Gewagter Deal mit dem Tycoon

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Gisèle kann nicht fassen, was Investor Adam Wilde von ihr verlangt: Damit er die traditionsreiche Kosmetikfirma ihrer Familie rettet, muss sie ihn heiraten! Natürlich nur für eine Ehe auf dem Papier! Er will sie an seiner Seite haben, um seinen Ruf in der Öffentlichkeit aufzupolieren. Was soll sie nur tun? Unmöglich kann sie zusehen, wie alles zusammenbricht, was ihre Familie aufgebaut hat! Verzweifelt sagt sie schließlich Ja – und ist schockiert von der Lust, die Adams Nähe trotz allem ungewollt in ihr weckt …


  • Erscheinungstag 15.10.2024
  • Bandnummer 2670
  • ISBN / Artikelnummer 9783751525046
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

„Das sind alles vielversprechende Möglichkeiten.“ Adam Wilde blickte von seinem Monitor auf. „Das Team hat hervorragende Arbeit geleistet. Vielen Dank.“

Der Manager nickte. „Ich gebe es weiter, sie werden sich freuen.“ Er hielt inne. „Was den möglichen Profit betrifft, gibt es natürlich einen klaren Gewinner.“

Adam nickte. „Keine Sorge, bevor ich mich entscheide, welches Unternehmen wir als Nächstes übernehmen, werde ich die Unterlagen gründlich prüfen.“

Gewinn war das Wichtigste für ihn. Schon in seiner Schulzeit hatte er mehrere Teilzeitjobs gehabt. Um dorthin zu gelangen, wo er jetzt war, hatte Adam wie verrückt gearbeitet. Er war Risiken eingegangen, hatte gespart und schließlich mit Wilde Holdings ein Handelsimperium aufgebaut, das seine Mutter aus der bitteren Armut gerettet und ihn zu einem der reichsten Australier gemacht hatte.

Aber es ging ihm nicht nur um Gewinn. Geld war nicht das Wichtigste für ihn.

Trotzdem würde er natürlich sicherstellen, dass auch die nächste Übernahme genauso erfolgreich verlief wie alle bisherigen. Er zahlte beachtliche Prämien und bot hervorragende Arbeitsbedingungen, erwartete aber im Gegenzug von seinen Mitarbeitern, dass sie sich diese Vorzüge auch verdienten.

Er nahm die Akte zur Hand und begann, die Vorschläge seines Teams zu lesen.

Ein Elite-Weingut, das seit Jahrhunderten erlesene Weine und Champagner produzierte. Ein innovatives Start-up, das versprach, den Sportwagenmarkt mit genialer Technik und mutigen hochmodernen Linien zu revolutionieren. Eine Haute-Couture-Firma, deren Name ein Synonym für Luxus war.

Die Haute-Couture-Marke legte er sofort zur Seite. Für ausgefallene überteuerte Kleidung hatte er noch nie einen Sinn gehabt. Dann war da noch ein Schiffsbauunternehmen, das luxuriöse Superjachten für die Superreichen herstellte. Die Firma versprach, genau das zu sein, was er suchte.

Das i-Tüpfelchen seines Erfolgs wäre die Übernahme eines Unternehmens, das weltweit für Luxus stand. Er war nicht mehr der hungrige Junge, dessen Mutter für ihren Lebensunterhalt putzen musste. Aber um das zu beweisen, reichte Geld allein nicht aus. Auch nicht Erfolg.

Adam wollte in die Welt des alteingesessenen Geldadels aufgenommen werden, die letzte soziale Ebene erreichen, die Neureiche wie ihn ausschloss. Gab es einen besseren Weg, seinen Wert zu beweisen, als der Besitz eines Unternehmens, zu dem die internationale Elite in Scharen strömte?

Er hatte sich schon fast entschieden, die Schiffsbaufirma zu übernehmen, zwang sich jedoch, auch noch die letzte Akte zu öffnen.

Das berühmte Maison Fontaine war seit Generationen in der Hand der französischen Familie, die es gegründet hatte. Eigentlich waren Parfüms und Kosmetika nicht Adams Stil. Aber seine Mutter liebte die Produkte dieser Marke.

Das Maison Fontaine schrieb erst seit Kurzem rote Zahlen. Offensichtlich hatten einige schlechte Entscheidungen dazu geführt, das Unternehmen an den Rand der Katastrophe zu bringen.

Aber Kosmetik … Adam spürte, wie sein Interesse nachließ – bis er auf ein Video einer Firmenpressekonferenz klickte.

Die Frau vor der Kamera brauchte kein Mikrofon, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. Die Art ihres Schweigens, während sie wartete, dass sich die Journalisten beruhigten, ließ ihn aufrechter sitzen.

Ihr Gesicht war eher fesselnd als klassisch schön, mit makelloser Haut, ausgeprägten Augenbrauen und einem breiten Mund unter einer kräftigen Nase. Ihr blondes Haar war glatt zurückgebunden und hätte ohne die Perlen an ihrem Hals und den wohlgeformten Ohren schmucklos gewirkt. Sogar ein Mode-Ignorant wie Adam erkannte, dass ihr schlichtes schwarzes Kleid maßgeschneidert war.

Sie besaß dieses undefinierbare Etwas, das er nie gehabt hatte. Klasse. Das Ergebnis angeborener Privilegien. Sie hieß Gisèle Fontaine und war die amtierende Chefin des Unternehmens.

Nicht, dass sie auf die Reporter hinuntergeschaut hätte. Im Gegenteil. Sie wartete geduldig und plauderte freundlich mit ihnen. Ihr Gesichtsausdruck zeigte nur entspanntes Selbstvertrauen. Ihre Haltung war perfekt, als würde sie die Krise ihres Unternehmens überhaupt nicht belasten.

Als sie schließlich zu allen sprach, klang ihr Tonfall ruhig und kühl, aber mit einem leicht heiseren Timbre, bei dem sich jedes Haar an seinem Körper aufstellte.

Etwas regte sich tief in seinem Bauch.

Adam blinzelte und beobachtete, wie sie einige Fragen mit distanzierter Höflichkeit und einem kontrollierten Lächeln abwehrte. Er fragte sich, was passieren würde, wenn jemand es wagte, ihre edle, geordnete Welt zu stören.

Gisèle Fontaine sah aus, als hätte sie in ihrem ganzen Leben noch nie etwas aus der Fassung gebracht. Vielleicht war es auch so. Vielleicht hatte der Reichtum ihrer Familie sie vor allem bewahrt.

Dann war das Interview vorbei, und Adam streckte die Hand aus, um das Video zu beenden. In dem Moment sagte der Reporter, der ihr am nächsten stand, etwas zu ihr, das er nicht verstand. Gisèle Fontaine wandte sich um und lächelte in die Kamera – ein echtes Lächeln.

Es erhellte ihr Gesicht und ließ ihre Augen funkeln. Es verwandelte ihre kultivierte Zurückhaltung in überwältigende Sexyness.

Die Aufnahme endete, und Adam starrte auf den Bildschirm.

In seinem Bauch spürte er dieses Kribbeln, von dem er gelernt hatte, es nicht zu ignorieren. Es ging nicht darum, ob Gisèle Fontaines Lächeln primitive männliche Instinkte weckte. Nein, er spürte, dass dies genau die Gelegenheit war, nach der er suchte.

Er las den Bericht noch einmal. Dann recherchierte er über die Familie Fontaine.

Julien Fontaine, Anfang dreißig, hatte das Unternehmen nach dem Tod seines Großvaters vor einigen Jahren übernommen. Vor Kurzem war er zurückgetreten, und seine jüngere Schwester Gisèle hatte die Firmenleitung übernommen.

Adam rieb sich nachdenklich das unrasierte Kinn. Dann griff er zum Telefon. „Lien, buchen Sie mir den nächsten Flug nach Frankreich.“

1. KAPITEL

Sie trafen sich nicht in Fontaines Hauptsitz in Paris, sondern in der Nähe der Parfümproduktion des Unternehmens an der französischen Riviera.

Vor einem Belle-Époque-Hotel stieg Adam aus dem Sportwagen und übergab den Schlüssel dem Parkservice. Das Hotel lag an der berühmten Promenade des Anglais mit Blick auf die Bucht der Engel von Nizza. Die Sonne beleuchtete die helle Hotelfassade mit den prächtigen Kuppeln. Eine Meeresbrise ließ die bunten internationalen Flaggen flattern, darüber schmückte ein blauer Himmel das Bild.

Wahrscheinlich wohnte dem Hotel ein gewisser Charme inne, aber Adam bevorzugte einen weniger pompösen Stil – wie den des Hauses, das er an der Küste gemietet hatte.

Es überraschte ihn, dass Gisèle Fontaine diesen Ort für ihr Mittagessen ausgewählt hatte. Sicher, das Hotel war berühmt, aber für eine Frau in den Zwanzigern eine altmodische Wahl.

Sie wusste, wie reich er war, da er regelmäßig in den Listen der reichsten Australier auftauchte. Darum bezweifelte er, dass sie dachte, sie könnte ihn mit einem berühmten Veranstaltungsort beeindrucken. Hatte sie das Hotel nach ihrem eigenen Geschmack ausgesucht?

Adam dehnte seine verspannten Schultern und wandte dem Hotel den Rücken zu. Auf der anderen Straßenseite glitzerte das tiefblaue Mittelmeer. Aber der Strand unterhalb der Promenade bestand aus Steinen, die mit Lastwagen herbeitransportiert wurden, um den Sandmangel auszugleichen. Der Ort mochte berühmt sein, aber für jemand, der mit goldenen Stränden und dem endlosen Pazifik aufgewachsen war, nicht gerade beeindruckend.

Was auch immer sie sich bei der Wahl des Hotels gedacht hatte, wichtig war nur, dass sie verstand, wie sehr ihr Unternehmen ihn brauchte. Jemanden mit den finanziellen Mitteln und dem Geschäftssinn, Maison Fontaine zu retten.

Es war Zeit für Veränderungen und er war der Mann, der dafür sorgen konnte. Außerdem hatte das Unternehmen etwas, das er wollte.

„Gib einfach dein Bestes, Gigi. Wenn nötig, halte ihn hin und ruf mich an.“

Gisèle hörte die Anspannung in Juliens Stimme durchs Telefon und wünschte, sie könnte ihn beruhigen. Aber sie sah keine Möglichkeiten mehr, die das Unternehmen vor der Insolvenz bewahren konnten.

„Du kannst dich auf mich verlassen.“ Was nicht viel hieß. Als Wissenschaftlerin fühlte sie sich eher im Labor oder in der Parfümherstellung zu Hause als in knallharten Verhandlungen mit Wirtschaftsmagnaten. „Ich werde mein Bestes geben.“

„Ich weiß. Es ist unfair, dich in so eine Situation zu bringen. Vielleicht sollte ich …“

„Unsinn!“ Gisèle sah sich im Restaurant um. Zum Glück stand ihr Tisch nicht in Hörweite der anderen Gäste. Der große Raum weckte Erinnerungen an ihre Mittagessen hier mit Grandpère. Sie senkte die Stimme. „Nichts ist wichtiger als deine Gesundheit. Nicht einmal die Firma. Du musst deine Behandlung abschließen.“

Für einen Moment herrschte Stille.

„Ich fühle mich so schuldig …“, murmelte Julien dann.

„Ich weiß. Seit Generationen vom Vater zum Sohn“, erwiderte sie.

Obwohl ihr Vater Maison Fontaine nie geleitet hatte. Er war zu jung gestorben, um es übernehmen zu können. Julien hatte das Unternehmen vom Großvater geerbt, und auch Gisèle arbeitete dort. Das Unternehmen war nicht nur ein Geschäft. Es war ein roter Faden, der sich seit zwei Jahrhunderten durch das Leben eines jeden Fontaine zog. Die Firma, ihre Mitarbeiter und die Fontaines waren wie eine Familie.

„Das Maison zu verlieren, weil ich dem Job nicht gewachsen war …“

„Das ist nicht wahr. Du warst krank. Du musstest die Arbeit delegieren.“

Leider hatte er an die falschen Leute delegiert. Gisèle selbst hatte getan, was sie konnte, um Julien bei öffentlichen Auftritten zu vertreten. Denn was wäre das glamouröse Maison Fontaine ohne ein Mitglied der Familie?

„Julien, ich muss Schluss machen. Er wird jeden Moment hier sein.“

„Okay. Ich warte auf deinen Anruf. Viel Glück.“

Sie würde es schaffen. Natürlich würde sie es schaffen. Dieses Meeting war nur ein weiterer öffentlicher Auftritt. Die eigentliche Arbeit erledigten andere Leute, die sich mit Finanzen, Verträgen und Gesellschaftsrecht auskannten.

Trotzdem drehte sich ihr der Magen um. Sie richtete sich auf und widerstand dem Drang, eine Hand an ihr Haar zu heben.

„Fummle nicht nervös herum, Gisèle“, hörte sie die Stimme ihrer Mutter in ihrem Kopf. „Verlasse niemals dein Zimmer, wenn du nicht perfekt aussiehst.“

Für ihre Mutter, eine der schönsten Frauen ihrer Zeit, war das nicht schwer gewesen. Aber sie hatte recht gehabt. Haltung zählte. Nach Gisèles schmerzhaften Erfahrungen mit der Presse hatte sie gelernt, ihre Unsicherheit nicht durch nervöse Gesten zu verraten.

„Miss Fontaine.“

Es war weder eine Frage noch eine Begrüßung, und die tiefe Stimme jagte einen Schauer über ihre Haut.

Gisèle blickte auf, und die Welt verblasste für eine Sekunde.

Sie erkannte den Australier auf den ersten Blick. Sie hatte sich gründlich über Adam Wilde informiert. Um möglichst viele Informationen über den Mann zu finden, der im Begriff stand, den letzten Fontaines ihr Unternehmen zu entreißen, hatte sie sogar ganz gegen ihre Gewohnheit Klatschmagazine gelesen.

Konnten sie ihm vertrauen, wenn er versprach, er würde das Unternehmen retten, statt es aufzulösen? Er war dafür bekannt, keine Gefangenen zu machen, allerdings auch dafür, scheiternde Unternehmen wieder in die schwarzen Zahlen zu bringen.

Er sah anders aus als auf seinen Fotos. Die Bilder ließen kaum erahnen, welche Power dieser Mann ausstrahlte. Gisèle spürte, wie diese Energie über ihre Haut knisterte und die Luft elektrisierte.

„Mr. Wilde. Wie geht es Ihnen?“ Sie erhob sich und reichte ihm die Hand.

So groß sie auch war, er überragte sie um einen Kopf. Es war albern, sich zu wünschen, sie würde höhere Absätze tragen.

Moosgrüne Augen unter geraden schwarzen Brauen musterten sie. Auch sein Haar war schwarz und lang genug, um zu erkennen, dass es sich kräuseln würde, wenn er es noch länger wachsen ließe. Seine Nase war offensichtlich einmal gebrochen gewesen, was ihm eine harte Ausstrahlung verlieh, die durch sein markantes Kinn und den Bartschatten noch verstärkt wurde.

Er sah aus wie ein Pirat. Als ob er sich nicht an Regeln halten würde. Seine Lederjacke und das am Hals offene schwarze Hemd unterstrichen diesen Eindruck. Gisèle konnte sich keinen größeren Unterschied zu den gut gekleideten Geschäftsleuten vorstellen, mit denen sie sonst zu tun hatte.

Wahrscheinlich fühlte er sich auf einem Motorrad genauso zu Hause wie in einem Sitzungssaal.

Als er sie aus schmalen Augen ansah, stockte ihr der Atem. Doch sie lächelte unbeschwert, selbst dann noch, als er seine große Hand um ihre legte und einen Gefühlsausbruch in ihr auslöste. Hitze und etwas, das ihren Puls beschleunigte und ihre Gedanken durcheinanderwirbelte, packten sie.

„Schön, Sie endlich kennenzulernen“, sagte er, als ob er es ernst meinte.

Weil er unser Unternehmen will. Ich bin nur das Mittel zum Zweck.

Gisèle behielt ihre ausdruckslose Miene bei, als er ihre Hand freigab. Bezog sich sein „endlich“ auf die Tatsache, dass sie seinen ersten Terminwunsch abgelehnt hatte? Er hatte sie schon vor einigen Tagen in Paris treffen wollen. Aber Julien und sein Team hatten Zeit gebraucht, sein Angebot für die Übernahme gründlich zu prüfen.

„Bitte setzen Sie sich“, sagte er, als wäre er der Gastgeber.

Sie sank auf ihren Stuhl. Anstatt ihr gegenüber Platz zu nehmen, setzte er sich im rechten Winkel zu ihr. Sein Bein berührte ihres unter dem Tisch.

Als würde er ihre Überraschung bemerken, beugte er sich vor und murmelte: „Unser Gespräch ist vertraulich. Mir ist es lieber, wenn nicht der ganze Raum mithört.“

Dagegen konnte Gisèle nichts einwenden, doch der Glanz in seinen Augen verriet ihr, dass es ein ganz bewusster Schachzug von ihm war.

Sie unterdrückte einen Seufzer. Wie sehr sie diese Spielchen hasste, die manche Männer spielten.

Ein Kellner brachte ihnen die Speisekarten. Erleichtert konzentrierte sie sich auf die Karte statt auf Adam Wilde. Trotzdem gelang es ihr nicht, sich zu entspannen. Sie war sich viel zu sehr darüber im Klaren, wie scharf sein Blick trotz seiner betonten Lässigkeit war.

Gisèle ignorierte ihre leichte Panik bei dem Gedanken, dass Maison Fontaine seiner Gnade ausgeliefert war, während sie mit ihm Smalltalk hielt.

Bildete sie sich nur ein, dass in diesen grünen Augen Belustigung funkelte? Bei dem vermuteten Anflug von Herablassung sträubten sich ihre Nackenhaare. Aber hier ging es nicht um sie, sondern um das Erbe ihrer Familie und den Lebensunterhalt aller, die bei ihnen beschäftigt waren.

Erst als die Getränke auf dem Tisch standen – Mineralwasser für sie und Bier für ihn –, wandte Wilde sich ihr zu. Er war zu groß für diesen intimen Tisch für zwei. Sein Knie berührte ihren Oberschenkel, seine breiten Schultern verdeckten ihr den Blick auf den Raum.

Aber es lag nicht nur an seiner Größe. Die Atmosphäre hatte sich aufgeladen. Ihr Atem ging zu flach und zu schnell. Nur lebenslanges Training hielt sie davon ab, ärgerlich die Stirn zu runzeln.

Nicht darüber, dass er offenbar Spaß daran hatte, seine Gegner in Verhandlungen zu verunsichern. Das war ein alter Trick. Nein, ihr Ärger galt ihr selbst, weil sie auf ihn als Mann reagierte, anstatt sich nur auf das Geschäft zu konzentrieren.

Der erste Gang wurde serviert, und er nahm sein Besteck auf.

„Also, Mr. Wilde …“, begann sie.

„Bitte, nennen Sie mich Adam. Und Sie sind Gisèle.“

Er bat nicht um Erlaubnis, sie beim Vornamen nennen zu dürfen. Zum ersten Mal, seit sie sich erinnern konnte, wollte Gisèle darauf bestehen, mit ihrem Nachnamen angeredet zu werden. Denn sie begriff zum ersten Mal, wie viel Macht in einem Namen steckte. Jedenfalls wenn Adam Wilde ihn mit seiner tiefen, leicht rauen Stimme aussprach, löste das ein seltsames Gefühl in ihr aus.

Angst durchfuhr sie.

„Es sei denn, Sie bevorzugen Miss Fontaine?“ Sein Gesichtsausdruck veränderte sich, seine Lippen verengten sich, und ein harter Ausdruck trat in seine Augen.

Sie konnte es sich nicht leisten, den Mann vor den Kopf zu stoßen, der das Unternehmen retten konnte. „Gisèle ist in Ordnung.“ Sie verzog die Lippen zu einem Lächeln. „Aber Sie sind nicht den ganzen Weg hierhergekommen, um über Reisen und das Wetter zu plaudern. Zu Ihrem Vorschlag …“

„Sie scheinen es sehr eilig zu haben, das Unternehmen loszuwerden, das Ihre Familie über Generationen aufgebaut hat.“ Er hob eine Augenbraue, nahm einen Bissen gebratene Jakobsmuschel und kaute langsam. „Warum erzählen Sie mir nicht zuerst etwas über sich?“

Mit einer Mischung aus Verblüffung und Empörung sah sie ihn an. Sie wollte ihre Firma nicht loswerden! Ganz im Gegenteil. Schon bei der Vorstellung brach ihr das Herz. Es fühlte sich wie Verrat an ihrem Großvater und dem gesamten Personal an, das Unternehmen in fremde Hände abzugeben.

Ihre schönsten Kindheitserinnerungen stammten von den Blumenfeldern und aus der Parfümherstellung. Die Firma zu verlieren, fühlte sich an, als würde sie einen Teil von sich selbst verlieren.

„Da liegen Sie vollkommen falsch, Mr. Wilde – Adam.“ Ihr Mund wurde schmal, während sie darum kämpfte, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten. „Wir haben es ganz und gar nicht eilig, Maison Fontaine abzugeben. Aber Sie und ich sind hier, um über Geschäfte zu sprechen. Ich sehe nicht, warum es wichtig sein sollte, über mich zu sprechen.“

Er zuckte mit den breiten Schultern. Die lässige Bewegung erinnerte sie an die Macht, die dieser Mann hatte. Alles hing von seiner Zustimmung ab. Ohne ihn würde es keinen Deal geben. Maison Fontaine wäre bankrott, und die Angestellten wären arbeitslos.

„Weil es mich interessiert, Gisèle.“ Sein Gesichtsausdruck wurde unerbittlich und zeigte die eiserne Faust unter dem Samthandschuh. „Wir haben genug Zeit.“

Sie betrachtete ihn aufmerksam und versuchte herauszufinden, was er vorhatte. Abgesehen davon, sie zu verunsichern. Aber es spielte keine Rolle, was er von ihr hielt. Sie setzte sich aufrechter hin und kämpfte darum, einen ausdruckslosen Gesichtsausdruck beizubehalten. „Was möchten Sie wissen?“

Er zeigte auf ihren unberührten Teller. „Sie haben keinen Hunger?“

Natürlich hatte sie keinen Hunger. Ihr Magen schlug Purzelbäume, aber das musste er nicht wissen. Gisèle schnitt ein Stück von ihrer köstlichen Gemüsequiche ab und kaute mechanisch.

„Ich möchte ein Gefühl für das Unternehmen bekommen“, fuhr Adam fort. „Es handelt sich um ein Familienunternehmen, darum kann ich mir ein besseres Bild machen, wenn ich mehr über Sie erfahre.“

Gisèle unterdrückte ein Stirnrunzeln. Das ergab keinen Sinn. Sie arbeitete hart für Maison Fontaine, aber es existierte bereits seit Generation, lange vor ihrer Geburt. Außerdem musste er sich über ihr Unternehmen bereits gründlich informiert haben, sonst wäre er nicht hier.

„Mein Bruder …“, begann sie.

„Ich interessiere mich für Ihre Familie, aber Ihr Bruder kann für sich selbst sprechen.“ Seine Augen funkelten. „Erzählen Sie mir von sich.“

Sie war es gewohnt, in der Öffentlichkeit zu stehen, und hatte gelernt, dass die Leute sahen, was sie zu sehen erwarteten. Dieser Mann hingegen schien unter der Oberfläche graben zu wollen. Als wäre es ihm wirklich wichtig, was für ein Mensch sie war.

Sie versteckte ihr undamenhaftes Schnauben hinter einem Husten und griff nach ihrem Mineralwasser. Offensichtlich amüsierte er sich großartig.

Aber auch wenn ihr Stolz diesem Deal nicht im Wege stehen durfte, würde sie nichts Persönliches mit einem Mann teilen, der sie so nervös machte. „Ich wurde in Paris geboren. Mein Vater arbeitete dort für die Firma.“

„Und Ihre Mutter?“

„Sie war Model, eine Amerikanerin. Nach dem College hatte sie Urlaub in Frankreich gemacht.“

„Dort lernte sie Ihren Vater kennen und blieb.“

Offensichtlich kannte er die Story über ihren Vater und ihre umwerfend schöne Mutter. Kein Wunder, die beiden hatten jahrelang alle Schlagzeilen beherrscht. Das Paar war glamourös und hinreißend gewesen, immer an den richtigen Orten, zusammen mit den Reichen und Berühmten.

Gisèle ließ sich Zeit und nahm noch einen Bissen von dem köstlich duftenden Gemüsekuchen. Aber wegen ihrer Anspannung schmeckte die Quiche wie Pappe. „Mein Vater engagierte meine Mutter als Model für eine Werbekampagne. Sie verliebten sich, und ja, sie blieb in Frankreich. Die Kampagne wurde ein enormer Erfolg.“

Ihre Mutter war Fontaines beliebtestes Model gewesen. Auch nach der Geburt ihrer Kinder hatte sie weitergearbeitet, bis ihr Mann bei einer berühmten Autorallye vor den Fernsehkameras in einem Flammenball starb. Nach dieser Tragödie ließ ihre Mutter Julien und Gisèle beim Großvater zurück und suchte nach jemandem, der die klaffende Lücke füllen konnte, die der Tod ihres Mannes in ihrem Leben hinterlassen hatte.

Ihre Beziehungen zu einer Reihe berühmter, äußerst wohlhabender und eiskalter Männer hatten den Medien endloses Futter geliefert. Ebenso wie ihr unerwarteter Tod an einer Lungenentzündung, über den in der Presse immer noch wild spekuliert wurde.

Über dieses Thema würde sie auf keinen Fall mit ihm sprechen. „Ich bin in Paris aufgewachsen und habe die Sommer in Südfrankreich verbracht.“

Als sie aufschaute, sah sie, dass Wilde sich zurücklehnte. Seine Haltung wirkte entspannt, aber sein Blick blieb aufmerksam.

Eilig sprach sie weiter. „Die Fontaines waren ursprünglich Bauern. Unser Hauptproduktionsstandort liegt in Südfrankreich. Ich habe schon als Kind bei der Lavendelernte geholfen und bei den Rosen und dem Jasmin. Grandpère hat mir beigebracht, wie man destilliert und Essenzen aus den Blüten gewinnt, um sie zu unseren charakteristischen Düften zu mischen.“

Vom ersten Moment an war Gisèle fasziniert von der Parfümproduktion gewesen, vor allem von dem hochtalentierten Parfümeur mit seinem unglaublichen Gespür für Düfte, der in seinem Labor neue Duftkombinationen kreiert hatte.

„Sie klingen ja richtig begeistert.“

Er sah überrascht aus. Warum? Hatte er geglaubt, sie wäre gezwungen worden, in der Firma zu arbeiten?

Sie erinnerte sich an seine Bemerkung, dass sie ihr Unternehmen unbedingt loswerden wollte. Allein der Gedanke an diese Unterstellung ärgerte sie. Aber sie war zu stolz, um ihn zu korrigieren.

Außerdem, was spielte es für eine Rolle? Bald würde sie sich eine andere Arbeit suchen müssen. Adam Wilde würde Julien und sie nicht im Unternehmen behalten wollen, sondern sein eigenes Team zusammenstellen.

Es war sicherer, über das Unternehmen zu sprechen. „Die Magie des Mischens ist faszinierend“, erwiderte sie.

„Magie?“

Ungläubig hob er die Augenbrauen. Vielleicht dachte er, dass sie ihm das Geschäft schmackhafter machen wollte, um einen besseren Preis zu bekommen. Als wäre so etwas bei einem Mann wie ihm möglich!

Selbst nach der kurzen Zeit mit ihm vermutete Gisèle, dass Adam Wilde nur an Gewinn und Sachwerten interessiert war. Er interessierte sich nicht für Wunder – wie das Mischen von Essenzen aus Bergblumen, um einen völlig neuen einzigartigen Duft zu komponieren. Einen Duft wie ein mit Juwelen besetzter Himmel über den Bergen fernab der Lichter der Stadt. 

Die Erkenntnis traf sie wie ein Schlag in den Magen. Ein Mann wie er sollte ihr geliebtes Unternehmen nicht übernehmen. Sie und ihre Familie waren durchaus Realisten, sie hatten ihr weltberühmtes Unternehmen mit harter Arbeit aufgebaut. Aber gleichzeitig waren sie auch stolz auf ihre Visionen und den Zauber ihrer Produkte.

„Ja, für mich ist es Magie.“ Sie wandte sich von seinem durchdringenden Blick ab, nippte an ihrem Wasser und nickte, als der Kellner fragte, ob er ihren kaum berührten Teller abräumen sollte.

Als er gegangen war, schaute sie Wilde an. „Nach der Schule habe ich Naturwissenschaften studiert und bin schließlich in das Unternehmen eingestiegen. Seitdem arbeite ich dort.“

Er neigte den Kopf zur Seite. „Aber offenbar nicht sehr oft. Sie nehmen an jeder wichtigen Galaveranstaltung in ganz Europa teil und sind das Gesicht des Hauses Fontaine.“

Gisèle versuchte erfolglos, seinen Tonfall zu deuten. Seine Worte hatten einen harten Unterton, klangen aber nicht missbilligend.

Anstatt zu versuchen, es herauszufinden, antwortete sie ihm, als hätte er seine Worte als Kompliment gemeint. „Das ist nett von Ihnen. Julien und ich haben uns sehr bemüht, dem Unternehmen das richtige Image zu vermitteln.“

Auch wenn es sie viel gekostet hatte. Selbst nach all dieser Zeit ließen der Anblick der sie bedrängenden Paparazzi und der Klang ihres gerufenen Namens, damit sie in die Kamera schaute, ihr das Blut in den Adern gefrieren. Sie hatte nur einfach gelernt, es gut zu verbergen.

„Ich bin überrascht, dass Sie dabei Zeit zum Arbeiten finden.“

Das war jetzt eindeutig ein Seitenhieb. Offenbar glaubte er, dass sie ihre Zeit damit verbrachte, auf Partys Champagner zu trinken, statt für ihren Lebensunterhalt zu arbeiten.

Trotz ihrer aufflammenden Wut behielt sie ihren ruhigen Gesichtsausdruck bei. Damit sie die Fassung verlor, musste ein Mann schon mehr tun. Sie hatte schon sehr viel Schlimmeres als ihn erlebt. „Sie wären überrascht … Adam, was ich alles kann.“

Fast hätte sie hinzugefügt, dass sie sogar gleichzeitig laufen und Kaugummi kauen konnte. Aber es wäre ausgesprochen unklug, ihn zu beleidigen.

„Ja, vielleicht wäre ich das wirklich“, murmelte er.

Gisèle lächelte dem Kellner dankend zu, der ihr Hühnchen servierte. Es roch köstlich, aber sie fragte sich, wie sie auch nur eine Gabel voll herunterbekommen sollte.

Sie hatte gehofft, das Unternehmen in gute Hände abgeben zu können. Doch leider hatte sie bei diesem Meeting noch nichts gesehen, was sie beruhigt hatte. Adam Wilde würde Maison Fontaine niemals richtig zu schätzen wissen.

Das beunruhigende Kribbeln, das sie jedes Mal durchströmte, wenn sich ihre Blicke trafen, konnte nur Abneigung sein. Auf keinen Fall war es Anziehungskraft.

Gisèle blinzelte und nahm einen Bissen von ihrem Huhn.

„Sie wollten über den Vertrag sprechen“, sagte er. Überrascht blickte sie auf. Adam war offensichtlich auf seinen Fisch konzentriert. Ohne sie anzuschauen, fuhr er fort: „Ich habe noch eine zusätzliche Bedingung. Eine, die nicht im Vertragsentwurf enthalten ist.“

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