Heißer als der Boss erlaubt

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Der neue Boss will ihre Sendung Sexy Sydney absetzen? Die hübsche Journalistin Faith ist entsetzt! Ihr Herzblut steckt schließlich darin, begeisterten Zuschauern die lustvollen Seiten der Stadt zu zeigen. Entschlossen fordert die selbsternannte Sexpertin Cash Anderson heraus, sie bei den Recherchen für die nächste Ausgabe ihrer Fernsehshow zu begleiten. Nichts lässt Faith in ihrer erotischen Expedition aus, um dem nüchternen Zahlenmenschen die Verlockungen Sydneys zu zeigen. Doch bald fragt sie sich atemlos vor Verlangen, wie weit sie selbst mit ihrem sexy Boss gehen will …


  • Erscheinungstag 03.03.2015
  • Bandnummer 0005
  • ISBN / Artikelnummer 9783733701499
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Als ihr Telefon das erste Mal piepte, war Faith Harris zu sehr damit beschäftigt, Fotos von dem winzigen BH einer Burlesque-Tänzerin zu machen, um es zu beachten. Die knallroten Stoffstückchen waren mit Diamanten im Wert von Tausenden von Dollar besetzt. Betty Boom-Boom war sehr stolz auf sie und setzte sich gekonnt in Szene, während Faith mit der Kamera drauf hielt.

„Einen Moment, Bets.“ Betty hörte auf, zu posieren, als Faith’ Handy erneut piepte. Dieses Mal zog Faith es aus ihrer Hosentasche und las die SMS.

Gehen Sie an Ihr verdammtes Telefon. CA

Faith zuckte innerlich zusammen. Er rief sie schon den ganzen Morgen über an. Sie wusste, worum es ging – was genau der Grund dafür war, warum sie auf keinen seiner Anrufe reagiert hatte. Aber jetzt war er verärgert, und sie konnte ihn nicht weiter ignorieren.

„Tut mir leid, Bets, ich muss mich hier eben um etwas kümmern.“ Faith seufzte und starrte ihr Handy an.

Cash Anderson.

Der Kern in ihrem Kirschkuchen. Die Laufmasche in ihrer Strumpfhose.

Der Mann, der sie nervte, stresste und mehr verwirrte als jeder andere.

Der anrief, um sie zu feuern. Er hatte seinen Job erst vor vier Wochen übernommen, es in der Zeit aber schon geschafft, die Produzenten zu enttäuschen, die Werbeabteilung zu nerven und die gesamte Redaktion mit seinen ständigen Änderungswünschen in den Wahnsinn zu treiben. Und jetzt hatte er sie und ihre Fernsehsendung Sexy Sydney auf dem Kieker. Eine Sendung, die sie in den letzten zwei Jahren langsam aufgebaut und die ihr den Ruf einer ehrlichen, zum Nachdenken anregenden Journalistin eingebracht hatte. Eine Sendung, die er jetzt einstellen wollte.

Faith atmete durch die Nase ein und durch den Mund aus. Sie musste ganz ruhig werden. Wie sagte ihr Yogalehrer immer: Sei eine Biene. Also hielt sie sich die Ohren zu, schloss die Augen und summte – genau wie Sri Sri Ravi es ihr beigebracht hatte.

„Hmmm …“, machte sie.

Sie würde ihren Job verlieren. Da sie keine Ersparnisse hatte, würde sie aus ihrer Wohnung ausziehen müssen. Nur wohin? Als sie nach Australien gezogen war, um sich ihren Traum zu erfüllen, hatte sie die meisten ihrer Freunde in England zurückgelassen. Hier hatte sie erst wenige Freundschaften geknüpft – sie hatte ihre ganze Zeit ihrer Arbeit gewidmet.

„Hmmm …“

Sie würde wieder nach Hause ziehen müssen. Zu ihrer verärgerten Mutter und ihrem enttäuschten Vater und den faulenzenden Brüdern, die sie unaufhörlich wegen ihres Jobs aufziehen würden.

„Hmmm …“

Dann würde sie anfangen, zu viel zu trinken. Und zu rauchen. Und herrenlose Katzen bei sich aufzunehmen. Da sie allergisch gegen Katzen war, würde sie vermutlich den ganzen Tag niesen und schniefen und wegen des Zigarettenrauchs und der Katzen nicht mehr atmen können und den Löffel abgeben. Ihr Tod würde lange unentdeckt bleiben, bis ihren Eltern irgendwann der seltsame Geruch auffiel, der aus ihrem Zimmer kam.

„Hmmm … verdammt … hmmmm …!“

Dann wäre sie tot und der verdammte Cash Anderson endlich glücklich.

Sie nahm die Hände von den Ohren. Es hatte keinen Zweck, dem länger auszuweichen. Mit angehaltenem Atem wählte sie Cashs Nummer.

„Das wurde auch langsam Zeit. Wo waren Sie? Und wo sind Sie jetzt?“, dröhnte seine Stimme durchs Telefon.

„Ich führe ein Interview mit Betty Boom-Boom. Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich den ganzen Tag unterwegs sein werde.“

„Vergessen Sie Betty Boom-Boom. Ich brauche Sie hier.“ Die Härchen in Faith’ Nacken stellten sich auf. Sein Ton war schroff und fordernd. Er erinnerte sie an den Direktor ihres Internats. Unnachgiebig. Hart. Ein Mann, der keinerlei Verständnis für seine Mitmenschen aufbrachte und ihr, dem einsamen, verlorenen Mädchen damals geraten hatte, sich „ein dickeres Fell zuzulegen“. Und das hatte sie – weshalb sie sich von Cash nicht herumschubsen lassen würde.

„Ich kann wirklich nicht. Ich muss noch die Fotos machen …“

„Faith. Ich erwarte Sie in zwanzig Minuten in meinem Büro.“ Er legte auf. Zwanzig Minuten. Bei einer Fahrtstrecke von fünfundvierzig Minuten. Sie schloss die Augen, atmete noch einmal tief durch und fragte sich nicht zum ersten Mal, worauf zum Teufel sie sich da nur eingelassen hatte. Noch vor wenigen Jahren hatte sie ihre Zukunft so klar vor sich gesehen. Die Welt bereisen und Auszeichnungen als Journalistin einheimsen. Davon träumte sie, seitdem sie sieben gewesen und aufgrund ihres starken Akzents, ihrer ungebändigten Haare und ihres auffälligen Verhaltens an der neuen Schule oft ausgelacht worden war. Sie hatte gelernt, sich unsichtbar zu machen und sich einen Panzer zuzulegen, der sie auch heute noch schützte. Sexy Sydney war ihr Baby. Sie hatte das Konzept für die Sendung zu ihrer Zeit in Newcastle beim Fernsehen erarbeitet, doch dort hatte man sie dafür nur ausgelacht. Das war jetzt zwei Jahre her und seitdem hatte sich einiges verändert. Ihre Träume waren wahr geworden – und nun wollte Cash Anderson ihr das alles wieder wegnehmen.

„Es tut mir leid, aber ich muss los, Bets.“

Das Blut rauschte wie ein Wasserfall in Faith’ Ohren. Cash ließ kurz seine weißen Zähne aufblitzen. Er hatte ein Lächeln, das sein Gesicht erhellte und kleine Fältchen um seine Augen zauberte, was ihn jünger und sogar ein wenig sexy aussehen ließ, und ein dummes Herz dazu verleiten könnte, ihm zu vertrauen. Was man aber nicht durfte. Vor allem nicht, wenn sich auch der Chef von Apex TV im Raum befand.

„Faith, Ihre Sendung ist sehr beliebt, das weiß ich. Aber ich würde gerne ein paar andere Sachen ausprobieren“, erklärte ihr Cash mit einschmeichelnder Stimme und sah sie an.

Sie schaute ihm in die Augen und reckte das Kinn.

„Zum Beispiel was?“, fragte Gordon Grant, der Chef des Senders, ein zu braun gebrannter Amerikaner Mitte sechzig.

„Zum Beispiel Sport. Ich möchte eine neue Sendung einführen, die sich mit australischen Sportlerlegenden befasst.“

Faith stöhnte laut auf.

„Sie stimmen dem nicht zu, Miss Harris?“ Gordon lächelte, und das Weiß seiner Zähne blendete sie für einen Moment. Sein Blick glitt über ihr Gesicht an ihrem Hals entlang und landete direkt da, wo ihr Blusenknopf immer wieder aufging. Sie legte ihre Hand darauf und straffte die Schultern.

„Richtig, das tue ich nicht.“ Sie warf Cash einen Blick zu. Er runzelte die Stirn. „Ich finde, es gibt schon genügend Sportsendungen im Fernsehen.“

„Aber die Australier lieben Sport. Das ist Teil unserer Kultur“, warf Matty Harbinger, der Sportreporter, ein. „Cricket, Tennis, Fußball … Wir kriegen davon einfach nicht genug.“

„Wovon die Australier nicht genug kriegen können, ist Sex, Matty. Studien zeigen, dass Australier interessierter an Sex sind als alle anderen Länder, aber dennoch hinter den meisten zurückliegen, was die sexuelle Befriedigung angeht.“ Wieder schaute sie zu Cash, der versuchte, sie mit seinem Blick zu erdolchen.

Die Art, wie er da stand und sie ansah, brachte ihr Blut zum Kochen. Er sah wirklich gut aus. Groß und breitschultrig, ganz der ehemalige Rugbyspieler. Die Muskeln, die sich unter seinem Hemd abzeichneten, zeigten, dass er immer noch trainierte. Er war hochgewachsen und schlank und einfach perfekt. Abgesehen von seinem linken Auge, in dem sich ein winziger grüner Fleck in die ansonsten braune Iris gestohlen hatte. Das hier war jedoch nicht der richtige Augenblick, um an so etwas zu denken. Immerhin stand ihre Karriere auf dem Spiel und jeder im Raum schaute sie an, als wäre ihr eine zweite Nase gewachsen.

„Die australische Öffentlichkeit braucht meine Show“, schloss sie mit höherer Stimme als gewollt. Sie räusperte sich und ließ ihren Blick zu Gordon schweifen, der sie anlächelte – oder eher angaffte, um genau zu sein.

„Wirklich?“ Er drehte sich zur Seite und schaute Cash an. „Nun, Anderson, Miss Harris sollte es wohl wissen. Sie ist immerhin unsere Sexpertin.“ Er lachte über seinen eigenen Witz. Genau wie Matty und die anderen Kollegen im Raum. Faith wusste, was man über sie dachte. Die übersexualisierte Journalistin, die über Fetische, Orgien und polyamouröse Ehen berichtete. Sie kannte alle Spitznamen, die man ihr gab. Aber das machte ihr nichts aus. Sie war eine gute Reporterin. Eine Frau, die keine Angst davor hatte, über Sex und Beziehungen und Liebe zu reden. Und sie schämte sich nicht für das, was sie tat. Sie war es allerdings leid, sich in jedem Meeting verteidigen zu müssen. Der Stuhl schrammte über den Holzfußboden, als sie aufstand.

„Die Australier möchten etwas über Sex und Liebe und Beziehungen erfahren. Sie wollen wissen, wie sie ihre Ehen retten können. Sie möchten wissen, dass sie keine Freaks sind und ihre Sexualität erforschen können, ohne das Gefühl zu haben, etwas Falsches zu tun. Und sie sind es leid, erwachsenen Männern dabei zuzusehen, wie sie mit ihren Bällen spielen.“

Ein unangenehmes Schweigen senkte sich über den Raum. Alle Augen waren auf sie gerichtet. Felicity – die Produzentin der Frühstückssendung – lachte und hielt sich schnell die Hand vor den Mund. Faith atmete schwer. Ihre Brüste hoben und senkten sich unter ihrer Bluse. Cash schaute sie einfach nur an, die Stirn immer noch gerunzelt, die Miene unlesbar. Dann fühlte sie den Luftzug, als der nächste Knopf an ihrer Bluse aufsprang und allen Anwesenden den Blick auf ihren BH freigab.

„Verdammt noch mal!“, rief sie, bevor sie ihre Bluse zusammenraffte, sich noch einmal umschaute und dann aus dem Konferenzraum floh.

Als er auf ihren Tisch zukam, war Faith gerade dabei, ihren Kaffeebecher in eine Kiste zu packen. Er erkannte den Becher. Er war mit roten Kussmündern bedeckt und normalerweise mit schwarzem Tee gefüllt. Tee, der immer kalt wurde, bevor sie ihn austrank.

„Was tun Sie da, Faith?“

„Wonach sieht es denn aus? Ich packe.“

Er entschied sich, anzubeißen. Faith stimmte nie mit ihm überein und widersprach ihm, wo sie nur konnte. Das sollte ihn eigentlich stören, tat es aber nicht. Von all den Mitarbeitern, die er in den letzten Wochen kennengelernt hatte, war Faith diejenige, die ihn am meisten interessierte. Sie war klug und nahm kein Blatt vor den Mund.

„Warum?“

„Weil ich gehe. Sie wollen mich ja offensichtlich nicht mehr haben. Sie verstehen nicht, was ich hier tue, und deshalb suche ich mir einen Sender, in dem man meine Arbeit zu schätzen weiß.“ Ihre Augen glitzerten verdächtig. Faith war eine Frau, die ihre Gefühle wie ein Paar sehr hohe High Heels trug. Sie stolperte auf ihnen herum. Fiel ab und zu hin. Stand sich selbst im Weg. Was einer der Gründe war, warum er ihre Sendung einstellen wollte. Sie hatte ihren Biss verloren und war zu sehr in ihre Themen involviert.

„Ich schätze Sie, Faith.“

„Nein, tun Sie nicht. Sie halten das, was ich tue, für sinnlos und dumm. Weshalb Sie mich durch Sport ersetzen wollen.“

Sein Blick flackerte zu ihrer Bluse. Sie hatte eine Stecknadel gefunden, um sie zu schließen, trotzdem sah er den Ansatz ihrer Brüste. Er erinnerte sich an die Schleifen auf ihrem BH und musste schwer schlucken. Sie passte zu dem Namen ihrer Sendung: Sexy Sydney. Aber sie würde auch zu etwas anderem passen. Dem Wetter vielleicht.

„Ich will nicht, dass Sie gehen, Faith. Wir finden etwas anderes für Sie. Sie sind eine gute Reporterin.“

„Und was? Soll ich etwa demnächst als Wetterfee arbeiten? Mir die Haare blond färben und albern kichern, während ich auf einen von Westen kommenden Wind zeige, der mir den Rock hoch bläst?“

Cash unterdrückte ein Lachen. Faith war lustig. Und schlagfertig und klug. Er fragte sich, warum sie sich nicht weiterentwickeln wollte. Warum hielt sie so an einer Sendung fest, die nicht mehr funktionierte? Und an einem Thema, das niemanden interessierte? Denn jeder wusste doch, dass es Liebe nicht wirklich gab. Alle außer Faith, die glaubte, ein paar Handschellen im Schlafzimmer würden einen Unterschied machen.

„Ich bin sicher, dass wir etwas anderes finden, was Sie gerne machen würden.“

„Was ich gerne mache, ist Sexy Sydney. Ich habe Fans. Menschen lieben meine Reportagen.“ Sie war engagiert, das musste er ihr lassen. Und manchmal war ihre Sendung – auch das musste er zugeben – schlicht brillant. Aber in letzter Zeit war ihr die Leichtigkeit abhanden gekommen. Sie hatte letzte Woche sogar vor laufender Kamera geweint, als sie eine Sexarbeiterin interviewt hatte. Sie war einfach zu emotional. Gut, ihrer Facebookseite nach zu urteilen hatte sie wirklich eine große Fangemeinde. Sie schien die meisten Menschen irgendwie in ihren Bann zu ziehen. Aber er gehörte nicht zu diesen.

„Es ist nur Sex, Faith.“

Wenn Blicke töten könnten … Er erkannte, dass ihre Augen gar nicht braun waren, wie er gedacht hatte. Sie waren von einem tiefen Dunkelblau. Eine ungewöhnliche Farbe, die ihn an das Meer bei Nacht vor den Fenstern seines Apartments erinnerte, wenn der Wind blies und die Wellen gegen die Klippen brandeten.

„Es gibt nicht einfach ‚nur Sex‘, Cash.“

Ihre entschlossene Miene entlockte ihm ein Lächeln. Er hatte auch mal gedacht, dass Sex mehr sei als nur Sex. Doch inzwischen wusste er es besser. Schnell schob er diese Gedanken beiseite. Er wollte nicht mal daran denken, was Sex noch sein könnte.

„Sex ist Sex. Die körperliche Vereinigung von zwei Menschen, die scharf sind und sich zufällig am gleichen Ort befinden.“

Ihre Lippen verzogen sich zu einem O. Rosige, volle Lippen. Er biss sich auf die Unterlippe und trat von einem Fuß auf den anderen. Ihre milchige Haut bekam immer diesen entzückenden rosafarbenen Schimmer, wenn er sie neckte. Aber noch nie zuvor war ihm aufgefallen, was für volle Lippen sie hatte.

„Das glauben Sie wirklich, oder? Dass Sex nur Sex ist?“

„Ja. Das glaube ich wirklich.“ Denn Liebe existierte nicht. Nur Lust und gegenseitige Anziehung. Diese Einstellung hatte ihm in den letzten neun Jahren gute Dienste geleistet. „Es ist an der Zeit, dass Sie loslassen, Faith. Entwickeln Sie sich weiter. Man kann nie wissen – bestimmt finden Sie etwas, worin Sie richtig gut sind. Die Nachrichten vielleicht.“

„Ich bin gut im Sex!“ Ihre Stimme hallte genau in dem Moment durch das Büro, in dem alle ihre Telefonate beendet hatten und Totenstille herrschte. Mit weit aufgerissenen Augen und tiefroten Wangen erstarrte sie, als ein paar der Kollegen anfingen zu lachen.

Sie würden lernen müssen, härter zu werden, wenn sie in diesem Geschäft Erfolg haben wollte. Er hatte auch Zurückweisungen erfahren, war täglich lächerlich gemacht und zensiert worden. Er wollte nicht, dass sie aufgab. In diesem Sender wimmelte es nur so vor Idioten. Deshalb steckte er ja auch in solchen Schwierigkeiten. Und darum hatte man Cash gerufen. Faith war eine der wenigen, die er behalten wollte. Doch dazu musste sie lernen, für sich einzustehen.

Cash beugte sich so weit vor, dass seine Lippen sich gefährlich nah an ihrem Ohr befanden. Ihr köstlicher Duft stieg ihm in die Nase. Berauschend. Sexy. Mit der tiefen, rauen Stimme, die er immer nutzte, wenn er verärgert war, sagte er: „Als Ihr Sendeleiter muss ich darauf bestehen, dass Sie mir diese Aussage beweisen.“ Aber er war nicht verärgert. Er war … etwas anderes.

Faith’ Herz schlug heftig in ihrer Brust. Sie war es nicht gewohnt, einem anderen Menschen so nah zu sein. Schon gar nicht einem Mann. Was vermutlich der Grund dafür war, dass ihr Herz so pochte und sich kleine Schweißperlen auf ihrer Stirn bildeten. Er würde es herausfinden. Wenn er zu tief grub, würde er ihr Geheimnis entdecken.

„Das ist sexuelle Belästigung, Mr Anderson.“

Cash erstarrte. Schaute sie an. Das Lächeln auf seinem Gesicht war verschwunden. Er zog sich ein Stück zurück. Sie spürte die Kälte seines Blickes, als er ihn über ihr Gesicht gleiten ließ.

„Wenn ich Sie sexuell belästigen wollte, Harris, würde ich es richtig tun. Auf meinem Tisch. Während Sie meinen Namen schreien.“

Die Kälte in seinen Augen half nicht, Faith’ Herzschlag zu beruhigen. Er war immer noch zu nah. Und nun schlug er auch noch etwas vor, was sie schon viel zu lange nicht mehr gemacht hatte – schon gar nicht mit einem gut aussehenden Mann.

Faith versuchte die Bilder loszuwerden, die ungewollt vor ihrem inneren Auge aufstiegen.

„Wenn Sie auch nur den Hauch einer Ahnung hätten, was ich tagtäglich tue, Cash, würden Sie erkennen, dass ich sehr wertvolle Arbeit leiste.“ Sie reckte ihr Kinn.

„Okay.“ Endlich trat er einen Schritt zurück.

„Was?“ Verwirrt versuchte sie, ihm in die Augen zu schauen, doch er hatte den Blick gesenkt und fing an, die Manschetten seines Hemdes aufzuknöpfen. Dann rollte er die Ärmel auf und enthüllte muskulöse, braun gebrannte Unterarme, von denen sie den Blick nur schwer losreißen konnte.

„Okay. Zeigen Sie mir, inwiefern Ihre Arbeit relevant ist. Beweisen Sie mir, dass Sex nicht nur Sex ist, und Ihre Sendung wird nicht eingestellt.“

„Ich soll es Ihnen beweisen?“

„Ja. Zeigen Sie mir Sexy Sydney. Überzeugen Sie mich.“

Ihn überzeugen? Einen Mann, der glaubte, Sex wäre nur Sex? Einen Mann, der seit seiner Ankunft in Australien vor vier Wochen mit über zwanzig prominenten Frauen in Verbindung gebracht worden war? Das war unmöglich. Aber auch ihre einzige Chance, die Sendung zu behalten. Also griff sie zu.

„Gut. Morgen früh um sechs hole ich Sie ab.“

„Wunderbar. Dann habe ich vorher noch ausreichend Zeit, eine Runde zu surfen.“ Er lächelte, und zum ersten Mal verlockte sie sein Lächeln nicht dazu, ihm zu vertrauen. Im Gegenteil. Er sah aus wie der weiße Hai: blitzende Zähne, die nur darauf warteten, sich in ihr Fleisch zu graben. Das hier würde ein Kampf auf Leben und Tod werden. Die einzige Möglichkeit, ihre Sendung und damit ihren Traum am Leben zu erhalten war, diesen Kampf zu gewinnen. Und dafür würde sie bis zum Äußersten gehen.

2. KAPITEL

Um sechs Uhr am Morgen sah Sydney anders aus. Ruhiger. Als Faith vor zwei Jahren hierhergezogen war, hatte die Stadt fremd und seltsam auf sie gewirkt. Alles war so hell und sonnig und strahlend. Die Menschen lächelten zu viel. Die Australier, das hatte sie schnell erkannt, arbeiteten, um zu leben – und nicht umgekehrt. Daran hatte sie sich erst einmal gewöhnen müssen. Manchmal irritierte es sie immer noch. Doch als die Sonnenstrahlen von den Wellen auf die Fähren abstrahlten, die durch den Hafen fuhren, musste sie zugeben, dass Sydney ihr langsam ans Herz wuchs.

Was sie am meisten liebte, war, dass man hier alles erreichen konnte. In dieser Stadt war nichts tabu. Das war so anders als das Leben in dem kleinen Dorf auf dem Land, in dem sie aufgewachsen war, und definitiv weit entfernt von dem steifen Internat, auf dem sie zehn lange Jahre verbracht hatte. Hier schien sie mit ihren verrückten Ideen wesentlich besser hinzupassen.

Faith hielt den Wagen an. Da sie keinen freien Parkplatz sah, parkte sie in zweiter Reihe, stieg aus und schrieb eine SMS an Cash.

Ich bin da.

Sie sah nur die Rückseite des Gebäudes, in dem sich sein Apartment befand, das ganz oben lag. Wo sollte ein Mann wie Cash Anderson auch sonst wohnen? Er verbrachte vermutlich sein ganzes Leben damit, auf Leute wie sie herabzuschauen – Leute mit nur einem Hauch von Talent aber einer Menge Entschlossenheit. Langsam war sie es leid, sich den Launen von Menschen wie ihm beugen zu müssen.

Seitdem sie in Sydney war, hatte sie endlich angefangen, sich anders zu fühlen. Nicht mehr wie die Verliererin, über die alle lachten. Sie war schon immer eine Außenseiterin gewesen. Zu Hause, in der Schule, in allen Jobs, die sie nach ihrem Collegeabschluss vor vier Jahren angenommen hatte. Doch hier, an diesem seltsamen Ort, hatte ihre Faszination mit Liebe, Beziehungen und Sex ein Zuhause gefunden. In Australien hatte sie Fans – echte Fans. Sie erhielt Briefe von Frauen, die sich dafür bedankten, dass sie ihnen gezeigt hatte, wie sie neuen Schwung in ihre Ehe bringen konnten. Von jungen Mädchen, die erklärten, sie wäre der Grund, warum sie endlich anfingen, sich und ihren Körper zu respektieren. Und von Männern, die so froh waren, dass sie nun wussten, wie sie ihren Freundinnen Vergnügen bereiten konnten. Echte Menschen mit echten Problemen.

Sie half den Menschen. Was mit ein Grund war, warum ihr die Sendung so wichtig war. Sexy Sydney musste ein Erfolg werden. Sie musste dafür sorgen, dass sie auf Sendung blieb. Denn mit der Show war sie jemand – ohne hingegen würde sie wieder im Meer der Unbekannten versinken.

Ihr Handy piepte.

Was tragen Sie?

Was sie trug? Faith’ Wangen wurden heiß. Vielleicht verwechselte er sie und glaubte, sie wäre eine aus seinem Harem; eine der zwanzig Frauen, mit denen er offensichtlich in letzter Zeit im Bett gewesen war. Ausschließlich für Sex, wie er immer betonte. Sie entschied, ihn ein wenig zu veräppeln.

Es ist schwarz und heiß und mit lauter Lederbändern versehen.

Sie konnte ein triumphierendes Lächeln nicht unterdrücken. Er würde schön enttäuscht sein, wenn er herunterkam und sah, dass sie hier nur in Jeans und T-Shirt wartete.

Ihr Auto ist mit Lederbändern versehen? Sind Sie Batman oder was?

Faith runzelte die Stirn. Was? Ihr Handy klingelte, und sie ging ran.

„Ich habe gefragt, was Sie fahren. Den gelben Käfer oder die rote Klapperkiste.“

„Die rote Klapperkiste. Ich dachte, Sie hätten gefragt, was ich trage …“

Wie immer, wenn es um Cash ging, färbten sich ihre Wangen tiefrot. In letzter Zeit hatte sie sich immer öfter dabei ertappt, ihn beeindrucken zu wollen, um ihren Job zu behalten – doch je mehr sie das versuchte, desto öfter machte sie sich vor ihm lächerlich.

„Sie tragen etwas heißes Schwarzes aus Leder? Na, wer macht sich jetzt der sexuellen Belästigung schuldig?“ Sie hörte sein Lachen und sah ihn auf sich zukommen. Sein dunkles Haar war an den Seiten kurz und oben etwas länger und schimmerte in der Sonne. Der Wind drückte ihm sein weißes Hemd an die Brust, was die Muskeln darunter betonte. Er wirkte heute etwas lässiger. Das Hemd steckte nicht in der Hose, er sah entspannt aus und ein kleines bisschen sexy.

Faith biss sich auf die Unterlippe. Sie wollte ihn nicht sexy finden. Weil er ihr Boss war. Weil er ihre Träume zerstören wollte. Und weil sie seit zu vielen Jahren keinen Sex mehr gehabt hatte und so verzweifelt war, dass sie an manchen Tagen kurz davor war, sich dem nächstbesten Mann an den Hals zu werfen.

Sex war etwas, worüber Faith berichtete, aber nichts, was sie regelmäßig praktizierte. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal mit jemandem intim gewesen war. Wobei, doch, das konnte sie. Aber daran wollte sie jetzt nicht denken.

„Das ist weder Leder noch schwarz“, schalt er sie und ließ seinen Blick von ihrem Kopf zu ihren Zehen wandern. Ihr wurde ganz heiß.

„Ich dachte, Sie hätten die SMS jemand anderem schicken wollen.“

„Warum sollte ich eine SMS, die für jemand anderen bestimmt ist, an Ihre Nummer schicken?“ Er lachte leise, bevor er die Beifahrertür öffnete. „Steigen Sie ein, Harris. Wir haben zu arbeiten.“

Peinlich berührt setzte sie sich hinters Lenkrad. So hatte der Tag nicht anfangen sollen. Sie hatte einen Plan. Einen Plan, ihm zu zeigen, dass ihre Arbeit wichtig war und es bei Sex um mehr ging als nur um Sex. Doch um das zu tun, musste sie professionell wirken und durfte sich nicht von ihm aus der Ruhe bringen lassen.

„Sie sehen nett aus.“ Sein Blick fing ihren auf, bevor er aus dem Fenster schaute. Sie hob die Augenbrauen und startete den Motor ihrer „Klapperkiste“, wie er das Auto genannt hatte. Den Wagen hatte sie sich kurz nach ihrer Ankunft in Sydney gekauft, als sie feststellte, dass in Australien jeder ein Auto zu haben schien.

„Was meinen Sie mit nett?“

„Nett. Angenehm. Bezaubernd.“ Sie spürte seinen Blick auf sich. „Brauchen Sie ein Wörterbuch?“

„Was stimmt nicht mit meinen Klamotten?“

Cash seufzte. „Nichts. Ich sagte doch, Sie sehen nett aus. Warum sind Sie mir gegenüber immer so defensiv, Harris? Warum gehen Sie gegen alles an, was ich sage?“

„Das tue ich doch gar nicht.“

„Und Sie tun es schon wieder.“

Wirklich? Das war ihr gar nicht aufgefallen. Es lag bestimmt nur daran, dass normalerweise alles, was er sagte, falsch war.

„Als Sie sagten, ich sähe nett aus, dachte ich, Sie meinten … etwas anderes.“

„Was hätte ich denn anderes meinen sollen?“

„Nun ja, als Sie fragten, was ich trage, meinten Sie eigentlich, was ich fahre.“

„Das war ein Fehler der Autokorrektur auf meinem Handy. Sie stellen sich mit Absicht schwierig an.“

Sie stellte sich nicht schwierig an. Sie versuchte, professionell zu sein. Durchatmen, beruhigen und noch mal von vorne anfangen, sagte sie sich.

„Es tut mir leid, Cash. Ich hatte nur nicht erwartet, dass Sie etwas … Nettes sagen würden.“

„Warum nicht?“

„Weil Sie nie etwas Nettes sagen.“

Cash wurde still, und Faith fluchte innerlich. Ihn zu beleidigen war kein guter Anfang. Wieso fiel ihr das alles nur so schwer? Sie erinnerte sich an eine Reportage, die sie vor ein paar Wochen gemacht hatte, und in der es darum ging, wie man seine Wünsche im Schlafzimmer erfüllt bekam. Sprich leise. Sei ehrlich. Sieh deinem Partner in die Augen und frage ihn nach seinen Fantasien. Wenn das für Sex funktionierte, könnte es auch in dieser Situation funktionieren. Faith räusperte sich.

„Cash, mich würde interessieren, was Sie wollen. Wie kann ich Ihnen helfen, meine Arbeit zu verstehen?“

Sie merkte, dass er sie anschaute, und umfasste das Lenkrad fester. Er hatte sie schon öfter so eindringlich angesehen. Als wenn er versuchte, ihre Gedanken zu lesen. Dieser Blick brachte sie immer aus dem Gleichgewicht, doch solange sie ihn nicht erwiderte, war sie sicher.

„Was ich will?“

„Ja. Ich möchte wissen, was ich tun kann, um Ihren Eindruck zu widerlegen, dass meine Arbeit keinen Wert hat.“

„Keinen Wert?“

Er hielt inne, und Faith spürte, wie ihr ein Schweißtropfen vom Nacken den Rücken hinunterlief. Ihr Auto, das wie alle australischen Wagen einen Spitznamen hatte, wenn auch keinen sonderlich originellen – sie nannte es einfach Red –, hatte keine Klimaanlage und draußen herrschten bereits knapp vierzig Grad.

„Ich habe nie gesagt, dass Ihre Sendung keinen Wert hat. Einige der Geschichten, über die Sie berichten, müssen definitiv erzählt werden. Ihr Problem ist, Sie lassen sich zu sehr darauf ein. Sie wollen, dass alle glauben, was Sie glauben – nämlich, dass Liebe die Antwort auf alles ist.“

„Das stimmt nicht.“

„Doch, tut es. Sie sind emotional zu engagiert. Journalisten müssen eine gewisse Distanz zwischen sich und dem Thema, über das sie berichten, wahren. Nur so kann Objektivität entstehen.“

Autor

Jennifer Rae
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