Gefährliche Affäre am Mittelmeer

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Dieser arrogante Banker reizt sie bis aufs Blut: Das schöne Model Tara will nichts mit Marc Derenz zu tun haben! Doch dann macht der Milliardär ihr ein unmoralisches, aber höchst lukratives Angebot: Tara soll eine Woche zu ihm an die Côte d’Azur kommen und dort seine Geliebte spielen. So will er die Frau seines besten Freundes entmutigen, mit ihm zu flirten. Aber als Marc sie aus heiterem Himmel küsst, beschleicht Tara ein gefährlicher Verdacht: Streiten sie nur immer wieder so heftig, weil sie sich in Wirklichkeit heiß begehren?


  • Erscheinungstag 27.08.2019
  • Bandnummer 2403
  • ISBN / Artikelnummer 9783733712419
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Zusammen mit den anderen Models, mit denen sie eben noch über den Laufsteg geschritten war, glitt Tara in den opulenten Festsaal des luxuriösen Hotels im Londoner West End. Sie alle waren noch immer in exklusive Designerabendkleider gehüllt, die sie den wohlhabenden Gästen dieser privaten Modenschau aus nächster Nähe präsentieren sollten.

Als sie an dem üppigen Buffet vorbeiging, gab ihr Magen ein vernehmliches Knurren von sich, das sie jedoch ignorierte. Ob es ihr nun gefiel oder nicht, ihre Arbeit als Model verlangte, dass sie sich an einen strikten Diätplan hielt, damit sie ihre schlanke Figur behielt. Wieder normal essen zu können, war eines der Dinge, auf die sie sich am meisten freute, sobald sie diesen Job erst einmal an den Nagel gehängt hatte und aufs Land gezogen war. Danach sehnte sie sich schon lange. Und ihr Traum von einer Flucht aus der Großstadt rückte immer näher – die Flucht in ein Cottage im tiefsten Dorset, die Haustür von Rosen umrankt, das Dach mit Stroh gedeckt. Es war das Haus ihrer Großeltern gewesen, nach deren Tod aber in Taras Besitz übergegangen.

In ihrer Kindheit und Jugend war es das einzige Zuhause gewesen, das sie gekannt hatte, denn ihre Eltern arbeiteten beide für die Armee im Ausland. Als Tara acht Jahre alt war, wurde sie auf ein Internat geschickt, und von da an waren es ihre Großeltern gewesen, die ihr die Wärme und Stabilität gegeben hatten, die ihre Eltern ihr berufsbedingt nicht schenken konnten. Jetzt war sie fest entschlossen, das Cottage zu ihrem endgültigen Zuhause zu machen. Sie verwendete jeden Penny, den sie verdiente, für die notwendigen Reparaturen und Sanierungen, die ein so altes Haus brauchte, von einem neuen Dach hin bis zu den Leitungen – es gab kaum etwas, das nicht erneuert werden musste.

Nun war es fast fertig, und sie würde endlich einziehen können! Alles, was sie noch brauchte, waren zehntausend Pfund für ein neues Bad und eine moderne Küche.

Aus diesem Grund nahm sie jedes Angebot an, als Model zu arbeiten – einschließlich der heutigen Veranstaltung.

Tara konnte den Einzug kaum abwarten. Der Glamour der Modewelt hatte sich schon längst abgenutzt, und sie empfand ihre Arbeit nur noch als anstrengend und stumpfsinnig. Hinzu kam, dass sie es mehr und mehr hasste, zur Schau gestellt zu werden und so die Aufmerksamkeit von Männern auf sich zu ziehen, die sie nur begehrten, weil sie Model war.

Schnell versuchte sie, diese Gedanken zu vertreiben. Jules gehörte schon lange der Vergangenheit an, sie war endgültig über ihn hinweg. Damals war sie jung und naiv gewesen und hatte geglaubt, dass er sich wirklich etwas aus ihr machte – dabei war sie die ganze Zeit wie eine Trophäe für ihn gewesen, mit der er vor seinen Freunden angeben konnte.

Seither war sie auf der Hut. Sie hatte ihre Lektion gelernt und würde nie wieder als Vorzeigefrau für einen Mann herhalten.

Ihre Vorsicht sorgte dafür, dass Tara oft abweisend wirkte, was viele Männer trotz ihrer Schönheit abschreckte. Ihr war es nur recht. Sie hatte ohnehin keine Lust, sich auf eine Affäre einzulassen. Manchmal glaubte sie, dass die emotionale Distanziertheit ihrer Eltern auf sie abgefärbt hatte. Außerdem hatten sie ihr immer eingeschärft, für sich selbst einzustehen und sich von niemandem einschüchtern und blenden zu lassen.

Ganz sicher würde sie sich nicht von den Leuten blenden lassen, die sich heute Abend hier versammelt hatten, Champagner in sich hineinschütteten und teure Designerkleider kauften, als wäre es ein Klacks. Nur weil sie in Geld schwammen, waren sie keine besseren Menschen als sie – ganz sicher würde Tara nicht zulassen, dass irgendjemand sie behandelte, als wäre sie eine wandelnde Schaufensterpuppe!

In stolzer Haltung und mit undurchdringlicher Miene setzte sie ihren Gang durch den Saal fort, um das zu tun, wofür sie bezahlt wurde. Bald würde der Abend vorbei sein, und sie würde endlich von hier verschwinden und nach Hause gehen können.

Marc Derenz nippte an seinem Champagner, verlagerte unruhig das Gewicht von einem Bein auf das andere und reagierte höflich auf das, was Hans Neuberger gerade zu ihm gesagt hatte. Seine Stimmung war düster und verschlechterte sich mit jeder Minute, doch das würde Marc seinen Gesprächspartner niemals spüren lassen.

Hans war ein enger Freund von Marcs verstorbenem Vater gewesen und hatte Marc in der furchtbaren Zeit, nachdem seine Eltern bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen waren, eng zur Seite gestanden. Es war Hans gewesen, der dem damals zwanzigjährigen Marc dabei geholfen hatte, sich in so jungen Jahren in dem komplexen Gewirr zurechtzufinden, das das gigantische Familienerbe für ihn bedeutete.

Der Besitzer einer großen Maschinenbaufirma hatte seine unternehmerische Erfahrung mit ihm geteilt, hatte seinen Schützling immer klug beraten. Das und seine Großherzigkeit würde Marc ihm nie vergessen. Er empfand dem älteren Mann gegenüber eine Loyalität, die einzigartig war in seinem Leben. Denn seit dem Tod seiner Eltern hatte er jegliche emotionalen Bindungen aus seinem Leben verbannt.

Allerdings war es genau diese Loyalität, die ihm gerade Probleme bereitete. Vor achtzehn Monaten, kurz nachdem seine erste Frau an Krebs gestorben war, hatte Hans sich zu einer überhasteten zweiten Ehe mit einer Frau hinreißen lassen, die es in Marcs Augen ausschließlich auf Hans’ Vermögen abgesehen hatte – und Schlimmeres.

Celine Neuberger war heute Abend hier, um ihrer ohnehin umfangreichen Garderobe ein weiteres Stück hinzuzufügen. Sie hatte Marc gegenüber keinen Hehl daraus gemacht, dass sie ihren reichen, aber älteren Mann ermüdend und langweilig fand, jetzt, da sie ihn am Haken hatte. Genauso wenig hatte sie verschwiegen, dass sie für Marc ganz anders empfand …

Marc presste die Lippen zusammen. Gerade ließ Celine ihren hungrigen Blick über ihn gleiten, obwohl er sie ignorierte, doch das schreckte sie nicht ab. Wäre sie nicht Hans’ Frau, so hätte Marc sie eiskalt abblitzen lassen. Diese Kälte hatte er sich früh aneignen müssen, nachdem er die Milliarden der Derenz’ geerbt hatte.

Viele Frauen waren mehr als erpicht darauf, seinem Vermögen so nahe wie irgend möglich zu kommen, idealerweise, indem sie Madame Derenz wurden.

Oh, sicher würde es irgendwann eine Madame Derenz geben – wenn es an der Zeit war, zu heiraten, um eine Familie zu gründen. Aber es würde eine Frau sein, die ebenso wohlhabend war wie er.

Diesen Rat hatte ihm sein Vater gegeben. Sein Sohn sollte es genauso machen wie er. Marcs Mutter hatte selber viel Geld geerbt. Auch bei einer reinen Affäre sollte Marc darauf achten, sich eine Frau aus seiner eigenen Gesellschaftsschicht auszusuchen – das sei am gefahrlosesten.

Marc wusste, dass sein Vater recht gehabt hatte – dennoch hatte er einmal den Fehler gemacht, seinen Rat zu ignorieren.

Jetzt wandte sich Celine Neuberger eifrig an ihn. Er war froh, dass sie seine Gedankengänge an diesem Punkt unterbrach, denn das war eine Zeit in seinem Leben gewesen, an die er sich nicht erinnern wollte. Damals war er jung gewesen, voller Vertrauen und hatte dafür einen hohen Preis gezahlt. Das würde ihm nie wieder passieren.

Doch was Celine ihm zu sagen hatte, ließ seine Laune nur noch schlechter werden.

„Marc, habe ich dir eigentlich erzählt, dass Hans mir versprochen hat, eine Villa an der Côte d’Azur zu kaufen? Und ich hatte eine einfach großartige Idee!“

Celines überdrehter Tonfall zerrte an seinen Nerven.

„Während wir nach dem richtigen Haus suchen, wohnen wir bei dir in deiner Villa auf Cap Pierre! Was hältst du davon?“

Alles in Marc stäubte sich bei dieser Aussicht, doch er steckte in einer Zwickmühle. Als seine Eltern noch gelebt hatten, waren Hans und seine damalige Frau häufig zu Gast in der Villa Derenz gewesen. Es waren fröhliche Treffen gewesen, bei denen Marc die Gesellschaft von Bernhard, Hans’ Sohn, genossen hatte. Sie hatten zusammen am Pool getobt oder waren unterhalb der zerklüfteten Küste von Cap Pierre im Meer schwimmen gegangen. Was für eine unbeschwerte Zeit …

Marc verspürte einen schmerzhaften Stich, als er voller Nostalgie an jene sorgenfreien Tage dachte. Resigniert und mit einem unechten Lächeln auf den Lippen war „Bien sur! Das wäre sehr schön“ alles, was er jetzt entgegnen konnte. Er gab sich Mühe, aufrichtig zu klingen, obwohl er es alles andere als schön fand, Zeit mit der aufdringlichen Celine verbringen zu müssen. Die er sich dann die ganze Zeit vom Leib würde halten müssen.

Celine trieb es noch weiter, wandte sich an ihren Ehemann: „Darling, wenn du nicht möchtest, musst du nicht länger bleiben – Marc kann mich später zu unserem Hotel bringen.“

Dankbar sah Hans Marc an. „Das wäre lieb von dir. Ich muss Bernhard wegen der anstehenden Vorstandssitzung anrufen.“

Wie sollte Marc sich weigern, ohne Hans den wahren Grund dafür zu nennen?

Nachdem Hans gegangen war, war Celine wie vorherzusehen nicht mehr zu halten. „Nun sag schon“, gurrte sie, „welches Kleid würde mir am besten stehen?“ Sie deutete auf die defilierenden Models.

Marc, der sich darüber im Klaren war, dass sich seine Laune mit jeder Sekunde, die er in dieser unmöglichen Situation gefangen war, verschlechtern würde, suchte nach einem Model ganz in ihrer Nähe, egal, was es trug. Er war entschlossen, Celine keinen Augenblick länger als notwendig auf dieser Veranstaltung zu ertragen.

Doch als er den Blick schweifen ließ, war jeder Gedanke an Celine plötzlich verschwunden.

Während der Modenschau hatte er keinen Blick an die Frauen verschwendet, die auf dem Laufsteg auf und ab gingen, sondern sich auf sein Smartphone konzentriert. Jetzt aber konnte er den Blick nicht von dem Model nehmen, das ganz in ihrer Nähe stand.

Hochgewachsen und extrem schlank – das waren alle Models hier. Doch keines war so hinreißend wie diese Frau mit dem üppigen rotbraunen Haar, das sie locker hochgesteckt trug.

Sie hatte ein perfektes Profil – und war umwerfend schön mit hohen Wangenknochen, nahezu türkisfarbenen Augen und wundervoll geschwungenen, vollen Lippen. Ihre Miene war ausdruckslos, sie war hier, um einen Job zu machen. Während Marc sie betrachtete, reagierten alle seine männlichen Antennen – auf jeder Frequenz.

Er hob die Hand, um sie zu sich zu winken. Erst glaubte er, sie hätte ihn nicht bemerkt, weil sie einfach weiter umherging wie ihre Kolleginnen, dann aber versteifte sich ihre Körperhaltung, und sie kam auf ihn zu. Marc konnte den Blick nicht von ihr nehmen.

Seine Gedanken überschlugen sich. Okay, sie war Model – was bedeutete, dass sie für ihn niemals infrage käme, denn ein Model hatte so gut wie nie einen familiären und finanziellen Hintergrund, der seinem ähnlich war. Trotzdem, diese Frau hier …

Was immer es war, das sie so besonders machte – es fiel ihm gefährlich schwer, sich die Regeln ins Gedächtnis zu rufen, die er aufgestellt hatte.

Als sie sich Marc näherte, fühlte er sich vollends von ihr in den Bann gezogen. Dieu, sie war einfach atemberaubend! Jetzt stand sie genau vor ihm, kaum einen Meter von ihm entfernt.

Schamlos taxierte er sie, weidete sich an ihrer unglaublichen Schönheit – bis er ein Blitzen in ihren Augen bemerkte, als würde sie sich über seine aufdringliche Musterung ärgern.

Was wiederum ihn ärgerte. Was genau war ihr Problem? Sie war Model und wurde dafür bezahlt, sich in noblen Designerklamotten zu präsentieren. Obwohl sie seinetwegen auch einfach einen Sack hätte tragen können – es war ihr umwerfendes Aussehen, das seine Aufmerksamkeit erregte, nicht ihr Kleid.

Doch im nächsten Moment kam er wieder zur Vernunft. Es spielte keine Rolle, wie wunderschön sie war. Es gab nur einen einzigen Grund, warum er sie zu sich gebeten hatte, Interesse an ihr zeigte.

„Was hältst du von diesem hier?“

Er wandte sich an Celine. Je eher er diese fürchterliche Frau dazu brachte, Hans’ Geld für ein Kleid zu verschwenden – egal welches –, desto schneller würde er sie in ihr Hotel zurückbringen und für den Rest des Abends vergessen können.

Sein Blick wanderte zurück zu dem Model. Das Kleid, das sie vorführte, war aus bordeauxfarbener Rohseide, schmiegte sich eng um ihre Brüste und ihren schlanken Körper. Wieder spürte Marc diese unmittelbare Reaktion auf ihre unfassbare Schönheit. Und wieder versuchte er, sie zu unterdrücken, vergebens.

„Hmm …“, meinte Celine zweifelnd. „Die Farbe ist zu dunkel für mich.“ Mit einer lässigen Handbewegung wollte sie das Model wegschicken.

Doch Marc hielt die Frau zurück. „Drehen Sie sich bitte einmal um“, wies er sie an. Das Kleid war ein Meisterstück, und er wollte wissen, wie es von hinten aussah.

Erneut nahm er in ihren blaugrünen Augen dieses Blitzen wahr, und wieder wunderte Marc sich darüber. Jetzt vollzog sie eine geschmeidige Drehung und ließ ihn sehen, dass das Kleid fast vollständig rückenfrei war. Mark bewunderte ihren zarten Knochenbau und die sanft schimmernde helle Haut. Als sie sich wieder zu ihm umdrehte, bemerkte er ihren Gesichtsausdruck, der eindeutig feindselig war.

Was ist bloß los mit ihr? fragte er sich. In ihm flackerte Ungeduld auf. Wieso reagierte sie so? daran war er nicht gewöhnt – seiner Erfahrung nach gierten die meisten Frauen regelrecht nach seiner Aufmerksamkeit! Normalerweise hatte er Mühe, sie auf Distanz zu halten. Ohne eitel zu sein, wusste er, dass es nicht nur sein Reichtum war, der sie anzog. Mutter Natur hatte es gut mit ihm gemeint und ihn mit einer hochgewachsenen Statur, einem gut gebauten Körper und ebenmäßigen Gesichtszügen ausgestattet. Darauf fuhren die meisten Frauen ab.

Bis auf die Frau, die jetzt vor ihm stand. Wieder verspürte er den Anflug von Ungeduld, als er in ihr ausdrucksloses Gesicht blickte.

Kurz glaubte er, hinter dieser Fassade etwas anderes zu entdecken. Etwas, das nichts mit Feindseligkeit zu tun hatte …

Doch dann war es verschwunden, und Celine quengelte: „Marc, chérie, es gefällt mir wirklich nicht.“

Wieder schickte sie das Model mit einer Handbewegung weg, und die Frau entfernte sich mit schnellen Schritten. Marcs Blick folgte ihr, als sie in der Menge verschwand.

Zu schade, dass sie Model war …

Denn trotz ihres faszinierenden Aussehens, das es geschafft hatte, seine schlechte Laune zu vertreiben, durfte er sich auf diese Schönheit mit den blitzenden Augen auf keinen Fall einlassen, wie er nur zu gut wusste.

Sie entstammt nicht derselben Welt wie du – lass sie gehen.

Dommage.

Schade.

Tara eilte so schnell sie konnte zur gegenüberliegenden Seite des Saals. Ihr Herz raste, und sie wusste auch, warum.

Sie schloss die Augen und versuchte, ihre Umgebung auszublenden – ebenso wie die widersprüchlichen Emotionen, die in ihrem Inneren tobten und um die Vorherrschaft rangen.

Im ersten Moment hatte sie sich überwältigt gefühlt, als dieser Mann sie angesehen hatte … beziehungsweise, als sie ihn zum ersten Mal gesehen hatte. Bei der Modenschau war er ihr jedenfalls nicht aufgefallen, aber sie schaute niemals ins Publikum, wenn sie auf dem Laufsteg war. Hätte sie es getan, so würde sie sich auf jeden Fall an ihn erinnern …

Noch nie hatte der Anblick eines Mannes sie derart machtvoll und unmittelbar berührt. Groß, dunkel und gefährlich! Das schwarze Haar war kurz geschnitten, der Gesichtsausdruck ernst und entschlossen, die Nase gerade, der Unterkiefer kräftig. Um den ebenmäßigen Mund lag ein strenger Zug. Und er hatte Augen, die einen zu hypnotisieren schienen.

Sein Blick hatte ihr ganz eindeutig verraten, dass ihm gefiel, was er sah.

Ein elektrisierendes Prickeln überlief sie, doch dann ergriff ein völlig anderes Gefühl von ihr Besitz, und das Prickeln verebbte.

Es hat ihm so gut gefallen, dass er mit den Fingern geschnippt und mich zu sich zitiert hat, damit er mich begutachten konnte!

Na schön, er hatte nicht wirklich mit den Fingern geschnippt – aber sein gebieterisches Winken war genauso schlimm gewesen! Ebenso erniedrigend wie die Art, mit der er sie so unverhohlen gemustert hatte und …

Und es war nicht das verdammte Kleid, für das er sich interessiert hat.

Wieder durchströmte sie das elektrisierende Gefühl. Als wäre sie erneut seinen bewundernden Blicken ausgesetzt …

Rasch rief sie sich zur Ordnung. Hör auf damit, sofort! sagte sie sich. Sie hatte sich über ihn geärgert, na und? Diese Blondine mit Kriegsbemalung in seiner Begleitung hatte sie genauso von oben herab behandelt und einfach weggewunken. Warum sich also darüber ärgern, dass er sich genauso benommen hatte?

Und was zählte es schon, dass sie völlig übertrieben auf die physische Ausstrahlung dieses Mannes reagiert hatte? Er und Blondie entstammten einer Welt, der sie nicht angehörte und die sie immer nur von außen betrachteten würde – wie bei dieser privaten Modenschau. Was sie daran erinnerte …

Tara gab sich einen Ruck, öffnete die Augen und setzte ihr Defilee mit ausdrucksloser Mine fort, um ein Kleid vorzustellen, das sie sich nie im Leben würde leisten können. Sie war hier, um zu arbeiten, um Geld zu verdienen.

Ach, wenn sie doch nur auf dieser Seite des Saals bleiben könnte … Weit weg von dem Mann, der für den Aufruhr in ihrem Inneren verantwortlich war.

„Marc, chérie, das hier ist perfekt! Findest du nicht?“

Celine sprach säuselnd, doch ihre Stimme schmerzte in seinen Ohren wie das Kratzen von Fingernägeln auf einer Tafel. Immerhin aber schien es, als hätte Hans’ Frau ein Kleid gefunden, das ihr gefiel. Sie strich verzückt über goldenen Satin und würdigte das Model, das das Kleid vorführte, keines Blickes. Die Frau lächelte Marc hoffnungsvoll an, doch er ignorierte sie. Er war nicht im Mindesten interessiert.

Sie ist nicht wie die andere.

Schnell verbot er sich den unangemessenen Gedanken und konzentrierte sich auf sein aktuelles Problem: wie er Hans’ Frau loswerden konnte.

„Perfekt“, stimmte er erleichtert zu. Konnten sie jetzt endlich hier raus?

Seine Erleichterung war nur von kurzer Dauer. Besitzergreifend schlang Celine die Finger mit den rot lackierten Nägeln um seinen Arm.

„Ich habe gesehen, was ich sehen wollte. Ich werde einen Termin für die Änderungen des Kleids arrangieren, solange Hans und ich noch in London sind. Aber jetzt …“ Sie schenkte Marc ein gewinnendes Lächeln. „Sei ein Engel und führ mich zum Essen aus! Danach könnten wir noch in einen Klub gehen.“

Marc hatte nicht vor, den Rest des Abends mit Celine zu verbringen. Er war noch nie gut darin gewesen, seine Stimmungen zu verbergen, und heute Abend stand er kurz davor, zu explodieren. Es war einfach unerträglich, den alten Freund seines Vaters in den Fängen dieser fürchterlichen Frau zu sehen. Warum um alles in der Welt hatte Hans sie nicht durchschaut?

Eine Erinnerung holte ihn ein. War er selbst nicht einmal genauso blind gewesen?

Schön, er konnte sich einreden, dass er jung und naiv und viel zu vertrauensvoll gewesen war, trotzdem hatte er sich zum Narren halten lassen. Marianne hatte gewusst, wie sie mit ihm umgehen musste und seine jugendliche Bewunderung und Gefühle für sie meisterlich zu nutzen gewusst – Gefühle, die sie innerhalb eines einzigen Augenblicks brutal verraten hatte.

Er war in ihr Lieblingsrestaurant in Lyon gegangen. Marianne hatte geglaubt, er wäre noch in Paris, und dann hatte er sie dort gesehen …

Mit einem anderen Mann. Älter als Marc, der gerade einmal zweiundzwanzig gewesen war. Älter und viel reicher.

Damals hatten Marcs Eltern noch gelebt, und Marc war nur der angehende Erbe des Derenz-Vermögens. Der Mann, mit dem Marianne turtelte, war über vierzig und noch reicher als Marcs Vater. Marc hatte sie angestarrt, während ihm das Blut aus dem Gesicht wich und er spürte, wie etwas in ihm abstarb.

Dann hatte Marianne auch ihn entdeckt. Anstatt ihm eine Erklärung zu liefern, hatte sie nur ihr Champagnerglas genommen und spöttisch in seine Richtung gehoben, sodass er sah, wie sich das Licht in ihrem neuen riesigen Diamantring brach.

Kurz darauf war sie die dritte Frau des Mannes geworden, mit dem sie essen gewesen war. Und Marc hatte eine Lektion gelernt, die er nie wieder vergessen würde.

Jetzt sagte er knapp: „Ich bin heute schon zum Abendessen verabredet.“

Hans’ Frau gab sich unbeeindruckt. „Ach, wenn es ein Geschäftsessen ist, werde ich dir Gesellschaft leisten“, versicherte sie leichthin, ohne den Druck von seinem Arm zu nehmen. „Ich lasse genug von Hans’ totlangweiligen Geschäftsessen über mich ergehen, um zu wissen, wie man sich benimmt“, fügte sie gehässig hinzu. „Danach könnten wir immer noch in einen Klub gehen.“

Marc schüttelte den Kopf. Es wurde höchste Zeit, Celine in die Schranken zu verweisen. „Nein, es ist kein Geschäftsessen“, erwiderte er und ließ sie ihre eigenen Schlüsse ziehen.

Sie kniff die Augen zusammen. „Ich weiß, dass du momentan mit niemandem zusammen bist. Davon hätte ich sonst gehört.“

„Das wirst du schon noch, da bin ich mir sicher“, antwortete Marc angespannt.

Er hatte keine Lust auf eine Diskussion. Er wollte Celine nur loswerden, bevor er die Geduld verlor.

„Und, wer ist sie?“, wollte sie wissen.

Marc wollte weg von hier – sofort – und Celine zu ihrem Hotel bringen. Egal wie, Hauptsache schnell.

Also sagte er das Erstbeste, was ihm in dieser unerträglichen Situation einfiel. „Eines der Models hier.“

„Ein Model?“

Sie betonte das Wort abschätzig. In Celines Augen waren Frauen, die nicht reich waren – oder die nicht mit reichen Männern verheiratet waren –, schlichtweg nicht existent. Vor allem solche, die das Interesse von Männern wie Marc Derenz wecken könnten.

Ihr Blick wurde verdrießlich. „Und welche?“ Sie fühlte sich ausgebootet und wollte ihn herausfordern.

Der Herausforderung musste er sich stellen „Die mit dem Kleid, das du nicht mochtest.“

„Die? Aber sie hat doch geradezu durch dich hindurchgesehen!“

„Es wird erwartet, dass die Models Arbeit und Privates trennen.“

Noch während er das sagte, verfluchte er sich innerlich. Warum nur hatte er behauptet, es sei ausgerechnet diese Frau? Die in seiner Gegenwart so kalt wie Eis gewesen war?

Doch er wusste, warum. Er versuchte noch immer, sie aus dem Kopf zu bekommen – ohne dass es ihm gelang. Ihm war bewusst, dass er die ganze Zeit in dem vollen Saal nach ihr Ausschau gehalten hatte. Nicht nur sein eigenes Verhalten ärgerte ihn, sondern auch die Tatsache, dass er die Frau nirgends entdecken konnte.

Hält sie sich absichtlich von mir fern?

Der Gedanke wollte sich nicht vertreiben lassen und rief widersprüchliche Emotionen in ihm hervor. Dabei dürfte er sich gar nicht für sie interessieren! Es gab gute Gründe für die Regeln, nach denen er seit Marianne gelebt hatte. Aber obwohl er sich das ins Gedächtnis rief – er wollte die Frau unbedingt noch einmal sehen.

Und mehr als das.

Noch ein Gedanke kam ihm. War er so versessen auf sie, weil sie nicht umgehend – und freudig – sein eindeutiges Interesse erwidert hatte? Hatte ihn das nicht nur überrascht, sondern auch fasziniert?

Ihm blieb keine Zeit, länger darüber nachzugrübeln, denn jetzt begann Celine zu drängeln.

„Nun, dann stell mich ihr doch vor, chérie!“, forderte sie.

Es war offensichtlich, dass sie ihm nicht glaubte. Marc presste die Lippen zusammen. Er würde sich von Hans’ treuloser Frau nicht vorführen lassen. Auch würde er keine Minute länger als nötig in ihrer Gesellschaft verbringen.

Mit einem gezwungenen Lächeln erwiderte er: „Natürlich. Einen Moment bitte.“ Widerwillig durchquerte er den Saal. Seine Laune hatte den absoluten Tiefpunkt erreicht. Was immer nötig war, um die furchtbare Celine loszuwerden, er würde es tun!

Auf der Suche nach seinem Ziel ließ er den Blick über die Menge schweifen. Dann entdeckte er sie. Sofort fühlte er sich innerlich genauso aufgewühlt wie beim ersten Mal, als er sie zu sich gewunken hatte. Die elegante Anmut, das vollkommene Profil – und diese blaugrünen Augen, mit denen sie ihn plötzlich ansah, als er näher kam, und aus denen sofort wieder jeder Ausdruck schwand.

Freundlich gesonnen wirkte sie nicht.

Darauf gab Marc nichts – nicht jetzt. Nach dem bisherigen Abend lagen seine Nervenenden ohnehin blank.

Er baute sich vor ihr auf und verhinderte so, dass Celine das Model von der anderen Saalseite aus sehen konnte. Ohne Vorrede kam er direkt zum Punkt. Ob das jetzt eine Riesendummheit war oder der Ausweg aus einer misslichen Lage war, würde sich noch erweisen.

Autor

Julia James
<p>Julia James lebt in England. Als Teenager las sie die Bücher von Mills &amp; Boon und kam zum ersten Mal in Berührung mit Georgette Heyer und Daphne du Maurier. Seitdem ist sie ihnen verfallen. Sie liebt die englische Countryside mit ihren Cottages und altehrwürdigen Schlössern aus den unterschiedlichsten historischen Perioden...
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