Heute will ich alles

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Die junge Lehrerin Caitlin Delany hat ihrem überbehütenden Elternhaus den Rücken gekehrt und ist in die texanische Kleinstadt Tumbleweed gezogen. Sie fühlt sich so frei wie noch nie zuvor - mutig geht sie mit einer Freundin in eine Cowboy-Bar. Als sie dort den Rancher Jim Haller kennen lernt, spürt sie sofort, dass er derjenige sein soll, der sie zum ersten Mal liebt. Eng aneinander geschmiegt tanzen sie stundenlang - erregt spürt Caitlin jeden Zentimeter seines durchtrainierten Körpers. Jims leidenschaftliche Küsse zeigen ihr, dass auch er sie will. Für Caitlin gibt es kein Halten mehr - schon heute soll Jim ihr zeigen, wie schön die Leidenschaft sein kann. Spontan fragt sie ihn, ob er diese Nacht bei ihr bleiben wird...


  • Erscheinungstag 01.09.2013
  • Bandnummer 1087
  • ISBN / Artikelnummer 9783864947780
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Image

1. KAPITEL

Caitlin Delany ging mutig auf die Tür der Oase zu. Grelles Neonlicht erhellte den überfüllten Parkplatz, auf dem überwiegend Kleintransporter und kaum Pkws standen.

Laute Countrymusik drang hinaus in die Nacht. Caitlin holte tief Luft und lächelte. In ihre Aufregung mischte sich auch ein kleines bisschen Angst. Doch sie warf den Kopf zurück und griff nach der Türklinke. Schüchternheit war an einem Freitagabend in einer Country- und Western-Bar in Tumbleweed in Texas nicht angebracht. Sie hatte sich entschlossen, ihr Leben zu verändern.

Sei mutig, ermahnte sie sich wieder, als sie die Tür aufstieß.

“Bist du dir wirklich sicher?”, fragte Joan hinter ihr.

Caitlin schaute über die Schulter zu ihrer Freundin. “Natürlich! Lass uns hineingehen.” Die Musik, die durch die offene Tür drang, übertönte fast ihre Stimme.

Sie ignorierte Joans skeptischen Blick. Joan hatte schon sehr viel für sie getan, mehr als sie hätte erwarten dürfen. Sie hoffte nur, dass ihre Freundin es nie bereuen würde.

Caitlin rauschte in die Bar, als hätte sie es schon ihr Leben lang getan, dabei war es das erste Mal. Das laute Hämmern der Musik, die vielen Gesichter und die verräucherte Luft überwältigten sie fast und verschlugen ihr den Atem. Ganz offensichtlich kümmerte man sich in den texanischen Bars nicht um das Rauchverbot. Eine Sekunde lang zögerte sie. Was tat sie hier? Sie konnte es sich nicht leisten, krank zu werden. Am Montag trat sie ihren neuen Job an.

Vorsichtig holte sie Luft und stellte erleichtert fest, dass nichts geschah. Ihr Arzt hatte recht gehabt - sie war so gesund wie ein Pferd.

Sie musste über den Vergleich lächeln. Ich habe mich schon eingewöhnt, dachte sie stolz. Obwohl sie erst seit knapp einer Woche hier mitten auf dem Lande lebte, wusste sie, dass sich für die Farmer in Tumbleweed nur alles um Pferde, Rinder und Heu drehte.

“Dort ist ein freier Tisch!”, rief Joan und bahnte sich bereits einen Weg durch die Menge, wobei sie immer wieder Freunde begrüßte. Caitlin folgte ihr, so schnell es ihre neuen Cowboystiefel und die enge Jeans erlaubten. Sie bemerkte die vielen fragenden Blicke und lächelte. Wer von diesen Fremden hier würde wohl ihr Freund werden? Und was würden sie gemeinsam haben? Die meisten von ihnen trugen Jeans, so wie sie. Aber deren abgewetzte Cowboystiefel bezeugten, dass ihre Beschäftigung drastisch von ihrer eigenen abwich. Sie wusste praktisch nichts über das Leben auf einer Farm. Und dies hier war eine Kleinstadt. Wie schnell würden sie eine Außenstehende akzeptieren?

Bisher kannte sie erst drei Leute aus dem Ort - Joan, Mr. Swanson, den Leiter der Grundschule, an der sie unterrichten würde, und den Vermieter ihrer Wohnung. Es war an der Zeit, neue Menschen kennenzulernen. Sich zwischen den Tischen hindurchschlängelnd, erreichte Caitlin schließlich den freien Platz neben Joan.

“Möchtest du ein Bier?”, fragte Joan mit erhobener Stimme.

Caitlin nickte und schaute sich fasziniert um. Die Musik schien immer lauter zu werden und machte ein Gespräch völlig unmöglich. Am anderen Ende des Saals standen zwei Billardtische, die von Männern umlagert waren. Durften Frauen hier nicht spielen?

Das Stampfen auf der Tanzfläche erregte ihre Aufmerksamkeit, und während sie den Tänzern zuschaute, spürte sie, wie die Aufregung sie wieder ergriff. Sie war hier in Tumbleweed, meilenweit weg von ihren lügenden und erdrückenden Eltern, und ohne die Beschränkungen, die sie ihr ganzes Leben lang ertragen musste, kam sie sich vor wie auf einem anderen Stern. Die Männer und Frauen, die die Tanzfläche bevölkerten, sonnengebräunt und kerngesund, erschienen ihr so fremd. Sie sog die Atmosphäre förmlich in sich auf und schwor sich noch einmal, dass sie ihr Leben ändern würde. Jeder neue Eindruck bestärkte sie nur in ihrem Entschluss. Sie hatte so viel nachzuholen!

Sie ließ noch einmal den Blick durch den Saal schweifen, um ihn dann wieder auf die Tänzer zu richten. Stampfend und die Hüften schwingend, drehten sich die Paare zur Musik, während ihnen der Spaß an der ganzen Sache ins Gesicht geschrieben stand.

Caitlin verspürte Neid. Sie hatte nicht die leiseste Ahnung, wie man so tanzte. Wahrscheinlich war sie die Einzige in der ganzen Bar, die nicht mitmachen konnte. Einen Moment lang überkam sie wieder die Wut auf ihre Eltern, aber sie zwang sich, sich zu entspannen und das Selbstmitleid zu unterdrücken. Es war vorbei. Sie war jetzt auf sich allein gestellt, und so würde es auch bleiben.

Ihre Eltern hatten sich vehement gegen ihr Fortgehen gewehrt, doch sie war stärker, als sie erwartet hatten. Erst vor zehn Tagen hatte sie die Wahrheit erfahren, und der Preis für ihre Freiheit war ein offener Bruch gewesen. Sie hatte sofort die Koffer gepackt und ihre Eltern verlassen.

Joan war ihre Retterin gewesen. Sie waren seit dem College befreundet, wo sie beide Pädagogik studiert hatten. Wenn Caitlins überraschende Enthüllungen Joan erstaunt hatten, dann hatte sie es gut verborgen. Sofort hatte sie Caitlin von einem möglichen Job an der örtlichen Grundschule erzählt. Eine der Lehrerinnen hatte gerade ein Baby bekommen und aufgehört, und es war schwierig, Mitte Januar einen Ersatz zu finden. Caitlin hatte sich ohne zu zögern beworben.

Die Kellnerin brachte ihnen zwei Gläser Bier, und Joan prostete Caitlin zu. “Auf dein neues Leben. Genieß es, Mädchen, du hast es verdient.”

Caitlin stieß mit ihr an und trank einen Schluck. Sie bemühte sich, nicht die Nase zu rümpfen, denn der Biergeschmack gefiel ihr nicht besonders. Gewöhnte man sich daran, oder würden ihr andere alkoholische Getränke vielleicht besser schmecken? Vierundzwanzig Jahre lang war sie extrem behütet worden, was nicht gerade dazu beigetragen hatte, besonders weltgewandt zu werden. Ihre Eltern tranken fast nie, und ihrem einzigen Kind hatten sie niemals Alkohol erlaubt.

Die Musik hörte plötzlich auf, und man konnte sich wieder unterhalten. Doch bevor Caitlin Joan ihre Eindrücke mitteilen konnte, ging plötzlich ein Raunen durch den Saal. Alle wandten ihre Augen zur Tür. Caitlin drehte sich auf ihrem Stuhl herum und sah, dass zwei Cowboys hereingeschlendert kamen.

Sie waren sich äußerlich ziemlich ähnlich - beide trugen einen Stetson, ausgeblichene Jeans, Stiefel und karierte Hemden. Doch da endete auch schon die Ähnlichkeit.

Einer der Männer nahm Caitlins ganze Aufmerksamkeit in Anspruch. Er war knapp einen Meter achtzig groß, hatte breite Schultern und lange Beine. Seine Haut war tief gebräunt und sein Haar, soweit sie es unter dem Hut erkennen konnte, dunkel und verhältnismäßig lang. Eine gewisse Aggressivität ging von ihm aus, während er sich mit arrogantem Blick umsah.

Er scheint bekannt zu sein, dachte Caitlin, als sie hörte, wie mehrere Leute ihn begrüßten. Lächelnd grüßte er zurück und machte dabei ein paar Bemerkungen, die offenes Gelächter hervorriefen.

Sein Lächeln war so unverhohlen sexy und verteufelt männlich, dass es merkwürdige Gefühle in Caitlin hervorrief. Jetzt ging er durch die Menge, als wäre er es gewohnt, im Mittelpunkt des Interesses zu stehen. Ein paar Männer und Frauen betrachteten ihn argwöhnisch - unter anderem Joan. Die meisten jedoch lachten über seine spitzen Äußerungen und schienen ihn noch anzustacheln. Wer war er?

Er blieb stehen, sprach mit einem Bekannten und ließ den Blick noch einmal durch den Saal wandern. Als er plötzlich Caitlin entdeckte, schaute er ihr direkt in die Augen. Einen Moment lang starrten sie sich über die Köpfe der anderen hinweg an. Caitlin rutschte unruhig auf ihrem Stuhl hin und her. Sie wusste, dass sie eigentlich wegschauen müsste, doch sie vermochte es nicht. Ihre Haut schien zu kribbeln, und ihr stockte fast der Atem, während sie ein sehnsüchtiges Verlangen verspürte. Zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte sie sich ganz als Frau.

War diese Anziehungskraft nur einseitig, oder merkte er ebenfalls diese eigenartige Spannung zwischen ihnen?

Langsam lächelte er - verführerisch und sinnlich. Dann kam er geradewegs auf sie zu, als würde er die anderen Menschen gar nicht bemerken. Geschmeidig schlängelte er sich durch die Menge, ohne den Blick von ihr zu nehmen. Wie eine Raubkatze auf der Jagd, dachte sie mit leisem Erschauern.

Je näher er kam, desto größer erschien er ihr. Caitlin blinzelte und spürte, dass in ihrem Bauch Schmetterlinge zu tanzen anfingen und ihr Herz heftig klopfte. Schließlich stand er vor ihr, und sie holte tief Luft. Trotz des Rauches konnte sie seinen Duft wahrnehmen - ein unbekannter und doch vertrauter Duft nach Leder, Heu und Mann. Erneut blinzelte sie und kam sich vor wie ein schüchterner Teenager.

“Möchten Sie tanzen?” Die Stimme war tief und heiser und erweckte sofort Gedanken an schwarzen Samt, dunkle Nächte und zerwühlte Laken.

“Verschwinde, Jim”, zischte Joan.

Caitlin drehte sich zu ihrer Freundin um, fast erstaunt, sie zu sehen. In den letzten Minuten hatte sie nur noch Augen für den Fremden gehabt, und die plötzliche Feindseligkeit im Ton ihrer Freundin überraschte sie.

“Joan!”

“Tut mir leid, Caitlin, aber dieser Typ ist nichts für dich.” Sie funkelte den Cowboy wütend an. “Er ist wild und unausstehlich und so weit von dir entfernt, dass es schon nicht mehr lustig ist.”

Sofort regte sich in Caitlin Widerstand. Sie war von zu Hause weggegangen, um Menschen zu entkommen, die Entscheidungen für sie trafen, und sie war entschlossen, sich nie wieder von irgendjemandem bevormunden zu lassen, sei es Freund oder Feind.

“Ich denke, dass ich das selbst beurteilen kann”, sagte sie trotzig.

“Dann kommen Sie, Darling.” Jim schob seine Hand unter ihren Arm und half ihr auf die Füße. “Es ist nur ein Tanz, Joan. Du brauchst dich nicht aufzuregen. Du kannst uns ja wie ein alter Wachhund beobachten”, erklärte er spöttisch.

“Ich brauche keinen Wachhund”, erwiderte Caitlin heftig. Lag es an ihrer Wut oder an seiner Berührung? Ihre Haut schien zu glühen, dort wo er sie anfasste, und ihre Knie waren seltsam weich. Sie schaute zu ihm hoch. Er überragte sie um einen halben Kopf, was für sie nichts Ungewöhnliches war. Fast jeder, den sie kannte, war größer als sie.

“Das hat auch niemand behauptet”, entgegnete Joan und warf Jim einen ärgerlichen Blick zu. “Lass sie zufrieden.” Dann wandte sie sich an Caitlin. “Hier gibt es eine Menge anderer Männer. Diesem hier würde ich nicht über den Weg trauen.”

Jim musterte auf unverschämte Weise Caitlin von Kopf bis Fuß, ehe er Joan herausfordernd anschaute. “Die Dame sieht mir aber ziemlich erwachsen aus. Ich wette, dass sie auf sich selbst aufpassen kann.” Ohne ihre Antwort abzuwarten, zog er Caitlin mit sich in Richtung Bartresen.

“Die Band wird gleich wieder anfangen zu spielen. Lassen Sie uns etwas trinken, solange wir warten. Ich habe die ganze Woche lang Vieh verfolgt und bin durstig.”

“Ich habe aber schon ein Bier”, sagte Caitlin und deutete auf ihren Tisch.

Er blieb stehen und beugte sich so nah zu ihr herunter, dass sie sich selbst in seinen blauen Augen sehen und die Hitze seines Körpers spüren konnte. “Kommen Sie schon, ich spendiere Ihnen ein neues.”

Fasziniert stellte Caitlin fest, dass sie ihm bis ans Ende der Welt folgen würde, nur um diese Stimme zu hören und sich an seinem Anblick zu weiden. Mutig reckte sie das Kinn vor und nickte. “Also gut.” In diesem Moment fühlte sie sich so frei wie nie zuvor. Noch nie hatte ein Mann ihr einen Blick geschenkt, geschweige denn einen überfüllten Saal durchquert, nur um sie zum Tanzen aufzufordern. Fast schwindelig vor Freude, kostete sie diese neuen Empfindungen aus und sah dem Abend mit Spannung entgegen. Erst zehn Minuten in einer Bar, und schon war sie aufgefordert worden!

Er lächelte sie verführerisch an. Seine Augen schienen ein inneres Licht auszustrahlen, während er sie wieder von oben bis unten musterte. Sie richtete sich zu ihrer vollen Größe auf und wünschte sich nur, sie hätte den üppigen Körper, von dem die meisten Männer träumten, statt der zierlichen Figur, die sich seit ihrem sechzehnten Lebensjahr nicht verändert hatte.

Doch sein offensichtliches Interesse brachte sie dazu, dass sie sich sexy, begehrenswert und durch und durch weiblich fühlte. So viel Selbstbewusstsein bei ihrer Tochter hätten meine Eltern bestimmt schockiert, dachte sie triumphierend.

“Sind Sie neu in der Stadt?” Seine Stimme jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Sein Mund war ihrem Gesicht so nahe, dass sie seinen Atem spürte. Caitlin nickte und versuchte sich daran zu erinnern, was sie übers Flirten gelesen hatte. Konnte sie sein Interesse aufrechterhalten? Wenigstens so lange, bis sie getanzt hätten?

“Ich bin Caitlin Delany.” Höflich hielt sie ihm die Hand hin.

“Jim Haller, Darling. Freut mich, Sie kennenzulernen.” Amüsiert nahm er ihre Hand und hielt sie fest.

Sie überlegte, ob er sie wohl wieder loslassen würde, und entschied dann, dass es ihr egal war. Das Prickeln auf ihrer Haut war angenehm, und in seinem Blick entdeckte sie noch etwas anderes als Belustigung. War es womöglich Interesse?

Jetzt ließ er ihre Hand los, aber nur, um ihre andere zu ergreifen und sie zu dem langen, polierten Tresen zu führen.

Dort drängte er sich mit ihr zwischen zwei Männer, legte ihr einen Arm um die Schultern und fragte sie dicht an ihrem Ohr:

“Ist Bier okay, Baby?”

Baby! Caitlin riss die Augen auf. Niemand hatte sie je Baby genannt. Keck lehnte sie sich ein wenig gegen diese einladend männliche Brust. Sie konnte seine Kraft, seine Muskeln spüren. An diesem Mann war kein Gramm Fett zu viel. Er war bestimmt kein Samstagabend-Cowboy aus der Stadt, sondern jemand, der hart arbeitete.

“Ja, gern.”

Jim winkte dem Barkeeper zu und hielt zwei Finger in die Höhe. Dann wandte er sich wieder an Caitlin. Die Intensität seines Blickes erschreckte sie ein bisschen. Es war, als würde er den Rest des Raumes ausblenden und sich allein auf sie konzentrieren. Nervosität befiel sie, trotzdem hielt sie mutig seinem Blick stand.

“Also, Caitlin Delany, dann erzählen Sie mal. Wie lange sind Sie schon in Tumbleweed, woher kommen Sie, und wie gut kennen Sie diese prüde Joan Parker?”

Caitlin versteifte sich sofort und rückte ein Stück von ihm weg. “Joan und ich waren zusammen auf dem College. Sie ist meine Freundin.”

Er zuckte mit den Achseln. “Regen Sie sich nicht auf. Joan mag mich nicht besonders. Sie findet mein Verhalten nicht gut. Aber Sie sehen mir so aus, als würden Sie Ihre eigenen Entscheidungen treffen, ohne auf Vorurteile zu hören.”

Caitlin nickte langsam. “Hat sie Grund dafür, Ihr Verhalten zu missbilligen?”

Lächelnd rückte er ihr wieder näher. Caitlin, die sich plötzlich fragte, wie sich wohl sein Mund auf ihrem anfühlen würde, befeuchtete sich mit der Zunge die Lippen. Er wusste bestimmt alles darüber, wie man eine Frau küsste, während sie eine absolute Anfängerin war, jedoch voll brennender Neugier.

“Nein, Sie hat keinen Grund. Bloß manchmal gehen die Pferde mit mir durch und ich verliere die Beherrschung. Joan billigt das nicht. Aber zum Teufel, die halbe Stadt tut das nicht, es ist also nichts Neues.”

Sie runzelte die Stirn. Wer war er, und was tat er wohl, wenn er so unbeherrscht sein konnte?

“Sie sind Cowboy, stimmt’s? Was für furchtbare Sachen machen Sie denn so?”

“Nichts, Darling. Ich bin ein hart arbeitender Mann, der ab und zu in die Stadt kommt, um ein bisschen Entspannung und Spaß zu suchen. Alles ganz harmlos.”

“Aha!” So naiv war sie nun auch wieder nicht. “Und nach welcher Art von Spaß suchen Sie?”

“Was sich gerade so findet”, erwiderte er und drückte sie enger an den Bartresen, indem er sich gegen sie lehnte. Sein Arm lag noch immer auf ihrer Schulter.

“Und wo arbeiten Sie, wenn ich fragen darf?” Sie holte tief Luft, um ihre aufgewühlten Gefühle wieder unter Kontrolle zu bringen. Andere machen so etwas andauernd, sagte sie sich. Es gehörte mit zum Flirten und hatte nichts zu bedeuten. Trotzdem klopfte ihr das Herz bis zum Hals.

“Auf der Lazy-H-Ranch. Ein paar Meilen nördlich der Stadt. Sind Sie schon lange in Tumbleweed?”

“Seit Mittwoch.”

“Erst seit drei Tagen? Dann müssen Sie ja in das gesellschaftliche Leben hier noch eingeführt werden, Darling. Ah, da kommt unser Bier.” Der Barkeeper stellte zwei Gläser vor ihnen auf dem Tresen ab.

Jim nahm ein Glas und prostete ihr zu. “Auf heiße Zeiten”, murmelte er und trank einen großen Schluck.

Heiße Zeiten? Vor ihren Augen tauchen Bilder auf von berauschenden Küssen, Petting im Dunkeln, zerwühlten Laken und seiner heiseren Stimme mitten in der Nacht. Sie griff nach dem anderen Glas und nippte an dem Bier, während die Fantasie mit ihr durchging. Was ihr an wirklicher Erfahrung fehlte, machte sie durch ihre Erkenntnisse aus Hunderten von Büchern wett.

Wie wäre es wohl, mit Jim Haller ins Bett zu gehen? Heißblütig und stürmisch, entschied sie. Und wahrscheinlich mit viel Spaß verbunden. Aus den respektlosen Kommentaren, die er seinen Freunden an den Kopf geworfen hatte, schloss sie, dass er nichts wirklich ernst nahm. Wohl auch die Beziehung zu einer Frau nicht.

“Trinken Sie schnell aus. Wenn die Band gleich zurückkommt, werden wir tanzen, und dabei erzähle ich Ihnen alles, was ein Cowboy aus Texas so macht.” Wieder schaute er sie belustigt an.

Er nahm sie nicht ernst. “Halten Sie mich etwa für naiv?”, fragte sie mutig. Gut, er amüsierte sich über sie, aber seine Neckerei machte auch irgendwie Spaß. Merkwürdigerweise fühlte sie sich in seiner Nähe ziemlich gelassen und weltgewandt, und wenn er seinen Arm von ihrer Schulter nähme, würde sie auch wieder klarer denken können. Noch nie war sie so festgehalten worden - lässig und gleichzeitig besitzergreifend.

“Aber ja, kleine Caitlin. Sie sehen unglaublich jung, naiv und unschuldig aus.” Er legte den Kopf ein wenig schräg. “Ist aber mal ‘ne nette Abwechslung.”

Sie blinzelte schockiert. So viel zu ihrem Gefühl der Gelassenheit und Weltgewandtheit. “Hören Sie, Cowboy, ich bluffe nur. Es ist nur eine Fassade, um die Leute in die Irre zu führen. Ich wette, Sie könnten das eine oder andere noch von mir lernen.” Das sagte sie herausfordernd, doch dann hielt sie erschrocken die Luft an. Was war bloß in sie gefahren? Ihr eigener Mut überraschte sie.

“Liebend gern würde ich etwas von Ihnen lernen. Und woran hätten Sie gedacht?”

“Kommt darauf an, was Sie noch wissen müssen, Darling.”

Jim lächelte und stellte sein fast leeres Glas auf den Tresen zurück. “Ich schätze, nicht viel. Vielleicht sollten wir eine Liste aufstellen und sehen, was mir noch fehlt.”

Caitlin suchte nach einer neuen frechen Antwort, während sie den Blick abschätzend an ihm auf und ab wandern ließ. Schließlich meinte sie achselzuckend: “Soweit ich feststellen kann, fehlt Ihnen nichts.”

Er lachte laut und herzlich, was ihr ein Lächeln entlockte.

In diesem Moment kam die Band zurück auf die kleine Bühne. Jim neigte den Kopf. “Bereit für einen Tanz?”

Ihr Lächeln schwand, als sie zur Tanzfläche schaute. “In Maryland, wo ich herkomme, tanzen wir nicht so”, versuchte sie sich herauszureden. Einerseits wollte sie nicht kneifen, andererseits hatte sie keine Lust, sich zum Gespött der Leute zu machen.

Jim nahm den Arm von ihrer Schulter und legte ihn um ihre Taille. “Kommen Sie, Darling, dann wird es höchste Zeit, dass Sie den texanischen Twostepp lernen. Ich bin nämlich auch ein großartiger Lehrer.”

Zehn Minuten später erkannte Jim, dass er weit mehr Interesse an dieser Frau hatte, als er eigentlich haben sollte. Er tanzte bereits den zweiten Tanz mit ihr. Sie war leichtfüßig, hatte ein Gefühl für Rhythmus und lernte die Schritte schnell. Außerdem gefiel ihm ihr Aussehen - das hellblonde Haar und die blauen Augen, die ihn voller Unschuld anschauten. Er schüttelte den Kopf und musste fast lachen. Ging der Witz auf seine Kosten? Hatte er wirklich ein unschuldiges, junges Ding aufgegabelt? Einen Moment lang glaubte er es fast.

Andererseits wusste er, dass die Menschen nicht immer das waren, was sie vorgaben zu sein. Vor allem Frauen waren oft doppelzüngig und hinterhältig, indem sie das eine sagten und das andere meinten. Glaubte sie wirklich, sie könnte einen unachtsamen Cowboy einfangen, wenn sie die Unschuldige spielte? Pech für sie, dass er zu clever war, um ihr ins Netz zu gehen.

“Sie wollten mir doch alles über Cowboys erzählen”, sagte Caitlin in seine Gedanken hinein, und die Art, wie sie schüchtern ihre Lider hob, nur um ihm dann direkt in die Augen zu sehen, brachte ihn ein wenig aus dem Takt. Eine Sekunde lang schien es ihm, als könnte sie durch ihn hindurchschauen - durch die Barrieren, die er errichtet hatte, bis hin zu den Gefühlen, die er so sorgsam zu verstecken suchte.

“Was möchten Sie denn wissen?”, fragte er, obwohl er viel lieber etwas über sie erfahren hätte. Er schaute kurz zu ihrer Freundin Joan hinüber, die einsam an ihrem Tisch saß, und fing ihren wütenden Blick auf. Er grinste und wirbelte Caitlin herum. Es gibt doch nichts Stimulierenderes, als jemand anderen zu ärgern, dachte er, verspürte aber dennoch einen Anflug von schlechtem Gewissen. Joan Parker hatte ihm nie etwas getan, im Gegensatz zu so manch anderem Einwohner von Tumbleweed.

“Was machen Sie denn so den ganzen Tag? Reiten und Vieh hüten? Wie sind Sie Cowboy geworden? Wollten Sie es schon immer sein? Haben Sie als Kind Western angeschaut? Wollten Sie nie Sheriff oder Texas-Ranger werden?” Caitlin ratterte die Fragen nur so herunter. Konnte ein Mensch wirklich so naiv sein, oder spielte sie ihm nur was vor?

Er musterte ihr argloses Gesicht. Sie war hübsch. Hübscher als die meisten anderen Frauen hier, und ihre unverdorbene Art war merkwürdig faszinierend.

Nein, sie spielte bestimmt nur Theater, schließlich kannte er die Frauen. Und sie hätte ihre Freundin nicht so schnell alleingelassen, wenn sie so unschuldig war.

“Ich wurde auf der Lazy H geboren und bin jetzt nur noch Rancher.”

“Jetzt?” Sie hatte das entscheidende Wort sofort herausgehört.

Er lächelte, wirbelte sie herum und hoffte, auf diese Weise den stechenden Schmerz, den er verspürte, zu vertreiben. Er sollte über die Ranch reden, nicht über das andere. Sich auf das, was er besaß, konzentrieren, und nicht auf das, was er verloren hatte. Sie mit großartigen Geschichten unterhalten und sie dann entweder gehen lassen oder den nächsten Schritt wagen. Es war bloß ein weiterer Freitagabend, den er zu überstehen hatte. Wenn er nur genug Bier bekam, würde es den Schmerz und die Erinnerungen fortspülen.

“Ein typischer Tag beginnt mit frühem Aufstehen, Füttern, Stallausmisten. Und danach mache ich, was immer auch getan werden muss. Sättel putzen, Zäune kontrollieren, Vieh von einer Weide auf die nächste treiben. Pferde beschlagen oder Heu einfahren.”

Auf der Ranch gab es immer tausend Dinge zu tun. Dinge, die sich stets wiederholen, dachte er, und einen Augenblick lang deprimierte ihn die Eintönigkeit seiner Zukunft. Doch er schob den Gedanken beiseite. Er wollte heute Abend Spaß haben und sich nicht den Kopf über seine Zukunft zerbrechen.

“Ich war noch nie auf einer Ranch”, gestand Caitlin.

Er zog sie enger an sich und genoss das Gefühl ihrer festen Brüste an seinem Oberkörper und ihrer Beine, die gegen seine stießen, während sie dem Rhythmus folgten. “Das überrascht mich irgendwie nicht. Sie müssen mich einmal besuchen kommen.” Vielleicht sogar heute Nacht. Es würde ihm mehr als gefallen, wenn sich ihr blondes Haar auf seinem Kopfkissen ausbreitete, wenn er seine rauen Hände über ihre seidige Haut gleiten lassen könnte. Wenn er ihre Geheimnisse erkunden und vielleicht ein paar von seinen eigenen preisgeben könnte.

“Wohnen Sie mit den anderen Cowboys zusammen?”

Jim lachte und löste sich ein wenig von ihr. Ihr Körper war einfach zu verlockend, und er verspürte ein wachsendes Interesse in einem bestimmten Teil seines Körpers. Eine Tatsache, die er nicht unbedingt publik machen wollte.

“Nein, ich habe ein eigenes kleines Haus auf der Ranch. Etwas entfernt vom Haupthaus.” Das war das Einzige, was ihn davon abhielt, verrückt zu werden. Er konnte abends nach Hause gehen und die Tür hinter sich und der harten Realität schließen.

“Wenn ich Sie besuchen käme, könnten Sie mir dann das Reiten beibringen?”

Jim stöhnte fast, als er ihr in die blauen Augen schaute. Eine Hitzewelle durchströmte ihn. Ihre arglose Miene zeigte ihm, dass sie keinerlei Hintergedanken gehabt hatte, er dafür umso mehr. Oh ja, er würde ihr nur zu gern das Reiten beibringen, mit ihr gewisse Freuden der Liebe teilen und ihre Wangen zum Glühen bringen. Unbewusst verstärkte er den Griff um ihre Hand und ließ die andere über ihren Rücken gleiten.

Das Lied endete, aber er machte keine Anstalten, sie loszulassen.

“Es hat Spaß gemacht. Danke, dass Sie mich zum Tanzen aufgefordert haben”, sagte Caitlin höflich, befreite sich aus seiner Umarmung und trat einen Schritt zurück.

Mit einem Finger hob er ihr Kinn an, senkte den Kopf und gab ihr einen kleinen Kuss auf die Lippen. Sie schmeckte süß. Und schien völlig schockiert, wenn ihn der Ausdruck in ihren Augen nicht täuschte. Zweifel nagten an ihm. War sie doch die reine Unschuld?

Caitlin räusperte sich. “Gehört das zum texanischen Tanzstil dazu? Interessantes Finale.”

Schmunzelnd schüttelte er den Kopf und schaute dann ungeduldig zur Band. Warum spielten sie nicht weiter?

Als er sich ihr wieder zuwandte und sah, wie sie mit der Zunge über ihre Lippen glitt, unterdrückte er erneut ein Stöhnen. Diese Frau war ja richtig gefährlich. Auf jeden Fall musste er sie irgendwie festhalten.

“Erzählen Sie mir, was Sie nach Tumbleweed führt”, fragte er, während er auf ihren Mund starrte. Wann würde er sie wohl richtig küssen können? Nicht so ein züchtiger Kuss auf der Tanzfläche, sondern ein atemberaubender Kuss, bei dem sich Zungen und Körper so nahekamen, dass man nicht mehr wusste, wo der eine aufhörte und der andere begann.

“Ein Job, Freiheit, ein neuer Anfang.” Diese Worte sprudelten förmlich aus ihr heraus.

“Hier?”, entfuhr es ihm verwundert. Bei ihr hörte es sich so an, als wäre Tumbleweed das reinste Mekka. “Es gibt viele Orte, wo man einen Job finden kann. Die vor allem mehr zu bieten haben als Tumbleweed. Dies ist eine kleine, altmodische Stadt. Freiheit ist eher ein Traum als Realität. Warten Sie nur ab, bis Ihre Nachbarn denken, sie wüssten mehr über Ihr Leben als Sie selbst, und glauben, Ihnen vorschreiben zu können, wie Sie zu leben haben.”

“Mir gefällt Tumbleweed.”

“Sie sind erst seit drei Tagen hier. Warten Sie noch ein oder zwei Wochen ab.”

“Gefällt es Ihnen denn hier nicht?”

Trotz aller Bemühungen, spürte er den vertrauten Ärger in sich aufsteigen. Nein verdammt, es gefiel ihm hier nicht. Aber er unterdrückte den Schmerz, den diese Frage heraufbeschwor. “Es ist meine Heimat.”

“Das ist keine Antwort”, entgegnete sie und betrachtete ihn aus zusammengekniffenen Augen.

Autor

Barbara Mc Mahon
Barbara McMahon wuchs in einer Kleinstadt in Virginia auf. Ihr großer Traum war es, zu reisen und die Welt kennenzulernen. Nach ihrem College-Abschluss wurde sie zunächst Stewardess und verbrachte einige Jahre damit, die exotischsten Länder zu erforschen. Um sich später möglichst genau an diese Reisen erinnern zu können, schreib Barbara...
Mehr erfahren