Hochzeit wider Willen - Das Herz ist stärker als die Vernunft (2 Miniserien)

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

IN EINER NACHT VOLLER LEIDENSCHAFT von SOPHIE PEMBROKE
Filmstar Noah Cross ist ein berüchtigter Frauenheld. Seit seine große Liebe ums Leben kam, hat er nur noch belanglose Affären. Auch die bezaubernde Eloise soll nur eine weitere seiner Eroberungen werden. Doch nach ein paar heißen Nächten mit ihr kann er sie nicht mehr vergessen …

UND PLÖTZLICH IST ES ECHTE LIEBE! von SOPHIE PEMBROKE
Selfmade-Millionär Dan Black liebt seine Freiheit und schöne Frauen! Kein Wunder, dass er der hinreißenden Laurel gerne aus der Klemme hilft und für sie den Lover spielt! Doch plötzlich überwältigen ihn echte Gefühle. Hat er sich etwa in die aparte Hochzeitsplanerin verliebt?

ICH WILL EIN KIND, UND ZWAR VON DIR von ANDREA EDWARDS
Neal Sheridan weiß nicht, wie ihm geschieht: Ständig versucht die attraktive Pferdezüchterin Lisa, ihn in verfängliche Situationen zu verwickeln. Doch obwohl er sich ebenfalls stark zu ihr hingezogen fühlt, traut er dem Ganzen nicht. Er beschließt, sich zurückzuhalten …

SO EIN ZÄRTLICHES GEFÜHL von ANDREA EDWARDS
Einmal mit seinem glamourösen Zwillingsbruder den Platz tauschen? Warum nicht, denkt sich Tierarzt Nick Sheridan. Zumal er dann gefahrlos mit der schönen Colleen flirten kann. Nie hätte er jedoch damit gerechnet, was ihr erster, heißer Kuss mit seinem Herzen anstellt …


  • Erscheinungstag 10.08.2023
  • ISBN / Artikelnummer 9783751527293
  • Seitenanzahl 454
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

IMPRESSUM

In einer Nacht voller Leidenschaft erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
Postfach 301161, 20304 Hamburg
Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0
Fax: +49(0) 711/72 52-399
E-Mail: kundenservice@cora.de
Geschäftsführung: Katja Berger, Jürgen Welte
Leitung: Miran Bilic (v. i. S. d. P.)
Produktion: Christina Seeger
Grafik: Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn,
Marina Grothues (Foto)

© 2017 by Sophie Pembroke
Originaltitel: „Slow Dance with the Best Man“
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRA
Band 442 - 2017 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg
Übersetzung: Dr. Susanne Hartmann

Umschlagsmotive: Denis Ivanov / Getty Images

Veröffentlicht im ePub Format in 08/2023 .

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH , Pößneck

ISBN 9783751527347

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

Werden Sie Fan vom CORA Verlag auf Facebook .

1. KAPITEL

Drei Tage nach Weihnachten stand Eloise Miller in ihrem taubengrauen Wintermantel auf der Treppe von Morwen Hall und wartete darauf, dass die größte Plage ihrer Kindheit ankam und die Hölle losbrach.

„Ich frage mich, ob sie wohl den Brautschleier tragen wird“, sagte Laurel neben ihr. „Ich meine, sie hat mich im ganzen Land nach dem perfekten Spitzenschleier suchen lassen, aber ich denke, dass Melissa es nicht mag, wenn die Leute ihr Gesicht nicht sehen können.“

„Was die Werbung für ihren neuesten Film erklärt.“ Eloise dachte an die Plakate, so hoch wie Doppeldeckerbusse, die kaum mehr als Melissas makelloses Gesicht, ihr glänzendes blondes Haar und die schlanken, blassen Schultern zeigten. Oh, und den Filmtitel wahrscheinlich.

Melissa besaß die Art von bezaubernder Schönheit, neben der alles andere bedeutungslos wurde. Bis auf die Tatsache, dass sie immerzu gemein war natürlich.

„Glaubst du, dass sie bei Dreharbeiten genauso … anstrengend ist wie während der Vorbereitungen für diese Hochzeit?“, fragte Laurel.

Nicht zum ersten Mal hatte Eloise Mitleid mit ihrer neuen Freundin. Als Melissas Halbschwester und Hochzeitsplanerin war Laurel viel schlimmer dran als sie. Nicht nur, dass Laurel eine aufwendige fünftägige Hochzeit für die Reichen und Berühmten organisieren musste. Eloise würde Melissa nach dieser Hochzeit nie wiedersehen – Laurel hingegen schon.

Wohlgemerkt, Eloise war ziemlich sicher gewesen, dass Melissa ihr nie wieder Kummer bereiten würde, nachdem sie die Teenagerjahre überstanden hatte. Besonders als sich Melissa nach Hollywood aufmachte, um ein Star zu werden.

Bis Melissa in der Zeitschrift Star! ihre Verlobung mit dem berühmten Schauspieler Riley Black enthüllte und bekannt gab, sie wolle zu Hause in England heiraten: in Morwen Hall, dem luxuriösen neogotischen, zum Hotel umgewandelten Herrenhaus, in dem sie während ihrer Teenagerjahre als Zimmermädchen gearbeitet und Eloise das Leben zur Hölle gemacht hatte. Der letzte Teil stand nicht in der Zeitschrift, aber Eloise hatte nur daran denken können, als ihr Chef ihr den Artikel gezeigt hatte.

„Am Set kann sie unmöglich so schlimm sein.“ Eloise trat von einem Fuß auf den anderen, um sich warm zu halten. Sie würde ja wieder hineingehen, doch sie wusste, dass genau dann Melissa mit ihrem Verlobten und seinem noch berühmteren Trauzeugen Noah Cross auftauchen würde. So ein Pech war typisch für sie. Und als vorläufige Managerin von Morwen Hall war es ihre Aufgabe, die VIP-Gäste zu begrüßen. „Eine so gute Schauspielerin ist sie ja nun auch wieder nicht. Und man würde ihr nicht immer wieder Rollen in all den Blockbustern geben, wenn sie bei der Arbeit so nerven würde, wie sie es in letzter Zeit getan hat. Oder vor zehn Jahren in Morwen Hall, wo wir gerade dabei sind.“

Neugierig blickte Laurel sie an. „Wie war sie denn? Ich habe sie ja überhaupt erst kennengelernt, als sie sechzehn war, nachdem mein Vater … du weißt schon.“

Eloise wusste es. Sie vermutete, dass fast die ganze Welt die Geschichte kannte, wie Melissa Sommers von ihrer alleinstehenden Mutter großgezogen worden und ihr Vater nur zu Besuch gekommen war, wenn er von seiner Familie am anderen Ende der Stadt wegkonnte. Laurels Familie.

„So viel Zeit wie während der Hochzeitsvorbereitungen habe ich nie zuvor mit ihr verbracht.“

Zwar fügte Laurel nicht die Worte „zum Glück“ hinzu, aber Eloise konnte sie deutlich heraushören. „Sie war …“ Gemein. Böse. Ein Albtraum. „Sie stand gern im Mittelpunkt“, sagte Eloise, da sie sich bewusst war, dass Laurel trotz allem Melissas Halbschwester war. Sie hatte Laurel erst zu Beginn der Hochzeitsplanungen vor sechs Monaten kennengelernt, und bisher hatten sie hauptsächlich über die Hochzeit gesprochen. Gelegentlich hatten sie sich wissende Blicke zugeworfen und frustriert die Augen verdreht, wenn Melissa mit weiteren hundert Forderungen aus Los Angeles angerufen hatte. Aber seit Laurel gestern für die Hochzeit ins Hotel gezogen war, konnte Eloise kaum glauben, dass sie und Melissa einen gemeinsamen Elternteil hatten, so verschieden waren sie.

Allerdings hatten sie beide Ehrgeiz. Während Melissa alles darangesetzt hatte, ein Star zu werden, hatte Laurel ihr eigenes Hochzeitsplanungsunternehmen gegründet, das gerade anfing, so richtig Erfolg zu haben. Seltsamerweise war Eloise auf Laurels Erfolg neidischer als auf Melissas. Eloise hatte nie ein Star werden wollen, aber ihr eigenes Unternehmen zu haben … Sie schüttelte den Kopf. Nein. Sie hatte in Morwen Hall einen guten Job.

„Im Mittelpunkt stehen. Das glaube ich dir gern“, sagte Laurel. „Wahrscheinlich meint sie, dass sie dabei zu kurz gekommen ist. Weil unser Vater so lange bei meiner Mutter geblieben ist, anstatt mit ihrer zusammenzuleben.“

„Vielleicht“, räumte Eloise ein. „Aber das hat sie mehr als wettgemacht, indem sie mir alle meine Freunde ausgespannt hat.“ Sie schlug sich die Hand vor den Mund, doch Laurel lachte nur.

„Alle? Wie viele hattest du denn?“

„Zwei. Zu verschiedenen Zeiten natürlich. Und deine Schwester hat es geschafft, beide davon zu überzeugen, dass sie mit ihr besser dran sind.“ Okay, allzu schwer war das auch nicht gewesen. Sie waren in derselben Stadt aufgewachsen, auf dieselbe Schule gegangen und hatten im selben Hotel gearbeitet, was bedeutete, dass Melissa alles Peinliche über Eloises Familie gewusst hatte. Und was davon sie sich herauspicken musste, um den größten Effekt zu erzielen.

„Wenigstens brauchst du keine Angst zu haben, dass sie das diesmal wieder macht“, sagte Laurel.

„Nein“, stimmte Eloise zu. „Weil ich keinen Freund habe.“ Und schon eine ganze Weile keinen gehabt hatte. Nicht, dass sie die Tage zählte. Sie wartete lieber und fand den Richtigen, anstatt jeden Typen zu testen, der ihr über den Weg lief.

Viel Erfolg hatte sie nicht gehabt, seit sie mit der Schule fertig war. Die Freunde, die Melissa ihr abspenstig gemacht hatte, könnte man als die Höhepunkte ihrer Dating-Laufbahn betrachten. Mit Sicherheit waren sie viel besser als derjenige, der sie für ihre Mutter verlassen hatte. Oder der an der Universität, der sie persönlich und beruflich reingelegt hatte.

Vielleicht war sie einfach nicht dazu bestimmt, mit jemandem zusammen zu sein. Zweifellos hatte ihre Mutter genug Partner für sie beide gehabt.

Laurel verdrehte die Augen. „Ich meinte, ich glaube wirklich, dass sie Riley liebt.“

Eloise konnte sich nicht vorstellen, dass Melissa irgendjemanden außer sich selbst liebte. Aber vielleicht hatte sie sich geändert und war die meiste Zeit ein echter Schatz.

Nein. Das konnte sie sich erst recht nicht vorstellen. Trotzdem … „Ich hoffe es“, sagte Eloise. „Ich hoffe, dass sie wirklich glücklich ist.“

Je glücklicher Melissa war, desto besser standen nämlich die Chancen, dass die Hochzeit reibungslos ablief, Melissa und Riley zusammen dem Sonnenuntergang entgegenritten und sie keinen von beiden je wiedersehen musste.

„Ich auch“, pflichtete Laurel ihr bei. „Wenn auch nur, damit ich nicht noch eine Hochzeit für Melissa organisieren muss. Ich weiß, dass es ein Riesencoup für mein neues Unternehmen ist, aber trotzdem …“

Eloise lachte. „Als Hochzeitsplanerin brauchst du wenigstens nicht die erste Brautjungfer zu spielen. Ich meine, hast du die Kleider gesehen, die Melissa ausgesucht hat?“

Laurel verzog das Gesicht. Wahrscheinlich wurde ihr ein bisschen übel bei der Erinnerung an die Meilen von eisblauem Satin und Chiffon, die geopfert worden waren, um die Kleider der Brautjungfern zu nähen. „Tatsächlich stand das nie zur Debatte. Ich glaube, Melissa war von Anfang an fest entschlossen, Cassidy Haven als erste Brautjungfer zu verpflichten. Du weißt schon … der Berühmtheitsfaktor.“

„Du hast wohl recht“, sagte Eloise.

Vom Ende der Auffahrt war ein knirschendes Geräusch zu hören. Autoreifen auf gefrorenem Boden, wie Eloise aus Erfahrung wusste. „Sie sind da.“

Überrascht zog Laurel die Augenbrauen hoch. „Ja? Wo?“

„Sie biegen gerade um die Kurve.“ In diesem Moment tauchte der große schwarze Geländewagen aus dem Schutz der Bäume auf, und Eloise setzte ein Lächeln auf. Showtime.

Laurel richtete sich zu ihrer vollen Größe auf, reichte ihr aber immer noch gerade bis zu den Schultern. Der Geländewagen hielt vor Morwen Hall, und der Fahrer stieg aus, um die hintere Tür zu öffnen. Eloise nahm wahr, dass auch die Beifahrertür aufging, doch ihr Blick war auf die Blonde geheftet, die hinten ausstieg. Ihr Haar war perfekt aus dem schönen Gesicht frisiert, die hellrosa Lippenstiftfarbe nicht verwischt. Sie hatte nicht einmal einen kleinen Kaffeefleck auf ihrem schneeweißen Pullover – bestimmt Kaschmir – oder ihrer weißen Hose.

Vielleicht waren Stars wirklich eine andere Sorte Mensch. Niemand sollte nach einem elfstündigen Flug so gut aussehen.

Riley Black lächelte ihnen zu, als er ums Auto herumkam und seine Verlobte am Arm fasste. Laurel ging ein paar Stufen hinunter, um die beiden zu begrüßen, und Eloise wandte ihre Aufmerksamkeit dem Vierten im Wagen zu.

Und vergaß prompt zu atmen.

Auf dem Flug von Los Angeles nach London hatte Noah Cross versucht, ein neues Drehbuch zu lesen, das ihm seine Agentin Tessa geschickt hatte. Normalerweise hätte er das Drehbuch in seinen Koffer geworfen, sich auf dem Flug bei einem Drink entspannt und sich darauf gefreut, eine oder zwei Brautjungfern zu verführen, nur um in Übung zu bleiben.

Aber dieses Drehbuch war von einer Autorin, die er bewunderte: Queenie Walters. Er hatte schon zu lange davon geträumt, einmal mit ihr zu arbeiten. Ihre Filme waren berühmt dafür, Tiefgang zu haben, etwas auszusagen – und dafür, jeden Preis zu gewinnen, den es gab. Eigentlich das Gegenteil der Filme, die er während der vergangenen sieben Jahre gedreht hatte.

Filme, die dazu geführt hatten, dass ihn Riley Black gebeten hatte, irgendwo am Ende der Welt in England sein Trauzeuge zu sein. Bei Minustemperaturen im Dezember.

Vielleicht wurde es Zeit, andere Filme zu drehen.

Also, zurück zu dem Drehbuch.

Es war gut, so viel konnte Noah sagen, selbst nachdem er es nur überflogen hatte, abgelenkt durch Melissas Geplapper.

Er wollte diesen Film drehen. Mehr als das, er wollte die Hauptrolle spielen.

Noah wusste, dass seine Agentin ihn nicht für die Hauptrolle vorgeschlagen hatte. Er sollte den lustigen besten Freund spielen und zu den komischen Szenen in diesem Drama beitragen. Und das war seine eigene Schuld. Er hatte Tessa gesagt, er wolle etwas anderes machen als Action-Blockbuster und Superheldenfilme. Und sie hatte daraus geschlussfolgert, dass er Komödien meinte. Sie hatte ihm viele schlechte Slapstick-Drehbücher geschickt, bis er sie um etwas … Besseres gebeten hatte.

Da hatte sie ihm Acht Tage danach zukommen lassen, und er hatte gewusst, dass sie endlich verstand. Na ja, fast.

Jetzt musste er sie und den Regisseur nur noch davon überzeugen, dass er die beste Wahl für die Hauptrolle war.

„Und dann hat sie gesagt, ich würde vielleicht gar keinen Schleier brauchen!“ Melissa lachte hysterisch, als sie sie alle mit noch einer Geschichte über ihre Hochzeitsplanerin unterhielt. „Keinen Schleier tragen! Stellt euch das einmal vor!“

„Rochelle Twist hat bei ihrer Hochzeit keinen Schleier getragen“, sagte Noah vom Beifahrersitz, ohne von seinem Drehbuch aufzusehen.

„Sie hatte keinen?“, rief Melissa erschrocken.

Und Noah wusste, dass sie Silvester ohne Schleier zum Altar schreiten würde. Wenn sie nicht im Internet nach Beweisfotos suchte und erkannte, dass er das Ganze nur erfunden hatte, um sie zu veräppeln.

Er fand es noch immer merkwürdig, dass er ganz oben auf ihrer Gästeliste stand. Dass Riley ihn nach gerade einmal drei Filmen gebeten hatte, sein Trauzeuge zu sein, sagte eine Menge. Noah mochte den Mann ganz gern, aber er würde ihn nicht seinen besten Freund nennen. Sie waren ein paarmal zusammen ausgegangen. Reichte das, um Trauzeuge zu sein? Für Melissa und Riley offensichtlich schon.

Vor sieben Jahren hätte es nicht gereicht. Zugegeben, vor sieben Jahren waren Melissa und Riley wahrscheinlich noch Teenager gewesen, aber trotzdem. Damals war Noah ein Niemand, der dringend seinen großen Durchbruch brauchte. Er wohnte mit seiner besten Freundin Sally zusammen, teilte mit ihr Geschichten von schrecklichen Vorsprechen und Absagen und versuchte so zu tun, als wäre er nicht verrückt nach ihr.

Dann war der legendäre Durchbruch gekommen – am selben Tag, an dem ihm alles andere genommen worden war.

Noah schüttelte den Kopf, um die Erinnerungen zu zerstreuen. Er konnte sie heute nicht gebrauchen, eigentlich an keinem Tag. Das Leben drehte sich um das Hier und Jetzt, nicht um die Vergangenheit.

Und er hatte gerade vor, fünf Tage in irgendeinem Luxushotel zu verbringen, zusammen mit einigen der schönsten Frauen der Welt. Er würde doch sicherlich irgendeine Möglichkeit finden, sich die Zeit zu vertreiben.

Der Geländewagen bog von der Hauptstraße auf eine lange, weit geschwungene Auffahrt ab. Noah steckte das Drehbuch zurück in sein Handgepäck und hielt durch die Windschutzscheibe Ausschau nach dem Herrenhaus.

Morwen Hall kam in Sicht, nur grauer Stein, riesengroße Bogenfenster und Türme. Beim Anblick des Hauses musste Noah einfach lächeln. Protzig, zu viel des Guten. Es passte perfekt zu Melissa.

„Ist es nicht wunderschön?“, rief Melissa. „Genau so, wie ich es in Erinnerung habe.“

Und Noah fiel ein, dass sie hier gewohnt oder gearbeitet hatte oder irgendetwas in der Art, als sie noch jünger gewesen war.

„Schau mal, Schatz, Laurel ist nach draußen gekommen, um uns zu begrüßen“, sagte Riley, und Melissas Miene wurde mürrisch.

Noah sah zwei Frauen auf den Stufen vor der riesigen Eingangstür stehen. Er konnte ihre Gesichter durch die getönte Scheibe nicht erkennen, aber eine von ihnen musste die übertüchtige Hochzeitsplanerin Laurel sein, die ihm während der vergangenen sechs Monate ständig Aktualisierungen geschickt und Fragen gestellt hatte.

Er schwor sich, ihr für die nächsten fünf Tage möglichst aus dem Weg zu gehen. Tüchtigkeit wurde schnell ermüdend.

Der Fahrer öffnete Melissa die Tür, und die Braut stieg aus. Noah folgte ihr und betrachtete die beiden Frauen auf der Treppe genauer … Ihr Anblick durch die getönte Scheibe war ihnen nicht gerecht geworden. Die eine war eine zierliche Brünette, kurvig gebaut, die lächelte und vor Energie nur so zu strotzen schien, als sie die Stufen hinunterkam, um Melissa zu umarmen. Er hoffte, dass das Laurel war, der er aus dem Weg gehen wollte. Weil die andere …

Die andere blieb auf der Treppe stehen. Sie lächelte starr und wirkte, als würde sie sich unbehaglich fühlen. Als würde sie versuchen, in den Hintergrund zu treten. Etwas, woran Noah in den Kreisen, in denen er sich bewegte, nicht gewöhnt war.

Doch das würde ihr niemals gelingen. In ihren nicht sehr hohen schwarzen Pumps war sie beinahe so groß wie er – gut einen Meter achtzig. Und sie hatte flammend rotes Haar, das straff zurückgesteckt war, wodurch die klassische Schönheit ihrer Gesichtszüge betont wurde. Sie hatte einen hellen Teint. Die Farbe ihrer Augen konnte Noah aus dieser Entfernung nicht sehen, was ihn wurmte. Er wollte wissen, ob sie so schön waren wie der Rest von ihr.

Und Noah hoffte, sie während der nächsten fünf Tage noch viel öfter zu sehen. Vielleicht konnte er sogar herausfinden, wie ihr schönes Haar aussah, wenn es ihr um die nackten Schultern fiel …

Er hängte sich seine Reisetasche um, setzte sein charmantestes Lächeln auf und ging auf die imposante Eingangstür von Morwen Hall zu – und auf die ebenso eindrucksvolle Frau, die davorstand.

Möglicherweise würde die Hochzeit doch keine komplette Katastrophe werden.

Noah Cross!

Okay, zu atmen wurde jetzt ein Problem. Eloise musste sich wirklich zusammenreißen.

Schnell ermahnte sie sich, den unglaublich gut aussehenden Noah Cross nicht länger anzustarren, und sog die frische Dezemberluft ein.

Sie war albern. Natürlich sah er gut aus. Immerhin war er ein Filmstar. Das gehörte dazu. Zweifellos hieß es jedoch nicht, dass er ein netter Mensch war. Ihrer Erfahrung nach bedeutete es eher das genaue Gegenteil.

Nein. Sie würde sich nicht den Kopf verdrehen lassen vom ersten attraktiven – umwerfend schönen – Mann, der in ihre Richtung blickte. War sie nicht gerade zu dem Schluss gelangt, dass Beziehungen nichts für sie waren?

Wahrscheinlich sah er gar nicht sie, sondern Morwen Hall an. Es war schließlich noch bemerkenswerter als ihr rotes Haar und sehr viel schöner.

Der Gedanke ernüchterte sie sofort. Sie musste eine Hochzeit ausrichten und dabei mit Melissa fertigwerden. Sie hatte keine Zeit, Filmstars anzustarren.

Lächelnd ging Eloise die Treppe hinunter, um sich Melissa, Laurel und Riley auf der Auffahrt anzuschließen.

„Eloise!“, rief Melissa. „Es ist so wundervoll, dich wiederzusehen, Schatz.“ Sie beugte sich vor und verteilte Luftküsschen ein paar Zentimeter neben Eloises Wangen.

„Du hast mich doch schon bei den Videokonferenzen während der letzten sechs Monate gesehen“, sagte Eloise und lächelte weiter so starr, dass ihr das Gesicht wehtat.

„Oh, aber das ist überhaupt nicht dasselbe.“ Melissa legte den Arm um Laurels Schultern und den anderen um Eloises. „Ist das nicht einfach perfekt? Meine älteste Freundin und meine liebste Halbschwester arbeiten zusammen, um mir meine Traumhochzeit auszurichten.“

„Es ist ganz sicher perfekt, Schatz“, stimmte ihr Riley zu.

Natürlich findet sie das toll, dachte Eloise. Sie würde sich hier von Laurel und ihr von vorne bis hinten bedienen lassen. Nachdem sie sechs Monate lang das Unmögliche von ihnen verlangt hatte, war das nun der Höhepunkt.

Eloise tröstete sich damit, was wirklich wichtig war: ihre Beförderung. Wenn sie diese Hochzeit erfolgreich durchzog, würde Mr. Richards, der Besitzer von Morwen Hall, sie zu Jahresbeginn zur festen Managerin machen. Ganz zu schweigen davon, wie viel mehr Gäste durch die Berichterstattung in den Medien kommen würden. Ein sicherer Job in einem Hotel, das gut lief. Das war ein vernünftiges Karriereziel.

Sie musste es nur bis zum ersten Januar schaffen, ohne Melissa zu sagen, was sie wirklich von ihr dachte. Und ohne ihr einen Grund zu geben, sich über ihre professionelle Einstellung zu beklagen.

„Hier ist es echt klasse, Melissa. Ich kann verstehen, warum du das Hotel gewählt hast. Es ist perfekt für dich!“

Noah Cross’ Stimme klang unheimlich vertraut. Was daher rührte, dass Eloise ihm im Kino dabei zugesehen hatte, wie er auf der Leinwand böse Kerle verprügelte und schöne Frauen verführte. Ihn mit seiner angenehmen Stimme über Morwen Hall sprechen zu hören war seltsam.

„Kapriziös, gut gebaut, und ich vermute, es hat eine interessante Vergangenheit.“

Sein begeisterter Ton ließ die Bemerkung schmeichelhaft klingen, aber als sich ihre Blicke trafen, erkannte Eloise, dass Noah Cross genau wusste, was er da sagte. Seine Augen funkelten erst recht vor Belustigung, als Melissa die Stirn runzelte.

„Na ja, es ist schon sehr speziell.“

Schade, dass Noah Cross Schauspieler ist, dachte Eloise. Sonst wäre er genau mein Typ. „Warum kommt ihr nicht erst mal alle rein?“, lenkte sie von Noahs Bemerkung ab. „Es ist eiskalt hier draußen, und ich würde euch gern das Haus zeigen und euch ein bisschen über seine Geschichte erzählen.“

Noah ging sofort neben ihr die Treppe hoch, während Melissa erklärte: „Natürlich weiß ich schon alles, was es über Morwen Hall zu sagen gibt.“

Eloises Lächeln wurde noch ein bisschen starrer. „Du wirst feststellen, dass wir ein paar Dinge verändert haben, seit du zuletzt hier warst, Melissa.“

„Tja, ich kann es kaum erwarten, alles über das Haus zu erfahren.“ Noah schlug gegen die massive Eingangstür. „Zum Beispiel ob sich Vampire darin verstecken, die nur darauf warten, mir das Blut auszusaugen.“

Noah warf ihr ein Lächeln zu, das Eloise einfach erwidern musste. „Keine Vampire“, versprach sie. „Aber ich kann nicht garantieren, dass du keinem Gespenst begegnest.“

„Ich glaube nicht an Gespenster.“

„Hoffen wir, dass sie auch nicht an Filmstars glauben.“

Noah lachte – warm, dunkel und tief.

Schnell riss Eloise den Blick von ihm los. Sie sollte nicht darauf achten, wie er beim Lachen den Kopf in den Nacken warf oder wie sexy ihn sein Dreitagebart machte. Das war für sie und ihren Job völlig belanglos.

Trotzdem sah sie noch einmal verstohlen zu ihm hin, bevor sie zurück ins Haus ging.

2. KAPITEL

Das Innere von Morwen Hall entsprach mehr dem, was Noah erwartet hatte, als die merkwürdig neugotische Außenfront. Mit den zartgrünen Wänden und taubengrauen Zierleisten, den luxuriösen Samt- und Ledersofas und den Hochflorteppichen auf dem Originalsteinboden in der Halle hätte es irgendein Fünfsternehotel überall auf der Welt sein können. Dennoch wurde Noah das Gefühl nicht los, dass unter der Oberfläche des alten Gemäuers mehr schlummerte, als seine Besitzer preisgeben wollten.

Genau dasselbe schien auch auf die Hotelmanagerin zuzutreffen. Noah heftete den Blick auf Eloise, als sie ihren taubengrauen Mantel auszog. Darunter trug sie ein dezentes dunkelgraues Kostüm. Er vermutete, dass mit solch faszinierenden Haaren und Augen bunte Kleidung einfach des Guten zu viel war.

Trotzdem stellte er sich vor, wie sie in den Kleidern aussehen würde, die Schauspielerinnen auf dem roten Teppich trugen. In einer eleganten Abendrobe, die ihre Figur vorteilhaft zur Geltung brachte, anstatt sie zu verstecken.

„Melissa, Riley, soll ich euch in eure Suite führen?“, fragte Eloise.

Noah vermutete, dass es nur höflich war, sich zuerst um die Braut und den Bräutigam zu kümmern. Außerdem bedeutete es, dass Eloise danach mehr Zeit für ihn hatte. Und er hätte die Gelegenheit, sie zu überreden, später etwas mit ihm zu trinken.

„Eigentlich muss ich mit meiner Hochzeitsplanerin sprechen.“ Melissa zog Laurel zur Seite. „Warum führst du nicht zuerst unseren Trauzeugen auf sein Zimmer?“

Noah wuchtete seine Reisetasche über die Schulter. Seinen Koffer hatte er zuletzt auf dem Flughafen gesehen. Er nahm an, dass er in seinem Zimmer wieder auftauchte. Er liebte Hotels. Sie waren fast so gut wie Filmsets, wo für alles gesorgt wurde, bevor man überhaupt wusste, was man brauchte.

Aus dir wird noch einer dieser aufgeblasenen Idioten, die nicht wissen, was ein harter Arbeitstag ist.

Als er im Geiste die Stimme seines Vaters hörte, machte Noah ein finsteres Gesicht, aber bevor Eloise ihn ansah, setzte er sein gewohnt charmantes Lächeln auf.

Sie musterte ihn, als würde er ihr Missfallen erregen, was ihm zu denken gab. Normalerweise waren Frauen hocherfreut, einige Zeit mit ihm allein sein zu können. Und nach dem, wie Eloise ihn bei der Ankunft angestarrt hatte, war er davon ausgegangen, dass sie genauso war.

Offensichtlich bekam er hier irgendetwas nicht mit.

„Wenn du mir bitte folgen würdest“, sagte sie, ganz die Hotelmanagerin, als sie auf die Fahrstühle an der Rückseite der Hotelhalle zusteuerte.

„Arbeitest du schon lange hier?“

Die Türen gingen auf, sie betraten die Kabine, und Eloise drückte auf den Knopf für den obersten Stock. „Seit ich sechzehn bin.“

Natürlich. Sie war Melissas älteste Freundin. „Und damals hast du Melissa kennengelernt. Wie schön, dass sie für die Hochzeit hierher zurückkehren wollte.“

„Ja, einfach wunderbar“, gab Eloise ausdruckslos zurück.

Noah bekam den Eindruck, dass „älteste Freundinnen“ vielleicht nicht so ganz die richtige Beschreibung für Eloises und Melissas Beziehung war.

„Sie hat bestimmt viele schöne Erinnerungen an ihre Zeit hier“, hakte er nach.

„Das hat sie, da bin ich sicher.“

Eloise betonte das Wort „sie“ nicht besonders, dennoch schwang in ihrer Antwort ein leicht negativer Unterton mit. Nach dem, was Noah über Melissa wusste, war er nicht übermäßig überrascht. Oh, zu Regisseuren, Produzenten und anderen Stars war sie ausnehmend freundlich. Aber Noah hatte miterlebt, wie sie einen Assistenten vom Catering zur Schnecke gemacht hatte, weil er ihr nicht die richtige Sorte Chia-Samen für ihren Salat gereicht hatte. Solche Menschen waren zuvorkommend, wenn man wichtig war, und machten einem das Leben zur Hölle, wenn man es nicht war. Hollywood war voll von ihnen.

Noah war stolz darauf, dass er versuchte, niemals einer von diesen oberflächlichen Snobs zu werden. Ganz egal, was sein Vater meinte.

Bei Sally hatte er sich abgeschaut, wie man ein Star und trotzdem freundlich war. Nachdem sie eine Rolle in einer Fernsehserie bekommen hatte, war sie weiter … tja, Sally gewesen. Liebenswert, nett und geduldig mit allen anderen. Allein bei der Erinnerung spürte Noah einen stechenden Schmerz im Herzen. Zeit, an etwas anderes zu denken.

Der Fahrstuhl hielt, und die Türen glitten auf. „Also arbeitest du hier seit acht Jahren?“ Wenn er von Melissas Alter ausging, waren es wohl eher zehn, aber jeder Frau gefiel doch eine kleine Schmeichelei, oder?

„Zehn“, verbesserte ihn Eloise und verbarg schnell ihr Lächeln.

Er konnte es noch. Sein Charme wirkte noch immer. „Dann hast du bestimmt viele Veränderungen hier miterlebt.“

„Ja. Erstens mal ist Melissa weggegangen.“ Eloise schloss flüchtig die Augen. „Tut mir leid. Das hätte ich nicht sagen dürfen.“

„Doch, du darfst“, behauptete Noah. Er wollte, dass sie ehrlich war. Vielleicht weil er in seinem Berufsleben schon genug Leute traf, die sich verstellten. Es könnte ihm guttun, wieder etwas Aufrichtigkeit zu erleben. Sofern er nicht derjenige war, der zu aufrichtig wurde.

„Also … Älteste Freundin?“, fragte er, als sie durch einen breiten Flur gingen, der mit einem dunkelgrünen Veloursteppich ausgelegt war.

„Wir kennen uns fast schon unser ganzes Leben.“ Eloise seufzte. „Im selben Krankenhaus geboren, in denselben Kindergarten gegangen, auf dieselben Schulen, dann hatten wir dieselben Teilzeitjobs hier in Morwen Hall.“

„Im Grunde habt ihr dasselbe Leben geführt, bis sich Melissa aufgemacht hat, um Hollywood zu erobern?“ Interessant. Wenn dem so war, würde er erwarten, dass Eloise ein bisschen neidischer war. Aber ihr schien Melissas Ankunft einfach … lästig zu sein.

„Nicht dasselbe Leben“, erwiderte Eloise. „Doch es gab wohl Parallelen.“

„Und du wolltest nie nach Hollywood?“

Sie lachte. „Nein, das ist nichts für mich.“

„Wieso?“

Vor der Tür mit der Nummer dreihundertneunzehn blieb sie lächelnd stehen. „Zu viele Schauspieler. Jetzt lass mich dir dein Zimmer zeigen.“

Noah war fast sicher, dass sie Spaß machte.

Obwohl Morwen Hall von außen anders war als jedes Gebäude, das er jemals gesehen hatte, hatte er Standardzimmer erwartet. Seiner Erfahrung nach waren Luxushotels im Grunde alle gleich.

Das Hauptzimmer der Suite bestätigte seine Vermutung. Aber dann führte Eloise ihn ins Schlafzimmer.

„Oh Mann!“ Noah starrte das riesige Himmelbett an, das mit schweren waldgrünen Vorhängen und Decken geschmückt war. Die unverputzte Wand hinter dem Bett zeigte den Originalstein des Hauses. Am hölzernen Kopfende lagen Zier- und Kopfkissen in Grüntönen. Man brauchte sich nur noch hineinsinken zu lassen.

„Gefällt es dir?“, fragte Eloise.

Zum ersten Mal hörte Noah eine Spur von Unsicherheit in ihrer Stimme.

„Neben der Gatehouse-Suite, in der Melissa und Riley wohnen, ist es das beste Zimmer im Hotel.“

„Es sieht auch so aus.“ Anerkennend betrachtete Noah das Bett, für das er ein paar super Ideen hatte. Er blickte wieder Eloise an und fragte sich, ob sie wohl einige davon mit ihm realisieren würde. So, wie sie zurückwich, eher nicht. „Was machst du heute Abend?“, fragte er sie trotzdem.

„Melissa und Riley laden alle ihre Gäste zu einem Begrüßungsdrink in die Bar ein“, sagte Eloise sofort. „Wenn du um sieben nach unten zur Rezeption kommst …“

„Wirst du da sein?“ Noah schenkte ihr sein herzlichstes Lächeln. Er hatte das Gefühl, dass sie nicht verstand, worum es ging.

„In meiner Funktion als Hotelmanagerin? Natürlich.“

Sie hatte es eindeutig nicht verstanden. War sie schüchtern? Wie gebannt, weil sie einen Filmstar vor sich hatte? Oder hatte sie wirklich kein Interesse an ihm? Noah konnte es nicht sagen. Fast hoffte er, dass Letzteres der Grund war. Es war zu lange her, dass eine Frau eine echte Herausforderung für ihn gewesen war.

„Wenn das so ist, freue ich mich.“ Vielleicht konnte er bis sieben noch ein Nickerchen einschieben. Das würde ihn wieder in Form bringen. Aber zuerst musste er das Drehbuch zu Ende lesen, bevor seine Agentin anrief und fragte, was er davon hielt.

Erst die Arbeit, dann das Vergnügen, was auch immer die Presse über ihn schrieb.

„Großartig.“ Eloise klang alles andere als begeistert. „Wir sehen uns unten.“

Als sich die Tür hinter ihr schloss, gab sich Noah selbst ein Versprechen: Bevor sich Melissa und Riley das Jawort gaben, würde er Eloise dazu bringen, sich für ihn zu erwärmen. Oder vielleicht sogar ihn zu wärmen.

Eloise schloss Noahs Tür hinter sich und entspannte sich zum ersten Mal, seit sie ihn vor dem Hotel entdeckt hatte. Eine Ablenkung war das Letzte, was sie diese Woche gebrauchen konnte, ganz zu schweigen von einer albernen Schwärmerei.

Bevor sie zu den Aufzügen ging, fasste sie einen Entschluss: Dass sie sich zu Noah – ausgerechnet zu einem Filmstar! – hingezogen fühlte, würde keinen Einfluss auf Melissas und Rileys Hochzeit haben. Das würde sie unter keinen Umständen zulassen.

Sie musste es nur bis zum ersten Januar schaffen. Dann würde sie ihr schönes, normales, vernünftiges und stabiles Leben zurückhaben und konnte Melissa Sommers bis zu ihrer unvermeidlichen Scheidung und neuen Heirat vergessen. Nein, selbst dann würde Melissa sicherlich nicht zurückkehren. Bestimmt gehörte es sich nicht, zweimal am selben Ort zu heiraten.

Unten in der Hotelhalle schimpfte Melissa mit Laurel. Eloise hörte die Worte „kleine Geschenke für die Gäste“ und „eine Peinlichkeit“. Schnell zog sie sich hinter den Empfangstresen zurück. Alles, was nichts mit dem Hotel zu tun hatte, war Laurels Problem. Sosehr sie Melissas Halbschwester auch mochte, sie hatte selbst genug Probleme.

Nach ein paar Minuten kam Laurel auf sie zu. „Leider muss ich dich für einige Stunden verlassen. Melissa will, dass ich schnell nach London fahre.“

„Die kleinen Geschenke für die Gäste?“

Laurel nickte. „Diejenigen, für die wir uns vor drei Monaten entschieden haben, sind jetzt passé und peinlich.“

„Natürlich.“ Eloise seufzte. Es ließ sich unmöglich sagen, ob Melissa mit den kleinen Geschenken wirklich unzufrieden war oder ob sie nur versuchte, Laurel das Leben schwer zu machen. So oder so, Laurel musste es in Ordnung bringen.

„Anscheinend hat Melissa ein paar Telefongespräche geführt, und jetzt warten einhundertfünfzig neue Geschenke – handgemachte Pralinen und Miniparfüms, glaube ich – in irgendeiner Boutique im Zentrum Londons. Ich hole sie jetzt ab. Ich fahre mit dem nächsten Auto mit, das vom Flughafen hier ankommt. Bevor der Chauffeur für die nächsten Gäste zurück zum Flughafen fährt, kann er mich in der Stadt absetzen. Dafür sollte gerade genug Zeit sein, wenn der Verkehr nicht zu schlimm ist.“

„Und wie willst du zurückkommen?“

„Das letzte Auto vom Flughafen hierher wird mich von der Boutique abholen müssen. Ich hoffe nur, dass der Hotelgast darin kein pflegeintensiver Promi ist, der etwas dagegen hat, mit der Hilfskraft zu fahren – oder einen großen Umweg zu machen. Viel Glück hier!“

„Dir auch.“

Laurel winkte, bevor sie die schwere Tür aufstieß.

Eloise setzte ein strahlendes Lächeln auf und ging auf Melissa und Riley zu, die gerade öffentlich ihre Liebe zur Schau stellten. Als wäre diese Woche nicht schon unangenehm genug.

„Wenn ihr fertig seid, würde ich euch gern in die Hochzeitssuite führen.“

Melissa löste sich von Riley, der die Hand auf ihrer Hüfte behielt. „Ich kann es kaum erwarten, sie zu sehen! Laurel hat gesagt, ihr habt das alte Pförtnerhaus umgebaut?“

„Das stimmt.“ Gemeinsam mit dem Brautpaar ging Eloise nach draußen auf die Auffahrt. „Man muss ein kurzes Stück laufen, aber wir haben festgestellt, dass unsere Hochzeitspaare die Abgeschiedenheit genießen.“

Riley grinste. „Bestimmt. Ich habe es jedenfalls vor!“

Melissa entzog sich ihm, als er ihr den Arm um die Taille legte. „Erst nach der Hochzeit!“, kreischte sie, während sie in ihren absurd teuren Lederstiefeln und dem unpraktischen strahlend weißen Mantel über die Auffahrt tänzelte. Ihr blondes Haar glänzte in der Wintersonne, ihre helle Haut war makellos.

Nur gut, dass ich kein neidischer Mensch bin, dachte Eloise.

„Ich fasse es einfach nicht!“ Riley schloss sich Eloise an. „Sie lässt mich bis nach der Hochzeit warten! Ich habe die schönste Verlobte der Welt und darf sie nicht mal berühren.“

„Als hättest du mich nicht schon oft genug berührt“, sagte Melissa lachend. „Im ersten und zweiten Monat konntest du kaum die Finger von mir lassen.“

Eloise lief ein bisschen schneller und war erleichtert, als das Gatehouse am Waldrand in Sicht kam.

„Nicht in den letzten achtundvierzig Stunden!“, protestierte Riley. „Das ist gemein. Eloise ist auch der Meinung, stimmt’s?“

Eloise fand, dass es sie nichts anging, aber der Kunde war König. „Wenn sie die Hochzeitssuite sieht, könnte sie vielleicht schwach werden“, antwortete sie diplomatisch.

„Deshalb wird er bis zur Hochzeitsnacht nicht darin wohnen.“ Melissa klang triumphierend. Und als sie Eloise ansah, machte ihr kleines Lächeln klar, dass sie genau wusste, was sie da tat. „Ach, hat Laurel dir nicht gesagt, dass Riley bis Samstag ein eigenes Zimmer braucht?“

Eloise versuchte verzweifelt, sich zu beherrschen. Melissa wusste sehr wohl, dass Laurel es nicht getan hatte. Wahrscheinlich weil sie es ihrer Hochzeitsplanerin gegenüber gar nicht erwähnt hatte. Gut möglich, dass sie gerade erst darauf gekommen war und die Idee jetzt benutzte, um ihre „älteste Freundin“ und ihre Halbschwester gegeneinander auszuspielen. Das wäre typisch für Melissa.

Vor zehn Jahren wäre Eloise vielleicht darauf hereingefallen. Aber sie war nicht mehr sechzehn. „Tatsächlich hat Laurel angedeutet, dass so etwas passieren könnte. Deshalb habe ich im Hotel ein sehr schönes Zimmer für Riley freigehalten.“

Riley wirkte beeindruckt, während Melissa aussah, als wollte sie einen Mord begehen. Lächelnd ging Eloise an ihnen vorbei und schloss die Tür zum Gatehouse auf.

„Wie wäre es, wenn wir uns jetzt anschauen, wo ihr eure erste Nacht als Mann und Frau verbringen werdet?“ Danach kann ich anfangen, eine Hotelsuite für Riley anzubauen! dachte Eloise, während sie das Brautpaar herumführte.

„Die Suite ist wunderschön“, gab Melissa schließlich zu. Dann, weil sie anscheinend irgendetwas kritisieren musste, ergänzte sie: „Und ich bin sicher, mir wird es so weit ab vom Haupthaus gut gehen.“

Es sind zwei Minuten bis zum Hotel! dachte Eloise genervt.

„Tja, ich gebe dir meine Zimmernummer.“ Riley legte Melissa den Arm um die Taille und sah sich lange das Himmelbett an. „Nur für den Fall, dass ich herkommen und … dich retten soll.“

Melissa schubste ihn weg. „Geh mit Eloise dein Zimmer finden. Ich werde die schöne Badewanne benutzen.“

„In Ordnung“, sagte Eloise. „Dein Zimmer. Folge mir einfach.“ Im Geiste ging sie die Zimmerliste für die Hochzeit durch. Das zweitbeste Zimmer nach Noahs Suite war für Rileys Bruder Dan vorgesehen. Er brachte keinen Gast mit, also wäre nur eine Person umzuquartieren. Außerdem kam er mit dem letzten Flug, was ihr mehr Zeit gab, das Problem zu regeln. Und wenn alle Stricke rissen und sie kein anderes Zimmer von einem Gast hervorzaubern konnte, der nicht erschien, wären Dan und Riley vielleicht nicht allzu entsetzt darüber, sich eins zu teilen …

Mehr konnte sie im Augenblick nicht tun. Sie würde Riley sein Zimmer zeigen und dann an die Rezeption zurückkehren, um das Einchecken der Hochzeitsgäste zu überwachen.

Dann musste sie am Abend nur noch dem Charme von Noah Cross widerstehen. Wie schwierig konnte das schon sein? Eloise erinnerte sich an Noahs Lächeln und sah ein, dass sie höchstwahrscheinlich verloren war.

3. KAPITEL

Das Nickerchen musste verschoben werden.

Noah legte das Drehbuch vor sich auf das Bett und griff nach seinem Telefon. Es war eine geniale, packende Geschichte. Dieser Film war derjenige, auf den er immer gewartet hatte. Entschlossen wählte er die Nummer seiner Agentin Tessa.

„Ich will diese Rolle“, sagte er in dem Moment, als sie abnahm.

„Noah?“ Sie klang schläfrig.

Im Stillen rechnete er den Zeitunterschied aus und zuckte zusammen. Aber da sie jetzt sowieso wach war, konnte er ebenso gut weitermachen.

Acht Tage danach . Ich will die Hauptrolle.“

„Wirklich? Du glaubst, dass du der Richtige bist, den Marcus zu spielen?“

„Ganz bestimmt.“ Noah ignorierte, wie überrascht Tessa klang. „Vertrau mir. Sie wollen mich in der Rolle. Ich werde großartig sein.“ Seine Agentin schwieg, und sein Selbstvertrauen sank ein bisschen. Aber nur kurzzeitig. Er war nicht dorthin gekommen, wo er war, indem er sich von Kritik umhauen ließ. „Was haben sie über mich gesagt?“

„Stefan, der Regisseur … er macht sich Sorgen, dass du vielleicht nicht den Tiefgang für die Rolle hast.“

„Für Marcus?“

„Für die Rolle des besten Freunds.“

Noah blinzelte. „Der beste Freund hat keinen Tiefgang. Er ist im Grunde nur dazu da, die Stimmung aufzulockern.“ Wenn Stefan ihm nicht einmal diese Rolle zutraute, würde er es noch schwerer haben als erwartet.

„Trotzdem. Dies ist ein ganz anderer Film als diejenigen, in denen du bis jetzt mitgespielt hast.“

„In letzter Zeit.“

„Seit du ein Schauspieler bist, den jeder kennt“, schoss Tessa zurück.

War es wirklich so lange her, dass er einen Film gedreht hatte, der von Bedeutung war? Ja. Seit seinem Durchbruch mit einem Blockbuster hatte er keine gehaltvolle Rolle mehr übernommen.

„Was muss ich tun, um ihn zu überzeugen?“, fragte Noah.

„Davon, dass du den besten Freund spielen kannst?“

„Nein.“

Tessa seufzte. „Warum ist dir diese Rolle so wichtig? Du bist doch jahrelang damit zufrieden gewesen, den Helden in Actionfilmen zu spielen.“

„Du meinst, als ein Schauspieler, der eher attraktiv als talentiert ist.“ Noah hatte das Gerede auch gehört.

„Das hast du gesagt. Aber ja. Also, was hat sich geändert?“

„Es ist dieses Drehbuch. Und ich wusste schon davor, dass ich etwas anderes machen will. Es ist sieben Jahre her, dass …“ Dass er eine Rolle angenommen hatte, die ihn dazu gebracht hatte, zu tief zu blicken, zu viel zu ergründen, um die Figur zu verstehen. Dass er mehr getan hatte, als seine Rollen zu spielen, ohne zu viel über die Emotionen dahinter nachzudenken. Dass er es überhaupt gewagt hatte zu fühlen.

„Seitdem das mit Sally passiert ist.“

Tessa war einer der wenigen Menschen, die diese Geschichte kannten. Einer der Gründe, warum Noah sie als Agentin behalten hatte, selbst als andere Agenturen ihn um jeden Preis unter Vertrag nehmen wollten.

„Ja. Aber es ist mehr als das. Dieses Drehbuch hat etwas, Tessa. Etwas Menschliches. Es erzählt von Verlust und Beziehungen und Liebe …“

„Ich weiß“, sagte Tessa leise. „Deshalb war ich so überrascht, dass du den Film machen willst. Normalerweise sind das genau die Dinge, denen du aus dem Weg gehst.“

Das war das Problem, wenn man fast ein Jahrzehnt lang dieselbe Agentin hatte. Tessa kannte ihn und seine Schwächen in- und auswendig.

„Vielleicht ist es Zeit für eine Veränderung.“ Beruflich, wenn nicht sogar privat.

„Okay, sei ehrlich. Hat es mit dem Interview im letzten Monat zu tun?“

„Du weißt, dass mir so was schon lange nicht mehr unter die Haut geht.“ Auch wenn es hieß, dass seine Filme immer hirnloser wurden.

„Das würde jedem unter die Haut gehen. Es ist keine Schande, bessere Filme drehen zu wollen, Noah.“

„Genau!“ Bessere Filme. Das war das Ziel. Und erreichbar, ohne sich all den Dingen zu öffnen, denen er sich vor Jahren verschlossen hatte. „Also verschaffst du mir die Rolle?“

„Ich besorge dir ein Telefonat mit dem Regisseur“, konterte Tessa. „Mehr kann ich nicht tun. Dann hängt es von dir ab. Aber du wirst sie wirklich beeindrucken müssen.“

Die Warnung in ihrer Stimme war deutlich herauszuhören. Die Filmemacher wollten ihn nicht für die Rolle haben. Also würde er ihnen beweisen müssen, dass der Film nur mit ihm gut wurde.

„Werde ich.“

„Ich meine es ernst. Diese Rolle erfordert echte Gefühle …“

„Und du glaubst, dass ich dazu nicht fähig bin?“

Erneut seufzte Tessa. „Früher schon. Deshalb habe ich dich unter Vertrag genommen.“

„Und ich dachte, es wäre wegen meines hübschen Gesichts gewesen.“

„Das auch. Aber hauptsächlich war es dein Talent. Heutzutage allerdings … Noah, du hast nicht mal eine Beziehung mit den Frauen, mit denen du schläfst. Glaubst du wirklich, dass du all das Gute in dir wiederfinden kannst, das ich seit Jahren nicht gesehen habe?“

Noah war sich nicht sicher. „Ehrlich, ich weiß nicht mal, ob es noch da ist.“

„Tja, sollte es besser, wenn du diese Rolle haben willst. Und noch eins, Noah … Deine schauspielerische Begabung ist nicht Stefans einzige Sorge. Er möchte, dass der Film im Mittelpunkt steht. Dass alle über den Film reden und nicht über dein Liebesleben.“

„Ich habe kein Liebesleben.“ Seit Sallys Tod war er nicht mehr verliebt gewesen. Wie könnte er auch?

„Du hast Frauen. Viele Frauen, ob du sie nun liebst oder nicht.“

„Tue ich nicht.“ Warum musste er das sagen? Tessa wusste es. Aber er fand es irgendwie wichtig, sich klar auszudrücken. Als würde er Sally verraten, wenn er einen Zweifel daran ließ.

Und er hatte schon genügend Schuldgefühle, weil er nicht der beste Freund gewesen war, den sie brauchte.

„Du gehst mit vielen Frauen aus, und du wirst dabei gesehen und fotografiert. Die Fotos tauchen in Zeitschriften und im Internet auf, und die Leute reden darüber“, wies Tessa ihn scharf zurecht. „Du weißt, was für eine Wirkung das hat.“

„Du meinst, wie es den Kartenabsatz in die Höhe treibt?“ Weil es in seinem Beruf dazugehörte, sich sehen zu lassen. Es war wie eine weitere Rolle, die er spielte: Noah Cross, Filmstar.

„Nicht diesmal. So ein Film ist das nicht, Noah. Stefan will, dass die Leute über die Bedeutung, das Thema, die Seele des Films sprechen. Nicht darüber, mit wem du heute Abend schläfst.“

„Soll heißen: Übernimm die Rolle, und verzichte auf Sex?“ Wenn dem so war … Nein, er wollte diesen Job noch immer.

„Soll heißen: Versuch ein einziges Mal, ein bisschen diskret zu sein. Okay?“

Diskret sein. Das konnte er schaffen. „In Ordnung.“

Einen Moment lang sah Noah im Geiste flammend rotes Haar und funkelnde Augen vor sich. Mit ihrer faszinierenden Schönheit war Eloise alles andere als unauffällig. Jeder würde sich daran erinnern, ihn mit ihr gesehen zu haben.

Plötzlich schien es so, als würde diese Hochzeit viel weniger amüsant werden.

„Ich werde so diskret sein, dass man nicht einmal merkt, dass ich hier bin“, versprach er.

Tessa stieß einen spöttischen Laut aus. „Das glaube ich erst, wenn ich es erlebe.“

Am späten Nachmittag hatte Eloise das Gefühl, als würden ihr die Füße abfallen. Erschöpft stellte sie sich hinter den Empfangstresen und schlüpfte aus den Schuhen. Schon besser. Einen Moment lang glaubte sie tatsächlich, sie hätte an diesem Wahnsinnstag eine kleine Pause.

Bis Melissas Schrei sie erstarren ließ.

Eloise schloss kurz die Augen, während sie sich auf alles gefasst machte. Als sie sie wieder öffnete, eilte Melissa durch die Hotelhalle. Sie hatte sich ein Handtuch um die Haare gewickelt und trug einen Mantel und Stiefel über schwarzen Leggings und dazu passendem Top.

„Stimmt was nicht, Melissa?“, fragte Eloise.

„Cassidy!“, kreischte Melissa. „Sie hat gerade aus Aspen angerufen! Sie hat sich beim Skilaufen das Bein gebrochen!“

Erneut ging Eloise im Kopf die Gästeliste durch, in der Hoffnung, dies könnte bedeuten, dass sie doch noch ein freies Zimmer hatte. „Deine erste Brautjungfer?“

„Ja!“

Okay, das war wirklich ein Problem. Aber Eloise war sicher, dass eine von Melissas anderen Brautjungfern gern befördert werden wollte. „Bedeutet das, dass sie und ihr Mann nicht zur Hochzeit kommen?“ Und ich das Zimmer Rileys Bruder geben kann?

Melissa warf ihr einen von diesen verächtlichen Blicken zu, die Eloise während ihrer Kindheit hassen gelernt hatte.

„Natürlich kommen sie. Na ja, nicht Cassidy, anscheinend darf sie nicht fliegen. Aber ihr Mann Dillon bringt eine ‚alte Freundin‘ mit.“

So, wie Melissa das sagte, konnte Eloise die Anführungszeichen tatsächlich hören. Sie würde Promi-Ehen niemals verstehen. Wer brachte denn seine Geliebte mit zur Hochzeit einer Freundin, während seine Frau im Krankenhaus lag?

Eine Melodie erfüllte die Hotelhalle, und Melissa zog ihr Telefon aus der Manteltasche.

„Kerry? Dem Himmel sei Dank, dass du zurückrufst. Hast du das mit Cassidy gehört? Was mache ich denn jetzt bloß? Wann triffst du überhaupt hier ein? Morgen! Ich brauche vor morgen eine neue erste Brautjungfer!“

Kerry, erinnerte sich Eloise von vielen Vertragsverhandlungen und E-Mails, war Melissas Agentin.

„Eine, die mich damals kannte? Du meinst, wir sollten den Aspekt ‚Einheimische wurde Hollywoodstar‘ noch weiter ausschmücken? Genügt es nicht, dass ich in diese Bruchbude zurückgekehrt bin? Ja, in Ordnung. Wenn du meinst, dass es gut ankommen wird. Ja, ich frage sie.“

Hatte Melissa Morwen Hall gerade eine Bruchbude genannt? Vor zehn Jahren mochte das Hotel ja nicht der Gipfel des Luxus gewesen sein, aber heutzutage war es einfach sensationell. Eloise war so wütend, dass sie noch immer die Kiefer aufeinanderpresste, als sich Melissa wieder zum Empfangstresen umdrehte.

„Okay, Planänderung. Du bist meine neue erste Brautjungfer.“

Eloise blinzelte. „Was?“

„Du.“ Melissa zeigte mit dem Finger auf sie. „Du wirst das sehr teure, hübsche Kleid anziehen und vor mir zum Altar gehen. Du wirst für die Kameras lächeln. Du wirst der Reporterin, die über die Hochzeit berichtet, erzählen, wie nahe wir uns in unserer Kindheit und Jugend gestanden haben. Und dass mich Hollywood überhaupt nicht verändert hat. Ist das klar?“

„Warum?“, fragte Eloise verblüfft. Dann begriff sie. „Wegen all der Artikel in letzter Zeit, oder? Diejenigen, in denen man dich eine Diva nennt, die vergessen hat, wo sie herkommt.“

Melissa rümpfte die Nase. „Ich lese diese Art Schundblätter nicht.“

„Ist es nicht dasselbe, das über deine Hochzeit berichtet?“

Darauf antwortete Melissa nicht.

„Also, lass mich raten. Deine Agentin meint, wenn eine alte Freundin zur Hochzeitsgesellschaft gehört, beweist das, wie bodenständig du trotz deiner Millionenhochzeit in einem Fünfsternehotel noch immer bist.“

„So ungefähr.“

„Vergiss es.“ Nie im Leben würde Eloise da mitspielen. Es war schon schlimm genug, dass sie Morwen Hall einer undankbaren Melissa und ihren Promifreunden zur Verfügung stellen musste. Bei dieser ganzen Katastrophe auch noch mitzumachen war das Letzte, was Eloise wollte. „Warum fragst du nicht Laurel? Sie ist deine Halbschwester.“

Melissa verzog das Gesicht. „Ausgeschlossen. Außerdem passt sie nicht in das Kleid. Hast du ihr Dekolleté gesehen?“

Ja, das hatte Eloise. Und sie war ziemlich neidisch darauf. „Aller Wahrscheinlichkeit nach passe ich auch nicht in das Kleid.“ Zwar war sie sehr schlank, aber Hollywoodstars trugen Size zero, oder?

„Doch“, versicherte Melissa ihr. „Cassidy musste für ihren letzten Film zunehmen. Irgendwas darüber, dass dicke Mädchen komischer sind. Wir machen die Anprobe als Allererstes morgen früh.“

„Warte! Noch habe ich mich nicht dazu bereit erklärt. Ich habe schon eine Aufgabe bei dieser Hochzeit. Ich bin für den Veranstaltungsort verantwortlich!“

„Dann finde jemanden, der das für dich übernimmt“, rief Melissa über die Schulter, als sie zurück ins Pförtnerhaus ging. „Tu einfach alles, was ich sage.“

„Ja, weil das in unserer Jugend immer so gut funktioniert hat“, murrte Eloise. Deswegen hatte sie ihre Mutter dabei überrascht, wie sie ihren ersten richtigen, erwachsenen Freund küsste. Weil Melissa sie im Theater nach unten in die Requisite geschickt hatte, um irgendetwas zu holen, das sie offensichtlich nicht wirklich brauchte. Hinterher hatte Melissa behauptet, sie habe unmöglich wissen können, dass die beiden da unten seien.

Erste Brautjungfer für Melissa Sommers. Wie, in aller Welt, war es dazu gekommen? Und das Schlimmste daran war …

„Das klingt, als würden wir noch mehr Zeit zusammen verbringen.“

Noahs tiefe Stimme war viel zu nahe an ihrem Ohr. Eloise seufzte. Das. Das war das Schlimmste. Weil von der ersten Brautjungfer erwartet wurde, dass sie sich mit dem Trauzeugen zusammentat. Was ihren Entschluss, sich von Noah Cross fernzuhalten, nicht leichter machen würde.

Sie drehte sich um und stellte fest, dass er direkt hinter ihr gestanden hatte. So nahe, dass sie in seinen Armen gelegen hätte, wenn sie einen Schritt zurückgetreten wäre. Schnell wich sie ihm aus und versuchte, professionell anstatt wie ein verknallter Teenager zu wirken. Aber sie spürte, dass sein atemberaubend gutes Aussehen erneut diese seltsame Hitze in ihr aufsteigen ließ. Dann erkannte sie, dass er missbilligend die Stirn runzelte.

„Sieht so aus“, stimmte sie zu. „Allerdings werde ich mit den Hochzeitsvorbereitungen viel zu beschäftigt sein, um …“

„Das bezweifle ich“, unterbrach Noah sie.

Er hörte sich noch immer nicht gerade glücklich darüber an, was Eloise überraschte. Vielleicht hatte sie seine Flirtversuche vorhin missverstanden. Vielleicht benahm er sich allen Frauen gegenüber so und war jetzt, da er tatsächlich Zeit mit ihr verbringen musste, weniger versessen darauf.

„Melissa hat ein volles Programm für die Hochzeitsgesellschaft. Sie hat recht. Du wirst jemanden finden müssen, der deine Arbeit hier übernimmt.“

Eloise wusste das. Schließlich hatte sie Laurel dabei geholfen, den Ablauf zu planen.

Und jeder Programmpunkt brachte mit sich, dass die erste Brautjungfer und der Trauzeuge zusammen waren.

Noah lächelte, und trotz seines Stirnrunzelns wirkte er durch und durch charmant. Eloises Herz raste, als sie das Unvermeidliche akzeptierte.

Sie war verloren.

Sie war verliebt in einen Mann, für den sie offensichtlich bloß eine kleine Unannehmlichkeit darstellte.

Und – was noch schlimmer war – die ganze Welt würde zusehen und darüber lachen, dass sie vorgab, in der Welt der Schönen und Reichen leben zu können. Man würde sie verspotten, weil sie angeblich meinte, sie wäre hübsch und witzig genug für Noah Cross.

Bei dem Gedanken wurde ihr schwindlig. Zehn Jahre waren vergangen, und noch immer machte ihr Melissa Sommers das Leben zur Hölle.

4. KAPITEL

„Du siehst aus, als könntest du einen Drink gebrauchen.“ Noahs Erfahrung nach war das ein guter Spruch bei gestressten Frauen. Aber in diesem Fall war es nicht nur ein Spruch. Eloise sah aus, als würde sie jeden Moment umkippen. Die meisten Frauen hätten gern die erste Brautjungfer für Melissa Sommers gespielt, und keine hätte etwas dagegen gehabt, mehr Zeit mit ihm zu verbringen.

Aber er lernte gerade, dass Eloise anders war als all die Frauen, die er kannte.

„Mir geht’s gut.“ Eloise klang matt und überhaupt nicht glaubwürdig.

„Klar doch“, sagte Noah sarkastisch und fasste sie am Ellbogen. „Setz dich wenigstens für ein paar Minuten hin.“

„Mit dir? Ich arbeite. Ich kann mich nicht hinsetzen, und ganz bestimmt darf ich keinen Alkohol trinken.“

„Du siehst aus wie der wandelnde Tod – nimm es mir nicht übel. Also musst du irgendetwas tun, wenn du die Gäste nicht erschrecken willst.“

Eloise blickte ihn finster an und bekam wieder etwas Farbe. „Warum verscheuche ich dich dann nicht?“

„Ich bin nicht leicht zu erschrecken“, erwiderte Noah. „Hast du meine Horrorfilme nicht gesehen?“

„Nein.“

Er war ziemlich sicher, dass sie log. Vielleicht war sie ein heimlicher Fan von ihm. Nur würde er in dem Fall erwarten, dass sie netter zu ihm war.

„Mir geht’s gut“, wiederholte sie und steuerte auf die andere Seite der Hotelhalle zu. „Ich muss bloß einen Moment allein sein.“

Noah folgte ihr, als sie die Glastüren öffnete, die auf eine Terrasse führten.

„Du brauchst mich nicht im Auge zu behalten.“

„Du bist nett anzusehen.“ Ansehen war doch okay, oder? Ansehen war diskret. Hoffte er zumindest.

„Ich meinte, dass ich bloß frische Luft schnappen will.“

„Passt mir gut.“ Noah folgte ihr auf die Terrasse und schloss die Türen hinter ihnen.

„Was ist nur los mit dir?“, fuhr Eloise ihn an.

„Mit mir? Überhaupt nichts. Du dagegen warst anscheinend kurz davor, in Ohnmacht zu fallen. Und alles wegen einer Blondine, die dich bittet, ein hübsches Kleid zu tragen. Normalerweise löst festliche Garderobe keine Ohnmachtsanfälle aus.“ ...

Autor

Sophie Pembroke
<p>Seit Sophie Pembroke während ihres Studiums der englischen Literatur an der Lancaster University ihren ersten Roman von Mills &amp; Boon las, liebte sie Liebesromane und träumte davon, Schriftstellerin zu werden. Und ihr Traum wurde wahr! Heute schreibt sie hauptberuflich Liebesromane. Sophie, die in Abu Dhabi geboren wurde, wuchs in Wales...
Mehr erfahren
Andrea Edwards
Mehr erfahren