Glück war nicht vorgesehen

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Sie liebt ihren Mann von ganzem Herzen! Für Petra Farrell allerdings keine Selbstverständlichkeit, sondern eine Katastrophe! Denn sie und Liam haben eine so genannte "Vernunftehe" geschlossen, um Liams Großvater den lang ersehnten Erben für sein immenses Vermögen zu schenken. Spätestens nach einem Jahr soll ihre Verbindung wieder getrennt werden -natürlich erst, wenn Petra ihren Part erfüllt hätte. Als sie jedoch auch nach vielen leidenschaftlichen Nächten noch immer kein Kind erwartet, kommt Liam ins Grübeln. Sollte bei ihm etwas nicht in Ordnung sein? Oder müssen seine Bemühungen nur intensiver werden? Dass Petra genau weiß, warum sie nicht schwanger wird, ahnt er nicht!


  • Erscheinungstag 01.06.2011
  • Bandnummer 1630
  • ISBN / Artikelnummer 9783864942938
  • Seitenanzahl 160
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

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1. KAPITEL

Schnell gefreit, lange bereut.

Petra stand unter der Dusche. Sie hob den Kopf und ließ das warme Wasser übers Gesicht laufen, bis ihre Haut sich wie betäubt anfühlte. Die ganze Zeit wünschte sie, sie könnte die Gedanken verdrängen. Doch die Redewendung ging ihr nicht aus dem Kopf.

Schnell gefreit, lange …

„Nein!“ rief sie verzweifelt aus. Schnell stellte sie das Wasser ab und schloss die Augen, als könnte sie so die bedrückenden Gefühle loswerden. In der Stille um sie her hörte sie ihren eigenen kurzen Atem, der so unnatürlich laut klang, als käme er von einem gequälten, gejagten Tier, das in eine Falle geraten war und keinen Ausweg mehr fand.

„Nein“, wiederholte sie weniger laut und schüttelte den Kopf. Das Wasser spritzte aus ihrem langen braunen Haar an die teuren Kacheln der Duschkabine. „O nein …“

Die Stille war unerträglich und zu beunruhigend. Sie musste die Dusche wieder anstellen, sonst würde sie verrückt.

„Petra?“ ertönte in dem Moment eine tiefe männliche Stimme von der Tür her, die das Badezimmer mit dem Schlafzimmer verband.

Schockiert riss Petra die Augen auf und blickte in die Richtung. Durch das dicke Glas sah sie undeutlich die Umrisse der großen, muskulösen Gestalt ihres Mannes. Sie brauchte ihn auch gar nicht deutlich zu sehen, denn sogleich stieg sein Bild vor ihr auf.

Er hatte ein markantes Gesicht, kräftige Wangenknochen, eine gerade Nase und grüne Augen mit dichten Wimpern. Das gewellte dunkelbraune Haar schimmerte in der Sonne wie Kupfer. Mit den breiten Schultern, der muskulösen Brust, den schmalen Hüften und den langen, kräftigen Beinen wirkte er sehr attraktiv und athletisch.

„Du bist hier?“

„Wen hast du denn sonst in deinem Badezimmer erwartet?“ fragte Petra. Sie bemühte sich, die Stimme humorvoll klingen zu lassen. Es gelang ihr jedoch nicht, denn allein das Wissen, dass Liam an der Tür stand, ließ ihre Haut kribbeln. Seine tiefe, raue Stimme kam Petra vor wie ein sanftes Streicheln. Sie bekam Herzklopfen, und ihr Puls jagte.

„In unserem Badezimmer.“

„Wie bitte?“ Sie hatte ihn unter dem rauschenden Wasser nicht verstanden. „Was hast du gesagt?“

„In unserem Badezimmer, habe ich gesagt. Es ist nicht nur meins, sondern auch deins.“

Es war ein sanfter, freundlicher Vorwurf. Dennoch überlief es Petra kalt. Unser Badezimmer, unsere Dusche, dachte sie. Ahnte er, was es für sie bedeutete, diese Worte von ihm und den besitzergreifenden Ton in seiner so sinnlich klingenden Stimme zu hören? Sie wusste, was er meinte: Er glaubte, sie, Petra, zu besitzen.

Nach außen sah es so aus, als wären sie und Liam Farrell ein glückliches Ehepaar, das an diesem Abend im Dezember den ersten Hochzeitstag feierte. In Wahrheit war die ganze Sache jedoch viel komplizierter. Deshalb war Petra schon seit einigen Tagen so ruhelos.

„Soll ich dir Gesellschaft leisten?“ fragte er gut gelaunt.

„Nein!“ protestierte sie sogleich und versteifte sich, obwohl nichts Bedrohliches oder Beängstigendes in Liams Worten gelegen hatte. „Tu das nicht!“

Er stand ganz still da, und Petra glaubte zu spüren, dass seine Stimmung umschlug. Sein Schweigen verriet ihr mehr als jede Antwort, wie sehr ihm ihre Reaktion missfiel.

„Ich … bin sowieso gleich fertig“, fügte sie hinzu. Allein bei der Vorstellung, er würde seine Ankündigung wahr machen, geriet sie in Aufregung. Ihre Nerven waren plötzlich zum Zerreißen gespannt. Zugleich bekam sie Herzklopfen. Unter dem warmen Wasser, das über ihren Körper strömte, fing ihre Haut an zu kribbeln bei dem Gedanken an das sinnliche Vergnügen, das Liam ihr immer wieder bereitete.

„Okay, dann komm“, forderte er sie auf.

Durch das matte Glas sah Petra, wie er das weiße Badetuch in die Hand nahm, es auseinander faltete und ihr hinhielt. Dieses Mal musste sie sich seinem Wunsch fügen, das war ihr klar. Sie konnte ihn nicht länger warten lassen.

„Petra!“

Habe ich mich verhört, oder lag da wirklich ein warnender Ton in seiner Stimme? überlegte sie. Vielleicht hatte sie sich getäuscht. Oder sie war nur überempfindlich.

„Petra!“

Nein, sie hatte sich nicht getäuscht. Seine Stimme klang wirklich ungeduldig und leicht bedrohlich. Schnell stellte Petra das Wasser ab und strich sich das lange Haar aus dem Gesicht.

Wie konnte sie ihm so gegenübertreten? Es gibt nur eine Möglichkeit, ich muss nach seinen Regeln mitspielen, sagte sie sich. So war es von Anfang an gewesen, weil Liam es so wollte. Das hatte er ihr unverblümt gesagt, als er ihr den Heiratsantrag gemacht hatte, der ihr eher wie ein Vorschlag zum Abschluss eines Geschäfts vorgekommen war. In den letzten Monaten war Petra jedoch klar geworden, dass sie so, wie sie es vereinbart hatten, nicht mit ihm zusammenleben konnte. Verzweifelt hatte sie versucht, eine Möglichkeit zu finden, mit ihm darüber zu reden.

Schnell gefreit, lange bereut.

Die Redewendung schien in ihrem Kopf wie ein Echo widerzuhallen, während Petra die Tür der Duschkabine öffnete. Sie verdrängte sie energisch und bemühte sich, ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern. Das erwartete Liam von ihr, und sie hoffte, es würde echt wirken.

Schnell gefreit, lange bereut. Den ganzen Tag hatte Liam sich mit diesem Gedanken herumgequält. Er war schon damit aufgewacht und hatte ihn nur zeitweise verdrängen können.

Wahrscheinlich war es unvermeidlich, dass ihm am ersten Jahrestag der überstürzten Hochzeit alle möglichen Gedanken durch den Kopf gingen. Was, zum Teufel, habe ich da getan? fragte er sich. Noch nie zuvor hatte er sich selbst so heftige Vorwürfe gemacht.

Die Hochzeit vor einem Jahr, genau vier Tage vor Weihnachten, war ihm wie ein Glücksfall und die Lösung vieler Probleme vorgekommen. Doch er hatte es sich, was untypisch für ihn war, nicht gut genug überlegt. Es hatte einige unerwartete Entwicklungen gegeben. Und die jüngste Entwicklung hatte ihn sogar aus dem seelischen Gleichgewicht gebracht. Wie hatte er sich in so eine Situation bringen können?

„Verdammt, Petra, kommst du nun endlich? Oder muss ich dich …?“ Liam verstummte, denn in dem Moment wurde die Tür der Duschkabine geöffnet, und seine Frau kam heraus.

Verdammt, verdammt! Musste er sich wirklich fragen, warum er sich auf diese Sache eingelassen hatte? Er brauchte nur seine Frau anzusehen, dann wusste er die Antwort.

Insgeheim verfluchte er die Reaktion seines Körpers. Bei Petras Anblick breitete sich heißes Verlangen in ihm aus. Er begehrte sie so sehr, dass es beinah körperlich schmerzte. Er musste sich sehr beherrschen, nicht laut zu stöhnen.

„Was wolltest du sagen?“

Wusste sie, wie verführerisch sie aussah? Das Wasser lief ihren herrlichen Körper hinunter, und ihre sonst sehr helle Haut war nach dem Duschen leicht gerötet. Und wusste sie, welche Wirkung es auf ihn hatte, dass sie ihm ihre üppigen Rundungen so unverhüllt zeigte? Sie hatte volle Brüste, eine sehr schlanke Taille, schmale Hüften und endlos lange Beine.

Natürlich wusste sie, wie er darauf reagierte. Jeden Abend im Bett erlebte sie es von neuem. Sie fühlten sich körperlich sehr zueinander hingezogen, und deshalb hatten sie so überstürzt geheiratet.

„Liam?“ Sein Schweigen irritierte sie. Sie kniff die blauen Augen zusammen und runzelte die Stirn.

Er lächelte betont verführerisch und ließ den Blick von ihrem nassen braunen Haar, das ihr am Kopf klebte, über ihren herrlichen Körper bis zu ihren Zehen gleiten.

„Musst du das noch fragen? Du weißt doch, was passiert wäre. Wenn ich mich zu dir unter die Dusche gestellt hätte, hätten wir jetzt wilden, leidenschaftlichen Sex.“

Damit hatte Petra wahrscheinlich gerechnet. Hätte er etwas anderes gesagt, dann hätte er damit bewiesen, dass sich in ihrer Beziehung etwas verändert hatte. Liam war jedoch noch nicht bereit, das zuzugeben, weder vor sich selbst noch Petra gegenüber.

„Wir könnten es immer noch tun.“ In ihren blauen Augen blitzte es auf, und ihr Lächeln wirkte wie eine Einladung.

„Wenn du möchtest …“ Er konnte der Versuchung kaum widerstehen, wenn sie ihn so anblickte. Liam betrachtete ihre verführerischen Lippen, die sie jetzt befeuchtete. Dass sie nackt war, schien Petra überhaupt nicht zu stören. Stolz und mit hocherhobenem Kopf stand sie völlig unbekleidet da, während er noch den eleganten silbergrauen Anzug und das dunkelgraue Seidenhemd samt Krawatte anhatte, in denen er von einer geschäftlichen Besprechung gekommen war.

Wahrscheinlich wusste sie genau, wie schön sie war mit den tiefblauen Augen, den hohen Wangenknochen, den vollen Lippen, die zum Küssen einluden, und der feinen Haut, die ohne jedes Make-up noch feiner wirkte.

„Aber du müsstest deinen eleganten Anzug ausziehen. Du möchtest ihn sicher nicht ruinieren, oder?“

Das war zu viel. Er konnte ihr nicht mehr widerstehen. Die Gewohnheiten eines ganzen Jahres ließen sich nur schwer ändern. Ohne nachzudenken, ging er auf sie zu und löste die Krawatte. Dabei lächelte er Petra an und sah ihr in die Augen. Doch plötzlich wurde ihm bewusst, was er da tat.

„Vielleicht sollten wir es sein lassen“, begann er und versuchte, einen entspannten, gelösten und gleichgültigen Eindruck zu erwecken. Offenbar gelang es ihm besser, als er erwartet hatte, denn ihre Miene verfinsterte sich. „Hier.“ Er reichte ihr das Badetuch.

In Petras Augen blitzte es vorwurfsvoll auf. Er rechnete damit, dass sie ihre Meinung sagen würde, denn in dem einen Ehejahr hatte er die Erfahrung gemacht, dass seine Frau kein Blatt vor den Mund nahm. Wenn sie ärgerlich oder enttäuscht war, sprach sie es aus. Zu seiner Überraschung biss sie sich jedoch nur auf die Lippe und schwieg, während sie leicht erbebte.

„Du frierst“, stellte er fest und war froh über die Ablenkung. Ein einzelner Wassertropfen lief langsam aus ihrem dunklen Haar über ihre Schulter und eine ihrer vollen Brüste bis hinunter zu der aufgerichteten Brustspitze.

Liam konnte der Versuchung kaum widerstehen, seine Frau zu küssen. Er schluckte und forderte sie schnell und mit vor Verlangen rauer Stimme auf: „Petra, steh nicht einfach da herum. Trockne dich endlich ab.“ Er hatte das Gefühl, sie zögerte. Aber vielleicht hatte er sich getäuscht.

Widerspruchslos ließ sie sich von ihm das Badetuch um die Schultern und ihre schlanke Gestalt legen. Dass sie immer noch so schlank war wie bei der Hochzeit, war nicht vorgesehen gewesen. Sie hatten geplant gehabt, Kinder zu bekommen. Doch Petra war immer noch nicht schwanger.

„Danke, ich komme allein zurecht“, stieß sie hervor. Sie musste etwas sagen, um das unbehagliche Schweigen zu brechen und Liam davon abzuhalten, unangenehme Fragen zu stellen. Natürlich hatte ihr Erbeben nichts mit der Raumtemperatur zu tun gehabt. Petra war nur über ihre Gedanken beunruhigt gewesen.

„Ich muss mir das Haar föhnen, sonst werde ich nie rechtzeitig fertig“, erklärte sie.

Er versuchte nicht, sie zurückzuhalten. Und das verstärkte ihr Unbehagen und ihre Verwirrung. So kannte sie ihn gar nicht, diese Reaktion war untypisch für ihn. Sie hatte damit gerechnet, er würde zumindest leicht protestieren. Als er die provozierende Bemerkung gemacht hatte, ihr unter der Dusche Gesellschaft zu leisten, war er in einer ganz anderen Stimmung gewesen als jetzt. Petra hatte erwartet, er würde versuchen, sie zu küssen und zu umarmen, wie um ihr zu beweisen, dass die sexuelle Anziehungskraft zwischen ihnen noch funktionierte. Damit hätte sie umgehen können. Nicht jedoch mit seiner kühlen Gleichgültigkeit.

Irgendetwas stimmte hier nicht. Das spürte Petra schon seit einigen Tagen. Es beschäftigte sie und ließ sich kaum noch verdrängen. Hoffentlich ahnt er nicht, was ich für ihn empfinde, dachte sie.

„Was ist los?“ fragte er plötzlich.

Petra zuckte zusammen. Dann ging sie barfuß über den dicken bronzefarbenen Teppich ins Schlafzimmer.

„Was soll schon los sein?“ Ihre Stimme klang unsicher und heiser und verriet Petras inneren Aufruhr. Ihre Hand zitterte leicht, als sie nach der Haarbürste griff. „Was soll los sein?“

„Ich weiß es nicht. Vielleicht kannst du es mir verraten“, antwortete er rätselhaft.

„Liam, es ist alles in Ordnung“, behauptete sie.

Er zog skeptisch die Augenbrauen hoch, und Petra hielt die Bürste so krampfhaft fest, dass ihre Knöchel weiß hervortraten.

„Okay.“ Sie sah ihm in die Augen und wünschte sogleich, sie hätte es nicht getan. „Okay“, wiederholte sie angespannt. „Da du mir offenbar nicht glaubst, solltest du mir sagen, was los ist. Vielleicht erklärst du mir, weshalb du überhaupt gefragt hast.“

Er beherrschte sich perfekt und zuckte so gleichgültig die Schultern, als wäre die ganze Sache völlig unwichtig. Sein eindringlicher Blick strafte jedoch seine betont lockere Haltung Lügen. Unter diesem prüfenden Blick fühlte Petra sich unbehaglich und sehr verletzlich. Es kam ihr vor, als wollte er die Schutzmauer, die sie um sich errichtet hatte, durchdringen.

„Ich hatte erwartet, dass du heute glücklich und entspannt bist und dich auf die Party heute Abend freust. Stattdessen bist du nervös und abweisend.“

Ich soll abweisend sein? überlegte sie. Wie nannte er dann sein Verhalten während der letzten Wochen? Warum war er ausgerechnet in dem Moment, wo sie unbedingt mit ihm reden wollte, so schwierig und unnahbar? Beinah hätte sie die Frage laut ausgesprochen. Aber sie konnte sie gerade noch zurückhalten.

„Wenn ich wirklich so nervös und abweisend bin, wie du behauptest, könnte es dann nicht an der Party liegen?“

Liam schüttelte den Kopf. „Liebling, du weißt selbst, dass es nicht stimmt. Das kann unmöglich der Grund sein.“

„Und warum ist das so unmöglich?“

„Du weißt, warum.“

„Sag es mir“, forderte sie ihn auf.

Er durchquerte den Raum und stellte sich neben sie. „Ich habe dich noch nie so nervös und unruhig vor einem gesellschaftlichen Ereignis erlebt. Normalerweise bringt dich nichts durcheinander, ganz bestimmt nicht eine Party.“

„Nein.“ Petra schüttelte den Kopf. Dabei fiel ihr das feuchte Haar ins Gesicht.

„Nein? Was heißt das?“ fragte er skeptisch. „Nichts bringt dich durcheinander? Oder die Party nicht?“

„Es soll heißen, dass du nicht Recht hast“, erwiderte sie. „Ich verstehe nicht, warum du glaubst, der heutige Abend würde mich nicht durcheinander bringen.“

„Warum, zum Teufel, sollte er das?“ Er wurde ungeduldig, und seine Stimme klang leicht gereizt. „Es gibt doch keinen Grund zur Beunruhigung.“

„Nein?“

„Nein. Es ist ein erfreuliches Ereignis. Du kennst die Leute, die kommen. Es sind Familienangehörige und Freunde. Sie wollen mit uns feiern …“

„Das genau ist der Punkt“, unterbrach sie ihn. Sie konnte sich nicht mehr beherrschen. Welches „erfreuliche Ereignis“ Liam sich nach einem Jahr Ehe gewünscht hatte, war ihr völlig klar. Er hatte damit gerechnet, dass sie jetzt schwanger war. Das hatten sie sich am Anfang beide gewünscht. Petra wünschte es sich immer noch, aber aus anderen Gründen als damals.

„Wovon redest du, Petra? Ich verstehe überhaupt nichts mehr.“ Liam runzelte irritiert und ärgerlich die Stirn.

„Das liegt vielleicht daran, dass das alles keinen Sinn macht.“ Sie fing an, ihr Haar so energisch zu bürsten, dass es Rückschlüsse auf ihren seelischen Zustand zuließ.

„Was, zum Teufel …?“ Liam hielt ihre Hand fest.

Sie brauchte ihn gar nicht anzusehen, sie ahnte, was seine Miene ihr verraten würde. Deshalb senkte sie den Blick und betrachtete seine eleganten Schuhe. Er macht wieder seinen Anspruch geltend, dachte sie.

„Petra, Liebes, willst du mir nicht erklären, was dir durch den Kopf geht? Was beschäftigt dich?“

Dass er sie so gedankenlos Liebes nannte, war mehr, als sie ertragen konnte. Es war nur ein Wort, das nichts bedeutete und mit dem viele Männer ihre Frauen anredeten. Petra wusste genau, dass Liam nie darüber nachdachte, was sie empfinden musste, wenn er dieses Kosewort benutzte, obwohl ihre Ehe mit Liebe nichts zu tun hatte.

Zumindest war es am Anfang so gewesen. Sie hatten sich darauf verständigt, eine Vernunftehe zu führen. Tiefere Gefühle waren weder bei ihr noch bei Liam im Spiel gewesen. Bei Liam hatte sich in dieser Hinsicht nichts geändert. Bei ihr jedoch alles. Deshalb fand sie es nahezu unmöglich, die Ehe unter den vereinbarten Bedingungen fortzusetzen.

Sie hatte sich eingeredet, sie würde sich an die Spielregeln halten können. Aber das fiel ihr immer schwerer. Sie hatte gegen die Regeln verstoßen, die sie damals aufgestellt hatten, als sie beschlossen hatten zu heiraten, denn sie hatte sich unsterblich und hoffnungslos in ihren Mann verliebt. Doch Liebe sollte es in ihrer Ehe nicht geben.

Und weil sie das wusste, hatte sie aus lauter Verzweiflung Maßnahmen ergriffen, um nicht schwanger zu werden, obwohl Liam unbedingt ein Kind haben wollte.

2. KAPITEL

„Nenn mich nicht Liebes!“ forderte Petra ihren Mann schmerzerfüllt auf. „Es gefällt mir nicht.“ Mehr wagte sie dazu nicht zu sagen.

„Das ist mir neu. Aber okay.“

Liams gleichgültige Antwort machte für Petra alles noch schlimmer.

„Hat dich etwa das beschäftigt?“ fragte er. Seine Miene verriet, dass er ihre Reaktion für übertrieben hielt.

„Nein, natürlich nicht.“

„Dann erklär mir bitte, was los ist.“ Seine Stimme klang hart und kühl. Offenbar war er nahe daran, die Geduld zu verlieren. Wenn Petra immer noch zögerte oder versuchte, ausweichende Antworten zu geben, wäre seine Geduld am Ende.

Seinen Zornesausbruch wollte Petra jedoch nicht riskieren. „Es hängt mit der Party zusammen“, behauptete sie deshalb.

„Was ist damit?“

„Ich bin mir nicht sicher, ob es richtig ist.“

„Richtig?“ wiederholte er verständnislos und runzelte die Stirn. „Kannst du dich bitte genauer ausdrücken?“

„Ich bin mir nicht sicher, ob es richtig ist, dass wir überhaupt feiern. Nein, hör mir bitte zu“, bat sie ihn schnell, als er tief einatmete, so als wollte er sie unterbrechen. „Es ist unser erster Hochzeitstag.“

„Das ist mir völlig klar“, erwiderte er so ironisch, dass sie unwillkürlich zurückwich.

„Aber wir haben ja nicht aus denselben Gründen geheiratet wie die meisten anderen Paare, die dann auch den Hochzeitstag gern feiern. Wir führen keine normale Ehe und werden es auch nie tun“, fuhr Petra fort.

Das Problem war, sie sehnte sich danach, dass es so wäre. Sie hatte von Liebe und Glück geträumt, und diese Träume waren stärker gewesen als ihr Wunsch, Kinder zu haben. Liam war jedoch nur mit ihr zusammen, weil er mit ihr Kinder haben wollte.

„Dennoch haben wir alle diese Leute eingeladen, meine Familie, deinen Großvater, Freunde …“

„Sie wollten doch kommen, um mit uns zu feiern. Außerdem ist bald Weihnachten, und Weihnachtsfeiern sind sehr beliebt“, wandte Liam ein.

Petra war sich sicher, dass er es ihr absichtlich schwer machte. Er wusste genau, was sie meinte. Aber offenbar wollte er sie zwingen, es auszusprechen.

„Natürlich kommen sie gern. Sie kennen jedoch die Wahrheit nicht, sie ahnen nicht, dass unsere Ehe kaum mehr als eine geschäftliche Vereinbarung ist und nicht aus Liebe geschlossen wurde. Wir haben eigentlich nicht das Recht, von ihnen zu erwarten, dass sie etwas mit uns feiern, was letztlich eine Lüge ist.“

„Eine Lüge?“ wiederholte er betroffen.

Ihm gefiel offenbar nicht, was sie da gesagt hatte. Seine Miene verfinsterte sich. Er nahm Petra die Bürste aus der Hand und warf sie achtlos auf den Teppich. Dann packte er sie an den Armen und presste sie fest an sich, dass sie den Kopf heben und Liam ansehen musste. Sie hätte auch den Kopf an seiner Schulter bergen können. Aber das wollte sie nicht riskieren, denn sie war ihm sowieso schon viel zu nah. Sie hatte das Gefühl, den Duft seiner Haut wahrzunehmen, und seine verführerischen Lippen waren genau auf der Höhe ihrer Augen. Der Versuchung, ihre Lippen auf seine zu pressen, konnte sie kaum widerstehen.

Petra wusste, dass seine Stimmung sich aufhellte, wenn sie ihn küsste. Zumindest war es bisher so gewesen. Doch da er sich jetzt nach dem kleinen Zwischenfall im Badezimmer verschlossen hatte, befürchtete sie, er würde sie noch einmal zurückweisen. Und das hätte sie nicht ertragen.

Außerdem hatte sie schon seit einigen Monaten ein schlechtes Gewissen. Als sie vorhin von einer Lüge gesprochen hatte, hatte sie ihr eigenes Verhalten gemeint. Sie fühlte sich schuldig, weil sie ihm nicht mehr die Wahrheit sagte.

„Eine Lüge“, wiederholte Liam ruhiger, aber genauso hart wie zuvor. „Unsere Ehe ist keine Lüge, Liebes. Sie ist so, wie wir es gewollt haben und was wir daraus gemacht haben. Und deshalb ist sie viel ehrlicher als die meisten anderen Verbindungen.“

„Aber …“ Petra wollte ihm endlich alles gestehen. Doch Liam ließ sie nicht zu Wort kommen.

„Glaub mir, viele Paare, die überzeugt waren, ihre Liebe würde das ganze Leben lang halten, schaffen es noch nicht einmal bis zum ersten Hochzeitstag. Viele Ehen zerbrechen schon beim Auftauchen der ersten Schwierigkeiten. Die Liebe erlischt, und alles ist vorbei. Man hasst sich und will sich nie wiedersehen. Deshalb …“ Liam verstummte.

Irgendwo habe ich gerade einen schweren Fehler gemacht, dachte er. Ihm war klar, er hätte Petra nicht an sich ziehen dürfen. Er spürte ihre Hüften an seinen und ihre Brüste an seiner Brust. Der frische Duft ihrer Haut, der sich mit dem Duft des Duschgels mischte, das sie benutzt hatte, umgab ihn und betörte seine Sinne.

Er schluckte. „Deshalb ist das, was wir haben, ein Grund zum Feiern“, beendete er den Satz schließlich.

„Aber …“

„Aber nichts. Was wir haben, ist für uns das Richtige. Wichtig ist nur, dass zwei Menschen, die eine Ehe schließen, das finden, was sie haben wollen, und dass sie glücklich sind …“

Plötzlich regte sich sein Gewissen. Doch er verdrängte das Unbehagen und hoffte, Petra hätte sein Zögern nicht bemerkt. Es gab kein Problem. Alles brauchte seine Zeit.

„Wir feiern heute unseren ersten Hochzeitstag – egal, unter welchen Umständen. Das ist die Wahrheit“, erklärte er.

Als sie die Schultern bewegte, betrachtete er ihre feine, nackte Haut, die nach dem Duschen immer noch leicht gerötet war. Sogleich vergaß er, was er hatte sagen wollen, und ließ die Gedanken in eine ganz andere Richtung wandern.

„Die Wahrheit ist …“, begann Petra. Aber Liam hörte ihr nicht zu.

Ihre nackten Schultern waren zu verführerisch. Er konnte sich nicht mehr beherrschen und hob die Hand, um sanft ihre weiche Haut zu streicheln.

„Was ist die Wahrheit, mein Liebling?“ fragte er rau. Er hatte die Gefühle, die seine Frau in ihm weckte, immer noch nicht unter Kontrolle. Sobald er Petra berührte, breitete sich heftige Erregung in ihm aus. „Das hier ist die Wahrheit.“ Er senkte den Kopf und presste die Lippen auf ihre Schulter. Unwillkürlich stöhnte Petra auf. „Das … und das …“ Langsam und verführerisch ließ er die Lippen über ihren schönen Hals gleiten bis zu der Stelle, an der ihr Puls pochte. Er barg das Gesicht an ihrer Haut und lächelte triumphierend, als er Petras Reaktion spürte. Ihr Puls fing an zu jagen unter Liams zärtlicher Berührung.

„Das ist die Wahrheit, mein Liebling. Es ist die einzige Wahrheit, die wir brauchen.“ Er ließ die Hände über ihren ihm so vertrauten Körper gleiten, spürte ihre üppigen Rundungen unter dem Badetuch. Schließlich fuhr er ihr durch das noch feuchte Haar, während er die andere Hand auf das Badetuch legte, das sie über ihren Brüsten verknotet hatte.

„Die Wahrheit …“, wiederholte Petra. In ihrer Stimme schwangen Zustimmung und Hingabe.

Sie spürte, dass er breiter lächelte, während er mit der Zungenspitze die empfindliche Stelle unter ihrem Ohr liebkoste, ehe er die Lippen über ihre Wangen bis zu ihren Lippen gleiten ließ. Bereitwillig öffnete sie die Lippen, was er als Ermutigung verstand, ihren Mund mit der Zunge zu erforschen.

Autor

Kate Walker
Kate Walker wurde zwar in Nottinghamshire in England geboren, aber ihre Familie zog nach Yorkshire, als sie 18 Monate alt war, und deshalb sah sie Yorkshire immer als ihre Heimat an. In ihrer Familie waren Bücher immer sehr wichtig, und so lasen sie und ihre vier Schwestern schon als Kind...
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