Heimliche Weihnachtswünsche

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Sobald Jack Carrington den Vertrag unterschreibt, geht Carlys größter Weihnachtswunsch in Erfüllung: Endlich in den Weihnachtsurlaub aufbrechen und zum ersten Mal seit Jahren wieder mit ihren Eltern feiern. Aber als sie Jack gegenübersteht, erwacht in ihr plötzlich ein ganz anderer Wunsch …


  • Erscheinungstag 14.12.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733728915
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„He, kannst du bitte ein bisschen leiser sein?“ Carly Wyatt funkelte ihre Kollegin an, die gegenüber am Konferenztisch aus Mahagoniholz saß. Doch Mavis sah nicht einmal hoch. „Stille Nacht“, summte sie weiterhin, während sie eine der Akten aus der Ablage las.

Kevin, der zuletzt in der Kanzlei eingestellte Rechtsanwaltsgehilfe, saß neben Mavis. Er tippte ihr auf die Schulter, bis sie einen Ohrhörer herauszog. „Der Grinch will, dass du leise vor dich hin summst.“

Mavis schaute automatisch Carly an und nicht Susan oder Patti, deren Gesichter auch nicht gerade vor Weihnachtsfreude leuchteten. Susan hatte seit einer Woche den Mund nicht ein einziges Mal zu einem Lächeln verzogen.

Carly konnte es ihr nicht verdenken. Sie alle arbeiteten zermürbende fünfzehn Stunden am Tag, um einen klitzekleinen Beweis zu finden, der ihren Mandanten entlasten könnte. Das ging ihnen auf die Nerven. Ihr vielleicht am meisten. Denn sie sollte eigentlich in Urlaub sein – ihrem ersten Urlaub seit drei Jahren.

Sie arbeitete Vollzeit als Rechtsanwaltsgehilfin und absolvierte ein Abendstudium in Rechtswissenschaften. Das bedeutete, so gut wie nie nach Hause fahren zu können. Und jetzt schien sie sich schon glücklich schätzen zu können, wenn sie es bis Silvester nach Pittsburgh schaffte. Die Hoffnung, Weihnachten mit ihrer Familie zu verbringen, hatte sie fast schon aufgegeben.

„Ich habe ‚Bitte‘ gesagt“, murrte Carly und zog eine weitere Akte aus der Reihe von Kisten, die über einen Meter hoch vor der Glaswand gestapelt waren. Sämtliche Akten hatte ihnen der Assistent des Bezirksstaatsanwalts freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

Der süffisante Mistkerl hatte sie in letzter Minute mit all den Papieren bombardiert. In der Hoffnung, dass sie nicht fänden, was sie brauchten, bevor der Fall am Tag nach Weihnachten wieder vor Gericht ging. Manchmal hasste Carly Anwälte. Im Ernst. Sicherlich dienten deren taktische Spielchen und raffinierte Winkelzüge bei Verhandlungen nur dem Wohl des Mandanten. Ja, ja, das hatte sie verstanden.

Oder zumindest wäre es besser, wenn sie es verstünde. Denn in sechs Monaten beendete sie das Abendstudium. Hoffentlich bestand sie das Examen beim ersten Mal. Dann könnte sie eine dieser gut verdienenden und viel gehassten Anwälte und Anwältinnen sein und nicht die arme Idiotin, die sich vor Müdigkeit kaum mehr konzentrieren konnte.

Aber andererseits war es auch Susan nicht erspart geblieben, zusammen mit den überarbeiteten und unterbewerteten Rechtsanwaltsgehilfen den Aktenberg durchforsten zu müssen. Obwohl sie Assessor im ersten Jahr war.

Im Kreis der Rechtsanwaltsgehilfen, die sich mit den Routinearbeiten herumschlagen mussten, hatte Carly immerhin das Sagen. Die Seniorpartner Mr Abbot und Ms Flynn bestanden stets darauf, dass sie an ihren Fällen mitarbeitete.

Allerdings bezweifelte sie, dass diese Tatsache sie davor bewahrte, als frischgebackene Anwältin hart arbeiten zu müssen. Doch daran war sie gewöhnt. Schon eher machte sie sich Sorgen, dass die Seniorpartner sie nicht als eine der ihren ansähen und sie behandelten, als gehörte sie weiterhin zum Hilfspersonal.

Aber Abbot and Flynn war eine alteingesessene, herausragende Kanzlei. Daher war sie bereit, das Risiko einzugehen. Vorausgesetzt, dass die Seniorpartner nicht über ihren durch ein Abendstudium erworbenen Abschluss in Rechtswissenschaften die Nase rümpften. Zumindest hatte sie Ryan Dunn auf ihrer Seite. Im letzten Monat war er als Partner in die Kanzlei aufgenommen worden. Er hatte geschworen, bei gegebener Zeit für sie in den Ring zu steigen.

„Bin ich der Einzige, der an Essen denkt?“, fragte Kevin. Alle warfen einen Blick auf die Uhr. Es war halb acht Uhr abends. Aber gefühlt war es Mitternacht.

„Wir sollten etwas bestellen.“ Mavis stand auf und reckte sich. „Ich bin für Thai oder Chinesisch.“

In diesem Moment steckte Ryan den Kopf durch die Tür des Konferenzraums. „Wie geht es voran?“

„Wirklich?“ Carly funkelte ihn an. „Das ist entweder eine dreiste oder eine dumme Frage. Ich denke, wohl eher Letzteres.“ Sie hörte ein gedämpftes Lachen. Ryan schien jedoch keineswegs erheitert zu sein.

„Ich möchte kurz mit dir sprechen.“ Er sah sie direkt an. „Unter vier Augen.“

Seufzend stand sie auf. Vermutlich hätte sie diese Bemerkung nicht vor den anderen machen sollen. Nur ein paar Leute wussten von der kurzen Affäre, die sie und Ryan vor über einem Jahr gehabt hatten. Oder vielleicht machte sie sich etwas vor, und jeder wusste darüber Bescheid … Nun, selbst wenn es so wäre, gab es keinen Anlass für besonders anzüglichen Klatsch. Denn damals war Ryan nicht ihr Chef gewesen. Sie hatten entschieden, dass sie als Kollegen besser miteinander zurechtkamen.

„Wartet mit der Bestellung des Abendessens nicht, bis ich zurück bin“, sagte Carly und machte eine Pause, um die Schultern zu dehnen. „Bestellt für mich einfach irgendetwas Vegetarisches.“

Kevin lachte laut auf. „Was ist mit dem riesigen Cheeseburger, den du gestern Abend verschlungen hast?“

„Was soll damit sein?“ Sie war abgelenkt, weil Ryan im Flur auf sie wartete. Irgendetwas stimmte nicht. Sie beobachtete, wie er auf der anderen Seite der Glaswand auf und ab ging. Er rieb über seine Schläfen, als wenn er vergessen hätte, dass alle ihn sehen konnten. Dabei bildete er sich etwas darauf ein, cool zu bleiben, wenn er unter Druck stand.

„He“, sagte Carly und schloss die Tür hinter sich. „In deinem Büro?“

Er sah an ihr vorbei in den Konferenzraum, wo vermutlich alle Augen auf sie gerichtet waren. Wortlos drehte er sich um und ging zu den Aufzügen. Im gesamten Stockwerk war es fast unheimlich still. Normalerweise arbeitete die Hälfte der Belegschaft um diese Zeit noch. Aber so kurz vor Weihnachten waren viele der Angestellten im Urlaub. Mit Ausnahme von mir, dachte sie, als sie auf Ryans Hinterkopf starrte.

Sein Büro befand sich ein Stockwerk höher. Die Türen der Aufzugkabine hatten sich kaum geschlossen, als er sich mit einem charmanten Lächeln an sie wandte. „Würdest du gern von der Arbeit am Fall Emerson abgezogen werden?“

Carly war zu müde, um amüsiert zu sein. „Wo ist der Haken?“

„Es gibt keinen Haken. Ich lasse dich nicht ungeschoren davonkommen. Ich habe eine andere Aufgabe für dich.“

„Ungeschoren davonkommen? Eigentlich sollte ich im Urlaub sein.“ Sie bemerkte, dass sich die Aufzugkabine nicht in Bewegung gesetzt hatte, und drückte die entsprechende Taste.

„Ich weiß“, meinte Ryan. „Deshalb hole ich dich aus diesem Konferenzraum und schicke dich zu Weihnachten nach Hause.“

„Ach ja? Ich bin ganz Ohr.“

„Warum machst du ein so argwöhnisches Gesicht, Carly?“ Er legte ihr einen Finger unter das Kinn und hob ihren Kopf an. „Kannst du nicht glauben, dass ich etwas Nettes für dich tue?“

Sie drehte kurz den Kopf weg. „Offen gesagt: Nein.“

„Das tut weh.“

„Du kommst darüber hinweg. Was willst du, Ryan?“

„Ich will, dass du nach Chicago fliegst.“

„Nach Chicago? Ist das ein Scherz?“ Die Türen der Aufzugkabine öffneten sich. Olivia saß noch an der Empfangstheke. Carly schaffte es, der älteren Frau zuzulächeln, als sie rasch an ihr vorbeiging. Er war verrückt, wenn er glaubte, dass sie kurz vor Weihnachten den langen Flug nach Chicago anträte.

„Sag nichts“, meinte Ryan, sobald sie in seinem Büro waren und er die Tür hinter ihnen geschlossen hatte. „Tu mir einen Gefallen und hör mich erst einmal an.“

„Ich soll nichts sagen?“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Glaubst du, mich damit weichklopfen zu können?“

Er seufzte. „Sieh mal. Dieser Auftrag ist ein Kinderspiel und schnell zu erledigen. Ich brauche nur die Unterschriften auf einem Dokument. Du fliegst nach Chicago und dann von dort aus auf Firmenkosten direkt nach Pittsburgh.“

Carly konnte sich nur ein Busticket leisten. Vor der siebenstündigen Fahrt hatte ihr bereits gegraut. „Warum beauftragst du keinen Kurierdienst?“

„Ich versuche, dir eine Möglichkeit zu verschaffen, doch noch rechtzeitig zu Weihnachten nach Hause zu kommen.“

Sie wollte ihm glauben. Aber Ryan war nicht gerade bekannt für seine Wohltätigkeit. Zudem wusste er, dass er ihr keine Sonderbehandlung zukommen lassen konnte. „Das ist nicht fair den anderen gegenüber.“

Als er schulterzuckend zu seinem Schreibtisch aus Chrom und Glas ging, bemerkte sie, dass auf der Tischplatte stapelweise Briefe und Akten lagen. Obwohl er als Ordnungsfanatiker galt, herrschte ein ziemliches Durcheinander.

„Die anderen sollten auch nicht eigentlich in Urlaub sein.“

Stimmt. Das war eine rationale Erklärung, die es ihr einfacher machte, das Angebot anzunehmen. Doch Carly war nicht davon überzeugt, dass er einfach nur nett sein wollte. Sie mochte ihn als Freund, und bisher war er ein anständiger Chef gewesen. Doch er brannte auch vor Ehrgeiz und dachte nur an sich selbst. „Wenn ich ein Business-Class-Ticket bekomme, haben wir einen Deal.“

Ryan sah sie belustigt an. „Das kann ich nicht bewilligen.“

„Sicherlich kannst du das.“

Ihm verging das charmante Lächeln. „In Ordnung. Aber du musst gleich morgen früh hinfliegen.“

„Ich kann es um die Mittagszeit schaffen.“

„Meine Güte, Carly. Ich mache dir ein Geschenk.“ Er zeigte mit einem Finger in die Richtung des Aufzuges. „Willst du die Weihnachtsfeiertage in diesem Konferenzraum verbringen?“

„Möglicherweise finden wir den Beweis, den wir brauchen, in den nächsten fünf Minuten.“

„Vielleicht“, erwiderte Ryan in anmaßendem Ton.

Sie wussten beide, dass die Chance, so schnell fündig zu werden, gegen null ging. Dennoch wartete sie in aller Ruhe ab. Er hatte zu leicht nachgegeben, als sie das Ticket-Upgrade gefordert hatte. Um was es bei diesem Auftrag auch immer ging – er war offenbar zu wichtig für Ryan, um über die Konditionen zu feilschen.

„Spätestens um dreizehn Uhr“, sagte er mit zusammengebissenen Zähnen und lockerte den Knoten seiner Krawatte. „Sieh dir den Flugplan an und sag mir Bescheid. Jetzt.“

Carly hatte noch nie erlebt, dass er so besorgt und durcheinander war. „Um welche Unterschriften geht es?“

„Jack Carrington. Senior und Junior.“ Ryan wandte den Blick ab. „Du verstehst, warum ich die Angelegenheit nicht an die große Glocke hängen will.“

Sie wusste, dass der Vertrag inzwischen unterschrieben sein sollte. Der Verkauf war bereits in trockenen Tüchern und der Eigentümerwechsel für Ende des Jahres anberaumt. „Was sollte ich sonst noch wissen?“

„Carrington junior ist telefonisch nicht erreichbar und ruft auch nicht zurück. Carrington senior war von Anfang an erpicht darauf, das Werk zu verkaufen. Ich habe angenommen, dass sein Sohn damit einverstanden ist. Er ist der einzige Anwalt des Unternehmens und bringt die rechtlichen Angelegenheiten zum Abschluss. Eigentlich hätte er die unterzeichneten Verträge schon zurückschicken müssen.“ Ryan seufzte. „Ich weiß nicht, was ich davon halten soll.“

Das hörte sich nicht gut an. Abbot and Flynn vertraten in der Sache den Käufer Luxury Lighting. Das Unternehmen war das drittgrößte Mandat der Kanzlei. Wenn Ryan diesen Verkauf vermasselte, hätte er mit verheerenden Konsequenzen zu rechnen. Carly warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. „Ich nehme morgen den ersten Flug, den ich bekommen kann. Aber warum fliegst du nicht selbst hin?“

„Ich habe es in Betracht gezogen. Offen gesagt bist du die bessere Wahl.“ Er hielt inne. „Reg dich jetzt nicht auf. Aber ich habe bemerkt, wie Carrington dich angesehen hat, als er das letzte Mal hier war.“

„Der alte Mann?“

„Der Sohn.“

Carly schien einen Moment lang das Herz stehen zu bleiben. Jack Carrington war ein heißer und reicher Mann. Als er am Empfang aufgetaucht war, hatten sämtliche Mitarbeiterinnen in der Kanzlei ihn mit großen Augen angestarrt. Sie hatte ein paar Worte mit ihm gewechselt. Rein geschäftlich. Aber darüber hinaus hatte er ihr keinerlei Aufmerksamkeit geschenkt. „Bist du verrückt? Er weiß kaum, dass ich existiere.“

Ryan lachte. „Ah, Carly. Das gehört zu den Dingen, die ich an dir mag … Carrington hat mehr als nur Notiz von dir genommen. Glaub mir.“

2. KAPITEL

Um sechs Uhr abends war die Weihnachtsfeier für die Angestellten von Carrington Lamps in vollem Gang. Niemand schien es zu stören, dass sie sich alle immer noch in der Fabrik aufhielten. Über hundert Leute waren anwesend. Einige Mitarbeiter waren in Begleitung ihrer Ehepartner und die meisten dem Anlass entsprechend sehr festlich angezogen. Pailletten funkelten. Der Duft von Parfüm hing in der Luft …

Eine süßliche Duftwolke waberte sogar bis auf die Galerie im zwölften Stock, auf dem sich die Chefbüros befanden. Jack Carrington wich einen Schritt zurück. Er musste zugeben, dass der elfte Stock aufgrund der Weihnachtsdekoration nicht wiederzuerkennen war. Wer auch immer dafür verantwortlich war, hatte einen guten Job gemacht.

Der elfte Stock diente vor allem als Puffer zwischen dem Fabriklärm aus den unteren Stockwerken und den Chefbüros. Auf dieser Etage waren die Arbeitsnischen für die Abteilungsleiter untergebracht. Zudem diente es als Ausstellungsort für die Originalgerätschaft, die sein Urgroßvater nach Gründung des Unternehmens in den frühen Dreißigerjahren des letzten Jahrhunderts benutzt hatte.

Drei gigantische, festlich geschmückte Weihnachtsbäume versperrten den Blick auf die Arbeitsnischen. Strategisch geschickt platzierte Adventsgirlanden und Christsterne verdeckten Kabel und Leitungen. In einer Ecke ging ein DJ seiner Arbeit nach und legte eine Mischung aus Oldies und Weihnachtsliedern auf. Zwei mobile Bars boten hochwertige alkoholische Getränke an. Zudem gab es Champagner auf Kosten des Hauses, der ebenfalls kein billiger Fusel war. Auch dafür hatte Jack gesorgt.

Autor

Debbi Rawlins
Endlich daheim – so fühlt Debbi Rawlins sich, seit sie mit ihrem Mann in Las Vegas, Nevada, lebt. Nach viel zu vielen Umzügen beabsichtigt sie nicht, noch ein einziges Mal den Wohnort zu wechseln. Debbie Rawlins stammt ursprünglich aus Hawaii, heiratete in Maui und lebte danach u.a. in Cincinnati, Chicago,...
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