Historical Weihnachten Band 14

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DAS WEIHNACHTSGEHEIMNIS von TERRI BRISBIN
Wer ist die betörende Elizabeth wirklich? Diese schöne Dirne mit den Manieren einer Edelfrau … Als Lord Gavin Macleod über Weihnachten nach England reist, gerät er unversehens in ihren sinnlichen Bann. Leidenschaftlich schwört er, ihr Geheimnis aufzudecken …

DIE WEIHNACHTSBRAUT von ELIZABETH ROLLS
Nie zuvor hat Dominic sich so stark zu einer Frau hingezogen gefühlt wie zu der betörenden Philippa. Doch seine Mutter, die stolze Lady Alderley, sieht in Pippa nur eine bessere Dienstbotin – und besteht darauf, dass ihr Sohn sich mit einer reichen Erbin vermählt. Zum Christfest steht Dominic vor der schwersten Entscheidung seines Lebens!

EIN DUKE ZUM FEST DER LIEBE? von NICOLA CORNICK
Wie soll sich Miss Clara Davencourt all der Wüstlinge erwehren, die es auf ihr Vermögen abgesehen haben? Die unerfahrene Erbin sucht Rat bei dem berüchtigten Lebemann Sebastian, Duke of Fleet – doch im weihnachtlichen Lichterglanz verläuft die Lektion gänzlich anders als geplant!


  • Erscheinungstag 15.10.2021
  • Bandnummer 14
  • ISBN / Artikelnummer 9783751503075
  • Seitenanzahl 400
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Terri Brisbin, Elizabeth Rolls, Nicola Cornick

HISTORICAL WEIHNACHTEN BAND 14

1. KAPITEL

Erlaube, dass ich sie dir heute Abend schicke.“

„Machen dich die kürzer werdenden Tage närrisch im Kopf, Mann?“

Gavin MacLeod funkelte seinen Gastgeber wütend an. Dann hob er den Becher an die Lippen und nahm einen tiefen Schluck. Das Heidebier floss angenehm durch seine Kehle und brachte ihn dazu, alle weiteren missmutigen Erwiderungen hinunterzuschlucken. Wenn er eine Frau fürs Bett brauchte, musste niemand ihm helfen, eine zu finden.

Seit Jahren stattete er nun schon Orrick of Silloth zur Wintersonnwende einen Besuch ab. Und er konnte sich nicht daran erinnern, dass Orrick je Interesse an weiblichen Leibeigenen oder Bediensteten gezeigt, ja, dass er sie überhaupt wahrgenommen hätte. Allerdings war es Gavins erster Besuch nach dem Tod seiner Frau. Vielleicht fiel es Orrick jetzt deshalb leichter, mit ihm über Frauen zu sprechen. Vielleicht war es aber auch das kommende Fest, das ihm Lust auf dieses Thema machte?

„Schau, Gavin, sie ist genauso wenig eine wirkliche Hure, wie ich König von England bin“, meinte Orrick leise.

„Bist du jetzt nicht nur mein Pflegebruder, sondern auch noch mein Kuppler?“

Gavin betrachtete die Frau genauer. Wie hätte er es auch nicht tun sollen? Orricks Worte zwangen ihn geradezu, ihr seine Aufmerksamkeit zu schenken. Er sah, dass sie in verschwenderischer Fülle mit allen weiblichen Attributen ausgestattet war. Volle, üppige Brüste, eine schmale Taille, wohlgerundete Hüften und lange Beine machten sie zu einer sehr anziehenden Erscheinung. Doch anstatt ihre Vorzüge ins rechte Licht zu rücken, wie es eine Frau tut, die sich ihren Lebensunterhalt auf dem Rücken liegend verdient, verbarg diese hier sie unter einem derben Gewand und einem Schleier. Und sie gab sich obendrein auch noch eher bescheiden.

„Du bist doch ihr Herr, Orrick. Weißt du etwa nicht, wie sie sich ihren Lebensunterhalt verdient?“

Orrick brummte nur und nahm einen Schluck aus seinem Becher. Gavin beobachtete die Frau einige Zeit, während sie an den unteren Tischen bediente. Sie zeigte ein liebenswürdiges Lächeln und sprach leise mit all jenen, denen sie Bier einschenkte. In ihrem Benehmen den Männern gegenüber lag nichts Aufreizendes, und keine der Frauen an den Tischen antwortete mit Feindseligkeit auf ihr Betragen. Orrick führte seinen Besitz und seine Ländereien in der Tat auf ganz andere Art und Weise als die meisten der englischen Lords.

„Ich weiß, wie sie sich ihren Lebensunterhalt verdient, Bruder. Ich weiß aber nicht, wie es dazu kam, dass sie ihn sich auf diese Weise verdienen muss.“

Orricks Worte verblüfften Gavin. Orrick hatte seine ganz eigene Methode, mit der es ihm immer gelang, die Wahrheit herauszufinden. Trotzdem hatte diese Frau es geschafft, ihre Vergangenheit vor ihm zu verbergen. Das war erstaunlich. Und sehr interessant. Zum ersten Mal seit langer Zeit regte sich wieder etwas in Gavin.

Es war die Neugier.

Er ließ sich tiefer in den hochlehnigen Sessel zurücksinken und sah sich die Frau genauer an. Er schätzte sie auf ungefähr fünfundzwanzig Jahre. Anscheinend besaß sie noch alle Zähne. Gavin konnte es sehen, wenn sie lächelte. Und er sah auch, dass keine Pockennarben oder sonstigen Schönheitsfehler ihre Haut entstellten. Aufrecht und mit geradem Rücken stand sie da. Ihr Körper ließ keine Missbildungen erkennen. Das hier war keine der üblichen Dorfhuren.

„Spielt es überhaupt eine Rolle, warum sie es tut, Orrick? Macht sie dir irgendwelchen Ärger?“

Orrick beugte sich näher zu ihm, damit keiner seine Worte hören konnte. Besonders seine Frau Margaret nicht, die auf seiner anderen Seite saß. „Ich mag keine offenen Fragen. Wer weiß, was für Übel sie über uns bringen kann, falls jemand sie hier bei uns sucht?“

Gavin fühlte sich wie eine Marionette, an deren Schnüren man zog. Er erkannte sehr wohl das listige Spiel seines Pflegebruders und beschloss, es ihm gleichzutun. Was sein Bruder konnte, konnte er schon lange.

„Dann wirf sie doch hinaus. Als Herr über diesen Besitz hast du schließlich das Recht dazu.“

Die Art, wie Orrick das Gesicht verzog, und auch sein finsterer Blick verrieten Gavin die Wahrheit. Die Frau hatte Orricks Interesse geweckt, er wollte ihre Geschichte kennenlernen. Doch niemals würde er eine hilflose, arme Seele, die keine andere Zuflucht besaß, von seinen Ländereien vertreiben. Ganz besonders nicht so kurz vor dem Fest der Geburt unseres Herrn und den Neujahrsfeierlichkeiten. Es war eine alte Schwäche von ihm. Orrick saß in der Klemme, und darüber musste Gavin lachen.

„Du täuschst dich in mir. Und du versuchst vergebens, mich zu manipulieren. Aber ich habe Mitleid mit dir und der Zwickmühle, in der du steckst. Ich werde dir trotzdem die gewünschten Informationen über deine Dorfhure bringen.“ Während er sprach, deutete er mit dem Kopf zu der Frau hinüber. Und dabei wäre ihm beinahe der schmerzliche Ausdruck entgangen, der über Orricks Gesicht huschte. Beinahe.

Ob der Burgherr wohl ein persönliches Interesse an der Frau hatte? Gavin glaubte es eigentlich nicht. Aber wie sonst war sein Benehmen zu erklären? Gavin reckte den Hals, um zu sehen, ob Margaret ihnen ihre Aufmerksamkeit schenkte. Er sah, dass sie in ein angeregtes Gespräch mit der Frau neben ihr vertieft war. Jetzt war die beste Gelegenheit, seine Frage zu stellen.

„Möchtest du sie gern zu deiner Bettgenossin machen? Ist es das, was hinter alledem steckt?“

„Bettgenossin?“, fragte Orrick und verschluckte sich beinahe an dem Wort.

„Aye. Wenn du sie als Bettgenossin haben willst, kann ich herausfinden, ob sie verheiratet ist oder ob es sonst irgendein Hindernis für dich gibt.“

So ungewöhnlich war ein solches Ansinnen unter Adligen gar nicht. Aber Gavin hatte das Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmte. Er hätte nie geglaubt, dass Orrick sich eine andere Frau ins Bett holen würde, solange er mit Margaret vermählt war. Wenn sich die Dinge zwischen den beiden so verändert hatten, dann war zwischen Gavins Besuchen zu viel Zeit verstrichen.

„Ich will keine andere Frau als meine Margaret, du dickschädeliger Esel“, flüsterte Orrick ihm wütend zu. „Es geht nur darum, einem Freund etwas Beschäftigung zu verschaffen. Ich glaubte, so hättest du in der Zeit, die du bis zur Ankunft des neuen Jahres bei uns bleibst, etwas zu tun. Das ist alles.“

Erleichtert atmete Gavin auf. Er würde also nicht in irgendetwas verwickelt werden, wodurch er Orricks Frau verletzen könnte. Sie konnte einem wirklich Angst einjagen, wenn sie in Wut geriet, und er verspürte keine Lust, in diesem Fall derjenige zu sein, auf den sich ihre Aufmerksamkeit richtete. Auch war er von Herzen froh darüber, dass Orrick seiner Margaret immer noch treu war. So treu wie er seiner Frau Nessa, als sie noch lebte.

„Gut denn. Schicke sie zu mir, und ich werde ihr Geheimnis für dich lüften.“

„Sei vorsichtig“, flüsterte Orrick ihm warnend zu. „Zwar darf man die Bedürfnisse eines Gastes nicht so einfach ignorieren. Aber selbst während dieser langen, dunklen Wintertage mag Margaret es nicht sonderlich, wenn in ihrer Burg die Dienste einer Hure in Anspruch genommen werden.“

„Bring mich bei deiner Gattin ja nicht in Schwierigkeiten, Orrick. Und lass auch diese Frau da“, er deutete mit dem Kopf in Richtung ihres Opfers, „nicht wegen deiner Neugier Verdruss mit der Burgherrin bekommen.“

Orrick wischte seine Bedenken mit einer Handbewegung fort. „Man wird sie in dein Gemach schicken, damit sie dir beim Baden behilflich ist. Dem wird selbst Margaret zustimmen. Was von da an zwischen euch geschieht, geht nur dich und sie etwas an“, meinte er und nickte in die gleiche Richtung.

Gavin lehnte sich zurück und trank noch einen Schluck Bier, während er die ganze Zeit die graziösen Bewegungen der jungen Frau beobachtete, von der die Rede war.

„Und ihr Name? Du hast mir noch gar nicht ihren Namen genannt.“

„Elizabeth.“

Elizabeth. Das klang ziemlich hochtrabend für eine Hure. Ihre Kunden nannten sie wahrscheinlich „Lizzie“ oder „Betsy“. Ein Name, der besser zu einer Frau passte, die sich für Männer auf den Rücken legte.

Elizabeth.

Da! Schon wieder sah er zu ihr herüber. Aus den Augenwinkeln beobachtete Elizabeth, wie Lord Orricks Freund sie aufmerksam betrachtete. Bewusst ging sie bis ans Ende der langen Tischreihe, um herauszubekommen, ob er den Blick auf jemand anderen richtete. Er tat es nicht.

Während sie den Gedanken an das, was seine Aufmerksamkeit bedeuten mochte, zu verdrängen versuchte, wurde ihre Unruhe immer größer. Selbst wenn Lady Margaret ihr verboten hatte, in der Halle oder der Burg ihrem Gewerbe nachzugehen, so wurde doch von ihr erwartet, dass sie die Bedürfnisse eines geehrten Gastes erfüllte. Und jemandem, der so hoch in der Gunst des Lords stand, würde jeder Bewohner von Orricks Burg auch noch die kleinste Laune erfüllen.

Sie hatte es schon mit anderen getan und würde es auch wieder tun. Doch jetzt spürte sie eine wachsende Unsicherheit in sich. Als wäre sie ein unerfahrenes Mädchen. Sie lächelte dem Sohn des Müllers zu, während sie seinen Becher mit Bier füllte und versuchte, den Gast des Lords zu ignorieren. Doch bei seiner Größe und seinem Platz am hohen Tisch neben Orrick war das fast unmöglich. Also beschloss Elizabeth, die Herausforderung unverhohlen anzunehmen, hob den Kopf und begegnete seinem Blick.

Selbst aus dieser Entfernung konnte man sehen, wie er die Stirn runzelte. Hatte sie schon jetzt etwas getan, was ihm missfiel? Sie fuhr fort, ihn anzusehen und war überrascht, als sie sah, wie sein Mund sich zu einem Lächeln verzog. Wenn er lächelte, wirkte er nicht mehr annähernd so Furcht einflößend.

Elizabeth lief ein Schauer über den Rücken. Sie war sich sicher, dass er mit Lord Orrick über sie gesprochen hatte. Zu welchem Ergebnis sie wohl gekommen waren? Dieser Mann reiste allein, hatte noch nicht einmal einen Schildknappen oder einen Bewaffneten zum Schutz bei sich. Die Köchin hatte ihr erzählt, dass Lord Gavin jedes Jahr um diese Zeit Lord Orrick besuchte und üblicherweise bis nach der Sonnwende und den Neujahrsfestlichkeiten blieb. Dann kehrte er wieder auf seine Ländereien in Schottland zurück.

Wollte er ihre Dienste als Hure? Vielleicht. In seinen eindringlichen Blicken konnte sie sehr wohl die Begierde erkennen. Elizabeth musste sich eingestehen, dass sie keine gute und erfahrene Hure war. Das Gewerbe war immer noch ein wenig neu für sie. Sie war noch dabei, die Verführungskunst zu meistern und auch zu lernen, wie sie die Blicke ihrer Kunden zu deuten hatte. Eines Tages würde sie ihr Gewerbe sicher besser ausüben.

Eines Tages.

Sie seufzte und widmete ihre Aufmerksamkeit wieder ihrer augenblicklichen Aufgabe. Die Leute hier waren freundlich zu ihr. Selbst die Männer, die sie in ihrer Hütte besuchten, waren nie grob oder respektlos, wenn sie bei ihr lagen. Und dafür war sie dankbar. Sie war für vieles dankbar – besonders für den Tag, an dem sie dieses Dorf und die Burg von Lord Orrick of Silloth betreten hatte. Er hatte ihr einen Ort angeboten, wo sie bleiben konnte, und ihr damit an diesem Tag das Leben gerettet. Wenn sie, um ihre Schuld zurückzuzahlen, seinem Freund beiliegen musste, dann würde sie das klaglos tun.

Jetzt stand Lord Orricks Freund auf. Er nickte dem Burgherrn zu und verabschiedete sich auch von Lady Margaret. Er war groß, größer als der Lord, und der war doch schon mindestens vier Zoll über sechs Fuß groß. Es musste an seinem schottischen Blut liegen. Elizabeth hatte sagen hören, er stamme aus dem barbarischen Hochland, wo die Männer Riesen seien und für ihre Wildheit bekannt waren. Sie konnte sich gut vorstellen wie er sich, ein gewaltiges Schwert schwingend, in der Schlacht seinen Feinden entgegenstellte. Wieder überlief es sie kalt.

Als ihr Bierkrug leer war, ging Elizabeth zur Vorratskammer, um ihn erneut zu füllen. Sie bog gerade wieder um die hölzerne Trennwand, welche die Kammer von dem Rest des Saales trennte, da fand sie sich unvermittelt dem Mann gegenüber, der gerade ihre Gedanken beschäftigte. Sie standen so dicht voreinander, dass Elizabeth den Kopf in den Nacken legen musste, um ihm in die Augen sehen zu können. Die blausten Augen, die sie je gesehen hatte, blickten sie an, und sie bekam einen trockenen Mund.

Und als er sie jetzt anlächelte, konnte sie den Blick nicht von ihm wenden. Sein markantes Gesicht, der Ausdruck in seinen Augen, der von Lebenserfahrung sprach, und seine überwältigende Größe waren einfach atemberaubend. Elizabeth fiel der Krug aus der Hand, der klirrend auf dem Boden landete. Während sie immer noch dastand und in die eisblauen Augen des Schotten starrte, drang die Stimme des Verwalters an ihr Ohr.

„Lord Orrick wünscht, dass du dich jetzt um seinen Gast kümmerst, Elizabeth. Eine andere wird das Bier auftragen.“

Verwirrt blinzelte sie ihn an und wartete darauf, dass seine Worte einen Sinn für sie ergaben. Bevor sie noch reagieren konnte, trat der Schotte einen Schritt zurück, bückte sich und hob den leeren Krug vom Boden auf. Ohne den Blick von Elizabeth zu wenden, reichte er ihn dem Verwalter. Elizabeth spürte, wie ihr heiß wurde und ihr Magen sich zusammenzog.

„Meinen Dank, Lord Gavin. Das Bad wird sogleich in Eurem Gemach für Euch bereitstehen. Elizabeth? Kümmere dich jetzt darum.“

Der Befehl des Verwalters riss Elizabeth aus ihrer Träumerei. Mit gesenktem Kopf knickste sie vor dem Verwalter und Lord Gavin.

„Ja, Mylord.“

Sie kehrte zur Küche zurück, um für heißes Wasser zu sorgen, das sie für das Bad brauchte. Ihr Gast würde den größten ihrer Zuber benötigen, wenn es denn überhaupt möglich war, solch lange Beine wie die seinen in einem Holzbottich unterzubekommen. Sie konzentrierte sich auf die für das Bad notwendigen Vorbereitungen. So hatte sie keine Zeit, daran zu denken, was dieser Auftrag noch für sie bedeutete, und was dem Bad wohl folgen würde, wenn der Schotte sauber und vom warmen Wasser entspannt war. Wenn er immer noch nackt sein würde. Elizabeth erschauerte, teils aus Angst, teils aus Erwartung auf das, was die Nacht noch für sie bereithielt. Etwas mit diesem Mann und den Diensten, die sie ihm leisten sollte, war anders als sonst. Elizabeth fürchtete sich nicht vor der Vereinigung ihrer Körper. Sie hatte Angst vor dem, was dieser Mann ihrem Herzen antun konnte, in das sie niemanden blicken ließ. Und sie konnte sich nicht erklären, wieso sie ihn als eine so große Bedrohung empfand.

2. KAPITEL

Prüfend hielt sie den Ellbogen ins Wasser und nickte zufrieden. Das Wasser war heiß, aber nicht zu heiß. Sie ließ den Blick über die kleinen Flaschen und Krüge auf dem Tablett schweifen, wählte einige davon aus und gab etwas von ihrem Inhalt ins Wasser. Als sich die Öle mit dem dampfenden Wasser vermischten, erfüllte ein angenehm frischer Duft den Raum. Elizabeth rührte mit der Hand im Wasser und nickte erneut. Das Bad war bereitet. Wo aber war Lord Gavin?

Als hätte allein der Gedanke an seinen Namen ihn aus dem Nichts hervorgezaubert, öffnete sich die Tür. Er hob sich als Silhouette gegen das Licht der Fackeln im Gang ab. Deshalb konnte sie nur seine Umrisse erkennen.

„Es ist alles bereit, Mylord.“ Während er ins Gemach trat, ging sie zur Tür und schloss sie rasch hinter ihm, damit es im Raum nicht zu kalt wurde. Die anstrengende Arbeit und die Wärme im Gemach ließen ihr den Schweiß über Hals und Rücken laufen. Elizabeth wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn.

Der Mann stand vor dem großen Zuber und starrte einfach nur hinein. Stimmte etwas nicht? Brauchte er noch etwas?

„Mylord?“, fragte sie. „Ist etwas nicht in Ordnung?“

„Hast du selbst diesen Duft ausgesucht?“

„Aye, Mylord. Die Öle sind von Lady Margaret. Sie sind gut gegen raue und trockene Haut. Wenn sie Euch nicht genehm sind, werde ich das Wasser austauschen und andere nehmen.“

Vier Diener mit je zwei großen Eimern heißem Wasser würden notwendig sein, um den Zuber erneut zu füllen. Doch wenn er es so wünschte, war auch das möglich und würde so gemacht werden.

„Verzeiht, Mylord, ich hätte auf Euch warten sollen, bevor ich die Öle ins Wasser tat.“ Sie senkte respektvoll den Kopf und erwartete seine Entscheidung. Um die Wahrheit zu sagen, sie hatte die Duftöle gewählt, die sie an die kommenden Festtage erinnerten – Kiefer, Stechpalme und Lady Margarets kostbaren Balsam.

„Ich habe nur gefragt, weil es eine sehr angenehme Mischung ist, nicht, weil sie mir missfällt.“

Elizabeth wandte sich ab und beschäftigte sich nun mit den Dingen, die sie für Lord Gavins Bad benötigte: Tücher, Krüge mit Seife, zusätzliche Eimer voll Wasser und Handtücher zum Abtrocknen. Sie stellte alles rund um den Zuber herum auf, sodass die Sachen in Reichweite waren, wenn sie sie brauchte. All das tat sie auch, um dem Mann nicht beim Ausziehen zusehen zu müssen. Als sie endlich aufblickte, weil sie nicht länger warten konnte, stand er immer noch da, wo er zuvor gestanden hatte … vollständig bekleidet und beobachtete jede ihrer Bewegungen.

„Das Wasser wird kalt, Mylord“, sagte Elizabeth und deutete auf den Zuber. „Soll ich Euch helfen beim … wenn Ihr …?“ Sie sprach den Satz nicht zu Ende, sondern deutete einfach nur auf ihn.

„Ich bin kein kleines Kind, dem man beim Entkleiden helfen muss“, antwortete er. Dabei klang seine Stimme so tief und weich, dass Elizabeth unwillkürlich an warmen Honig denken musste, Honig, der an einem Sommertag frisch aus dem Bienenkorb kam.

„Nein, Mylord. So habe ich es nicht gemeint.“

Irgendetwas schien ihn zu stören. War sie ihm gegenüber vielleicht nicht keck genug? Wartete er darauf, dass sie sich ihrer Aufgabe widmete? Schließlich wusste ein jeder, dass die Bitte eines Gastes um „ein Bad“ nur die Umschreibung seines Wunsches nach Liebesdiensten war. Elizabeth trat näher und streckte die Hand nach den Bändern seiner Tunika aus.

„Nein, Mädchen“, sagte er und wich zurück. „Ich kann mich selbst ausziehen.“

Seine Worte klangen nicht harsch, aber sie spürte den Tadel, der in ihnen lag. Vielleicht hatte sie die Situation missverstanden? Elizabeth wollte nicht aufdringlich erscheinen. Also wandte sie ihm den Rücken zu, ging zu dem Zuber und wartete dort. Ohne ihm einen Blick zu schenken, beschäftigte sie sich damit, die Temperatur des Wassers zu prüfen. Aber aus den Augenwinkeln konnte sie ihn beobachten, und als er ihr den Rücken zuwandte, nahm sie die Gelegenheit wahr, ihn genauer zu betrachten.

Er war gleichen Alters wie Orrick, etwas mehr als vierzig Jahre, und sein Körper verriet, dass er ein erfahrener Krieger war. Teile seines Rückens und selbst ein Schenkel waren mit alten Narben bedeckt. Doch sie minderten nicht die Schönheit seines Körpers. Lord Gavins langes Haar war von einem dunklen, hier und da von grauen Fäden durchzogenen Rot und fiel ihm bis über die Schultern. Er besaß breite, muskulöse Schultern und einen kräftigen Rücken, eine schmale Taille und schlanke Hüften, die in starke, muskulöse Beine übergingen. Es war ein vollkommener männlicher Körper. Elizabeth seufzte und stellte sich vor, wie er wohl von vorne aussah. So sehr war sie in ihre Gedanken vertieft, dass sie gar nicht bemerkte, wie er sich bei ihrem Seufzer umdrehte.

Oh ja, sein Anblick beeindruckte sie. Er stand vor ihr, nackt wie an dem Tag, als seine Mutter ihn gebar. Und er beobachtete sie, wie sie ihn betrachtete!

Mit einem schnellen Blinzeln wandte Elizabeth sich wieder dem Zuber zu und räusperte sich. Wie unglaublich dumm von ihr, sich von solch einem Mann angezogen zu fühlen! Er würde ein Bad nehmen, sein Vergnügen mit ihr haben und aus ihrem Leben verschwunden sein, wenn der Morgen anbrach. Anscheinend hatte sie die harten Lektionen, die ihr im vergangenen Jahr erteilt worden waren, immer noch nicht gut genug verinnerlicht.

„Seid vorsichtig, wenn Ihr in den Zuber steigt, Mylord. Durch das Öl könntet Ihr leicht ausgleiten.“ Sie hoffte, dass die gespannte Atmosphäre zwischen ihnen sich etwas löste, wenn sie ihre ganze Aufmerksamkeit dem Bad widmete.

Wortlos trat Lord Gavin an den Zuber, stieg in das heiße Wasser, drehte sich um und setzte sich. Wie Elizabeth vermutet hatte, passten seine langen Beine nicht hinein. Er musste sie deshalb anwinkeln, sodass seine Knie über den Zuberrand hervorschauten.

Ohne länger zu zögern, ergriff Elizabeth jetzt einen der Krüge, entnahm ihm eine großzügige Portion der weichen Seife und verrieb sie zwischen den Händen. Sie schob Gavin das Haar aus dem Nacken und verteilte die Seife über seine Schultern und den Rücken. Dann griff sie nach einem Tuch, tauchte es ins Wasser und rieb damit über seine Haut, bis dicker Schaum seinen Rücken bedeckte.

Danach trat Elizabeth an die Seite des Zubers. Sie ergriff Gavins Arm, um ihn zu waschen. Er hielt die Augen geschlossen, doch sie bezweifelte, dass er schlief. Er ließ zu, dass sie ihn von allen Seiten wusch, ja er half ihr sogar dabei. Erst hob er ein Bein aus dem Zuber, dann das andere, damit sie es einseifte. Doch als sie begann, seine Brust und den Bauch zu schrubben, legte er seine große Hand auf die ihre, sodass sie innehalten musste.

„Den Rest kann ich alleine machen, Mädchen. Wenn du mir noch den Eimer mit klarem Wasser holst, damit ich mich abspülen kann, und ihn so stellst, dass ich ihn erreiche, magst du gehen.“

„Mylord?“ Elizabeth verstand nicht, warum er sie entließ. „Habe ich etwas getan, das Euer Missfallen erregte?“

„Nein, Mädchen. Das Bad war angenehm und deine Dienste zu meiner Zufriedenheit. Ich benötige dich nicht mehr.“

Immer noch erstaunt darüber, dass er nicht wie andere Männer ihre Liebesdienste beanspruchen wollte, nickte Elizabeth nur. Sie wusste, dass sie nicht die Schönste der Frauen war. Aber bevor sie an diesem Abend hierhergekommen war, hatte sie ihr Gesicht gewaschen und ihr Gewand gerichtet. Stimmte etwas nicht mit ihr? Vielleicht pflegte er keinen Umgang mit Huren?

Sie ging zur Feuerstelle und trug einen der drei Eimer mit sauberem Wasser näher zum Zuber hin. Während Elizabeth Tücher und Handtücher in Gavins Reichweite legte, beobachtete sie jede seiner Bewegungen. Er hatte den Kopf ins Wasser getaucht und war jetzt dabei, sich die Haare mit Seife einzureiben. Sie stellte ihm auch noch einen leeren Eimer neben den Zuber.

„Mädchen? Wie es scheint, brauche ich doch noch einmal deine Hilfe. Würdest du mir Wasser über den Kopf gießen?“

Sie spürte, wie die Anspannung in ihr wuchs. Obwohl sein Verhalten nicht außergewöhnlich war, hatte sie das Gefühl, dass er mit ihr spielte. Aber warum nur?

„Aye, Mylord“, antwortete sie und hob den Eimer mit Wasser so hoch sie konnte. Lord Gavin beugte sich über den Rand des Zubers, sodass alles in den leeren Eimer fließen konnte. Elizabeth goss das warme, saubere Wasser über ihn, während er sich den Kopf rieb, um die Seife aus den Haaren zu entfernen. Danach stellte sie den Eimer wieder auf den Boden, und er wrang seine Haare aus, um den größten Teil des Wassers daraus zu entfernen.

Dann stand er auf.

Elizabeth war in diesem Augenblick zwischen Zuber und Bett gefangen, und als Gavin sich jetzt zur vollen Größe aufrichtete und aus dem Wasser stieg, konnte sie nirgendwohin flüchten oder auch nur woanders hinschauen. Wasserperlen rannen über seinen Körper, vom Hals über die Brust zu den Schenkeln hinunter und noch weiter, über jeden einzelnen Muskel. Während er sich mit einem der Handtücher das restliche Wasser aus den Haaren drückte und sich abtrocknete, sah Elizabeth ihn wie gebannt an. Ihre Blicke trafen sich. Sie brachte kein Wort heraus. Sein Anblick war einfach atemberaubend.

„Hast du noch andere Aufgaben heute Nacht, Mädchen?“

Der Klang seiner Stimme brachte sie völlig durcheinander, und ihr wurde ganz heiß. Es war erschreckend. Seitdem sie auf Silloth war, hatte sie bei vielen Männern gelegen. Aber diese Mischung aus Furcht und Erwartung, die sie jetzt verspürte, überraschte sie. Wieso nahm er sich nicht einfach, was er wollte, und fertig?

„Keine, Mylord, außer was Euch betrifft. Lord Orrick befahl, ich soll einzig Euch zu Diensten sein.“ Sie verstand nicht, wie es ihr gelang, diese Worte hervorzustoßen.

„Das Wasser ist immer noch warm und fast sauber. Benutze es, wenn du möchtest“, sagte er und deutete auf den Zuber. Dass er immer noch nackt war, schien ihm nicht das Geringste auszumachen.

„Ein Bad? Für mich?“ Sie hatte nicht oft die Gelegenheit, in einem Zuber voll warmem Wasser zu baden, besonders nicht mitten im Winter. Es wäre das reinste Vergnügen für sie. Aber um es zu genießen, musste sie sich ausziehen.

Gavin lachte, und der Klang schien den ganzen Raum auszufüllen. Lord Gavin war ein attraktiver Mann. Und wenn er lächelte, zeigten sich zwei anziehende Grübchen in seinen gefurchten Wangen und ließen ihn viel jünger aussehen. Sie musterte ihn misstrauisch, als er ihr jetzt aufmunternd zunickte.

„Aye, Mädchen. Für dich, wenn du gerne möchtest.“

Sie biss sich auf die Unterlippe und dachte über sein Angebot nach. Gerade wollte sie ablehnen, als er erneut lachte.

„Ich gehe jetzt ins Bett. Würdest du die Kerzen löschen, wenn du gehst?“

Immer noch ungläubig nickte Elizabeth, während der Schotte genau das tat, was er angekündigt hatte. Er warf die Kleider nahe dem Feuer auf einen Haufen, und nachdem er etliche Decken von der mit Seilen gefederten Bettstatt angehoben hatte, schlüpfte er darunter und machte es sich bequem. Er richtete sich die Kissen zurecht, drehte sich dann auf die Seite und wandte das Gesicht von Elizabeth ab. Sie beschloss, dass es töricht wäre, sich diese Chance entgehen zu lassen, und schritt schweigend zum Zuber.

„Darf ich wirklich, Mylord?“ Auf der einen Seite hätte sie sich am liebsten sofort das derbe Gewand heruntergerissen und wäre ins Wasser gesprungen, auf der anderen Seite drängte es sie zur Vorsicht mit diesem ihr unbekannten Mann.

„Es wäre dumm, das gute Badewasser zu verschwenden. Es steht dir zur Verfügung“, antwortete er, ohne sich zu rühren.

„Empfangt meinen Dank“, flüsterte sie, während sie schon an den Bändern ihres Gewandes nestelte. Wenn sie schnell machte, konnte sie sich in nur wenigen Minuten waschen, abtrocknen und wieder anziehen. Und wenn sie leise war, würde er einschlafen und gar nicht mehr wissen, dass sie immer noch hier war.

Sie löste die Schnüre ihres Kleids und streifte es über den Kopf. Hemd, Schuhe und Strümpfe folgten. Hastig stieg sie in den Zuber und setzte sich so geräuschlos wie möglich nieder. Trotzdem konnte sie einen wohligen Seufzer nicht unterdrücken, der ihr unwillkürlich entschlüpfte, als das warme Wasser sie umschmeichelte. Der Zuber, in den er kaum hineingepasst hatte, bot für sie fast genügend Platz, um sich auszustrecken.

Nachdem sie ihre zu Zöpfen geflochtenen Haare gelöst und in Wasser getaucht hatte, seifte sie sie ein und wusch und spülte sie aus. Und das alles tat sie so schnell und leise wie möglich. Nach nur wenigen Minuten wrang sie ihre Haare aus und machte sich bereit, wieder aufzustehen. Elizabeth wusste nicht, was sie aufblicken ließ, aber da stand er mit einem Eimer voll sauberem Wasser, den er hochhielt, um ihr die Seife und den Schmutz des nun zweimal benutzten Badewassers abzuspülen.

Und er war immer noch nackt.

Elizabeth schluckte schwer. Sie überlegte, was sie jetzt wohl sagen sollte, und versuchte, nicht auf seinen Körper zu schauen. Doch es gelang ihr kaum, denn er war so nah und so … groß.

Was war sie doch für ein törichtes Ding! Schließlich war sie eine Hure und das jetzt schon seit einigen Monaten. Wieso verunsicherte sie dieser Mann nur so sehr? Sie würden beieinanderliegen, sie würde seine Bettgespielin sein, und danach würde sie gehen. Es war das Gleiche wie mit den anderen Männern, die vor ihm ihren Körper benutzt hatten. Nichts anderes.

Elizabeth war sich jetzt wieder bewusst, welche Rolle sie hier zu spielen hatte. Sie stand auf und wartete darauf, dass er das Wasser über ihr ausgoss. Sie musste dagegen ankämpfen, nicht schützend die Arme um ihren Körper zu schlingen, um ihn so vor den Blicken des Mannes zu verbergen. So konzentrierte sie sich nur auf das warme Wasser, das ihr über Kopf und Glieder floss. Seit Monaten war sie nicht mehr so sauber gewesen. Als sie sich das Wasser aus den Augen wischte, sah sie, dass Lord Gavin vor ihr stand und die Hand ausstreckte, um ihr aus dem Badezuber herauszuhelfen.

Elizabeth nahm seine Hilfe an und fand sich bald darauf in trockene Tücher gehüllt vor dem Feuer wieder. Sie genoss seine Wärme. Es war der reine Luxus. Und wenn das Gavins Art war, sie zu bezahlen, dann war sie müde und schmutzig genug gewesen, um sie anzunehmen. Natürlich schuldete er ihr als Lord Orricks Gast keinerlei Entgelt. Wortlos schritt er zum Bett und kletterte hinein.

„Mylord“, sagte sie und wandte sich ihm zu. „Empfangt meinen Dank dafür, dass ich das Bad mit Euch teilen durfte. Soll ich jetzt die Diener rufen, damit sie den Badezuber wieder entfernen?“

„Nein, Mädchen. Das hat Zeit bis morgen.“

Sie zögerte, weil sie nicht sicher war, was sie jetzt tun oder wohin sie gehen sollte. Er beobachtete jede ihrer Bewegungen. Schließlich entschied Elizabeth, ihn nicht länger auf sein Vergnügen warten zu lassen. Dieses Gefühl, in seiner Nähe, unter seinen Blicken und beim Klang seiner Stimme das innere Gleichgewicht zu verlieren, musste ein Ende haben. Sie wickelte sich aus den Tüchern und schritt, ohne ihren Körper vor ihm zu verbergen, zum Bett. Bei den meisten Männern schien eine nackte Frau die Lust auf Liebe zu wecken. Vermutlich würde er sie jetzt packen und nehmen.

Doch er tat nichts anderes, als sie zu betrachten. Langsam wanderte sein Blick an ihr hinauf und hinunter. Und dieser Blick bewirkte, dass sich ihre Brustspitzen zusammenzogen und Hitzewellen durch ihren Bauch jagten. Solche Gefühle kannte Elizabeth nicht. Und sie war sich nicht sicher, ob sie sich wünschte, dass sie bleiben oder verschwinden sollten. Sie sah, wie Lord Gavin die Decke anhob, damit sie ins Bett steigen konnte. Aber er bot ihr die der Tür abgewandte Bettseite an. Nach kurzem Zögern ging Elizabeth um das Bett herum und kletterte zu ihm.

Sie streckte sich neben ihm aus und genoss den Komfort der prall gestopften Matratze und den Duft der sauberen Laken, die sie bedeckten. Der dünne Strohsack, auf dem sie hier in der Burg schlief, und auch der in ihrer Hütte boten ihr nicht annähernd dieses schwebende Gefühl, das ihr diese Matratze schenkte. Genüsslich seufzend erlaubte sie sich einen Augenblick lang, dieses Gefühl zu genießen, bevor sie sich zu dem nackten Mann an ihrer Seite umdrehte.

Als sie ihn anblickte, lächelte er. Amüsierte es ihn, dass sie diese kleinen Bequemlichkeiten genoss? Höchstwahrscheinlich war er an so etwas gewöhnt. Auch sie war daran gewöhnt gewesen … einst. Sein Gesicht wurde wieder ernst. Elizabeth nahm an, dass es an der Zeit war, zu tun, weswegen sie hier war.

„Schlaf gut, Mädchen.“

Lord Gavin rutschte ein paarmal auf der Matratze hin und her und ordnete die Decken etliche Male neu, bevor er endlich eine bequeme Position gefunden zu haben schien. Er bereitete sich auf das Schlafen vor. Schlafen?

„Mylord? Wünscht Ihr noch etwas?“

„Nein, Mädchen. Ich habe um ein Bad gebeten, und das habe ich bekommen. Das ist alles, was ich heute Abend wollte.“

„Aber Mylord …“ Sie schob die Decken fort. „Ich sollte gehen.“

„Und in der Halle auf einem staubigen Strohsack schlafen? Warum bleibst du die Nacht nicht hier, jetzt, da du doch sauber bist?“ Seine Hand hielt sie zurück.

In seiner weich wie Samt klingenden Stimme schwangen Mitleid und Fürsorge mit. Elizabeth musste gegen die Tränen ankämpfen, die ihr in der Kehle brannten. Keiner, noch nicht einmal Lord Orrick, hatte sie je mit so viel Fürsorge behandelt. Sie spürte, wie sie angesichts dieser Haltung schwach wurde. Wusste er, was er ihr antat? Wusste er, dass er sie mit solcher Rücksichtnahme zerstören konnte?

„Wenn Ihr es wünscht, Mylord.“

„Ich wünsche es, Mädchen“, brummte er undeutlich, und Elizabeth spürte dabei seinen warmen Atem an ihrem Ohr.

Dann sollte es wohl so sein. Elizabeth ließ sich zurücksinken. Die Wärme von Gavins Hand schien auf sie überzufließen. Müde vom stundenlangen Bedienen und dem Putzen der Küche merkte sie, wie der Schlaf langsam von ihr Besitz ergriff.

„Mein Name ist Elizabeth“, flüsterte sie noch, ohne recht zu wissen, warum.

„Schlaf gut, Elizabeth.“

„Zeigen unsere Nachforschungen irgendeinen Erfolg?“

Gavin sah Orrick verärgert an, als er sich neben seinem Gastgeber zum Morgenessen niederließ. Lady Margaret war an diesem Morgen nirgends zu sehen. Noch ehe er darum bitten konnte, stellte eine Dienstmagd einen Becher Bier vor ihn auf den Tisch.

„Unsere Nachforschungen? Ich wusste nicht, dass du mit mir zusammenarbeitest.“ Er nahm einen tiefen Schluck.

„Streite dich nicht mit mir herum, Gavin. Hast du nun die Antwort gefunden, die ich suche, oder nicht?“

Orrick war gereizt heute Morgen. Auch gut. Geschah ihm ganz recht, wenn er genauso schlecht gelaunt war wie er selbst. Nun ja, sicher verspürte er nicht die gleiche Art von Ärger. Gavin schob die Antwort auf, indem er erneut einen Schluck nahm, dann nach seinem Mahl rief und auf sein Essen wartete.

Der grobe Haferbrei, den man hier servierte, war nicht zu vergleichen mit dem herzhaften Porridge auf seiner Burg, aber er musste sich damit begnügen. An der Art oder auch der Reichhaltigkeit des Essens hier würde sich bis zum Fest der Geburt unseres Herrn und den zwölf Nächten danach nicht viel ändern. Die Magd, die ihn bediente, kannte immerhin seine Vorlieben und stellte eine Schüssel mit Haferbrei, einen Krug Honig und einen Krug Sahne vor ihn hin. Der Verwalter brachte dann noch einen kleinen Trinkschlauch voll uisge beatha, dem scharfen, schottischen „Wasser des Lebens“. Gavin mischte sich von allem etwas unter seinen dampfenden Brei, der bald viel appetitlicher roch als zuvor. Er achtete nicht auf Orricks Blick und aß erst einmal ein paar Löffel voll, bevor er sich endlich zu einer Antwort bequemte.

„Es gibt noch keine Ergebnisse.“

„Sie verbrachte die Nacht in deiner Kammer, Gavin. Was habt ihr gemacht?“

„Das Übliche. Was ein Mann mit einer Frau nachts eben so macht.“ Er konnte nicht anders. Es machte ihm einfach Vergnügen, zu sehen, wie leicht Orrick zu provozieren war. Dessen Reaktion auf Gavins Worte ließ auch nicht lange auf sich warten.

„Der Teufel soll dich holen!“, flüsterte er erbost. „Sag mir, was du herausbekommen hast.“

Gavin schmunzelte über Orricks Groll und konnte der Versuchung nicht widerstehen, sein Spiel mit ihm noch etwas weiter zu treiben. „Wir badeten und schliefen.“

„Sobald das Wetter besser ist, kannst du mit meiner Herausforderung zum Zweikampf rechnen, mein Freund.“

„Orrick, wenn deine Worte mir nicht etwas anderes verkünden würden, könnte ich schwören, aus deiner Stimme spricht die Eifersucht.“

Geräuschvoll stieß Orrick die Luft aus und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Keine Eifersucht, Gavin. Eher die Sorge, einer Unschuldigen Unrecht getan zu haben.“

Orrick war schon immer zu weichherzig gewesen, wenn es um seine Leute ging. Er verhätschelte sie und behandelte seine Bediensteten, als wären sie viel mehr als einfach nur sein Eigentum. Gavin hatte das nie so richtig verstanden, bis Orrick ihm einmal erklärte, er übertrüge eben das schottische Clan-System auf seine englischen Güter. Clan bedeutete mehr als nur Besitz und Ländereien. Bei einem Clan ging es um Familie und Dazugehörigkeit. Orrick gab seinen Leibeigenen das Gefühl, dazuzugehören, obwohl nicht daran zu rütteln war, dass er die unangefochtene Autorität besaß.

„Wir badeten und schliefen, und das war alles. Wirklich.“

„Nütze sie nicht aus, Gavin. Ich habe dich nicht um deine Hilfe gebeten, damit du ein falsches Spiel mit ihr treibst.“

„Sie hat sich selbst als Hure bezeichnet. Ist sie keine, dann verbiete ihr als ihr Herr und Meister, dass sie diese Rolle spielt.“

„Ich habe es doch versucht. Es klappte nicht.“ Orrick klang verdrossen.

„Wie reagierte sie denn?“ Gavin erkannte in Elizabeth den gleichen störrischen Charakterzug, der ihn selbst schon viele, viele Male in Schwierigkeiten gebracht hatte.

„Sie weigerte sich zu essen. Und sie sagte mir stolz, dass sie sich ihren Lebensunterhalt selbst verdienen würde und niemandem verpflichtet wäre.“

„Hast du ihr denn keine Arbeit in deiner Halle angeboten? Oder als Waschfrau? Oder in der Burgküche?“

Gavin fand, dass die Arbeit dort gut wäre für eine Frau, die keine besonderen Fertigkeiten besaß, aber arbeiten konnte.

„Sie fragte, ob wir eine Dorfhure hätten. Und als ich verneinte, sagte sie, dass sie in der Vergangenheit auf diese Art ihren Lebensunterhalt verdient hätte.“

„Wo ist denn dann das Problem, Orrick? Ich finde, du machst zu viel Aufhebens um sie.“ Doch sein Bauch sagte Gavin, dass noch mehr dahintersteckte. Wie half man jemandem, der keine Hilfe wollte?

„Finde ihr Geheimnis heraus, damit ich mir nicht mehr den Kopf zerbrechen muss.“

„Ich sagte dir doch, dass ich es tun werde. Du benimmst dich wie eine alte Frau und nicht wie der Orrick, den ich kenne.“

Sein Freund sagte nichts, sondern klopfte ihm nur auf den Rücken und überließ ihn seinem Morgenessen. Gavin wandte sich wieder dem noch heißen Porridge zu und dachte über sein weiteres Vorgehen nach.

Er hatte sie verunsichert – als er ein Bad wünschte, war sie überzeugt gewesen, dass er sie für sein Bett haben wollte. Während sie sich über ihn beugte und ihn gründlich, aber sanft mit Seife einrieb, hatte sein Körper auf ihre Berührungen reagiert, wie es ja auch normal war. Also wäre es nicht schwer gewesen, sie aufs Bett zu legen und zu nehmen. Und dann erneut zu nehmen.

Für das, was er wollte, war es aber wichtiger, ihr Vertrauen zu gewinnen. Deshalb hatte er die Bedürfnisse seinen Körpers ignoriert und sich gezwungen, einfach nur neben ihr zu schlafen.

Obwohl er es Orrick gegenüber nicht zugab, glaubte er fest, dass sie nicht immer eine Hure gewesen war. An diesem Abend hatte es ein oder zwei Augenblicke gegeben, in denen ein Ausdruck der Furcht oder der Unsicherheit in ihren Augen gelegen hatte. Anscheinend musste sie sich selbst überzeugen, dass es ihre Pflicht war, es zu tun. Und es fiel ihr nicht leicht.

Warum aber zwang sie sich dazu, wo Orrick ihr doch einen anderen Weg gezeigt hatte? Welchen Verlust hatte sie erlitten, dass sie sich ihren eigenen Weg in dieser Welt suchen musste? Besonders in diesen Zeiten, in denen die Welt für fast jeden ein ungastlicher Ort geworden war?

Suchend blickte Gavin sich im Saal um, ob sie vielleicht an einem der Tische auftrug. Als er aufgewacht war, schlief sie noch tief, und er hatte gezögert, sie zu wecken. Es war offensichtlich, wie sehr sie das Bad genossen hatte. Ihr Aufseufzen, als sie ins Wasser glitt, hatte seinen Entschluss, sie nicht anzurühren, fast ins Wanken gebracht. Die Entschuldigung, die er brauchte, fand er, als sein Blick auf den Eimer mit dem Wasser zum Spülen der Haare fiel. Und die Freude in ihren Augen, als er sie in das Handtuch einwickelte, hatte ihm den Mund wässrig werden lassen.

Sie war keine Hure, aber sie war eine bezaubernde Frau, die Wünsche in ihm wachrief, die er seit sehr langer Zeit verdrängte. Das allein schon machte sie zu einer Gefahr in seinem sonst so wohleingerichteten Leben.

Heute Abend würde er sie noch einmal zu sich bestellen und ihr noch mehr Vertrauen einflößen, ehe er dann seine Fragen stellen würde. Fast kamen Schuldgefühle in ihm auf, weil alles so einfach schien.

Fast.

3. KAPITEL

Seine Kammer war bereit. Diener hatten ihm eine Auswahl an Essen gebracht, einige kalte und warme Speisen, von denen etliche einfach und etliche erlesen waren. Sie alle hatten etwas gemein – Gavin benützte sie als Mittel zum Zweck. Mitten im Winter war das Essen meist einfach und wenig abwechslungsreich. Mit der Erlaubnis des Burgherrn und der Hilfe des Kochs plante Gavin ein Fest für Elizabeth. Als alles bereit war, schickte er einen Diener, sie zu holen. Wenige Minuten später ertönte ihr Klopfen.

„Ihr habt nach mir rufen lassen, Mylord?“

Ihre Stimme klang ruhig. Sie blieb vor der Tür stehen. Er winkte sie herein und ging, um die Tür hinter ihr zu schließen. Ihre Augen glichen denen eines Rehs, das im Wald von Jägern umzingelt ist und keinen Ausweg sieht. Unruhig schweifte ihr Blick durch den Raum, von einer Ecke zur anderen, zum Bett hin und dann wieder zurück zu Gavin.

„Ich bat um ein Mahl, und sie schickten mir genug, um mehrere Leute satt zu machen. Ich weiß, dass du in der Halle das Abendessen aufträgst und deswegen noch nicht gegessen hast. Da dachte ich, du könntest mir Gesellschaft leisten.“

„Das kann ich nicht, Mylord“, erwiderte sie mit einem Knicks. „Ich nehme meine Mahlzeiten in der Küche ein, wenn meine Arbeit getan ist.“

„Für heute Abend ist deine Arbeit getan, Elizabeth. Orrick sagte, dass ich dich haben könnte.“

Er wählte seine Worte absichtlich so, damit sie glaubte, er wolle sie besitzen. An der Art, wie sie schneller atmete und wie sich ihre Augen weiteten, konnte er erkennen, dass er erfolgreich gewesen war. Und dass er selbst erregt war, kündete auch von seinem Erfolg.

Elizabeth neigte den Kopf und knickste erneut. „Wie Ihr wünscht, Herr.“

„Ich bin nicht dein Herr. Nenne mich Gavin.“

Erschrocken über solche Vertraulichkeit blickte sie auf und schüttelte den Kopf. „Das kann ich nicht, Mylord.“

„In Schottland legen wir auf Förmlichkeiten keinen solchen Wert wie ihr hier. Meine Lehnsmänner, meine Familie und selbst meine Feinde nennen mich bei meinem Namen. Sicher bist auch du tapfer genug, ihn zu benutzen.“

Elizabeth schien unschlüssig. Doch dann nickte sie zustimmend. „Ich kann Euch aber bei diesem Mahl keine Gesellschaft leisten. Es wäre unziemlich.“

„Ach, du kannst nicht mit mir essen, aber du kommst in mein Bett, wenn ich es wünsche? Ist es das, was du mir damit sagen willst?“

Sie erwiderte nichts. Gavin fragte sich, ob sie über die groteske Situation nachdachte. Nun, es gab mehr als einen Weg, sich ihr zu nähern.

„Das ist ein guter Einfall, Mädchen. Dann steig ins Bett.“

Er deutete zum Bett hin und sah zu, wie sie mit resignierter Miene darauf zuging. Wie am Abend zuvor kletterte sie an der der Tür entfernten Seite hinein und wartete. Als er sich nicht regte, begann sie, die Bänder ihres Kleids zu lösen.

„Nein, noch nicht“, sagte er. „Du magst nicht hungrig sein, aber ich bin es.“

Gavin sah sehr wohl ihren überraschten Blick. Aber er beachtete ihn nicht und setzte sich an den Tisch. Einen Moment lang beabsichtigte er, ihr den Rücken zuzuwenden, doch dann beschloss er, sich mit dem Gesicht zur Feuerstelle zu setzen. So konnte er immer noch ihre Miene sehen. Sie reagierte, kaum dass er sich das Bein eines Kapauns genommen hatte. Das saftige Fleisch war heiß und gut gewürzt, und er aß es mit großem Appetit.

Elizabeth presste die Lippen zusammen und runzelte die Stirn. Aber sie sagte kein Wort. Um den Druck, den er auf sie ausüben wollte, noch ein wenig zu verstärken, suchte Gavin sich von der wohlgefüllten Fleischplatte vor ihm ein weiteres Stück aus und steckte es in den Mund. Er kaute eine Weile und spülte es dann mit einem Schluck von Margarets besonderem Bier hinunter.

Ein rumpelndes Magenknurren unterbrach die Stille – und es war nicht Gavins Magen, der da knurrte. Verlegen begegnete Elizabeth seinem amüsierten Blick. Gavin gab sich alle Mühe, wieder ein ernstes Gesicht zu machen. Doch er verlor den Kampf und brach in schallendes Lachen aus.

„Ich sagte dir doch, du solltest etwas essen“, meinte er und streckte ihr einladend ein Stück noch warmes Brot hin. „Es ist wirklich genug für uns beide da.“

Er beobachtete, wie sie mit sich kämpfte. Ihr Magenknurren hatte gezeigt, dass sie hungrig war. Der Heißhunger in ihrem Blick, mit dem sie jede seiner Bewegungen verfolgte, wurde immer größer. Als es aussah, als würde sie trotzdem ihrem Verlangen widerstehen, suchte er ein knuspriges Stück Fleisch aus und brachte es ihr. Er setzte sich neben sie auf die Bettstatt, hielt es ihr vor den Mund und forderte sie wortlos auf, es endlich zu nehmen.

Als sie den Kopf etwas hob und ihren Mund seiner Hand näherte, merkte er, dass er den Kampf gewonnen hatte. Obwohl er doch genau wusste, dass dieses Spiel nur dazu diente, die Kontrolle über sie zu gewinnen, spürte Gavin, dass er keineswegs immun gegen ihre Reize war. Es durchfuhr ihn wie ein Blitz von Kopf bis Fuß, als sie endlich den Bissen annahm und ihre Lippen dabei seine Finger berührten. Der Blitz traf besonders den unteren Teil seines Körpers. Selbst nachdem sie das Stück genommen und zu kauen begonnen hatte, konnte er seine Hand nicht zurückziehen.

Entschlossen schüttelte er den Zauber ab, der ihn gepackt hatte, ging zurück zum Tisch und brachte ihr dann seinen Becher. Als sie mit dem Bissen fertig war, hob er den Becher an ihre Lippen, damit sie daraus trinken konnte. In seiner unverzeihlichen Hast verspritzte er etwas von dem Bier. Er sah, wie es von ihrem Mund auf den Hals tropfte und unter das dünne Hemd rann, das sie unter ihrem Gewand trug. Es verlangte ihn danach, mit den Lippen seinem Weg nachzuspüren, und er gab seinem Verlangen nach. Seine Zunge konnte den Pulsschlag unter der zarten Haut des Halses fühlen, konnte spüren, wie er zu rasen begann, als sie sich den Brüsten näherte. Eine Welle der Leidenschaft stieg in Gavin auf, doch als Elizabeth vor ihm zurückwich, billigte er, was sie damit andeutete, und ließ von ihr ab.

Sie hatte Angst vor ihm.

Fürchtete sie ihn als Mann oder als schottischen Krieger? Oder war da noch etwas anderes? Hatte sie Angst, dass er ihr Geheimnis, ihre Schwächen entdecken mochte und gegen sie verwandte? Gavin glitt vom Bett und ging hinüber zum Tisch. Er setzte sich wieder und aß weiter von den Speisen, die vor ihm standen. Er würde abwarten, bis seine Zeit gekommen war.

Vielleicht auch nicht.

Er nahm noch einige Bissen und einige Schluck Bier, bevor er wieder zu sprechen begann. Elizabeth saß wie zu Stein erstarrt noch genau da, wo er sie zurückgelassen hatte. Nur ihre Augen bewegten sich und folgten jeder seiner Bewegungen. Sie war anders als alle Huren, denen er je begegnet war.

„Hast du Angst vor mir, Mädchen?“

Ihre Miene zeigte ihm deutlich ihre Gefühle – das heftige Stirnrunzeln, die zusammengepressten Lippen, die er so gerne geküsst hätte. Selbst ihr Atmen hatte sich noch nicht beruhigt. Er sah, wie sie kämpfte, ihm auf seine Frage und die Herausforderung, die in ihr lag, zu antworten.

„Ich weiß, dass viele Sassenachs“, er benutzte das verächtliche Wort, mit dem die Schotten die Engländer bezeichneten, „uns fürchten. Wir schottischen Krieger sind für unsere Wildheit bekannt und …“

Ihr Lachen unterbrach ihn. Er war überrascht. Das war eine unerwartete Wendung.

„Wenn du über meine Worte lachen kannst, musst du wohl die wahre Natur der Schotten kennen.“

Immer noch lag ihr Lachen in der Luft. Gerne hätte er es von ihren Lippen getrunken. Ihr Gesicht veränderte sich, wenn sie lachte. Alle Anspannung verschwand dann daraus. Ein Lächeln ließ sie um Jahre jünger aussehen. Wie alt sie wohl war?

„Meine Großmutter erzählte mir vom wahren Charakter der Schotten, Mylord. Sie wollen ihren uisge beatha stark, ihre nächtlichen Trinkgelage lang, und möchten, dass ihre Frauen über diese Trinkereien hinwegsehen.“ Wieder lächelte Elizabeth. Ihr in die Ferne gerichteter Blick verriet ihm, dass sie sich an etwas erinnerte – an jemanden aus ihrer Vergangenheit. „Tausche das Getränk gegen ein anderes aus, und es beschreibt die meisten Männer, egal welcher Herkunft.“

Etwas in ihm fühlte sich durch ihre Worte beleidigt. Doch dann erkannte er, dass das Schicksal ihr wohl nur diese eine Seite der Männer gezeigt hatte. Er brach in Lachen aus, ohne es noch unterdrücken zu wollen. Wenn sie nicht versuchte, so unscheinbar zu wirken, hatte sie wirklich Feuer. Gavin betrachtete sie erneut, und jetzt sah er die Wahrheit – sie war eine schöne Frau, die sich in einem Arbeitskittel und unter einem Kopftuch versteckte.

„Ist das alles, was du über die Männer weißt?“

Elizabeth setzte sich aufrechter hin und ordnete ihr Gewand so, dass sie mit gekreuzten Beinen sitzen konnte. Gavin sah, wie sie um eine Antwort rang.

„Ich weiß viel über die Männer, Mylord. Über das, was sie tun und was sie sich wünschen.“ Beim letzten Wort funkelten ihre Augen. Aber es war nicht Begehrlichkeit, die darin aufleuchtete, sondern Abscheu.

„Und was ist mit den Wünschen der Frauen? Was weißt du darüber?“

Sie hob das Kinn, und ihre ausdrucksvollen Augen drückten Bedauern und Verlorenheit aus. Ob sie wohl wusste, wie viel sie mit einem einzigen Blick von sich preisgab? „Frauen haben keine Wünsche, Mylord. Zumindest keine größeren, als einen sicheren Ort zu haben, an dem sie leben können.“

Ihre Worte machten Gavin traurig. Sie trafen ihn zutiefst. Seiner Erfahrung nach lebten Frauen ihr Leben voll aus. Er wusste, dass seine verstorbene Frau ihm in ihrem Appetit auf das Leben und die Liebe in nichts nachgestanden hatte. Wie leer musste Elizabeths Leben bisher gewesen sein, wenn sie so etwas glaubte? Und wenn sie es vorzog, als Hure eher die Wünsche der Männer zu befriedigen als ihre eigenen? Er beobachtete, wie sie wieder ihre Beherrschung zurückgewann, und wusste, dass eine weitere unverblümte Frage abgewiesen werden würde. Was hatte sie ihm erzählt? Ihre Großmutter hatte die Schotten gekannt?

„War deine Großmutter denn Schottin?“

„Aye, Mylord. Aber sie kam von den Borders, nicht aus den Highlands wie Ihr.“

„Lebtest du bei ihr? Oder sie bei dir?“, bohrte er nach. Vermutlich war ein Gespräch über ihre Verwandte ein unverfängliches Thema. Er beschloss, seine Aufmerksamkeit wieder seiner Mahlzeit zu widmen und so zu tun, als führten sie nur eine belanglose Plauderei.

„Ich war noch ein Mädchen, als sie starb, Mylord“, entgegnete Elizabeth. Ein weiches Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Ich erinnere mich an viele ihrer Redensarten.“

„Betrafen sie alle die Männer?“ Er nahm ein Stück Brot und biss kräftig davon ab.

„Nein, sie wusste über viele Dinge Bescheid. Sie war sehr weise. Am besten erinnere ich mich an ihre Lieder.“

„Komm, Mädchen. Iss mit mir.“ Wieder versuchte er, sie an den Tisch zu holen.

Erneut verriet ihr Magen ihren Hunger, und Elizabeth beschloss, dass mit ihm zu essen wohl die geringste der Gefahren war, die er für sie darstellte. Sie band die Schnüre ihres Hemds wieder zu, glitt vom Bett und nahm seine Einladung an. Denn sie hatte tatsächlich noch keine Gelegenheit gehabt, zu Abend zu essen, und wie er schon gesagt hatte, es war mehr als genug für sie beide da. Sie setzte sich auf den Stuhl ihm gegenüber und wartete.

„Sei nicht schüchtern“, meinte er mit einem breiten schottischen Akzent, den sie erst einmal an ihm bemerkt hatte. Er schob ihr einige Platten zu und schenkte ihr sogar einen Becher Bier ein.

Entschlossen, dieses wunderbare Mahl zu genießen, wählte sie sich ein paar der Köstlichkeiten aus und begann zu essen. Während sie sich die Lippen leckte, wunderte sie sich über das reichhaltige Angebot an Speisen, besonders jetzt, mitten im Winter, wo das Essen in der Halle keine solche Auswahl bot.

„Um ein solches Festmahl zu bekommen, müsst Ihr den Koch bestochen haben“, sagte sie.

„Stimmt“, antwortete er, ohne im Geringsten ein schlechtes Gewissen zu zeigen.

„Warum? Das Essen in der Halle macht Euch doch sicher satt, oder nicht?“ Der Saft der Fleischpastete tropfte auf ihr Kinn, und als sie nach einer Serviette suchte, um ihn sich abzuwischen, tupfte Gavin ihr bereits mit der seinen über die Lippen. Sie musste lernen, die Vergangenheit zu vergessen und einfach ihren Ärmel zu benutzen. Elizabeth wartete auf seine Antwort. Sie war sich nicht sicher, ob er ihr eine geben würde. Sein Blick wurde ernst und dann leidenschaftlich, und sie begann, sich vor seiner Antwort zu fürchten.

„Für dich, Mädchen. Um dich in meine Kammer zu locken.“

Das also war seine Absicht. Jetzt verstand sie. Er zahlte für ihre Dienste, nichts anderes. Jetzt, nachdem sie es wusste, war alles irgendwie leichter für sie. Und sie begann, innerlich von dem, was kommen würde, Abstand zu gewinnen. Sie versuchte es jedenfalls.

„Wenn Ihr es wünscht, dann liege ich Euch bei, Mylord“, sagte sie. Und indem sie auf den mit Speisen beladenen Tisch deutete, fuhr sie fort: „Ihr hättet keine so großen Anstrengungen unternehmen müssen. Da Ihr als Gast meines Herrn Lord Orrick hier seid, dürfte ich sowieso keine Bezahlung von Euch annehmen.“

Zu ihrer Überraschung hieb er mit der Faust auf den Tisch, dass sein Kelch und ihr Becher hochsprangen. Sein Gesicht rötete sich, und seine Miene wurde hart. Wodurch hatte sie ihn jetzt nur beleidigt? Was konnte sie tun, um seinen Zorn zu mildern?

„Ich wünsche es wirklich, und es war dumm von mir, mein Vergnügen aufzuschieben. Es ist längst an der Zeit, dass ich dich in mein Bett nehme.“

Seine Worte drückten das Gegenteil von dem aus, was er am Abend zuvor zu ihr gesagt hatte. Bei Männern war es nur eine Frage der Zeit. Manchmal zögerten sie, oder sie wurden durch etwas abgelenkt. Am Ende genossen sie dann doch immer ihr Vergnügen. Er bewies jetzt nur, dass er sich in nichts von denen unterschied, die vor ihm in ihr Bett gekommen waren und die auch nach ihm kommen würden. Elizabeth konnte es verstehen. Was sie nicht verstand, war die tiefe Traurigkeit, die sie bei dieser Erkenntnis erfüllte.

Er stand auf und kam um den Tisch herum zu ihr. Während sie sich bereitwillig erhob, bemühte sie sich, einen stillen Winkel in ihrem Innern zu finden, wo sie sich verstecken konnte, bis alles vorüber war. Als er sie dann küsste, war der Kuss nicht so roh, wie sie erwartet hatte. Es war nur ein sanftes Berühren ihrer Lippen.

Dann legte er die Arme um sie und trug sie fast zum Bett. Elizabeth fand sich auf der weichen Matratze wieder, und Gavin lag mit dem ganzen Gewicht seines muskulösen Körpers auf ihr. Keinen Moment lang hatte er die Lippen von den ihren gelöst. Immer leidenschaftlicher wurde sein Kuss, bis sie fühlte, wie seine Glut auf sie überzuspringen begann. Er genoss es, sie zu küssen, zu schmecken und zu fühlen, und seine Hände fingen an, ihren Körper zu erkunden.

Wie schon zuvor zog Elizabeth sich in sich zurück, entspannte sich und ließ ihn gewähren. Sie nahm kaum wahr, wie er ihr das Gewand hochschob und die Bänder des Hemdes löste, um sie besser fühlen zu können. Sie konzentrierte sich auf die raue Haut seiner Finger und nicht darauf, wo sie von ihnen berührt wurde, schloss die Augen, öffnete die Schenkel und erlaubte ihm, in sie einzudringen.

Während er sich stöhnend in ihr bewegte, ließ Elizabeth ihre Gedanken wandern. Es würde nicht mehr lange dauern, denn er näherte sich bereits dem Höhepunkt. Bald war es vorbei. Sie würde alle Spuren dieser Vereinigung von sich abwaschen und danach ihren Strohsack für die Nacht aufsuchen. Seine drängende Stimme unterbrach ihre Träumerei.

„Elizabeth? Schau mich an, Mädchen.“ Die Erregung ließ seine Stimme heiser klingen. Elizabeth öffnete die Augen. Sie bemühte sich, einen klaren Kopf zu bekommen, und sah in das Gesicht über ihr. Er war immer noch in ihr.

„Mylord?“, fragte sie und überlegte, warum er ihren Namen gerufen hatte.

Betroffen sah Gavin sie an, während sie spürte, dass er den Höhepunkt erreichte. Sie wartete darauf, dass er den Liebesakt beendete und sich aus ihr zurückzog. Doch er blieb still liegen und starrte sie an, als würde er noch etwas von ihr erwarten.

„Mylord?“, fragte sie wieder. „Was habe ich falsch gemacht?“

Diese Aufmerksamkeit beunruhigte sie. Sie fühlte sich bloßgestellt. Gewöhnlich sorgte ein Mann dafür, dass er auf seine Kosten kam. Und wenn er fertig war, ging er, ohne dass sie noch etwas tun musste. Das hier war so anders.

Endlich löste er sich von ihr. Er zog neben dem Bett seine Beinlinge an und warf sich dann die Tunika über. Elizabeth schob den Kittel wieder über ihre Beine und kauerte sich an das Kopfende des Bettes. Jetzt mied er ihren Blick. Er war sichtlich verwirrt. Mit gefurchter Stirn strich er sich die Haare aus den Augen und fuhr sich mit der Hand über den Kopf. Als hätte er etwas verloren, blickte er sich im Raum um. Dann sah er sie an, und Elizabeth war betroffen von dem Schmerz, den sie in seinen Augen entdeckte.

„Geh nicht fort“, befahl er ihr, während er einen langen Mantel von dem Wandhaken neben der Tür nahm. Sie erschrak über seinen barschen Ton. So hatte er noch nicht mit ihr gesprochen. Dann riss er die Tür auf, die danach krachend hinter ihm ins Schloss fiel. Er war fort.

Seitdem sie begonnen hatte, in dieser Welt ihren eigenen Weg zu gehen, war es das erste Mal, dass sie sich benutzt fühlte … beschmutzt. Das so mühsam erkämpfte ruhige Hinnehmen ihrer Lebenssituation brach in sich zusammen. Und sie wusste nicht, wie sie es wieder zusammensetzen sollte.

Sein Kopf hämmerte, während er die Treppen emporstieg, die zu den Zinnen des Turms führten. Gavin wusste nur, dass er vom Ort seiner Missetat flüchten und darüber nachdenken musste, wie er ab jetzt weitermachen sollte. All seine Pläne, das Mädchen zu bezaubern und zu verlocken, waren zu einer Falle für ihn selbst geworden. Und in dem Moment, als sie sich ihm so gelassen anbot, hatte er nur noch daran denken können, sie zu nehmen und diesen ruhig entschlossenen Ausdruck aus ihren Augen zu vertreiben.

Er erreichte das vierte Stockwerk und stieß die Tür auf, die in den kalten Wind führte, der am Turm der Burg von Silloth rüttelte. Der Sturm, der seit Tagen tobte und die Bewohner zwang, drinnen zu bleiben, begann zwar nachzulassen, doch als Gavin aus der Tür trat, flatterte und bauschte sich der Mantel, den er um die Schultern geworfen hatte. Von der kleinen Steinbrüstung her nickte ihm der Wächter zu, der diesem Ort zugeteilt war.

In Dunkelheit und Kälte ging Gavin weiter bis zur Mauerecke. Er starrte in die Nacht und versuchte zu verstehen, was gerade geschehen war. Niemals, solange er sich erinnern konnte, hatte er so sehr die Kontrolle über sich verloren wie eben bei Elizabeth. Etwas an ihrer resignierten Haltung hatte ihn herausgefordert, und einen Moment lang war er entschlossen gewesen, sie den Liebesakt anders erleben zu lassen. Er hatte nicht wie die anderen sein wollen, die bei ihr lagen und sie nahmen. Er würde für ihre Gunst nicht bezahlen. Er würde sie dazu bringen, dass sie ihn wollte und dass sie es wollte …

Die Einfältigkeit seiner Gedanken erschreckte ihn. Elizabeth hatte aufgehört, eine Persönlichkeit für ihn zu sein. Am Ende war sie nur noch ein Mittel zum Zweck gewesen. Orricks Suche war zu seiner eigenen geworden. Er benutzte alle Mittel, sogar sie selbst, um zum Erfolg zu gelangen. Und dabei war er nichts als nur ein Mann mehr in ihrem Bett gewesen.

Gavin strich sich das Haar aus dem Gesicht und band es mit einer Lederschnur zusammen, die er in seinem Mantel bei sich trug. Dann ging er ein paar Schritte und versuchte, in der Dunkelheit, die ihn umgab, etwas zu erkennen. Um ihn herum pfiff der Wind, und er ließ sich von ihm durchblasen. Der Sturm war nichts, verglichen mit dem Gefühlschaos in seinem Innern.

Er schloss die Augen und erlebte in Gedanken noch einmal den Augenblick, als ihm bewusst geworden war, was er tat. Sie lagen beide schon auf dem Bett, und er war bereits in sie eingedrungen. Er hatte die Realität, Elizabeths wahre Reaktionen ignoriert und war kurz vor dem Höhepunkt. Da hatte er sie angesehen. Zum ersten Mal richtig angesehen. Unbeweglich lag sie unter ihm, nahm alles, was er gab, und reagierte auf nichts. Oh, sie war weich und feucht, doch sie spürte ihn nicht. Sie spürte überhaupt nichts. Und da sie die Augen nicht öffnete, als er ihren Namen rief, hielt er sie zuerst sogar für bewusstlos.

Doch als sie ihn dann mit ihren kalten, blicklosen Augen ansah, war alles noch weit schlimmer gewesen. Ihr leeres Starren zwang ihn nachzudenken und zu erkennen, was er tat. Er war mit einer Frau beisammen, die noch nicht einmal merkte, was zwischen ihnen geschah. Einer Frau, die wie eine Tote unter ihm lag.

Es war nicht die bittere Kälte hier oben, die ihn erschauern ließ. Ihn schauderte wegen seiner eigenen Kälte, die ihn gedankenlos bei einer Frau liegen ließ, die nicht die Wahl hatte, Nein zu sagen. So etwas hatte er noch nie getan – nicht einmal während seiner ersten Erfahrungen mit der Lust und den Sünden des Fleisches.

Gavin fluchte leise über seinen Mangel an Selbstbeherrschung und Urteilskraft. Er fragte sich, wie es so weit hatte kommen können und wie er seine Tat wiedergutmachen konnte. Knirschende Schritte hinter ihm zogen seine Aufmerksamkeit auf sich. Sie sagten ihm, dass der Wächter sich ihm näherte.

„Mylord, Lady Margaret erwartet Euch drinnen und wünscht, dass Ihr Euch zu ihr gesellt.“

Mit einem Nicken folgte Gavin dem Mann zur Tür und öffnete sie. Orricks Frau stand direkt dahinter und trat zur Seite, um ihn einzulassen. Wortlos ging sie den Gang hinunter und steuerte auf einen kleinen Alkoven zu. Gavin nahm seinen nassen Mantel ab und warf ihn sich über die Schulter.

„Gibt es Ungemach, Mylord?“ Margarets Stimme besaß noch den weichen Klang der Jugend.

„Nicht, dass ich wüsste, Mylady.“

Sie warf ihm einen scharfen Blick zu und musterte ihn eindringlich mit schräg gelegtem Kopf. „Mein Gatte und Herr erzählte mir von Eurem besonderen Arrangement für heute Abend und von dem Auftrag, den Ihr bezüglich der jungen Hu… der jungen Frau Elizabeth von ihm erhieltet. Jetzt knallt Ihr die Tür Eurer Kammer und marschiert hinauf auf die Zinnen. Ist etwas nicht in Ordnung?“

Verdammt! Orrick hätte es nicht weitererzählen sollen. Es hätte ihrer beider Geheimnis bleiben müssen. Frauen sehen manche Dinge auf eine seltsame Art, und die Burgherrin war keine, der man von gewissen Abmachungen unter Männern berichten sollte.

„Seid unbesorgt, Mylady. Es ist alles in Ordnung.“ Gavin hatte nicht vor, ihr zu erklären, was in der Kammer geschehen war. Ungeduldig trat er von einem Fuß auf den anderen und überlegte, wie er die Unterhaltung beenden könnte, als ihre Worte ihn hart trafen.

„Benötigt sie die Dienste unseres Heilers, Mylord?“

Margaret glaubte, er hätte Elizabeth verletzt! Diese Kränkung traf seine Seele wie ein Peitschenhieb.

„Lady Margaret! Ihr müsstet mich besser kennen! Wie könnt Ihr nur so etwas fragen?“ Trotzdem meldeten sich leise Gewissenbisse, und ihre Worte bestätigten sie nur.

„Mylord, ich habe davon gehört, wie gut Ihr Eure Gattin behandelt habt. Aber Huren sind etwas anderes, nicht wahr?“

Er begegnete ihrem stählernen Blick und wusste, dass sie über Dinge in ihrer Vergangenheit sprach. Er kannte die Geschichte, wie aus Margaret, der Hure des Königs, Orricks Gattin wurde. Das hier war ein viel zu persönliches Gespräch, um es noch weiterzuführen.

„Ich versichere Euch, dass es Elizabeth gut geht, Mylady. Und nachdem ich jetzt meinen Spaziergang gemacht habe, werde ich meine Kammer für die Nacht aufsuchen.“ Er deutete eine Verbeugung an und wollte sich gerade abwenden, als ihm noch eine Frage einfiel. „Seid Ihr besorgt wegen der Aufmerksamkeit, die Orrick ihr schenkt?“

Margaret lächelte und senkte für einen Moment den Blick. „Ihr wollt damit andeuten, dass er ihre Gesellschaft oder ihre Gunst sucht?“ Gavin nickte. „Nein, Mylord. Seht, ich weiß, dass Orrick durch sein Wesen verirrte und verwundete Kreaturen anzieht. Er bietet ihnen Zuflucht, damit sie sich erholen können, und danach halten sie ihm für immer die Treue.“

„Und Ihr glaubt, Elizabeth ist eine dieser Verirrten?“

„Oh ja, Mylord. So wie wir es alle sind.“

Autor

Terri Brisbin
<p>Das geschriebene Wort begleitet Terri Brisbin schon ihr ganzes Leben lang. So verfasste sie zunächst Gedichte und Kurzgeschichten, bis sie 1994 anfing Romane zu schreiben. Seit 1998 hat sie mehr als 18 historische und übersinnliche Romane veröffentlicht. Wenn sie nicht gerade ihr Leben als Liebesromanautorin in New Jersey genießt, verbringt...
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