Glücksstern über der Akropolis

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Der Heiratsantrag des attraktiven Reeders Dimitri Kouvaris kommt überraschend - aber Maddie sagt glücklich Ja! Schon bei ihrer ersten Begegnung in Athen hat sie ihr Herz an den sexy Millionär verloren! Doch dann erfährt Maddie, weshalb Dimitri sie zur Frau genommen hat …


  • Erscheinungstag 22.11.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733713843
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Fertig!

Maddie Ryan richtete sich auf. Erhitzt von der Sonne, die vom tiefblauen Himmel brannte, stützte sie die erdverschmierten Hände in die Hüften und betrachtete zufrieden ihr Werk: Jedes Blatt, jede einzelne Blüte war perfekt arrangiert, die Pflanzen in den Terrakottagefäßen strahlten in voller Blüte und säumten den von einem Säulengang umgebenen Hof. Der alte Springbrunnen in der Mitte, endlich liebevoll restauriert, funktionierte nach jahrelanger Pause wieder: Wie eine silberne Feder schoss das Wasser Richtung Himmel, um dann plätschernd zurück ins Steinbecken zu fallen.

Für die Feier am Abend war also alles fertig – und Maddies erstes wichtiges Projekt als selbstständige Landschaftsgärtnerin erfolgreich abgeschlossen. Diesen Auftrag hatte Amanda ihr verschafft, ihre beste Freundin seit der Schulzeit. Sie und Maddie waren so verschieden wie Tag und Nacht: Maddie ein natürlicher Wildfang, Amanda eine zarte und elegante blonde Schönheit. Doch obwohl sie so unterschiedlich waren, hatten sie sich immer gut verstanden. Nach dem Schulabschluss hatte Amanda Karriere als Model gemacht und ein Leben voller Luxus und Glamour begonnen. Darum hatte Maddie, die Gartenbau studiert hatte, sie nicht beneidet, sondern sich für ihre Freundin gefreut. Erst recht, als Amanda sich in einen unglaublich reichen griechischen Geschäftsmann verliebt und diesen schließlich geheiratet hatte.

Drei Monate nach der Hochzeit hatte Amanda sie an einem kühlen Frühlingstag angerufen.

„Hättest du Lust auf einen gut bezahlten Arbeitsurlaub?“, hatte sie gefragt. „Cristos hat eine tolle Villa in der Nähe von Athen gekauft. Das Haus ist großartig, aber das Grundstück ziemlich vernachlässigt und verwildert, besonders der Hof. Ich stelle mir etwas im maurischen Stil vor. Kannst du den Auftrag annehmen? Cristos sagt, Geld spiele keine Rolle.“ Sie lachte glücklich. „Er tut einfach alles, um mir eine Freude zu machen. Im Gegensatz zu den meisten griechischen Männern behandelt er Frauen nämlich durchaus als eigenständige Wesen.“

Morgen würde Maddie sonnengebräunt, mit einem dicken Scheck und vielen schönen Erinnerungen nach England zurückkehren – und hoffen, dass bei ihrer Mutter in der Zwischenzeit zumindest einige Anfragen auf die in der Lokalzeitung geschaltete Werbeanzeige eingegangen waren.

Als sie sich umwandte, um einen letzten prüfenden Blick auf das geschickt versteckte Bewässerungssystem für die Topfpflanzen zu werfen, ging das Holztor auf, durch das man vom Hof in den kleinen Zitronenhain gelangte. Maddie schob sich die goldblonden Locken aus der Stirn, die sich in ihren dichten Wimpern verfangen hatten, um den Traummann besser betrachten zu können, der auf den Hof geschlendert kam.

Der Mann war ebenso leger gekleidet wie sie: Er trug abgetragene verblichene Jeans und ein altes schwarzes Oberteil ohne Ärmel, genau wie Maddie, nur dass sie statt Jeans knappe Baumwollshorts anhatte. Bestimmt ein Einheimischer auf der Suche nach einem Gelegenheitsjob, dachte sie, als er sich näherte. Doch mit seinen etwa vierunddreißig Jahren war er älter als die jungen Männer, die sie angestellt hatte, damit sie ihr beim Tragen der schweren Gegenstände halfen.

Ein Arbeitsloser, der seine Frau und eine ganze Horde kleiner Kinder ernähren musste und sich für ein paar Tage verdingen wollte? Was für eine Verschwendung, dachte Maddie. Denn mit seinem atemberaubenden Aussehen wäre er sicher ein gefragtes Model: groß, dunkelhaarig und unglaublich attraktiv. Ein Blick auf seine markanten Gesichtszüge würde bei den meisten Frauen weiche Knie verursachen. Ein maskuliner, aber schlanker Körper und ein leicht herrischer, doch zugleich sinnlicher Mund, fuhr Maddie in Gedanken fort und fügte, als der Mann vor ihr stehen blieb, hinzu: goldbraune, warme Augen, von betörend langen dunklen Wimpern umgeben.

Mit diesen faszinierenden Augen blickte er sie fragend an. Da ihre Kehle plötzlich wie zugeschnürt war, musste sie schlucken und sagte dann mit aufrichtigem Bedauern: „Es tut mir leid, aber wir stellen niemanden mehr ein. Das Projekt ist abgeschlossen.“

„Tatsächlich?“ Der Mann wirkte nicht sonderlich enttäuscht. Er lächelte sogar, was eine geradezu elektrisierende Wirkung auf Maddie hatte.

„Und wer sind Sie?“ Er zog eine seiner dunklen Augenbrauen hoch.

„Maddie Ryan, Landschaftsgärtnerin und für dieses Projekt verantwortlich“, erwiderte sie.

Ihren Taufnamen Madeleine verdankte sie ihrer Mutter, die sich nach drei ungestümen übermütigen Söhnen darauf gefreut hatte, ihr Töchterchen mit hübschen Kleidchen herauszuputzen und zu einer kleinen Dame zu machen. Doch Madeleine hatte darauf bestanden, „Maddie“ genannt zu werden. Und als ihre Mutter ihr an ihrem dritten oder vierten Geburtstag ein rosa Rüschenkleid anziehen wollte, schrie Maddie wie am Spieß und weigerte sich, etwas so Mädchenhaftes zu tragen.

Sie liebte ihre Eltern über alles und bewunderte ihre großen Brüder, weshalb sie ihnen ständig nacheiferte. Und so kletterte sie auf die höchsten Bäume, angelte Forellen und ruderte mit einem selbst gebauten Floß über den See des Anwesens, auf dem ihr Vater für die Pflege des Grundstücks verantwortlich war. Schließlich hatte ihre Mutter sich damit abgefunden, dass ihre Tochter ein Wildfang war: mit sommersprossigem Gesicht, widerspenstigen Locken und fast ständig aufgeschürften Knien. Und sie hatte Maddie mehr geliebt, als sie je für möglich gehalten hatte.

„Sie sind Engländerin?“ Der Mann betrachtete sie mit seinen faszinierenden goldbraunen Augen.

Maddie nickte und erschauerte, als ihre Blicke sich trafen. Sie war zweiundzwanzig Jahre alt, doch noch nie war ihr ein Mann begegnet, der eine so starke Wirkung auf sie gehabt hatte. Dieses ungewohnte Gefühl der Vertrautheit erschreckte sie.

„Sprechen Sie Griechisch?“, fragte er mit einer tiefen sinnlichen Stimme, die ihr einen prickelnden Schauer durch den Körper jagte.

Dann ließ er den Blick zu ihrem leicht geöffneten Mund gleiten. Maddie überlegte, was sie antworten sollte, denn seine Stimme mit dem angenehmen Akzent schien mehr auszudrücken als reine Höflichkeit.

„Ich wüsste gern, wie Sie Ihren Mitarbeitern Ihre Anweisungen klargemacht haben“, fügte er erklärend hinzu.

„Ach so!“ Maddie entspannte sich. Mit einer aus reiner Freundlichkeit gestellten Frage konnte sie umgehen. Während der Schulzeit und des Studiums hatte sie zahlreiche Freundschaften mit Männern gehabt, aber nie eine Beziehung. Die Männer hatten mit ihr wie mit einem guten Kumpel diskutiert und über Probleme geredet. Doch für Liebesbeziehungen hatten sie sich Mädchen ausgesucht, die gern flirteten und ständig zu kichern schienen.

Maddies ehrenpreisblaue Augen glänzten, als sie den Fremden anlächelte.

„Nein“, erwiderte sie. „Ich spreche kein Griechisch. Von den Gelegenheitsarbeitern habe ich zwar ein paar Ausdrücke gelernt, aber die sollte man sicher nicht in vornehmer Gesellschaft verwenden.“ Ihr Lächeln wurde breiter, wobei ihre sommersprossige Nase sich kräuselte. „Nikos, Cristos’ fest angestellter Gärtner, spricht fließend Englisch und hat für mich gedolmetscht.“

Verwirrt stellte sie fest, dass der Fremde gar nicht zuzuhören schien. Stattdessen war er wieder damit beschäftigt, ihren Körper, den sie selbst viel zu kurvig fand, zu betrachten. Dabei ließ er den Blick auffallend lange auf ihren leicht sonnengebräunten Oberschenkeln ruhen, direkt unterhalb des ausgefransten Hosensaums.

Zu ihrem Schrecken wurde Maddie von dem heftigen Wunsch erfüllt, die Beine zu öffnen und ihre Hüften dem Fremden mit dem atemberaubenden Körper entgegenzuheben. Energisch presste sie die Knie zusammen und beschloss, ihn abzuwimmeln. „Möchten Sie irgendetwas? Kann ich Ihnen helfen?“

Er kam noch einen kleinen Schritt näher, was sie zutiefst beunruhigte. Dann zuckte er fast unmerklich die breiten Schultern. Die sonnengebräunten Oberarme glänzten so samtig, dass Maddie sich unwillkürlich fragte, wie es wäre, sie zu berühren.

Er antwortete nicht, doch etwas Unausgesprochenes brachte die Atmosphäre zwischen ihnen zum Knistern, und das Lächeln, das sich langsam auf seinem Gesicht ausbreitete, ließ Maddie erneut erbeben. Was, um alles in der Welt, ging hier nur vor sich? Warum rief der unbekannte Traummann so heftige unbekannte Gefühle in ihr wach und erfüllte sie mit einer erregenden Erwartung?

„Sie sollten jetzt lieber in den Schatten gehen.“ Mit sanfter Bewegung strich er ihr das feuchte Haar aus der Stirn, wobei er sie nur leicht berührte. „Sie sind ja ganz heiß.“ Ein Lächeln spiegelte sich in seinen goldbraunen Augen. „Wir sehen uns sicher noch.“

Nicht, wenn ich es vermeiden kann, dachte Maddie, die dankbar die Ausrede annahm, um sich zu entfernen – schnell weg von dem Mann, der sie so durcheinanderbrachte. Während sie durch das breite Tor ins kühle Innere der Villa ging, schien ihre Haut noch immer zu brennen, dort, wo er sie berührt hatte.

Immer diese griechischen Machos, dachte sie aufgebracht. Auch viele der Aushilfsarbeiter hatten sich in Gegenwart von Frauen großspurig verhalten. Maddie hatte das einfach ignoriert. Sie wusste ohnehin nicht, wie man flirtete – und wollte es auch gar nicht wissen.

Aber bei dem Fremden war alles anders gewesen. Er hatte sie zutiefst verunsichert. Das liegt an seiner faszinierenden Ausstrahlung, dachte sie, als sie die Suite erreichte, in der sie für die Dauer des Projekts wohnen durfte. Eine Ausstrahlung, die ihn unwiderstehlich machen würde, sollte er es darauf anlegen, sie zu verführen.

Verführen? Kommt nicht infrage, dachte Maddie. Denn bestimmt verhielt sich der Traummann gegenüber jeder Frau unter neunzig genauso. Also reiß dich zusammen, ermahnte sie sich.

Während sie ihre Arbeitskleidung abstreifte und in die Dusche stieg, versuchte sie energisch, aber leider vergeblich, jeden Gedanken an den geheimnisvollen Fremden zu verdrängen.

Auf der Party herrschte jene dezent luxuriöse Atmosphäre, die nur dort aufkommt, wo Geld keine Rolle spielt. Unglaublich glamourös wirkende Gäste schlenderten vom üppigen Büfett hinaus in den Hof, die Weingläser mit graziler Geste in der Hand haltend. Sie gratulierten Maddie zu dem romantischen Effekt, den sie durch die geschickte Platzierung der Deckenstrahler erreicht hatte, zu den Pflanzen, die sie wegen ihres Duftes ausgesucht hatte, und zu den hellen Rosen und dem zart duftenden Jasmin, die sich um die Säulen rankten. Und weil Amanda und Cristos netterweise sämtlichen Anwesenden erzählt hatten, dass sie dieses üppige kleine Paradies geschaffen hatte, hoffte Maddie, dass sich einige Gäste vielleicht an sie erinnern würden, wenn sie selbst einmal Hilfe in ihrem Garten brauchten.

Nachdem sie eine Unzahl gartentechnischer Fragen beantwortet hatte, setzte sie sich erschöpft mit einem Glas gut gekühltem Weißwein etwas abseits auf eine Steinbank. Dort stieß Amanda zu ihr.

„Alle sind beeindruckt von deiner Arbeit“, berichtete sie. „Wer weiß, vielleicht springen ja ein oder zwei weitere Aufträge heraus.“

„Hoffentlich!“ Maddie lächelte ihre Freundin an. „Es wäre toll, wenn ich noch einmal hier arbeiten könnte – ich habe mich richtig in das Land verliebt. Wie kann ich dir nur dafür danken, dass du mir den Auftrag vermittelt hast?“

„Wen hätte ich denn sonst engagieren sollen, Dummerchen?“ Amandas bildhübsches Gesicht drückte tiefe Zuneigung aus. „Und wenn ich dir einen Rat geben darf: Solltest du einen weiteren Auftrag bekommen, verlange ruhig ein hohes Honorar. Die Leute hier gehören zur High Society Griechenlands und sind schwerreich. Wenn du ihnen ein günstiges Angebot machst, werden sie entsetzt sein und sofort die Flucht ergreifen.“

„Ich werde es mir merken.“ Maddie trank einen Schluck Wein und schob sich die leicht zerzausten Locken aus der Stirn. Sie ließ den Blick über die Gruppen wunderschöner Menschen gleiten, die langsam umherschlenderten, wobei die Frauen diskret den Wert des Schmucks und der Designer-Outfits der anderen weiblichen Gäste zu schätzen versuchten.

Beim Umziehen für die Party hatte Maddie nicht einmal versucht, mit ihnen zu wetteifern. Denn weder war sie gertenschlank noch verfügte sie über eine umfangreiche Garderobe. Also trug sie das einzige Kleid, das sie mit nach Griechenland gebracht hatte: ein schlichtes blaues Hemdblusenkleid, nichts Aufsehenerregendes, aber durchaus präsentabel. Doch sobald sie ihn erblickte, wünschte Maddie, sie würde nicht ganz so gewöhnlich aussehen.

Plötzlich begann ihr Herz wie wild zu schlagen, und ihr Magen zog sich zusammen. Der Mann, den sie für einen Gelegenheitsarbeiter gehalten hatte, trug nun einen weißen Smoking, in dem er weltgewandt und elegant aussah. Offenbar geh örte er zu dem schwerreichen Kreis, in dem Amanda seit ihrer Heirat mit Cristos verkehrte. Die gesamte Aufmerksamkeit des Traummanns war auf die dunkelhaarige, modisch überschlanke Schönheit gerichtet, die ihm nicht von der Seite wich, als wäre sie an seinem Arm festgewachsen.

„Oh, gerade scheinen ein paar Nachzügler eingetroffen zu sein“, stellte Amanda fest und stand auf. „Da will ich mal lieber meinen Pflichten als Gastgeberin nachkommen.“

„Wer ist der Mann?“, fragte Maddie unwillkürlich.

„Er sieht umwerfend aus, stimmt’s?“ Amanda kicherte und strich sich ihren eisblauen Seidenrock glatt. „Das ist Dimitri Kouvaris, ein in der Schifffahrtsbranche tätiger und sehr erfolgreicher Geschäftsmann, der ganz in der Nähe wohnt. Heute Morgen kam er vorbei, um mit Cristos über einen Geschäftsabschluss zu sprechen. Leider ist er schon vergeben. Die Schlingpflanze an seiner Seite heißt Irini – irgendeine entfernte Verwandte, glaube ich. Und man ist allgemein der Meinung, dass ziemlich bald die Hochzeitsglocken läuten werden. Also sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt!“

Na toll, dachte Maddie, als ob die Warnung nötig gewesen wäre! Dimitri Kouvaris in dieser elitären Umgebung zu sehen, hatte die Wirkung eines Schwalls eiskalten Wassers gehabt. Denn obwohl sie es nach Kräften versucht hatte, war es ihr bis jetzt nicht gelungen, ihn zu vergessen: die Art, wie er sie angesehen hatte, seine Worte, das sexuelle Interesse, das sein Körper ausgedrückt hatte … Und was für ein Körper, erinnerte sie sich seufzend.

Sie musste endlich diesen absolut lächerlichen Gedanken verdrängen, dass Dimitri vielleicht der Mann war, der sie von ihrem Gelübde abbringen konnte. Maddie hatte sich nämlich geschworen, sich vorerst nicht mit Männern einzulassen. Denn momentan war ihre sich gerade erst entwickelnde Karriere am wichtigsten. Außerdem wollte sie ihrer Mutter beweisen, dass eine Frau auch ohne Mann auskam.

Plötzlich hob Dimitri den Arm und grüßte sie.

Heftig errötend und ohne seinen Gruß zu erwidern, zog Maddie sich weiter in den Schatten zurück. Sie wollte wirklich nicht, dass er mit der Schlingpflanze im Schlepptau zu ihr geschlendert kam und sie an ihren peinlichen Irrtum erinnerte.

Zu ihrer Erleichterung begann eine Gruppe anderer Gäste, angeführt von Cristos, ein Gespräch mit ihm. Doch immer wieder wurde Maddie von Verlegenheit und einem anderen, sehr intensiven Gefühl erfüllt, wenn Dimitri mit zusammengekniffenen Augen den Blick zu ihr gleiten ließ.

Das reicht jetzt, ermahnte sie sich schließlich und beschloss, nicht bewegungslos wie ein Kaninchen vor der Schlange zu sitzen, während er sie anstarrte. Unbeholfen stand sie auf und eilte zurück zur Villa.

In ihrem Zimmer angekommen, begann sie, für die Rückkehr nach England am folgenden Tag zu packen.

Es wurde schon dunkel, als Maddie ihren alten Lieferwagen vor dem kleinen steinernen Cottage parkte, in dem sie schon ihr ganzes Leben lang wohnte. Mit vier Kindern war es darin ziemlich eng gewesen, trotzdem hatte ihre Mutter Joan Ryan ihnen ein gemütliches Zuhause geschaffen.

Vielleicht ein bisschen zu gemütlich, dachte Maddie ironisch. Denn bisher war nur Adam, der älteste der Geschwister, ausgezogen. Er hatte vor zwei Jahren geheiratet. Adam und seine Frau Anne hatten großes Glück gehabt und in etwa einer Meile Entfernung ein gemeindeeigenes Haus auf einem Landgut erstanden. Mit seiner Arbeit als Forstarbeiter konnte er seine Frau und die nächste Generation kleiner Ryans ernähren: einen anderthalbjährigen kleinen Jungen und Zwillinge, deren Geburt kurz bevorstand.

Die anderen beiden Brüder, Sam und Ben, lebten noch immer zu Hause. Sie hatten sich gemeinsam selbstständig gemacht und bauten Bioobst und Biogemüse an, mit dem sie örtliche Pubs und Hotels belieferten. Noch war ihr Gewinn nicht so hoch, dass sie sich eigene Wohnungen hätten suchen können. Sie scheinen es auch nicht besonders eilig damit zu haben, dachte Maddie. Schließlich stand ihnen im Hotel Mama leckere Vollpension inklusive kostenlosem Wäscheservice zur Verfügung.

Sie zog den Zündschlüssel heraus und seufzte. Mit fast dreiundzwanzig Jahren sollte auch sie langsam flügge werden, um ihre Mutter ein wenig zu entlasten. Und das würde sie auch tun, sobald ihr kleines Gewerbe in Gang gekommen wäre.

Das Honorar für den Auftrag in Griechenland wollte sie in neue Gartenwerkzeuge, eventuell einen neuen Lieferwagen und breiter angelegte Werbung investieren, denn ihre Anzeige in der Lokalpresse hatte nur zu einem einzigen Auftrag geführt. Ein im nächsten Marktstädtchen wohnendes Paar wollte den Garten des Hauses, in das es gerade gezogen war, anders gestalten lassen: mit einer Spielfläche für das kleine Kind, der unvermeidlichen Terrasse und einem winzigen Stückchen Rasen. Das Übliche also, dachte Maddie resigniert. Ein langweiliges Projekt, das sie innerhalb von fünf Tagen abgeschlossen hätte – und danach war kein weiterer Auftrag in Sicht.

Normalerweise war sie, wie ihr Vater liebevoll sagte, eine „unverbesserliche Optimistin“. Doch als sie von ihrem Lieferwagen zum Seiteneingang ging, der direkt in die Küche – das Herz des Hauses – führte, fühlte sie sich niedergeschlagen. Bestimmt war ihre Mutter schon eifrig dabei, das Essen pünktlich zur Heimkehr ihrer hungrigen Männer zu kochen. Freitagabends gab es meistens einen riesigen Steak-Pie. Maddie bereitete dann die Berge von Gemüse vor, sobald sie ihre mit Erde beschmierten Arbeitsstiefel und ihre uralte Wachsjacke ausgezogen hatte.

Aus Rücksicht auf ihre Mutter rang sie sich ein Lächeln ab, doch als sie die Tür öffnete, war es schlagartig verschwunden, und ihr Herz begann so heftig zu schlagen, dass sie sich ein wenig benommen fühlte.

Denn da war er: Dimitri Kouvaris, perfekt gekleidet und noch atemberaubender als je zuvor. Er saß am riesigen Esstisch und trank Tee. Maddies Mutter, fröhlich schwatzend und mit geröteten Wangen, reichte ihm Shortbread.

Dann blickte er auf, sah Maddie – und lächelte.

Es war ein wunderschöner Frühlingstag – der Tag, nach dem Dimitri so urplötzlich aufgetaucht war und alles durcheinandergewirbelt hatte. Die blauen Augen zusammengekniffen, beobachtete Maddie, wie er vor ihr den schmalen Waldweg entlangschlenderte.

Dimitri trug eine beigefarbene Jeans, die seine männlich schmalen Hüften und seine langen Beine betonte, dazu ein Hemd in einem warmen Honigton, dessen Stoff sich an seine breiten Schultern schmiegte. Maddie würdigte das Meer von Glockenblumen neben dem Pfad keines Blickes – sie hatte nur Augen für Dimitri, wie sie sich widerstrebend eingestand.

Am Vorabend war er auf Einladung ihrer Mutter hin zum Abendessen geblieben und hatte sich ganz mühelos in ihre Familie integriert. Er erklärte, Maddie in Athen über einen gemeinsamen Freund kennengelernt zu haben. Und da er geschäftlich in der Gegend zu tun habe, habe er beschlossen, sie zu besuchen.

Fast hätte Maddie ihm geglaubt. Doch am nächsten Morgen verkündete Dimitri gut gelaunt, er, ebenso wie sie, habe an diesem Tag frei und würde sich freuen, wenn sie ihm die Umgebung zeigen würde. Und dann hatte er zu allem Überfluss die ganze Familie in sein Hotel zum Essen eingeladen. Alle waren begeistert gewesen, doch Maddie fragte sich misstrauisch, was wohl seine Motive waren.

Warum, um alles in der Welt, sollte ein schwerreicher Traummann mit einer bildschönen Verlobten eine in keiner Hinsicht außergewöhnliche junge Frau und ihre ebenso gewöhnliche Familie besuchen wollen? Obwohl Maddie bisher wenig Erfahrung mit dem anderen Geschlecht gemacht hatte, war sie in der Lage, das sexuelle Interesse eines Mannes zu erkennen. Bei Dimitri hatte sie es schon an jenem ersten Tag in Athen bemerkt. Und das Schlimme daran war: Sie empfand dasselbe für ihn.

Beunruhigt biss sie sich auf die Lippe. Eigentlich sollte sie ihm aus dem Weg gehen, doch sie fühlte sich unwiderstehlich zu ihm hingezogen.

Als der Pfad in eine Wiese mündete, drehte Dimitri sich um und wartete mit klopfendem Herzen auf Maddie. Glänzende Locken umrahmten ihr herzförmiges Gesicht, und ihr sinnlicher Mund war leicht geöffnet. Er ließ den Blick über ihre weiblichen Kurven in den verblichenen Jeans und dem Arbeitshemd gleiten. Wie sehr sie sich doch von den eleganten Frauen unterschied, die teure Designer-Outfits trugen und sich ihm regelmäßig an den Hals warfen!

Heißes Verlangen erfüllte ihn. Eine so intensive Anziehung hatte Dimitri, der eine recht abgeklärte Einstellung zur weiblichen Hälfte der Bevölkerung hatte, noch nie erlebt. Er wollte Maddie und würde sie auch bekommen – um jeden Preis.

„Warum sind Sie hier?“ Dass Maddie außer Atem war, lag einzig und allein an Dimitris Wirkung auf sie. Als er ihre Hand an seine Lippen führte und küsste, erschauerte sie. Es verschlug ihr vollends den Atem, als er ihre Finger mit seinem warmen Mund liebkoste.

„Möchtest du die Wahrheit wissen?“, fragte Dimitri, und seine raue Stimme verwirrte Maddie so sehr, dass ihr gar nicht auffiel, wie übergangslos er zur persönlichen Anrede gewechselt war.

„Ja, was denn sonst?“ Sie blickte ihm in die faszinierenden goldbraunen Augen. Das war ein Fehler, denn sofort spürte sie, wie ihre Knie weich wurden und ihre fest gewordenen Brustspitzen sich am dünnen Stoff ihres Hemdes rieben.

Als wüsste er genau, was in ihr vorging, ließ Dimitri seine kräftigen schlanken Hände zu ihrer Taille gleiten und zog sie eng an sich, sodass sie seine heftige Erregung deutlich spürte. Alles um Maddie schien sich zu drehen. Sie war so hin und her gerissen zwischen Vernunft und körperlichem Begehren, dass ihr der Sinn seiner Worte erst nach einigen Momenten bewusst wurde.

„Ich muss diesen Monat noch zurück nach Athen. Und wenn ich abreise, werde ich dich mitnehmen – als meine Frau.“

„Bist du verrückt geworden?“ Maddie machte sich von ihm los. „Du kennst mich doch kaum!“ Verächtlich fügte sie hinzu: „Ist das deine Methode, Frauen ins Bett zu locken?“

Dimitri brach in lautes Lachen aus und legte die Arme um sie. „Schon bei unserer ersten Begegnung wusste ich, dass ich dich mit Leib und Seele begehre. Deshalb werde ich heute Abend bei deinem Vater um deine Hand anhalten – und von nun an alles tun, damit du meinen Antrag annimmst.“

„Du bist verrückt“, sagte Maddie mit bebender Stimme.

Doch als Dimitri den Kopf neigte und sie küsste, war die beunruhigende Frage, warum ein Mann wie er ausgerechnet sie heiraten wollte, für einige wundervolle Stunden vergessen.

1. KAPITEL

Drei Monate später

Mit wütendem Gesicht und zu Fäusten geballten Händen stürmte Dimitri Kouvaris durch seine prachtvolle Villa am Rand von Athen. Eleni, die jüngste der Hausangestellten, drückte sich bei seinem Näherkommen vor Schreck mit dem Rücken an die Wand. Erst als er die geschwungene Treppe hinuntereilte und dabei zwei Stufen auf einmal nahm, traute sie sich wieder zu atmen.

Dimitris Schritte hallten wider, als er mit seinen handgenähten Schuhen den Marmorboden der Eingangshalle überquerte. Dann klopfte er kurz und betrat den Wohnbereich seiner Tante.

„Wusstest du hiervon?“ Er warf ihr ein zusammengeknülltes Stück Papier zu. Insgeheim vor Wut kochend, beobachtete er, wie die ältere unverheiratete Schwester seines verstorbenen Vaters das Papier glättete.

Unsere Ehe ist beendet. Wegen der Scheidung wird sich mein Anwalt mit Dir in Verbindung setzen.

Die wenigen Worte hatten sich ihm eingebrannt. Nach drei Monaten schrieb Maddie plötzlich, es sei vorbei – ohne jegliche Erklärung. Nur diese nichtssagende Nachricht hatte sie auf dem Kissen ihres luxuriösen Ehebetts hinterlassen.

„Sie hat die Ehre der Familie Kouvaris verletzt“, stieß er aufgebracht hervor.

Die siebzigjährige Frau mit den geschminkten Lippen und dem weißen Haar legte das Blatt Papier zur Seite und wischte sich die Hände an einem seidenen Taschentuch ab.

Autor

Diana Hamilton
Diana Hamilton gehört zu den populären britischen Autorinnen für Liebesromane. Seit 1986 wurden über 50 Romane von ihr veröffentlicht. Bereits als Kind trainierte Diana Hamilton ihre Fantasie. Gern wäre das Stadtkind auf dem Land geboren, deshalb verwandelte sie den Baum im Garten des Nachbarn in einen Wald, aus einem Mauerloch...
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