend. Richtig, sie war bei Ryder, auf der Blue Canyon Ranch!

Summer blinzelte. Endlich, nach vielen Wochen hatte sie allen Mut zusammengenommen und Ryder gebeten, ihr zu einem Baby zu verhelfen. Und immerhin hatte er nicht rundheraus abgelehnt.

Sie fand es nur zu verständlich, dass er noch über einiges sprechen wollte. Aber dass er sie zu sich nach Hause eingeladen hatte, machte sie doch sehr nervös.

Und dennoch: Jetzt musst sie ihre Chance nutzen! Wenn sie Ryder versicherte, dass sie keinerlei Verantwortung für das Baby von ihm einfordern wollte, würde er sicher leichter zustimmen.

Sie schlug die Decke zurück, stand auf und ging ins Bad. Während sie duschte, überlegte sie, welchen Punkt Ryder als Erstes ansprechen würde. Würde er wissen wollen, weshalb sie sich so sicher war, nie zu heiraten? Oder würde er zu bedenken geben, dass sie mit fünfundzwanzig keine so weitreichende Entscheidung treffen sollte?

Sie lächelte, denn sie war bestens vorbereitet. Da sie ihn gut genug kannte, um zu wissen, dass er ihr ihren Plan würde ausreden wollen, hatte sie sich entsprechende Argumente zurechtgelegt. Sie würde ihm erklären, wie ernst es ihr war und dass sie sogar bereit war, ein Dokument zu unterzeichnen, das ihn von aller Verantwortung entband.

Summer wollte dieses Gespräch bald führen, sie trocknete sich ab und zog sich schnell an. Dann ging sie nach unten. Auf der Treppe blieb sie stehen, denn auf der Galerie saß der größte grau getigerte Kater, den sie je gesehen hatte. Durch das Geländer starrten sie einander an.

Wie er wohl auf eine Fremde in seinem Reich reagieren würde?

„Bist du Lucifer?“, fragte Summer zurückhaltend. Er würde sie doch hoffentlich nicht anfallen?

Doch zu ihrer Überraschung miaute der Kater, kam zu ihr und strich ihr um die Beine. Vorsichtig streichelte sie sein weiches Fell. Lucifer schnurrte laut und wirkte sehr zufrieden.

„Na, du bist ja gar nicht so wild, wie Ryder dich beschrieben hat“, stellte sie fest, während der Kater den Kopf an ihre Hand schmiegte.

Nach einer Weile ging Summer weiter nach unten, dem Duft von gebratenem Bacon und frischem Kaffee folgend.

Lucifer folgte ihr.

In der Küche saß Ryder am Tisch und trank Kaffee.

„Guten Morgen, Ryder“, sagte Summer lächelnd.

„Morgen.“ Wohlerzogen stand er auf, als sie den Raum betrat. Summers neuer Begleiter Lucifer machte sofort einen Buckel und fauchte ihn laut an.

„Wie ich sehe, geht es ihm gut“, scherzte Ryder kopfschüttelnd. „Möchtest du Kaffee, Summer?“

„Ja gern. Es riecht wunderbar.“

„Mit ein bisschen Milch, wie immer?“, vergewisserte er sich.

Er kannte sie lange und gut genug, um zu wissen, wie sie ihren Kaffee am liebsten trank. Genauso wie sie wusste, dass Ryder seinen schwarz bevorzugte.

„Ja, danke.“ Sie lächelte. „Stell dir vor, ich glaube, Lucifer mag mich. Ich habe ihn sogar gestreichelt.“

„Da siehst du es, Ryder“, sagte eine ältere Frau am Herd, die Summer erst jetzt bemerkte. „Du bist der Einzige, mit dem er ein Problem hat.“

„Keine Ahnung, woran das liegt“, bemerkte er gekränkt. „Dabei mögen mich eigentlich alle Tiere.“

„Vielleicht kann er sich nicht an dich gewöhnen, weil du so oft weg bist“, mutmaßte Summer.

„Möglich.“ Ryder goss ihr eine Tasse Kaffee ein. „Betty Lou Harmon, das ist Summer Patterson, eine gute Freundin“, stellte er die beiden Frauen einander vor.

„Freut mich, Mrs. Harmon.“

„Mich freut es auch, Kind. Aber so förmlich wollen wir nicht miteinander umgehen. Ich bin Betty Lou“, sagte die Haushälterin mit einem sympathischen Lächeln.

„Und ich bin Summer.“

Mit den Silberfäden im Haar, das sie zu einem Knoten zusammengefasst trug, und den freundlichen grauen Augen wirkte Betty Lou mehr wie eine fürsorgliche Großmutter als eine Hausangestellte.

Jetzt wischte sie die Hände an ihrer Schürze ab und wies auf den schweren Küchentisch aus Eichenholz. „Setz dich doch. Ich mache dir Rühreier mit Bacon, Hash Browns, Biskuits und etwas Soße. Ein Teller mit allem Drum und Dran.“

„Ich esse nie viel zum Frühstück.“ Summer nahm auf einem der Holzstühle am Tisch Platz und hoffte, die Frau nicht zu brüskieren. „Normalerweise reicht mir ein Toast und eine Tasse Kaffee.“

„Aber heute solltest du lieber ausreichend frühstücken. Schließlich habt ihr einen langen Ritt zum Canyon vor euch“, sagte Betty Lou und stellte den dampfenden Teller vor ihr auf den Tisch.

„Wir reiten aus?“, fragte Summer enttäuscht. Insgeheim hatte sie gehofft, sie würden auf das Thema vom Vorabend zurückkommen.

„Ja“, bestätigte Ryder und brachte ihr den Kaffee. „Ich habe mir gedacht, ich zeige dir erst einmal die Ranch.“

Als Betty Lou in die Speisekammer ging, um etwas zu holen, flüsterte er: „Dabei können wir uns ungestört unterhalten.“

„Das hätten wir in meinem Hotelzimmer auch tun können.“

Er setzte sich wieder. „Darling, du hast selbst gesagt, du willst nicht, dass die Leute über uns reden“, erinnerte er sie.

Sein vertraulicher Tonfall und der frische Duft seiner Haut ließen ihr Herz höherschlagen. „Wie … wie meinst du das?“, fragte sie, ganz durcheinander von ihren Empfindungen.

„Überleg doch mal: Wonach sieht es denn für andere aus, wenn wir stundenlang in deinem Zimmer sind? Es wird kaum jemand glauben, dass wir nur fernsehen oder reden.“

Daran hatte sie nicht gedacht. „Hm. Da könntest du recht haben“, räumte sie ein.

„Siehst du? Und jetzt iss erst mal was“, forderte er sie auf.

„Und du?“, fragte sie und probierte von den Rühreiern. „Isst du nichts?“

Ryder trank einen Schluck Kaffee. „Ich habe schon vor einer Stunde gefrühstückt.“

Die Rühreier schmeckten köstlich. Summer ließ es sich schmecken, und als sie satt war, räumte Betty Lou den Tisch ab.

Summer lächelte. „Das war lecker. Vielen Dank.“

Die Haushälterin nickte zufrieden. „Jetzt seid ihr erst einmal gestärkt. Und später könnt ihr die Sandwiches essen, die ich für euch gemacht habe.“

„Wir sind bis zum Lunch nicht zurück? Wie weit ist es denn bis zum Canyon?“

„Nicht sehr weit“, versicherte Ryder und lächelte sein Lächeln, das sie so an ihm mochte. „Am Fuß des Canyons fließt ein Bach mit Pappeln am Ufer, wo wir picknicken können. Es ist sehr schön dort.“

Summer fand die Idee großartig. „So etwas habe ich seit Jahren nicht mehr gemacht.“ Mit ihren Eltern war sie oft ausgeritten, aber seit deren Tod nicht mehr.

„Du kannst doch reiten?“, vergewisserte er sich. Als sie nickte, griff er zu seinem Handy. „Dann rufe ich jetzt den Vormann an, damit er uns die Pferde sattelt.“

Eine halbe Stunde später ritten sie über die Weiden, die sich hinter den Stallungen bis zum Horizont erstreckten. Ryder beobachtete, wie Summer ihrer goldbraunen Stute den Hals tätschelte.

Summer … Im herbstlichen Licht glänzten ihre Haare so golden wie die eines Engels. Weiß Gott, sie war eine begehrenswerte Frau!

Wie kam er nur auf solche Gedanken? Nachdenklich runzelte er die Stirn.

Seit er Summer kannte, waren sie nur gute Freunde. Nichts weiter. Bis zur Party von Sam und Bria hatte er es sogar bewusst vermieden, in ihr eine attraktive Frau zu sehen.

Woran lag es, dass sich das geändert hatte? An den Anspielungen seiner Brüder?

Summer wollte jetzt ein Kind von ihm, und das machte die Sache auch nicht einfacher!

Wie auch immer. Jedenfalls konnte er Tag und Nacht an nichts anderes mehr denken als nur an sie.

„Es war eine gute Idee von dir, hierherzukommen, Ryder.“ Ihre Stimme holte ihn in die Gegenwart zurück. „Weißt du, dass ich früher viel geritten bin?“ Oft zusammen mit ihren Eltern, wie sie sich wehmütig erinnerte. „Es machte mir immer einen Riesenspaß. Aber als ich den Job bei der Rodeo Association bekommen habe, habe ich die Farm meiner Eltern und auch die Pferde verkauft.“

„Warum das denn?“, fragte er verwundert. Sie hatte doch gesagt, dass sie genug Geld geerbt hatte, um tun und lassen zu können, was sie wollte. Da war ein solcher Verzicht doch unnötig!

Ihr Schweigen verriet ihm, dass ihr die Entscheidung nicht leichtgefallen war. „Durch den Job bin ich so viel unterwegs, dass es ohne die Farm praktischer ist.“

„Ich weiß, du musst immer schon ein paar Tage bevor ein Rodeo beginnt, vor Ort sein, um Presse- und Interviewtermine und die anderen Werbemaßnahmen zu organisieren. Aber hättest du nicht wenigstens ein oder zwei Pferde behalten und in einem anderen Stall einstellen können? Dann könntest du zumindest reiten, wenn du nach Hause kommst.“

Er verstand natürlich, dass die Farm sie zu sehr an ihre Eltern erinnert hätte. Aber alle Pferde verkaufen – das war etwas, was er selbst nie tun würde.

„Das Problem ist … Ich komme eigentlich nie nach Hause“, gestand sie schulterzuckend. „Ich reise immer von Stadt zu Stadt zum nächsten Event.“

„Und an den Tagen zwischen den Rodeos, an denen wir nichts zu tun haben?“, fragte Ryder erstaunt. Bislang waren sie noch nie gemeinsam zu den Rodeos gereist. Obwohl sie sich gut kannten, gab es anscheinend doch einiges, was sie nicht voneinander wussten.

Er selbst konnte sich ein Leben ohne festen Rückzugsort nicht vorstellen. Die Last Chance Ranch von Hank Calvert war sein Zuhause gewesen, und jetzt war es die Blue Canyon Ranch. Und sein eigenes Heim bedeutete ihm alles, gerade weil es für ihn nie selbstverständlich gewesen war, eines zu haben. Ohne das würde er nicht mehr klarkommen, das wusste er.

„Ich bin … nirgendwo zu Hause.“ Beschämt senkte sie den Kopf. „Ich weiß, das klingt schrecklich. Aber warum Kosten für die Farm meiner Eltern oder für ein Apartment aufwenden, wenn ich sowieso nie da bin?“

Ryder griff in die Zügel der goldbraunen Stute und brachte beide Pferde zum Stehen. „Habe ich dich richtig verstanden? Du lebst ausschließlich in Hotelzimmern?“

Sie nickte.

„Und wo bewahrst du deine Sachen auf?“

„Was nicht in zwei Koffer passt, wie Möbel und Familienerbstücke, habe ich in einer Halle in Topanga, Kalifornien, eingelagert. Das ist nicht weit weg von dem Ort, wo meine Eltern lebten.“

Schweigend ritten sie weiter in Richtung Canyon.

Nach einer Weile fügte Summer hinzu: „Es ist einfach billiger als in einer ungenutzten Wohnung.“

So zu leben, erschien Ryder schlichtweg entsetzlich. Er schüttelte den Kopf. „Das bedeutet ja, du bist heimatlos.“

„Wenn man es so nennen will …“ Sie biss sich auf die Unterlippe, als wollte sie nicht zugeben, wie recht er damit hatte. „Aber solange ich unterwegs bin, stört es mich nicht.“

„Wie lange lebst du schon so?“

„Seit drei Jahren.“

Das hatte er nicht gewusst! In all den Jahren ihrer Freundschaft hätte er nie vermutet, dass sie wie eine Nomadin immer unterwegs war. Unwillkürlich fragte er sich, was es noch in ihrem Leben gab, wovon er nichts ahnte. Und wie zum Teufel stellte sie sich vor, unter diesen Umständen ein Kind großzuziehen?

Schweigend erreichten sie den Rand des Canyons und hielten an, um den Anblick der wundervollen Landschaft in sich aufzunehmen. Dann ritt Ryder mit dem Braunen voraus und führte sie auf dem Pfad abwärts zur Weide.

Während des Abstiegs musste Ryder ständig über Summers entwurzelte Situation nachdenken. Wollte sie das Baby, nach dem sie sich so sehnte, etwa in Hotels großziehen? So etwas war nicht gut für ein Kind!

Er musste unbedingt herausfinden, was hinter diesem ungewöhnlichen Kinderwunsch wirklich steckte. Denn aus eigener leidvoller Erfahrung wusste er nur zu gut, wie dringend Kinder ein Zuhause brauchten.

An der Stelle am Flussufer, die er für das Picknick ausgesucht hatte, brachte er den Wallach zum Stehen. „Na, gefällt es dir?“, erkundigte er sich.

„Und wie! Es ist herrlich hier. Und so schön schattig.“ Sie wies auf eine Pappel, die ihr besonders gefiel. „Unter diesem Baum sollten wir uns niederlassen, fin...

Autor

Kathie De Nosky
<p>Kathie DeNosky stellt ihren Wecker oft auf 2 Uhr morgens, um wenigstens einige Stunden in Ruhe arbeiten zu können, bevor der Rest der Familie erwacht. Während dann in ihrem Büro leise Countrymusik erklingt, schreibt sie an ihren Romances, denen eine ganz besondere Mischung aus Sinnlichkeit und Humor zeigen ist. Sie...
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