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Als Miranda Brooks am Pool ihrer neuen Wohnung sitzt, trifft sie einen faszinierenden Mann. Seine erotische Ausstrahlung setzt ihren Körper in Flammen - sie muss Rick einfach berühren. Offensichtlich geht es ihm genauso: Zärtlich nimmt er immer wieder ihre Hand, streichelt ihren Arm, wenn sie sich wie zufällig berühren. Es scheint das natürlichste der Welt zu sein, dass sie diese Nacht zusammen verbringen. Glücklich stimmt Miranda zu, als Rick sie am nächsten Morgen fragt, ob sie sich bald erneut treffen wollen. Zu ihrer Überraschung sehen sie sich schon zwei Stunden später wieder, als Miranda ihre neue Stellung in der Klinik antritt: Rick ist ihr Chef, der sie entsetzt anstarrt ...


  • Erscheinungstag 12.08.2020
  • ISBN / Artikelnummer 9783733718213
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Die sanften Klänge eines Saxofons umschmeichelten Miranda Brooks wie die zärtlichen Hände eines Liebhabers. Entspannt lag sie da und blickte in den sternenübersäten Himmel. Der warme Wind trug den Duft frisch gemähter Rasenflächen zu ihr und war wie ein sanftes Streicheln auf ihrer Haut.

Miranda rekelte sich behaglich auf der weichen Liege am Pool, schloss die Augen und ließ sich von der Musik zu einer erotischen Fantasie verleiten – ein perfekter Liebhaber in einer perfekten Umgebung …

„Der Krach muss sofort aufhören!“, schrie jemand aus einer der oberen Wohnungen.

Mit einem Misston verstummte die Musik. Miranda riss die Augen auf, richtete sich halb auf und sah sich am Pool des Apartmenthauses um. Auch jetzt war niemand außer ihr hier, weshalb sie ja auch hergekommen war. Allerdings war klar, dass sie doch nicht so ganz allein war. Die Musik war nicht wie ursprünglich angenommen aus der Konserve gekommen. Offenbar hatte ihr jemand bewusst oder unbewusst ein Ständchen gebracht.

Durch den Zaun rings um den Poolbereich hindurch sah Miranda sich nach dem geheimnisvollen Musiker um.

Und dann entdeckte sie ihn.

Nur wenige Meter entfernt von ihr zeichnete sich seine Gestalt schattenhaft in einer offenen Wohnungstür ab. Obwohl sie seine Augen nicht sehen konnte, hatte sie das Gefühl, dass er sie betrachtete.

Mit dem Saxofon in der Hand trat er in den gelblichen Schein der Außenbeleuchtung, und Miranda bekam Herzklopfen. Obwohl er nicht viel größer als einsachtzig war, wirkte er beeindruckend, doch solange er nicht näher kam, konnte sie sein Gesicht nicht erkennen, und diesen Wunsch würde er ihr kaum erfüllen.

Miranda ließ sich wieder auf die Liege sinken. Vielleicht sollte sie lieber gehen, doch das konnte sie nicht. Noch nicht. Vorher wollte sie einen Blick auf den Mann werfen, nur einen einzigen Blick. Danach konnte sie sich zurückziehen.

In der Stille hörte man Schritte und das Quietschen der schmiedeeisernen Pforte. Miranda schloss die Augen und wartete.

„Ist alles in Ordnung mit Ihnen?“ Seine Stimme klang angenehm tief und weich.

Miranda blickte in ein markantes Gesicht mit Augen so dunkel und geheimnisvoll wie die Nacht. Das pechschwarze Haar des Mannes war sinnlich zerzaust und fiel ihm in die Stirn, als käme er direkt aus seinem Bett oder den Armen einer Frau. Der goldene Ring im linken Ohr funkelte wie die Sterne über ihm. Die Kleidung des Fremden bestand aus einer lässig sitzenden schwarzen Hose und einem weißen Hemd, dessen beide oberste Knöpfe geöffnet waren. Die Ärmel hatte er hochgerollt.

Ein wahr gewordener Traum und verführerisch gefährlich.

Miranda rückte auf der Liege höher und zog dabei den Saum ihres kurzen geblümten Rocks herunter. „Mir geht es bestens. Wieso fragen Sie?“

Zu ihrer Überraschung holte er sich einen Stuhl heran, als hätte sie ihn aufgefordert, sich zu ihr zu setzen, und lehnte das Saxofon gegen sein Bein. „Sie waren so still und tragen noch Straßenkleidung. Ich dachte, Sie wären vielleicht von zu viel Sonne ohnmächtig geworden.“

„Von welcher Sonne?“

Er blickte zum Nachthimmel mit einem so strahlenden Lächeln hoch, dass der Mond dagegen zu verblassen schien. „Sie haben recht. Die Sonne scheint gar nicht mehr. Dann vielleicht von zu viel Tequila?“, fragte er und richtete die dunklen Augen wieder auf Miranda.

Sie versuchte, empört dreinzusehen, was ihr bei seinem sinnlichen Lächeln schwerfiel. „Sehe ich vielleicht betrunken aus?“

„Nein, aber der Schein trügt ja oft.“ Er blinzelte ihr zu. „Sogar Engel kippen gelegentlich einen.“

Ihr wurde von dem Kompliment und von der Andeutung, sie könnte betrunken sein, ganz heiß. „Ich versichere Ihnen, dass ich völlig nüchtern bin, Mr. …“

Er reichte ihr die Hand. „Nur Rick.“

Nach kurzem Zögern ergriff sie seine Hand. Wie vermutet hatte er einen kräftigen Händedruck. Miranda fühlte auf seiner Handfläche eine Schwiele. Kleine Schönheitsfehler machten einen Mann sexy, wogegen sie bei einer Frau …

Ach was, sie wollte sich die Stimmung nicht durch solche Gedanken verderben. „Freut mich, Sie kennenzulernen, Rick. Ich bin Randi.“ Ohne zu überlegen, nannte sie ihm den Spitznamen aus ihrer Kindheit, was sie sonst bei Fremden nur selten tat.

„Freut mich auch, Randi.“ Er ließ ihre Hand wieder los und rieb sich das Kinn. „Hm … Rick und Randi. Klingt doch nett, oder?“

„Ich suche gleich morgen die Aussteuer zusammen.“

Er störte sich nicht an dem Spott, sondern lächelte unverändert. „Also, Randi auf der Liege, was führt Sie mitten in der Nacht hierher?“

„Nun, Rick mit dem Saxofon, es ist erst zehn Uhr und somit nicht mitten in der Nacht, und ich war auf der Suche nach Ruhe und Frieden.“

Jetzt schwand sein Lächeln. „Sie fanden beides, bis ich Sie mit meiner Musik störte.“

„Sie hat mir gefallen. Zuerst dachte ich, jemand hört Radio.“

„Ich fühle mich geschmeichelt.“ Rick blickte zum Balkon im ersten Stock. „Der Typ da oben war vermutlich nicht Ihrer Ansicht.“

Miranda sah zu der Wohnung hinauf, die direkt über ihrer lag. „Vermutlich nicht. Machen Sie das öfters?“

„Mit fremden Frauen sprechen?“

„Die Wohnanlage mit Musik versorgen.“

„Nein, normalerweise nicht. Ich wohne nicht hier.“

„Sie wohnen nicht hier?“, fragte Miranda enttäuscht.

„Ich hüte die Wohnung von Freunden, die Urlaub machen, und ich lasse gleichzeitig in meinem Haus Arbeiten durchführen.“

„Ach.“ Ob sie ihm glauben konnte? Womöglich war er ein Vergewaltiger oder Serienmörder.

„Hey, machen Sie kein so besorgtes Gesicht. Ich bin harmlos.“

Der Mann war alles andere als harmlos, wenn vielleicht auch kein Verbrecher. Allerdings fielen ihr etliche Möglichkeiten ein, was er ihr mit seinem Charme antun konnte. Und sie kannte auch etliche Gründe, aus denen sie sich nicht daran stören würde. „In der heutigen Zeit kann eine Frau nicht vorsichtig genug sein.“

„Das stimmt allerdings auch wieder.“

„Verdammt, Leute, verzieht euch nach drinnen! Andere wollen schlafen!“

Rick lenkte den Blick erneut nach oben zu dem Nachbarn. „Was für ein unfreundlicher Zeitgenosse.“

„Ja. Die Hose hängt ihm unterhalb des Bauches, und er trinkt Bier zum Frühstück.“

Mit einem hinreißenden Lächeln stand Rick auf. „Also, wollen wir?“

„Wollen wir was?“

„Uns nach drinnen verziehen.“

Miranda setzte sich auf und fand sich damit ab, dass die Unterhaltung beendet war. Da konnte man eben nichts machen. „Das sollten wir. Ich muss ohnedies ins Bett.“

Er rieb sich nachdenklich das Kinn. „Vielleicht begleiten Sie mich zu meiner Wohnung, damit ich nicht belästigt werde.“

Obwohl sie ernsthaft über seinen Vorschlag nachdachte, gab sie sich gleichgültig. „Sie machen durchaus den Eindruck, als könnten Sie die kurze Strecke zu Ihrer Wohnung aus eigener Kraft schaffen.“

Sein Seufzen übertönte sogar das Zirpen der unzähligen Grillen. „Sie denken offenbar gar nicht daran, es mir leichter zu machen.“

„Aber, Sir“, entgegnete sie neckend, „ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon Sie sprechen.“

Er ging in die Hocke, legte das Saxofon quer über die Knie und blickte sie durchdringend an. „Ich dachte, Sie hätten vielleicht Lust auf einen Schlummertrunk bei mir. Kein Angst, ich möchte nur reden.“

Miranda wusste, dass sie ablehnen und sich auf der Stelle zurückziehen sollte. Am besten wäre es gewesen, sich freundlich zu verabschieden und zu verschwinden. Doch was sie wusste und was sie wollte, waren zwei Paar Schuhe. Ein faszinierender Mann lud sie zu sich ein, ein attraktiver Fremder, den es eigentlich nur im Traum gab. „Was für ein Schlummertrunk?“

„Milch, Orangensaft, was immer Sie wollen.“

„Tequila?“

Sein gedämpftes Lachen klang sehr sexy. „Das Zeug meide ich. Wenn man nicht vorsichtig ist, bringt es einen um.“

Das sprach für ihn. Offenbar war er kein Säufer. Das vermutete sie wenigstens. Trotzdem vergaß sie nicht die bitteren Lektionen, die ihr das Leben erteilt hatte. „Vielen Dank für Ihr Angebot“, erwiderte sie vorsichtig, „aber ich kenne Sie schließlich nicht.“

„Wie wäre es, wenn ich Ihnen die Telefonnummer meiner Mutter gebe, damit Sie sich über mich erkundigen können?“

„Das reicht nicht. Mütter haben nie etwas an ihren Söhnen auszusetzen.“

Sein Blick verdüsterte sich kurz, doch das konnte auch eine Täuschung sein. „Wahrscheinlich haben Sie recht.“ Er setzte sich wieder auf den Stuhl und lehnte das Saxofon an sein Bein. Miranda betrachtete seine Hände – groß, kräftig und sicher in vielerlei Hinsicht sehr geschickt.

„Also schön“, meinte er, „wenn Sie nicht hineingehen wollen, habe ich einen anderen Vorschlag. Ich könnte zwei Stühle auf die Terrasse der Wohnung stellen. Dort hallt nicht jedes Wort wie hier über den ganzen Innenhof. Dann stören wir Mr. Bierbauch nicht, und Sie können jederzeit die Flucht ergreifen, wenn es Ihnen ratsam erscheint.“

„Wollen Sie damit sagen, dass Sie mir Grund zur Flucht bieten wollen?“

„Wirke ich auf Sie denn so bedrohlich?“, erkundigte er sich stirnrunzelnd.

Oh ja, das tat er. Er war viel zu aufreizend, und wie sie sich im Moment fühlte … „Schon möglich.“

Er beugte sich so weit vor, dass sie den Duft seines Eau de Cologne auffing, und betrachtete sie forschend. Sein schwarzes Haar schimmerte im Mondschein. Die bräunliche Haut wirkte glatt und lud zum Streicheln ein. An Kinn und Wangen waren dunkel vom Bartschatten. Miranda konnte kaum dem Wunsch widerstehen, Rick zu berühren. Sie ballte die Hände zu Fäusten, um diesem Verlangen nicht nachzugeben.

„Ich verspreche, mich zurückzuhalten“, bot er an, „wenn Sie mir dafür versprechen, mir Gesellschaft zu leisten. Mir ist nämlich danach. Außerdem ist die Nacht viel zu schön, um jetzt ins Bett zu gehen.“

Er fügte nicht „allein“ hinzu. Was kann schon ein Drink auf der Terrasse schaden? überlegte Miranda. Ein kleines Abenteuer? Weshalb sollte sie nicht ein Risiko eingehen? Immerhin hatte sie das auch getan, als sie hierher zog und eine neue Arbeitsstelle annahm, um noch einmal neu zu beginnen. Für den größten Teil ihrer fünfundzwanzig Jahre hatte sie wie in einem Kokon gelebt. Es war höchste Zeit, ihn langsam aufzubrechen.

„Also gut, ein Glas. Aber nicht mehr“, entschied sie. „Ich muss zeitig aufstehen.“

„Schön“, erwiderte er strahlend.

Rick hielt ihr die Hand hin. Miranda griff langsam danach und ließ sich beim Aufstehen helfen. Und sie war enttäuscht, als Rick sie sofort wieder losließ.

Sie folgte ihm und wartete im Freien, bis er aus der Wohnung ohne Saxofon, aber dafür mit zwei hochlehnigen Stühlen zurückkehrte.

„Was soll es sein?“, fragte er. „Milch oder Orangensaft? Ich habe auch Bier.“

„Bier“, sagte sie hastig. Dabei mochte sie das Zeug nicht einmal.

„Also Bier. Ich komme gleich wieder.“ Er verschwand rasch in der Wohnung.

Miranda wählte zur Sicherheit den Stuhl neben der Buchsbaumhecke, direkt am Weg und weiter von der Wohnungstür entfernt.

Eigentlich war sie verrückt, dass sie auf den Vorschlag eingegangen war. Der Mann war ein Fremder, wenn auch ein äußerst attraktiver. Allerdings war sie höchst neugierig, was ihn anging. Wieso hatte er zum Beispiel gerade sie eingeladen, obwohl er bei Frauen freie Wahl gehabt hätte?

Gut, an einem Sonntagabend um diese Uhrzeit wimmelte es in der Wohnanlage nicht von vollbusigen Blondinen. Rick hatte sie – mager und mit hüftlangem braunen Haar – wohl nur eingeladen, weil sie momentan die einzige Frau in Reichweite war.

„Hier.“ Er reichte ihr eine Bierflasche, und Miranda betrachtete das dunkle Haar auf seinem Arm. Jeder Zentimeter an diesem Mann faszinierte sie.

Endlich nahm sie ihm die Flasche ab und hielt sie gegen das Licht auf der Terrasse. „Ich kenne die Marke nicht. Importiert?“

„Nein.“ Er setzte sich zu ihr. „Es kommt aus einer kleinen Brauerei aus Hill Country. Die Lieblingsmarke meiner Freunde. Wenn es Ihnen nicht schmeckt, bringe ich Ihnen etwas anderes.“

„Das ist schon in Ordnung.“ Da sie gar kein Bier mochte, spielte es keine Rolle, woher es stammte.

Er trank einen Schluck, ehe er sich erkundigte: „Wie lange wohnen Sie denn schon hier?“

Die letzten zwei Wochen waren mit Planen und Auspacken rasend schnell vergangen. Es war ihr erster Schritt zu echter Unabhängigkeit. „Fünfzehn Tage, fast sechzehn.“

Anmutig wie ein Panther streckte er die langen Beine aus. „Sind Sie von hier?“

„Nein.“ Miranda blickte zu den funkelnden Lichtern von Dallas, die einen scharfen Gegensatz zu der ländlichen Gegend darstellten, in der sie aufgewachsen war. „Ich komme aus einer Kleinstadt an der Grenze von Texas zu Louisiana.“

„Da sind Sie aber weit weg von zu Hause“, stellte er fest und nahm noch einen Schluck.

Miranda beobachtete seinen Adamsapfel und ließ den Blick zu seiner Goldkette wandern. Auch in dem offenen Hemd entdeckte sie dunkles Haar. Sie lenkte den Blick wieder zu seinem Gesicht und konzentrierte sich wieder auf ihr Gespräch. „Was ist mit Ihnen? Woher kommen Sie?“

„Aus San Antonio.“

Sie war zwei Mal in San Antonio gewesen, wenn auch nicht mit einem Mann. Trotzdem hatte sie es romantisch gefunden und hatte oft davon geträumt, die Stadt mit einem Begleiter zu erforschen. „Es ist schön dort.“

„Bestimmt gefällt Ihnen die Innenstadt. Das Alamo, der River Walk … das wäre sicher etwas für sie.“

„Woher wissen Sie das?“

„Ganz einfach. Sie haben romantische Augen.“

„Was verstehen Sie unter romantischen Augen?“, fragte sie lachend.

Rick sah sie eindringlich an. „Melancholisch und weise, als hätten Sie mehr als andere Menschen Ihres Alters gesehen.“

Miranda war nur selten verreist und hatte Texas nicht verlassen, um ihr Diplom als Krankenschwester zu erwerben, aber sie hatte viel Kummer erlebt. Mehr, als sie zugeben wollte. Und Rick erriet das. Vielleicht war er in Wirklichkeit ein verdeckter Ermittler des FBI oder hellseherisch begabt.

Miranda Jane, deine Fantasie geht mit dir durch, warnte sie sich.

Sie lächelte nervös. „Ich bin nur ein Mädchen vom Land, das in die Großstadt gezogen ist. In den nächsten Monaten werde ich vermutlich mehr von der Welt sehen.“

„Was machen Sie beruflich?“, fragte er.

„Ich bin Krankenschwester.“

„Tatsächlich? In einem Krankenhaus oder in einer Arztpraxis?“

„Ich arbeite in einer Gemeinschaftspraxis.“ Genauer gesagt ab morgen, weshalb sie bald schlafen gehen musste. Im Moment reizte sie die unaufgeräumte Wohnung jedoch viel weniger als der Mann vor ihr.

„Ein harter Beruf“, stellte er lächelnd fest, doch sein Blick blieb ernst. „Wieso haben Sie sich dafür entschieden?“

„Muss es dafür einen besonderen Grund geben?“

„Ich habe festgestellt, dass die meisten Leute in Heilberufen eine entsprechende Erfahrung gemacht haben, die ihre Entscheidung beeinflusste.“

Tatsächlich hatte Miranda eine sehr intensive Erfahrung in dieser Richtung hinter sich, wollte darüber jedoch nicht mit einem Fremden sprechen, mochte er auch noch so anziehend sein. „Manchmal frage ich mich selbst, wie ich dazu kam. Die meisten Ärzte mag ich gar nicht.“

Er lehnte sich zurück und stieß einen leisen Pfiff aus. „Sie sind sehr direkt.“

„Wozu um den heißen Brei herumreden? Ärzte sind grundsätzlich aufgeblasen, pedantisch und egoistisch.“

„Sie verallgemeinern.“

„Möglich, aber ich habe etliche Ärzte kennengelernt, die sich für Götter hielten und deren Ego größer als eine Stretch-Limousine war.“

Sein tiefes Lachen sandte einen heißen Schauer durch ihren Körper. „Da kann ich Ihnen nicht widersprechen.“

„Das klingt, als würden Sie aus Erfahrung sprechen.“

„Einige meiner besten Freunde sind Ärzte, zum Beispiel der Besitzer dieser Wohnung hier.“

Himmel, sie war voll ins Fettnäpfchen getreten. „Tut mir leid, ich wollte Ihren Freund nicht beleidigen.“

„Haben Sie auch nicht“, erwiderte Rick eher amüsiert als beleidigt. „Er kann ein ganz schönes Ekel sein.“

Miranda entspannte sich mit jeder Minute mehr. „Was für ein Arzt ist denn Ihr Freund?“

„Er ist im praktischen Jahr und will sich auf Thorax-Chirurgie spezialisieren will.“

Das überraschte sie nicht. In der Wohnanlage gab es viele Mieter aus medizinischen Berufen. Das lag an der Nähe zum Krankenhaus und der niedrigen Miete, der Grund, aus dem sie selbst sich für dieses Gebäude entschieden hatte.

Rick schlug sich auf den Nacken. „Verdammte Moskitos.“

„Höchste Zeit, um in Deckung zu gehen“, meinte sie zögernd.

Er deutete auf ihre fast volle Flasche. „Sie haben noch gar nicht ausgetrunken.“

Sollte sie bleiben? Ihrer Meinung nach war schlimmer als Bier nur noch warmes Bier und schlimmer als Unentschlossenheit die falsche Entscheidung. „Ich mag eigentlich kein Bier.“ Und auch keine Risiken, fügte sie im Stillen hinzu.

„Dann hole ich Ihnen etwas anderes.“

„Ich muss wirklich gehen“, versicherte sie nicht sonderlich überzeugend.

Er stellte seine Flasche auf den Betonboden und rückte näher. „Nur noch ein paar Minuten.“

Miranda stand auf, um der hartnäckigen inneren Stimme zu entgehen, die ihr riet, mit beiden Händen zuzugreifen, und reichte ihm ihre Bierflasche. „Hier, trinken Sie das.“

Als Rick nach der Flasche griff, berührten sich ihre Finger. Ein wohliger Schauer lief Miranda über den Rücken.

Aus seinen dunklen Augen traf sie ein Blick, ganz so, als ahne er, dass sie sich insgeheim wünschte, noch zu bleiben. „Gehen Sie nicht, Randi.“

Die Stellen, die er berührt hatte, prickelten herrlich. „Ich weiß nicht …“

„Nur für eine Weile.“ Mit einer Fingerspitze strich er immer wieder über die Öffnung der Flasche, die ihre Lippen berührt hatten. Miranda glaubte die Berührung auf ihrem Mund fühlen. Eine eigenartige Spannung herrschte plötzlich zwischen ihnen.

Im Moment wollte Miranda an keinem anderen Ort sein, schon gar nicht allein daheim, wie sie das die meiste Zeit ihres Lebens gewesen war. Vielleicht war es Zeit, einmal ein Risiko einzugehen. „Steht das Angebot noch?“

„Welches meinen Sie?“

„Nach drinnen zu gehen.“

Er sah sie fragend an. „Sind Sie sich sicher?“

Eigentlich nicht, doch sie wollte auch nicht mehr zurückweichen. „Ich bin sicher. Das ist immer noch besser, als sich im Freien mit Insekten herumzuquälen.“

Rick seinerseits wirkte unentschlossen. „Also gut. Wenn Sie wollen, lasse ich die Tür offen, obwohl ich Sie nicht beißen werde. Das überlasse ich den Insekten.“ Der heisere Klang seiner Stimme reizte ihre Fantasie. Ob er sich auch so im Bett anhörte – lockend, aufreizend und sinnlich?

Das Herz schlug ihr schneller. Eigentlich sollte sie nicht einmal daran denken, mit ihm in die Wohnung zu gehen. Dabei dachte sie sogar an viel mehr als das. Dieser Mann übte auf sie einen unerklärlichen Reiz aus, auch wenn sie noch immer nicht verstand, warum er sich gerade für sie interessierte.

Vielleicht fühlte er, dass sie einsam war. Möglicherweise wollte er auch nur höflich sein. Nach kurzem Zögern sagte sie: „Also … vielleicht könnten wir bei einer anderen Gelegenheit etwas trinken.“

„Ich hätte Sie nicht eingeladen, wenn ich es nicht wollte. Vorher muss ich Ihnen aber ein Geständnis machen.“

Sein Lächeln war dermaßen sündig, dass vermutlich mehrere Geständnisse fällig waren. „Ich höre.“

„Mark und Angie Wilson, die Leute, die hier wohnen, gaben mir den Tipp, ich sollte eine gewisse Miranda aus Apartment Nr. 1412 kennenlernen. Heute Abend sah ich Sie aus der Wohnung kommen.“

Es handelte sich also nicht um ein zufälliges oder schicksalhaftes Zusammentreffen. „Ach so ist das.“ Miranda erinnerte sich plötzlich daran, wie Angie sich ihr in der Waschküche vorgestellt hatte. „Haben die beiden eine Tochter von ungefähr drei Jahren?“

„Ja, das ist Emma“, erwiderte er stolz. „Das niedlichste Kind im ganzen Staat, aber ich bin voreingenommen. Ich bin nämlich der Patenonkel.“

Jemand, der ein Kind dermaßen mochte, konnte nicht ganz schlecht sein. „Was haben Mark und Angie über mich gesagt“

Er wich ihrem Blick aus, als wäre ihm das Thema peinlich. „Angie meinte, Sie wären allein stehend und hätten einen netten Eindruck gemacht.“

Zu diesem Urteil war die Frau in einer fünf Minuten dauernden Unterhaltung vor einer Waschmaschine gekommen? „Das war sehr freundlich von ihr.“

„Mark bewertet dagegen mehr nach dem Äußeren. Angie war über seine Bemerkungen ziemlich eingeschnappt.“

„Hat er mich kritisiert?“

„Im Gegenteil“, wehrte Rick lächelnd ab. „Es waren nur die üblichen typisch männlichen Feststellungen. Tolles Haar, großartige Beine. Größtenteils hatte er recht.“

„Größtenteils?“

Er richtete die braunen Augen bewundernd auf sie. „Er hatte recht, dass Sie schön sind.“

„Und in welcher Hinsicht hatte er nicht recht?“

„Er behauptete, Sie seien verschlossen und würden von mir keine Einladung annehmen.“

Noch vor zwei Tagen hätte das vermutlich zugetroffen, doch heute Abend … Nun, der heutige Abend war anders. Sie selbst war anders. Zum ersten Mal seit Jahren fühlte sie sich wagemutig und genoss diese Freiheit. „Man darf sich eben nie auf den ersten Eindruck verlassen. Bin ich vielleicht das Opfer einer Wette zwischen zwei Machos?“

„Es gibt keine Wette. Eigentlich hatte ich gar nicht die Absicht, jemanden kennenzulernen. Bis ich Sie entdeckte“, fügte er sehr ernst hinzu.

Nein, tu es nicht, verlangte ihre alte Persönlichkeit, doch die neue, mutige Miranda Brooks drängte sie, alle Bedenken aufzugeben. „Gehen wir nun hinein?“

Zufrieden lächelnd reichte er ihr die fast volle Flasche und griff nach seiner. Miranda folgte ihm in ein Wohnzimmer, das im Schnitt weitgehend ihrem entsprach. Es gab allerdings noch einen kleinen Kamin. Im Gegensatz zu ihrer Wohnung war hier alles sauber, ordentlich und gemütlich. Sie ging zu dem hellbraunen Sofa und strich mit der Hand über das weiche Leder. So etwas Luxuriöses konnte sie sich nicht leisten. Noch nicht.

„Soll ich die Tür offenlassen, oder soll ich sie schließen und die Blutsauger aussperren, dafür aber riskieren, dass Sie die Flucht ergreifen?“

Als Miranda sich umdrehte, hatte Rick die Hand auf die Klinke der offenen Tür gelegt. „Machen Sie zu“, entschied sie, bekam jedoch Herzklopfen.

„Ich schließe nicht ab“, sagte er, als fühlte er ihre Nervosität.

Gegen die Tür gelehnt, in der einen Hand die Bierflasche, die andere in die Hosentasche geschoben, sah er sogar bei künstlicher Beleuchtung gut aus. Sein Lächeln wirkte aufreizend, aber auch beruhigend. „Möchten Sie noch ein Bier?“

„Nein. Ich weiß nicht einmal, ob ich dieses trinken kann. Aber nehmen Sie sich ruhig noch eines.“

„Nein, mehr als eines kommt für mich nicht infrage. Morgen ist Montag. Wie wäre es mit Limonade?“

„Das wäre nicht schlecht.“

„Dann eine Limonade.“ Er stieß sich von der Tür ab und ging in die Küche.

Während Miranda auf ihn wartete, stellte sie das Bier auf ein schwarzes Plastiktablett auf dem Beistelltisch und ging zum Kaminsims. Eines der Fotos darauf zeigte Rick mit einem blonden Baby auf dem Arm. Zumindest hatte sie jetzt einen Beweis, dass er tatsächlich mit den Wilsons befreundet war.

Sie griff nach dem Bild, um es genauer zu betrachten. Ricks dunkle Haut und das schwarze Haar hoben sich stark von der hellen Haut und dem blonden Flaum des Babys ab. Er betrachtete das Kind sanft und liebevoll lächelnd. Offenbar hatte das kleine Mädchen sein Herz erobert.

Als sie Eiswürfel klicken hörte, stellte sie das Foto rasch an seinen Platz zurück und betrachtete die anderen Bilder, vor allem ein Hochzeitsfoto. Sie erkannte darauf Angie Wilson mit ihrem rötlichen Haar und Mark, wie Rick ihn genannt hatte – hoch gewachsen, blond und jungenhaft attraktiv. Die beiden sahen einander so liebevoll an, dass Miranda neiderfüllt seufzte.

„Ein Drink für die Dame“, sagte Rick hinter ihr.

Er kam auf sie zu, und als sie das Glas entgegennahm, berührten sich ihre Finger erneut und brachten Mirandas Herzschlag völlig durcheinander. Sie zog sich so schnell zurück, dass sie den Inhalt des Glases auf seine und ihre Hand verschüttete. „Tut mir leid.“

„Kein Problem.“ Er trocknete sich die Hand mit der mitgebrachten Serviette ab, warf diese auf den Tisch und lehnte sich ans Kaminsims. „Sie haben mich überprüft?“, fragte er amüsiert.

„Wieso?“ Sie fühlte, wie sie vor Verlegenheit rot wurde.

„Das Foto von mir und Emma.“

Zum Glück hatte er nicht bemerkt, wie sie vorhin seine Brust betrachtet hatte. Oder er hatte es doch mitbekommen … „Sie ist ein sehr hübsches kleines Mädchen.“

„Ja, das ist sie.“ Rick lächelte, als wäre Emma sein Kind.

Autor

Kristi Gold
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