Heiße Leidenschaft - Best of Baccara 2022

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Mit diesem eBundle präsentieren wir Ihnen die schönsten und erfolgreichsten Baccara-Romane aus 2022 - leidenschaftlich, aufregend und extravagant. Die kleine Auszeit vom Alltag für die selbstbewusste Frau … Happy End garantiert!

EIN PLAYBOY FÜR IMMER? von SHANNON MCKENNA
Ganz unschuldig wird der charmante Playboy Drew Maddox in einen bösen Sex-Skandal verwickelt. Er muss seinen guten Ruf retten, sonst ist sein Job als Spitzenmanager im Familienimperium in Gefahr! Die Lösung? Er braucht eine tadellose Frau an seiner Seite. Als seine Schwester ihm die wunderschöne und absolut brave Jenna Somers vorstellt, weiß er sofort: Sie ist die Richtige für das falsche Spiel! Doch er hat nicht mit den unerhört sinnlichen Gefühlen gerechnet, die seine Scheinverlobte in ihm weckt …

HEMMUNGSLOSE LEIDENSCHAFT MIT DIR von JESSICA LEMMON
Die brave, schüchterne Hallie will nicht länger im Schatten ihrer berühmten Zwillingsschwester stehen. Aber was weiß sie schon vom Feiern und Spaßhaben? Sie braucht einen Lehrer! Glücklicherweise ist der sexy Bad Boy Gavin Sutherland bereit, ihr zu helfen. In seiner erregenden Nähe verliert Hallie bald jegliche Hemmungen. Ohne an morgen zu denken, lässt sie sich von ihm zu einer so leidenschaftlichen wie unverbindlichen Affäre verführen. Bis sie wenig später schockiert die ungeahnt süßen Folgen entdeckt …

UNSER SINNLICHES GEHEIMNIS von CHANTELLE SHAW
Nie hätte Mycah gedacht, dass sie dem attraktiven Fremden nach der leidenschaftlichen gemeinsamen Nacht jemals wieder begegnen würde. Doch jetzt steht Achilles vor ihr – als ihr neuer Boss! Die Erinnerung an seine wundervollen, aufregenden Küsse ist noch lebendig, und es dauert nicht lange, bis die Versuchung zu groß wird. Mycah stürzt sich in eine heimliche Affäre mit Achilles und genießt die sinnlichen Nächte mit ihm. Bis etwas geschieht, das es ihnen unmöglich macht, die Beziehung noch länger geheim zu halten …


  • Erscheinungstag 12.01.2023
  • ISBN / Artikelnummer 9783751521208
  • Seitenanzahl 480
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

IMPRESSUM

BACCARA erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
Postfach 301161, 20304 Hamburg
Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0
Fax: +49(0) 711/72 52-399
E-Mail: kundenservice@cora.de
Geschäftsführung: Katja Berger, Jürgen Welte
Leitung: Miran Bilic (v. i. S. d. P.)
Produktion: Christina Seeger
Grafik: Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn,
Marina Grothues (Foto)

© 2021 by Shannon McKenna
Originaltitel: „His Perfect Fake Engagement“
erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto
in der Reihe: DESIRE
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARA , Band 2219 1/2022
Übersetzung: Johanna Lewes

Abbildungen: Harlequin Books S.A., apichart / Getty Images, alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 1/2022 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH , Pößneck

ISBN 9783751508841

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

„Ich wurde reingelegt.“

Die Erfahrung hatte Drew Maddox gelehrt, während eines Gesprächs mit seinem aufbrausenden Onkel mit ruhiger Stimme zu sprechen, doch an diesem Tag würde ihm das auch nicht helfen.

„Der Schaden bleibt der gleiche!“ Malcolm Maddox schleuderte voller Wut ein paar zerknitterte Klatschmagazine auf den Konferenztisch. „Du siehst trotzdem aus wie ein koksender B-Promi, der eine Schwäche für junge Dinger hat! Warum warst du überhaupt auf der Party von diesem degenerierten zwielichtigen Proleten? Was zum Teufel hast du dir nur dabei gedacht?“

Drew atmete tief durch und zählte innerlich bis zehn. Auf den Fotos lag er mit aufgerissenem Hemd etwas benebelt wirkend auf einer Couch, während eine junge Frau in einem Ledermini, deren große Brüste aus ihrem eng anliegenden silberfarbenen Top hervorquollen, auf seinem Schoß saß.

„Ich wollte nur einer Freundin helfen“, erklärte Drew noch einmal. „Ihre jüngere Schwester war auf dieser Party, während sie selbst keine Einladung auftreiben konnte. Sie wusste jedoch, dass ich den Typen kannte, und hat mich daher gefragt, ob ich nach ihrer Schwester sehen könnte.“

„Wir sind heute Abend mit Hendrick und Bev zum Abendessen verabredet“, sagte Onkel Malcolm außer sich vor Wut. „Hast du auch nur eine Sekunde daran gedacht, bevor du in diesen Schlamassel hineingeraten bist?“

„Ja, ich kann mich durchaus an das Essen erinnern“, erwiderte Drew. Hendrick Hill war Malcolms langjähriger Geschäftspartner und Mitbegründer des Architekturbüros Maddox Hill. Drew hatte Hendrick immer gemocht, obwohl er im Grunde ziemlich verklemmt war und keinerlei Humor besaß.

„Bev hat beim Friseur von deiner betrunkenen Orgie im Haus von Arnold Sobel gelesen!“ Malcolm tippte mit dem Finger auf die Zeitschriften. „Und diese pornografischen Bilder vom Vorstandsvorsitzenden der Firma ihres Ehemanns gesehen. Sie war vollkommen außer sich, Drew.“

„Es war keine betrunkene Orgie, Onkel, und ich habe nie …“

„Dieser scheinheilige Bastard“, knurrte Malcolm. „Er hatte doch tatsächlich den Nerv, mir ganz empört einen Vortrag über Moral und Öffentlichkeitswirkung zu halten. Was Hendrick angeht, spielt es keine Rolle, wie viele Architekturpreise und Auszeichnungen du gewonnen hast, wenn du deine Libido nicht unter Kontrolle halten kannst. Er hält dich jetzt für ein Geschäftsrisiko, und wenn er den restlichen Vorstand auch davon überzeugen kann, besitzt er die Mehrheit, um dich abzuwählen, egal was ich dazu sage.“

„Ich weiß“, erwiderte Drew. „Aber ich wurde in eine Falle gelockt. Jemand hat das alles sehr sorgfältig geplant.“

„So, wie ich das sehe, hattest du überhaupt keinen Plan“, knurrte Malcolm aufgebracht. „Wenn der Vorstand dich feuert, wird das unsere Klienten sehr nervös machen. Es ist wirklich eine Riesenblamage!“

Ich wurde reingelegt. Er musste aufhören, das ständig zu wiederholen, denn Onkel Malcolm wollte es nicht hören. An diesem Punkt war es wohl das Beste, einfach den Mund zu halten.

PR-Desaster oder nicht, er hätte sich einfach nicht anders verhalten können. Als seine Freundin Raisa herausgefunden hatte, dass jemand ihre Schwester Leticia zu einer der berühmt-berüchtigten Partys von Arnold Sobel mitgenommen hatte, hatte sie sich ernsthafte Sorgen gemacht, dass das junge Mädchen einer Horde zugedröhnter Playboys in die Hände fallen würde.

Als Leticia irgendwann nicht mehr ans Telefon ging, war Raisa komplett ausgeflippt. Hätte Drew sich nicht eingeschaltet, hätte Raisa vermutlich trotz Security die Party gestürmt – und das vermutlich mit Waffengewalt.

Die Situation wäre garantiert böse geendet und das hatte Drew nicht zulassen können.

Wie sich später herausstellte, war Leticia niemals auf der Party gewesen. Jemand hatte ihn und Raisa manipuliert, denn in Wirklichkeit war Drew von Anfang an das eigentliche Ziel gewesen.

Doch davon wollte Onkel Malcolm nichts hören.

„Ich wurde reingelegt.“ Drew wusste, dass ihm diese Worte nichts nutzten, aber er konnte nicht aufhören, sie zu wiederholen. „Die Bilder waren inszeniert.“

„Wenn ich eines noch mehr hasse als einen verwöhnten Idioten, der denkt, dass alles auf der Welt nur zu seinem Vergnügen existiert, dann ist es ein Weichei“, schnauzte sein Onkel ihn an. „Von wegen reingelegt . Du bist ein Marine, verdammt noch mal! Der lässt sich doch nicht von zwei halb nackten Showgirls überwältigen.“

Jetzt mischte sich Ava, Drews jüngere Schwester, in die Unterhaltung mit ein. „Onkel Malcolm, denk doch mal nach“, sagte sie mit einschmeichelnder Stimme. „Drew ist doch kein Weichei … vielleicht ein Rebell und ein Kerl, der schon mal Mist baut, aber er hat immer dazu gestanden, was er getan hat. Die ganze Sache wirkt unglaublich inszeniert. So als hätten die zwei Mädchen ihn in einen Hinterhalt gelockt …“

„Für mich sieht das aber nicht wie ein Hinterhalt, sondern eher wie eine verdammte Orgie aus!“

„Lass dich doch nicht zum Narren halten, Onkel. Das war eine abgekartete Sache“, beharrte Ava.

„Pah. Ich sehe nur, dass sich dein Bruder offenbar keinen Deut um den Ruf und die Zukunft der Firma schert, die ich mein ganzes Leben lang aufgebaut habe! Wenn Hendrick seinen Einfluss geltend macht und der Vorstand dich als CEO absetzt, kann ich ihn nicht daran hindern. Also fang am besten schon mal an, deinen Lebenslauf aufzupolieren, denn ab heute bist du auf Jobsuche. Du musst Hendrick heute Abend wie ein Mann gegenübertreten, wenn er dir seine Entscheidung mitteilt. Was mich angeht, mein Junge, habe ich von deinem ganzen Mist wirklich die Nase voll.“

Mit diesen Worten stampfte Onkel Malcolm mit laut klapperndem Gehstock aus dem Zimmer. Er versuchte, die Tür hinter sich zuzuknallen, die jedoch wegen der hydraulischen Feder nur mit einem sanften Klicken ins Schloss fiel.

Drew beugte sich nach vorne und rieb sich die schmerzenden Schläfen. „Ich lasse das Abendessen mit Hendrick lieber ausfallen“, sagte er müde. „Ich will nicht dabei sein, wenn die Entscheidung verkündet wird. Ich hatte heute schon genug peinliche Momente für einen Tag.“

„Nein, das tust du nicht, denn das würde wie ein Schuldgeständnis aussehen“, gab Ava zu bedenken. „Du musst zu dem Abendessen kommen, Drew. Außerdem habe ich eine Idee.“

Drew warf seiner Schwester einen misstrauischen Blick zu. „Wenn ich mich durch etwas noch schlechter fühle, dann durch diese Worte aus deinem Mund.“

„Sei nicht so ein Waschlappen“, schimpfte Ava. „Die Firma braucht dich als CEO. Du bist das neue Gesicht von Maddox Hill. Verdammt, du bist sogar das neue Gesicht der gesamten Architekturbranche. Niemand sonst ist in der Lage, all die großen CO 2 -reduzierenden Bauprojekte zu managen, die du gerade leitest. Du hast unzählige Preise gewonnen und bist Mr. Nachhaltiges-Sperrholz-ist-unsere-Zukunft . Maddox Hill kann ohne dich nicht überleben, und am Ende werden sie Schlange stehen, um mir hierfür zu danken. Du wirst schon sehen.“

Ihre Haltung überraschte Drew nicht, denn seine Schwester sah nicht nur umwerfend aus, sie hatte auch eine Menge Charisma und besaß außerdem eine sehr hohe Meinung von sich selbst. Sie konnte Menschen stets mühelos um den Finger wickeln, vor allem Männer. Drew war der Einzige, der ihr widerstehen konnte. Schließlich war sie seine kleine Schwester.

Langsam wurde ihm das ganze Ausmaß des Skandals bewusst, und wie viel er an diesem Tag verlieren konnte. Unter anderem die Kontrolle über all seine Designprojekte, an denen er zum Teil schon jahrelang gearbeitet hatte.

„Ich will ja gar nicht, dass du Hendrick oder Onkel Malcolm um den Bart gehst“, unterbrach Ava das Schweigen. „Da hat eine Frau deutlich bessere Aussichten, und deshalb wird diesen Job auch deine Verlobte übernehmen. Du musst einfach nur lächeln und nicken.“

„Welche Verlobte?“, fragte Drew verdattert. „Willst du, dass ich mir bis heute Abend eine Verlobte suche? Das dürfte eine ziemliche Herausforderung werden, sogar für einen wilden Party-Playboy wie mich.“

„Keine Sorge, Bruderherz, die Verlobte ist schon gefunden. Ich hatte nämlich einen wunderbaren Geistesblitz, während Onkel Malcolm uns eine Standpauke gehalten hat. Wir müssen bei dieser falschen Story einfach gegensteuern, und ich habe das perfekte Ablenkungsmanöver dafür. Zufälligerweise ist sie ganz in der Nähe!“

„Wovon zum Teufel redest du? Wer ist hier?“

„Deine zukünftige Angetraute“, verkündete Ava.

„Du machst Witze, oder?“

„Die Verlobung ist natürlich nur gespielt … ein paar Monate lang, bis du das Schlimmste hinter dir hast. Du bist ihr sogar schon mal begegnet, als du auf Heimaturlaub aus dem Irak hier warst. Erinnerst du dich daran, als du mich im Wohnheim in Seattle besucht hast? An meine Mitbewohnerin Jenna?“

„Die kleine Rotblonde mit der Brille, die einen Pitcher Sangria über mir verschüttet hat?“

„Ja, genau die. Ich hätte sie eigentlich heute Nachmittag vor ihrer Wexler-Präsentation im Curtis Pavillon treffen sollen, aber Onkel Malcom war so aufgebracht, dass ich es verschieben musste, um ihn zu beruhigen. Nicht, dass es viel gebracht hat.“

„Was für eine Präsentation?“

„Jenna ist Ingenieurin für Biomechanik und hat vor ein paar Jahren ihre eigene Firma für bionische Medizintechnik gegründet. Sie entwirft mechanische Prothesen, genauer gesagt künstliche Gliedmaßen, die durch Gedanken und über künstliche Nervenbahnen und sensorisches Feedback gesteuert werden. Richtig futuristisches Zeug. Ich habe Jennas PR gemacht, und jetzt ist sie für den Wexler-Preis nominiert worden. Sie hat heute ihre Arbeit vor dem Komitee präsentiert. Ihr Ziel ist es, jedem Betroffenen Zugang zu einer bezahlbaren hoch entwickelten Armprothese zu verschaffen. Sie ist brillant, hat ein klares Ziel vor Augen und ist immer sehr engagiert … kurz gesagt, sie ist perfekt.“

Drew schüttelte verwirrt den Kopf. „Warum sollte sie das für mich tun? Wieso sollten die Leute uns das glauben, und was zum Teufel sollte das bringen?“

„Sie werden uns die Story abkaufen und sie werden sie lieben. Du kannst mich gerne unterschätzen, Bruderherz, aber ich bin ein Genie.“

„Ich will niemandem so eine fette Lüge auftischen“, erwiderte Drew.

„Wir müssen Feuer mit Feuer bekämpfen“, erklärte Ava streng. „Würdest du etwa lieber klein beigeben und Onkel Malcolms Firma in Gefahr bringen, statt etwas Mutiges und Riskantes zu wagen? Jemand hat diese Lügengeschichte verbreitet, dass du ein verwöhnter privilegierter Idiot bist, der Drogen nimmt und wehrlose junge Frauen ausnutzt. Meine Geschichte klingt ja wohl viel besser. Gutaussehender Bad Boy wird durch die Liebe geläutert und sein soziales Gewissen durch einen Schock wachgerufen …“

„Ich habe bereits ein soziales Gewissen“, unterbrach Drew sie mürrisch. „Ich bin doch kein kompletter Idiot.“

„Pscht, ich bin gerade so gut in Fahrt. Der zynische Einzelgänger mit der verborgenen Sehnsucht nach mehr, verliebt sich in das clevere Mädchen mit der Brille und erhält von der Macht der Liebe eine Lektion in Demut erteilt. Das ist doch genial.“

„Mit der verborgenen Sehnsucht nach mehr?“ Drew zog spöttisch eine Augenbraue in die Höhe. „Echt jetzt, Av?“

„Lass dich einfach darauf ein, Brüderchen. Diese Frau stellt künstliche Armprothesen für Menschen her, damit diese wieder ihre Kinder umarmen können. Verstehst du, worauf ich hinauswill? Pathos … Wärme … eine Verbindung. Das wollen wir doch alle.“

„Ich verstehe dich sehr gut, und du bist vollkommen durchgeknallt.“

Ava nahm ihr Tablet vom Tisch, tippte ein paar Mal auf den Bildschirm und gab es Drew. „Das ist Jenna. Ich habe meinen Assistenten in den Curtis Pavillon geschickt, um Jennas Präsentation vor dem Wexler-Ausschuss zu filmen. Er hat es mir gerade geschickt. Sieh es dir selbst an.“

In dem Video stand eine junge Frau im Scheinwerferlicht auf der runden Bühne des Curtis Pavillon. Sie trug ein Headset und ein eng anliegendes kurzes graues Kleid. Sie hatte hübsche Beine, und ihre rotblonden Locken waren zu einem unordentlichen Knoten hochgesteckt, aus dem sich einzelne Strähnen gelöst hatten. Sie trug immer noch eine Brille, doch diese hatte ein neongrünes Cateye-Gestell im Retro-Look.

Die Kamera ging nun auf Nahaufnahme und Drew betrachtete ihr Gesicht … das spitze Kinn, die mandelförmigen, haselnussbraunen Augen und die Sommersprossen … ihren vollen Mund mit dem knallroten aufreizend-glänzenden Lippenstift und die sexy Vertiefung in der Mitte ihrer weichen Unterlippe. Drew tippte auf das Tablet, um den Ton anzuschalten.

„… neue Nervenverbindungen, die echte Empfindungen ermöglichen“, sagte sie in diesem Moment mit leiser, melodischer Stimme. „Einen Pinsel halten. Einem Kind das Haar flechten. Einen Basketball dribbeln. Wir halten diese Dinge für selbstverständlich und sehen sie nicht als das tägliche Wunder an, das sie eigentlich sind. Ich möchte dafür sorgen, dass diese täglichen Wunder für jedermann möglich sind. Danke schön.“

Es ertönte enthusiastischer Applaus. Drew schaltete den Ton wieder aus, und Ava nahm ihm das Tablet ab.

„Ihre Firma heißt Arm’s Reach “, erklärte Ava. „Sie hat bereits etliche hoch dotierte Preise gewonnen, doch sie braucht noch mehr Geld, um die speziellen neurochirurgischen Eingriffe finanzieren zu können, die für einen Teil ihrer Technologie notwendig sind.“ Ava schwieg einen Moment lang. „Sie ist süß, doch ich bin mir sicher, dass dir das auch schon aufgefallen ist.“

„Av, ich bin mir sicher, dass die Frau zu viel damit zu tun hat, Menschen mit echten Problemen zu helfen, um in deinem kleinen Theaterprojekt mitzuspielen“, entgegnete Drew geistesabwesend, ohne den Blick vom Tablet abzuwenden. „Schick mir das Video bitte.“

„Natürlich.“ Ein Lächeln umspielte Avas Mundwinkel, während sie auf dem Bildschirm herumtippte. „Erledigt.“ Sie nahm den Hörer vom Telefon, das auf dem Tisch stand. „Mrs. Crane“, sagte sie. „Ist Ms. Somers schon da? Ausgezeichnet. Ja, bringen Sie sie bitte herein. Ich danke Ihnen vielmals.“

„Jenna Somers ist hier ?“, fragte Drew alarmiert. „Ava, ich habe niemals zugestimmt …“

„Sie ist hier, Drew, also warum sollten wir ihre oder unsere Zeit verschwenden?“ Es klopfte an der Tür. „Herein“, rief Ava.

Nun war es zu spät, Ava die Antwort auf ihre Frage zu geben, die sie eigentlich verdient hätte, denn die Tür öffnete sich bereits.

2. KAPITEL

Jenna folgte der weißhaarigen Empfangsdame über einen Steg, der über einem riesigen offenen Arbeitsbereich schwebte. Durch eine hohe Fensterfront konnte man die Skyline von Seattle sehen. Sie hatte schon lange den Wunsch gehegt, eines der berühmten neuen Maddox-Gebäude im Zentrum von Seattle von innen zu sehen, da diese komplett aus umweltfreundlichen, nachhaltigen Holzmaterialien konstruiert waren.

Trotzdem wünschte sich Jenna, dass Ava die Verabredung vor der Wexler-Präsentation eingehalten hätte, damit sie mit ihr noch einmal die wichtigsten Punkte ihrer Einleitung hätte üben können, denn Ava hatte ein gutes Ohr für alles, was flach, langweilig oder überflüssig klang.

Aber das war jetzt auch egal. Sie hatte die Präsentation auch ohne Testlauf mit Ava gut hinter sich gebracht. Nun lag es nicht mehr in ihrer Macht, und sie drückte sich selbst alle Daumen und Zehen, denn der Wexler-Preis lohnte sich. Mit einer halben Million Dollar könnte sie ihre Forschung ein gutes Stück voranbringen und ihre Träume verwirklichen.

Vielleicht hatte Ava sie nur zu sich bestellt, um mit dem neuen Hauptquartier von Maddox Hill anzugeben. Jenna war tatsächlich sehr beeindruckt. Avas Onkel Maddox war der Mitbegründer der Firma, und das Design des Gebäudes stammte von Avas sexy Bruder Drew, dem berüchtigten Bad Boy der modernen Architektur.

Die Empfangsdame blieb jetzt vor einer Tür aus Mahagoni stehen und klopfte an.

„Herein!“, ertönte Avas Stimme.

Der große Raum verfügte über riesige, schräggeschnittene Fenster, die einen atemberaubenden Blick auf die Skyline boten. Ava schenkte ihr zur Begrüßung ein herzliches Lächeln, und dann stand der Mann am Tisch auf und drehte sich zu ihr um. Jenna blieb abrupt stehen und hörte auf zu atmen.

Es war Drew Maddox höchstpersönlich. Avas großer Bruder und Architekt der Superreichen, der Tech Tycoons, Ölscheichs und Hollywood-Größen … und nebenbei Hauptakteur in einem aktuellen Sex-Skandal.

Jenna war seit Jahren hoffnungslos und wie ein Teenager in ihn verknallt.

Sie hatte Drew Maddox seit dem Sangria-Debakel im College nicht mehr gesehen. Damals war sie panisch davongerannt und erst dann mit Eimer und Wischmopp zurückgekehrt, als er auch ganz bestimmt verschwunden war. Er hatte sich auf sein Motorrad geschwungen und war in den Sonnenaufgang und auf direktem Weg in ihre wildesten Sex-Fantasien gefahren.

Wo er auch in der Gegenwart immer noch eine zentrale Rolle einnahm, denn mit ihm klappte es immer.

Drew sah noch genauso umwerfend aus wie bei ihrer ersten Begegnung elf Jahre zuvor. Nein, eigentlich sogar noch besser. Er wirkte inzwischen kräftiger und reifer. Er war unglaublich groß gewachsen, besaß breite Schultern, schmale Hüften und muskulöse Oberschenkel. An Drew Maddox sah eine normale Kombi aus Anzugshose, strahlendweißem Hemd und Seidenkrawatte beinahe gefährlich verführerisch aus.

Auch sein Gesicht war unfassbar attraktiv. Er hatte olivfarbene Haut, dunkles Haar und grüne, tief liegende, schräggeschnittene Augen mit langen, dunklen Wimpern, die bei einem Mann die reinste Verschwendung waren. Er besaß markante Wangenknochen, ein starkes Kinn und volle, sinnliche Lippen. Die dramatisch geformten Augenbrauen wirkten beinahe hypnotisch. Kein Wunder, dass sich ihm die Frauen, zumindest laut Aussage der Klatschpresse, scharenweise an den Hals warfen. Jenna konnte es ihnen nicht verdenken.

Ava wirkte ein wenig belustigt, als Jenna ihren Blick mühsam von Drew losriss.

Verdammt. Jenna fühlte sich ertappt, und natürlich wurde ihr Gesicht sofort knallrot. Das war leider das Los aller Rothaarigen mit heller Haut: Sommersprossen und ständiges Erröten.

„Du erinnerst dich an meinen Bruder Drew?“, fragte Ava.

„Natürlich“, erwiderte Jenna und versuchte ein Lächeln. „Ich glaube, ich habe dich damals in unserer Studentenbude mit Sangria übergossen.“

„Ja, ich erinnere mich“, sagte er mit tiefer, wohltönender Stimme. „Das war eine ziemlich klebrige Angelegenheit.“

„Ich habe Drew gerade von deiner Präsentation erzählt und ihm das Video weitergeleitet, das Ernest für mich aufgenommen hat“, sagte Ava.

Drew hatte ihren Vortrag angeschaut? Na großartig. Wahrscheinlich hatte sie Lippenstift auf den Zähnen gehabt.

„Setz dich doch. Ich muss dich nämlich etwas fragen“, verkündete Ava.

„Schieß los.“ Jenna nahm Platz und bebte innerlich beinahe vor Nervosität. Drew hatte ihnen den Rücken zugewandt und schaute aus dem Fenster.

Jenna musste all ihre Willenskraft aufbringen, um den Blick von seinem muskulösen Hintern losreißen zu können. „Um was geht es denn?“

„Ähm … das ist jetzt ein bisschen peinlich. Wir stecken gerade in einem Publicity-Dilemma. Ich nehme nicht an, dass du heute schon die Klatschpresse gelesen hast?“

„Mir sind heute morgen online ein paar lächerliche Überschriften aufgefallen“, gab Jenna zu, „aber ich habe die Artikel nicht gelesen. Diesen Mist nimmt doch niemand ernst.“

Das war natürlich eine faustdicke Lüge. In Wirklichkeit hatte sie die vier Artikel von vorne bis hinten gelesen und die Fotos so genau studiert, bis ihr Kaffee kalt geworden war. Anschließend hatte sie sich gefragt, was ein Mann wie Drew Maddox an diesen aufgepumpten, unechten Party-Püppchen fand. Männer! Jenna würde diese Spezies wohl nie verstehen.

Star-Architekt beim Fremdgehen erwischt hatte eine Headline gelautet. Unter einem Foto von Drews wütender Filmsternchen-Freundin stand: Bonita sauer! Bad Boy Drew Maddox geht fremd … schon wieder!

Drew drehte sich nun mit zusammengepressten Lippen um. „Onkel Malcolm ist stinksauer. Sein Partner Hendrick Hill ist allerdings das eigentliche Problem, denn er will mich aus moralischen Gründen als CEO absetzen. Ihm und meinem Onkel gehören jeweils vierzig Prozent der Firmenanteile. Die restlichen zwanzig werden von den anderen Vorstandsmitgliedern kontrolliert. Mithilfe dieser Fotos will Hendrick das Direktorium davon überzeugen, dass ich ein Risiko darstelle, und wenn ihm das gelingt, werde ich gefeuert.“

„Oh, wie schrecklich“, murmelte Jenna. „Aber ich bin mir sicher, dass du das überstehst. Du bist schließlich ein brillanter Architekt und niemand zweifelt dein Talent an. Die Sache ist aber natürlich trotzdem furchtbar.“

„Das stimmt. Vor allem, weil diese Bilder getürkt sind“, warf Ava ein. „Drew ist reingelegt worden.“

„Ava, müssen wir jetzt wirklich über die scheußlichen Einzelheiten reden?“, fragte Drew gequält.

„Jenna muss erfahren, worum es genau geht. Du bist mit falschen Informationen in das Haus gelockt worden. Dort haben sich diese Mädchen auf dich gestürzt und diese Fotos arrangiert. Wir wissen noch nicht, wer dahintersteckt, aber sie haben sich verdammt viel Mühe gegeben, um dich reinzulegen, und da kommst du ins Spiel, Jenna.“

„Ich?“ Jenna schaute irritiert von Ava zu Drew.

„Nun, wir haben gedacht …“

Du hast gedacht, Av“, unterbrach Drew sie sofort. „Steh auch dazu.“

„Na schön. Ich, Ava Maddox, ein absolutes Genie, habe mir überlegt, dass eine Verlobung die ganze Situation retten könnte. Wir würden damit von den Fotos ablenken und zugleich Drews Image als seelenloser Playboy aufpolieren können.“

„Eine Verlobung mit wem?“ Dann verstummte Jenna und wurde puterrot. „Moment mal …“

„Ja, ganz genau! Natürlich mit dir.“ Ava strahlte Jenna begeistert an. „Du bist perfekt. Du bist klug, hübsch und eine Expertin auf deinem Gebiet. Du redest nicht nur von guten Taten, sondern hilfst Menschen auf ganz konkrete Weise. Dein soziales Engagement würde Drew wirklich helfen, und Hendrick hat schon immer eine Schwäche für romantische Geschichten. Er und seine Frau Bev sind das eigentliche Problem, aber wenn wir sie überzeugen können, dass ihr euch seit langem liebt, können wir sie garantiert besänftigen.“

Jenna fehlten die Worte, deshalb klappte sie den Mund wieder zu.

„Das alles ist natürlich nur vorübergehend“, fuhr Ava fort. „Nur so lange, bis der Skandal vergessen ist und Hendrick sich wieder beruhigt hat. Ich würde dich auch nicht fragen, wenn ich nicht wüsste, dass du momentan Single bist.“

„Stimmt, es gibt niemanden“, murmelte Jenna. Der Verrat ihres Ex-Verlobten Rupert tat ihr immer noch weh. Die Tatsache, dass er sie wegen seiner vollbusigen blonden Praktikantin abserviert hatte, hatte nicht nur ihrem Herzen, sondern auch ihrem Stolz einen herben Schlag versetzt.

„Das wäre doch ein weiterer Bonus … dann bist du verlobt, wenn dieser Schweinehund Rupert vor den Altar tritt!“

„Ja, das stimmt“, räumte Jenna zögernd ein.

„Na los, spiel Drews Sahneschnitte“, drängte Ava sie. „Geh mit ihm auf schicke Partys und style dich so richtig auf. Bau dabei dein Netzwerk aus und lerne einflussreiche Leute kennen. Auf diesen Veranstaltungen wimmelt es nämlich nur so vor Leuten, die gar nicht wissen, was sie mit ihrem ganzen Geld anfangen sollen. Bring sie dazu, es in deine Forschung zu investieren, dann haben alle etwas davon. Diese gespielte Romanze wird auch dem Ruf von Arm’s Reach einen gigantischen Push verschaffen … etwas, das du mit deiner bisherigen PR nie schaffen würdest, auch wenn diese natürlich brillant ist.“

Jenna schüttelte den Kopf. „Es ehrt mich, dass ihr mich fragt, aber ich glaube nicht, dass es funktionieren würde.“

„Ich kann verstehen, dass du deine Organisation nicht mit diesem Skandal in Verbindung bringen willst“, mischte sich Drew ein und zeigte niedergeschlagen auf den Stapel Zeitschriften.

„Oh nein“, widersprach Jenna ihm hastig. „Das meinte ich damit nicht. Ich, ähm, ich finde das mit uns nur nicht sehr glaubhaft.“

„Warum denn nicht?“, fragte Ava. „Ihr beide wärt das ultimative Power-Paar, bei dem jeder seine ganz eigene Superkraft besitzt.“

„Jetzt hör aber auf“, platzte es aus Jenna heraus. „Ich bin doch gar nicht sein Typ!“

„Was für ein Typ?“, fragte Drew mit gerunzelter Stirn. „Was soll das denn heißen? Welchen Typ bevorzuge ich denn deiner Meinung nach?“

„Du bist eine absolut einzigartige Frau“, sagte Ava beschwichtigend. „Also, was sagst du? Würdest du es für mich versuchen?“

„Ich weiß nicht“, entgegnete Jenna unsicher.

„Lass sie doch in Ruhe“, sagte Drew streng zu seiner Schwester. „Du setzt sie ja unter Druck.“

„Natürlich setze ich sie unter Druck. Weil ich recht habe. Ihr würdet beide davon profitieren. Mein Bauchgefühl als PR-Profi hat sich noch niemals getäuscht.“

Drew nahm sich einen Stuhl und setzte sich so dicht neben Jenna, dass sie sein Aftershave riechen konnte. Es roch nach Pinien und nach Mann und drohte ihre Sinne komplett zu überwältigen, als er sie prüfend musterte.

„Du glaubst wirklich, dass es sich für Jenna lohnen würde, meinen schlechten Ruf aufzupolieren?“, fragte er seine Schwester zweifelnd.

„Wenn ich die Story schreibe, funktioniert es garantiert“, sagte Ava voller Überzeugung. „Jennas Bekanntheitsgrad wird garantiert durch die Decke gehen.“

„Ich möchte dich aber zu nichts drängen“, sagte er zu Jenna. „Wenn es dir allerdings auch etwas bringt, würde ich es versuchen.“

Jenna konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, als sie in Drew Maddox’ Gesicht starrte. Verdammt, Jenna, reiß dich zusammen!

„Was hältst du von der folgenden Idee“, sagte Drew schließlich. „Wir probieren es direkt heute Abend aus. Ava und ich sind mit Onkel Malcolm, unserem Cousin Harold und mit Hendrick und seiner Frau Beverly zum Abendessen verabredet. Komm einfach erst mal als mein Date mit und nicht als meine Verlobte. Wir schauen, wie es sich anfühlt und ob Hendrick und Bev uns das Ganze abkaufen. Wenn es für dich gar nicht funktioniert, kannst du die Sache nach dem Abendessen wieder abblasen. Das ist überhaupt kein Problem.“

„Wirklich? Wäre das dann nicht peinlich?“

Er schenkte ihr ein umwerfendes Lächeln und musterte sie mit seinen hypnotisierenden Augen.

„Natürlich wäre das peinlich“, sagte er leise. „Willkommen in meiner Welt.“

Bei diesen Worten lief Jenna ein erregender Schauer über den Rücken.

Drew Maddox schaute sie abwartend an und zog schließlich eine Augenbraue in die Höhe.

Jenna wollte sich den hingerissenen und sicherlich absolut dümmlichen Gesichtsausdruck, den sie gerade garantiert im Gesicht hatte, gar nicht vorstellen.

Es war wie in alten Zeiten am College, als Ava sie immer wieder in irgendwelche Schwierigkeiten gebracht hatte. Doch dieses Mal musste Jenna ja einfach nur so tun als ob, und damit konnte sie gleichzeitig Gelder für ihre Forschung auftreiben. Also war es doch eigentlich für einen guten Zweck.

Was konnte schon groß passieren? Sie log schließlich niemanden an, abgesehen von dem verklemmten Hendrick Hill und den profitgierigen Klatschmagazinen. Außerdem schadeten sie niemandem oder nahmen jemandem etwas weg.

Es war ja auch nicht für immer, und sie könnte nach dem Abendessen immer noch einen Rückzieher machen, falls sie sich unwohl dabei fühlte.

„Na schön“, sagte Jenna schließlich. „Ich denke, wir können das Ganze beim Abendessen mal versuchen.“

Ava klatschte begeistert in die Hände. „Ausgezeichnet! Du hast gerade noch genug Zeit, um nach Hause zu fahren und dich umzuziehen. Du bist mit dem Taxi hergekommen, oder?“

„Äh, ja, aber …“

„Ich rufe einen Wagen, der dich nach Hause bringt und …“ Avas Handy begann zu klingeln. „Hi, Ernest, was ist los? Wirklich? Drei von ihnen? Sie wollen es heute aber wissen. Ja, ist gut, ich sage ihnen, sie sollen sich beeilen. Danke.“

Ava legte das Handy beiseite. „Jetzt habt ihr Gelegenheit, die Sache mit einem riesigen Knall zu starten“, sagte sie mit leuchtenden Augen. „Mein Assistent Ernest hat mir nämlich gerade gesagt, dass unten in der Lobby drei Paparazzi herumlungern und auf Drew warten. Wir sollten zur Abwechslung mal sie benutzen, statt uns immer nur vor ihren Karren spannen zu lassen.“

Jenna schnappte panisch nach Luft. „Echte Paparazzi? Folgen die dir etwa?“

Drew presste die Lippen zusammen. „Sie lauern mir gelegentlich auf.“

Ava machte eine wegwerfende Handbewegung. „Seit seiner Affäre mit dieser Schauspielerin, wie heißt sie noch … Bonita Ramon. Irgendwann haben die Geier von der Klatschpresse gemerkt, dass sich die Geschichten über Drew auch ohne irgendwelche Stars gut verkaufen lassen. Sein Geld, sein Aussehen, sein Sexleben …“

„Hör auf, Ava“, unterbrach Drew sie.

Ava verdrehte die Augen. „Selber schuld, dass du so verdammt fotogen bist. Du bist im Internet so was wie ein Klickgarant. Also, was ist jetzt, Leute? Die Fotografen warten unten.“

Jenna gefiel der Gedanke überhaupt nicht, dass man sie mit der wunderschönen Schauspielerin Bonita Ramon vergleichen könnte. Dieses Abenteuer könnte ihrem Selbstwertgefühl gefährlicher werden, als sie gedacht hatte. „Du meinst, wir sollen jetzt sofort runtergehen?“

„Wir haben Jenna versprochen, dass sie es sich nach dem Abendessen noch einmal überlegen kann. Wenn sie jetzt mit mir vor die Paparazzi tritt, gibt es kein Zurück mehr“, wandte Drew ein.

„Dann müsst ihr euch eben jetzt entscheiden. Nehmt es doch als Wink des Schicksals.“

Drew blickte Jenna achselzuckend an. „Es ist deine Entscheidung, Jenna. Lass dich nicht von Ava unter Druck setzen.“

„Komm schon, Jenn“, flehte Ava ihre Freundin an. „Vertraust du mir etwa nicht?“

„Sei still und lass mich nachdenken“, sagte Jenna geistesabwesend.

Doch das war gar nicht so leicht, denn in Drew Maddox’ Nähe konnte sie keinen klaren Gedanken fassen.

Er hatte recht. Wenn sie jetzt da rausging, gab es kein Zurück mehr.

Ava hatte aber ebenfalls recht. Wenn sie ihre erfundene Romanze publik machen wollten, war jetzt die perfekte Gelegenheit. Nur reden und nichts tun brachte gar nichts.

Ihre Freundin hatte sie während ihrer Studentenzeit oft in haarsträubende Abenteuer verwickelt, doch wenn Jenna ehrlich war, hatte es meistens riesigen Spaß gemacht und sie hatte sich seitdem nie wieder so gut amüsiert.

Drew musterte Jenna mit ernster Miene und vor der Brust verschränkten Armen. Plötzlich musste sie an ihren Ex-Verlobten denken. Rupert, der gerade die Hochzeitsreise mit seiner sexy dreiundzwanzigjährigen Praktikantin Kayleigh plante.

Zum Teufel mit Rupert. Ihr Liebesleben war sowieso ein totales Desaster. Warum sollte sie also diesen Umstand nicht ausnutzen, und einer Freundin helfen? Außerdem konnte sie gerade selbst etwas Ablenkung und Arm’s Reach einen Publicity-Schub gebrauchen.

„Ich bin dabei“, verkündete Jenna schließlich. „Lass uns runtergehen.“

„Ja!“, rief Ava und sprang begeistert auf. „Los, macht euch auf den Weg! Ich rufe euch einen Wagen, der euch vor dem Gebäude abholt. Dann haben sie noch genug Zeit, ein paar schöne Aufnahmen von euch zu machen. Geht also nicht zu schnell durch die Lobby. Haltet Händchen, improvisiert, aber vergesst nicht, zu lächeln. Jenna, sieh zu, dass du ihn …“

„Jetzt beruhig dich mal wieder, Ava“, unterbrach Drew sie barsch. „Wir machen das schon.“

Trotz seines rüden Tonfalls strahlte Ava, während sie die beiden zu den Fahrstühlen begleitete. Sie winkte ihnen ein letztes Mal aufgeregt zu, als sich die Türen schlossen.

Plötzlich war Jenna mit Drew Maddox allein, dessen muskulöser Körper sich in den metallischen Wänden des Fahrstuhls bis ins Unendliche widerzuspiegeln schien.

Diesen Anblick musste Jenna erst einmal verarbeiten.

Außerdem roch er unglaublich gut, und sie war sich durchaus bewusst, wie gut sein durchtrainierter Körper in seinen Sachen zur Geltung kam.

Na los, sag etwas, Jenna. „Äh, wow. Das war … intensiv.“

„Ja, wenn Ava erst einmal loslegt, muss man in Deckung gehen.“

„Ach, das kenne ich schon an ihr.“

„Tatsächlich? Hat sie dich früher auch schon mal in ihre verrückten Geschichten hineingezogen?“

„Ja, am College. Ich war ein echter Nerd und wollte nur den Lehrstoff bewältigen. Ava hatte es sich zur Aufgabe gemacht, mich vor mir selbst zu retten und mich anständig in Schwierigkeiten zu bringen.“

„Anständig?“, fragte er grinsend.

„Ja, denn nur lahme Loser geraten nie in Schwierigkeiten.“

Er lachte. „Das klingt genau nach Ava.“

„Sie fordert mich gerne heraus und holt mich aus meiner Komfortzone.“

„Ich denke, das ist etwas Gutes. Aber wenn dir das hier unangenehm ist, musst du es nicht machen, okay?“

Sie nickte und beim Anblick seines Lächelns wurden ihr sofort die Knie weich. „Wir sind unten. Letzte Chance, es abzublasen.“

Als die Fahrstuhltüren aufglitten, traf Jenna instinktiv eine Entscheidung.

Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, umfasste seinen Nacken und zog ihn kurzerhand zu sich herunter, um ihre Lippen auf seinen Mund zu pressen.

Drew versteifte sich einen kurzen Moment, doch dann kam er ihr entgegen.

Seine Lippen waren unglaublich warm, und Jenna spürte, wie seidig sich das kurze Haar in seinem Nacken anfühlte. Mit der anderen Hand berührte sie seine Wange und strich über die rauen Bartstoppeln auf seiner ansonsten so weichen Haut. Aus der Ferne nahm sie grelles Blitzlichtgewitter und Pfiffe und Rufe der Fotografen wahr. Doch das alles war weit weg und vollkommen unwichtig.

Drew taumelte nach hinten. „Hey, du hast mich überrumpelt“, murmelte er.

„Sorry, es war eine spontane Idee.“

„Entschuldige dich nicht dafür. Ich bin dabei. Jederzeit.“

Jenna wartete. „Sollen wir jetzt rausgehen?“

Drew hielt die Fahrstuhltüren auf, die gerade im Begriff waren, sich wieder zu schließen, und gemeinsam verließen sie im Blitzlichtgewitter der Journalisten die Kabine.

Ganz instinktiv fassten sich Jenna und Drew an den Händen, während sie die Lobby durchquerten. Der Sicherheitsdienst des Gebäudes hielt die Fotografen zurück, sodass sie dem Paar nicht durch den Hauptausgang folgen konnten.

Drew zog Jenna zu dem großen Mercedes SUV, der bereits am Bordstein auf sie wartete. „Bist du heute Abend noch dabei? Ich könnte es dir nicht verdenken, wenn du es dir anders überlegt hast. Die Paparazzi sind manchmal wie eine Horde Zombies.“

„Nein, ich bin noch dabei“, versicherte ihm Jenna.

„Dann hole ich dich um Viertel nach acht ab. Unser Tisch ist für Viertel vor neun reserviert.“

Er blickte zu den Fotografen in der Lobby hinüber. „Du bist kein zartbesaitetes Pflänzchen, oder?“

„Nein, ganz bestimmt nicht.“

„Das gefällt mir.“ Bevor sie in den Wagen steigen konnte, zog Drew sie ungestüm an sich und presste seinen Mund auf ihren.

Dieser Kuss war wesentlich heißer als der erste und auch viel fordernder.

Wow, Drew schmeckte wirklich großartig … nach Feuer und Wind, und nach Sonnenschein über den Wellen des Ozeans. Jenna krallte sich haltsuchend an seine breiten Schultern, doch ihre Finger rutschten von dem Stoff seines Jacketts ab, der sich über seine harten Muskeln spannte.

Unter dem Druck seiner Lippen öffnete sie erneut den Mund, und seine Zunge umschmeichelte ihre, bis Jenna gar nicht mehr anders konnte, als den leidenschaftlichen Kuss zu erwidern. Seine Lippen forderten absolute Unterwerfung, und instinktiv gab Jenna nach und schmiegte sich mit einer Hingabe an Drew, an der absolut nichts gespielt war.

Verdammt. Panik erfasste sie, als ihr klar wurde, was hier gerade geschah. Drew küsste sie, als meinte er es ernst, und sie tat es ihm nach.

Sie war so was von geliefert!

Zitternd löste sich Jenna von ihm. Es kam ihr so vor, als hätte er ihr eine Maske vom Gesicht gezogen. So als könnte er direkt in ihr Innerstes schauen.

Er schenkte ihr noch ein aufmunterndes Lächeln, als er ihr in den Wagen half. Dann winkte er ihr freundlich hinterher, als das Auto losfuhr. So als wäre gar nichts passiert. So als hätte er sie gerade nicht leidenschaftlich vor einer Horde Fotografen geküsst und in ihr ein wahres Erdbeben ausgelöst.

Ihre Lippen glühten.

Sie durfte nicht vergessen, dass sie für ihn nur ein Mittel zum Zweck war.

Es fiel Drew Maddox bestimmt kinderleicht, den Verführer zu spielen. Er verhielt sich wahrscheinlich bei jeder Frau so und konnte daher gar nicht anders.

Das durfte Jenna keine Sekunde lang vergessen!

3. KAPITEL

Drew sah sich über eine Stunde lang Jennas im Internet verfügbare Vorträge an und hörte auf der Heimfahrt ihren neuesten Podcast.

Er mochte ihre klare Altstimme und die direkte, verständliche Art, mit der sie die Technik erklärte, die sie bei Arm’s Reach nutzte. Außerdem gefiel ihm ihre Power. Drew hatte Freunde, die bei Einsätzen im Irak und in Afghanistan Gliedmaßen verloren hatten, und er fand es toll, welchen Einfluss ihre Arbeit auf diese Menschen haben würde.

Er konnte es nicht erwarten, zu Hause das dazugehörige Video von ihr anzusehen … die Überzeugung in ihren Augen und ihren absoluten, leidenschaftlichen Glauben an das, was sie tat.

Er fand diesen Anblick unglaublich sexy.

Er stellte sein Tablet in seinem Schlafzimmer auf und sah sich eine der Aufzeichnungen an, während er sich für das Abendessen umzog. Ihre Stimme hatte eine wunderbare Wirkung auf ihn. Seltsam, dass er bei ihrer ersten Begegnung gar keine große Notiz von ihr genommen hatte, doch damals war er noch ein anderer Mensch gewesen.

Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er seit dem Treffen mit Jenna gar nicht mehr pausenlos an das Fiasko auf Arnold Sobels Party hatte denken müssen. Bis dahin war ihm immer wieder das ekelhaft betäubende Parfüm in die Nase gestiegen, das ihm jemand ins Gesicht gesprüht hatte, und er hatte ständig aufs Neue durchlebt, wie er am nächsten Morgen nackt und mit dröhnendem Schädel, umringt von unbekannten Frauen, in einem fremden Bett aufgewacht war.

Er hatte sich prompt übergeben müssen, während ihm der Schädel brummte, als würde ihn jemand mit einem Holzhammer bearbeiten. Doch das Schlimmste war das ohnmächtige Gefühl der Hilflosigkeit gewesen.

Er hatte niemandem von dem Parfüm und von seinem nachfolgenden Blackout erzählt. Vielleicht lag es an der Demütigung oder an seinem angekratzten Macho-Ego, doch er konnte einfach mit niemandem darüber reden.

Seit der Begegnung mit Jenna war das Schamgefühl jedoch einfach verpufft. Nach dem überraschenden Kuss im Fahrstuhl hatte er mit dem Mantel sogar eine Erektion verbergen müssen. Mit dem Kuss neben dem Auto hatte er herausfinden wollen, ob seine erste Reaktion nur ein Zufall gewesen war.

Er hatte seinen Mantel an seinem Platz lassen müssen.

Jennas Küsse hatten sich tief in sein Gedächtnis eingebrannt. Genauso wie das Gefühl ihres schlanken Körpers, der sich voller Vertrauen an ihn geschmiegt hatte … die zarte, blütensanfte Textur ihrer Haut … die Weichheit ihrer Lippen … oder der warme Duft ihres Parfüms nach Honig und Orangen. Nun wollte Drew mehr davon.

Für den Abend fehlte noch ein letztes Detail. Er holte die Box, in der sich der Schmuck seiner Mutter befand, aus dem Wandsafe. Er hatte ein paar Jahre zuvor versucht, ihn Ava zu schenken, doch seine Schwester war sofort in Tränen ausgebrochen. Also hatte er die Box wieder weggestellt und sie ihr gegenüber nie wieder erwähnt.

Nun nahm er die kleine schwarze Samtschatulle mit dem Verlobungsring seiner Mutter heraus. Drew wollte keine halben Sachen machen.

Mit etwas mehr Vorlauf hätte er einen anderen Ring gekauft, doch Malcolm und Hendrick würden den Ring vermutlich erkennen. Bei Hendricks Frau war er sich sicher, denn Bev war schon lange vor Drews Geburt mit seiner Mutter befreundet gewesen und dieser Frau entging nichts.

Außerdem fühlte es sich richtig an. Jenna war die Sorte Frau, der ein Kerl den Verlobungsring der eigenen Mutter an den Finger stecken würde. Seine Mom hätte Jenna bestimmt gemocht.

Drew zog seinen Mantel an, steckte den Ring in die Tasche und ging zu seinem Auto. Seine Mutter wäre allerdings garantiert nicht damit einverstanden gewesen, Jenna für so ein Theater zu missbrauchen.

Drew versuchte, diesen Gedanken mit logischen Argumenten beiseitezuschieben. Schließlich war er nicht in diese Klemme geraten, weil er sich falsch verhalten hatte. Er hatte nur einer Freundin helfen wollen und war so dumm gewesen, sich nicht aus dem Staub zu machen, bevor die Falle zuschnappte.

Außerdem hatte diese Scharade für Jenna ebenfalls Vorteile.

Der Unfall, bei dem seine Eltern ums Leben gekommen waren, lag nun schon achtzehn lange Jahre zurück, doch er hatte immer noch den Blick seiner Mutter vor Augen, wenn er sich nicht so ganz an die Wahrheit gehalten hatte. Die Art, wie sie missbilligend die Lippen zusammengepresst und die Stirn gerunzelt hatte.

Trotz seines schlechten Gewissens freute sich Drew auf Jenna.

Er parkte jetzt auf der steilen und abschüssigen Straße vor dem hübschen dreigeschossigen Haus in Greenwood. Jennas Wohnung befand sich im obersten Stock. Eine Außentreppe führte hinauf zu einer Veranda, die das ganze Geschoss umgab. Er ging hinauf und klingelte.

Kurz darauf öffnete Jenna ihm die Tür. „Genau pünktlich“, sagte sie. „Das mag ich an einem Mann. Komm rein.“

Ihm fiel keine Erwiderung ein, denn er hatte in diesem Moment alle Hände voll mit dem Ansturm auf seine Sinne zu tun, den ihr Anblick in ihm auslöste. Ihr figurbetontes, grünes Kleid sah einfach umwerfend an ihr aus. Es betonte ihre hohen, vollen Brüste, die schmale Taille und das wundervoll gerundete Hinterteil. Außerdem passte die Farbe perfekt zu ihren hochgesteckten Haaren, die aussahen wie ein feuriger Heiligenschein.

Wieder trug sie eine Cat-Eye-Brille, dieses Mal ein bernsteinfarbenes Horngestell mit Glitzersteinen an den Ecken. Ihre knallrot geschminkten Lippen verzogen sich zu einem strahlenden Lächeln, das ihre perfekten, weißen Zähne entblößte. Dieses Lächeln ließ Drew augenblicklich alles andere vergessen.

„Du siehst fantastisch aus“, sagte er. „Mir gefällt der Glitzer auf deiner Brille.“

„Meine Strassbrille hole ich nur zu besonderen Gelegenheiten heraus. Wenn die Paparazzi auftauchen, blende ich sie mit dem Bling-Bling.“

„Apropos Bling-Bling.“ Er holte die Schatulle mit dem Ring heraus. „Ich hoffe, es ist in Ordnung für dich, ihn zu tragen.“

Er klappte die Schachtel auf. „Oh mein Gott, ist der etwa echt?“, fragte sie überrascht.

„Ja, es ist ein tropfenförmiger Saphir und drumherum sind Diamanten im Baguette-Schliff. Er hat meiner Mutter gehört.“

Jenna wurde plötzlich sehr ernst. „Ähm … bist du dir sicher? Unsere Verlobung ist schließlich nicht echt und vielleicht …“

„Malcolm, Hendrick und Bev werden den Ring erkennen.“

„Ach so. Dann ist es vermutlich eine gute Idee.“ Eine winzige Falte erschien zwischen ihren dunklen Augenbrauen, als sie den Ring aus der Schachtel zog und ihn sich an den Finger steckte.

Er passte perfekt. Sie bekam plötzlich ganz rote Wangen und senkte den Blick. „Er ist wunderschön“, murmelte sie. „Ich werde ganz vorsichtig damit sein. Ich kann mir vorstellen, wie wertvoll er ist.“

Aus einem Impuls heraus hob Drew ihre Hand an die Lippen und presste einen Kuss darauf.

Jenna erstarrte, und die Röte in ihren Wangen vertiefte sich. Hastig zog sie ihre Hand zurück. „Entschuldige mich, aber ich muss, äh, meine Katze füttern, bevor wir, ähm, losfahren.“ Eilig verschwand sie in der Küche.

Drew blickte sich in dem offen geschnittenen Wohnraum um. Ein Teil des Wohnzimmers wurde von einem großen Arbeitstisch dominiert, der mit Kabeln, elektronischen Ersatzteilen und Zeichnungen übersät war. An einer großen Pinnwand aus Kork hingen Fotos von Jenna mit verschiedenen Menschen. Eines davon zeigte ein grinsendes Kind mit einer gigantischen Zahnlücke und zwei prothetischen Armen.

Als Jenna zurückkam, knöpfte sie sich einen langen, taillierten Wollmantel zu.

„Sollen wir losfahren?“, fragte sie. „Ich möchte nicht zu spät kommen.“

„Ja, natürlich.“

Unten öffnete Drew ihr zuerst die Beifahrertür, bevor er um den Wagen herumging und ebenfalls einstieg. Als er den Zündschlüssel umdrehte, ertönte auf einmal ihr Podcast, weil er diesen auf dem Weg hierher gehört hatte.

Hastig schaltete Drew das Radio aus. Verdammt. Obwohl der Podcast online verfügbar war, hatte er das Gefühl, beim Spionieren erwischt worden zu sein.

„Hey, war ich das etwa?“, fragte Jenna überrascht.

„Ja. Ich wollte mich … du weißt schon … über dich informieren. Wer du bist und was du so machst.“

„Oh, ja, natürlich. Das ist eine gute Idee. Das hätte ich auch machen sollen. Aber ich weiß vermutlich von Ava auch so schon genug über deinen Job. Sie ist nämlich sehr stolz auf dich und gibt ständig mit dir an.“

Sie schwiegen nun eine Weile. „Ich habe auch deine anderen Vorträge angehört“, gab Drew schließlich zu. „Sie sind wirklich gut. Klar, überzeugend, gut strukturiert und auch witzig.“

Sie wirkte geschmeichelt. „Daran habe ich auch hart gearbeitet. Lange Zeit hatte ich furchtbare Angst davor, in der Öffentlichkeit zu sprechen, aber ich habe geübt, bis es besser wurde.“

Unruhig drehte sie den Verlobungsring an ihrem Finger.

„Du brauchst wegen heute Abend nicht nervös sein.“

Sie schnaubte spöttisch. „Machst du Witze?“

„Nachdem ich deine Reden gesehen habe, bin ich mir sicher, dass du das ganz großartig machen wirst.“

„Mich als jemand ausgeben, der ich nicht bin?“

„Das tust du ja gar nicht. Du musst einfach nur du selbst sein. Deshalb haben wir dich ja gebeten, bei der Sache mitzumachen.“

„Ja klar. Einfach nur die Verlobte von einem Typen wie dir spielen. Kein großes Ding.“ Sie lachte leise. „Je länger ich darüber nachdenke, desto unglaubwürdiger klingt das Ganze.“

„Warum?“, fragte Drew ehrlich überrascht. „Was meinst du mit einem Typen wie mir ?“

„Jetzt hör aber auf“, sagte Jenna spöttisch. „Du bist ein weltberühmter Architekt und bewegst dich in den höchsten Kreisen. Du bist mit Bonita Ramon ausgegangen, verdammt noch mal, und dann suchst du dir als nächste Freundin jemanden wie mich aus? Jenna Somers, Super-Nerd? Klingt das in deinen Ohren etwa normal?“

„Ich weiß nicht, was du meinst“, erwiderte er. „Was hat Bonita damit zu tun? Die Geschichte ist längst vorbei.“ Nicht, dass sie jemals wirklich angefangen hätte.

„Also wenn du das nicht verstehst, weiß ich wirklich nicht, wie ich es dir erklären soll.“

„Ich bin Bonita auf einer Yacht in Griechenland begegnet. Sie hatte gerade mit einem miesen Typen Schluss gemacht. Wir haben ein paar Tage miteinander verbracht und schnell herausgefunden, dass wir uns nicht viel zu sagen haben.“

„Vergnügst du dich oft mit Filmstars auf einer Yacht in Griechenland?“

Nun hatte er das Gefühl, sich verteidigen zu müssen. „Ich war wegen eines Jobs in Griechenland und bekam irgendwann einen Anruf von ein paar Freunden, die dort Urlaub gemacht haben. Ich bin kein koksender Partygänger, der von Orgie zu Orgie zieht.“

„Bestimmt nicht“, sagte sie beschwichtigend. „Ich wollte dich nicht beleidigen.“

„Das dachte ich auch nicht. Sorry, ich wollte dich nicht anblaffen.“

„Schon gut, vergiss es. Wir spielen einfach unsere Rollen und hoffen auf das Beste. Mehr können wir nicht tun.“

Vor dem Eingang des Hotels, in dem sich das Restaurant befand, stieg er aus und gab dem Angestellten die Autoschlüssel. Bevor er eine Chance hatte, Jenna die Tür zu öffnen, stieg sie schon allein aus. Er ergriff ihren Arm und das fühlte sich sehr gut an. Der Ring seiner Mutter funkelte an ihrer schlanken Hand und sah so aus, als sei er wie für sie gemacht.

Plötzlich überkam Drew eine irrationale Wut. Es war ihm unglaublich peinlich, dass er diese Scharade aufführen musste, um seine berufliche Reputation und seine Position in der Firma schützen zu können, und dass er eine Frau wie Jenna um Hilfe bitten musste, die ihn normalerweise niemals ernst nehmen würde. Außerdem störte es ihn, dass er ihr nicht ganz normal den Hof machen und ihr den Kopf verdrehen konnte.

Jenna machte bei dieser Sache garantiert nur aus Loyalität gegenüber Ava mit.

Wir spielen unsere Rolle und hoffen auf das Beste. Mehr können wir nicht tun. Das hatte sie gerade gesagt.

Doch Drew wollte mehr als das.

Er wollte alles, ob er es nun verdiente oder nicht.

4. KAPITEL

Jenna schüttelte Hände und lächelte, bis ihre Wangen schmerzten, als Ava und Drew sie den Leuten am Tisch vorstellten. Ava sah einfach traumhaft aus in ihrem eng anliegenden schwarzen Spitzenkleid. Harold Maddox, der Cousin der Geschwister, trug einen dunklen Anzug und eine Krawatte und verzog keine Miene. Er war groß und attraktiv, konnte jedoch Ava und Drew äußerlich nicht das Wasser reichen. Onkel Malcolm kannte Jenna bereits von Fotos. Er wirkte wie eine ältere, grimmige und von Arthritis geplagte Ausgabe von Drew. Malcolms Partner Hendrick Hill hingegen war klapperdürr und glatzköpfig, mit kantigen Zügen und eingefallenen Wangen. Er musterte Jenna misstrauisch aus tief liegenden Augen, die unter dichten, schwarzen Augenbrauen hervorschauten. Seine Frau Beverly war das genaue Gegenteil von ihm. Sie war klein, rundlich und freundlich und trug einen weißblonden Pixie-Schnitt und jede Menge Goldschmuck über ihrem mitternachtsblauen Seidenkaftan. Ihr Lächeln erstarrte für einen kurzen Moment, als Drew ihnen Jenna als seine Verlobte vorstellte. In diesem Moment richteten sich alle Augen automatisch auf Jennas Hand, die sie natürlich schnell in Position gebracht hatte, damit die Anwesenden den aufsehenerregenden Verlobungsring mustern konnten.

„Deine Verlobte?“, fragte Malcolm Maddox mürrisch. „Was soll das? Wieso habe ich sie dann noch nie zuvor gesehen? Mädchen, wo kommen Sie so plötzlich her?“

„Vergiss bitte deine Manieren nicht, Onkel“, ermahnte Ava ihn. „Jenna ist eine alte Freundin von mir und du lernst sie ja jetzt kennen. Also sei nett.“

„Ich habe nur auf den richtigen Moment gewartet, es dir zu erzählen, Onkel“, erklärte Drew daraufhin. „Es war alles ein bisschen verrückt.“

„Hm“, murmelte Harold. „Darauf könnte ich wetten.“

Ava stieß ihrem Cousin den Ellenbogen in die Seite, doch niemand schien es zu bemerken. Alle starrten Jenna an. Doch dann kam Bev mit einem strahlenden Lächeln um den Tisch herum, nahm Jenna in die Arme und küsste sie. „Ach du meine Güte, herzlichen Glückwunsch. Wie aufregend. Ich wünsche Ihnen alles Gute.“

Die herzliche Reaktion der älteren Frau verursachte bei Jenna sofort ein ganz schlechtes Gewissen. Bev und ihre gutherzige Art erinnerten sie unwillkürlich an ihre eigene Mutter, die vor sechs Jahren verstorben war.

Nach diesem Start verlief das Abendessen, bei dem Jenna zwischen Drew und Bev saß, ganz friedlich. Ava und Bev übernahmen die Führung beim fröhlichen Small Talk, und Jenna versuchte sich, so gut es ging, daran zu beteiligen. Doch unter Onkel Malcolms grimmigen Blicken, mit denen er sie quer über den Tisch hinweg musterte, konnte sie sich nur schwer konzentrieren.

Nach der Vorspeise nahm Bev ihre Hand und betrachtete den Saphirring. „Der Anblick dieses Rings ruft alte Erinnerungen in mir wach“, murmelte sie mit leicht rührseliger Stimme. „Diana und ich haben zusammen studiert. Sie war ein ganz besonderer Mensch, sehr klug, aber auch witzig und eine echte Schönheit. Ava sieht ihr unglaublich ähnlich. Sie fehlt mir sogar heute noch.“

Jenna lächelte Bev an, in deren Augen nun Tränen schimmerten, und drückte ihre Hand. „Ich wünschte, ich hätte sie kennenlernen dürfen.“

„Oh, das wäre wundervoll gewesen.“ Bev tupfte sich die Augen mit einem Taschentuch ab und schnäuzte sich dezent. „Apropos, wie haben Sie und Drew sich überhaupt kennengelernt?“

Jenna erstarrte, doch Ava kam ihr schnell zur Hilfe. „Oh, das haben sie mir zu verdanken. Ich habe tatsächlich Amor gespielt, mit Pfeilen und allem, was dazugehört.“

„Warum überrascht mich das nicht?“, murmelte Onkel Malcolm.

„Ich habe Drew eigentlich schon vor elf Jahren kennengelernt“, erklärte Jenna. „Als Ava und ich zusammen am College waren.“

„Ich hatte gerade Heimaturlaub“, fügte Drew hinzu. „Zwischen zwei Einsätzen im Irak.“

„Er ist auf dem Weg nach Kanada bei mir vorbeigekommen“, ergänzte Ava. „Er wollte eine Motorradtour durch die kanadischen Rockies machen.“

„Das Ganze ist schon so lange her?“, fragte Bev verwirrt.

„Das war, lange bevor wir ein Paar wurden“, erklärte Jenna. „Damals war er nämlich nicht sonderlich beeindruckt von mir, vor allem, nachdem ich einen ganzen Krug Sangria über ihm ausgeleert hatte. Nicht gerade eine meiner Sternstunden.“

„Oje“, kicherte Bev in ihr Weißweinglas. „Wie schrecklich.“

„Das war es tatsächlich“, gestand Jenna zerknirscht. „Ich wäre am liebsten im Erdboden versunken.“

„Ich bin froh, dass es nicht dazu gekommen ist.“ Drew nahm ihre Hand und presste einen heißen, verführerischen Kuss darauf, der Jenna einen Schauer der Erregung durch den Körper jagte. „Meine Schuhe haben noch Tage später beim Gehen am Boden festgeklebt. Aber es hat sich gelohnt.“

Bei seinem Lächeln schmolz Jenna beinahe dahin. Oh, er war wirklich gut. Sie wusste, dass er nur schauspielerte, trotzdem gab er ihr das Gefühl, als wäre sie die einzige Frau auf der ganzen Welt. Sie starrte ihn wie hypnotisiert und mit offenem Mund an und hatte vollkommen den Faden verloren. Das war der berühmte Drew-Effekt. Sehr wirkungsvoll, um eine Frau vollkommen außer Gefecht zu setzen.

In diesem Moment brachte der Kellner den ersten Gang. Bev tätschelte Jennas Hand und fand die Reaktion der jungen Frau offensichtlich amüsant.

„Wann habt ihr beide euch denn dann wiedergesehen?“, kam Bev auf ihre ursprüngliche Frage zurück.

Wieder erstarrte Jenna, doch Ava rettete die Situation noch einmal.

„Das war auch meine Schuld“, erklärte sie. „Letzten Frühling hat Jenna mich gebeten, die PR für ihre Arm’s Reach Foundation zu machen. Also bin ich nach San Francisco gefahren und habe mir einen ihrer Vorträge angehört, um danach über unsere Strategie zu sprechen. Drew war damals wegen des Magnolia Plaza Auftrags ebenfalls dort. Wir drei haben zusammen zu Abend gegessen und eins führte zum anderen. Die reinste Magie.“

Jenna spießte ein paar Penne mit Wodka-Soße auf ihre Gabel auf und versuchte, sich wieder zu beruhigen. Nun hatten sie und Drew sogar eine Kennenlern-Geschichte. Yippie.

Drew zog ein wenig die Augenbrauen in die Höhe, spielte dann jedoch mit. „Es hat mein ganzes Leben verändert“, murmelte er.

„Ich war damals auch wegen des Magnolia Plazas in San Francisco“, sagte Harold jetzt nachdenklich. „Seltsam, dass ich Jenna dort gar nicht begegnet bin. Schließlich waren wir ganze drei Monate dort.“

Ava zuckte mit den Achseln. „Das finde ich gar nicht seltsam, denn du warst an den Abenden nie dabei.“

„Ja, scheint so“, erwiderte Harold. „Aber ich hatte damals nicht den Eindruck, als wäre Drew verlobt.“ Er schenkte seinem Cousin ein wissendes Lächeln. „Ganz im Gegenteil.“

„Wie heißt Ihre Stiftung? Arm’s Reach?“, mischte sich Bev nun wie ein rettender Engel in die Unterhaltung ein, als habe sie die Spannungen in der Luft gespürt. „Was sagte Ava noch, was Sie beruflich machen, Liebes? Sie sind eine Art Ingenieurin, richtig?“

„Ja, ich entwerfe Armprothesen.“

Bev blinzelte überrascht.

„Sie entwickelt vom Gehirn gesteuerte bionische Prothesen, die den Amputierten sogar Sinneseindrücke vermitteln“, mischte sich Drew daraufhin ein. „Es wäre zu bescheiden, einfach nur zu sagen, dass sie Armprothesen entwirft.“

Jenna legte ihre Gabel nieder. „Ich glaube nicht, dass heute Abend der richtige Zeitpunkt für solche Details ist“, sagte sie streng.

„Doch, das hier ist genau der richtige Zeitpunkt“, widersprach ihr Drew. „Denn Bev arbeitet für die Bricker Foundation und sollte deshalb über Arm’s Reach Bescheid wissen. Ich schicke dir mal den Link zu Jennas Vortrag bei der Tagung in San Francisco“, sagte er an Bev gewandt. „Du arbeitest doch auch mit Veteranen, daher wirst du es bestimmt sehr interessant finden.“

Bev nippte an ihrem Wein, und die Augen hinter ihrer randlosen Brille funkelten. „Danke, Drew. Du kannst mir den Link sehr gerne schicken.“

„Jenna hat auch noch andere, kürzere Vorträge gehalten, die einen schnellen Einblick in das Thema vermitteln“, fuhr Drew fort. „Doch die Präsentation bei der Konferenz in San Francisco ist viel detaillierter.“

„Ich freue mich darüber, wie stolz du auf sie bist“, sagte Bev gerührt. „Genau so sollte es sein.“

Wieder entstand eine unangenehme Pause. Alle Augen waren erneut auf Jenna gerichtet, der prompt der Schweiß ausbrach.

„Du hast ja wirklich deine Hausaufgaben gemacht, Drew“, sagte Onkel Malcolm.

„Ich bewundere einfach nur die Fähigkeiten meiner Verlobten“, entgegnete Drew. „Jennas Vorträge sind toll, und sie verändert das Leben der Menschen wirklich.“

„Das glaube ich gern“, murmelte Malcolm leise. „Und deines gleich mit, oder? Soll ich dir wirklich glauben, dass einfach so aus dem Nichts eine perfekte Verlobte aufgetaucht ist? Hast du da etwa deine Finger im Spiel?“, herrschte er Ava an. „Ich kenne doch deine Tricks.“

Ava schaute ihn scheinheilig aus ihren großen grauen Augen an. „Onkel, du verletzt meine Gefühle.“

„Dass ich nicht lache“, knurrte Malcolm.

Jenna hatte eigentlich keine Lust, Zeuge dieses Familienstreits zu werden. Sie brauchte dringend eine Pause und stand daher abrupt auf. „Bitte entschuldigt mich einen Moment.“

Sie flüchtete in die Damentoilette und war froh, endlich wieder durchatmen zu können und den prüfenden Blicken für einen Moment entkommen zu können. Ganz zu schweigen von dem überwältigenden Effekt, den Drews überbordende Anziehungskraft auf sie hatte. Jenna blieb einen Moment lang in der Kabine und atmete tief durch, um sich zu sammeln.

Das Ganze war schwieriger, als sie gedacht hatte. Sie log grundsätzlich nicht gern, und schon gar nicht gegenüber Leuten, die sie mochte, und Bev Hill war ihr sofort sympathisch gewesen. Hendrick wirkte immer noch misstrauisch und auch Malcolm Maddox schien eine Falle zu befürchten. Bev hingegen war ein lieber, warmherziger und aufrichtiger Mensch.

Jenna verließ die Kabine, wusch sich die Hände und musterte sich im Spiegel. Bev anzulügen, behagte ihr wirklich überhaupt nicht.

5. KAPITEL

Drew blickte Jenna hinterher, als sie in Richtung Waschraum verschwand. Kurz darauf folgte ihr Bev und dann murmelte auch Hendrick etwas und flüchtete.

Somit blieb nur noch die Familie übrig, und Onkel Malcolm fühlte sich offenbar nicht mehr an die Grundregeln der Höflichkeit gebunden.

Er kam ohne Umschweife zur Sache und wischte sich mit einer aggressiven Geste den Mund an der Serviette ab. „Jenna Somers, hm? Das ging ja schnell, und auch noch genau zum richtigen Zeitpunkt. Du bist also ganz plötzlich mit einer wohltätigen Wissenschaftlerin verlobt? Sie ist doch gar nicht dein Typ, Junge.“

„Ich habe keinen Typ“, widersprach ihm Drew.

„Das habe ich dir doch alles schon erklärt, Onkel“, mischte sich Ava ein. „Ich habe im College mit Jenna zusammengewohnt. Sie ist meine beste Freundin und …“

„Ich rede nicht mit dir, sondern mit deinem Bruder. Warum gehst du dir nicht auch die Nase pudern?“

„Ich muss nicht auf die Toilette, Onkel“, presste Ava zornig hervor, „und ich laufe auch nicht vor einem Streit davon.“

„Ich will gar nicht mit dir streiten, Mädchen. Ich will nur mit ihm reden“, sagte er und wies mit dem Kinn auf Drew. „Allein!“

„Tja, Pech für dich“, entgegnete Ava. „Wenn du allein reden willst, dann mach einen Termin in deinem Büro mit ihm aus, aber schick mich nicht weg, wenn wir in einem Restaurant etwas feiern wollen. Das ist sehr unhöflich. Jenna ist perfekt und es gibt nichts an ihr …“

„Sie ist zu perfekt“, unterbrach Malcolm sie grimmig. „So eine Frau zieht man nicht einfach aus dem Hut. Ihr zwei heckt doch irgendetwas aus und ich will sofort wissen, was.“

„Es gibt keine Pläne, nur echte Liebe. Was ist daran verkehrt?“, fragte Ava.

„Für Drew ganz bestimmt nichts“, mischte sich Harold ein.

„Ganz genau“, sagte Onkel Malcolm. „Die Einzige, die Schaden nehmen wird, ist Jenna. Eine nette junge Frau wie sie hat das nicht verdient.“

„Na, vielen Dank für das Vertrauen“, knurrte Drew wütend.

„Ich vertraue dir, wenn du es dir verdient hast“, entgegnete Malcolm barsch.

In diesem Moment kamen Jenna und Bev, gefolgt von Hendrick, zurück an den Tisch. Sie unterhielten sich angeregt über Jennas Firma.

„… um meine Arbeit bekannter zu machen“, sagte Jenna gerade, als sie in Hörweite kamen. „Ich würde sie wirklich gerne treffen. Es klingt so, als würden wir wunderbar zusammenpassen.“

„Perfekt“, erwiderte Bev. „Ich melde mich gleich morgen früh mit möglichen Terminen bei Ihnen.“

„Vergiss nicht, dass wir morgen einen vollen Kalender haben“, erinnerte Ava sie. „Die ganze Crew kommt morgen mit Drew im Schlepptau zu Arm’s Reach, um eine neue Episode unserer Videoreihe zu drehen.“

„Ich?“, fragte Drew überrascht.

„Natürlich du“, erwiderte Ava. „Punkt acht Uhr dreißig. Wir treffen uns in Ruby’s Café in der Hatton Street, nur ein paar Blocks von Jennas Wohnung entfernt. Meine Kamera-Crew kommt dorthin, wir frühstücken zusammen und dann machen wir uns an die Aufnahmen.“

„Was genau filmen wir denn und wie lange wird es dauern?“

„Das wirst du schon sehen“, sagte Ava. „Jenna zeigt uns, wie die Prothesen funktionieren.“

Beinahe so, als hätte Ava es geplant, wurde in diesem Moment der Nachtisch mit dem Kaffee serviert. Danach verabschiedeten sich Hendrick und Bev. Die ältere Frau nahm Jenna in den Arm, flüsterte ihr etwas ins Ohr und die beiden Frauen brachen daraufhin in Gelächter aus.

Onkel Malcolm schlüpfte in seinen Mantel und humpelte ostentativ um den Tisch herum, wo er Jennas Hand nahm und ihr tief in die Augen sah. „Ich hoffe, Sie wissen, was Sie tun, junge Dame. Sie sehen wie eine anständige junge Frau aus, doch ich fürchte, bei dieser Sache hier haben Sie sich zu viel aufgehalst.“

„Das werden wir ja sehen.“ Sie beugte sich vor und küsste ihn auf die ledrige Wange. „Unterschätzen Sie mich nicht, Mr. Maddox“, murmelte sie. „Und Drew auch nicht.“

„Hm“, erwiderte er nur. „Gute Nacht. Harold, gib mir meinen Stock und begleite mich bitte runter zu meinem Wagen.“

Harold nahm Malcolms Arm und Drew, Ava und Jenna sahen zu, wie ihr Cousin ihrem Onkel die Treppe hinunterhalf.

Als die beiden das Restaurant verlassen hatten, nahm Ava ihre Freundin stürmisch in den Arm. „Jenna, du warst einfach großartig. Sie haben dir aus der Hand gefressen. Bev war völlig von den Socken von dir und Hendrick wird wie immer ihrer Meinung sein.“

„Bev ist so eine liebe Person!“

„Du doch auch. Deshalb mag sie dich auch so!“ Ava versetzte der Brust ihres Bruders einen Klaps. „Der Teil, als du behauptet hast, Jenna verkaufe ihre Arbeit unter Wert war einfach genial, Brüderchen. Wirklich super.“

Aus irgendeinem Grund ärgerten ihn die Worte seiner Schwester. „Das war nicht gespielt. Ich habe die Wahrheit gesagt.“

„Ja, ja, schon gut“, winkte Ava ab, „Mein Plan funktioniert, das könnt ihr nicht abstreiten!“

„Wir streiten doch gar nichts ab“, sagte Jenna. „Aber es fühlt sich nicht gut an, einen Menschen wie Bev anzulügen.“

Ava musterte Jenna kritisch. „Ich gebe zu, es ist nicht ideal“, räumte sie ein. „Aber außergewöhnliche Umstände erfordern nun mal außergewöhnliche Maßnahmen, stimmt’s?“

„Lass gut sein, Ava“, sagte Drew. „Es war ein langer Tag. Wir sind müde und du überrollst Jenna schon wieder.“

Ava stutzte kurz, dann begann sie zu lachen. „Jetzt schau sich mal einer euch beide an. Wie ihr euch gegenseitig verteidigt und euch gegen mich verschwört. Das ist ja so was von süß.“

„Ava, sei nicht so herablassend“, sagte Jenna müde.

„Schon gut, schon gut“, erwiderte Ava und winkte ab. „Dann sehe ich euch Turteltäubchen morgen früh bei Ruby’s. Gute Nacht!“

Als Ava verschwunden war, standen sich Drew und Jenna verlegen gegenüber.

„Hat Bev dir im Waschraum peinliche Fragen gestellt?“, fragte er schließlich.

„Sie hat sich Sorgen um mich gemacht“, erklärte Jenna. „Dass ich unschuldige Maid auf die süßen Versprechen eines ruchlosen Herzensbrechers hereinfalle.“

Drew zuckte merklich zusammen. „Tut mir leid, dass sie so über mich denkt.“

„Ich habe ihr gesagt, dass man dich reingelegt hat. Ich bin mir nicht sicher, ob sie es mir geglaubt hat, aber sie ist wenigstens überzeugt davon, dass ich es dir abkaufe. Vermutlich war unser Theater … hm … glaubhaft.“ Jenna wich seinem Blick aus und wurde rot.

„Ja, vermutlich.“ Drew wartete, dass sie weitersprach.

„Sollen wir noch etwas trinken gehen?“, fragte er schließlich. „Dann können wir uns weiter absprechen.“

Jenna biss sich auf ihre volle rote Unterlippe, und die Röte in ihren Wangen vertiefte sich. „Es war wirklich ein langer und merkwürdiger Tag, und morgen wird es auch nicht besser. Wir sollten lieber schlafen gehen, da wir uns schon um halb neun mit Avas Crew treffen.“

„Na schön, dann bringe ich dich jetzt nach Hause“, sagte er, obwohl er eigentlich auf eine andere Antwort gehofft hatte.

„Oh nein, das brauchst du nicht, ich rufe mir ein Taxi.“

„Ich bestehe darauf“, fiel er ihr ins Wort.

Im Auto schwiegen sie verlegen. Immer wieder warf Drew ihr einen flüchtigen Blick zu. Er war nervös und verkrampft wie ein Teenager, der ein Mädchen das erste Mal um ein Date gebeten hatte.

„Normalerweise treibt Ava mich mit ihrem Gerede immer in den Wahnsinn“, sagte Drew nach ein paar Kilometern. „Aber mit dieser Story über die Abendessen in San Francisco hat sie uns gerettet.“

„Ja, zum Glück ist Ava immer so geistesgegenwärtig. Ich bin nicht sehr gut im Improvisieren, und wir hatten nicht viel Zeit, alles zu durchdenken.“

„Es tut mir leid“, sagte er. „Wir haben dich in diese ganze Sache hineingedrängt.“

„Ist schon in Ordnung“, versicherte ihm Jenna. „Ich habe ja freiwillig mitgemacht.“

Drew hielt jetzt vor ihrem Haus und schaltete den Motor aus. „Ich bin aber froh, dass du Bev kennengelernt hast. Sie kann dir sehr nützlich sein. Sie hat gute Kontakte und engagiert sich sehr in den gemeinnützigen Projekten der Bricker Foundation. Ich möchte nämlich, dass diese Sache auch dir weiterhilft.“

„Das tut sie bestimmt.“ Sie lächelte ihn an. „Gute Nacht, Drew. Danke fürs Fahren.“

Doch Drew bestand darauf, sie bis zur Tür zu bringen. Dort wartete er, während sie in ihrer Handtasche herumwühlte.

„Ich habe meinen Schlüssel sonst eigentlich immer griffbereit, damit ich ihn einem möglichen Angreifer ins Auge rammen kann. Aber heute Abend bin ich wohl ein bisschen neben der Spur“, erklärte sie.

Sie schloss die Tür auf und wollte sich gerade von Drew verabschieden, als plötzlich wieder diese wilde Energie zwischen ihnen aufflammte. Das atemlose Schweigen zwischen ihnen verhieß etwas … und auf einmal schien alles möglich zu sein.

Autor

Shannon Mc Kenna
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Jessica Lemmon
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Naima Simone
Bestsellerautorin Naima Simone entdeckte ihre Liebe zu romantischen Geschichten beim Schmökern von Harlequin-Büchern, die sie ihrer Großmutter stibitzte. Inzwischen verbringt sie ihre Tage mit dem Schreiben humorvoller Liebesromane. Im wirklichen Leben ist sie mit ihrem persönlichen Superhelden verheiratet und Mutter zweier Kinder. Die Familie lebt – trotz aller Herausforderungen des...
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