Im Palast der Leidenschaft

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Jenna soll aus New York weggehen und Scheich Rashid heiraten! Nicht mit ihr. Sie will wahre Liebe. Doch dann sieht sie Rashid und ihre Knie werden weich ...


  • Erscheinungstag 06.09.2015
  • ISBN / Artikelnummer 9783733742850
  • Seitenanzahl 128
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Eine sanfte Brise spielte in den langen, weißen Vorhängen vor den halb geöffneten Fenstern. Dahinter erkannte man die mächtige Silhouette eines Mannes, der nicht von ungefähr den Beinamen Löwe der Wüste trug. Seine Haut schimmerte wie Bronze, die Haare waren dicht und dunkel, die Schultern breit und kräftig. Die Frauen schauten ihm nach, da er eine sehr elegante, beinah grazile Art hatte, sich zu bewegen. Das erinnerte unwillkürlich an die Geschmeidigkeit eines Raubtieres. Gleichzeitig aber ging von ihm etwas Gefährliches aus, das jedem, der ihn ansah, ein Rieseln über den Rücken laufen ließ.

Scheich Rashid von Quador war ein mächtiger Mann. Sein Wort war Gesetz. Niemand hier im Wüstenstaat hätte es gewagt, sich gegen ihn aufzulehnen. Wie ein Löwe gab er sich meistens lässig und träge, doch jetzt lag in seinen dunklen Augen ein feuriges Blitzen.

„Wiederhole, was du eben gesagt hast, Abdullah“, ordnete er an, und in seiner sonst so warmen Stimme lag ein kühler Unterton. Der persönliche Berater des Scheichs schrak zusammen, verbeugte sich immer wieder und sagte endlich zögernd: „Vergeben Sie mir, Hoheit, aber …“

„Aber was?“

„Nun, es handelt sich nur um Gerüchte.“

„Ich will endlich hören, worum es geht.“

„Man erzählt sich in der Stadt, dass …“ Er brachte es einfach nicht fertig, seinem Herrscher die Gerüchte vorzutragen.

Scheich Rashid aber wurde langsam ungeduldig. „Nun rück endlich mit der Sprache heraus. Wenn du es schon wagst, mir von solchem Gerede zu erzählen, dann möchte ich auch alles hören.“

„Die Menschen werden langsam ungeduldig.“

Rashid von Quador zog die Augenbrauen zusammen. „Soll das heißen, dass das Volk einen Aufstand gegen mich plant? Sag mir, wer dahintersteckt, Abdullah, ich werde ihn …“

„Nein, Hoheit, darum geht es nicht“, stieß sein Berater ängstlich hervor. „Das Volk ist glücklich unter Ihrer Herrschaft. Jeder hier lobt Sie dafür, das Land ins neue Jahrtausend geführt zu haben. Gleichzeitig werden die Traditionen bewahrt und …“

„Genug“, herrschte Scheich Rashid seinen Untergebenen an und machte eine abwehrende Handbewegung. „Hör endlich auf, mir Honig um den Bart zu schmieren, und sag mir, was los ist.“

Abdullah seufzte auf. Offenbar befürchtete er eine sehr heftige Reaktion des Scheichs. Wieder verbeugte er sich mehrfach, bevor er leise murmelte: „Das Volk wartet darauf, dass Sie sich endlich entscheiden und eine Frau nehmen.“

„Eine Frau?“ In Rashids Augen lag auf einmal dieses gefährliche Blitzen, das seine Untergebenen zu Tode erschrecken konnte. Seine Gesichtszüge waren wie zu einer Maske gefroren. „Das ist meine Privatangelegenheit“, erklärte er scharf. „Es geht mein Volk nichts an, und wer auch immer solche Gerüchte in die Welt setzt, wird schwer bestraft. Ich allein entscheide, wann es für mich an der Zeit ist, die Ehe einzugehen.“

War es nun an der Zeit, Jenna wieder in sein Leben zu holen? Während er seinen Gedanken nachhing, ließ er den Blick über die üppig sprießenden Pflanzen des Gartens gleiten. Zwischen den Beeten flossen schmale Kanäle und versorgten Blumen und Bäume mit dem nötigen Wasser. Es herrschte eine paradiesische Atmosphäre, doch war Rashid ganz und gar nicht in der Stimmung, diese Harmonie zu genießen. „Ich habe den Eindruck, es gibt da noch etwas, was du mir verbirgst, Abdullah“, sagte er drohend.

„Richtig.“ Abdullah schluckte. „Es gibt Berichte aus dem Ausland, die im Internet verbreitet werden. Und dagegen können wir nichts machen.“

„Im Internet“, zischte Rashid. „Das sollte man verbieten. Diese Computer sind das Werk des Teufels.“

„Sicher, Hoheit“, erklärte Abdullah sofort und verbeugte sich so tief, dass er beinah den Fußboden mit der Stirn berührte. „Aber da wir ein modernes Land sind, können wir den Zugang zu modernen Kommunikationsmitteln nicht verbieten. Das würde jedenfalls nicht zu dem Bild passen, das die Welt sich von Ihrer Hoheit macht.“

„Du hast recht“, gab Rashid zu. „Aber sag mir, was wird in diesen so genannten Berichten erzählt?“

„Man spricht viel von einer Beziehung, die Sie zu einer Frau in Paris unterhalten sollen.“

„Chantal?“ Rashids Gedanken gingen zu der höchst erotischen Frau, die er zuweilen in der französischen Hauptstadt traf. Sie war seit langem schon seine Geliebte, doch sehnte er sich wie am ersten Tag danach, sie in den Armen zu halten. „Chantal ist eine gute, langjährige Freundin, aber das ist auch alles.“

„Genau das ist es doch!“, rief Abdullah aus. „Da Ihre Hoheit schon so lange mit Chantal befreundet ist, wird immer wieder gemunkelt, dass die Hochzeit kurz bevorstehe.“

Rashid stieß einen Fluch auf Französisch aus. Er war ungemein gelehrt und beherrschte sieben Sprachen fließend. Jetzt aber hatte er das Gefühl, seinen Ohren nicht trauen zu können. „Haben meine Untergebenen denn den Verstand verloren?“, fragte er und schüttelte den Kopf. Jeder hier sollte doch genau wissen, welche Frau einmal meine Braut wird. Das ist schon vor Jahren festgelegt worden.“

„Ja, natürlich, Hoheit“, stammelte Abdullah.

„Aber man sollte hier auch wissen, dass ein Mann wie ich ein ausgefülltes Leben führt. Eine Frau wie Chantal gibt mir Dinge, die ich niemals mit meiner Braut erleben kann.“ Dann aber verzog er den Mund und erklärte offen: „Trotzdem habe ich nicht die geringste Absicht, sie zu heiraten. Chantal ist zehn Jahre älter als ich und kommt nicht als Mutter meiner Kinder infrage. Ich aber schulde meinem Land eine reiche Nachkommenschaft, um die Zukunft des Herrscherhauses sicherzustellen.“

„Ich bin sicher, das Volk ist ganz Ihrer Meinung, Eure Hoheit.“ Abdullah atmete mehrfach tief durch. Offenbar hatte er Angst, die folgende Bemerkung zu machen, doch dann platzte er heraus: „Vielleicht ist es aber an der Zeit, den Gerüchten ein Ende zu bereiten. Außerdem mag der richtige Augenblick gekommen sein, daran zu denken, eine Familie zu gründen und viele Kinder zu haben.“

Rashid drehte sich zum Fenster und schaute lange hinaus. Die Sonne stand hoch am Himmel, da es kurz nach Mittag war, doch hohe Palmen schützten den Innenhof des Palastes, in dem es angenehm kühl blieb.

Abdullah warf dem Scheich einen langen Blick zu und erschauerte. Von Rashid ging eine Ausstrahlung aus, der sich niemand entziehen konnte. Wieder schien er wie eine Raubkatze, die jeden Augenblick zum Sprung ansetzen konnte.

Das Volk wusste genau, was für einen gerechten, aber anspruchsvollen Herrscher es hatte. Rashid war weit über die Grenzen des kleinen Landes als ein intelligenter Mann bekannt, der geschickt die Staatsgeschäfte leitete. Man lobte allgemein seine Fähigkeit, Mitarbeitern und Ratgebern zuzuhören. Dann aber traf er die Entscheidung allein. Und daran gab es nichts mehr zu rütteln. Wer sich nicht daran hielt, musste schnell feststellen, dass Rashid gerecht, doch sehr hart sein konnte. Aber jetzt stand Rashid vor einem anderen Dilemma. Offenbar hatten die Gerüchte im Volk bereits einen bedeutenden Umfang angenommen, sonst hätte Abdullah sich nicht erlaubt, ihn darauf anzusprechen. Denn dieser war nicht nur sein persönlicher Berater, sondern einer der einflussreichsten Menschen am Hof.

Langsam drehte Scheich Rashid von Quador sich um. Er hatte begriffen, dass ihm keine andere Wahl mehr blieb. Die unbeschwerte Jugend war endgültig zu Ende. Jetzt musste er sich seinem Schicksal stellen und tun, was das Volk von ihm erwartete. Da war es allemal besser, so zu tun, als würde er selbst entscheiden, damit nicht der Eindruck entstand, er würde sich dem Druck des Volkes beugen.

„Niemand hier auf Erden hat das Recht, sich seinem Schicksal zu widersetzen“, erklärte er würdevoll. „Und das gilt natürlich auch für mich. Ich spüre, dass es an der Zeit ist, die Zukunft meines Volkes, des Staates und meiner Familie sicherzustellen. Deshalb werde ich mich selbst darum kümmern und Jenna anrufen, um sie zu bitten, nach Hause zurückzukehren.“ Rashid atmete den Duft einer Rose ein, die vor ihm auf der Fensterbank stand. Dann fügte er hinzu: „Sobald wir alle Vorbereitungen abgeschlossen haben, findet die Hochzeit statt. Es soll das größte und schönste Fest werden, das mein Volk jemals erlebt hat.“

Das Appartement in New York lag hoch über dem Central Park. Von dem Wohnzimmer mit der hohen Fensterfront hatte man einen weiten Blick über den herrlichen Park im Zentrum von Manhattan. Die Wohnung war mit viel Geschmack eingerichtet. Künstler aus dem Wüstenstaat von Quador waren hier vertreten, dazu aber auch moderne westliche Gemälde, orientalische Teppiche und elegante Möbel aus Edelholz. Das mochte einen verwirrenden Eindruck machen, doch fühlte man sich schon nach wenigen Augenblicken in diesem köstlichen Durcheinander heimisch. Jenna, die Bewohnerin dieses Appartements, hatte offenbar ein ganz besonderes Geschick im Einrichten von Räumen.

„Kannst du bitte rangehen, Brad“, rief sie, als sie das Telefon klingeln hörte.

„Sicher.“

Jenna stellte das Wasser ab und stieg aus der Wanne. Das Bad hatte ihr gutgetan. Fröhlich warf sie sich einen Blick im Spiegel zu, trocknete sich ab und warf einen Bademantel über. Dann wickelte sie ein Handtuch wie einen Turban um den Kopf und ging ins Wohnzimmer hinüber. Brad hatte gerade den Hörer abgenommen. Er zeigte Jenna den Rücken, da er über das Häusermeer der riesigen Stadt blickte.

Und obwohl er nur leise sprach, wusste sie sofort, wer am anderen Ende der Leitung war. Sie hätte selbst nicht zu sagen gewusst, woher diese Gewissheit kam, doch konnte es nicht den geringsten Zweifel geben.

Rashid.

Jennas Gedanken gingen nach Hause zu ihrem Land zurück. Dort in der Wüste lebte der Mann, den sie einstmals mehr als alles andere auf der Welt begehrt hatte. Seitdem aber hatte das Leben einen anderen Lauf genommen. Vieles hatte sich geändert. Und damit war der Abstand zwischen ihnen beiden immer größer geworden. Er würde es doch wohl nach all dieser Zeit nicht wagen, sie um etwas zu bitten, was sie einst gewünscht hatte, was sie jetzt aber mehr als alles andere auf der Welt fürchtete?

„Ja, natürlich ist sie hier. Einen Augenblick bitte.“ Kein Zweifel, er war es wirklich. Brad drehte sich um und kam auf Jenna zu, um ihr den Hörer zu reichen. „Es ist für dich.“

Jenna zögerte ein wenig. Sie ließ den Blick durch die Wohnung gleiten. Hier war sie viele Jahre lang glücklich gewesen. Würde das jetzt unweigerlich zu Ende gehen? Zitternd nahm sie den Hörer zur Hand.

„Hallo?“

Es entstand eine kurze Pause, dann hörte sie ihn sagen: „Jenna, bist du es?“

Sie hatte seine Stimme sofort wiedererkannt. Niemals in ihrem Leben würde sie diesen sanften Tonfall vergessen. Es lag ein erotisches Vibrieren in dieser Stimme, das sie niemals bei einem anderen Mann gehört hatte. Gleichzeitig aber gab es da einen metallenen Unterton, der verdeutlichte, dass mit ihm nicht gut Kirschen essen war, wenn man sich seinem Willen widersetzte. Jenna aber war mit der Zeit zu einer modernen, jungen Frau herangereift, die sich an die Freiheit, die in New York herrschte, gewöhnt hatte. Und dennoch schüchterte Scheich Rashid von Quador sie ein. Wie sollte sie sich seinen Wünschen entziehen? Jeder in dem Wüstenstaat wusste doch genau, dass er immer bekam, was er wollte.

„Hier ist Rashid“, sagte er überraschend ruhig, so als sei es die natürlichste Sache auf der Welt, dass er sie anrief. Dabei war es doch Ewigkeiten her, dass sie sich das letzte Mal gesprochen hatten.

„Wie geht es dir?“, fragte Jenna, um nur nicht zu zeigen, wie überrascht und eingeschüchtert sie war.

„Wer war da eben am Telefon?“, fragte er, statt ihr eine Antwort zu geben.

Jenna hätte ihm am liebsten klar und deutlich gesagt, dass ihn das nicht das Geringste anging, doch dann beschloss sie, dass es wohl klüger sei, nicht die direkte Konfrontation zu suchen. Bei Rashid konnte man da eigentlich nur der Verlierer sein. Wenn er sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, gab es nichts und niemanden, das ihn davon abhalten konnte. Das aber kam nicht weiter überraschend, da er schon mit einem goldenen Löffel im Mund geboren war. Von Kindheit auf hatte er doch immer bekommen, was er wollte. In dem Palast war eine ganze Schar von Dienern nur damit beschäftigt gewesen, jeden auch noch so kleinen Wunsch des Jungen zu erfüllen. Wie sollte es ihm da jemals in den Sinn kommen, dass es Menschen gab, die nicht nach seiner Pfeife tanzten?

„Ein Freund“, erwiderte sie kühl und strich sich durchs Haar. „Er heißt Brad.“

Es herrschte einen Augenblick lang gespanntes Schweigen. Jenna erschauerte unwillkürlich. Ihre schlimmsten Vorahnungen schienen sich zu bestätigen, als sie hörte, wie eisig kalt Rashids Stimme klang. Es machte fast den Eindruck, als konnte er sich kaum noch beherrschen.

„Brad? Was macht denn ein Mann bei dir zu Hause?“

Jenna fragte sich, wie sie auf diese scharfe Frage reagieren sollte. Sicher war Rashid das Oberhaupt ihres Landes, doch andererseits war er der Mann, den sie einst gut gekannt hatte und dessen Braut sie werden sollte. Früher hatte sie ihn oft zum Lachen gebracht, wenn sie unbeschwert zusammen waren. Vielleicht wäre es das Beste, es wieder mit Humor zu versuchen, doch es sah ganz und gar nicht so aus, als würde Rashid die Situation komisch finden. Jenna sagte sich, dass es wohl besser sei, mit Bedacht vorzugehen. Sie warf Brad einen kurzen Blick zu. Er hatte schon verstanden und zog sich zurück.

„Ich habe doch das Recht, gute Freunde bei mir zu begrüßen, schließlich ist das hier nichts Besonderes in New York.“ Bei diesen Worten presste Jenna die Hand so fest um den Telefonhörer, dass die Fingerknöchel weiß hervortraten. Wieder schaute sie sich lange um. Ihr Blick fiel auf ein Gemälde, das Rashids Palast inmitten einer Oase darstellte. Von dort aus rief er sie jetzt an.

Rashid aber hatte keinen Blick für all die exotischen Pflanzen, die ihn umgaben. Er hatte den Eindruck, dass Jenna ihm etwas verheimlichte, und fragte: „Wie lange kennst du diesen Brad denn schon? Und was heißt das, er ist nur ein guter Freund?“

Natürlich gefiel es ihr überhaupt nicht, so ausgefragt zu werden, doch sie wusste aus Erfahrung, dass es klüger war, Rashid zumindest vordergründig nachzugeben, um dann doch den eigenen Willen durchzusetzen. So hatten es die Frauen in ihrem Land schon seit Jahrhunderten gehalten. Und sicher würde diese Strategie auch mit solch einem stolzen Mann wie Scheich Rashid funktionieren, nur musste er es ja nicht unbedingt wissen.

„Ach, schon seit Ewigkeiten“, erwiderte Jenna scheinbar leichthin. „Aber sag mal, Rashid, rufst du mich nur an, um ein wenig mit mir zu plaudern, oder hast du einen besonderen Grund?“

Rashid wäre am liebsten auf der Stelle in Jennas Appartement gestürzt, um den Eindringling zu vertreiben. Es lag nun einmal in seinem Temperament, dass er keinen anderen Mann neben sich duldete. Doch das war natürlich unmöglich, da er sich Tausende von Kilometern entfernt aufhielt. Außerdem wollte er auf keinen Fall, dass Jenna sich womöglich einbildete, er könnte eifersüchtig sein. Deshalb gab er sich ein arrogantes Aussehen und lächelte leicht. Außerdem konnte er doch sicher sein, dass Jenna jungfräulich war wie der frische Schnee, der zuweilen auf den höchsten Gipfeln seines Staates lag.

Bei besonders gutem Wetter konnte er diese Berge sogar von seinem Palast aus sehen. Der Kontrast von Wüstensand, Palmen, Kamelen und den weiter entfernten weißen Gipfeln hatte schon etwas Besonderes. Rashid konnte dann stundenlang am Fenster stehen und sich an dem Anblick erfreuen. Dann hatte er nichts mehr an sich von dem Herrscher, dann war er einfach ein sensibler junger Mann.

Jetzt aber ging es um Jenna. Sie war doch immer sein gewesen. Und daran durfte sich nie etwas ändern. Niemals.

„Würdest du mir vielleicht erklären, was diese Situation zu bedeuten hat?“, fuhr er kühl fort. „Mir jedenfalls gefällt es überhaupt nicht, dass du einen Mann zu Besuch hast.“

War es nicht die Höhe, dass er ihr solche Vorwürfe machte? Sie war ihm doch keine Rechenschaft über ihr Leben schuldig und konnte tun und lassen, was ihr gefiel. Wenn sich ein anderer Mann erlaubt hätte, so mit ihr umzuspringen, hätte sie den Hörer einfach auf die Gabel geknallt und keinen weiteren Gedanken mehr daran verschwendet. Das Problem war nur, dass Scheich Rashid von Quador ein ganz besonderer Mann war.

Jenna musste an die Hoffnungen denken, die sie früher gehegt hatte. Immer wieder hatte sie davon geträumt, wie es wohl wäre, seine Braut und damit Herrscherin über das Land zu werden. Als sie später aber die Wahrheit über ihn erkannt hatte, musste sie feststellen, dass sich das, was ihr einst wie ein Paradies vorgekommen war, sicherlich schnell als Albtraum herausgestellt hätte. Deshalb war sie ja auch nach Amerika gegangen. Das Leben in New York hatte ihr gezeigt, dass es noch etwas anderes gab als nur die Träume, die sie als Teenager gehegt hatte. Mit der Zeit hatte Jenna sich zu einem anderen Menschen entwickelt. Sie war selbstbewusst und modern geworden, und das musste auch Rashid einsehen, ob es ihm nun gefiel oder nicht!

„Willst du mir nicht endlich sagen, warum du anrufst?“, fragte sie seufzend.

„Ich denke, es war ein Fehler, dir zu erlauben, deine Studien in den Vereinigten Staaten fortzusetzen.“

„Das sehe ich ganz und gar nicht so.“

„Ich glaube kaum, dass dir eine eigene Meinung zusteht“, entgegnete er scharf. „Schließlich solltest du nicht vergessen, dass du mit einem Scheich sprichst.“

Jenna zuckte zusammen. Rashid hatte ja nicht Unrecht. Natürlich wurde von allen Untertanen in seinem Reich erwartet, dass sie dem Herrscher Respekt würdigten. Und das galt ebenso für seine zukünftige Braut. So leicht aber wollte sie nicht aufgeben. Am liebsten hätte sie ihm gleich auf der Stelle klargemacht, was sie von seinem Verhalten dachte, doch wieder sagte sie sich, dass Vorsicht angebracht sei.

„Vielleicht fällt dir das ein wenig spät ein“, erwiderte sie so ruhig es eben ging.„Außerdem hat es mir mein Vater erlaubt.“

„Stimmt. Aber du hast ihn um den kleinen Finger gewickelt. Schließlich hat er sogar zugestimmt, dass du arbeiten gehst. Ich frage mich bis heute, wie dir das gelungen ist.“ Rashid seufzte leicht auf. Obwohl er alle Macht in den Händen hielt, fiel es ihm gar nicht so leicht, mit Jenna fertig zu werden. „Du bist schon immer sehr überzeugend gewesen, wenn du dir einmal etwas in den Kopf gesetzt hast“, erklärte er endlich.

„Stimmt. Aber das gehört doch der Vergangenheit an, Rashid“, betonte sie energisch. „Und jetzt solltest du mir endlich sagen, was mir die Ehre deines Anrufes verschafft. Schließlich ist es doch eine echte Überraschung, wir haben uns ja schon eine ganze Zeit lang nicht mehr gesehen.“

Jenna durchquerte das Wohnzimmer und ließ sich in einen Sessel fallen. Sie schlug die Beine übereinander, strich den Bademantel glatt und fragte sich, was Rashid wohl antworten würde.

Der Scheich aber schien es nicht sonderlich eilig zu haben. Er ging in einem der Gemächer seines Palastes, der direkt aus einem Märchen zu stammen schien, auf und ab und fragte: „Wo ist eigentlich deine Schwester? Und kennt sie auch diesen Brad, der ja wohl so oft bei dir ist, dass er sogar ans Telefon geht.“

„Komm schon, Rashid, jetzt benimmst du dich aber altmodisch.“

„Das sehe ich ganz und gar nicht so. Außerdem hast du nicht auf meine Frage geantwortet. Kennt deine Schwester diesen Brad?“

„Natürlich. Und Nadia mag ihn sehr gern.“ Dabei verkniff sie sich aber die Bemerkung, dass ihre Schwester Nadia in Wirklichkeit in Brad verliebt war, denn sicher würde Rashid einer solchen Beziehung niemals zustimmen. Lächelnd fügte Jenna hinzu: „Und ich finde ihn auch sehr nett.“

„Damit ist jetzt Schluss“, erklärte Rashid kurz und bündig.

Jenna schüttelte den Kopf. Es war schon unglaublich, in New York in einem traumhaft schönen Appartement zu sitzen und sich solche Vorschriften per Telefon machen zu lassen. Offenbar hatte Rashid noch nicht verstanden, welche Veränderung mit ihr vor sich gegangen war.

Autor

Sharon Kendrick
<p>Fast ihr ganzes Leben lang hat sich Sharon Kendrick Geschichten ausgedacht. Ihr erstes Buch, das von eineiigen Zwillingen handelte, die böse Mächte in ihrem Internat bekämpften, schrieb sie mit elf Jahren! Allerdings wurde der Roman nie veröffentlicht, und das Manuskript existiert leider nicht mehr. Sharon träumte davon, Journalistin zu werden,...
Mehr erfahren