Geliebter Mitgiftjäger

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Hoppla, was für eine bezaubernde Dame! Amüsiert umfängt Viscount Maldon die hübsche junge Frau, die im Ballsaal gestolpert ist. Miss Katherine gefällt ihm viel besser als die unscheinbaren Erbinnen im Raum - von denen er leider dringend eine heiraten muss, um den Familienbesitz zu retten! Zwar teilt Katherine ihm spitz mit, dass bei ihr nichts zu holen sei - aber er ahnt, dass sie ein pikantes Geheimnis hat …


  • Erscheinungstag 08.06.2016
  • ISBN / Artikelnummer 9783733767259
  • Seitenanzahl 50
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Viscount Maldon fuhr mit dem Finger über die Innenseite seines Halstuchs. Unbehagen stieg in ihm auf, als er diesen Ort betrat, denn er wusste, dass er sich genauso gut einen Strick um den Hals hätte legen können. Warum hatte er sich vor dem Ausgehen nicht ein oder zwei Drinks genehmigt? Alle Welt wusste, dass Limonade das Stärkste war, das in den Gesellschaftszimmern von Almack’s serviert wurde. Doch Limonade war das Letzte, was er brauchte, um seine Nerven zu beruhigen.

Der Tanz hatte bereits begonnen, und die Empfangshalle war menschenleer, weshalb ihn bisher niemand bemerkt hatte. Aber sobald er diesen Ballsaal betreten würde, gäbe es kein Zurück mehr. Er wäre all jenen jungen Frauen ausgeliefert, über die andere Männer bereits hinweggesehen hatten – Männer, die es sich leisten konnten, wählerisch zu sein.

Da Viscount Maldon plötzlich der kalte Schweiß ausbrach, bog er kurz vor dem Eingang des Ballsaals ab und wich in eine Mauernische, die teilweise von einer dicht gewachsenen Topfpalme abgeschirmt wurde. Man brauchte Nerven aus Stahl, um derart unvorbereitet in die weibliche Domäne des Heiratsmarktes vorzudringen.

Wie hatte Acton jemals glauben können, dass er das schaffen würde?

„Sie müssen Ihren Gläubigern zeigen, dass Sie ein ernst zu nehmender Geschäftspartner sind.“ Der betagte Finanzverwalter der Familie hatte schwer geatmet, als er mit seinen knorrigen Fingern ein Blatt Papier über den Schreibtisch geschoben hatte. „Almack’s überhaupt zu betreten wird eine deutliche Botschaft aussenden. Aber wenn Sie es bewerkstelligen könnten, sich einen Tanz mit einer oder mehrerer von den Damen auf dieser Liste zu sichern …“

Widerspruchslos hatte Viscount Maldon die Liste in seiner Tasche verstaut. Er hatte sie mit nach Hause genommen und dort so lange einstudiert, bis er alle Namen auswendig konnte.

Heute Abend vor dem Ausgehen hätte er sie also gar nicht in die Brusttasche stecken müssen. Als er einen letzten kritischen Blick in den Spiegel geworfen hatte, war er überrascht gewesen, dass die Liste seinen Cutaway nicht ausbeulte. Sie fühlte sich wie eine tonnenschwere Last an.

Aber er sah genauso aus wie immer. Die gut geschnittene Kleidung brachte seine schlanke Figur auf elegante Art und Weise zum Ausdruck. Das blonde Haar war ordentlich gestutzt und gebürstet. Allein seine trüben Augen hätten denjenigen, die ihn gut kannten, verraten, dass ihn etwas bedrückte.

Die Liste – sie war es, die ihm Sorge bereitete. Die Liste mit all den Frauen, die laut Acton seinem Werben eventuell nicht abgeneigt gegenüberstehen würden.

„Jetzt, da Sie den Titel angetreten haben, dürfen Sie nicht länger umherziehen wie ein jüngerer Sohn, der keinerlei Verantwortung trägt“, hatte Acton ihn zurechtgewiesen. „Es liegt an Ihnen, das Anwesen zu retten, und das können Sie am besten erreichen, wenn Sie eine gute Partie machen.“

Er verzog das Gesicht. Eine unansehnliche Frau nur wegen ihrer Aussteuer zu heiraten war nicht gerade seine Vorstellung von einer guten Partie.

Doch die Frau seiner Wahl zu heiraten war ein Luxus, den sich mittellose Männer nicht erlauben konnten – wie Acton in gereiztem Ton klargestellt hatte.

Aber unter den heiratsfähigen jungen Damen auf Actons Liste wird es bestimmt eine geben, die nicht allzu abstoßend ist, dachte Viscount Maldon beklommen. Zumindest nicht so abstoßend, als dass man nicht mit ihr tanzen könnte.

Er musste beweisen, dass er den Schlamassel, den zuerst sein Vater und anschließend sein Bruder durch ihren unbesonnenen Hang zum Glücksspiel angerichtet hatten, wieder in Ordnung bringen würde. Irgendwann müsste er es ohnehin tun, und da er schon einmal hier war, konnte es genauso gut heute Abend sein.

Nachdem sich Viscount Maldon mit seinem Schicksal abgefunden hatte, spähte er durch die Palmenblätter hindurch zur geöffneten Tür des Ballsaals und nahm zum ersten Mal die versammelte Menge in Augenschein. Dabei erschien es ihm wie eine Art grausame Ironie, dass das erste Gesicht, das er in der aufgewühlten Menschenmenge ausfindig machen konnte, der Frau gehörte, die Actons erste Wahl gewesen wäre.

Die ganz in Weiß gekleidete Miss Harriet Millbury tanzte mit einem Grafen einen beschwingten Figurentanz, bei dem ihr ganzer Körper auf und ab hüpfte. Es war allgemein bekannt, dass der verwirrt aussehende Mann nach einer dritten Ehefrau suchte, um endlich den Erben zu bekommen, den ihm seine erste und zweite Frau so offenkundig nicht hatten schenken können.

Während Viscount Maldon sie beobachtete, musste er unwillkürlich an ein Segelboot in voller Fahrt denken, das bei starkem Ostwind über das aufgewühlte Wasser der Themse schaukelte.

Einen Schauder der Abscheu unterdrückend, zog er sich weiter in die Mauernische hinter der Topfpalme zurück.

Allerdings waren es nicht nur die fülligen Frauen, gegen die er eine Abneigung hegte. Beim zweiten Namen auf der Liste stieg eine noch größere Beklommenheit in ihm auf. Miss Framlingham hatte er auf einer Hausgesellschaft kennengelernt, kurz nachdem sie die Schule abgeschlossen hatte. Sie hatte helle Augen und lange Gesichtszüge, die ihn unmittelbar an eine besonders reizbare Ziege seiner Großtante erinnert hatten. Ihr Charakter war vielleicht nicht so unberechenbar, wie ihr Gesicht hatte vermuten lassen, aber da es sich bereits um ihre dritte Saison handelte und sie trotz ihrer verlockend hohen Aussteuer immer noch unverheiratet war, strahlte sie zweifellos etwas aus, das Männer abschreckte.

Tief durchatmend besann er sich darauf, dass er heute Abend keiner Frau einen Antrag machen müsste. Er war lediglich zur Saison nach London gekommen, um sich eine Ruhepause zu gönnen. Heute Abend hatte er Almack’s einzig und allein aufgesucht, um klarzustellen, dass er auf Anraten seines Finanzberaters einen vernünftigen Weg eingeschlagen hatte.

Erst als er einigermaßen davon überzeugt war, den Ballsaal betreten zu können, ohne den anderen seine Abscheu vor dem bevorstehenden Abend zu erkennen zu geben, straffte er die Schultern, öffnete die Augen und wandte sich entschlossen jener schicksalshaften Eingangstür zu.

In diesem Moment fiel ihm eine andere Frau auf.

Nicht ihr Gesicht, das gar nicht zu erkennen war, erregte seine Aufmerksamkeit, sondern die Art und Weise, wie sie sich wegschlich. Ja, sie schlich sich tatsächlich rückwärts aus dem Saal, geradewegs auf die Topfpalme zu, hinter der er sich versteckte.

Während sie den Blick weiterhin auf die Menge gerichtet hielt, bahnte sie sich mit dem Rücken voran einen Weg hinaus. Das war offensichtlich alles andere als einfach. Je mehr sie sich ihm näherte, desto tiefer bückte sie sich mit dem Oberkörper vor. Dabei streckte sie die Arme aus, als ob sie sonst das Gleichgewicht verlieren würde. Durch die ungewöhnliche Bewegung glitt der Stoff des Abendkleides abwechselnd über ihre Gesäßbacken und umschmeichelte die sich abzeichnenden Muskeln so sanft wie die liebkosende Hand eines Liebhabers.

Von diesem unerwarteten Anblick war er wie hypnotisiert. Erst sehr viel später würde er auf den Gedanken kommen, dass er sich hätte räuspern oder der jungen Dame irgendein anderes Warnsignal hätte geben können, dass sich ihr hübscher Hintern auf Kollisionskurs mit seinen Oberschenkeln befand. Aber in diesem Moment war es ihm unmöglich, sich auch nur zu rühren. Auch wenn er sich an seinen Sinn für Anstand und Moral erinnert hätte, wäre die Mauernische schlichtweg zu klein gewesen, um zur Seite zu treten – so zumindest sollte später seine Entschuldigung lauten. Daher stand er einfach regungslos da, während er nur daran denken konnte, wie sich ihre Rundungen anfühlen würden, wenn sie ihn endlich berührten.

Als der Moment gekommen war, stöhnte er innerlich auf. Fest, aber nachgiebig, und vollkommen perfekt geformt …

Der Nacken der jungen Frau lief dunkelrot an. Also wusste sie, dass sie nicht mit der Wand, sondern mit einer anderen Person zusammengestoßen war. Sie versteifte sich, richtete sich kerzengerade auf und schnappte nach Luft. Immer wenn eine seiner Schwestern so tief Luft holte, folgte stets ein ohrenbetäubender Schrei. Das war jedoch das Letzte, was einer Dame in der Eingangshalle von Almack’s passieren durfte.

Daher tat er das, was er bei jeder seiner Schwestern getan hätte: Er legte ihr eine Hand über den Mund und erstickte damit den Schrei, bevor er begonnen hatte. Als weitere Vorsichtsmaßnahme schlang er ihr einen Arm um die Taille und hielt sie an den Armen fest, damit sie sich nicht von ihm lösen konnte.

„Überlegen Sie es sich gut, bevor Sie einen Aufstand provozieren, Miss“, flüsterte er ihr sanft ins Ohr, das eine zarte, muschelähnliche Form hatte und an dem keinerlei Schmuck hing, wie er geistesabwesend feststellte. „Beruhigen Sie sich und dann …“ Er zuckte zusammen, als sie ihm gegen das Schienbein trat. Obwohl sie nur leichte Satinschuhe trug, konnte sie sehr fest zutreten. Er verstärkte seinen Griff, zog sie nahe an sich heran und stellte die Beine weit auseinander, damit sie ihn nicht noch einmal treten konnte.

„Halten Sie still!“, zischte er ihr in das schwarze gelockte Haar, das einen süßen Duft verströmte und ihn in der Nase kitzelte, als sie begann, sich in seinen Armen zu winden. Zwar hatte er seine Schienbeine in Sicherheit gebracht, aber … Oh Gott! Von diesem himmlisch weichen Gesäß, das sich so stürmisch an seinen Lenden rieb, ging eine weitaus größere Gefahr aus.

Beinahe wäre er dankbar gewesen, als sie ihm auf den Fuß trat und ihm damit einen guten Grund lieferte, sie loszulassen. Atemlos murmelte er ein Stoßgebet vor sich hin, während er sich für das, was nun folgen mochte, wappnete. Bestimmt würde sie ihm eine Ohrfeige verpassen oder – schlimmer noch – in Ohnmacht fallen oder gleich schreiend in den Ballsaal rennen und alle Welt alarmieren, dass hinter einer Palme in der Eingangshalle ein Perversling unachtsamen Frauen auflauerte.

Das würde seine Laufbahn als Mitgiftjäger beenden, bevor sie überhaupt angefangen hatte.

Bei der Vorstellung, sich dem unausweichlichen Schicksal zu beugen, ergriff ein befreiendes Gefühl von ihm Besitz. Vielleicht wäre eine kurze Haft im Schuldgefängnis gar nicht so schlimm. Eventuell würde er auch einen längeren Gewahrsam überstehen. Irgendwie jedenfalls. Es wäre schließlich kein lebenslanger Arrest. Aus dem Gefängnis würde er zumindest irgendwann wieder herauskommen. Aus einer unglücklichen Ehe hingegen …

Autor

Annie Burrows
<p>Annie Burrows wurde in Suffolk, England, geboren als Tochter von Eltern, die viel lasen und das Haus voller Bücher hatten. Schon als Mädchen dachte sie sich auf ihrem langen Schulweg oder wenn sie krank im Bett lag, Geschichten aus. Ihre Liebe zu Historischem entdeckte sie in den Herrenhäusern, die sie...
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