Historical Saison Band 38

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MISS MANNINGS SINNLICHE ERWECKUNG von MCCABE, AMANDA
Nie konnte Mary Lord Barretts Kuss vergessen - und niemals die Demütigung, als sie erfuhr, dass es ihm nur um eine Wette ging. Umso entsetzter ist sie, den ruchlosen Lord im fernen Brasilien wiederzutreffen. Denn in tropischen Nächten erwacht ihre Leidenschaft erneut …

MIT DEN WAFFEN EINES KAVALIERS von LEE, GEORGIE
Ein unerhörtes Risiko: Verwegen steigt Laura bei Philip Rathbone ein, dem Gläubiger ihrer Familie. Mit vorgehaltener Pistole will sie ihn erpressen! Doch sie überrascht ihn im Bad, und der Anblick des schönen nackten Mannes bringt die Waffe in ihrer Hand zum Beben …

DIE LIEBENDEN VON ASCOTT von GASTON, DIANE
"Liebe mich …" Stallknecht Claude kann Louisas geflüsterten Worten nicht widerstehen! Und so verführt er sie leidenschaftlich auf ihrem Weg nach Ascot, wo sie ein Abenteuer erleben wollen - obwohl er weiß, dass bei ihrer Rückkehr ein standesgemäßer Bräutigam auf Louisa wartet …


  • Erscheinungstag 12.07.2016
  • Bandnummer 0038
  • ISBN / Artikelnummer 9783733765668
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Amanda McCabe, Georgie Lee, Diane Gaston

HISTORICAL SAISON BAND 38

AMANDA MCCABE

Miss Mannings sinnliche Erweckung

So fern ist England, und so betörend nah die schöne Mary Manning! Sie in Brasilien wiederzusehen, ist für Lord Barrett eine zauberhafte Überraschung. Schon einmal hat er ihr einen Kuss geraubt. Darf er es wagen und sie nun am Strand von Rio in seine starken Arme ziehen? Würde sie ihm das nach seinem schmählichen Betrug von damals überhaupt gestatten?

GEORGIE LEE

Mit den Waffen eines Kavaliers

„Heiraten Sie mich, und ich werde keine Anzeige erstatten.“ Im Bad von einer jungen Dame mit Pistole überrascht zu werden, kann Philip nicht erschüttern. Doch als Laura seinen Antrag annimmt, erkennt er zu spät, auf welch gefährliches Spiel er sich eingelassen hat! Denn obwohl er nie wieder sein Herz verschenken wollte, steht er schon bald kurz davor …

DIANE GASTON

Die Liebenden von Ascot

Nie hat Lady Louisa den französischen Pferdeknecht Claude vergessen. Auch wenn sich jeder Kontakt aus Standesgründen verbot, drehten sich all ihre Träume nur um ihn, bis er nach Amerika ging. Jetzt ist er zurück, gerade, als Louisa einem Anderen versprochen wurde. Sie ist verzweifelt – denn ihre Sehnsucht brennt sofort wieder so heiß für Claude wie damals …

1. KAPITEL

London 1805

Er soll der schönste Mann sein, der je gesehen wurde!“

Mary Manning bemühte sich, nicht über die überschwänglichen Worte ihrer Freundin Lady Louisa Smythe zu lachen. Stattdessen lächelte sie nachsichtig, spazierte weiter an der Seite der Freundin durch den Park und nickte den Leuten zu, die sie kannte. Um sich vor der Nachmittagssonne zu schützen, hielt sie den Sonnenschirm aus Spitze gegen das grelle Licht. Lady Louisa hatte die Angewohnheit, sich sehr für Klatsch und Tratsch zu interessieren – insbesondere, wenn es sich dabei um attraktive Männer drehte.

Und da es in diesem Fall noch dazu um einen schönen jungen Mann ging, der sich als neuester Held im Kampf gegen Napoleon Ruhm erworben hatte, wunderte sich Mary, dass ihre Freundin noch nicht vor Begeisterung in Ohnmacht gefallen war.

Allerdings musste sogar sie selbst zugeben, dass sie von den heroischen Geschichten, die über Lord Sebastian Barrett, den dritten Sohn des Marquess of Howard und Captain des 3. Husarenregiments, erzählt wurden, fasziniert war. Zumindest ein ganz klein wenig.

Louisa hakte sich bei ihr unter, als sie den schmalen gewundenen Weg betraten, der am See entlangführte. Aufmerksam beobachtete Mary die Menschen, die das Ufer bevölkerten – schlendernde Paare und lachende Vierergruppen, die sich am Wasser unterhielten, dessen Oberfläche im Sonnenlicht glitzerte.

Mary ließ ihre Gedanken in die Vergangenheit schweifen. Ihr Vater hatte stets in diplomatischen Diensten gestanden, und sie hatte ihn begleitet und nach besten Kräften unterstützt, nachdem ihre wundervolle portugiesische Mutter viel zu früh gestorben war. Seit ihrem sechzehnten Lebensjahr führte sie für ihn ganz eigenständig den Haushalt, egal, wohin er geschickt wurde.

Anfangs war sie im Grunde zu jung gewesen, um Empfänge und festliche Abendgesellschaften zu geben, bei denen ausländische Gesandte, begleitet von ihren eleganten Gattinnen, Bündnisse mit Vertretern der englischen Krone schmieden sollten. Doch es war niemand sonst da gewesen, um die Rolle der Gastgeberin auszufüllen. Mary hatte schon sehr früh eine Menge über Diplomatie gelernt, indem sie ihrer liebenswürdigen und kultivierten Mutter zugesehen, den Gesprächen ihrer Eltern gelauscht und Fragen dazu gestellt hatte. Sie schätzte es, im Gegensatz zu anderen jungen Damen, eine echte Aufgabe zu haben. Es reizte sie, immer wieder Neues kennenzulernen. Sie war mit ihrem Vater in Italien und Österreich gewesen, hatte lange in Russland gelebt und war erst vor wenigen Monaten nach England zurückgekehrt.

Manchmal wünschte sie sich allerdings, sie könnte auch so unbedarft kichern und flüstern wie die anderen und sich ebenso von wilden Schwärmereien und Vernarrtheiten mitreißen lassen. Wenigstens für einen Moment. Das war auch der Grund, weshalb sie es aufrichtig genoss, mit Lady Louisa befreundet zu sein.

„Der schönste Mann, der je gesehen wurde?“, fragte Mary lächelnd nach. Sie blieb mit Louisa im Schatten einiger Bäume stehen. Von dort aus hatten sie einen guten Blick auf die Spaziergänger, Reiter und die Kinder, die ihre Spielzeugschiffe auf dem Wasser treiben ließen. „Noch attraktiver als dieser italienische Graf? Letzte Woche hast du noch geschworen, du habest dein Herz für immer an ihn verloren.“

Louisa lachte fröhlich. „Ach, er! Er heiratet demnächst eine dickliche kleine Erbin. Zweifellos ist er ein begnadeter Tänzer, aber er ist kein Held wie Lord Sebastian. Ein Mann in Uniform hat schon etwas, meinst du nicht, Mary? Davon geht einfach eine wundervolle männliche Ausstrahlung aus.“

Ein Marineoffizier in blauer Uniform ging gerade an ihnen vorbei und verbeugte sich lächelnd. Louisa kicherte und winkte ihm mit dem Taschentuch zu.

Mary biss sich auf die Unterlippe, um ihre Belustigung zu verbergen. Offenbar war Louisa von jeder Uniform fasziniert.

Sie dachte an eine der vielen Geschichten, die sie über Lord Sebastian gehört hatte – dass er allein gegen zehn Franzosen gekämpft und sie in die Flucht geschlagen habe, obgleich man sein Pferd unter ihm weggeschossen habe. Sie war sich sicher, dass nicht alles wahr sein konnte, fand aber dennoch Gefallen an diesen Erzählungen. Märchen hatten sie schon in ihrer Kindheit fasziniert, als ihre Mutter ihr vor dem Einschlafen portugiesische Sagen von ruhmreichen Schlachten, tapferen Rittern und holden Maiden erzählt hatte.

Louisa beugte sich vor, um Mary etwas ins Ohr zu flüstern: „Selbstverständlich kann ich mir nicht vorstellen, dass Lord Sebastian noch attraktiver als sein Bruder Lord Henry ist. Was das betrifft, musst du dir bestimmt keine Sorgen machen.“

Mary sah die Freundin überrascht an. Woher wusste Louisa davon, dass Lord Henry ihr in wenig überzeugender Form den Hof machte? „Lord Henry Barrett?“

Louisa lächelte verschwörerisch. „Aber ja. Ist er etwa nicht dein größter Bewunderer?“

Mary spürte, dass sich ihre Wangen röteten. Sie sah zur Seite und konzentrierte sich auf einen Knaben, der wild einen Reifen schwingend, gefolgt von seinem Kindermädchen, vorbeihüpfte. „Das kann ich nicht bestätigen. Wir sind uns nicht oft begegnet und haben kaum miteinander gesprochen.“

„Wirklich nicht?“ Louisas Aufmerksamkeit schien bereits durch einen Gentleman zu Pferde abgelenkt, der in einiger Entfernung vorbeiritt. „Bist du dir sicher? Ihr würdet ganz gewiss hervorragend zueinanderpassen. Mein Onkel meint, Lord Henrys große Karriere als Diplomat sei vorgezeichnet. Er hält es sogar für möglich, dass er bald nach Russland geschickt wird wie zuvor dein Vater.“

Hervorragend zueinanderpassen … Das würden sie wohl. Lord Henry Barrett war in letzter Zeit zu einer Art Günstling ihres Vaters geworden. Sir William Manning hatte sich nie beschwert nur eine Tochter zu haben. Doch sie wusste, wie sehr er sich immer einen Sohn gewünscht hatte, der in seine Fußstapfen trat und dem er im Pulverfass der Politik, des Krieges und der höfischen Intrigen Anleitung und Rat hätte erteilen können.

In den vergangenen Wochen hatte ihr Vater sie häufig aufgefordert, Lord Henry zum Dinner einzuladen, und meistens hatten die beiden Männer im Anschluss an das Essen noch stundenlang in der Bibliothek miteinander geredet. Die wenigen Worte, die Lord Henry mit ihr gewechselt hatte, fand Mary dagegen nicht weiter erwähnenswert.

Er ist in der Tat ein vielversprechender junger Mann, meine liebe Mary. Das hatte ihr Vater noch an diesem Morgen gesagt, kurz bevor sie mit Louisa zum Spaziergang aufgebrochen war. Er ist zuverlässig und besonnen, genau solche Männer braucht dieses Land in den heutigen Krisenzeiten …

Mary seufzte, als sie sich an die Worte erinnerte. Sie drehte den Sonnenschirm zwischen den Fingern und dachte über Lord Henry Barrett nach. Zweifellos sah er gut aus mit seinem blonden Haar und dem höflichen Lächeln. Er schien der vollkommene Diplomat zu sein – selbstsicher, nichts von sich preisgebend und so zurückhaltend, dass er selbst beim Tanzen kaum ihre Hände berührte.

Wahrscheinlich war ihr Vater ebenso gewesen, bevor er ihrer bezaubernden Mutter in Lissabon begegnet war. Gewiss würde er es schätzen, wenn sie einen solchen Mann heiratete und sich weiter als Gastgeberin betätigte. Sie selbst war inzwischen eine Diplomatin durch und durch, wenngleich ohne den Titel einer Botschafterin.

Mary wusste, dass dieser Weg im Leben für sie der beste wäre – wenn nicht gar der einzige. Jedenfalls konnte sie sich im Augenblick kaum etwas anderes vorstellen.

Ja, Lord Henry Barrett würde einen passenden Ehemann abgeben. Die fantastischen Berichte über seinen verwegenen und heldenhaften Bruder aus der Armee waren eben nichts weiter als aufregende Märchen.

„Lord Henry ist ein ehrenwerter Mann“, erwiderte Mary zögerlich. „Aber ich kenne ihn nicht gut genug, um zu sagen, ob er mich bewundert oder nicht.“

„Wirklich nicht? Ich bin mir sicher, dass er das tut. Ein Diplomat könnte sich keine bessere Gattin wünschen.“ Louisa klopfte anmutig mit dem zusammengefalteten Fächer gegen ihre rosa und weiß gestreiften Röcke und beobachtete die Passanten, als ob sie nach einem neuen attraktiven Gesicht Ausschau hielte. „Außerdem ist er immerhin der zweitgeborene Sohn, wohingegen Lord Sebastian erst an dritter Stelle kommt. Lord Henry könnte sogar eines Tages Marquess werden.“

„Louisa“, sagte Mary lachend. „Bei allen Vorzügen, die Lord Henry haben mag, das dürfte wohl höchst unwahrscheinlich sein. Ich habe gehört, dass die Gattin des ältesten Bruders guter Hoffnung ist.“

„Oh!“ Louisa zog einen Schmollmund. „Wie enttäuschend. Ich wäre sehr gern die Busenfreundin einer Marchioness geworden. Dann nehme ich mal an, dass du dich damit abfinden musst, Lady Henry zu sein. Und vielleicht werde ich dann Lady Sebastian! Dann wären wir Schwägerinnen!“

Mary lachte noch herzlicher. Genau deshalb genoss sie es, mit Louisa befreundet zu sein. Alle Menschen, die das Haus ihres Vaters betraten, benahmen sich so fürchterlich ernst. Louisa hingegen brachte sie zum Lachen. „Du bist Lord Sebastian doch noch nie begegnet, Louisa. Wie kannst du da wissen, ob du ihn magst, geschweige denn, dass du ihn heiraten würdest?“

„Manchmal weiß eine Frau solche Dinge eben!“ Louisa lächelte verträumt. „Er soll attraktiv, tapfer und schneidig sein. Genau das, wonach ich suchen sollte, oder nicht?“

Mary nickte. Waren dies nicht die Eigenschaften, die sich jede junge Frau von einem Mann ersehnte? Jede, außer den vernünftigen und pflichtbewussten Damen wie sie selbst natürlich. Von ihr wurde erwartet, dass sie jemanden suchte, dem sie zur Seite stehen konnte und zu dessen Familie sie gut passte. Dennoch konnte sie nicht anders, als sich hin und wieder einen großen, schlanken und geheimnisvoll anziehenden Offizier vorzustellen, der ein Regiment kommandierte. Der Stoff, aus dem die Heldengedichte gemacht sind …

Mary folgte Louisa, die unablässig über einen hübschen Hut redete, den sie in einem Schaufenster erblickt hatte, durch ein Tor aus dem Park.

„Wir sind ganz in der Nähe von Lady Alnworths Haus“, sagte Louisa plötzlich. „Wir sollten ihr einen Besuch abstatten. Sie hat mir versprochen, dass sie mir ihr Amethystarmband leiht, damit ich es beim morgigen Ball bei den Seetons zu meinem fliederfarbenen Abendkleid tragen kann.“

Lady Alnworth galt als eine der größten Gastgeberinnen Londons – und als eine der schillerndsten Persönlichkeiten der Gesellschaft. „Ich weiß nicht, Louisa. Mein Vater wird bald wieder zu Hause sein und darauf warten, dass ich mit ihm esse.“

„Es wird gar nicht lange dauern. Überdies weißt du doch, dass Lady Alnworth immer auf dem neuesten Stand ist. Möglicherweise ist ihr bekannt, welche Bälle Lord Sebastian besuchen wird.“

Mary lachte. Lady Alnworth war zwar keine unumstrittene Person, doch ein paar Neuigkeiten zu erfahren, war immer willkommen. „Nun gut, aber nur ganz kurz.“

Sie näherten sich Lady Alnworths Haus, einem strahlend weißen Gebäude am Rand des Parks. Wie immer standen die Türen für Besucher weit geöffnet, und heitere Stimmen und Gelächter fluteten aus dem Gesellschaftszimmer in das verschwenderisch geschmückte Vestibül. Mit einem Mal freute sich Mary, dass sie sich von Louisa hatte überreden lassen.

„Ist Lady Alnworth zugegen?“, fragte Louisa den Butler.

„Ja, in der Tat ist sie hier, Lady Louisa, Miss Manning“, antwortete er und verbeugte sich. „Eine größere Gesellschaft ist kurz vor Ihnen hier eingetroffen, darunter Ihre Gnaden, die Duchess of Thwaite.“

Louisa riss die Augen auf, und selbst Mary war beeindruckt. Die Duchess kam nur selten in die Stadt, da sie es bevorzugte, beinahe ununterbrochen ihre eigenen Festgesellschaften in Thwaite Park zu geben. Wann immer sie London doch mit ihrem Besuch beehrte, wurde sie von einer ganzen Schar berühmter Freunde begleitet. Normalerweise kam sie nur nach London, um den eigenen jährlichen Ball auszurichten.

„Die Duchess ist hier?“, fragte Mary ungläubig nach.

„Ja, in Begleitung von einigen Freunden, Miss Manning“, gab der Butler würdevoll, aber mit einem Funkeln in den Augen Auskunft. „Heldenhafte Freunde.“

„Heldenhaft?“, rief Louisa mit sich beinahe überschlagender Stimme. „Oh, Mary! Was, wenn Lord Sebastian darunter ist? Wie überaus aufregend! Ich wusste, dass es eine gute Idee war, Lady Alnworth einen Besuch abzustatten.“

„Louisa, bestimmt ist es nicht …“, versuchte Mary sie zu beruhigen, doch die Freundin ging bereits zügig auf die halb geöffneten Türen des Gesellschaftszimmers zu.

Mary ließ sich nicht von Louisas Hektik anstecken, sondern schritt langsam weiter. Nach den jahrelangen Besuchen an verschiedenen königlichen Höfen war ihr diese würdevolle Haltung in Fleisch und Blut übergegangen. Als sie schließlich das Zimmer erreichte, näherte sich Louisa bereits der Gruppe, die sich rund um die großen geöffneten Fenster mit Blick auf den Park versammelt hatte. Mary blieb einen Moment stehen, um die Leute zu betrachten und die Situation genauer einzuschätzen – fast als ob sie beabsichtigte, die Szenerie in einem Gemälde festzuhalten.

Die Duchess befand sich in der Mitte der Gruppe. Sie war nach der neuesten Mode gekleidet. Lady Alnworth, in einem klassischen roten Kleid, hatte es sich auf einem Sessel neben dem der Duchess bequem gemacht. Sie sah Louisa mit großen Augen an, die mit wehenden blonden Locken auf sie zueilte, um sie zu begrüßen. Ein Teetisch mit einem glänzenden Silberservice stand vor der Gastgeberin und der Duchess, die von scherzenden Gentlemen umgeben waren. Die drei Männer schienen um die Aufmerksamkeit der beiden berühmten Damen zu wetteifern.

Plötzlich wurde Mary ganz schüchtern. Zwar hatte man ihr beigebracht, sich in völlig unterschiedlichen Kreisen zu bewegen und mit egal wem eine höfliche Unterhaltung zu führen, doch diese Gentlemen waren gewandte Gesellschaftslöwen. Mr. Nicholas Warren, Lord Paul Gilesworth und Lord James Sackville zählten nicht nur zu den gefragtesten Junggesellen Londons, sie galten auch als ausgesprochen geistreich und anspruchsvoll. Nur einen der Männer, der halb im Schatten der Fenstervorhänge stand und hinaus auf den Park blickte, kannte sie nicht.

„Miss Manning!“, rief Lady Alnworth ihr zu. „Kommen Sie doch zu uns und helfen Sie uns, eine Frage zu klären. Sie sind in allem so klug und belesen. Lord James hat eben behauptet, dass Platon kein Heide gewesen sein könne, da er für die Unsterblichkeit der Seele eintritt. Mr. Warren indes ist vom Gegenteil überzeugt. Das bringt mich ganz durcheinander.“

„Ich fürchte, meine bisherige Lektüre zu diesem Thema ist nicht umfangreich genug, Lady Alnworth. Ich habe nur gelesen, was Platon seinen Lehrer Sokrates im ‚Symposion‘ sagen lässt“, entgegnete Mary, während sie mit strahlendem Lächeln auf die Gastgeberin zuging. „Leider kenne ich mich nicht gut genug aus …“

Mit einem Mal bemerkte sie, dass der Mann, der am Fenster gestanden hatte, aus dem Schatten getreten war. Er trug eine prächtige rote Uniform, und Mary geriet bei seinem Anblick beinahe ins Straucheln.

Er war unglaublich attraktiv – beinahe wie aus einem Traum, oder als ob er plötzlich einem Roman entsprungen und zum Leben erwacht wäre. Er glich einem edlen Ritter aus früherer Zeit, nur dass er einen roten Uniformrock statt einer glänzenden Rüstung trug. An ihm wirkte die Uniform, die in diesen Tagen kein seltener Anblick war, anders … exotisch und verführerisch.

Er war größer als die meisten Männer, denen sie in London begegnet war, und hatte auffällig breite Schultern. Die hellen Breeches kontrastierten mit den blank polierten schwarzen Stiefeln.

Sein dunkelblondes Haar leuchtete golden, als ob er viel Zeit in der Sonne verbracht hätte. Einige Locken fielen ihm ungezähmt in die Stirn und über den hohen goldverzierten Kragen des Uniformrocks.

Er schien nicht wirklich in das prunkvoll eingerichtete Gesellschaftszimmer zu passen, obgleich seine Uniform makellos war und seine Haltung große Vornehmheit verriet. Mary stellte sich ihn eher an Deck eines Piratenschiffs vor, das durch stürmische See glitt, oder als tollkühnen Reiter, der auf einem temperamentvollen Hengst über ein offenes Feld galoppierte.

Oder sie sah ihn als heißblütigen Verführer vor sich, der eine seufzende und dahinschmelzende Dame in die Arme zog und sie leidenschaftlich küsste, bis sie ohnmächtig wurde.

Mary musste beinahe laut über die eigenen romantischen Fantasien lachen. Das passte eigentlich gar nicht zu ihr. Offensichtlich hatte sie in letzter Zeit zu viele Gedichte gelesen. Wenn dieser Mann in Uniform tatsächlich der berühmte Lord Sebastian Barrett war, schien der Ruf, der ihm vorauseilte, mehr als gerechtfertigt. Seine Schönheit ließ sich nur als vollkommen bezeichnen.

Sie dachte an Lord Henry Barrett, den Mann, von dem alle annahmen, er wäre der perfekte Ehemann für sie. Er war zwar höflich und sah gut aus, doch er verströmte eine Aura von Unnahbarkeit und Berechnung.

„Lady Louisa, Miss Manning“, sagte die Duchess. „Ich freue mich, Sie beide zu sehen. Kommen Sie und setzen Sie sich zu uns, ganz gleich, ob Sie uns helfen können, den Streit zwischen Lord James und Mr. Warren zu schlichten. Im Grunde sind wir doch alle nur darauf aus, Lord Sebastian zu überreden, uns von einem seiner Abenteuer zu berichten. Vielleicht haben Sie mehr Glück dabei.“

„Oh ja, Sie müssen uns unbedingt davon erzählen, Lord Sebastian!“, bat Louisa ihn entzückt. „Es ist heldenhaft von Ihnen, uns alle mit derartigem Einsatz gegen den Feind zu verteidigen.“

„Lady Louisa, Miss Manning. Vermutlich sind Sie dem Helden des Tages noch gar nicht vorgestellt worden“, sagte Lady Alnworth. „Bedauerlicherweise war er so lange nicht in London. Lord Sebastian Barrett, darf ich Sie mit Lady Louisa Smythe und Miss Mary Manning bekannt machen?“

Er nickte Louisa höflich zu und wandte sich dann mit einem Lächeln an Mary.

Sie musste sich ihre gesamte diplomatische Erfahrung in Erinnerung rufen, um in Erwiderung nur zurückhaltend zu lächeln und sittsam zu knicksen. Je näher er kam, desto grüner erschienen ihr seine Augen. Sie hatten dieselbe Farbe wie die Smaragdohrringe, die ihre Mutter so geliebt hatte. Obgleich sie schon viel gereist war, hatte sie niemals einen Mann wie ihn erblickt – so vital und sprühend vor Energie.

Ja, dachte sie innerlich seufzend. Kein Wunder, dass sich alle jungen Londoner Damen in ihn verliebt haben. Wenn sie sich nicht vorsah, gehörte sie bald dazu.

Doch falls es etwas gab, das sie ohne Wenn und Aber verinnerlicht hatte, war es, vorsichtig zu sein.

„Ich freue mich außerordentlich, Ihre Bekanntschaft zu machen“, sagte er, verbeugte sich vor Louisa und ihr und deutete Handküsse an.

Mary spürte die Wärme seines Atems durch den Handschuh und erschauerte.

„Ich glaube, ich habe von Ihrem Vater gehört, Miss Manning. Handelt es sich um Sir William Manning, den erfolgreichen Diplomaten, der kürzlich in Sankt Petersburg gewesen ist?“

„Oh ja, das ist mein Vater“, erwiderte Mary erfreut. „Wir sind noch nicht lange zurück in London. Er wartet auf seine nächste Mission.“

Lord Sebastians attraktives Gesicht wirkte mit einem Mal ganz ernst, als ob eine dunkle Wolke vor die Sonne gezogen wäre. „Mein Freund Mr. Denny erzählte mir, dass er und seine Frau im letzten Jahr niemals ohne Sir Williams Hilfe aus Frankreich hätten fliehen können. Er hat Ihren Vater in den höchsten Tönen gelobt.“

Mary lächelte, als sie das hörte. Nur zu gut erinnerte sie sich an die vielen schlaflosen Nächte, in denen ihr Vater alles in seiner Macht Stehende unternommen hatte, um englischen Bürgern zu helfen, Frankreich zu verlassen. „Es wird ihn sehr freuen zu hören, dass Ihr Freund wohlauf ist. Allerdings wird er gewiss nichts anderes erwidern, als dass er lediglich seine Pflicht gegenüber dem Vaterland erfüllt habe. Sie scheinen es mit der Pflichterfüllung nicht anders zu halten, Lord Sebastian, nach allem, was wir über Ihre Heldentaten hören.“

Verlegen blickte er zur Seite. Dann lachte er, und die Wärme und Herzlichkeit seines Lachens schien seine Attraktivität noch zu steigern. „Ich beteure Ihnen, dass ich auf der Iberischen Halbinsel nur faul in der Sonne herumgelegen habe, Miss Manning. Menschen wie Sie und Ihr Vater sind die wahren Helden dieses Landes. Immerhin haben Sie sich durch das russische Eis und den Schnee gekämpft, um Verbündete für England zu gewinnen.“

Auch Mary lachte und war bezaubert von der Art und Weise, wie er vor dem Ruf als Held, der ihm vorauseilte, davonlief, anstatt sich darin zu sonnen, wie es bei den meisten Männern der Fall gewesen wäre. „Tatsächlich war es … recht interessant in Russland, Lord Sebastian. Dennoch bin ich froh, wieder in London zu sein.“

„Ich würde gern mehr über die Erfahrungen hören, die Sie im Reich des Zaren gemacht haben, Miss Manning.“

„Wirklich?“, erwiderte Mary überrascht. „Es war ermüdender, als Sie sich vorstellen können.“

„Ich freue mich immer, wenn ich etwas über fremde Länder erfahre. Mein Lieblingsbuch als Kind war ‚Tausendundeine Nacht‘. Kennen Sie es?“

„Selbstverständlich! Das war auch mein Lieblingsbuch“, sagte Mary. Lord Sebastian kam ihr trotz seines atemberaubenden Äußeren und seiner enormen Berühmtheit gar nicht mehr furchteinflößend vor. Es fühlte sich an, als ob sie ihn schon seit langer Zeit kennen würde und ihm ihre geheimsten Wünsche anvertrauen könnte … „Mein armes Kindermädchen musste mir aus dem Buch vorlesen, bis ich fast jeden Satz auswendig konnte.“

„Worüber plaudern Sie beide denn so angeregt?“, erkundigte sich Lady Alnworth mit lauter Stimme. „Ich bestehe darauf, dass Sie uns an dem Gespräch teilhaben lassen!“

Mary sah zu ihrer Gastgeberin, und mit einem Mal wurde ihr bewusst, dass Lord Sebastian und sie bereits ein wenig zu lange abseits neben dem halb geöffneten Fenster standen und leise miteinander sprachen. Es passte gar nicht zu ihr, die Umgebung auch nur für einen kurzen Moment aus dem Blick zu verlieren, geschweige denn, sich ungehörig zu benehmen. Sie spürte, wie sich ihre Wangen erhitzten, und lächelte rasch, um ihre Verlegenheit zu überspielen.

Louisa hatte sich inzwischen neben Lady Alnworth, Mr. Warren und Lord Paul Gilesworth gesetzt. Alle vier starrten sie und Lord Sebastian neugierig an.

„Ich fürchte, ich habe Miss Manning ganz allein für mich in Beschlag genommen“, sagte Lord Sebastian mit einem charmanten Lächeln. „Ich wollte etwas über ihre Zeit in Russland erfahren.“

„Oh, es muss furchtbar gewesen sein mit all dem grässlichen Schnee!“, erwiderte die Duchess und erhielt ein zustimmendes Nicken von Lady Alnworth. „Gewiss ist das Leben hier in London weit amüsanter.“

„Ich würde mich freuen, wenn wir später noch Gelegenheit fänden, uns weiter über Ihre Reisen zu unterhalten, Miss Manning“, flüsterte Lord Sebastian ihr zu, bevor sie sich von ihm entfernen konnte.

Er wollte sich länger mit ihr unterhalten? Mary nickte sprachlos und fühlte sich einen Moment lang wie erstarrt. Doch innerlich wurde sie von einer Aufregung und Freude erfasst, die vollkommen neu und erschreckend für sie waren. Er begleitete sie zurück zu der Gruppe, und schon bald waren sie in eine lebhafte Unterhaltung über das neueste Theaterstück, das im Covent Garden aufgeführt wurde, verwickelt. Allerdings galt Marys Aufmerksamkeit eher Lord Sebastian, der ihr gegenüber Platz genommen hatte, seinen smaragdgrünen Augen und seinem herzlichen Lachen. Angespannt beobachtete sie, wie die Duchess über seinen rechten Arm strich.

Mary wusste, dass sie auf der Hut sein musste. Ein unvorsichtiger Schritt und sie konnte an einen Abgrund geraten – und direkt in diese starken Arme stürzen.

2. KAPITEL

Diese Lady Louisa Smythe ist eine außergewöhnliche Schönheit“, sagte Paul Gilesworth lachend. Er gab dem Lakaien einen Wink, eine Flasche Portwein zu bringen. Er und seine Freunde ließen sich auf den Sesseln am Kaminfeuer ihres Clubs in St. James’s nieder, nachdem sie Lady Alnworths Teerunde verlassen hatte. „Zudem scheint sie einem Liebesabenteuer nicht ablehnend gegenüberzustehen. Was meint ihr?“

Nikolas Warren lachte. „Ihr Vater bewacht sie wie einen Goldschatz. Da würdest du schon eher Glück mit Lady Alnworth selbst haben, Gilesworth.“

„Glaubst du?“, fragte Gilesworth und machte ein nachdenkliches Gesicht. „Es kommt immer darauf an, was man haben will – eine Zuchtstute oder ein Rennpferd. Und was ist mit der Duchess of Thwaite? Sie würde eine gewisse Herausforderung darstellen.“

Sebastian beobachtete, wie der Lakai die Pokale aus fein geschliffenem Kristall mit dem blutroten Wein füllte, und hörte mit einem Ohr zu, wie seine Freunde über die Vorzüge verschiedener Damen der Londoner Gesellschaft diskutierten. Seit er nach England zurückgekehrt war, kam es ihm vor, als ob stets eine Distanz bestünde zwischen ihm und dem, was um ihn herum geschah. Alles kam ihm unwirklich vor wie in einem Traum.

Die Interessen der feinen Gesellschaft in London, die er einst geteilt hatte, schienen ebenso wenig Substanz zu besitzen wie die perlenden Bläschen in einem Glas Champagner. Die Schönheit einzelner Debütantinnen, wer wie viel beim Kartenspiel verloren hatte und wer welche berühmte Schauspielerin zu seiner Mätresse gemacht hatte – all das war nicht von Belang, nach dem, was er auf den Schlachtfeldern gesehen, getan und erlebt hatte.

Er trank einen Schluck von dem samtweich schmeckenden Wein und musterte die Gesichter seiner alten Freunde so distanziert, als ob er die Gemälde in einer Galerie betrachtete. Nicholas Warren war ihm noch immer sympathisch. Er war ein gutherziger und harmloser Kerl, der wie sein Bruder Henry eine Karriere im diplomatischen Dienst anstrebte. Aber Gilesworth und Lord James, die er zu Schulzeiten als unterhaltsame Kameraden empfunden hatte, schienen sich jetzt nur noch mit den langen Beinen von Tänzerinnen und derlei Oberflächlichkeiten zu beschäftigten. Das fand er reichlich ermüdend.

Sebastian musste wieder an die Männer denken, die vor seinen Augen gefallen waren. Es waren gute und tapfere Männer gewesen, die das Leben in vollen Zügen genossen hatten und dennoch furchtlos für ihr Vaterland in den Tod gegangen waren. Er hatte gemeinsam mit ihnen getrunken und bis tief in die Nacht scherzend und lachend mit ihnen zusammengesessen. Ab und an hatte er sie begleitet, wenn sie Frauen aufsuchten, um für ein paar Augenblicke Trost in deren Armen zu finden. Gemeinsam mit diesen Männern hatte er den extremsten Situationen des Lebens getrotzt und dem Tod ins Auge geblickt.

Dieses Zusammensein mit den anderen Offizieren hatte sich ganz anders angefühlt als die belanglosen Treffen in den Londoner Clubs. Am Vorabend einer Schlacht erlangte das Leben eine Intensität, wie er sie nie zuvor empfunden hatte.

Nun waren diese Freunde nicht mehr da, und Sebastian kam es vor, als ob er in ein dunkles Loch gestürzt wäre, in das kein Lichtstrahl drang, der ihn wieder hinausführen konnte. Zu seinem großen Entsetzen wurde er in London als Held gefeiert. Überschwänglich hieß man ihn in jedem Gesellschaftszimmer willkommen und bat ihn, seine „Geschichten“ zu erzählen. Selbst sein Vater, der seinen jüngsten Sohn bis dahin immer nur als Nichtsnutz beschimpft hatte, schien plötzlich stolz auf ihn zu sein.

Sebastian kam sich bei alldem wie ein Betrüger vor. Es wunderte ihn, dass niemand sonst es so sah. Er lebte, und all diese guten Männer waren tot, und ihr Blut tränkte die Schlachtfelder.

Es gab wahrhaftig nichts zu bejubeln. Doch hier schien das niemand zu begreifen. Unbekümmert lebten sie ihr Leben weiter, als ob nichts anderes eine Rolle spielte – als ob die Welt, die sich außerhalb ihrer kleinen Insel befand, nicht längst dabei wäre, in tausend Stücke zu zerspringen.

London war ihm vollkommen fremd geworden. Er war sich selbst fremd geworden. Lord Sebastian Barrett – wer war das? Als er mit seinen Kameraden zusammen gewesen war, hatte er wenigstens das Gefühl gehabt, sich selbst gefunden zu haben – sein wahres Selbst. Bis dahin war sein Leben ein Gezerre gewesen zwischen dem, was seine Familie von ihm verlangte, und dem, was er selbst für richtig befand. Erst in der Armee konnte er sein, wie er war. In London umgab ihn dagegen eine kalte Benommenheit, als würde er nichts mehr spüren. Um diesem Zustand zu entrinnen, würde er alles tun.

Seit er heimgekehrt war, hatte er nur ein einziges Mal etwas empfunden. Das war bei der Begegnung mit Miss Mary Manning in Lady Alnworths Gesellschaftszimmer gewesen. Sie hatte ihn angelächelt, war aber nicht kokett und nach Bewunderung heischend wie ihre Freundin Lady Louisa, sondern hatte eine ruhige und würdevolle Ausstrahlung. Der ernste und aufmerksame Blick ihrer grauen Augen unterschied sie von allen, denen er in London begegnet war. Die anderen gierten nur nach Amüsements und hielten nie inne, um wirklich hinzusehen.

Mary Manning hingegen schien die Umgebung genau zu betrachten. Gerade durch ihre stille Art stellte sie eine Quelle der Zuflucht dar. Leider war es ihm nur eine kurze Zeit vergönnt gewesen, ungestört mit ihr zu sprechen. Er hätte sich am liebsten allein irgendwo mit ihr hingesetzt und in Ruhe weiter mit ihr geredet. Möglicherweise hätte er ihr sogar davon erzählen können, was ihm widerfahren war.

Allerdings erinnerte er sich nur zu genau daran, dass sein Vater Miss Manning als geeignete Braut für Henry bezeichnet hatte. Sein älterer Bruder war in den Augen des Vaters der vollkommene Sohn. Deshalb war er auch dazu bestimmt worden, die lange Tradition der Barretts fortzuführen und ein großer Diplomat zu werden. Sebastian hatte sich nichts weiter dabei gedacht, als er seinen Vater und Henry über Mary Manning hatte sprechen hören. Schließlich hatte er sie zu diesem Zeitpunkt gar nicht gekannt, und all seine Gedanken waren um die Schrecken der Schlachtfelder gekreist. Wen sein Bruder zur Frau nahm, hatte ihn nicht sonderlich interessiert.

Dennoch war ihm nicht entgangen, dass Henry sich nicht viel aus Miss Manning machte. Für den Bruder spielte vor allem die Position ihres Vaters, des berühmten und allseits geschätzten Sir William Manning, eine Rolle. Von solchen Überlegungen wurden alle Eheschließungen in der Familie Barrett geleitet.

Doch nun war Sebastian der jungen Frau persönlich begegnet, und sie war ganz anders, als er erwartet hatte.

Mit einem tiefen Schluck leerte er sein Glas und musterte erneut die Gesichter der Freunde. Wer von ihnen könnte für die Zerstreuung sorgen, die ihn für eine Weile ablenkte? Nicholas Warren war gutmütig, aber zu bieder, und Lord James besaß nicht genug Fantasie. Paul Gilesworth hingegen war schon immer ein Unruhestifter gewesen. Es schien, als ob er diese Rolle genösse. Bestimmt wird ihm etwas einfallen, das mich auf andere Gedanken bringt, sodass ich die Sinnlosigkeit meines Daseins für eine Weile vergessen kann, dachte Sebastian.

„Dann wird das also nichts mit Lady Louisa Smythe“, sagte Gilesworth lachend. Offensichtlich hatte Sebastian einen Teil der Unterhaltung verpasst. „Gewiss wäre es ein Leichtes, sie zu verführen, aber der anschließende Ärger mit ihrem Vater ist den Versuch nicht wert. Ich für meinen Teil habe nicht vor, mich vor dem vierzigsten Lebensjahr vor den Altar zerren zu lassen.“

„Aber genau das ist die Schwierigkeit bei allen jungen Damen in London“, erwiderte Lord James seufzend. „Ihre Väter sind überwachsam.“

Gilesworth lachte durchtrieben. „Bestimmt nicht alle.“

„Bei anständigen jungen Damen kann und darf es gar nicht anders sein“, erklärte Nicholas mit ernster Miene. „Nur bei denen, die keinen großen Wert auf ihren Ruf legen …“

„Worin besteht denn da die Herausforderung? Ein so kokettes junges Ding wie Lady Louisa ist eine leichte Beute“, erklärte Gilesworth und kräuselte verächtlich die Lippen.

Eine Herausforderung. Genau danach suchte Sebastian. Mit einem Wink forderte er den Lakaien auf, ihm Wein nachzuschenken, während er sich den interessanten Gedanken durch den Kopf gehen ließ. In der Armee war jeder Tag eine Herausforderung. In London dagegen befand er sich in einem ungewollten Zustand träger Benommenheit.

„Was meinst du damit, Gilesworth?“, fragte Sebastian nach. Die anderen drehten sich verwundert zu ihm um, als ob sie seine Gegenwart ganz vergessen hätten. „Was für eine Herausforderung kann es schon in London geben?“

Gilesworth musterte ihn mit halb zusammengekniffenen Augen. Er schien gerade einen besonders hinterhältigen Plan zu ersinnen, und Sebastian beschlich ein ungutes Gefühl. „Du hast heute sehr leise mit Miss Manning geplaudert, Barrett.“

Sebastian hatte wieder Mary Mannings Erscheinung vor Auge – ihr reizendes Lächeln und die zaghafte Berührung ihrer Finger auf seinem rechten Unterarm. „Ja, sie ist ungewöhnlich intelligent. Was hat das damit zu tun?“

„Was wohl?“, fragte Nicholas mit vorwurfsvoller Miene. Der Freund wirkte jetzt sichtlich beunruhigt, was Sebastian nachdenklich stimmte.

„Miss Manning ist nicht für eine kurze Liebelei geeignet, wie es bei ihrer Freundin Lady Louisa der Fall ist“, erläuterte Gilesworth. „Niemand hat etwas an ihr auszusetzen. Sie ist hübsch, höflich, ruhig und spielt ihre Rolle als Gastgeberin für ihren Vater mit tadelloser Vollkommenheit. Sie erweckt den Eindruck, dass sie nicht für den kleinsten Fehltritt zu haben ist.“

Mittlerweile ahnte Sebastian, worauf Gilesworth hinauswollte, und er starrte ihn finster an. Er trank sein Glas aus, und die betäubende Wirkung des Weins steigerte die dumpfe Empfindungslosigkeit, die ihn seit seiner Rückkehr lähmte. „Dann ist sie mit anderen Worten genau so, wie sie sein soll?“

Lord James schnaubte verächtlich. „Im tiefsten Inneren ist niemand ganz ohne Tadel – selbst eine ruhige und besonnen wirkende Dame wie Miss Manning nicht. Bestimmt gehen ihr ein paar wilde und verbotene Gedanken durch den hübschen Kopf.“

Sebastian starrte auf den rubinrot gefärbten Boden seines geleerten Glases. Er hatte Mary Mannings Gesicht vor Augen, die Art und Weise, wie sie ihn schüchtern und vertrauensvoll angelächelt hatte.

Wilde Gedanken, die ihr durch den Kopf gehen? Oh, wie gern hätte er Näheres darüber erfahren! Sebastian musste lachen bei der Vorstellung, Mary Manning würde die Kontenance verlieren, hell aufjauchzen und die Röcke um ihre schlanken Fesseln schwingen lassen.

Doch plötzlich blieb ihm das Lachen im Halse stecken. Die Vorstellung, dass sie sich über alle Etikette hinwegsetzte, ihn an der Hand fasste und mit sich hinaus in den Sonnenschein zog, stimmte ihn traurig und zugleich sonderbar hoffnungsvoll.

„Die Damenwelt spricht in letzter Zeit von nichts anderem als von deinen Heldentaten, Barrett“, sagte Gilesworth. „Selbst Miss Manning schien von dir fasziniert zu sein. Wenn es jemandem gelingt, ihre unnahbare Makellosigkeit zu überwinden, dann dir.“

Sebastian schüttelte den Kopf. „Mein Bruder ist an Miss Manning interessiert.“

Gilesworth und Lord James lachten, während Nicholas sie besorgt anstarrte.

„Dein Bruder Henry ist ganz sicher an niemandem und nichts außer seiner Karriere interessiert. Nein, ich gehe jede Wette ein, dass du der Einzige wärest, der Miss Mannings kühle Selbstbeherrschung überwinden könnte“, verkündete Gilesworth.

„Eine Wette?“, rief Lord James. „Oh, wie fabelhaft! Ich habe schon eine Ewigkeit keinen guten Wettvorschlag mehr gehört.“

Sebastian musterte Gilesworth skeptisch. Er traute dem Lächeln des Freundes nicht, und dennoch spürte er beinahe gegen seinen Willen, wie sehr ihn eine Herausforderung reizte. „Ich mag ja von Geburt an einen schlechten Charakter haben, aber ich gehe keine Wette ein, die dem Ruf einer Dame schadet.“

Gilesworth winkte ab. „Niemand verlangt, dass ihr guter Name in den Schmutz gezogen wird! Es geht nur darum, dass sie und wir ein wenig Spaß haben. Bisher war es eine ausgesprochen langweilige Saison. Verdient denn nicht auch Miss Manning ein wenig Vergnügen, bevor sie sich in ein unbescholtenes Leben als Lady Henry zurückzieht? Falls sie überhaupt Lady Henry wird, was ich bezweifeln möchte.“

„Was für eine Wette schlägst du denn vor?“, fragte Sebastian mit fester Stimme.

Gilesworth beugte sich über den Tisch. „Ganz einfach – ich wette fünfzig Guineen, dass es dir nicht gelingen wird, Miss Manning beim Ball der Duchess of Thwaite einen Kuss zu rauben.“

„Fünfzig Guineen?“ Nicholas holte tief Luft und schüttelte warnend den Kopf.

„Wie ich dir bereits sagte, werde ich nicht den Ruf einer Dame zerstören.“ Nicht einmal, wenn er dadurch die schreckliche Benommenheit überwand, die ihn plagte.

Nicht einmal, wenn ihn der Gedanke reizte, Miss Manning zu küssen. Und er war in der Tat weit mehr in Versuchung, als er zugegeben hätte. Würde ihm die Berührung ihrer süßen unschuldigen Lippen nicht wieder das Gefühl geben, lebendig zu sein?

„Außer uns würde niemand ein Sterbenswort davon erfahren, Barrett“, versprach Gilesworth. „Und außer Miss Manning natürlich. Schenk ihr eine aufregende, prickelnde Erinnerung, falls doch ein wenig Feuer hinter ihrer hübschen, aber eisigen Fassade lodert.“

Sebastian lehnte sich im Sessel zurück und drehte sein leeres Glas in den Händen. Ein seltsames Gemisch von Gefühlen brodelte in seinem Inneren: Langeweile, Verlangen, Verlockung. Es war, als ob davon ein Funken echten Lebens ausginge, nach dem er sich schon so lange sehnte. Dennoch war es zweifellos nicht richtig.

Aber vielleicht war er ja doch der verwegene Frauenheld, zu dem ihn Londons feine Kreise erklärt hatten.

„Einverstanden“, sagte er. „Ich werde mich bemühen, die junge Dame auf dem Ball der Duchess zu küssen.“

Doch als er Gilesworths Hand schüttelte, um die teuflische Abmachung zu besiegeln, ahnte er, dass etwas Folgenschweres geschehen würde.

Ob sich die Dinge zum Guten oder Schlechten wendeten, hätte er nicht sagen können. Er wusste nur, dass Mary Manning ihm plötzlich das Gefühl verlieh, wieder lebendig zu sein.

3. KAPITEL

Mary betrachtete sich im Spiegel, während ihre Zofe letzte Hand an die kunstvolle Frisur für den Ball der Duchess of Thwaite anlegte. Normalerweise achtete sie gar nicht auf den langwierigen Prozess des Flechtens und des Aufsteckens der Zöpfe. Es gab zu viele wichtigere Dinge, die ihr durch den Kopf gingen. Sie dachte an die Leute, mit denen sie nach Auffassung ihres Vaters reden sollte, rief sich die Namen und Titel jedes Einzelnen in Erinnerung und plante bereits, welche Gäste beim nächsten Dinner auf der Einladungsliste stehen sollten.

Sie wusste, dass die meisten Zofen ihre Arbeit verstanden, und verließ sich darauf, nach dem Frisieren präsentabel auszusehen und eine tadellose Erscheinung abzugeben. Sie war ausreichend hübsch, stets angemessen und modisch gekleidet, und es war ihr in Fleisch und Blut übergegangen, sich niemals unpassend zu verhalten.

Allerdings hielt sie sich nicht für eine strahlende Schönheit wie ihre Freundin Louisa oder ihre verstorbene Mutter. Maria Manning hatte mit ihren dunklen Augen, dem lebhaften Temperament und dem musikalischen Lachen jeden verzaubert. Mary war bewusst, dass sie nicht über eine derartige Ausstrahlung verfügte. Daher bemühte sie sich, auf anderen Gebieten von Nutzen zu sein. Sie sah genau hin, studierte die Gewohnheiten ihrer jeweiligen Umgebung und versuchte, ihren Vater nach besten Kräften zu unterstützen.

Doch heute Abend starrte sie in den Spiegel, während die Zofe einen Kranz aus Rosenblüten in ihr glänzendes braunes Haar flocht. Sie war unerklärlich nervös, und es fiel ihr schwer, still sitzen zu bleiben. Immer wieder schweiften ihre Gedanken ab, als wären sie Schmetterlinge, die sich von einer Sommerbrise hin- und hertreiben ließen. Und sie wusste genau, weshalb sie sich an diesem Abend so fühlte.

Lord Sebastian Barrett.

Wenn sie nur an seinen Namen dachte, hätte sie am liebsten vor Glück gelacht. Es war ihr kaum möglich, die verwirrenden Empfindungen zu bezwingen – eine Mischung aus übersprudelnder Vorfreude und einer Spur von Furcht. Würde er auf dem Ball erscheinen? Lady Alnworth hatte es gesagt. Der Ball der Duchess galt als das Ereignis der Saison, und schließlich war Lord Sebastian derzeit Londons größter Held. Bestimmt würde sie ihn wiedersehen.

Aber falls er dort war, was würde sie dann tun? Was, wenn er mit ihr sprach – oder kein einziges Wort an sie richtete? Er war so attraktiv und derartig gefragt, dass er bei der Auswahl seiner weiblichen Gesellschaft freie Wahl hatte.

Sie erinnerte sich an die Art und Weise, wie er sie in Lady Alnworths Gesellschaftszimmer angelächelt hatte, und daran, wie ungezwungen sie miteinander geredet hatten. Als sie sich in seiner Nähe befunden hatte, hatte sie keine Spur von Furcht beschlichen. Erst jetzt, wenn sie in ihrem stillen Zimmer an ihn dachte, verspürte sie diese Unsicherheit. Mary hasste es, nicht genau zu wissen, was sie empfinden oder tun sollte.

Sie schloss die Augen und dachte an den Morgen, an dem sie mit Lady Louisa in der Kutsche der Smythes durch den Park kutschiert war, um frische Luft zu schnappen. Von Weitem hatte sie Lord Sebastian erblickt. In seiner dunklen Reitkleidung hatte er besonders attraktiv ausgesehen, und sie hätte ihm am liebsten zugewinkt.

Allerdings sprach alles dafür, dass er ungestört sein wollte. Er trug nicht seine schneidige Uniform und ritt zu dieser noch ruhigen Stunde allein durch den Park. Er wirkte abwesend, als ob er mit seinen Gedanken ganz weit weg wäre. Sie brachte es nicht einmal übers Herz, Louisa auf ihn hinzuweisen.

Doch dann blickte er plötzlich hoch, und ein Lächeln erhellte sein Gesicht. Im Vorbeireiten blieb ihm nur noch Zeit, ihr zuzunicken und sich an den Hut zu tippen, und Mary schaffte es, als Erwiderung eine Hand zu heben. Dann war er außer Sichtweite.

Es war sein Blick in diesem kurzen Moment, der sie verfolgte – dieser Ausdruck grenzenloser Einsamkeit – ein Gefühl, das sie nur zu gut kannte.

„Gefällt es Ihnen, Miss Manning?“, erkundigte sich die Zofe und riss sie aus ihren Tagträumen.

Sie öffnete die Augen und sah erneut in den Spiegel. Der Anblick verblüffte sie.

Die Zofe hatte etwas Neues ausprobiert, das lockige Haar besonders kunstvoll geflochten und die Frisur mit Rosen und perlenbesetzten Haarnadeln geschmückt. Mary fühlte sich wie verwandelt. Ihre Wangen waren rosiger als sonst, und die Augen leuchteten.

„Sie sind wirklich eine Zauberin“, lobte Mary die Zofe, während sie den Kopf drehte, um sich von der Seite zu betrachten. „Ich sehe gar nicht mehr wie ich selbst aus.“

Die junge Frau lachte. „Doch natürlich tun Sie das, Miss Manning! Sie sehen nur heute besonders glücklich aus, wenn ich so freimütig sein darf, das zu sagen. Das muss ein besonders festlicher Ball sein, den Sie heute besuchen.“

„Ja, es wird bestimmt großartig“, entgegnete Mary, obgleich ihr nur zu bewusst war, dass nicht die Aussicht auf den Ball ihre Wangen rosig färbte. In Sankt Petersburg war sie zu den prachtvollsten höfischen Festen eingeladen worden, doch niemals hatte sie davor ein solches Kribbeln verspürt. Es lag an Lord Sebastian.

Mary musste es sich selbst eingestehen: Sie war aufgeregt, weil sie ihn wiedersehen würde.

Sie lachte leise und kam sich reichlich albern vor.

„Kommen Sie, Miss. Sie sollten langsam das Ballkleid anziehen“, sagte die Zofe.

Mary nickte und erhob sich von dem Hocker vor dem Ankleidetisch. Kurz verweilte ihr Blick auf dem Miniaturporträt ihrer Mutter, das dort in einem Goldrahmen stand. Maria Manning war wirklich eine außergewöhnliche Schönheit gewesen mit ihrem blassen ovalen Gesicht, den funkelnden dunklen Augen und dem tiefschwarzen Haar, das teilweise unter einer feinen Mantilla aus Spitze verborgen war. Ihr Lächeln schien sie aufzufordern, auf dem Ball zu tanzen und sich erstmals im Leben ganz frei und losgelöst zu fühlen. Das Porträt schien ihr zuzurufen, dass es an der Zeit war, in die Fußstapfen ihrer leidenschaftlichen, fröhlichen Mutter zu treten.

Mary wusste aus Erzählungen, wie ihre Eltern sich erstmals begegnet waren. Ihr Vater hatte ihre Mutter auf einem Ball gesehen, und sie hatten sich beide auf der Stelle unsterblich ineinander verliebt. Mary hatte diese märchenhafte Geschichte schon in ihrer Kindheit gern gehört und sich insgeheim die Frage gestellt, wie sich eine solche Liebe anfühlte. Als sie heranwuchs und mehr von der Welt sah, wurde ihr immer bewusster, wie selten Gefühle wie diese in Wahrheit waren. Sie glaubte nicht, dass sie selbst auf ein solches Glück hoffen konnte. Vielmehr würde sie sich damit abfinden müssen, eine Ehe einzugehen, die auf Freundschaft basierte.

Und jetzt plötzlich war es, als ob die Sonne strahlend und herrlich hinter den grauen Wolken hervorgebrochen wäre. Denn es existierte ein Mann wie Sebastian Barrett auf dieser Welt!

Selbst wenn er nie wieder ein Wort an sie richtete, gab allein seine Existenz Anlass zu Hoffnung.

Allerdings hoffte Mary durchaus, dass er mit ihr sprach. Sie lächelte das Porträt ihrer Mutter an und eilte dann in das Ankleidezimmer, um sich von der Zofe in die Ballrobe helfen zu lassen – eine Kreation von der gefragtesten Schneiderin Londons. Louisa war ziemlich neidisch gewesen, als sie erfahren hatte, dass Marys neues Abendkleid rechtzeitig für den Ball der Duchess of Thwaite fertig sein würde. Mary hingegen war es nur darum gegangen, als Begleiterin ihres Vaters einen präsentablen Eindruck zu machen.

Doch jetzt war sie sehr froh über das neue Kleid. Es war viel leichter als die schweren, mit Stickereien verzierten höfischen Gewänder, die sie in Sankt Petersburg hatte tragen müssen. Die hochtaillierte Ballrobe war aus duftiger hellrosa Seide geschneidert und mit kleinen Stoffrosen besetzt. Dazu gehörte ein passendes Paar Schuhe aus hellrosa Seide, die an den Spitzen ebenfalls mit Rosen verziert waren.

Mary konnte nicht widerstehen, sich einmal im Kreis zu drehen, sodass sich die Röcke bauschten. Sie fühlte sich in dem Kleid leicht und unbeschwert wie nie zuvor.

Sie hoffte bloß, dass es auch Lord Sebastian gefallen würde.

„Mary! Mary, hier bin ich!“, rief Louisa. Mary erspähte ihre Freundin über die Köpfe der Menschenmenge hinweg. Im großen Vestibül der Stadtresidenz der Duchess of Thwaite herrschte ein gewaltiges Gedränge. Alle warteten darauf, über die Treppe nach oben in den Ballsaal zu gelangen.

Mary winkte zurück, schaffte es jedoch nicht, sich einen Weg durch die Menge zu bahnen. Ihr Vater hatte sie ins Haus geleitet, nachdem sie aus der Kutsche gestiegen waren. Doch dann hatte er sie alleinlassen müssen, weil ihn ein paar andere Diplomaten zu sich gerufen hatten. Louisa gelang es, zu Mary vorzudringen, und sie zog sie hinter sich her die Stufen hinauf.

„Es ist alles so aufregend, Mary!“, rief Louisa begeistert. „Ich habe Lord Andrewson und seine Schwester in den Ballsaal gehen sehen. Er hat mir vorher Blumen geschickt. Gewiss wird er mich zum Tanz auffordern! Er sieht so gut aus! Mit wem möchtest du am liebsten tanzen?“

Mary spürte, wie sich ihre Wagen röteten, und sah zur Seite. „Oh … ich weiß es gar nicht.“

Allerdings hätte sie nicht fürchten müssen, dass Louisa ihre verwegenen Wünsche erriet. Die Freundin hatte längst das Thema gewechselt und gab nun Kommentare zu den Kleidern der Damen ab, die unten im Vestibül standen. Mary musste nichts weiter tun, als zu lächeln und zustimmend zu nicken. Dadurch blieb ihr genügend Zeit, um über das vergoldete Geländer hinweg die Gesichter der Neuankömmlinge zu studieren, die durch die Eingangstüren in das Haus strömten.

Jeder, der in London der feinen Gesellschaft angehörte, hatte darauf gehofft, eine Einladung zum Ball der Duchess zu erhalten. Die modischsten und bezauberndsten Ballkleider und die kostbarsten Juwelen schimmerten im Schein der Kerzen. Doch nirgends konnte Mary das leuchtende Rot einer Ausgehuniform entdecken. Ein wenig enttäuscht wandte sie sich ab.

Immerhin gelang es ihr an Louisas Seite, sich einen Weg in den berühmten Ballsaal zu bahnen, der als einer der größten Londons galt. Die Duchess of Thwaite war überdies dafür bekannt, die besten Floristen und Musiker zu engagieren. Der langgezogene rechteckige Raum erstrahlte in Gold- und Weißtönen und hatte eine gewölbte Decke, auf der eine Szene mit ausgelassenen Göttern und Cupidos vor blauem Himmel gemalt war. Girlanden und Kränze aus Efeu und Rosen mit goldenen Bändern schmückten die Wände, die mit wertvoller Seidentapete verkleidet waren. Halb geöffnete breite Glastüren führten hinaus auf die große Terrasse.

Auf einer Galerie oberhalb des Saals, die mit noch mehr Grün und Blumen geschmückt war, stimmte das Orchester die Instrumente. Die ersten Paare nahmen bereits lachend und flirtend auf dem Parkettboden Aufstellung. Das fröhliche Stimmengewirr wurde immer lauter, sodass man kaum sein eigenes Wort verstand.

Mary stellte sich auf die Zehenspitzen, doch ähnlich wie auf der Treppe war das Gedränge so groß, dass sie nicht viel mehr sah als das bewegte Spiel der weißen, blauen und gelben Ballkleider und der dunklen Herrenfräcke.

Sie erhaschte einen kurzen Blick auf ihren Vater, der neben dem Premierminister und einigen anderen Politikern stand. Inmitten der fröhlichen Ausgelassenheit wirkten ihre Gesichter auffällig ernst. Mary wusste, dass ihr Vater den Abend für wichtige Gespräche nutzen würde.

Lady Louisa wurde alsbald von Lord Andrewson zum ersten Tanz aufgefordert. Mary begab sich zu einem der zierlichen, mit Atlasseide bespannten Stühle, die an den Wänden aufgereiht waren, und fand einen Platz inmitten einer Gruppe lästernder Anstandsdamen. Von hier aus hatte sie einen guten Blick auf die Eingangstüren des Ballsaals, an denen jeder Neuankömmling haltmachen musste.

Sie kam sich rasch ziemlich töricht vor, weil sie auf einen Mann wartete, der möglicherweise gar nicht erscheinen würde.

Die Musiker begannen, den ersten Tanz zu spielen. Mary öffnete und schloss ihren Fächer aus Spitze und versuchte, sich auf die Tanzenden zu konzentrieren – auf die wirbelnden Röcke der Damen, den funkelnden Schmuck und die dunklen Fräcke der Gentlemen. Sie bemühte sich, nicht an Sebastian Barrett zu denken, aber es wollte ihr einfach nicht gelingen. Eine Unruhe hatte von ihr Besitz ergriffen, die sie nicht hätte erklären können.

Sie blickte auf eine große kunstvoll verzierte Wanduhr, die an der Längsseite des Saals stand, und ihr wurde bewusst, dass es eigentlich noch recht früh war. Viele der geladenen Gäste saßen jetzt vermutlich zu Hause noch beim Dinner. Sie sah Louisa vorbeiwirbeln und winkte ihr zaghaft zu.

Genau auf der anderen Seite am Rand der Tanzfläche entdeckte Mary Sebastian Barretts Freunde, die ihn zu Lady Alnworth begleitet hatten: Lord Paul Gilesworth, James Sackville und Nicholas Warren. Sehr zu ihrer Verwunderung schienen die drei Männer sie ebenfalls zu beobachten. Gilesworth hatte dabei sogar ein Monokel aufgesetzt.

Aus irgendeinem Grund ließen die Blicke sie frösteln. Sie fühlte sich ausgeliefert, als ob sie nachts allein durch einen finsteren Wald laufen würde. Sie wedelte heftig mit dem Fächer, sah weg und blickte erst nach einer Weile wieder zu den Männern hin.

Gilesworth lachte, wohingegen Nicholas Warren ernst den Kopf schüttelte. Mary fand Mr. Warren sympathisch. Er wirkte liebenswürdig und harmlos wie ein junger Welpe. Lord Paul Gilesworth hingegen konnte sie nicht leiden. Sein Lächeln verriet Hinterhältigkeit. Weshalb sie von den Männern beobachtet wurde, war ihr ein Rätsel.

Als sie erneut in ihre Richtung blickte, waren sie in der Menge verschwunden, und es waren nur noch lachende Tanzpaare zu sehen. Mary empfand Erleichterung.

Der Tanz endete, und Lord Andrewson brachte Louisa zu dem freien Stuhl neben Mary. Er versprach, Punsch zu holen und umgehend zurückzukommen.

„Was hier heute Abend für ein Andrang herrscht!“, rief Louisa und ließ ihren bemalten Seidenfächer aufschnappen. „Ich bekomme kaum noch Luft. Ich möchte schwören, dass meine Schuhe am Ende des Abends in Fetzen gerissen sind.“

Mary schenkte ihr ein Lächeln. „Aber Lord Andrewson ist in der Tat ein ausgezeichneter Tänzer.“

Louisa lachte. „Ja, das ist er wirklich! Du solltest auch tanzen, Mary. Einer solchen Musik kann niemand widerstehen.“ Sie blickte sich im Saal um. „Wie wäre es mit Mr. Domnhall? Ach nein, er ist ein furchtbarer Langweiler. Er würde dich mit seinem Gerede über das Angeln sogar bei einem flotten schottischen Reel zum Einschlafen bringen. Vielleicht lieber Lord Sackville? Er sieht recht gut aus …“

„Lord Sebastian Barrett!“, verkündete der Butler der Duchess mit lauter Stimme. Endlich betrat Sebastian Barrett den Ballsaal. Mary umschloss die mit Schnitzwerk verzierten Stäbe ihres Fächers fest mit beiden Händen.

Wie bei ihrer ersten Begegnung trug er die rote Ausgehuniform mit den goldenen Tressen. Sein schimmerndes dunkelblondes Haar leuchtete im Schein der zahllosen Kerzen wie frisch geprägte Guineen. Es kam Mary vor, als ob die Zeit kurz stehen bleiben und dann plötzlich in doppelter Geschwindigkeit verstreichen würde. Die Musik und das Gelächter drangen nur noch gedämpft an ihre Ohren. Es schien, als ob das gesamte Licht in dem prunkvollen Saal allein auf ihn gerichtet wäre, sodass alles andere im Schatten lag.

Ein rätselhaftes Lächeln umspielte seinen Mund, während er sich im Saal umsah. Der Blick seiner strahlenden smaragdgrünen Augen glitt über die Anwesenden – und blieb auf ihr haften. Sie war derartig überrascht, dass sie keine Zeit hatte ihre Gefühle zu verbergen. Die Aufregung, ihn nach all den Hoffnungen und Träumereien, denen sie sich in den letzten Tagen überlassen hatte, wiederzusehen, stand ihr gewiss ins Gesicht geschrieben.

Nachdem sie sich so viele Jahre sorgfältig darum bemüht hatte, ihre Gefühle in jeder Lebenslage zu beherrschen und stets nur höflich zu lächeln, kam ihr das geradezu lächerlich vor.

Die Duchess eilte mit wehenden Röcken auf Sebastian zu, um ihn zu begrüßen. Rasch war er von einer Menschenmenge umgeben. Mary blickte zu Boden und ließ erneut den Fächer aufschnappen.

„Vielleicht war es doch klug von dir, noch nicht zu tanzen, meine liebe Mary“, sagte Louisa. „Mit einem Mal stehen weit interessantere Tanzpartner zur Auswahl.“

Mary sah ihre Freundin überrascht an. Konnte man ihr die Gedanken tatsächlich vom Gesicht ablesen? „Louisa, ich glaube kaum, dass jemand wie Lord Sebastian Barrett einen Mangel an Tanzpartnerinnen hat.“

„Wer hat denn von Lord Sebastian geredet?“, erwiderte Louisa schmunzelnd. „Allerdings ist mir schon aufgefallen, wie du ihn angesehen hast, als er eintrat. Außerdem möchte ich schwören, dass sein Blick sofort auf dich fiel. Im Übrigen könnte er sich keine hübschere Tanzpartnerin wünschen als dich. Du siehst bezaubernd aus. Und jetzt komm mit!“

Mary blieb keine Zeit, um Widerstand zu leisten, denn Louisa hatte sie bereits am rechten Arm gefasst und sorgte dafür, dass sie sich eilig von der Stuhlreihe entfernte. Zielstrebig zog die Freundin sie durch die dichte Menschenmenge, sodass sie beinahe auf die Schleppe einer Dame getreten wäre.

„Ah, Lord Sebastian! Bestimmt erinnern Sie sich an uns. Wir sind uns neulich bei Lady Alnworth begegnet!“, rief Louisa.

Mary drehte den Kopf und sah, dass sie direkt vor Lord Sebastian standen. Die Duchess, die ihre behandschuhte Rechte auf einen Arm des Ehrengastes gelegt hatte, starrte sie verwundert an. Doch diesmal achtete Mary kaum auf die Reaktionen der anderen, der sie sonst solche Bedeutung beimaß. Sie hatte nur Augen für ihn.

„Lady Louisa, Miss Manning“, sagte er und verbeugte sich. „Wie schön, Sie wiederzusehen. Ich hatte bereits gehofft, Sie hier heute Abend anzutreffen.“

„Wirklich?“, entfuhr es Mary, bevor sie sich auf die Zunge beißen konnte.

Er lächelte sie an, und seine Augen funkelten. „Ja, in der Tat. Ich habe unsere Unterhaltung bei Lady Alnworth sehr genossen.“

Dann plauderte er völlig ungezwungen mit ihr über das schöne Wetter, und sie war froh, sich trotz seiner attraktiven Erscheinung, seiner Stimme und seines Lächelns, die ihre Tagträume beherrschten, ein wenig sammeln zu können.

Verstohlen glättete sie die Röcke und lächelte ihn vorsichtig an.

Nachdem sie einige Höflichkeiten über die außerordentliche Festlichkeit des Balls ausgetauscht hatten, entfernte sich die Duchess zögernd, um weitere Gäste willkommen zu heißen. Mary spürte, dass Louisa an ihrer rechten Hand zog.

„Lord Sebastian, ich fürchte die liebe Miss Manning fühlt sich nicht ganz wohl, weil es hier im Saal so stickig ist. Sie hatte eben schon die Befürchtung, in Ohnmacht zu fallen“, erklärte Louisa. „Wir wollten gerade hinausgehen, um etwas frische Luft zu schnappen, aber leider ist mir auf dem Weg ein Saum aufgerissen, den ich lieber sofort ausbessern sollte.“

Mary errötete und sah Louisa verzweifelt an. Am liebsten hätte sie heftig den Kopf geschüttelt. Was um alles in der Welt versuchte ihre Freundin da in die Wege zu leiten? Doch Louisa lächelte nur wissend.

„Wenn sich Miss Manning nicht wohlfühlt, ist es mir eine Ehre, sie auf die Terrasse hinauszubegleiten. Ich halte mich auch nicht gern in einem solchen Gedränge auf“, entgegnete Lord Sebastian. Kleine Lachfältchen bildeten sich an seinen Augenwinkeln, was seine anziehende Wirkung noch verstärkte.

„Lord Sebastian, das ist wirklich nicht …“, wollte Mary gerade widersprechen, hielt jedoch inne, weil Louisa fest ihr rechtes Handgelenk drückte.

„Das ist wirklich ganz reizend von Ihnen, Lord Sebastian!“, antwortete Louisa fröhlich an ihrer Stelle. „Ich bin bald wieder zurück.“

Schon war die Freundin verschwunden, und Lord Sebastian bot Mary höflich den rechten Arm.

Mary nahm die Einladung an. Es kam ihr vor, als ob sie sich durch einen unglaublichen Traum bewegte, als er sie durch die geöffneten Türen auf die Terrasse führte. Sie hatte Angst, die Leute anzusehen, die sie umgaben, ja überhaupt den Blick zu heben, weil sie fürchtete, der Traum würde sich dann in Luft auflösen.

Außerdem hegte sie die Befürchtung, dass Louisas Machenschaften ihn dazu gezwungen hatten, sie zu begleiten, obgleich er sich vielleicht insgeheim wünschte, ganz woanders zu sein. Indes bemerkte sie an ihm keinerlei Verstimmung oder den Wunsch, sie bei nächster Gelegenheit allein irgendwo stehen zu lassen. Im Gegenteil hielt er ihren Arm ganz fest und lächelte besorgt, als ob er wirklich beunruhigt wäre, dass sie ohnmächtig werden könnte. Er sprach mit leiser und tiefer Stimme weiter über unverfängliche Themen wie das Wetter oder die Musik, bei denen sie glücklicherweise nur wenig erwidern musste.

Verstohlen sah sie ihn von der Seite an und betrachtete seine wie aus Marmor gemeißelten Gesichtszüge. Heute Abend entdeckte sie keinerlei Anzeichen für jene Melancholie und Einsamkeit, die sie bei Lady Alnworth oder im Park an ihm bemerkt zu haben glaubte. Diese furchtbare und brennende Einsamkeit, die sie selbst von sich nur zu gut kannte …

Mittlerweile hatten sie die steinerne Terrassenbrüstung erreicht, von der aus man in einen gepflegten und für Londoner Verhältnisse ungewöhnlich großen Garten blickte. Chinesische Laternen hingen in den Bäumen, wodurch die Blumenbeete und die blassen antiken Statuen in ein warmes Licht getaucht wurden.

Überall auf der riesigen Terrasse boten Sitzgruppen hinter hohen Topfpflanzen die Möglichkeit, sich im Schutz der Blätter ungestört zu unterhalten. Wenige Paare spazierten durch den Garten, und die hellen Stoffe der Ballkleider leuchteten ab und an zwischen dem dunklen Grün auf.

Nach dem Lärm im Ballsaal hatte die Stille hier draußen beinahe etwas Betäubendes.

„Wenn ich ein eigenes Haus hätte, würde ich das alles ähnlich gestalten“, sagte Lord Sebastian ganz leise und nachdenklich, als ob er in Gedanken weit weg wäre.

Mary sah zu ihm hoch und war verwundert, wie ernst er wirkte, während er den Garten betrachtete. „Ihr eigenes Haus, Lord Sebastian?“

Er lächelte sie zurückhaltend an. „Ich kann das kaum im Hause meines Vaters verwirklichen. Allein die Idee einer Terrasse würde er als überflüssig und frivol bezeichnen.“

„Ich stelle mir auch manchmal vor, wie ich mein eigenes Haus gestalten würde. Offen gestanden hatte ich nie ein echtes Zuhause. Wir ziehen einfach zu häufig um. Da fragt niemand danach, in welchen Farben ich die Zimmer gern einrichten würde. Aber eines Tages vielleicht …“

„Ja, irgendwann ist es schon schön, ein eigenes Zuhause zu haben.“

„Da kann ich Ihnen nur zustimmen.“

Sie blieben am hinteren Ende der Terrasse stehen, von wo man über ein paar steinerne Stufen in den Garten gelangte. Die Ecke war von hohen und üppigen Topfpflanzen umgeben. Hier war es ruhig, und die Musik und das Gelächter des Ballsaals waren nur noch wie ein fernes Echo zu vernehmen, nicht lauter als das Rascheln der Blätter im Wind.

Mary konnte sich beinahe vorstellen, dass sie ganz allein hier waren. Das war natürlich beunruhigend und machte sie nervös – zugleich hatte die Vorstellung aber auch einen verführerischen Zauber. In dem überfüllten Ballsaal hatte sie sich schrecklich einsam gefühlt, wie so oft bei großen Festivitäten. Hier, allein mit ihm, fühlte sie sich alles andere als einsam.

„Eine Terrasse wie diese wäre ideal, um an einem warmen Mittag Gäste zu bewirten oder im Mondlicht zu tanzen“, sagte sie und beobachtete, wie der Wind durch die Blumenbeete strich.

„Ein Haus, in dem sich der kleine Kreis wahrer Freunde versammeln könnte, wäre tatsächlich etwas Wundervolles. In letzter Zeit habe ich leider überwiegend in Zelten übernachtet …“ Er lachte und sah sie entschuldigend an. „Verzeihen Sie, Miss Manning. Ich gebe gewiss einen langweiligen Gesellschafter ab. Seit ich wieder in London bin, schweifen meine Gedanken viel zu häufig ab.“

„Ich bin ganz und gar nicht gelangweilt“, beteuerte Mary. Im Gegenteil war sie ausgesprochen fasziniert davon, dass ein Mann wie Lord Sebastian ihr einen Blick hinter seine heldenhafte Fassade gewährte – ein Mann, der sich offenkundig ebenso nach einem echten Zuhause sehnte wie sie.

„Als wir einmal nachts auf einem Feld im Niemandsland das Nachtlager aufgeschlagen haben, erblickte ich eine Sternenkonstellation, wie ich sie nie zuvor gesehen hatte“, sagte er. „Sie glich einer Halskette aus Diamanten – ein wundersam funkelndes Band in der Dunkelheit.“

Er blickte hinauf in den Himmel, und Mary tat es ihm gleich. Die Dunkelheit war hier in London dieselbe wie immer. Es war bedeckt, und nur ein paar wenige, besonders helle Sterne schimmerten durch den Dunst. Dennoch konnte sie sich gut vorstellen, was er in jener Nacht auf dem freien Feld erblickt hatte. Gerade wenn einem das unbeschreibliche Gemetzel einer Schlacht bevorstand, musste ein solcher Anblick überwältigend sein.

„Haben Sie auch schon einmal davon geträumt, dort unter all den Sternen dahinzutreiben, losgelöst und frei von allem?“, fragte sie leise. Sie war selbst überrascht, dass sie so viel von sich preisgab. „Einfach nur zu sein?“

Überrascht lächelnd sah er ihr in die Augen. „Selbstverständlich. Vor allem, seit ich wieder hier bin.“

„Nur hier? Nicht während des Feldzugs?“

Erneut lächelte er, doch diesmal sehr nachdenklich. „Ich weiß, es mag vielleicht seltsam klingen, aber solange ich bei meinem Regiment war, wusste ich immer, was von mir erwartet wird und was ich über die Welt, die mich umgab, dachte. Hier jedoch … hier kommt es mir vor, als ob ich mich mit gar nichts mehr auskennen würde. London ist mir sehr fremd geworden.“

Mary nickte. Eine ähnliche Verlorenheit empfand sie, seit sie mit ihrem Vater nach London zurückgekehrt war. „Glücklicherweise war ich nie auf einem Schlachtfeld, aber es ist sehr lange her, dass wir in London gelebt haben. Angesichts unserer ständigen Ortswechsel bildeten mein Vater und ich die einzige kleine Welt, die ich als Heimat bezeichnen könnte. Und jetzt ist es schwierig, sich auf das Leben hier einzustellen. Ich weiß, dass ich Engländerin bin und dass ich mich hier heimisch fühlen sollte, aber …“

Sie sprach nicht weiter, denn sie war unsicher, was sie sagen sollte. Sie hatte diese Gedanken seit langer Zeit tief in sich verborgen, und jetzt, wo sie die Empfindungen in Worte fasste, kamen sie ihr geradezu verboten vor. Ihr Vater hatte schon genug andere Sorgen – viel zu früh hatte er seine geliebte Frau verloren, und die Bedeutsamkeit seiner Arbeit ließ keinen Spielraum, um sich auch noch um die Befindlichkeiten der Tochter den Kopf zu zerbrechen.

Dennoch war es seltsam und schön, dass ausgerechnet der von allen umworbene Kriegsheld Sebastian Barrett genau das verstand, was sonst hier in London niemand nachvollziehen konnte. Sein Lächeln glich einem hellen Blitz in der dunklen Nacht, und er nickte zustimmend. „Es ist, als ob die Menschen hier eine fremde Sprache sprächen, die ich nur oberflächlich entziffern kann, um mehr oder weniger gut die Rolle auszufüllen, die ich spielen soll.“

Mary war von seiner Offenheit tief beeindruckt. Immerhin wurde er von der feinen Gesellschaft als Held der Stunde gefeiert! Wie konnte es da sein, dass er sich verloren vorkam? Und doch erkannte sie die tiefe Traurigkeit in seinen Augen. „Welche Rolle ist das in Ihrem Fall, Lord Sebastian?“

Er stützte sich mit den Händen auf dem steinernen Geländer ab und starrte in den dunklen Garten. „Oh, wir haben hier alle unsere Rollen zu spielen, oder etwa nicht, Miss Manning? Die meisten Menschen haben sie so lange gespielt, dass sie überhaupt nicht mehr erkennen, dass es etwas anderes geben könnte. Sie sind zu dem geworden, was sie sein sollten. Als ich bei meinem Regiment war, hatte ich auch das Gefühl, genau das Richtige zu tun. Ich spürte, worin meine Pflicht bestand, und war in der Lage, die mir gestellten Aufgaben zu erfüllen. Das ist ein gutes Gefühl, das ich jedem Menschen zumindest einmal im Leben wünsche – auch wenn daraus meist von den anderen eine Erwartungshaltung abgeleitet wird, die viel zu hoch ist. Aber sicher gibt es unter uns in der Tat einige, die sich wie Sie fragen, wie es sein mag, sich wie die Sterne treiben zu lassen und einfach nur sie selbst zu sein.“

„Sie meinen, die Freiheit zu haben, ganz so zu sein, wie man eben ist?“ Mary fand diese Vorstellung wunderbar und außergewöhnlich.

„Und was würden Sie mit der grenzenlosen Freiheit machen, Miss Manning?“

Im Halbdunkel der Terrasse blickte sie ihn prüfend an und sah dann wieder gen Himmel. „Ich weiß es nicht. Mein Leben hat bisher daraus bestanden, meinen Vater bei seiner Arbeit zu unterstützen.“

„Dann würden Sie also eine Diplomatenkarriere einschlagen wie Ihr Vater?“

Mary lachte. „Es gibt ein paar Dinge, die ich an seiner Tätigkeit sehr schätze. Er dient seinem Land, bemüht sich um friedliche Lösungen, sieht viele erstaunliche Orte auf der Welt und begegnet den unterschiedlichsten Leuten. Das finde ich wirklich großartig. Aber ich wünschte auch, in einem Punkt würde es sich anders verhalten.“

„Und der wäre?“

Mary lächelte. War er wirklich an derartig persönlichen Überlegungen interessiert? Er sah sie ernst an. „Ich sehne mich nach einem echten Zuhause. Wir sind so oft umgezogen, dass ich nicht einmal weiß, an was für einem Ort ich mich wirklich zu Hause fühlen würde.“

„Vielleicht in einem Haus mitten im Wald?“

„Ja, möglicherweise“, antwortete sie lachend. „Ein Cottage mit einem kleinen Rosengarten und einer Katze auf der Eingangsstufe. Oder vielleicht ein leuchtend weißes Schloss auf einer Bergspitze. Ein Ort für eine große Familie.“

„Eine Familie“, murmelte er, und Mary schien es, als ob ein Schatten sein Gesicht verfinsterte.

„Was würden Sie sich denn wünschen, Lord Sebastian?“

Er lachte, und die Düsterkeit war wieder aus seinem Blick verschwunden. „Ein Schloss auf einer Bergspitze klingt ziemlich gut. Auf jeden Fall sollte es ein Ort sein, der so weit wie möglich von meinen Verwandten entfernt ist.“

Erst jetzt wurde Mary bewusst, dass er Lord Henry Barretts Bruder war, und der Gedanke bereitete ihr Unbehagen. „Sind Sie denn nicht glücklich, wieder in der Nähe Ihrer Familie zu sein?“

„Das kann ich nicht behaupten, Miss Manning, aber vermutlich ergeht es den meisten Menschen mit ihren Familien ganz ähnlich. Ich bin froh über einige Freunde, die ich hier getroffen habe, und über die Festivitäten und Zerstreuungen.“

Mary starrte hinaus in den Garten. „Wo wir gerade von Zerstreuung reden, bitte fühlen Sie sich nicht verpflichtet, mir hier draußen Gesellschaft zu leisten, Lord Sebastian. Ich kann mir vorstellen, wie viele Leute sich heute Abend mit ihnen unterhalten wollen.“

Er schenkte ihr erneut ein Lächeln, das so verführerisch war, dass sie sich gegen das kühle Terrassengeländer lehnen musste, weil sie ganz weiche Knie bekam.

„Ich bevorzuge es aber, hier zu sein und mit Ihnen zu sprechen“, erwiderte er. „Sie sind eine außergewöhnliche Frau, Miss Manning.“

„Ich? Außergewöhnlich?“, fragte sie verwundert nach. Er war außergewöhnlich, und er faszinierte sie immer mehr. Hinter der schneidigen Fassade schien sich so viel Tiefgründiges zu verbergen. „Ganz im Gegenteil, Lord Sebastian. Ich bin ganz gewöhnlich.“

„Gewöhnlich ist bestimmt die letzte Bezeichnung, die auf Sie zutrifft.“ Er ergriff ihre rechte Hand und umfasste behutsam ihre Finger, als wären sie aus kostbarem Kristall. „Ist es so abwegig, dass ich lieber hier draußen mit Ihnen rede und die Sterne betrachte, als mich in einen stickigen Ballsaal zu drängen?“

Mary konnte den Blick nicht von seiner Hand abwenden, mit der er ihre umschloss. Seine Haut setzte sich stark von ihrem weißen Handschuh ab – sie war sonnengebräunt und wies eine Narbe auf. „Ja“, sagte sie unumwunden.

Er lachte und hob ihre Finger an seine Lippen, um sie flüchtig zu küssen. Sein Mund fühlte sich warm und überraschend weich durch den dünnen Stoff des Handschuhs an, und die Berührung ließ sie wohlig erschaudern. Das Mondlicht tauchte seine anziehende Erscheinung in ein silbriges Licht. Alles kam ihr noch immer wie in einem Traum vor.

„Wie wenig Sie mich kennen, Miss Manning“, sagte er, und eine Spur von Traurigkeit und Bedauern huschte über sein Gesicht.

„Gewiss kenne ich Sie überhaupt nicht, Lord Sebastian.“ Wie sehr sie sich danach sehnte, ihn besser zu kennen – viel zu sehr.

„Ich fühle mich, als ob ich gar nicht mehr ich selbst wäre. Ich fürchte, ich habe erbärmliche Dinge getan“, sagte er und drückte ihren Handrücken gegen seine linke Wange.

„Erbärmlich?“, flüsterte Mary. „Was meinen Sie denn damit?“

Er schüttelte den Kopf. „Ich wünschte, ich könnte es Ihnen erzählen – und gleichzeitig hoffe ich, dass Sie es nie erfahren werden.“

Er wirkte jetzt wieder, als ob er mit seinen Gedanken ganz weit weg wäre, und sie war ganz überwältigt von dieser bittersüßen Schwermut. Sie wollte, dass er sich besser fühlte, wollte den Schmerz lindern, der sich hinter dieser vollkommenen Schönheit verbarg.

Ihr fiel nichts anderes ein, was sie hätte tun können, also stellte sie sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn. Sie hatte keine Erfahrung mit Küssen und bezog ihr Wissen nur aus Büchern. Ihre Berührung war ganz zaghaft und einzig von der Hoffnung erfüllt, ihn auf andere Gedanken zu bringen. Doch er öffnete die Lippen, hielt überrascht die Luft an und erwiderte den Kuss. Ein Glücksgefühl durchströmte sie, wie sie es nie zuvor verspürt hatte.

Er legte die Hände um ihre Schultern und zog sie fest an seine Brust.

Leidenschaftlich erkundete er mit der Zunge ihre Lippen, bevor er sie sehnsüchtig in ihren Mund tauchte. Willig kam sie seinen Zärtlichkeiten entgegen – sehnte sich nach mehr, nach mehr von ihm. Nie hatte sie Vergleichbares empfunden. Es war, als ob sie wahrhaftig hinauf zu den Sternen flöge.

Er drückte sie sanft mit dem Rücken gegen das Geländer und ließ den leicht geöffneten Mund über ihr Kinn und hinunter zu ihrem Hals gleiten. Zärtlich neckend küsste er den empfindlichen Punkt hinter ihrem linken Ohr und brachte sie zum Lachen.

Wie wundersam es war, geküsst zu werden! Weshalb hatte sie das nicht schon längst erfahren? Oder lag es nur an ihm, dass es so wundervoll war? Sie ließ die Finger durch sein weiches Haar gleiten und zog ihn zu sich, um erneut seine Lippen zu küssen. Er ging darauf eifrig ein, und sein Kuss wurde immer leidenschaftlicher und entflammte ihr Verlangen.

„Mary“, flüsterte er sehnsüchtig.

Sie schmiegte sich noch enger an ihn, wollte ihm so nah wie möglich sein, wollte so viel von … sie wusste nicht, wovon. Es war, als ob sie zwischen den Sternen schweben würde.

„Oh bravo, Sebastian! Das kann man aber wirklich rasche Arbeit nennen!“

Plötzlich diese hämische Stimme zu vernehmen, war wie ein eisiger Regenguss, der die strahlende Sonne des Kusses gefrieren ließ. Mary löste sich taumelnd von Sebastian und wäre fast über das Geländer gefallen, wenn er sie nicht noch immer an einem Arm festgehalten hätte. Ein Schmerz durchzuckte ihren ganzen Körper, als wäre sie tatsächlich in die Tiefe gestürzt.

Sie spähte über seine Schultern und sah drei Männer, die sie beobachteten – Lord Paul Gilesworth, Nicholas Warren und Lord James Sackville. Die höhnischen Worte waren von Gilesworth gekommen, und das aufgesetzte Lächeln, mit dem er sie betrachtete, war abscheulich. Mr. Warren war wenigstens rot im Gesicht und wirkte entsetzt, wohingegen Lord James nur laut lachte.

Mary schüttelte den Kopf. Es war wie in einem Albtraum! Noch einen Augenblick zuvor hatte sie sich glücklicher und lebendiger denn je gefühlt. Jetzt fühlte sie sich nur noch wie erstarrt, und es kam ihr vor, als ob die Szene, die sich hier abspielte, in einem befremdlichen Theaterstück stattfinden würde.

Das wundervolle Märchen hatte einen hässlichen Ausgang genommen. Sie schloss die Augen und hoffte inständig, sie würde aus diesem bösen Traum erwachen. Sie spürte Sebastians Hand auf dem rechten Arm, und selbst das war nicht mehr wie zuvor. Jetzt fühlte es sich wie eine Fessel an.

Als sie die Augen wieder öffnete, hatte sich nichts geändert. Die Männer sahen sie an, Gilesworth schien zu triumphieren, und sie fühlte sich wie gelähmt. Nach so vielen Jahren, in denen sie sich stets tadellos und vorsichtig verhalten hatte, hatte sie sich ein einziges Mal einen kleinen Fehltritt erlaubt, und prompt waren hämische Zuschauer zur Stelle. Was für ein schreckliches Gefühl!

Sie wartete darauf, dass Sebastian das Wort ergriff, um ihr aus der entsetzlichen Peinlichkeit zu helfen, doch der Schrecken schien kein Ende nehmen zu wollen.

Dann rief sie sich in Erinnerung, was Gilesworth gesagt hatte.

Wirklich rasche Arbeit …

Konnte das etwa bedeuten … War das wirklich möglich? Hatte Sebastian von Anfang an beabsichtigt, sie zur Belustigung seiner Freunde zu einem Kuss zu verführen? Entgeistert drehte sie sich um und sah ihm ins Gesicht. Er erwiderte den Blick, doch an seiner Miene ließ sich nichts ablesen. Das war nicht mehr der Mann, der mit ihr über die Sterne geredet hatte, der ihr zugehört und sie so zärtlich geküsst hatte.

„Ist … ist es …“, stammelte sie. Sie wusste gar nicht, was sie sagen sollte. Es war, als wäre ihr Verstand nicht mehr in der Lage, sich an ein einziges Wort zu erinnern. Sie spürte, wie sich ihre Wangen vor Scham erhitzten, obgleich sie sich innerlich eiskalt fühlte. Sie konnte ihn nur ungläubig anstarren.

„Sie haben allen Grund, stolz auf sich zu sein, Miss Manning, weil Sie die Aufmerksamkeit eines Helden wie Lord Sebastian für sich gewonnen haben“, sagte Gilesworth süffisant. „Wir waren uns gar nicht sicher, ob er und Sie wirklich so verwegen sein würden. Aber für fünfzig Guineen …“

Fünfzig Guineen? Hatten sie Sebastian dafür bezahlt, damit er sie küsste?

Oh, du Närrin! schalt sie sich innerlich. Noch nie in ihrem Leben war sie sich so einfältig und dumm vorgekommen.

„Mary, bitte …“, ergriff Sebastian mit heiserer Stimme das Wort.

Doch Mary konnte es nicht ertragen, sich seine Entschuldigungen oder, was noch viel schlimmer war, seinen Spott anzuhören. Es war, als ob der Himmel mit seinen funkelnden Sternen über ihr zusammenbrechen würde.

Sie schüttelte den Kopf, riss sich los und hastete auf die Türen zu, die in den Ballsaal führten. Gilesworths Gelächter verfolgte sie.

Erst als sie die hellen Lichter und die verschwommenen Bewegungen der Tänzer erblickte, wurde ihr bewusst, dass sie nicht in der Lage war, einer Menschenmenge gegenüberzutreten. Auch wenn sich dieser furchtbare Kuss und diese grauenvolle Wette herumsprachen, würde sie sich noch verstellen und würdevoll den Kopf hochhalten müssen. Sie umrundete das Haus und fand im Vestibül einen Lakaien, der ihr zeigte, wo sich das Damenzimmer befand.

Glücklicherweise war es ganz ruhig in dem kleinen Raum. Mary stellte sich hinter den Wandschirm, um tief durchzuatmen, die Augen zu schließen und sich zu sammeln. Als sie schließlich ihr Haar ordnete und die Röcke glättete, hörte sie, wie sich die Tür öffnete, Seidenröcke raschelten und lachend ein paar ältere Frauen eintraten. Sie musste sich zusammennehmen, ihren Vater finden und umgehend nach Hause zurückkehren.

Autor

Diane Gaston
<p>Schon immer war Diane Gaston eine große Romantikerin. Als kleines Mädchen lernte sie die Texte der beliebtesten Lovesongs auswendig. Ihr Puppen ließ sie tragische Liebesaffären mit populären TV- und Filmstars spielen. Damals war es für sie keine Frage, dass sich alle Menschen vor dem Schlafengehen Geschichten ausdachten. In ihrer Kindheit...
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