Im Bett des Bodyguards

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Drei Monate kein Sex - so lautet die Wette mit seinen Brüdern. Und Declan ist fest entschlossen, durchzuhalten. Auch wenn seine neue Kundin den Bodyguard auf eine harte Probe stellt: Rachel ist charmant, wunderschön, anziehend - und außerdem eine berühmte Sex-Expertin …


  • Erscheinungstag 27.08.2018
  • Bandnummer 9
  • ISBN / Artikelnummer 9783733758486
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Declan „Dec“ Quinn schaute über seine Schulter zu der blonden Schönheit, die ihn nicht aus den Augen ließ. Sie schenkte ihm ein verführerisches Lächeln. Er ließ den Blick langsam von ihrem Gesicht über den schlanken Körper wandern. Sie trug ein hautenges, knielanges blaues Kleid mit einem tiefen Ausschnitt und einem Schlitz.

Seit die Blondine auf die Party gekommen war, wechselten sie diese intensiven Blicke: Wenn Frauen Interesse an ihm signalisierten, scheute er normalerweise nicht zurück.

Aber heute Abend konnte ohnehin nicht mehr daraus werden. Es war offensichtlich, dass sie auf schnellen Sex mit einem Mann aus war, der halb so alt wie ihr bereits in die Jahre gekommener Gatte war. Dec trennte Arbeit und Vergnügen grundsätzlich voneinander – egal, wie verheißungsvoll und attraktiv das Vergnügen auch sein mochte.

Er war in Newport, um auf der jährlichen Gartenparty von Edward und Eva Winslow für Sicherheit zu sorgen. Mit einem der Gäste im Flurschrank zur Sache zu kommen, wäre alles andere als professionell. Sein Handy klingelte. Er nahm es aus der Hosentasche und ging ins Haus. „Declan Quinn.“

„Hallo Dec. Hier ist Sally Hughes vom Polizeidezernat in Bonnett Harbor. Ihr Bruder hat mich gebeten, Sie anzurufen.“

„Ist alles in Ordnung?“ Sein Bruder Ian war Polizeichef in ihrer Heimatstadt Bonnett Harbor, einer kleinen Gemeinde an der Westküste der Narragansett Bay in Rhode Island.

„Sicher. Es geht um Eden Ross. Sie ist im ‚Sandpiper Motel‘ gesehen worden und hat bei der Polizei einen Autodiebstahl gemeldet, der nicht stattgefunden hat. Um der Boulevardpresse zu entkommen vermutlich. Sie war nicht allein und ist danach verschwunden. Delaney und Wilson sind jetzt vor Ort, aber ich schicke sie aufs Revier, wenn Sie sich mit ihnen unterhalten wollen.“

„Wo ist sie jetzt?“

„Eden Ross und der Mann, der auch auf ihrem Zimmer war, konnten entwischen, nachdem unsere Officers eingetroffen sind.“

„Kann ich mit Ian reden?“

„Tut mir leid. Er ist gerade im Gespräch mit ein paar FBI-Agenten wegen eines Falles, bei dem es um Kunstfälschung geht.“

Er fluchte leise. Erst gestern hatte sich sein Bruder in Decs Büro in Providence mit einem Kunstexperten getroffen. Ian hatte sich irgendwie mit Hektor Arantes, einem bekannten Kunstfälscher, und dessen schöner Tochter Marisol eingelassen. Jetzt hatte der Fall offensichtlich eine Wendung genommen. Also hätte Ian keine Zeit mehr, ihm zu helfen, Eden Ross aufzuspüren.

„Richten Sie Delaney und Wilson aus, dass ich in zehn Minuten vor dem Motel eintreffe.“ Er legte auf und drehte sich zur Tür um.

„Sie gehen doch nicht schon, oder?“ Die Blondine stellte sich zwischen ihn und die Tür. Dabei streifte sie ihn verführerisch mit den Hüften.

Er zwang sich zu einem Lächeln. „Ein geschäftlicher Anruf.“

„Es gibt Wichtigeres.“ Sie fuhr mit den Fingern über seinen Arm und seine Hand.

Dec lachte leise. Er könnte sie haben, wenn er wollte. Ein Quickie hier in irgendeinem Schlafzimmer. Oder sie könnten sich vielleicht später am Abend in einem diskreten Motel treffen. Zur Hölle, es hatte Zeiten in seinem Leben gegeben, in denen er Sex ohne jegliche Verpflichtungen willkommen hieß. Aber definitiv nicht jetzt oder heute Abend.

„So gern ich in den Genuss kommen würde – es geht leider nicht. Erstens verfolge ich ein weggelaufenes Partygirl. Ihr Vater hat mich damit beauftragt. Wenn ich sie nicht aufspüre, streicht er mir das Honorar. Zweitens habe ich erst kürzlich meinen beiden Brüdern versprochen, drei Monate lang sexuell enthaltsam zu leben.“

Er sah sich um. „Drittens beobachtet uns Ihr Ehemann, und ich will nicht zurückschlagen müssen, wenn er Ihre Ehre retten will. Der zuvorkommende Kellner, der am Pool Champagner anbietet, ist bestimmt bereit, ihre Bedürfnisse zu befriedigen.“ Damit ging er zur Tür.

Er musste Prioritäten setzen. Schließlich war er derjenige gewesen, der seinen Brüdern Ian und Marcus vor drei Wochen den Enthaltsamkeitspakt vorgeschlagen hatte. Bislang hatte er es nicht bereut. Allerdings hatte er in den letzten drei Wochen so viel zu tun gehabt, dass es ihm nicht allzu schwer gefallen war, auf Sex zu verzichten.

Dec informierte noch seine drei Angestellten und koordinierte die weiteren Sicherheitsmaßnahmen für den restlichen Abend. Inzwischen hatte ein Mitarbeiter des Parkservices seinen BMW Sedan vorgefahren.

Er war sicher, dass Eden Ross sich noch irgendwo in der Nähe aufhielt. Mit ein bisschen Glück würde sie entscheiden, nach Hause zu fahren. Törichte Prominente zu verfolgen, war wirklich nicht seine Stärke, und Eden Ross hatte sich die Suppe selbst eingebrockt. Sie war in einem Sexvideo zu sehen, von dem Ausschnitte ins Internet gelangt waren.

Trevor Ross war sein wichtigster Kunde. Also hatte Dec außergewöhnlichen Aufwand betrieben, um dessen Tochter aufzuspüren. Allerdings würde Ross über die neuesten Nachrichten absolut nicht erfreut sein. Als er über die Newport Bridge fuhr, schaltete er das Radio ein.

„Bleiben Sie bei Ross Radio Network. Es ist Samstagabend, und Sie hören ‚Simply Sex‘ mit Dr. Lillian Devine.“

Stirnrunzelnd suchte er eine CD heraus. Doch die seidenweiche Stimme der Moderatorin sorgte dafür, dass er noch ein wenig länger zuhörte.

„Noch immer ist Carl aus Los Angeles am Telefon, der erfahren will, wie er neuen Schwung in sein Sexleben bringen kann. Mein Rat lautet: Konzentrieren Sie sich eine Weile einzig auf die Bedürfnisse Ihrer Frau. Bescheren Sie ihr viele sensationelle Orgasmen. Geben Sie ihr das Gefühl, dass sie die einzige Liebhaberin ist, die Sie sich wünschen. Das ist der beste Weg, ihr Verlangen zu steigern.“

Ihre Stimme zog ihn irgendwie in den Bann. Ein Prickeln überlief ihn. Er stöhnte. Da er entschlossen war, seine sexuellen Bedürfnisse zumindest noch die nächsten neun Wochen unter Kontrolle zu haben, sollte er besser das Radio ausschalten.

Doch er hörte weiter zu, als Dr. Devine über die Physiologie des weiblichen Orgasmus, die Vorzüge von Oralsex und Vibratoren sowie die fünf sexuellen Lieblingsfantasien der Frauen redete.

Als er schließlich vor dem „Sandpiper Motel“ eintraf, war er seltsam erregt. Leise fluchend stieg er aus. Eine Frau mit dieser Stimme sollte nicht über Sex reden dürfen. Wie soll ein Mann bei dieser Stimme dem Inhalt des Gesagten Aufmerksamkeit schenken?

Er ging zum Streifenwagen.

Wahrscheinlich war Dr. Lillian Devine eine altbackene fünfzigjährige Doktorin. Allein die Vorstellung wirkte wie eine eiskalte Dusche. Aber wenn sie schön und klug wäre, spielte sie die Hauptrolle in einer der fünf sexuellen Fantasien, die ganz oben auf seiner Liste standen.

Sie müsste nicht einmal schön sein. Hübsch würde reichen. Denn gescheit und sexy war eine unwiderstehliche und leider sehr seltene Kombination. Wenn die Frau zudem Dirty Talk mit ihm machte, fühlte er sich wie im Himmel. Leider war dieses himmlische Gefühl während der nächsten neun Wochen für ihn tabu.

Delaney wartete zusammen mit Wilson neben dem Streifenwagen auf ihn. „Sally hat gesagt, dass Sie mit den Reportern reden wollen.“

Dec nickte. „Sind Sie sicher, dass es sich um Eden Ross gehandelt hat?“

„Ja“, meinte Wilson. „Der Mercedes, der immer noch auf dem Parkplatz steht, ist unter dem Namen Trevor Ross registriert. Die Autoschlüssel muss sie mitgenommen haben.“

Kopfschüttelnd nahm er sein Handy und rief Trevor Ross an. „Declan Quinn hier, Mr. Ross. Es gibt Neuigkeiten, was Ihre Tochter angeht. Offensichtlich hat sie einen Zwischenstopp in Ihrem Haus in Newport eingelegt und eines Ihrer Autos genommen.“

„Ich will, dass Sie Eden und das Auto heute Abend zurück nach Hause bringen.“

„Leider ist sie uns entwischt. Aber sie scheint in Sicherheit zu sein.“

„Gut. Zur Hölle, ich bin es leid, meine Zeit und mein Geld bei dem Versuch zu verschwenden, sie aufzuspüren. Außerdem gibt es einen neuen Fall, auf den Sie sich konzentrieren müssen. Haben Sie jemals von Dr. Lillian Devine gehört?“

„Habe ich“, antwortete Dec überrascht. „Gerade eben habe ich im Auto zufällig ein Teil ihrer Radiosendung gehört.“

„Ihr richtiger Name ist Rachel Merrill. Sie ist eine der vier Radiomoderatorinnen, die für uns von größtem Wert sind. Ich habe meine Sicherheitsleute beauftragt, auf sie aufzupassen. Aber Ms. Merrill weigert sich, sie zu nah an sich heranzulassen. Anscheinend nimmt sie die Drohungen nicht wirklich ernst. Doch jetzt ist die Sache kritisch.“

„Wie kritisch?“

„Heute Abend ist im Sender ein Brief mit einer Morddrohung eingegangen. Kommen Sie morgen Nachmittag in mein Büro. Meine Leute werden Sie genauer informieren. Anschließend überzeugen Sie Rachel Merrill davon, dass es zu ihrem Besten ist, wenn ein Bodyguard sie rund um die Uhr schützt.“

„Und wie soll ich sie davon überzeugen?“

„Sie sind ein charmanter Mann. Sie machen das schon. Bis dieser Stalker gefasst ist, bleiben Sie an ihrer Seite.“

Er wurde gut bezahlt, um Ross zur Verfügung zu stehen, wann immer der Milliardär ihn in Sicherheitsfragen benötigte. Tatsächlich war er erleichtert, dass er die Suche nach dessen Tochter nun anderen überlassen konnte.

Schließlich hatte er nicht vier Jahre für den Marinenachrichtendienst gearbeitet und drei Jahre lang Quinn Security and Investigations aufgebaut, um seine wertvolle Zeit damit zu verbringen, unvernünftige Erbinnen zu verfolgen.

Rachel Merrill öffnete mit der Schlüsselkarte die Tiefgarage. Sie schaute sich über die Schulter, als sie in die Garage fuhr, um sich zu vergewissern, dass sich im Dunkeln niemand hineingeschlichen hatte. Der Mann, der von Ross für den Personenschutz abgestellt war, hielt am Straßenrand.

„In Sicherheit“, murmelte sie, als sich die Garagentüren hinter ihr schlossen. Ab morgen früh würde der Personenschützer ihr wieder den ganzen Tag lang folgen. Allein dieser Umstand genügte, um sie in ständige Beunruhigung zu versetzen. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie sich das letzte Mal so unbehaglich und beklommen gefühlt hatte.

Zuerst hatte sie die Briefe des Stalkers abgetan und einem allzu begeisterten Fan zugeschrieben. Doch dann waren diese Mitteilungen immer öfter im Radiosender eingetroffen – mindestens zwei oder drei Mal wöchentlich. Als dann bei ihr zu Hause ein Brief aufgetaucht war, hatte sie einräumen müssen, dass ihre Sicherheit gefährdet war.

Ihr Chef Trevor Ross hatte darauf bestanden, dass sie in ein gut bewachtes Hochhaus in der Innenstadt zog. Also hatte sie vor einem Monat ihr gemütliches Haus im Kolonialstil verlassen. Ross hatte ihr auch einen neuen SUV mit getönten Scheiben sowie Personenschützer aus seiner unternehmenseigenen Truppe zur Verfügung gestellt.

Statt auf den Mitarbeiter des Parkservices zu warten, parkte Rachel das Auto selbst und nahm dann das Pfefferspray aus der Handtasche. Obwohl sie sich in dem Gebäude mit Parkservice rund um die Uhr und Sicherheitsdienst in der Lobby relativ sicher fühlte, traf sie ihre eigenen Vorsichtsmaßnahmen.

Sie hatte sich nie als Berühmtheit betrachtet und fand es immer noch seltsam, dass ein Stalker auf sie aufmerksam geworden war. Ihre Radiosendung „Simply Sex“ mit Dr. Lillian Devine konnte manchmal brisant sein und Reaktionen von allen möglichen Verrückten hervorrufen – aber ein Stalker?

Den Radionamen Dr. Lillian Devine hatte sie angenommen, um ihren Ruf als Akademikerin, aber auch um ihre Privatsphäre zu schützen. Jetzt wusste der Stalker wahrscheinlich, dass Rachel Merrill, promovierte Anthropologin sowie Dozentin an der Providence University, und Dr. Lillian Devine, Sextherapeutin im Radio, ein und dieselbe Person waren.

Das Risiko, dass ihr Doppelleben ans Licht kommen könnte, war ihr immer bewusst gewesen. Zuerst hatte sie Ross’ Angebot abgelehnt, eine eigene Radiosendung zu moderieren. Aber die hohe Gage hatte sie sich nicht entgehen lassen können. Dadurch konnte Dr. Rachel Merrill weitere Forschungsprojekte finanzieren und sich einige Annehmlichkeiten leisten, die mit dem Gehalt einer Collegeprofessorin nicht erschwinglich waren.

Also moderierte sie jeden Samstag und Sonntag von zehn Uhr abends bis ein Uhr nachts die landesweit ausgestrahlte Radiosendung mit Hörerbeteiligung und beantwortete Fragen in Bezug auf sexuelle Verhaltensweisen, Fetische, Obsessionen, Abhängigkeiten und Frustrationen.

Obwohl sie promovierte Psychologin war, hatte sie sich ursprünglich stärker auf Biologie und Anthropologie – das Studium sexueller Verhaltensweisen der Menschen – konzentriert. Als Expertin bot sie ihren Hörern tiefschürfende Einblicke in deren Probleme.

„Simply Sex“ verzeichnete steigende Einschaltquoten und war inzwischen auf den vierten Platz aller landesweit ausgestrahlten Radiosendungen aufgestiegen. Aber jetzt forderte diese Popularität einen hohen Preis. Sie fühlte sich verfolgt und lebte in ständiger Angst. Die Polizei versuchte, den Stalker ausfindig zu machen, hatte aber wenig Indizien.

Rachel stieg schnell aus und ging zum Aufzug. Als sie sich kurz umdrehte, um die Alarmanlage des SUV einzuschalten, bemerkte sie eine schattenhafte Gestalt, die von rechts auf sie zukam.

„Ms. Merrill?“

Sie ging schneller. Vor dem Aufzug angekommen, drückte sie verzweifelt immer wieder auf die Taste und hoffte, dass sich die Tür öffnen würde. Sie wollte schreien. Aber ihre Kehle war wie zugeschnürt.

Als der Stalker näherkam, wurde sie panisch. Sie wirbelte herum, zielte mit dem Pfefferspray auf ihn und sprühte. Seltsamerweise empfand sie keine Angst, als sie in sein Gesicht schaute. Stattdessen war sie beeindruckt davon, wie gut er aussah. Stalker sollten nicht attraktiv oder gut angezogen sein.

Er hob gerade noch rechtzeitig die Hand, um den Sprühstoß abzuwehren. Aber das Pfefferspray hatte den gewünschten Effekt. Allein der Geruch sorgte dafür, dass er hustete und ihm die Augen tränten. Fluchend zog er den Stoff seines Jacketts über den Mund und die Nase.

Als die Klingel die Ankunft der Aufzugkabine ankündigte, ließ Rachel das Pfefferspray fallen und ging hastig hinein. Wieder rief er ihren Namen. „Lassen Sie mich in Ruhe!“, rief sie.

„Ich arbeite für Trevor Ross. Er hat mich hergeschickt.“

Die Tür schloss sich automatisch. Die Aufzugkabine fuhr nach oben. Rachel konnte erst wieder einen klaren Gedanken fassen, als sich ihre Panik legte. Dieser Mann entsprach mit seinem guten Aussehen und gepflegten Äußeren absolut nicht dem Bild, das sie sich von einem Stalker gemacht hatte. Aber wenn Ross ihn hergeschickt hatte, warum schlich er dann in der Garage herum? Und wie war er hineingelangt?

Sie brauchte ein paar Antworten. Also fuhr sie mit dem Aufzug wieder in die Tiefgarage, wo er mit zurückgelehntem Kopf und tränennassen Wangen an einem Pfeiler kauerte. Er hatte das Jackett auf den Boden geworfen und sein Hemd aufgeknöpft. „Wer sind Sie?“ Rachel hob das Pfefferspray auf und zielte wieder auf ihn.

„Mein Name ist Declan Quinn. Mr. Ross ist der wichtigste Auftraggeber meiner Firma Quinn Security and Investigations.“

„Warum sind Sie hier?“

„Während Ihrer Radiosendung letzte Nacht ist eine Morddrohung eingegangen. Ross will, dass ein Bodyguard rund um die Uhr für Ihre Sicherheit sorgt. Er denkt, ich könne Sie vielleicht von der Notwendigkeit dieser Maßnahme überzeugen. Ihr Personenschützer sollte Sie darüber informieren, dass ich hier auf Sie warte.“

„Eine … Eine Morddrohung? Warum hat mir das niemand gesagt?“

„Das ist meine Aufgabe.“

Was sollte sie tun? Der Mann sah vertrauenswürdig aus und schien ihre Situation genau zu kennen. „Zeigen Sie mir Ihre Dienstmarke.“

„Da ich kein Polizist bin, habe ich keine Dienstmarke.“ Er nahm sein Handy aus der Hosentasche. „Hier. Rufen Sie Trevor Ross an. Seine Nummer ist auf Kurzwahl. Er erklärt Ihnen alles.“

Rachel zögerte. Wenn er für ihren Chef arbeitete, hatte sie gerade einen großen Fehler begangen. „Warum sind Sie mir gefolgt?“

„Ich wollte mich Ihnen vorstellen.“

Leise fluchend warf sie das Pfefferspray zur Seite, packte ihn am Arm und zog ihn zum Fahrstuhl. „Sie hätten mich nicht erschrecken sollen. In letzter Zeit bin ich wirklich nervös, und Sie sind aus der Dunkelheit gekommen. Was sollte ich machen?“

„Sie haben das Richtige getan“, räumte Quinn ein.

„Ja?“

Er nickte. „Ihre erste Pflicht war es, sich zu schützen.“ In der Aufzugkabine lehnte er sich mit dem Rücken an die Wand und schloss die Augen.

Ihr Herz schlug schneller, als sie sein gut geschnittenes Gesicht mit der geraden Nase, dem markanten Kinn und die dunklen zerzausten Haare betrachtete. Als ihr Blick dann auf seinen Mund fiel, überlief sie ein Prickeln.

Wie hatte sie diesen Prachtkerl jemals für einen Stalker halten können? Er konnte sich wahrscheinlich vor Frauen kaum retten. Welche Farbe hatten seine Augen? Das spielte nicht wirklich eine Rolle. In jedem Fall machten sie ihn noch attraktiver. „Es tut mir leid.“

Er warf ihr einen Blick zu. „Sie haben meine Hände und meine Brust getroffen. Meine Haut brennt wie Feuer. Wenn Sie darauf setzen, sich mit Pfefferspray zu verteidigen, müssen wir daran arbeiten, besser zu zielen.“

Als die Aufzugkabine anhielt und Rachel ausstieg, legte er die Hand auf ihre Schulter und folgte ihr den Flur hinunter. Seine Finger fühlten sich warm an. Als er die Hand auf ihr Kreuz wandern ließ, bekam sie weiche Knie.

Eine so simple, unschuldige Berührung sollte keine derart starke Wirkung auf sie haben. Vielleicht lag es am Adrenalin, das immer noch durch ihre Adern pulsierte. Sie war bis in die Fingerspitzen elektrisiert und malte sich aus, wo er ihren Körper vielleicht noch berühren könnte.

Obwohl er sich vorgestellt hatte, konnte sie sich nicht an seinen Namen erinnern. Sie war so aufgeregt, dass sie nicht mehr klar denken konnte. Quinn. Das war der Name! Aber war es der Vorname oder der Nachname?

Nachdem sie ihr Apartment betreten hatten, sah er sich flüchtig um. „Ich muss meine Kleider ausziehen. Wo ist das Bad?“

„Die letzte Tür links.“ Sie sah ihm nach. In den letzten paar Jahren hatten genau zwei gut aussehende Männer in ihrem Leben eine Rolle gespielt. Sie war nicht auf der Suche nach einer Beziehung gewesen, hätte sich jedoch nicht verschlossen, wenn sich etwas ergeben hätte.

In ihrer Talksendung hatte sie gelernt, dass es für jeden den passenden Partner gab. Und was war an der Liebe schon so kompliziert? Andererseits hatte sie ihn mit Pfefferspray besprüht und nicht gerade einen glänzenden ersten Eindruck hinterlassen. Sie ging den Flur hinunter und blieb vor der Badezimmertür stehen. „Kann ich irgendetwas für Sie tun?“

„Haben Sie Speiseöl?“

„Bestimmt.“ Sie holte eine Flasche Rapsöl aus der Küche und klopfte an die Badezimmertür. Als er nicht reagierte, öffnete sie.

Er stand mit nacktem Oberkörper vor dem Waschbecken. Ihr stockte der Atem, als sie sein Spiegelbild anstarrte. Er war schlank und muskulös, hatte eine schmale Taille und einen flachen Bauch. Die Hose saß tief auf den Hüften. Eine Spur aus weichen Härchen führte vom Bauchnabel unter den Hosenbund.

Als sie ihm das Öl reichte, schüttete er einen Schuss davon in seine Handflächen und rieb es in die Haut. „Dadurch brennt die Haut nicht mehr“, erklärte er, tupfte das überflüssige Öl mit einem Handtuch ab und goss Gesichtswasser über seine Hände. „Man soll eigentlich Alkohol nehmen. Aber hiermit funktioniert es vermutlich auch.“

„Ich habe eine Flasche Wodka.“

„Scotch auf Eis ziehe ich vor.“ Seine Stimme war tief und sonor.

„Ich … Ich muss nur eine Flasche …“

„Schon gut“, sagte er amüsiert. „Bei der Arbeit trinke ich nicht.“

„Ich könnte einen Drink brauchen.“

„Nur zu. Ich bin in ein paar Minuten bei Ihnen.“

Rachel ging in die Küche, schenkte sich ein Glas Wodka ein und trank langsam einen Schluck. Nach dem Ende ihrer Sendung hatte sie sich auf ein heißes Bad, ein gutes Buch zum Entspannen und eine ausgiebige Nachtruhe gefreut. In Wahrheit war es das, worauf sie jede Nacht hoffte. Aber seit sie die Drohbriefe erhielt, schlief sie kaum mehr.

Im Wohnzimmer streifte sie die Schuhe ab, setzte sich auf das Sofa, nippte am Wodka und lauschte den Geräuschen, die ein leibhaftiger Mann in ihrem Apartment machte. Sie stellte sich vor, dass er aus einem privaten Grund – romantischer Natur – hier wäre und nackt und erregt aus dem Bad spazierte, um sie zu verführen. Die Fantasie lenkte sie von den Sorgen um den Stalker ab.

Ein paar Minuten später kam er ins Wohnzimmer. Seine Haare waren nass. Er hatte ein Handtuch um den Hals geschlungen. Da seine Augen jetzt nicht mehr tränten, konnte sie sehen, dass sie dunkelblau waren. Sie schluckte und versuchte zu lächeln. „Besser?“

Dec nickte. „Mein Hemd ist nicht mehr zu gebrauchen, und ich habe mein Gepäck im Auto gelassen. Haben Sie vielleicht ein T-Shirt, das Sie mir leihen können?“

Sein Gepäck. Offenbar hatte er vor, mindestens über Nacht zu bleiben. Sie hatte nichts dagegen. „Nein.“ Wahrscheinlich hatte sie irgendein T-Shirt, das er überziehen könnte. Aber halbnackt gefiel er ihr noch besser. „Wenn Sie den Mitarbeiter des Parkservice anrufen, bringt er Ihre Taschen nach oben.“

Er setzte sich ihr gegenüber und rieb sich die Haare trocken. „Wir lange tragen Sie schon Pfefferspray bei sich?“

Rachel zuckte die Schultern. Sie wollte nicht über den Stalker reden. Im Moment war sie in Sicherheit und wollte es genießen. „Wie sagten Sie, war Ihr Name?“

„Quinn. Declan Quinn.“

„Und Trevor hat Sie geschickt?“

„Ja. Nachdem die letzte Drohung einging, …“

Sie hob die Hand, um ihn zu stoppen. „Mehr muss ich nicht wissen.“

Autor

Kate Hoffmann
Seit Kate Hoffmann im Jahr 1979 ihre erste historische Romance von Kathleen Woodiwiss las – und zwar in einer langen Nacht von der ersten bis zur letzten Seite – ist sie diesem Genre verfallen. Am nächsten Morgen ging sie zu ihrer Buchhandlung, kaufte ein Dutzend Liebesromane von verschiedenen Autorinnen und...
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