Gefährliche Nähe

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Bisher hat sich Jeff, Captain bei den Marines, nur um seine Karriere gekümmert. Doch von heute auf morgen ändert sich alles: Er muss für ein Baby sorgen! Zudem scheinen plötzlich seine Hormone verrückt zu spielen. Denn wie könnte es sein, dass er Laura begehrt, die eigentlich überhaupt nicht sein Typ ist …


  • Erscheinungstag 18.07.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733758240
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Verdammte Katzen“, knurrte Jeff Ryan und schwang die Beine aus dem Bett. Schlaftrunken wankte er durch das dunkle Schlafzimmer und stieß sich dabei den großen Zeh empfindlich an einem Stuhlbein.

Jetzt war er hellwach. Fluchend humpelte er zur Tür, die ins Wohnzimmer führte. Durch die halb geöffnete Jalousie fielen die ersten Sonnenstrahlen.

Warum können die Leute ihre verdammten Katzen nicht zu Haus einsperren? fragte er sich ärgerlich. Mussten die Viecher ihn denn ständig mit ihrem Geschrei belästigen? Und das noch direkt vor seiner Tür?

Was zu viel war, war zu viel. Diesmal kannte er keine Gnade. Er würde sich die Katze greifen und zum Hausverwalter bringen – oder gleich in einen Zwinger einsperren lassen.

Das Geschrei wurde immer lauter. Jeff schlich zur Haustür, schloss leise auf und drückte die Klinke hinunter. Er atmete tief durch, um sich im nächsten Moment auf die Katze zu stürzen.

Nur – es war gar keine Katze, die da in einem Körbchen lag und aus Leibeskräften schrie.

„Ein Baby?“, fragte Jeff fassungslos.

Zumindest glaubte er, dass es sich bei diesem rotgesichtigen, schreienden Wesen um ein Baby handelte, wenngleich es in diesem Moment eher Ähnlichkeit mit einem Alien hatte.

Was ging hier vor? Jeff blickte sich auf dem Flur vor seinem Apartment um, in der Hoffnung, einen Hinweis auf den Täter zu finden, der einfach sein Baby weggegeben und vor seiner Haustür abgelegt hatte. Vergeblich. Er kam sich vor wie in einem schlechten Film.

Kopfschüttelnd betrachtete er das Baby.

Es ruderte wild mit den Armen, strampelte und stieß ein ohrenbetäubendes Gebrüll aus.

Und da wunderten sich die Leute noch, dass Jeff niemals Kinder haben wollte.

Wieder suchte er den langen Flur ab. Niemand zu sehen. Wo waren sie denn, die neugierigen Nachbarn, die sich sonst schon bei dem kleinsten Geräusch beschwerten? Wenn man sie um elf Uhr morgens brauchte, ließen sie sich nicht blicken. Typisch. Aber wenn er nachts um zwei Uhr mit seiner neuesten Eroberung nach Haus kam, dann steckte die alte Mrs. Butler natürlich den Kopf aus der Tür.

Jeff betrachtete den Schreihals im Körbchen und entdeckte neben der bunten Wolldecke einen dicken Briefumschlag. Sein Herz raste, als er seinen Namen darauf las. An Captain Jeffrey Ryan. United States Marine Corps. Verdammt!

Ein Baby auf der Türschwelle? So etwas gab es doch gar nicht im richtigen Leben, oder? Mit zittrigen Fingern öffnete er den Umschlag. Er enthielt mehrere offizielle Papiere. Jeff glättete die Blätter und las zunächst das Anschreiben.

Captain Ryan. Entschuldigen Sie, dass ich das Baby einfach so vor Ihrer Tür zurückgelassen habe. Aber Sie haben nicht aufgemacht, und ich muss zu einem eiligen Termin nach Guam.

Jeff hielt den Atem an. Hatte ihm das tatsächlich ein Kamerad von der Marine eingebrockt?

Ich habe mich freiwillig gemeldet, um Ihnen das Baby zu bringen. In der Anlage finden Sie den letzten Willen vom Sarge. Sie sehen, es hat alles seine Ordnung und Richtigkeit. Schande über den Sarge, aber wir sind überzeugt, dass Sie die richtige Lösung für das Kind finden. Mit freundlichen Grüßen, Corporal Stanley Hubrick.

Welcher Sarge? Jeff überlegte fieberhaft. Und was meinte Corporal Hubrick mit seiner Äußerung, dass Jeff die richtige Lösung für das Kind finden würde?

Sein Puls raste, und das Baby schrie. Jeff überflog den letzten Willen, dann noch einmal, und schließlich ein drittes Mal. Entsetzt ließ er die Papiere sinken und starrte das Baby vorwurfsvoll an.

„Nichts gegen dich, Kleines. Aber ich bin kein Vormund. Für niemanden!“

Zehn Minuten später hatte Jeff den Telefonhörer zwischen Ohr und Schulter geklemmt und wartete ungeduldig, dass endlich jemand abnahm. Gleichzeitig versuchte er das sichtlich unzufriedene Baby in den Armen zu schaukeln. Wenigstens schrie es nicht mehr – für den Augenblick.

„Das kann ich einfach nicht glauben“, sagte Jeffs Schwester nun schon zum fünften Mal.

„Du wiederholst dich.“

„Und du bist nun der Vormund?“

„Wenn es nach seinem Willen geht, ja.“

„Unglaublich.“

„Peggy, du verstehst mich nicht. Ich kann das Baby nicht behalten. Was weiß ich denn schon über Babys?“

„Nur, wie man sie verhütet“, gab Peggy fröhlich zurück.

„Sehr witzig. Also, was ist nun? Kommst du nun zu mir und hilfst mir? Oder nicht?“

„Ich kann nicht. Schließlich habe ich hier eine eigene Familie zu versorgen.“

„Peggy …“ Angewidert starrte Jeff das Baby an, das auf dem Ärmel seines T-Shirts kaute und über beide Backen strahlte. „Das ist ja ekelhaft“, murmelte er.

„Wie bitte?“

„Ach, schon gut.“ Jeff hatte wirklich wichtigere Probleme zu lösen, als ein neues T-Shirt anzuziehen. „Peggy, du musst unbedingt kommen.“

„Ich habe schon immer gesagt, dass du ein guter Vater wirst.“

Ja, das hatte sie, aber mit dieser Meinung stand sie ziemlich allein.

„Dummes Zeug.“ Insgeheim warf er seinen vor langer Zeit verstorbenen Eltern vor, dass sie ihrer Tochter einen so bösartigen Humor mitgegeben hatten. „Das ist eine verdammt ernste Angelegenheit. Ich muss sehen, dass ich aus diesem Schlamassel herauskomme. Und zwar so schnell wie möglich.“

„Was für ein Schlamassel?“, fragte Peggy, und im Hintergrund tobten ihre Kinder. Es klang für Jeff, als würden sie sich gegenseitig enthaupten.

Er zuckte zusammen. Vielleicht hätte er nicht gerade seine Schwester um einen Rat in Sachen Kindererziehung fragen sollen.

Peggy legte eine Hand halb über den Hörer und wandte sich mit ruhiger Stimme an ihre Kinder. „Teddy, du sollst deiner Schwester nicht den Arm umdrehen. Sonst bricht er noch.“

Unglaublich. Teddy, ein neunjähriger Gewalttäter, dachte Jeff.

„Tja, Jeff.“ Peggy sprach wieder mit ihrem Bruder. „Da musst du wohl allein durch. Aber du wirst es schon schaffen. Wessen Baby ist es denn überhaupt?“

Der Name würde sich für immer in sein Gedächtnis einprägen. „Von Hank Powell. Wir haben zusammen am Golf gedient. Er und seine Frau sind bei einem Autounfall ums Leben gekommen.“

Peggy seufzte. „Wie schrecklich.“

„Ja.“ Das Baby sah Jeff aus großen blauen Augen neugierig an. Er hatte Jeff seit mehr als fünf Jahren nicht mehr gesehen. Wie kam der Kerl dazu, ihm sein Baby aufzuhalsen?

„Ich muss jetzt Schluss machen“, sagte Peggy hastig. „Thomas’ Geigenstunde beginnt in zehn Minuten. Danach hat Tina Ballettunterricht, und Teddy geht zum …“

„Karate?“, mutmaßte Jeff.

Sie lachte. „Hältst du mich für verrückt? Nein, er spielt Schlagzeug.“

Hilfe! Peggy konnte ihn doch jetzt nicht so einfach im Stich lassen. „Du musst mir helfen. Wenigstens für die erste Zeit, bis ich eine Lösung gefunden habe. Bitte!“

Peggy atmete tief durch und dachte nach. „Natürlich! Ich rufe Laura an.“

„Laura? Wer ist Laura?“

„Wieso bin ich denn nicht gleich auf sie gekommen? Sie wird sicher gern einspringen. Jetzt muss ich aber wirklich los. Ich rufe dich später an, wenn ich mit Laura gesprochen habe.“

„Welche Laura?“, wiederholte Jeff.

Doch Peggy hatte schon aufgelegt.

Auch er legte den Hörer weg und betrachtete das kleine Wesen, das sich zufrieden bei ihm angeschmiegt hatte. Zu seiner großen Überraschung war ihm die Nähe zu dem Baby gar nicht unangenehm – jedenfalls solange es ruhig war. Das Baby wirkte zufrieden, und Jeff atmete hörbar auf. Vielleicht hatte er ja schon das Schlimmste überstanden.

Doch im nächsten Moment spürte er eine warme Feuchtigkeit, die sich langsam über seine grünen Boxershorts und seine Beine ausbreitete. Er hielt das Baby auf Armeslänge von sich entfernt und musterte es voller Entsetzen. Das Baby lachte ihm ins Gesicht.

Dem Geschrei nach zu urteilen, das durch die Haustür drang, hatte Peggys Bruder alle Hände voll zu tun. Laura Morgan zuckte zusammen, als das Baby besonders schrill aufschrie.

Sie zwang sich, nicht sofort die Türklinke hinunterzudrücken. Vom Gefühl her wollte sie so schnell wie möglich in die Wohnung, sich um das Baby kümmern und es beruhigen. Aber sie konnte doch nicht einfach mit der Tür ins Haus fallen. Was gab es nicht alles zu bedenken.

Laura lachte sich selbst aus. Zum Nachdenken war es nun zu spät. Sie hatte eine Entscheidung getroffen – vielleicht etwas voreilig – und jetzt stand sie mit ihren drei alten Koffern vor Captain Jeff Ryans Haustür. Nach Peggys Anruf hatte sie sofort ein Flugzeug von Santa Barbara nach San Diego genommen.

Schön. Sie würde den Job als Babysitter annehmen. Vorhin war ihr das Angebot wie ein Geschenk der Götter vorgekommen. Sie liebte Babys über alles. Wie sehr hatte sie sich eigene Kinder gewünscht. Am liebsten eine große Kinderschar. Ihre Miene verdüsterte sich. Erstens kommt es im Leben anders und zweitens als man denkt …

Laura war inzwischen dreißig und ungebunden. Sie hoffte, dass sie den Job bei dem Bruder ihrer besten Freundin den ganzen Sommer über behalten könnte. Wenn sie schon keine eigenen Kinder hatte, dann wollte sie sich zumindest um die Babys anderer Menschen kümmern. Nach einem schweren Schicksalsschlag hatte sie resigniert und keine Zukunftspläne mehr. Alle ihre Träume vom Familienglück waren vor acht Jahren mit Bill gestorben.

Was für ein großartiger Sommeranfang, dachte sie in einem Anflug von Sarkasmus. Sich im Selbstmitleid ertränken. So knüpft man garantiert keine neuen Kontakte.

„Psst!“

Laura schaute nach rechts, aber sie konnte niemanden entdecken.

„Psst!“ Die Stimme wurde jetzt lauter und eindringlicher.

Angestrengt blickte sie sich auf dem langen Flur um. Schließlich sah sie eine Tür, die höchstens ein paar Zentimeter weit geöffnet war. Durch den engen Spalt musterten sie zwei neugierige blaue Augen.

„Meinen Sie mich?“, fragte Laura zögernd.

Die Tür wurde weiter geöffnet, und nun sah Laura das runzlige Gesicht einer alten Frau. Schmal, gebrechlich, weißhaarig. Sie hatte ein vogelähnliches Aussehen. „Wollen Sie etwa zu ihm?“, erkundigte sich die Frau.

„Ja“, sagte Laura und bemühte sich, freundlich zu lächeln. „Ich komme, um auf das Baby aufzupassen.“

„Passen Sie lieber auf sich selbst auf“, meinte die Frau mit leiser Stimme. „Er ist ein unverbesserlicher Frauenheld.“

„Tatsächlich?“ Von drinnen ertönte Babygeschrei.

„Sie sehen anders aus als die Frauen, mit denen er sich sonst vergnügt“, fuhr die Nachbarin fort. „Aber ich dachte, ich sollte Sie warnen. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt. So sagt man doch.“ Mit diesen Worten verzog sie sich wieder nach drinnen und verriegelte die Tür vierfach hinter sich.

Das sind ja schöne Aussichten, dachte Laura. Besser hätte der Job nicht anfangen können. Aber sie war doch neugierig, was Jeff Ryan für ein Mann sein mochte.

Sie ignorierte die Warnung der alten Nachbarin und wollte gerade an Jeffs Tür klopfen, als eine tiefe Männerstimme lospolterte und dabei sogar noch das Babygeschrei übertönte.

„Ach, wirklich?“, brüllte er. „Und wenn diese Laura Morgan angeblich so toll ist, warum hat sie sich dann hier noch nicht blicken lassen? Ich war mit dem Baby zum Einkaufen im Supermarkt. Und das war alles andere als ein Vergnügen!“

Laura starrte auf die Haustür.

„Peggy! Das ist überhaupt nicht zum Lachen!“

Laura musste lächeln. Sie kannte Peggy Cummings Sinn für Humor und schätzte ihn sehr.

„Ich brauche dringend Hilfe, Peggy. Wo zum Teufel steckt denn deine Freundin?“

Das war das Stichwort. Laura klopfte.

Augenblicklich wurde die Tür aufgerissen.

Jeff hielt das Telefon noch am Ohr und starrte Laura an. Nun, er entsprach ganz und gar nicht der Beschreibung, die Peggy ihr geliefert hatte. Sie hatte Jeff als hinreißenden Mann beschrieben, der sehr viel Wert auf sein äußeres Erscheinungsbild legte und mit einem Selbstbewusstsein ausgestattet war, das locker für drei erwachsene Männer gereicht hätte.

Doch der Mann vor Laura sah wild und zerzaust aus. Sein T-Shirt war mit Babybrei bekleckert, und auf der gebügelten Hose hatte er einen großen feuchten Fleck. Er machte den Eindruck, als stünde er kurz vor einem Nervenzusammenbruch.

Trotz allem war der Mann attraktiv. Peggy hatte nicht übertrieben. Seine scharf geschnittenen Züge, das kantige Kinn, die kühne Nase und die vollen Lippen gaben ihm etwas Unwiderstehliches. Laura musste schlucken, und ihr Magen zog sich zusammen. Das konnte ja heiter werden.

Sie holte tief Luft und sah ihm in die eisblauen Augen.

Sein Blick war durchdringend. Jeff schien tief in ihre Seele blicken zu können und sie zu durchschauen. Laura sah schnell woanders hin. Das hatte ihr gerade noch gefehlt!

„Ich glaube, ist sie gerade gekommen“, sagte Jeff. „Ruf mich später wieder an.“

Er beendete das Gespräch und legte den Hörer auf einen kleinen Tisch.

„Sind Sie Laura?“, fragte er und musterte sie innerhalb von einer Sekunde von Kopf bis Fuß.

Laura versteifte sich und hob trotzig das Kinn. Sie wusste genau, was sie für einen Eindruck auf Jeff machte: Eine Frau um die Dreißig, kein Make-up, das braune Haar zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Flache, langweilige, aber bequeme Treter, zu große, ausgebeulte Jeans und ein Sweatshirt mit der Aufschrift: Ist das Leben nicht großartig?

Sie war vielleicht keine aufregende Erscheinung. Und die alte Nachbarin hatte betont, dass sie nicht Jeffs Typ entsprach. Na und? Dafür konnte sie hervorragend mit Babys umgehen.

„Ja“, sagte sie förmlich und musterte ihn nun ihrerseits. „Jeff Ryan?“

Jeff nickte kurz und winkte sie mit einer Handbewegung hinein. Er trug ihre Koffer ins Apartment. Nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte, sah er Laura ins Gesicht.

„Wo zum Teufel haben Sie die ganze Zeit gesteckt?“, fragte er vorwurfsvoll. „Ich habe Sie schon längst erwartet.“

Laura zuckte zusammen, als sie zu dem Babygeschrei auch noch den lauten Fernseher hörte. Dazu auch noch Jeffs ungeduldige Stimme. „Das Flugzeug hatte Verspätung“, gab sie forsch zurück.

Dann blickte sie sich in dem Apartment um. Was für eine grandiose Unordnung! Nachdem eine ganze Weile gar nichts passierte, schaltete sie den Fernseher aus. Dann folgte sie dem Geschrei und ging zu dem Baby. Es lag auf einer Wolldecke in einem Körbchen, das auf dem Fußboden stand. Das kleine Wesen war rot im Gesicht und strampelte heftig.

Lauras Herz schmolz auf der Stelle.

Sie vergaß alles um sich herum und dachte nicht mehr an den Mann, der sie eben so barsch empfangen hatte. Sie beugte sich hinunter, nahm das Baby auf die Arme und presste es an ihre Brust. „Schon gut, Kleines“, flüsterte sie, wiegte es sanft in den Armen und streichelte ihm den Rücken. „Nun wird alles gut. Laura sorgt für dich.“

Schlagartig hörte das Geschrei auf.

Das Baby entspannte sich, schniefte kurz und machte ein Bäuerchen.

„Erstaunlich“, sagte Jeff verblüfft.

„Eigentlich nicht“, widersprach Laura und warf ihm einen Seitenblick zu. „Man muss nur wissen, wie man Babys beruhigen kann.“

Jeff fuhr sich durch die kurzen Haare und schüttelte den Kopf, als er das Chaos um sich herum betrachtete. „Ich könnte auch etwas Ruhe gebrauchen“, gab er zu. „Sie hat den ganzen Tag ununterbrochen gebrüllt.“

Ein Mädchen.

„Wie heißt sie?“

„Miranda Powell. So steht es jedenfalls in den Papieren.“

„Hallo Miranda“, wisperte Laura. Sie küsste das Baby auf die Stirn.

Die Kleine zerrte mit den Fingern an Lauras Sweatshirt.

Jeff ließ sich auf das Sofa fallen. Doch im selben Moment zuckte er zusammen, verzog das Gesicht, stand wieder auf und nahm ein halb leeres Milchfläschchen von der Sitzfläche. Resigniert zuckte er mit den Schultern und warf das Fläschchen auf den Fußboden. Dann wandte er sich an Laura. „Sie entsprechen nicht ganz meinen Vorstellungen“, sagte er.

Das hörte Laura nicht zum ersten Mal in ihrem Leben, und es machte ihr inzwischen nicht mehr viel aus. Aber sie hatte sich in das Baby verliebt und wollte diesen Job unbedingt. Deshalb fragte sie liebenswürdig zurück: „Tatsächlich nicht? Und warum nicht?“

„Peggy sagte, dass Sie Lehrerin sind. Dabei sehen Sie ja selbst noch wie ein Kind aus.“

Mit anderen Worten – ich bin ihm zu klein, dachte Laura. Was kann ich denn dafür, dass es in unserer Familie keine Riesen gibt? „Ich bin dreißig und ausgebildete Lehrerin für Vorschulkinder“, rechtfertigte sie sich. „Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen meine Zeugnisse zeigen.“

Jeff winkte ab. „Peggys Empfehlung reicht mir. Abgesehen davon kann ich mir keinen Streit leisten. Sie sehen ja, wie es hier aussieht. Ich brauche Hilfe, bis ich eine Lösung gefunden habe, wie es mir ihr weitergeht.“

Laura hob unwillkürlich eine Braue. Was für eine Lösung? wollte sie schon fragen. Da gab es doch nur eines. Man musste dem Kind Liebe geben. Das war alles.

„Nun?“, fragte er. „Wollen Sie den Job immer noch?“

Lieber nicht, sagte eine innere Stimme. Denn es war ziemlich fraglich, ob sie der Ausstrahlung dieses Mannes gewachsen war. Aber Laura konnte doch nicht ablehnen, wenn sie den Job wollte. Und schon gar nicht, wenn sie die kleine zufriedene Miranda in den Armen hielt.

„Ja.“

„Sie sind sich darüber im Klaren, dass ich Sie möglicherweise den ganzen Sommer über brauche?“, vergewisserte sich Jeff. „Ich meine, nachdem ich alle Schritte in die Wege geleitet habe, wird Miranda höchstens noch vier Wochen bei mir bleiben, aber man kann ja nie wissen.“

Falls Laura auch nur das geringste Interesse an Jeff Ryan hatte, so erlosch es in dem Moment, als er ihr erklärte, dass er Miranda so schnell wie möglich loswerden wollte. Und sie hatte sich auf den ersten Blick in die Kleine verliebt. Wie konnte sie sich jemals zu einem Mann hingezogen fühlen, der sich so gar nichts aus Kindern machte?

„Ich verstehe genau“, sagte sie und sah, wie Jeff befriedigt nickte.

„Schön.“ Er stand auf. „Über Ihr Gehalt können wir heute Abend sprechen, wenn Sie einverstanden sind. Meine Bedingungen sind einfach. Sie kümmern sich um das Baby. Einverstanden?“

„Einverstanden.“

Jeff nickte und wollte gerade im Nebenzimmer verschwinden, als er wie angewurzelt stehen blieb.

„Einen Moment noch, Captain“, hielt Laura ihn zurück. „Sie haben meine Bedingungen noch nicht gehört.“

2. KAPITEL

Jeff drehte sich langsam zu ihr um.

Er wollte nichts anderes als duschen, sich umziehen und dann seine Ruhe. Selbst die harte Ausbildung bei der Marine hatte ihm weniger zugesetzt als dieses Baby. Und jetzt, als er in Lauras braune Augen sah, hatte er das Gefühl, dass der Ärger gerade erst begann.

„Ihre Bedingungen?“, fragte er ungläubig. „Seit wann stellen die Angestellten denn Bedingungen?“

„Seit heute“, war die entschlossene Antwort.

Jeff rieb sich den Nacken. Er hatte gleich geahnt, dass es noch Schwierigkeiten geben würde. Eine Freundin seiner Schwester musste ja eigensinnig und stolz sein. Zu allem Überfluss hatte ihr Blick etwas Unwiderstehliches, dem sich Jeff einfach nicht entziehen konnte.

Mochte Laura auch angezogen sein wie jemand, der sich in der Caritas-Kleiderkammer bedient hatte – Jeff ertappte sich bei dem Gedanken, wie ihre Beine wohl aussehen mochten, die in diesen unsäglich weiten und ausgebeulten Jeans steckten. Warum kleidete sie sich wie eine Vogelscheuche? Was hatte sie zu verbergen? Und was ging es Jeff an?

Gar nichts. Aber er konnte nicht umhin, sich seine Gedanken zu machen. Schließlich würde Laura Morgan in seinem Haushalt leben und das Baby versorgen. Und nichts anderes! Er würde seine Hormone schon in den Griff bekommen!

Anscheinend bin ich in letzter Zeit doch einsam gewesen, dachte er. Wie kann es sonst angehen, dass mich eine kleine Frau irritiert, deren Kleidung mindestens zwei Nummern zu groß ist? Und dann die lächerliche Aufschrift auf ihrem Sweatshirt. Jeff hätte wetten können, dass sie in ihrem Leben noch nichts Großartiges erlebt hatte.

Aber sie hatte das Baby in kürzester Zeit beruhigt. Und nur das zählte. Da würde er es schon irgendwie mit dieser Mary Poppins für Arme aushalten. Und was seine Hormone betraf, so sollte er sich in den nächsten Tagen vielleicht mal wieder mit einer oder zwei engeren Freundinnen verabreden. Dann würde er gar nicht auf die Idee kommen, in Laura Morgan mehr als ein Kindermädchen zu sehen.

„Einverstanden“, sagte er schließlich und verschränkte die Arme vor der Brust. „Wie lauten Ihre Bedingungen?“

Laura nickte. „Ich bleibe den Sommer über hier und kümmere mich um das Baby, aber …“

„Ja?“

Sie atmete tief ein und richtete sich zu voller Größe auf. Damit war sie immer noch einen Kopf kleiner als Jeff. „… aber ich bin nicht Ihre Haushälterin.“ Sie blickte sich in der Unordnung um. „Ich werde weder für Sie kochen noch aufräumen.“

Jeff versuchte sich zu verteidigen. „Bis heute Morgen war hier alles in bester Ordnung.“

„Außerdem will ich nicht, dass Sie hier nackt umherlaufen, und ständige Frauenbesuche dulde ich auch nicht.“

„Was erlauben Sie sich eigentlich?“

„Eine Ihrer Nachbarinnen hielt es für ihre Pflicht, mich vor Ihnen zu warnen. Sie seien ein übler Frauenheld.“

Jeff schüttelte den Kopf und seufzte. „Lassen Sie mich raten. Weiße Haare, große blaue Augen?“

Sie nickte und unterdrückte ein Lächeln.

„Agnes Butler“, stellte er fest. „Weil sie sonst nichts zu tun hat, spioniert sie mir hinterher.“

Laura sah ihn fragend an. „Leiden Sie vielleicht unter Verfolgungswahn?“

Jeff musste an die vielen Begegnungen mit seiner Nachbarin denken. Wie oft hatte sie gerade scheinbar zufällig die Tür geöffnet, wenn er nach Haus kam? Ihre neugierigen Augen und Ohren waren überall. Ja, spionieren war schon der richtige Ausdruck. „Man leidet nicht unter Verfolgungswahn, wenn man wirklich verfolgt wird“, erklärte er.

Es entstand eine kurze Pause.

„Die übrigen Bedingungen sind ganz einfach.“

Gab es denn noch mehr?“

Laura lächelte. „Keine Kraftausdrücke und Schimpfwörter …“

„Moment mal.“

Sie fuhr ungerührt fort. „Sprechen Sie mich morgens nicht an, bevor ich meinen Kaffee getrunken habe. Und Radio und Fernsehen nach elf Uhr nachts nur noch auf Zimmerlautstärke.“

Jeff starrte sie ungläubig an. War das jetzt alles? Oder holte Laura nur tief Luft, um ihm die nächsten Bedingungen zu nennen? Die Sekunden vergingen. Offenbar war sie fertig.

Na schön, dann würde er ihr jetzt einmal die Meinung sagen. Schließlich war er der Herr im Haus. Was bildete sich diese Frau eigentlich ein? Wollte ihm einfach Vorschriften über seine Fernsehgewohnheiten und seinen weiblichen Umgang machen! So weit kam es noch.

„Nun hören Sie mir mal gut zu, Lady“, begann er. „Ich weiß nicht, für wen zum Teufel Sie sich halten, aber …“

Laura spannte kampflustig die Muskeln an.

Miranda spürte die Anspannung sofort und schluchzte auf.

Jeff senkte die Stimme. „Sie können mir keine Vorschriften machen. Ich habe Sie eingestellt, vergessen Sie das nicht.“

Autor

Maureen Child
<p>Da Maureen Child Zeit ihres Lebens in Südkalifornien gelebt hat, fällt es ihr schwer zu glauben, dass es tatsächlich Herbst und Winter gibt. Seit dem Erscheinen ihres ersten Buches hat sie 40 weitere Liebesromane veröffentlicht und findet das Schreiben jeder neuen Romance genauso aufregend wie beim ersten Mal. Ihre liebste...
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