Happy End in Notting Hill - 4-teilige Serie

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Izzy, Lara, Tori und Poppy leben ihren Traum. Gemeinsam wohnen sie in einem riesigen Apartment in Notting Hill, haben gute Jobs, aufregende Partynächte … und ihre Freundschaft. Und obwohl sie komplett unterschiedliche Typen sind, haben sie doch eins gemeinsam: Wenn sie sich verlieben, steht die Welt Kopf! Was kann es da besseres geben, als gute Freunde, die einem helfen, die Schmetterlinge im Bauch zu bändigen?

WACHGEKÜSST VOM BOSS
"Ich kündige!" Wütend stürmt Izzy aus Harry Mitchells Büro. Schluss mit den Machtspielchen zwischen ihr und dem Boss! Aber ausgerechnet bei der Party in ihrem Apartment in Notting Hill, wo sie ihre neugewonnene Freiheit feiert, erscheint auch Harry. Komisch, dass ihr im Office nie aufgefallen ist, dass er die blauesten Augen der Welt hat. Und nie hätte sie gedacht, dass Harry so heiß küssen kann! Statt nur mit einem Kater am nächsten Morgen zu erwachen, erwacht Izzy mit ihrem Ex-Boss im Bett. Dabei dachte sie immer, sie hasst ihn von ganzem Herzen …

NACHTS, WENN ALLE ANDEREN SCHLAFEN
Lara hat alles versucht: den Kopf unters Kissen gesteckt. Laut Radio gehört. Gegen die Decke geklopft. Aber der Mann über ihr scheint ein unermüdlicher Liebhaber zu sein, zumindest den Geräuschen nach. Jetzt reicht’s! Erbost steigt sie eine Treppe höher, um ihn zur Rede zu stellen. Riesenfehler! Denn als Alex öffnet, versteht Lara schlagartig, warum die Frauen reihenweise in sein Bett fallen. Dieser Body, dieser Charme, dieser Sex-Appeal - gehören verboten. Doch warum Alex nachts so schlaflos ist, erfährt Lara erst, als sie unerwartet das Apartment mit ihm teilen muss …

DEIN BETT ODER MEINS?
Nie wieder Männer! schwört Tori, als sie ihren Freund mit einer anderen erwischt. Sie flieht zu ihren besten Freundinnen in deren Apartment nach Notting Hill. Hier kann sie sich ausheulen und in dem leer stehenden Zimmer gemütlich schlafen. Allein! Doch als sie ins Bett schlüpft, trifft sie fast der Schlag: Da liegt schon wer. Jemand, dessen Haut warm und weich ist, der unverschämt gut duftet und der sie verschlafen murmelnd an sich zieht … Fast könnte Tori bei diesem Fremden vergessen, was sie sich geschworen hat: Nie wieder Männer! Aber nur fast?

WAS LANGE WÄHRT, WIRD ENDLICH LIEBE!
Allein am Fest der Liebe? Eigentlich ist Poppy überzeugter Single. Doch weil all ihre Freundinnen glücklich verliebt sind und keine Zeit mehr für sie haben, sehnt selbst sie sich auf einmal nach romantischen Stunden zu zweit. Nur mit wem? Spontan öffnet sie ein Flasche Wein und wird beim Schmücken ihres Weihnachtbaums immer sentimentaler. Da schneit überraschend ihr sexy Mitbewohner Isaac herein. Und plötzlich hat Poppy eine verrückte Idee … Der berüchtigte Womanizer ist jetzt genau der Richtige für sie! Natürlich nur für ein paar heiße, unverbindliche Küsse - mehr nicht!


  • Erscheinungstag 15.09.2016
  • ISBN / Artikelnummer 9783733774639
  • Seitenanzahl 576
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Cover

Nikki Logan, Charlotte Phillips, Joss Wood, Louisa George

Happy End in Notting Hill - 4-teilige Serie

IMPRESSUM

JULIA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
Postfach 301161, 20304 Hamburg
Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0
Fax: +49(0) 711/72 52-399
E-Mail: kundenservice@cora.de

© 2014 by Harlequin Books S.A.
Originaltitel: „The Morning After the Night Before“
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
in der Reihe: MODERN TEMPTED
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA
Band 202015 - 2015 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg
Übersetzung: SAS

Abbildungen: Purestock / Thinkstock, alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 09/2015 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733702090

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

 

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PROLOG

Trägt Luzifer wohl feinsten Wollzwirn?

Obwohl Izzy Dean ihrem Chef auf der anderen Seite des Schreibtischs im zwölften Stock des Londoner Wolkenkratzers gegenübersaß, wusste sie mit Gewissheit, dass Harry Mitchells anthrazitfarbener Anzug sich weich wie das Fell eines Kätzchens anfühlte. Es juckte ihr in den Fingern, mit der Hand über den edlen Stoff zu streichen.

Vielleicht könnte sie sogar ein kurzes Streifen ergattern – wenn sie sich vorbeugte, um ihm dieses überlegene Grinsen aus dem Gesicht mit dem Designer-Drei-Tage-Bart zu schlagen.

„Vorsicht, Dean. Du siehst aus, als würdest du mich am liebsten ohrfeigen.“

„Wirklich?“ Izzy heuchelte Harmlosigkeit. Was er ihr sicher nicht abnahm. Er war zu sehr daran gewöhnt, mit ihr die Klingen zu kreuzen.

Wäre das nicht eine spektakuläre Art, eine großartige Karriere zu beenden? Die Faust ballen, mit all der Kraft, die sie sich als Teenager mit dem Schrubben von Fast-Food-Großküchen antrainiert hatte, ausholen und Mitchell mit einem Schwinger von seinem hochherrschaftlichen und wirklich perfekt geformten Hintern aus seinem Chefsessel hauen? Sie würde unter dem donnernden Applaus der gesamten Belegschaft hinausmarschieren.

„Hallo?“

Ein Gesicht erschien vor ihr, sie starrte direkt in blaue Augen. Oase – so hatten ihre alten Mädchenzeitschriften es unter dem Titel „Welche Farbe haben seine Augen?“ genannt.

Nicht dass sie noch einmal speziell nachgesehen hätte …

Aber sogar die Wimpern passten zu der Oase – wie Palmen mit langen Wedeln umrahmten sie diese Augen. Nur dass an Harry Mitchells Augen nichts Beruhigendes war. Nein, sie sprühten Feuer und Hitze wie ein Vulkan, noch dazu in den unpassendsten Momenten.

So wie jetzt.

„Du bist sauer.“

„Genau aus diesem Grund verdienst du so viel Geld, Mitchell“, fauchte sie leise. „Du hast ein außergewöhnliches Auge fürs Detail.“

„Schon komisch, dass gerade du das Wort ‚Detail‘ benutzt …“

„An meinem Bericht gibt es nichts zu bemängeln!“

„Technisch gesehen nicht …“

Sie schüttelte das kurze Haar zurück und starrte ihn nieder. „Stimmen die Zahlen?“

„Du bist die Anlaufstelle im Büro für die Kollegen.“ Er funkelte zurück. „Natürlich stimmen die Zahlen.“

„Dann ist mit dem Bericht auch alles in Ordnung. Ich sehe keinen Grund, weshalb ich noch mehr Arbeitszeit darauf verschwenden sollte.“

Frustriert fuhr er sich mit den Fingern durchs Haar, und sie atmete seinen Duft in dem kleinen verglasten Büro ein – verführerisch und sehr männlich.

Nicht verführerisch, ermahnte sie sich, sondern „Chefduft“.

„Und es reicht dir, wenn man deine Arbeit als ‚in Ordnung‘ bezeichnet?“

„Ich bin länger als du in der Firma. Man weiß hier, wie ich arbeite.“

„Diese Arbeit?“ Er hielt ihren aktuellen Bericht in die Höhe. „Oder die hier?“

Izzy richtete einen erschrockenen Blick auf die Mappe, die er mit der anderen Hand hochgehoben hatte. „Was ist das?“

„Das ist einer deiner Berichte aus deinen ersten Monaten bei Broadmore Natále. Er ist herausragend.“

Na, endlich mal Anerkennung! Hat ja nur zwölf Monate gedauert!

Aber er war noch nicht fertig. „Der letzte Bericht kommt nicht einmal ansatzweise in die Nähe des alten. Wie lange, glaubst du, kannst du dich auf deinen Lorbeeren ausruhen, Dean?“

Wütend stützte sie die Hände auf den Schreibtisch und beugte sich zu ihm vor. „Ich kann mich nicht erinnern, dass ‚Pulitzer-Preisträger‘ eine notwendige Qualifikation für den Job gewesen wäre.“

Er warf die eine Mappe auf den Schreibtisch. „Dieser Bericht ist fade und uninteressant, und ich will wissen, warum.“

Nur mit Mühe schaffte sie es, sich nicht von seinem sexy australischen Akzent ablenken zu lassen, der immer stärker wurde, je verärgerter er war. „Soll ich einen Bericht darüber verfassen?“

Und mit dieser brillanten Retourkutsche verließ sie sein gläsernes Büro. Hinter ihr fiel die Tür lautstark ins Schloss. Izzy ging zu ihrem Schreibtisch und setzte sich.

Hier konnte sie zumindest wesentlich besser denken als in Harry Mitchells Nähe.

Selbstherrlicher Autokrat.

Niemand in diesem Büro erging sich in Poesie, wenn er die Berichte verfasste, die Mitchell ihnen allen aufdrückte. Früher hatte sie sich vielleicht noch Mühe gegeben und auf formale Richtlinien geachtet, doch heute ging es ihr nur um das, was unterm Strich mit dem Pfundzeichen herauskam. Darum ging es bei dem Job schließlich, oder? Das war es, was ihr das monatliche Gehalt sicherte.

Seit wann gab Isadora Dean sich mit „in Ordnung“ zufrieden? Ihr war bewusst, dass ihre schlechte Stimmung sich langsam in ihrer Arbeit niederschlug, und sie hasste es. Noch mehr hasste sie, dass ausgerechnet Harry Mitchell ihr das vorhielt.

Ihr Blick wanderte durch das Großraumbüro. Die Kollegen heuchelten Desinteresse und versagten kläglich. Mitchell hatte recht. Sie alle kamen zu ihr, damit sie noch einen letzten Blick auf die Tabellen und Listen warf – weil sie gut war.

Aber „gut“ bedeutete nicht automatisch „glücklich“.

Sie tippte der kleinen Igelfigur neben ihrem Computer auf die Nase und brachte seinen Kopf damit zu einem wilden Nicken. Dann starrte sie auf das strahlende Gesicht auf dem Foto ihres Firmenausweises. Wo ist die Begeisterung geblieben, wo der Enthusiasmus des ersten Tages? Sie war so glücklich gewesen, diesen gut bezahlten Job in dem renommierten Unternehmen bekommen zu haben. Die Bedenken ihrer Eltern hatte sie ignoriert und stattdessen feucht-fröhlich mit ihren Freundinnen gefeiert …

Izzy befestigte den Ausweis wieder an ihrem Blazer. Neben dem Igel meldete ihr Handy den Eingang einer SMS.

Wenn du mit Schmollen fertig bist, könnten wir dann bitte unsere Unterredung fortsetzen?

Das Gebäude schien sich plötzlich zu neigen, als wäre ganz London in Schräglage geraten. Diese kurze, so typisch provozierende Nachricht brachte Izzy eine Erkenntnis – und die hatte nichts mehr mit Gereiztheit zu tun, sondern war das pure Elend.

Mitchell hat recht. Ich habe meinen Schwung verloren. Und es ist mir nicht einmal aufgefallen.

Niemand wollte sich mit einer deprimierten Angestellten herumschlagen. Vielleicht sollte sie schlicht in sein Büro gehen, den Rüffel wegstecken, Besserung geloben und daran arbeiten, wieder Befriedigung in ihrem Job zu finden.

Das nächste Brummen von ihrem Handy ertönte.

Sie hob den Kopf und sah zu Mitchells Büro. Der Ein-Meter- neunzig-Mann lehnte lässig an der Schreibtischkante. Er hielt das Handy in der Hand, seine hellen Augen waren auf sie gerichtet. Und wie immer löste dieser Blick prompt eine unwillkommene Hitze in ihr aus. Ihr wurde klar, dass genau das ein Grund war, weshalb sie überhaupt noch zur Arbeit kam.

Der tägliche Stromstoß, den ihr die Konfrontation mit „Prinz Harry“ brachte, egal ob in seinem gläsernen Büro, per Text oder in den Team-Meetings.

Wie die Koffeindosis, die das Nachmittagstief überbrückte.

Der Funke, der ihr in Erinnerung rief, dass sie noch lebte.

Es war sein Job, ihr zu sagen, wie sie ihren Job zu erledigen hatte. Warum also mache ich etwas Persönliches daraus? Ganz sicher gab es nettere Chefs, aber es war schließlich nicht seine Schuld, dass sie ihm die Rolle ihres höchst eigenen Defibrillators zugeteilt hatte.

Vielleicht sollte sie versuchen, mit ihm statt gegen ihn zu arbeiten. Vielleicht taugte er besser zum Verbündeten als zum Gegner?

Noch immer starrte sie ihn über die Köpfe der Kollegen an, und etwas in ihrer – trotzigen? – Miene ließ eine tiefe Falte auf seiner Stirn erscheinen.

Vor der nächsten Eiszeit, Dean!

Ihre Finger begannen zu zittern. Sie legte das Handy ab, bevor es ihr aus der Hand glitt.

So viel also zu dem Verbündeten …

Aber dann, ganz plötzlich, kam ihr die beste aller Ideen überhaupt. Diese Idee war so brillant, dass sie nicht verstand, weshalb sie nicht schon früher darauf gekommen war.

Sie stand auf, strich sich den engen Bleistiftrock glatt und steuerte mit der besten Scarlett Johansson-Imitation, die sie zustande brachte, wie in Zeitlupe auf Harry Mitchells Glasbüro zu, wo er bei der Tür stand und ihr irritiert entgegensah. Direkt vor der Tür blieb Izzy stehen, so nah, dass ihre Schuhspitzen seine berührt hätten, wäre da nicht die gläserne Trennscheibe.

Alle Augen in dem Großraumbüro verfolgten das Schauspiel mit, Harry Mitchell bildete da keine Ausnahme. Die verärgerte Frustration auf seiner Miene war verständnislosem Argwohn gewichen. Und da war noch etwas anderes … Er verfolgte ihren Scarlett-Auftritt mit enorm befriedigendem Interesse.

Izzy leckte sich über die Lippen.

Sein Adamsapfel hüpfte.

Sie hauchte auf die Glasscheibe. Sog den Zeigefinger in den Mund.

Seine Brust hob und senkte sich schneller, die blauen Augen sprühten ein Feuerwerk von Funken.

Und dann schrieb Izzy in Spiegelschrift zwei Worte in den Dunst auf dem Glas.

Acht Buchstaben, die ihm sagten, was er von ihr aus machen konnte.

Seine Augen blitzten auf, als er ihre Botschaft las.

„Ich gehe davon aus, dass das deutlich genug ist, Sir“, sagte sie betont nüchtern.

Auf der anderen Seite der Scheibe hob Mitchell eine Augenbraue. Izzys letzte schriftlich eingereichte Botschaft war unmissverständlich, trotz ihrer Knappheit.

Sie war fertig mit Broadmore, auch ohne langes Kündigungsschreiben.

Denn das war es, was sie soeben getan hatte.

Mit dem Ärmel ihres Blazers wischte sie den nebeligen Beweis von der Scheibe, löste sich von der schwelenden Erotik zwischen ihr und Mitchell und schwebte beflügelt zu ihrem Schreibtisch zurück. Dort nahm sie Handtasche, Handy, Handlotion, Plastikigel und das Foto von Tori, Poppy und ihr und marschierte hinaus.

Applaus gab es keinen von ihren verdutzten Kollegen, und sollte jemand Auf Wiedersehen gesagt haben, so war es nicht durch das donnernde Rauschen in ihren Ohren gedrungen.

Im Lift drehte sie sich um und konnte Harry Mitchell hinter seiner Glasscheibe sehen, in sein Gesicht hatte sich ein kompliziertes Diagramm aus Furchen und Falten gegraben.

Enttäuschung – die Art, die sie von ihren Eltern gewöhnt war.

Ungläubiges Erstaunen – die Art, die wohl jeder zeigen würde, nachdem sie soeben professionellen Selbstmord begangen hatte.

Trauer – die Art, die …

Izzy runzelte die Stirn. Die Art, die sie selbst verspürte. Trauer um etwas, das sie nicht einmal richtig verstand.

Und als die Lifttüren sich schlossen, da schlossen sie sich auch vor allem, was Izzy sich immer vom Leben gewünscht hatte.

1. KAPITEL

„Bin ich etwa Zauberschüler?“ Izzy stützte sich mit dem Ellbogen auf, um dem winzigen Spiegel gleich vor dem kleinen Fenster näher zu kommen, damit sie die Wimperntusche auftragen konnte.

Gegen ein paar Zauberkräfte hätte sie jetzt nichts einzuwenden. Einmal den Zauberstab geschwungen, und sie wäre fertig geschminkt. Oder ihr Busen wäre größer. Oder ihr Bankkonto gefüllt. Aber das Einzige, was sie mit dem berühmten Zauberschüler gemein hatte, war „der Schrank unter der Treppe“, den sie und ihre Mitbewohnerinnen bis vor drei Tagen als Abstellkammer genutzt hatten.

Da half es auch nichts, dass die Treppe zu einer wunderschönen Maisonettewohnung gehörte und der „Schrank“ eigentlich ein richtiges Zimmer war, wenn auch klein.

Das Zimmer des armen Mädchens.

Nicht nur hatte sie den Großteil ihrer Habseligkeiten zu ihren Eltern bringen müssen, auch ihre Mitbewohnerinnen waren von ihrer impulsiven Entscheidung betroffen. Erstens hatten sie ihren ganzen Kram umsortieren müssen, und zweitens konnte keine von ihnen in Izzys größeres Zimmer ziehen. Das musste jetzt untervermietet werden, damit sie die Miete zusammenbekamen.

Ihr wunderschönes Zimmer.

In dem jetzt bald jemand anders wohnen würde.

„Das ist der Preis der Freiheit“, erinnerte sie sich murmelnd.

Und des Selbstrespekts. Bei allem, was sie bisher in ihrem Leben angefangen hatte, ging es vor allem darum, sich selbst mit mehr Respekt zu behandeln, als der Rest der Welt es tat.

„Izzy …“ Poppy sah in ihr neues Zimmer. „Wie viel von deiner eigenen Party willst du noch verpassen?“

Alles. Aber es wäre bestimmt nicht klug, das zuzugeben.

Izzy liebte Partys – schließlich hatte sie viel nachzuholen –, aber „Glückwunsch, du bist arbeitslos!“ war in ihren Augen nicht unbedingt ein Grund zum Feiern. Auch wenn Poppys wie immer positiver Ansatz – „Endlich bist du den Job los, der dich ausgesaugt hat!“ – sicher etwas für sich hatte.

Izzy drehte sich von dem verschnörkelten Schminktisch, der schräg eingequetscht zwischen der Wand und dem Bett stand, zu ihrer Freundin um.

„Habe ich da eben Toris Lachen gehört?“, fragte sie übertrieben munter und meinte damit das glockenhelle kokette Klingeln, das die Freundin als bevorzugte Waffe einsetzte. „Wie lange ist sie schon hier?“

Poppy hob eine elegant gezupfte Augenbraue. „Angebrachter ist doch wohl die Frage, wie lange du schon hier bist. Es ist nach acht.“

„Oh. Dann ist es wohl Zeit herauszukommen.“

Warum, um alles in der Welt, habe ich mir eingebildet, es wäre ein Grund zum Feiern, wenn man seinen Job kündigt?

Den Austritt bei Broadmore zu feiern, hatte Izzy vor zwei Tagen beschlossen. Heute war sie da anderer Ansicht. Und in zwei Tagen hätte sie ihre Meinung sicher wieder geändert, bei dem Chaos, das in ihrem Kopf herrschte.

Sie hatte sogar überlegt, ihre Mum anzurufen und es mit ihr durchzusprechen. Bis sie sich daran erinnert hatte, dass sie so etwas nicht mehr tat.

„Komm schon, Iz.“ Poppy hatte ihre Miene richtig gedeutet und hielt die Tür weit auf. „Es wird Spaß machen.“

Ohne ein Glas Champagner in der Hand wohl kaum. Und ein Blick auf die Menge, die sich im Wohnzimmer drängte, bestätigte ihr das nur. Ob es ganz und gar unmöglich wäre, sich einfach abzusetzen, nachdem all ihre Freunde gekommen waren, um sie zu unterstützen?

Es wären nicht die ersten Menschen, die sie hinter sich ließ. Aber der heutige Abend war für stoisches Lächeln und den Freundeskreis gedacht, nicht für Erinnerungen an ihre freudlose Kindheit.

Also folgte sie Poppy in die Küche und hielt den Blick gesenkt, bis jemand ihr ein Glas Champagner in die Hand drückte und sie sich daran festhalten konnte. Sie spülte die erste Runde benutzter Gläser, widmete sich mit Hingabe dem Schneiden von rohem Gemüse in fingerfertige Häppchen, die sie zusammen mit einem Dipschüsselchen auf einem großen Tablett den Gästen anbot. Eine gute Gelegenheit, alle zu begrüßen, ohne stehen bleiben zu müssen.

„Tash, Sally.“ Grüßend hielt sie den beiden Frauen das Tablett hin. „Schön, dass ihr gekommen seid. Hallo, Richard.“

„Ich liebe dieses Arme-Leute-Catering, Izzy“, schwärmte er und tunkte ein Broccoliröschen in den Dip. „Passend zum Thema.“

Hm. Wenn arm sein so amüsant war, warum hatte sie dann als Kind nicht öfter gelacht?

Mit ihrem Tablett bahnte sie sich den Weg durch die Menge, grüßte hier, nickte da und ließ dippen.

„Also, was kommt als Nächstes?“, fragte die Nachbarin von unten.

„Weiß noch nicht“, wich Izzy aus. „Vielleicht eine Konsolidierungsphase?“

Die Mundwinkel in dem hübschen Gesicht verzogen sich nach unten. „Oh! Ich dachte, du hättest schon was Neues.“

Nein, bedaure. Nichts in Aussicht. Dabei wäre es das, was all ihre Freunde von der Izzy, die sie kannten, erwarteten.

Die clevere, karrierebewusste Izzy.

Erste-ihres-Jahrgangs-und Beste-in-der-Firma-Izzy.

Doch die neue Izzy schien nach ihrer Mutter zu schlagen. Die neue Izzy war impulsiv und entschied sich fürs Drama, nicht für die Realität.

Für einen Moment teilte sich die Menge. Izzy erhaschte einen Blick auf Tori, die bei einem Mann auf dem Schoß saß und sich weit zurücklehnte, die Füße mit den Killer-Heels in der Luft. Das Einzige, was sie davon abhielt, flach auf dem Rücken auf dem Boden zu landen, waren die Hände des Mannes. Aber nicht die blassen, schmalen Finger ihres Freundes Mark, sondern starke, gebräunte Hände.

Oh, oh! Ärger im Paradies? Schon?

Die Schneise schloss sich wieder, und Izzy blieben weitere Spekulationen erspart. Sie schlug den Weg zur Küche ein, bot ihr Gemüsetablett hier an und da an.

Vielleicht könnte sie fürs Erste kellnern – beispielsweise in dem Café unten im Erdgeschoss. Damit würde sie sich die Kosten fürs Pendeln sparen. Das einzige Hindernis bestünde in ihrer nicht existenten Erfahrung als Bedienung.

Der letzte Zucchinistick verschwand vom Tablett, kurz bevor Izzy in die Küche einbog.

Natürlich.

Mengen, Zahlen, Kalkulationen. Das war ihr Ding. Ob es sich dabei um Gemüsesticks handelte oder um Investitionen von Broadmore Natále. Die Theorie galt für beides: alle verfügbaren Ressourcen mit größtmöglichem Nutzen einsetzen.

Gott, wie öde.

Kein Wunder, dass sie das Handtuch geworfen hatte. Ihr Job hatte ihr ein fantastisches Einkommen gesichert, was ihr wiederum einen fantastischen Lebensstil mitten in der Stadt gesichert hatte. Aber auch die negativen Seiten wogen schwer: die nervige Pendelei, der aufreibende Chef, das unmenschliche Pensum an Arbeit.

Sicherheit reichte eben nicht mehr. Wie hatte sie sich so lange vormachen können, dass „finanzielle Mittel“ mit „beruflichem Erfolg“ gleichzusetzen wären?

Mit einem Seufzer ließ sie das Tablett in die Spüle gleiten und griff nach der nächsten Paprika und dem Messer.

Als er sich heute Abend aufgemacht hatte, um eine Frau zu treffen, hatte er nicht diese Frau im Sinn gehabt. Und diese Art auch nicht.

Zog man jedoch alles in Betracht, hätte es ihn auch schlimmer erwischen können. Wenn er Mata Hari hier noch zehn Minuten bei Laune halten und noch etwas mehr Zeit mit einer Frau verbringen konnte, die sich freute, ihn zu sehen …

Außerdem konnte er den weiblichen Sichtschutz nutzen, um Izzy Dean zu beobachten.

Isadora.

Fast tat sie ihm leid … wenn er nicht so wütend wäre, ihretwegen jetzt hier sein zu müssen.

Eine Diva wurde nicht sympathischer, nur weil sie gut in dem war, was sie tat. Oder hübsch anzuschauen. Und das war sie, die Glasscheiben seines Büros hatten ihm ausreichend Möglichkeit geboten, zu diesem Urteil zu gelangen.

Er hatte Dean „heranziehen“ wollen, damit sie ihn nach seinem Gastspiel ersetzte, doch nach dem spektakulären Showdown am Mittwoch …

Reisende soll man nicht aufhalten. Die Firma konnte sehr gut auf anspruchsvolle Primadonnen verzichten.

Dennoch war er jetzt hier, ein Bittsteller mit dem Auftrag, sie dazu zu bringen, es sich noch einmal zu überlegen. Weil sie gegangen war, während er am Ruder gestanden hatte. Was sie wohl automatisch zu seiner Verantwortung machte.

Broadmores Personalchef hatte seinen Ärger nur mühsam gezügelt. Zwar hatte der Mann es nicht offen ausgesprochen, aber scheinbar trug allein Harry die Schuld an Deans fristloser Kündigung. Harry wiederum hatte angeführt, dass für Leute, die keine konstruktive Kritik vertrugen, kein Platz im Unternehmen war. Daraufhin hatte Rifkin eine Liste mit Namen von Angestellten angeführt, die die Firma seit seiner Ankunft verlassen hatten, nachdem sie jahrelang ohne Probleme gut gearbeitet hatten.

Rifkins Schlussfolgerung: Harrys Schuld.

Harrys Sichtweise: Kosteneinsparung für das Unternehmen.

Nur weil jemand lange dabei war, hieß das nicht, dass er seinen Beitrag leistete.

Selbst wenn sie das größte Talent im Team war.

Und außerdem hatte Rifkin den Ausdruck an der Glasscheibe nicht gesehen …

„Hier spielt die Musik, Hübscher“, schnurrte die Sirene auf seinem Schoß leicht lallend. Nur unwillig wandte er den Blick von ihrer Sellerieservierenden Freundin ab.

„Ist Ihnen nicht unbequem?“, versuchte er es erneut.

„Ich fühle mich ganz großartig.“ Sie kuschelte sich noch enger an ihn, woraufhin er sich immer unwohler fühlte.

Eine zierliche Brünette drängte sich auf den halben freien Platz neben ihnen, und für einen Moment fürchtete Harry, dass sich sein Problem verdoppelt hatte. Doch dann lehnte sie sich um ihn herum und fragte: „Alles in Ordnung, Tori?“

Tori. Das also hatte sie gemurmelt, während er damit beschäftigt gewesen war, Izzy Dean zu beobachten. Und die kleine Brünette war nicht der Angriff an der Flanke, sondern die rettende Kavallerie.

„Ich amüsiere mich prächtig, Poppy.“ Tori winkte jedwede Sorge mit einem lässigen Handwisch ab. „Kennst du Harry schon?“

Die Brünette reichte ihm die Hand. „Hallo, ich bin Poppy Spencer. Das hier ist meine Wohnung.“

Was wohl der höflichen Form von „Wer sind Sie, und wer hat Sie eingeladen?“ gleichkam. Die dargebotene Hand zu schütteln, bot ihm den perfekten Vorwand, Tori wieder aufzurichten und ein Stück weit von seinem Schoß zu schieben.

„Angenehm.“ Er schüttelte Poppys Hand, nannte aber seinen Namen nicht. „Sie sind also die Gastgeberin?“

„Eigentlich meine Mitbewohnerin. Sie hat gerade ihren Job gekündigt.“

„Ist so etwas bei Ihnen ein Grund zum Feiern?“

„In diesem Fall schon. Seit Monaten fühlt Izzy sich elend. Lausiger Job, lausiger Boss. Sie kann von Glück sagen, dass sie da raus ist.“

„Vielleicht kommt es einfach darauf an, was man aus einem Job macht“, hielt Harry dagegen.

„Sie hat lange genug durchgehalten. Und wenn der Mist nicht mehr zu ertragen ist, sollte man gehen.“

Zu hören, wie seine Anstrengungen und Fähigkeiten mit wenigen Worten niedergemacht wurden, war ein Schlag.

„Möchten Sie einen Drink, Harry?“

„Gern“, nahm er das Angebot an, auch wenn er nicht wusste, wie er ein Glas halten sollte, wenn er beide Hände brauchte, um die beschwipste Frau auf seinem Schoß zu kontrollieren. „Ich würde gern Ihre andere Mitbewohnerin kennenlernen, um … um ihr zu ihrer wiedergefundenen Freiheit zu gratulieren.“ Und sie nötigenfalls zur Firma zurückzuschleifen, wenn sie nicht freiwillig mitkam.

„Das trifft sich gut. Sie und die Drinks sind in der Küche. Izzy versteckt sich nämlich.“

Sich verstecken? Das passte nicht zu der Frau, die er kannte. Isadora Dean stand immer im Rampenlicht, sonnte sich und ihr bewunderndes Publikum darin.

Sie hätte der Mittelpunkt dieser Party sein müssen.

Harry stellte Tori auf die Füße und ließ sich von ihr an der Krawatte Richtung Küche ziehen. Poppy folgte ihnen.

„Izzy“, hauchte Tori theatralisch, als sie in der Küche ankamen. „Der Mann hier braucht dringend etwas zu trinken, bevor er verdurstet.“

Die Angesprochene zog gerade den Kopf aus dem Kühlschrank und wandte den Neuankömmlingen lächelnd das Gesicht zu. Doch es gefror zu Eis, sobald sie erkannte, wen sie vor sich hatte.

„Was, zum Teufel, will der hier?“

„Izzy!“ Polly war ehrlich schockiert.

„Dean.“ Er nickte ihr leicht zu.

„Was hat er hier zu suchen?“, zischte sie.

„Er ist Gast …“ Tori musterte ihn mit zusammengekniffenen Augen. „Oder?“

„Er ist mein Chef!“, stieß Izzy aus.

Abrupt ließ Tori seine Krawatte los. Alle drei starrten ihn an – die geballte Ladung wütender Frauengesichter.

„Ex-Chef“, stellte er richtig – wobei er hoffte, auf das Ex bald verzichten zu können. „Harry Mitchell.“

„Sie sind das?“, krächzte Poppy.

„Aber Sie sehen blendend aus“, ergänzte Tori, wenn auch nicht unbedingt sehr hilfreich. „Ich hatte Sie mir alt und hässlich vorgestellt.“

„Tori!“ Izzy lief rot an und hielt sich an ihrem Glas fest. „Weshalb bist du gekommen?“

„Um mit dir zu reden.“

Polly lachte. „Um sie anzuflehen, dass sie zurückkommt? Das Fahrgeld für die U-Bahn hätten Sie sich sparen können.“

Flehen, werben, schmeicheln. Miss Schandmaul schien plötzlich die begehrteste Angestellte ganz Englands zu sein. „Laut E-Mail-Rundschreiben sind alle Kollegen eingeladen.“

„Du bist kein Kollege, du bist mein Vorgesetzter.“

Aha, sie benutzt Präsenz. Das ließ hoffen. „Vorgesetzte waren nicht ausdrücklich ausgeschlossen.“

„Damit sind meine Partys also auch unter dem Standard?“, parierte sie. „Die pure Höflichkeit hätte dein Erscheinen ausschließen müssen.“

Diese Isadora Dean erkannte er. Spröde und angriffslustig. Und atemlos und mit roten Wangen, wenn sie aufgezogen wurde. „Na, auf jeden Fall bin ich jetzt hier.“

„Du bist nicht willkommen.“ Das war unhöflich, aber sie war schon unhöflicher zu ihm gewesen.

Er räusperte sich. „Immerhin ziehe ich nicht ein. In ein oder zwei Stunden bin ich verschwunden.“

Izzy blinzelte. „Was?“

„Draußen vor der Tür steht ein Typ mit zwei prall gepackten Reisetaschen.“

Poppy runzelte die Stirn. „Draußen?“

„Sehen Sie besser nach“, meinte Harry freundlich zu Poppy, denn er fand sie sympathisch, und außerdem hatte sie ihn vor Mata Hari gerettet.

Mit einem entschuldigenden Blick auf Izzy verließ sie die Küche.

Schon mal eine weniger, fehlt noch die zweite. Er brauchte Dean allein. „Der Typ sah ziemlich gut aus“, sagte er in Toris Richtung.

Doch Tori hielt Izzy die Stange … für ganze vier Sekunden, dann eilte sie Poppy nach.

„Das hier ist mein Zuhause. Und du warst nicht eingeladen.“

„Da ich mir nicht mit Gewalt Zugang verschafft habe, bewege ich mich wohl im gesetzlichen Raum.“

„Es gibt Gesetze gegen die Belästigung von Angestellten.“

„Du bist nicht mehr meine Angestellte.“ Im Moment zumindest nicht.

Sie griff nach der Champagnerflasche, füllte ihr Glas nach. „Ich soll dir also abnehmen, dass du an einem Freitagabend nichts anderes zu tun hast, als zu der Party einer ehemaligen Angestellten zu kommen, die dir zudem …“

„Vorsicht, Isadora, du willst es doch nicht wiederholen, oder?“

„Izzy. Niemand nennt mich Isadora!“

Und so bekam er ganz nebenbei die Erlaubnis, sie mit dem Vornamen anzureden. Er nahm sich jedoch vor herauszufinden, warum er mit dem vollen Vornamen offenbar einen wunden Punkt getroffen hatte. „Gern. Wenn du mich Harry nennst.“

„Ich werde dich gar nichts nennen. Du verabschiedest dich nämlich gleich.“

„Ich habe nicht einmal den versprochenen Drink bekommen.“

Böse funkelte sie ihn an. „Und nach dem Drink gehst du?“

„Wahrscheinlich.“

Sie reichte ihm eine Flasche Bier, als wäre sie eine Handgranate, und er bemühte sich, seinen Ärger mit dem Bier wegzuspülen. Er hatte einen Auftrag zu erledigen, und das würde ihm nicht gelingen, wenn sie wütend war.

„Interessante Wohnung“, setzte er zu Small Talk an.

„Uns gefällt sie.“

Na schön, sie würde ihm also keinen Millimeter entgegenkommen. „Ehemalige Fabrik?“

Sie schien zu merken, wie unhöflich sie war. Also besann sie sich und holte tief Luft. „Eine alte Feuerwache. Wir haben das gesamte obere Stockwerk inklusive Turm gemietet. Unten gibt es mehrere Mieteinheiten, das Café liegt auf Straßenlevel.“

So unwillig. Aber damit würde er sie nicht durchkommen lassen. Also hakte er nach. „Ihr habt hier einen Turm?“

„Mein Schlafzimmer … zumindest war er das bisher.“ Sie fiel ihm sofort ins Wort, als er den Mund öffnete. „Das war keine Einladung.“

„Ich bin mit meiner Wohnung direkt an der Themse auch sehr zufrieden.“

„War ja nicht anders zu erwarten. Ein nobler Ausblick aufs Wasser.“

„Was ist nobel daran, wenn man auf Wasser sieht?“

„Es ist ein Klischee.“

Er ließ das unkommentiert durchgehen. Besser, als zugeben zu müssen, dass er das Wasserschwappen hören musste, um nicht verrückt zu werden.

Schweigen.

„Genießt du das Ausschlafen?“, fragte er dann.

„Was denn, die zwei Mal? Ja, ich könnte mich daran gewöhnen.“

Das hatte er immer an ihr bewundert: Isadora Dean war nicht zufrieden mit ihrem Job gewesen, aber ihre Arbeitsmoral hatte nie darunter gelitten. Sie war immer die Erste in der Firma gewesen. Er lehnte sich an die Anrichte. „Wann trittst du deine neue Stelle an?“

Ihre Pupillen weiteten sich leicht. „Nicht sofort. Ich nehme mir eine kleine Auszeit.“

„Muss schön sein. Ich habe seit fünf Jahren keinen Urlaub mehr gehabt“, murmelte er. Zu Hause verbrachte er fast genauso viel Zeit mit Arbeit wie im Londoner Büro. Nichtstun war ein Fremdwort für ihn.

„Das erklärt vermutlich vieles“, erwiderte sie. Der Champagner verlieh ihr Courage. „Vielleicht wäre die Zusammenarbeit mit dir einfacher, wenn du zwischendurch mal ausspannen würdest. Ich bin nämlich der Überzeugung, dass man mit Honig mehr Fliegen fängt.“

Das nahm er ihr sofort ab. Honig passte genau, um Isadora Dean zu beschreiben, angefangen bei ihrem Haar, ihrer Haut, ihrer Stimme … Sein Blick blieb an ihren Lippen haften. Ja, definitiv Honig. „Deiner Meinung nach sollte ein Manager also immer nett zu seinen Leuten sein?“, fragte er, um seine streunenden Gedanken wieder einzufangen.

„Meiner Meinung nach geht es bei dem Verhältnis zwischen Manager und Angestellten um eine ergänzende Arbeitsbeziehung, nicht um Tyrannei. Die Angestellten wären unter Garantie viel produktiver, würden sie mit Respekt behandelt.“

Autsch. „Mir unterstehen dreiunddreißig Angestellte. Das lässt wenig Raum für ein kuscheliges Verhältnis mit jedem.“ Vor allem nicht, da er immer wieder einen Grund gefunden hatte, eine besonders sexy Angestellte in sein Büro zu beordern.

Sie kippte ihren Champagner in einem Zug hinunter. „Nun, das ist nicht mehr mein Problem. Ich gehöre nicht mehr zur Firma und werde es auch nie wieder tun.“

Er stellte sich näher vor sie. Es gefiel ihm. Bisher hatte er sich das nie erlaubt. Zu gefährlich. „Nie wieder?“

„Nein.“

Vielleicht war das ja alles nur Taktik, um mehr Gehalt zu verlangen. Er war autorisiert, ihr zehntausend Pfund mehr anzubieten. „Und es gibt keine Zahl auf deinem Gehaltsscheck, die dich dazu bewegen könnte, es dir noch einmal zu überlegen?“

„Nein.“ Vor Empörung schlug sie die Hand auf ihr Herz und ihren Busen und erinnerte Harry damit an ihre weiblichen Rundungen.

Er riss sich zusammen. „Jeder hat seinen Preis.“

„Bist du deshalb hier?“ Sie starrte ihn an. „Um herauszufinden, was es kosten würde, mich zurückzubekommen?“ Sie stemmte eine Hand in die Hüfte, verlagerte ihr Gewicht, betonte damit die Konturen ihrer Figur in dem eleganten Kleid. „Das muss dir ja mächtig gegen den Strich gehen.“

Sie ahnte gar nicht, wie sehr. „Ich wollte es nur einmal versuchen. Um genau zu sein, ich brauche deinen Firmenausweis zurück.“

„Kann der nicht einfach ungültig gemacht werden?“

„Diese Ausweise kosten immerhin zehn Pfund.“

Plötzlich wirkte sie richtig verletzt, und das Glitzern in ihren Augen erlosch, weil sie ihm und der Firma offensichtlich nicht einmal zehn Pfund wert war. Das ist also ihr wunder Punkt? Ihr Selbstwertgefühl? Gut zu wissen.

„Natürlich“, sagte sie nüchtern. „Komm mit.“

Die Distanz, die sie ihm gegenüber jäh einnahm, glich einem Kälteeinbruch. Wann genau war ihr Gespräch eigentlich vom Geschäftlichen zum Privaten übergegangen? Harry nahm noch einen Schluck von seinem Bier, stellte die halb volle Flasche ab und folgte Izzy.

Dabei kostete er den Anblick ihrer sich wiegenden Hüften weidlich aus.

2. KAPITEL

„Vorsicht“, warnte Izzy ihren Ex-Chef, als sie sich unter der Treppe wegduckten, um in ihr Schlafzimmer zu kommen.

„Das ist nicht dein Ernst!“, entfuhr es ihm.

In der Tür drehte sie sich um und stellte fest, dass er ihr viel näher war als gedacht. Was ihr nur noch einmal verdeutlichte, wie winzig ihr neues Zimmer war – und wie vollgestopft. „Doch, heute Nacht muss ich hier schlafen. Lass mich eben den Ausweis finden, und dann kannst du dich auf den Weg machen.“

„Was ist aus dem Turm geworden?“

Warum sah er so besorgt aus? „Poppy hat einen neuen Mieter gefunden.“

„Deine Freundin hat dich rausgeworfen?“

„Himmel, nein. Ich habe die Zimmer gewechselt“, murmelte sie. „Ist günstiger.“

„Kann ich mir denken. Da ist mein Kleiderschrank ja größer.“ Sein Blick wanderte über das Chaos in dem kleinen Zimmer. „Ist es, weil du deinen Job gekündigt hast?“

Vielleicht lag es daran, dass sein Duft innerhalb von Sekunden den ganzen Raum erfüllte, vielleicht aber auch an der Wirkung des Champagners, dem sie fleißig zugesprochen hatte, aber plötzlich fehlte ihr die Luft zum Atmen. Allerdings war der Sauerstoff noch nicht so knapp, dass sie sich nicht gegen sein monumentales Ego wehren könnte. „Die Welt dreht sich nicht allein um dich, Harry Mitchell. Ich bin umgezogen, weil ich sparsam mit meinem Geld umgehe.“ Die Lüge kam ihr glatt über die Lippen. „Und Poppy kann das Turmzimmer besser vermieten als dieses hier.“

In den letzten Jahren hatte sie lachhaft viel Geld verdient, aber nur wenig beiseitegelegt. Da sie zum ersten Mal die Möglichkeit dazu gehabt hatte, war sie auf ausgiebige Shoppingtrips gegangen und hatte das Geld mit vollen Händen ausgegeben. Man gewöhnte sich schnell an einen solchen Lebensstil. Und sie hatte sich darauf verlassen, dass es immer so weitergehen würde. Das ganze Zeug, das hier in dem Zimmer gestapelt war, war teuer … nichtsdestotrotz war es Zeug.

Es hatte schon immer eine Diskrepanz zwischen dem bestanden, was sie wollte, und dem, was das Leben ihr geboten hatte.

Hinter ihr lehnte Harry sich an die Wand, während sie nach dem Ausweis suchte. Wo ist der Blazer, den ich Mittwoch getragen habe?

„Entschuldige.“ Sie schob sich an ihm vorbei. Ihre Waden streiften das Bettgestell, mit ihrer Korsage strich sie über Harrys offen stehendes Jackett. Sie reckte sich, um an die vielen Kleiderbügel zu gelangen, die an der Tür hingen, und ging die Kleidungsstücke durch, bis sie bei dem Mittwoch-Blazer ankam.

„Hier, bitte.“ Sie drückte ihm das laminierte Stückchen Papier an die Brust.

Seine Hand schoss hoch, um den Ausweis festzuhalten, landete auf ihren Fingern, hielt ihre Hand an seiner breiten Brust fest.

Izzy erstarrte. Hitze strahlte durch sein Hemd und verbrannte ihre Haut.

„Im Ernst“, drängte er sie, als sie den Blick hob und ihn ansah. „Überleg es dir.“

„Im Ernst“, ahmte sie seinen Tonfall nach. „Meine Entscheidung steht.“

„Selbst, wenn es eine schlechte ist?“

„Gerade, wenn es eine schlechte ist. Dann bleibt nämlich nur noch eine Richtung – nach vorn.“ Das wusste sie aus Erfahrung. Es wunderte sie jedoch, dass ihr die nächsten Worte ungehemmt über die Lippen kamen. „Der Job hat mir zugesetzt. Es wurde Zeit zu gehen, abgesehen von allem anderen.“

„Du warst gerade mal zwei Jahre in der Firma.“

„Es hat nichts mit Langeweile zu tun, sondern mit …“ – mir! – „… der Arbeit.“

„Dann lass dich innerhalb der Firma versetzen.“

Ihr wurde bewusst, dass er ihre Hand noch immer an seine Brust drückte. Entschlossen zog sie sie zurück. „Was sollte dich das kümmern?“

„Es kümmert mich, weil du eine gute Angestellte warst“, murmelte er mit rauchiger Stimme. „Meine beste.“

Pah! „Wir haben jeden Tag gestritten.“

Er schob die Hände in die Hosentaschen, drückte sich von der Wand ab und stand ihr jetzt noch näher. Sie wich nicht zurück, schon aus Prinzip nicht.

„Du hast mich jeden Tag herausgefordert“, korrigierte er sie.

Es schien Izzy nicht die richtige Gelegenheit, ihn hier und jetzt herauszufordern, trotzdem hatte sie das Gefühl, die besseren Karten zu haben. „Du hast einige schlechte Entscheidungen getroffen.“

„Deiner Meinung nach. Dennoch bin ich es, der Entscheidungen trifft.“

„Wenn du nur Jasager in deiner Abteilung brauchst … warum willst du mich dann zurückholen?“

„Vielfalt ist immer ein gutes Fundament für eine Arbeitsgemeinschaft. Und so erstaunlich es dir vielleicht erscheinen mag, ich schätze Frauen mit Kampfgeist.“

Sie schnaubte. „Wie bei Pferden?“

Klugerweise ging er nicht darauf ein. „Mit Kampfgeist und Verstand.“

„Aha. Also war es ein Zeichen von Wertschätzung, wenn du bei unseren Diskussionen jedes Mal vor Wut rot angelaufen bist?“

Ein gefährliches Glitzern trat in seine Augen. „Beurteile du das.“

Erbost verschränkte sie die Arme vor der Brust – was ihren Busen ein Stückchen anhob und ihr Dekolleté betonte. Da Harry sie so nah überragte, nutzte er seine Position schamlos aus. Abrupt ließ Izzy die Arme wieder sinken, und er lenkte seinen Blick zurück zu ihren Augen.

„Komm schon, Dean“, lockte er, „du musst doch zugeben, dass unsere … Diskussionen der tagtäglichen Tretmühle einen produktiven Schub verliehen haben.“

Es hatte Momente gegeben, da hätte sie Harry Mitchell liebend gern einen Schub aus dem Fenster im zwölften Stock verpasst! „So erstaunlich es dir vielleicht erscheinen mag – meine Produktivität steigt, wenn man mir Respekt entgegenbringt – meine professionelle Meinung respektiert.“

„Natürlich respektiere ich dich. Aber respektieren und einer Meinung sein sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Ab und zu war ich ja auch einer Meinung mit dir.“

Und waren diese Tage nicht die verwirrendsten überhaupt gewesen?

„Weißt du, was ich denke? Ich denke, all die hitzigen Debatten zwischen uns waren nichts anderes als unterschwellige Anziehungskraft.“

„Du machst Witze!“

„Nein, ganz und gar nicht.“

„Etwa, weil du so unwiderstehlich bist?“

„Weil es da eine Chemie zwischen uns gibt. Zuerst dachte ich, es wäre nur von meiner Seite, aber nach Mittwoch ziehe ich das in Zweifel.“

Anziehungskraft? Chemie? Zwischen mir und Harry Mitchell? Nein, auf gar keinen Fall!

„Spürst du sie denn nicht auch?“

„Nein, nicht unbedingt.“ Lügnerin!

„Einundzwanzigster Februar. Nach Büroschluss standen wir zusammen im vollen Lift. In dem Gedränge hatten sich unsere Hände zufällig berührt. Und auf der Straße haben wir beide den Stromstoß wegreiben müssen.“

Sie schnaubte abfällig.

„Dritter April“, zählte er weiter auf. „Ich hatte einen deiner Vorschläge abgelehnt. Daraufhin hast du mich den ganzen Tag mit hochroten Wangen und funkelnden Augen durch die Glasscheibe angestarrt. Als Resultat habe ich den restlichen Tag in latenter Erregung zugebracht.“

Seine Bemerkung hätte sie empören und nicht atemlos machen sollen. „Diese Daten erfindest du jetzt nur.“

„Sieh in deinem Terminkalender nach“, erwiderte er lässig. „Elfter Juni. Du hast in meinem Büro gestanden und dich fürchterlich über die neue Quote aufgeregt. Und ich habe dich toben lassen – einfach weil ich neugierig war.“

Izzy schluckte. Sie erinnerte sich an den elften Juni. Der Raum hatte praktisch vibriert, genau wie sie, als sie wieder hinausgestürmt war. Und den ganzen Tag hatte sie geschäumt, weil das Ganze so unerhört war.

Ihre nächsten Worte kamen wie von allein. „Warum neugierig?“

Es zuckte um seine Lippen. „Ich habe mich gefragt, ob du auch auf einem anderen Gebiet so viel Temperament hast. Es war sehr aufschlussreich. Und Mittwoch hat mir erst recht die Augen geöffnet.“

Ihre einzige Rettung war jetzt eine gute Portion von Toris kesser Selbstsicherheit. „Du hast dir aber nie etwas anmerken lassen.“

„Natürlich nicht. Das wäre unangebracht gewesen.“

Sie unterdrückte ein hysterisches Lachen. „Und wie nennst du das hier?“

Er kam noch ein Stückchen näher. „Du hast mich nicht zum Gehen aufgefordert. Mehr wäre gar nicht nötig.“

Das stimmte. Und weshalb nicht? „Vielleicht glaube ich ja daran, dass Anstand und Ritterlichkeit noch nicht ausgestorben sind.“ Vielleicht wollte sie ihm tatsächlich noch eine Chance geben, sich als anständiger Kerl zu beweisen.

„Im Mittelalter war Ritterlichkeit nichts anderes als der Ausdruck sexueller Frustration.“ Er grinste frech. „So wie unsere hitzigen Debatten. Wir könnten natürlich auch ein anderes Ventil finden. Hast du eine feste Beziehung?“, fragte er unverblümt. „Ich nicht.“

Am liebsten hätte Izzy laut gelacht, nur schien sie plötzlich keine Luft mehr zu bekommen. Sein Blick sagte ihr, dass er es ernst meinte. Verzweifelt sog sie den dringend benötigten Sauerstoff ein. „Außer mit deiner Arbeit.“

Für einen flüchtigen Moment verdunkelten sich seine Augen. „Meine Karriere und ich haben eine Vereinbarung.“

„Du meinst, dass du jederzeit Sex haben kannst?“

Er wirkte regelrecht verletzt. „Du glaubst, hier ginge es nur um Sex? Ich hatte eigentlich an eine Art Entdeckungsreise gedacht … auf die ganz altmodische Art. Ein bisschen Fummeln, heiße Küsse und schweres Atmen. Wann hast du das zum letzten Mal gemacht?“

Oh, nein, diese Frage werde ich ganz bestimmt nicht beantworten. „Du setzt da viel als selbstverständlich voraus.“

„Und du hast mich noch immer nicht aufgefordert zu gehen.“

Diese schlichte Wahrheit machte sie für einen Moment sprachlos. Er flirtete mit ihr, und sie mit ihm, in ihrem winzigen Schlafzimmer. Da sie beruflich nichts mehr miteinander zu tun hatten, brauchten sie beide keine Rücksicht auf Ruf und Reputation zu nehmen. Sie kannte ihn lange genug, um zu wissen, dass er weder ein Monster noch pervers war. Und ja, da gab es eine gewisse Chemie. Er bot ihr ein paar angenehme Stunden, ohne dass es gleich in Sex enden musste. Und das Beste daran: Er war genau der richtige Mann, um sich für einen Abend abzulenken.

Und sie hatte ihn noch immer nicht hinausgeworfen.

„Also nur Spaß, kein Ernst“, murmelte sie.

„Eine richtig gute Zeit, Izzy“, bestätigte er, „und nein … kein Ernst. Ich bin nicht auf der Suche nach einer festen Beziehung.“

Ja, ja, ja, jauchzten die drei Gläser Champagner, die sich gegen sie verschworen hatten, unisono. Jeder wusste doch, was Champagner anrichten konnte …

„Die Entscheidung liegt bei dir, Iz.“

Iz. Die Abkürzung besiegelte ihr Schicksal, verführte sie und hüllte sie in Intimität. Diese eine Silbe erleichterte es ihr, sich einzubilden, dass sie einander gut genug kannten, um auf seinen Vorschlag einzugehen.

Sie konnte kaum fassen, dass sie wirklich darüber nachdachte. Aber vielleicht tat sie das ja unbewusst schon länger. Er war Australier, sah fantastisch aus und roch göttlich. Wenn er auch noch wie ein Gott küsste … Das würde sie nie herausfinden, wenn sie jetzt nicht mehr jeden Morgen in der Firma erschien. Dann wäre das hier das letzte Mal, dass sie den aufreibenden Harry Mitchell sah.

Den faszinierend sexy Harry Mitchell.

Vielleicht hatte er recht. Vielleicht waren diese Debatten nichts anderes als ein Ventil für die sexuelle Spannung zwischen ihnen gewesen – das einzig mögliche Ventil am Arbeitsplatz.

Chemie und Neugier taten sich zusammen, sodass Izzy fragte: „Darf ich deinen Anzug anfassen?“ Sie glaubte nicht, dass sie es tatsächlich ausgesprochen hatte.

„Meinen Anzug?“

Er trug dasselbe Jackett wie am Mittwoch, und er blieb reglos stehen, als sie mit der flachen Hand über seine Schulter und dann weiter seine Brust hinunter über den Stoff strich.

Sie hatte den Atem angehalten, der sich jetzt in einem erstickten Seufzer löste. „Faszinierend. Das wollte ich schon am Mittwoch tun“, gestand sie lächelnd.

„Dann hast du heute Glück. Heute kannst du ganz nach Belieben mit mir verfahren.“

Ganz nach Belieben …

Izzy zog die Finger zurück, ballte die Hand zur Faust. „Das ist alles so bizarr.“ Sie hatte sich noch nie auf einen One-Night-Stand eingelassen. „Ich weiß nicht, was ich jetzt tun soll.“

„Sag mir, dass ich gehen soll. Oder trete einen Schritt vor. Oder streichle noch einmal über mein Jackett.“ Er zuckte leicht mit einer Schulter. „Deine Entscheidung.“

Sie hatte Ritterlichkeit angeführt, doch was sie jetzt wirklich wollte, war, dass er ihr die Entscheidung abnahm. Die Verantwortung übernahm. Seine neutrale Haltung schlich sich durch ihre sorgfältig aufgerichteten Barrieren und rührte an alten Unsicherheiten … an Erinnerungen an die Jungen in der Schule, die sich nur für die hübscheren, die schickeren Mädchen interessierten.

Ärmlicher könnte Isadora nicht sein.

Nur … heute fühlte sie sich nicht ärmlich, sondern sündhaft reich. Es lagen endlos viele Möglichkeiten vor ihr. Schließlich würde sein Herzschlag nicht unter ihrer Handfläche hämmern, wenn sie nicht gut genug für ihn wäre.

Sie schlang die Arme um seinen Nacken. „Wenn ich mir bisher vorgestellt habe, dass ich meine Hände um deinen Hals lege, hatte das eine ganz andere Bedeutung.“

Und da sie jetzt einen sicheren Halt hatte, presste sie ihre Lippen auf seinen Mund.

Harrys erste Überraschung wich prompt willigem Einverständnis. Er zog sie noch enger an sich. Und ihr wurde klar, dass sie bei all den vielen verhohlenen Blicken auf seinen Mund seine wahren Talente peinlich unterschätzt hatte. Also ließ sie auch den letzten Rest Selbstbeherrschung fahren und gab sich ganz dieser berauschenden Erfahrung hin.

Warum auch nicht? War es denn nicht die Zeit für einen Neuanfang? Vielleicht ging die neue Izzy nicht nur berufliche Risiken ein. Außerdem war es Ewigkeiten her, dass sie jemanden geküsst hatte. Nicht nur gut geküsst, sondern fantastisch. Und dieses altmodische „Fummeln“ … bei ihm fühlte sich ein Mädchen mit Körbchengröße A wie ein Supermodel.

Irgendwann drehte Harry sich mit ihr um, setzte sich aufs Bett und zog sie auf seinen Schoß. Das Küssen ging weiter, schien Stunden zu dauern. Sein Hemd und ihre Bluse flogen auf die anderen Stapel in ihrem Zimmer, bis Harry sich von ihren Lippen löste.

„Iz, sollten wir das Ganze nicht ein wenig langsamer angehen lassen?“

Seine Stimme klang gequält, und ihr fiel auf, dass er körperliche Schmerzen haben könnte. Also rieb sie sich unmissverständlich an seinem Schritt, und was immer er noch hatte sagen wollen, ging in einem erstickten Gurgeln unter.

Sie hatte ihre Macht ausnutzen und ihn ein wenig quälen wollen, doch damit erreichte sie nur, dass die Hitze zwischen ihren eigenen Schenkeln noch stärker brannte. Also setzte sie sich um, damit sie es beide bequemer hatten. Dabei dachte sie an die Handvoll Partner, die sie nach der Schule gehabt hatte – eine Bandbreite von „eifrig, aber unerfahren“ bis „erfahren, aber egoistisch“. Doch mit diesem Fast-Fremden war sie dem Höhepunkt näher als je zuvor.

Von einer Sekunde zur nächsten beschloss Izzy herauszufinden, ob Harry Mitchell tatsächlich so gut war, wie er von sich selbst behauptete.

„Wir hören nicht auf“, verkündete sie entschieden zwischen zwei keuchenden Atemzügen.

Seine Augen blitzten glühend auf. „Einverstanden.“

Sie griff an den Verschluss ihres BHs. „Und du bleibst die Nacht über hier.“

„Abgemacht.“

Noch einmal tief Luft geholt … Sie wusste doch, was passieren würde, sobald sie das verführerische Stückchen Spitze entfernte: Das Glühen in Harrys Blick würde sich abrupt in Enttäuschung verwandeln, wenn er merkte, dass er auf unlautere Werbung hereingefallen war. Aber das hier war eine einmalige Angelegenheit, und sie schuldete ihm nichts, am wenigsten pralle Brüste.

Also ließ sie den Verschluss aufschnappen. „Du wirst mir zeigen, ob du den ganzen Trubel wert bist, der um dich gemacht wird.“

„Darauf kannst du wetten.“

Sie fingerte bereits an seinem Gürtel. „Na, endlich einmal sind wir einer Meinung.“

3. KAPITEL

Izzy starrte auf den breiten nackten Rücken vor ihrer Nase. Jetzt verstand sie, warum die Leute nach einem One-Night-Stand schnellstmöglich die Flucht ergriffen. In der Hitze des Gefechts war das ja alles schön und gut, aber in der rauen Wirklichkeit des hellen Tageslichts war es einfach nur …

… peinlich.

Irgendwann während der Nacht war sie im Schlaf von Harrys Brust herunter- und gegen die Wand gerollt. Jetzt lag sie eingekesselt zwischen einem warmen männlichen Körper und kaltem Gips. Was es unmöglich machte, beim Aufstehen Würde zu wahren. Aber um zum Bad zu kommen, musste sie über ihn klettern.

Sie könnte ihn natürlich auch wecken, aber der Gedanke, sich nackt von ihm begutachten zu lassen, behagte ihr überhaupt nicht. Und was jetzt? Soll ich einfach hier liegen bleiben? Wie lange kann ich den Druck auf die Blase wohl ignorieren? Bis Prinz Harry geruht, wach zu werden?

Ausgeschlossen!

Sie zog sich das Kingsize-Duvet – Überbleibsel ihres einstigen gemütlich großen Betts – an die Brust, betete, dass ihre Muskeln kooperieren würden … und setzte sich auf.

Kühle Morgenluft strich über ihren Rücken. Penibel darauf achtend, dass das Duvet zwischen ihren beiden Körpern blieb, und mit fest zusammengekniffenen Augen rollte sie halb, halb kroch sie über Harrys Beine.

Erst als sie den Holzboden unter ihren Füßen spürte und der Fluchtweg frei vor ihr lag, hob sie die Lider wieder.

„Sehr elegant“, hörte sie eine vom Schlaf raue Stimme hinter sich.

Erwischt!

„Du schläfst wie ein Toter.“ Hastig bückte sie sich nach ihrer Pyjamahose, die während der nächtlichen Aktivitäten unter dem Kissen hervorgerutscht und auf den Boden gefallen war.

„Ich bin längst wach. Und du hast nicht einmal versucht, mich aufzuwecken.“

„Seit Ewigkeiten liege ich da und verkneife es mir. Du hättest wenigstens irgendwie andeuten können, dass du nicht mehr schläfst.“

Wenn auch vielleicht ungelenk, aber sie schaffte es, sich auch das Schlafanzugoberteil unter dem Schutz des Duvets anzuziehen.

„Dann hätte ich ja die Cirque du Soleil-Vorstellung verpasst.“

Sie warf das Duvet hinter sich. Lauschte, wie Harry sich damit bedeckte, und drehte sich erst um, als er züchtig zugedeckt war.

So, wie er da lag, schien er sich richtig wohl zu fühlen. Als würde er noch länger bleiben wollen.

Alles in Izzy verkrampfte sich wie ihre Blase.

„Möchtest du zuerst ins Bad?“ Himmel, wie höflich ich bin!

„Ich war schon“, erwiderte er.

Das erklärte auch, warum sie von seiner Brust gegen die Wand gerutscht war.

„Dabei bin ich auf den Typen mit den Reisetaschen gestoßen, als er gerade die Wohnung verließ. War wohl ein Freund von Poppys Bruder. Sie schien nicht gerade begeistert gewesen sein.“

Als wäre dieser Morgen nicht schon surreal genug. Da erzählte ihr Exboss ihr auch noch die neuesten Vorfälle aus ihrer eigenen Wohnung. Panik wollte sich in ihr breitmachen. „Entschuldige mich eine Minute.“

Die Kleiderbügel klapperten, als sie die Tür aufriss und zum Bad eilte. Sie blieb dort länger als nötig, schindete Zeit und überlegte, wie es jetzt weitergehen sollte.

Gab es so etwas wie ein Protokoll, an das man sich am „Morgen danach“ hielt? Soll ich ihn bitten zu gehen oder ihn zum Frühstück mit meinen Freundinnen einladen? Beides schien ihr gleich schrecklich. Dabei hatten sie eine wirklich großartige Nacht miteinander verbracht. Im Großen und Ganzen war Izzy ganz zufrieden mit ihrer ersten One-Night-Stand-Erfahrung.

Und wahrscheinlich auch die letzte, wenn diese quälende Unentschlossenheit zu jedem „Morgen danach“ gehörte. Warum hatte Harry sich nicht einfach im Morgengrauen davonschleichen können, wie er es sonst wahrscheinlich auch immer tat?

Ein letzter Blick in den Spiegel, die Haare schnell mit den Fingern gekämmt und die Wimperntusche unter den Augen weggewischt, dann ging sie zurück.

„Also …“

Sie hätte sich keine Gedanken machen müssen. Harry hatte die Zeit genutzt und sich angezogen. Er steckte gerade die Krawatte in die Jacketttasche – und zog gleichzeitig ihren Firmenausweis heraus und hielt ihn ihr hin. „Dann bis Montag.“

Izzy blinzelte nur.

„Im Büro.“

Da fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. „Ich komme nicht zurück, Harry.“

„Natürlich kommst du zurück. Wir werden bestens miteinander auskommen.“

Der Mann machte Witze. „Du meinst, weil wir das Eis mit dieser einen Nacht gebrochen haben?“

„Wir kennen uns jetzt besser, wissen mehr voneinander.“

Sogar sehr viel mehr – was das Körperliche betraf. „Willst du damit sagen, eine Nacht Horizontalyoga reicht aus, damit du meine beruflichen Fähigkeiten anerkennst?“ Eine so abfällige Bemerkung hatte diese fantastische Nacht wirklich nicht verdient – Harry Mitchell schon.

Er runzelte die Stirn. „Izzy …“

„Nur meine Freunde nennen mich so.“

„Und was sagen deine Lover zu dir?“

Nein, sie würde nicht vor ihm zugeben, dass sie kaum Zeit in eine Beziehung investierte. Mit niemandem. Sollte er ruhig denken, sie würde so etwas regelmäßig tun. Besser, als wenn er sich einbildete, etwas Besonderes zu sein.

„Gar nichts.“

„Das wundert mich nicht, wenn du dich am Morgen danach derart benimmst.“

Schon möglich, dass sie nicht sonderlich gut damit umging. „Ich denke, wir sollten es bei der einen Nacht belassen.“

Die Falte auf seiner Stirn wurde tiefer. „Ich dachte, du hättest nichts gegen etwas Lockeres.“

„Ich bin auch nicht auf der Suche nach etwas Festem!“ Sie sagte es sehr viel lauter, als es für diese Uhrzeit passend war. „Aber dass du wirklich glaubst, du bräuchtest nur mit mir zu schlafen, um das katastrophale Arbeitsverhältnis zu verbessern …“ Wahrscheinlich hielt er sie für das Problem. Seine Macken waren natürlich völlig akzeptabel!

„Wir haben geredet“, meinte er. „Wir verstehen uns gut.“

„Damit bewegen sich die Chancen, dass wir noch einmal gut miteinander auskommen, statistisch gesehen gen null.“

Harry steckte den Ausweis zurück in seine Tasche. „Du bist seltsam, Isadora Dean.“

Sie reckte die Schultern und verschränkte die Arme vor der Brust. „Zumindest bin ich jetzt frei, zu tun und zu lassen, was ich will. Mach dir keine Gedanken um mich oder meine möglichen Gefühle. Danke für die Nacht und alles Gute für deine Karriere.“

So einfach konnte Harry nicht gehen. Bei der Tür hielt er an und drehte sich noch einmal um. „Eine letzte Anmerkung noch: Ich werde mir immer Gedanken um dich und deine Gefühle machen, Izzy.“

Das Café im Parterre war voll besetzt, was eine Unterhaltung über private Angelegenheiten zu einer Herausforderung werden ließ, dennoch erzählte Izzy ihren Freundinnen bei einem ausgiebigen Frühstück, was in der letzten Nacht passiert war.

„Ehrlich, Izzy, ich hätte nie erwartet, dass die Nacht so ausgehen würde, nachdem ich dein Gesicht in der Küche gesehen hatte.“

„Oh, doch“, widersprach Tori. „Er ist einfach zu süß. Und dann dieser Akzent …“ Sie seufzte schwärmerisch.

„Toz, wüsste ich nicht, wie intelligent du bist, würde ich jetzt den Kopf schütteln“, meinte Poppy.

„Wieso? Ich mag eben hübsche Dinge.“ Tori zuckte mit den Schultern. „Also, war er nur Dekoration, oder hat er auch etwas gebracht?“

Prompt lief Izzy puterrot an.

Poppy grinste. „Wir nehmen das als ein Ja.“

„Es ist nicht richtig, über Details zu plaudern.“

„Ich bezweifle, dass Prinz Harry sich derzeit mit Verlegenheit wegen gestern Nacht rumschlägt.“

Nein, höchstwahrscheinlich nicht. Etwas sagte Izzy, dass One-Night-Stands für ihn sehr viel normaler waren als für sie.

„Sieh es doch mal von dieser Seite, Iz“, setzte Tori an. „Hast du Gefühle für ihn? Hat er dich als Angestellte gut behandelt? Und letztlich … gedenkst du, ihn wiederzusehen? Wenn nicht, bist du ihm auch nichts schuldig. Also schieß los!“

Und genau aus dem Grund waren Tori und Izzy seit der sechsten Klasse Freundinnen: Unter der flippigen Haarfarbe arbeitete ein Hirn mit unwiderlegbarer Logik.

Izzy sah unsicher von einer zur anderen, öffnete den Mund, wartete noch einen Moment … und dann purzelten die Worte nur so heraus. Wie gut Harry gewesen war. Wie weiblich er sie sich hatte fühlen lassen. Wie sündhaft sinnlich die Nacht gewesen war. Dass sie diese Sache mit den One-Night-Stands schon viel früher hätte ausprobieren sollen, dass sie es aber ganz bestimmt nicht wiederholen würde. Und dass ihre Haut noch immer prickelte und an gewissen Stellen sogar ein wenig wund war.

Und dass er ein kompletter Idiot war.

Die beiden Frauen hörten gebannt zu, gaben die richtigen Kommentare an den richtigen Stellen ab und erfüllten ihre Pflichten als beste Freundinnen.

„Also …“, fasste Tori es knapp zusammen, „… Mitchell ist ein Unsympath im Büro, aber ein Experte im Bett.“

„So könnte man sagen, ja.“

„Nun, man sollte alles im Zusammenhang betrachten“, stellte Poppy nüchtern fest. „Auf dem Gebiet hat er also seine Qualitäten.“

Und ob. Er durfte nur nicht den Mund aufmachen.

„Übrigens …“, fuhr Poppy fort. „Ich habe in der Zeitung ein paar eingekreiste Stellenanzeigen gesehen. Irgendwas Interessantes dabei?“

„Reichlich, wenn ich das Gleiche machen will wie vorher.“

„Aber das willst du nicht?“

Nein. „Es wird Zeit für etwas Neues.“

„Was denn? Kein Finanzsektor mehr?“

„Ich jongliere noch immer gern mit Zahlen, nur will ich nicht mehr im Finanzsektor arbeiten. Wenn ihr versteht, was ich meine …“

Tori seufzte. „Klar. Ich bin Expertin im ‚ja, aber‘.“

Izzy und Poppy tauschten einen vielsagenden Blick. Aber Tori würde erst von Mark erzählen, wenn sie bereit dazu war. Noch war sie das offensichtlich nicht, denn sie fragte: „Was wolltest du als Kind immer werden?“

Izzy dachte nicht oft an ihre Kindheit. Denn wenn sie es tat, überfielen sie sofort die schlimmen Erinnerungen. Die unfreiwillige Energie-Spar-Politik, die Sachen aus der Altkleidersammlung, die Gewaltmärsche, um zur Schule zu gelangen, die unzähligen Aushilfsjobs, um Schulmaterialien und einige wenige Extras zahlen zu können, die für ihre Schulkameraden selbstverständlich gewesen waren.

Ärmlicher könnte Isadora nicht sein.

Noch heute hallte ihr dieser Spottgesang in den Ohren – jedes Mal, wenn sie an früher dachte. Die ganze Stadt war überzeugt gewesen, dass sie noch vor Ende der Schulzeit schwanger werden würde. Wie die Mutter, so die Tochter. Mit fünfzehn hatte ihre Mutter sie bekommen, mit dreißig hatte sie ohne Ausbildung unvermittelbar dagesessen. Vermutlich dachten noch heute alle, dass Izzy nach der Mittelstufe untergetaucht war, um ein Kind auszutragen.

Das war schließlich viel glaubhafter als ein Stipendium von einer Elite-Mädchenschule.

„Ich wollte immer etwas mit Tieren machen“, antwortete sie schließlich auf Toris Frage. In der wenigen Freizeit, die ihr als Kind geblieben war, hatte sie sich draußen mit jedem pelzigen oder geflügelten Wesen beschäftigt, das sie finden konnte.

Tori sperrte den Mund auf. „Du redest doch nicht etwa von Kühen und Schweinen?“

„Nein, von frei lebenden Tieren. Du weißt schon – Dachs, Reh, Spatz …“

„Ja, richtig … auf Trenton hast du immer Igel angeschleppt“, fiel Tori wieder ein.

„Und verletzte Otter“, ergänzte Poppy.

Das waren die guten Zeiten gewesen – die Stunden unten am Bach auf der Suche nach Tieren im und am Wasser. Und es hatte als perfekte Ausrede bei ihren Mitschülerinnen hergehalten, weshalb sie nicht an den teuren Ruder-, Tennis- oder Badmintonkursen teilnahm.

„Ich glaube nicht, dass es viele Jobs gibt, bei denen ich meine Tage damit verbringen kann, unter Hecken nach wilden Tieren zu suchen.“

„Du könntest ehrenamtlich arbeiten.“

„Ich hatte eigentlich gehofft weiterzuessen, Pops.“

„Vielleicht kannst du bei einer Umweltorganisation die Spenden verwalten“, improvisierte Poppy aus dem Stehgreif.

Das wäre auf jeden Fall etwas anderes, aber auch nicht wieder so anders, dass es einem Angst machte. „Klingt gut. Nur wie stehen die Chancen, dass eine solche Stelle im Moment frei ist?“

Poppy bedachte sie mit einem kritischen Blick. „Seit wann wartest du darauf, dass dir etwas in den Schoß fällt? Arbeite auf Kommission – fünfzehn Prozent von allem, was du reinholst. Es wird nicht lange dauern, bis sie dich anflehen zu bleiben.“

„Eigentlich habe ich genug Erfahrung mit dem Sponsoring, das Broadmore vergibt, um zu wissen, wie es von der anderen Seite aussieht.“

„Und sie gehen kein Risiko ein“, ergänzte Poppy. „Kein Sponsoring, keine fünfzehn Prozent.“

„Und ich hätte den direkten Draht zu dem Menschen, der mich bei Broadmore ersetzt …“ Die Idee, sein eigener Chef zu sein, hatte durchaus etwas für sich. Izzy hatte ein für alle Mal genug davon, sich sagen zu lassen, was und mit wem sie zu arbeiten hatte.

Sie hob ihre Tasse. „Auf die Zukunft“, sagte sie und stieß ihre Kaffeetasse gegen die der Freundinnen.

Der Mann ahnt ja nichts.

Denn sollte Rifkin etwas ahnen, würde er Blut und Wasser schwitzen, weil er soeben den Sohn von Weston Broadmore, Eigentümer der global vertretenen Broadmore-Unternehmensdynastie, am Telefon zusammengestaucht und ihm dringend nahegelegt hatte, an seinem Führungsstil zu arbeiten.

Kommentare, die Harry nicht unbedingt gut aufgenommen hatte, aber genau die Art von ehrlicher Kritik, deretwegen er um die halbe Erdkugel gereist war.

Man soll immer vorsichtig sein mit dem, was man sich wünscht.

Auf der anderen Seite der Erdkugel kannte man ihn als Harrison Broadmore, hier in England jedoch lief er unter dem Namen Mitchell. Zwar war das kein Geheimnis, aber nur die Leute ganz oben wussten Bescheid … und natürlich der Kopf des Sicherheitsdienstes. Der jedoch eine Verschwiegenheitserklärung hatte unterzeichnen müssen.

Und genau so hatte Harry es gewollt. Sein Vater unterstützte den Plan, da er glaubte, Harry wolle sich als Spion betätigen und herausfinden, wie es international in der Firma zuging. Sein Sohn hatte ihm nicht gesagt, dass es ihm lediglich darum ging zu sehen, ob er es auch ohne den großen Namen im Rücken schaffen konnte, ohne das Geld des Vaters und ohne Beziehungen.

Selbstfindung. Sein Vater hätte sich halb totgelacht. Als ob Harrys Wünsche wichtig wären. Das Unternehmen würde ihm gehören, sobald Broadmore senior es so bestimmte. Es ging nicht um Wünsche, sondern darum, den Schein zu wahren.

Der Personalchef musste durch die gleiche Schule gegangen sein wie sein alter Herr – hart und unnachgiebig, nur eben ohne emotionelle Altlasten. Es hatte Rifkin nicht überrascht, dass Harry bei Dean gescheitert war. Allerdings hätte seine Stirn sicher wie ein Akkordeon Falten geschlagen, hätte er gewusst, wie und wo die Mission beim ehemaligen Zahlenguru der Firma schließlich geendet hatte. Dass Dean nicht zurückgekommen war, hatte natürlich Konsequenzen: Ihre Arbeit war auf Harrys Team verteilt worden. Der Leiter der Personalabteilung wusste, wie er Harry unter die Haut gehen konnte – indem er den Druck auf die Leute um ihn herum erhöhte.

Vielleicht ahnte der Mann ja doch, wer Harry aufgezogen hatte.

Daher saß Harry am Sonntag im Büro, um etwas von der Menge abzuarbeiten, bevor die anderen morgen früh mit ihrer Arbeit begannen. Obwohl jeder, der ihn sehen würde, es wohl eher als „Löcher in die Luft starren“ bezeichnen würde.

Mit dem Daumen strich Harry über das hübsche Gesicht, das ihm vom Foto auf Deans Firmenausweis entgegenlächelte. Vor neun Tagen war er auf dieser Party gewesen. Neun Tage, seit er die Grenze überschritten hatte, die er nie hatte überschreiten wollen. Dass Dean im Moment nicht für die Firma arbeitete, war nur eine Formalität. Er ließ sich prinzipiell nicht mit jemandem aus dem Büro ein. Nie. Mit niemandem. Vielleicht lag es daran, dass sein Vater das anders gehalten hatte. Harry zumindest achtete peinlich genau darauf, dass man ihm in der Hinsicht nichts nachsagen konnte.

Es reichte, dass sein Vater auf diesem Gebiet ausreichend Erfahrung gemacht hatte. Harrys Mutter war als neunzehnjährige Praktikantin in die Firma gekommen und – wollte man den Geschichten glauben, die unter den Trinkkumpanen seines Vaters kursierten – hatte den schon ergrauenden Weston so heißgemacht, dass er alles getan hatte, um sie in sein Bett zu bekommen. Vermutlich existierte eine dicke Aktenmappe mit Verträgen und notariell beglaubigten Vereinbarungen, die aufgesetzt worden waren, bevor es zu dieser „Fusion“ gekommen war.

Die einzige Regel, die seine Eltern ihm eingetrichtert hatten, lautete: Halte die Öffentlichkeit heraus.

Und deshalb … keine Angestellte. Daran würde er sich klammern wie an den sprichwörtlichen Rettungsring. Denn im Gegensatz zu den Gerüchten, die die Presse über ihn in Umlauf brachte, hatte er absolut nichts mit seinem Vater gemein. Er schlief nicht aus taktischen Gründen mit Frauen, und er hatte auch nicht vor, damit anzufangen.

Auch wenn Dean davon überzeugt zu sein schien.

Als Izzy durfte er nicht an sie denken, denn sonst hörte er es in seinem Kopf so, wie er es in ihrer gemeinsamen Nacht immer wieder ausgesprochen hatte – laut gestöhnt hatte, das Gesicht an ihrem Hals geborgen, als sie ihm einen nie erlebten Höhepunkt verschafft hatte. Diese Bilder jetzt wieder vor sich zu sehen, war wenig produktiv, wenn er sich auf die Arbeit konzentrieren wollte.

Er warf den Ausweis auf seinen überfüllten Schreibtisch zurück.

Isadora Dean gehörte der Vergangenheit an, und er würde seine Strafe für die fehlgeschlagene Mission aussitzen. Sprich, er würde die anfallende Mehrarbeit selbst bearbeiten. Schließlich hatte er nicht umsonst studiert, auch er konnte gut mit Zahlen umgehen.

Monatsberichte, Kooperationsanfragen, Investitionstabellen, Budgetanalysen. Einige davon Deans, andere seine. Jetzt blieben sie alle an ihm hängen.

Aber das war in Ordnung. Eher würde er sich zu Tode arbeiten, bevor er Rifkin – oder seinem Vater – die Genugtuung gönnte, ihn geschlagen zu sehen.

Und wenn nichts anderes dabei herauskam, dann zumindest der Beweis, was für eine Art Mann er nicht war.

4. KAPITEL

Izzy strich sich ein letztes Mal über Haar und Rock, bevor sie den Waschraum im neunzehnten Stock des Broadmore Natále-Wolkenkratzers verließ.

Die Sicherheitsleute unten im Foyer hatten sie freundlich angelächelt, als sie sich eingetragen hatte, und sogar die Lifttüren schienen sich mit einem begeisterten Zischen hinter ihr geschlossen zu haben. Sie war zurück in ihrem alten Jagdterritorium.

Vorher hatte sie unter einem Vorwand Harry Mitchells Assistentin angerufen, um zu erfahren, ob er im Büro sein würde. Nein, er war heute den ganzen Tag mit Terminen beschäftigt.

Bestens. Also bestand keine Gefahr, ihm über den Weg zu laufen.

„Tanya“, begrüßte sie die Frau mit einem höflichen Lächeln, die ihr die Tür zum Vorzimmer des großen Konferenzsaals von Broadmore Natále aufhielt. „Schön, Sie zu sehen.“

„Ja, Sie auch, Izzy.“ Tanya erwiderte das Lächeln. „Viel Glück.“

Inzwischen hatte sie sich an die Verwunderung gewöhnt, wenn sie in den Gebäuden der großen Global Player die Werbetrommel für Lutra Trust rührte – eine kleine, wenig bekannte Umweltorganisation, die sich für den Schutz von Ottern und der Fauna in heimischen Feuchtgebieten einsetzte.

„Otter? Ernsthaft?“, schien auf jeder Stirn zu stehen, wenn sie vorsprach. Bisher hatte es ihr nicht geholfen, aus dem Zimmer unter der Treppe herauszukommen, aber immerhin wusste sie abends beim Zubettgehen, dass sie etwas Wichtiges und Bedeutungsvolles für den Planeten tat.

Nach Jahren monotoner Arbeit im Finanzsektor war das ein richtig gutes Gefühl.

Als es losging, wurde der Repräsentant der größten Menschenrechtsorganisation zuerst aufgerufen. Wenn es alphabetisch ablief, überschlug Izzy im Kopf, würde sie als Fünfte – für „L“ – oder Neunte – für T – an der Reihe sein, abhängig davon, wie viel Bedeutung Broadmore den einzelnen Anwärtern zumaß. Was wiederum hieß, dass sie noch gute neunzig Minuten Zeit hatte und sich entspannen konnte.

Entspannen? Mitten im Feindgebiet?

Es dauerte fast vier Stunden, bevor Izzy sich von ihrem Platz erhob, erneut über Frisur und Rock strich und endlich den Konferenzsaal betrat. Sie ging davon aus, dass sie es mit Darcy McLennan aus der Presseabteilung und Kevin Busby vom Marketing zu tun haben würde. Als sie noch hier gearbeitet hatte, waren sie ein gutes Team gewesen. Das nahm ihr schon einmal viel von der Nervosität. Und vielleicht würde sie sogar ihren Nachfolger aus dem Finanzsektor kennenlernen.

Sie setzte ein Lächeln auf und hielt den Kopf hoch. Darcy und Kevin wirkten etwas überrascht, sie zu sehen, deshalb lächelte Izzy noch ein wenig wärmer. Doch als ihr Blick zu der dritten Person wanderte, die mit am Tisch, traf sie auf Augen, in denen nicht die Spur von Erstaunen stand.

Kobaltblaue, durchdringende Augen.

Triumphierende Augen.

Fast wäre Izzy gestolpert, doch sie fing sich gerade noch und ging weiter auf den Tisch zu. Sie begrüßte Darcy und Kevin mit Handschlag und wandte sich dann der dritten Person zu.

„Mr Mitchell.“

Besser ein vertrauter als ein fremder Gegner. Das sage ich mir doch immer, oder?

Darcy und Kevin wirkten noch immer überrascht, Harry sah einfach nur gelangweilt aus.

Er nahm die Broschüre zur Hand, die vor ihm lag. „Otter also, ja? Sind das nicht diese Nager, die sich von dem ernähren, was auf den Boden der Flüsse sinkt, und die sich dann in den Pools hinter den Villen herumtreiben?“

„Damit beschreiben Sie Ihren halben Gesellschaftskreis. Trotzdem machen Sie Geschäfte mit Ihnen.“

Darcy schnappte entsetzt nach Luft, doch Harry lachte nur schallend. „Warum lassen Sie mich nicht wissen, was Sie wirklich denken, Miss Dean?“

Ah, Sarkasmus. Damit konnte sie umgehen.

„Die Mittel, die Lutra Trust braucht, um etwas Wertvolles zu leisten, zahlt Broadmore aus der Portokasse. Damit könnte Broadmore sich als verantwortungsvoller Sponsor präsentieren, der etwas für den Erhalt der heimischen Umwelt tut. Und wenn Sie sich als einziger Sponsor hervortun, müssen Sie sich auch nicht den Platz für das Logo teilen.“

Sie sah, dass sie ihn langweilte.

„Ich will offen zu Ihnen sein, Miss Dean …“

„Das wäre eine erfrischende Abwechslung.“

Er ging nicht darauf ein. „Sie sind nicht unter den fünf ersten Organisationen auf unserer Liste.“

Darcys und Kevins mühsam kaschierte Verblüffung sagte ihr, dass er die beiden nicht eingeweiht hatte. Was bedeutete, dass sie es auf seiner Liste nicht unter die ersten Fünf geschafft hatte. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass er seine Mitarbeiter einfach überging. Das bedeutete aber auch, dass sie keine Chance hatte.

Betteln würde sie trotzdem nicht. „Zu schade. Aber ich fange gerade erst an. Sie werden erstaunt sein, wenn Sie sehen, was ich erreichen kann, wenn ich motiviert bin.“

Er blinzelte nicht einmal. „Ich muss nicht erstaunt sein, denn ich werde es genau mitverfolgen.“

„Wann?“

„Wenn wir Ihnen den Scheck für fünfzigtausend Pfund überreichen.“

Sie erholte sich schnell. „Ich dachte, wir wären nicht unter den ersten Fünf?“

„Die ersten Fünf werden es nicht einmal merken, wenn ich ihren Scheck um je zehntausend Pfund kürze. Sie stehen an sechster Stelle.“

„Äh … danke.“

„Danken Sie mir nicht. Sie werden dafür arbeiten. Mit Darcy sprechen Sie die Öffentlichkeitsarbeit ab, mit Kevin die jeweiligen Marketingkampagnen. Wir erwarten mehrere Otter-relevante PR-Events. Und natürlich wird der Sponsor dazu eingeladen.“

Wow! Bin ich auch so herrisch gewesen, wenn ich Gelder verteilt habe? Ihr Lächeln wurde breiter. „Selbstverständlich.“

Und von einer Minute auf die andere arbeitete sie also wieder mit Harry Mitchell.

Mist.

„Einen Moment noch, Miss Dean.“

Fast hätte sie es geschafft. Sie stand schon vor dem Lift.

Sie nahm sich zusammen, bevor sie sich umdrehte. „Mr Mitchell.“

Er sah sich um, versicherte sich, dass niemand in der Nähe war. „Geschickter Schachzug.“

„Das ist kein Spiel. Der Lutra Trust hat das gleiche Recht, sich für Sponsorengelder zu bewerben, wie jede andere Organisation.“

„Hast du deshalb deinen Namen nicht auf den Antrag gesetzt? Weil alles angeblich so korrekt und rechtmäßig ist?“

Gott, zwanzig Sekunden in seiner Gegenwart, und schon zweifelte er wieder an ihrer Integrität und ihren Fähigkeiten. Immerhin hatte sie dem Auswahlkomitee jahrelang vorgesessen, sie wusste, dass der Lutra Trust seit Jahren in der Top-Ten-Liste rangierte. „Warum bewilligst du es dann, wenn es dir aufstößt? Du hättest dich schlicht an die Regel der ersten Fünf halten können und wärst damit völlig im Recht gewesen.“

Der Aufzug kam, Harry trat mit ihr in die Kabine. „Ich verspürte einen gewissen Druck.“

„Weil ich eine ehemalige Mitarbeiterin bin?“

Er lächelte schmal. „Weil wir miteinander geschlafen haben.“

Erst jetzt bemerkte sie, dass er mit seinem Rücken die Überwachungskamera verdeckte. Und die Hand, mit der er sich so lässig abstützte, lag genau auf dem Mikrofon. Würde sie ihn nicht kennen, könnte sie glatt glauben, er wolle sie beschützen.

Doch Harry Mitchells Sorge galt nur einer einzigen Person.

„Du glaubst, ich würde das zu meinem Vorteil nutzen?“

„Ich würde es auf jeden Fall tun.“

Ja, garantiert. „Ich bin aber nicht du.“

„Du hast doch auch dein Insiderwissen genutzt, um den Antrag direkt an die richtige Stelle zu leiten.“

„Diese Information hätte ich auch dem veröffentlichten Jahresbericht entnehmen können. Was du da unterstellst, ist unmoralisch.“

„Was hat Business mit Moral zu tun?“

Und dieses zynische kleine Schnauben habe ich auf der Party noch sexy gefunden! „In deiner Welt vielleicht nichts. Aber in meiner Welt gibt es noch so etwas wie Anstand.“

„Oh, bitte. Willst du mir jetzt weismachen, du hättest nicht darauf gehofft, dass deine bisherige professionelle Beziehung mit den Mitgliedern des Komitees deinem Anliegen ein wenig auf die Sprünge hilft?“

„Die Betonung liegt hier auf professionell, oder?“ Was er und sie zusammen getan hatten, war rein persönlich. Extrem persönlich. „Und überhaupt … wie hätte ich wissen sollen, dass du im Ausschuss sitzt? Deine Beteiligung am Auswahlverfahren beschränkte sich bisher auf eine Unterschrift auf dem Bewilligungsformular. Seit wann kümmerst du dich um das Routinegeschäft?“

„Seit die vorherige Ausschussvorsitzende die Firma verlassen hat, ohne eine Kündigungsfrist einzuhalten.“ Die Kritik in seiner Stimme war nicht zu überhören. „Und wie heißt es doch? Willst du etwas richtig erledigt wissen …“

„Wirklich nett. Ich gehöre nicht mehr zu deinen Untergebenen, aber du findest noch immer eine Möglichkeit, mir Inkompetenz zu unterstellen.“

„Ich halte dich durchaus nicht auf allen Gebieten für inkompetent.“

Und obwohl sie anfing, vor Wut zu schäumen, fiel ihr auf, dass er es vermied, sie direkt anzusehen. Er log. Deshalb provozierte sie ihn weiter. „Vorsicht, sonst rutscht dir noch etwas heraus, das ich gegen dich verwenden könnte.“

„Aber das wirst du nicht. Jetzt hast du doch, was du wolltest.“

Schon wieder unterstellte er ihr, dass das alles pure Kalkulation war. „Nur damit das klar ist: Ich habe mich mit der Anfrage an Broadmore gewandt, weil ich weiß, wie das System funktioniert und weil Darcy und Kevin offen für neue Projekte sind. Nicht, weil ich irgendwelche Gefallen erwartet hätte. Ich hatte keine Ahnung, dass du im Ausschuss sitzen würdest, und ich hatte niemals vor, weder meine Anstellung hier noch unsere kurze … was immer es war … auszunutzen, um mein Anliegen voranzutreiben. Um genau zu sein … ich bemühe mich angestrengt, beides zu vergessen.“

„Vielleicht ist mir ja genau das fünfzigtausend Pfund wert.“

Sie richtete sich stocksteif auf, ignorierte den Schmerz, den seine Worte auslösten. „Vielleicht will ich deine fünfzigtausend Pfund ja nicht mehr.“ Sie konnte nur hoffen, dass er sie nicht beim Wort nahm. Dieses Geld würde reichen, um Lutra Trusts Zukunft eine völlig neue Richtung zu geben. „Wenn ich dafür ständig zu Kreuze kriechen muss.“

„Ah, Dean“, raunte er. „So viel Teamgeist.“

Wem wollte er hier etwas vormachen? „Da redet der Richtige, Mitchell.“

„Ich glaube, die Otter-Leute hätten wenig Verständnis dafür, wie du mit ihren Fördergeldern umgehst.“

Na schön, das reicht jetzt. „Du hast deine eigenen Gründe, um Gelder für den Trust zu bewilligen. Ich weiß auf jeden Fall, weshalb ich bei Broadmore angefragt habe.“ Obwohl sie sich inzwischen fragte, wie sie auf eine so hirnverbrannte Idee kommen konnte. „Und ich weiß, dass es ein würdiger Zweck ist. In nur zwei Wochen haben wir es bei zwei anderen Sponsoren in die engere Auswahl geschafft. Ich werde also heute Nacht ganz bestimmt ruhig schlafen können.“

„Einsam und allein in dem schmalen Bett.“

Er will mich nur durcheinanderbringen! Er will, dass ich mich daran erinnere, wie wir uns zusammen im Bett gewälzt und gedreht haben. Nun, das wird er nicht schaffen.

„Acht Stunden, tief und fest, Mitchell. Wann hast du das letzte Mal tief und fest geschlafen?“

Mit diesem letzten Kommentar glitten auch die Türen des Aufzugs auf. Sie ließ ihn stehen und trat ins Foyer. In der schon offenen Ausgangstür hörte sie seine Stimme.

„Ich freue mich schon auf die Zusammenarbeit mit dir, Izzy.“

Ja, klar.

5. KAPITEL

„Die Otterfreunde sind wirklich mit Hingabe bei der Sache.“ Harry warf einen kritischen Blick auf die Gummistiefelbrigade.

Groll stieg in Izzy auf. Ja, sie waren ein bunt zusammengewürfelter Haufen, vielleicht nicht sehr gut organisiert und möglicherweise nicht besonders effektiv, aber sie arbeiteten alle ehrenamtlich.

Ihre Eltern hätten bestens hier hineingepasst. Doch sie anzurufen, weil sie etwas brauchte, war nicht unbedingt die Art, die sie sich vorstellte, um nach so langer Zeit wieder mit ihnen Kontakt aufzunehmen.

„Die Firmenangestellten sind die Einzigen, die dafür bezahlt werden, den Bachlauf von Gestrüpp und Unkraut zu befreien“, erinnerte sie ihn ruhig und lobte sich still für ihre Selbstbeherrschung.

Die zwei Wochen ohne ihn als Arbeitgeber hatten offenbar nichts dazu beigetragen, ihr Verhältnis zu bessern.

„Du glaubst, meine Leute wären nicht hier, wenn sie nicht dafür bezahlt würden?“

„Wärst du es denn?“

Er musterte sie und beschloss, eine andere Taktik zu nutzen. „Es ist erst wenige Wochen her, da hättest du auch zu meinen Leuten gehört und wärst hier herumgestrauchelt – ohne die geringste Ahnung, was zu tun ist.“

Dessen war sie sich bewusst. Und sie kam sich auch ein wenig wie eine Heuchlerin vor. Trotzdem war es erstaunlich, wie schnell all die Erinnerungen aus ihrer Kindheit, in der sie durch die Felder gestreift war, zurückgekommen waren.

„Es ist eine Win-win-Situation. Lutra hat ein paar helfende Hände mehr, und für Broadmore ist es eine kostenlose teambildende Maßnahme.“

„Zwei Gläser Bier in der Kneipe um die Ecke helfen auch, das Team zusammenzuschweißen“, brummte er.

„Aber das bringt keine Publicity.“ Sie wies zu dem Junior-Reporter der örtlichen Wochenzeitung, der sowohl ein Mitglied von Lutra als auch einen jungen Mann aus Harrys Team interviewt hatte. Sicher, es war nicht die Times, aber ein Anfang. „Ich hätte gedacht, dass du das Interview geben würdest.“

Sofort kniff er die Augen zusammen. „Ich habe Besseres zu tun, als mich mit der Presse herumzuschlagen.“

Weil eine kleine Lokalzeitung seiner Hochherrschaftlichkeit nicht reichte? „Sparst du dich für das Time Magazin auf?“

„Ich habe nicht viel für die Medien übrig.“

„Aber, aber“, schnurrte sie. „So schaffst du es nie in die Oberliga, Harry.“

„Ich bin sicher, es gibt andere Wege an die Spitze als öffentliche Zurschaustellung.“

„Ich hätte wirklich angenommen, dass du jede Gelegenheit wahrnimmst, dein Gesicht in die Kamera zu halten.“

Er zog eine Augenbraue in die Höhe. „Hast du mich das je tun sehen?“

Wenn sie genauer darüber nachdachte … „Nein. Warum eigentlich nicht?“ Hat er etwas zu verbergen?

„Die Medien sind immer ein Zirkus.“

„Sprichst du aus persönlicher Erfahrung?“

„Pure Beobachtung“, wich er aus.

„Wenn also Medien präsent sind, lässt du jemand anderes von Broadmore übernehmen?“

„So oft wie möglich.“

„Okay, kapiert.“ Sie strich sich den feuchten Pony aus der Stirn und setzte den Spaten wieder an. „Noch weitere ungeschriebene Regeln, die zu beachten sind?“

„Ich werde dich informieren, wenn es so weit ist.“

Bevor sie etwas darauf erwidern konnte, hörte sie die schmatzenden Geräusche von Gummistiefeln im Moorboden hinter sich.

„Izzy.“ Mit einer Hand auf seine Schaufel gestützt, legte Alex die andere an Izzys Nacken. „Was kommt als Nächstes?“

Sie hörte darin eindeutig das Angebot „Soll ich ihm eine verpassen?“, denn Alex’ Blick lag herausfordernd auf Harry. Also beeilte sie sich, die wachsende Spannung zu entkräften, und übernahm die Vorstellung. „Harry Mitchell, Leiter der Finanzabteilung bei Broadmore Natále, unser Sponsor … Alex Spencer, mein Mitbewohner.“

Alex hatte Toris Platz noch nicht so lange übernommen, dass ihr die Bezeichnung problemlos über die Lippen kam. Für sie war er noch immer Poppys heißer Bruder.

„Noch einer?“, knurrte Harry. „Wie groß ist eure Wohnung denn?“

„Klein genug, um alles durch die dünnen Wände zu hören.“

Oh Gott … Izzy mochte Alex wirklich gern, meistens zumindest, auch wenn er in ihren Augen alles andere als der perfekte Mitbewohner war. Mal eben nackt aus dem Bad zurück ins Zimmer zu huschen, war jetzt nicht mehr möglich. Aber da es nichts schaden konnte, wenn zwei allein lebende Frauen sich die Wohnung am Rand von Notting Hill mit einem ehemaligen Soldaten teilten, hatte sie auch keine großen Einwände erhoben, als Poppy vorschlug, Alex solle einziehen. Nur war es manchmal anstrengend, vierundzwanzig Stunden lang einen Wachhund an die Leine zu legen.

„Alex hatte heute Zeit“, lieferte sie Harry als Erklärung und wandte sich wieder an Alex. „Danke, dass du mitgekommen bist.“

„Befehl vom Hauptquartier“, brummte er. „Ich hätte mich viel lieber eine Runde aufs Ohr gehauen.“

Nur kurz sah Harry auf die Hand an Izzys Nacken, dann fragte er den anderen Mann: „Hauptquartier?“

„Meine Schwester Poppy.“

„Ah, ja. Schwestern. Davon habe ich mehrere.“

Izzy horchte auf. Das war die erste persönliche Information, die dieser Mann von sich gegeben hatte.

„Gleich mehrere? Mir reicht die eine.“

Von jetzt auf gleich verlagerten sich die Loyalitäten – wenn auch nur leicht. Harry streckte die Hand aus, Alex schlug ein.

Dass er dazu die Hand von Izzys Nacken nehmen musste, befriedigte Harry etwas zu sehr.

„Sieht aus, als sei dein Sektor klar“, mischte Izzy sich ein, bevor die beiden noch zur großen Verbrüderung ansetzten. Obwohl Alex letzte Nacht nur wenig geschlafen hatte, weil er tat, was er eben tat, war er durch seine militärische Laufbahn extrem effizient in allem, was mit körperlicher Arbeit zu tun hatte.

„Darum brauche ich ja den nächsten Job. Bevor ich im Stehen einschlafe.“

Sie prüfte ihre Liste. „Wir brauchen noch einen Beobachtungsstand, aber auf dem Boden. Meinst du, du kannst ein wenig im Dreck auf den Knie rutschen und schnell so eine Art Kabine bauen?“

„Im Dreck und bei ‚schnell‘ laufe ich zu Hochtouren auf.“ Er sah zu Harry. „Hört sich nach einem Job für vier Hände an.“

Bitte nicht! Nicht die beiden zusammen! Nicht dass Alex viel über ihre Kindheit wusste, aber über ihre Gegenwart könnte ihm durchaus etwas herausrutschen.

Dass sie keine männlichen Besucher hatte. Wie pleite sie war. Wie sie am Tag nach der Nacht mit Harry durch die Wohnung gegeistert war … Und am Tag danach auch.

„Harry wird sicher bei seinem Team bleiben wollen. Schließlich ist das hier als teambildende Maßnahme gedacht.“

Seine blauen Augen glitzerten. „Sie werden froh sein, wenn ich ihnen nicht ständig über die Schulter sehe. Und ich halte gern mal wieder einen Hammer in der Hand.“

Alex richtete sich strahlend auf. „Klingt nach einem Mann, der schon öfter mit angepackt hat.“

„Zu Hause, ja.“

„Australien.“ Alex setzte sich in Bewegung, und Harry schloss sich an. „Da wollte ich schon immer mal hin.“

Das war’s dann also. Der Himmel allein wusste, was Harry mit den Hintergrundinformationen über sie anfangen würde. Der einzige Trost, der Izzy blieb, war die Hoffnung, dass Alex von Poppy beauftragt worden war, mehr über One-Night-Stand-Partner herauszufinden.

Eine halbe Stunde mit Alex Spencer, und Harry hatte eine ziemlich gute Vorstellung davon, wie Izzys Kindheit abgelaufen war und wie sie das geformt haben musste. Nicht dass Alex aus dem Nähkästchen geplaudert hätte. Harry konnte den Moment genau bestimmen, in dem die Grenze gezogen worden war. Und er spürte auch, dass es da irgendwo eine Agenda gab.

„Sie mögen Izzy“, bemerkte er irgendwann.

„Ja.“ Alex schnaubte. „Scheint, als wäre eine Schwester nicht genug.“

Schwester. Die Botschaft war laut und deutlich, aber es konnte nichts schaden, sich zu vergewissern. Diese Hand an Izzys Nacken … das nagte noch immer an ihm. „Also muss ich mich für nichts entschuldigen?“

„Wegen Izzy? Nein. Izzy ist eine liebe Freundin, aber nicht die Art Freundin. Sie ist … anders.“

Ja, das war sie. Das war wohl auch der Grund, weshalb das, was sie in jener Nacht getan hatten, noch immer wie ein Neonschild blinkte. Aber Harry würde sich nicht entschuldigen. Er bereute nichts.

„Und sie ist erwachsen“, tastete er sich vor.

„Die Mädchen kannten sich schon als Kinder.“ Alex sah von der Arbeit auf, musterte sein Gegenüber. „Aber ja, sie ist erwachsen.“

Harry hörte die Warnung und akzeptierte sie. Damit war die Sache geklärt. „Sie kennen sie also schon lange?“

„Sie kam oft mit meiner Schwester in den Internatsferien zu uns. Zwar war ich nicht viel zu Hause, aber ich habe sie regelmäßig gesehen. Poppys schüchterner Schatten.“

Schwer vorstellbar. Wenn Harry an Izzy dachte, dann immer als Mittelpunkt, umringt von Menschen. Obwohl … in letzter Zeit sah er immer nur eine Person in ihrer Nähe. „Warum ist sie in den Ferien nicht zu sich nach Hause gefahren?“

„Das werden Sie sie fragen müssen.“

Damit war die Grenze gezogen, Alex’ Loyalität hakte ein. Er würde sich jederzeit für sie einsetzen, aber nicht über sie reden. Und das sagte mehr als alles andere über ihre Beziehung zueinander.

Bruder – Schwester.

Tief in Harrys Innerem beruhigte sich etwas wieder.

„Nicht schlecht“, lautete Alex’ Urteil, als er das Holzfundament für den Beobachtungsstand begutachtete „Sind Sie sicher, dass Sie nur hinter dem Schreibtisch sitzen?“

„Das Resultat des jahrelangen Verbots, Sport zu treiben. Ich habe meine Energien in den Workshops abgearbeitet …“ Harry presste die Lippen zusammen. Die Wahrheit war ihm schlicht herausgeschlüpft.

So etwas passierte ihm nie.

Alex musterte ihn. „Gab es keinen Sportunterricht an der Schule … oder hatten Sie einfach nur übervorsichtige Eltern?“

Seine Eltern hatten tatsächlich etwas schützen wollen, aber das hatte nicht viel mit ihm zu tun gehabt. Nach drei Schwestern hatten sie endlich einen Sohn bekommen – den Erben. Um noch einen zweiten Erben zu produzieren, war die Feindseligkeit zwischen den beiden zu groß. Und für einen Frauenhasser wie seinen Vater bedeuteten die drei Töchter nichts anderes als einen Einsatz für Firmenfusionen.

Also lag alles auf seinen Schultern. Ihre Zukunft, seine Zukunft, die Zukunft all derer, die für das weltweite Unternehmen arbeiten. Wäre ihm etwas zugestoßen, hätten sie noch einmal von vorn anfangen müssen.

Deshalb kein Rugby, kein Sturz vom Klettergerüst, und wenn Autofahren, dann nur in einem Hummer. Harry verdankte seine Fitness allein der Unwissenheit seines Vaters, der keine Vorstellung hatte, welche modernen Maschinen den Schülern in so einem Workshop eines Luxus-Internats zur Verfügung standen.

„Vorsichtige Eltern.“ Er schnaubte.

Alex schnaubte zurück.

Ein Schnauben zwischen Männern sagte mehr als tausend Worte.

In diesem Moment wurde Harry auch klar, weshalb ihm vorhin die Wahrheit rausgerutscht war. Wahrscheinlich war Spencer nicht für Verhöre ausgebildet worden, man konnte einfach nur gut mit ihm reden. Genau wie mit den Jungs zu Hause.

„Ich denke, hier sind wir so weit.“ Auch Harry begutachtete das Holzfundament. Für die Wände musste jemand anders sorgen, aber zumindest würden die Otterfreunde mit diesem Fundament auf keinen Fall im Schlamm versinken.

„Ich sollte wohl zu meinem Team zurück“, murmelte er. „Danke für die Gesellschaft.“

Alex warf seine Handschuhe in die Werkzeugkiste. „Und ich werde jetzt nach Hause gehen und eine Mütze voll Schlaf nehmen.“

„Es ist helllichter Tag.“

„Ich war die ganze Nacht unterwegs.“

„Gearbeitet?“

Alex sah ihm direkt in die Augen. „Genau. Das, was ich am besten kann.“

Harry lachte laut auf und zog damit Izzys misstrauischen Blick auf sich.

Ja, Alex war definitiv jemand für ihn. „Wir sehen uns bestimmt noch öfter.“

Oder auch nicht. Wegen der Loyalität zu Izzy würde er eine Einladung zu einem Bier wohl ausschlagen. Schade. Freunde auf dieser Seite der Erde waren dünn gesät.

Harry sah auf seine Armbanduhr, dann zu seinem Team. Die Hälfte stand herum, die andere Hälfte arbeitete. Nicht anders als im Büro. Aber bevor er sie entließ, würde er sich von Izzy verabschieden. Der Tag an der frischen Luft hatte ihre Wangen rosig gefärbt, und nach den Stunden harter Arbeit wirkte sie verschwitzt.

Irgendwie sagte ihm das zu … auch wenn er es nicht verstand.

„Ich werde meine Leute jetzt nach Hause schicken“, rief er ihr schon von Weitem zu. „Danke für heutigen Ausflug.“

Danke, dass du mich aus dem muffigen Büro herausgeholt hast. Danke, dass ich wieder einen Hammer in der Hand halten konnte. Danke für deinen Exsoldaten und das Heimweh, das er für einen Moment mitgebracht hat.

„Harry!“

Er drehte sich wieder zu ihr um. Sie kam durch das Reetgras auf ihn zu. Atemlos blieb sie vor ihm stehen – noch etwas, das ihm gefiel. Nur war es schwer zu beurteilen, ob aus Erschöpfung oder Nervosität.

„Meinst du, du könntest dir eine Minute nehmen und die letzte Gehaltsabrechnung, die mir noch zusteht, abzeichnen?“

Sie kaute an ihrer Lippe. Was ihm verriet, dass es ihr peinlich war, ihn darum zu bitten. Und dass sein Magen sich zusammenzog, verriet ihm, dass er sich nicht darauf hätte verlassen sollen, Rifkins Abteilung würde automatisch das Richtige tun. Wahrscheinlich hofften sie noch immer darauf, dass Izzy zurückkam, und ließen sich absichtlich so viel Zeit.

„Du hättest das Geld schon vor Wochen haben müssen. Ich habe die Abrechnung abgezeichnet, kurz nachdem du gegangen bist.“

„Offenbar scheint jemand nicht damit einverstanden zu sein.“

„Das ist doch Blödsinn.“

„Ich versichere dir, ich habe bisher nichts erhalten.“

„Ich meine, es ist Blödsinn, dass du so lange warten musst.“ Er klopfte sich die Sägespäne von der Hose. „Die Personalabteilung verweigert sich einfach, weil alle hoffen, dass du zurückkommst.“

„Das werde ich aber nicht.“

„Ist mir klar. Ich kümmere mich sofort darum“

„Danke.“

Er räusperte sich. „Keine Ursache. Das Geld steht dir zu.“

Vor einem Monat hätte er wahrscheinlich noch irgendeinen spöttischen Kommentar hinzugefügt, auf wie viele latte sie hatte verzichten müssen – oder ob sie nicht zur Maniküre hatte gehen können. Aber vor einem Monat hatte er diese Seite an ihr auch noch nicht gekannt. Unwillkürlich griff er nach seinem Portemonnaie. „Brauchst du …“

Sie richtete sich auf, hob das Kinn. „Ich brauche keine Almosen von dir, sondern nur, dass du dich darum kümmerst.“

Was er ihr bereits zugesagt hatte. Und damit verdrehte sie eine gut gemeinte Geste zu einer Beleidigung.

Wie immer.

„Wir sehen uns dann am Freitag.“

Sie hatte sich schon abgewandt, schaute jetzt aber noch einmal über die Schulter zu ihm zurück. „So? Wo denn?“

„Ich hatte angenommen, dass du zu der großen Titan-Soiree gehst, um neue Kontakte zu knüpfen.“

Sie blinzelte. „Richtig. Wir sehen uns also dann dort.“

Autor

Nikki Logan
Nikki Logan lebt mit ihrem Partner in einem Naturschutzgebiet an der Westküste Australiens. Sie ist eine große Tierfreundin. In ihrer Menagerie tummeln sich zahlreiche gefiederte und pelzige Freunde. Nach ihrem Studium der Film- und Theaterwissenschaften war Nikki zunächst in der Werbung tätig. Doch dann widmete sie sich ihrem Hauptinteresse: dem...
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