In Stunden voller Leidenschaft

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Als Laurie ihren Heimatort verließ, um Karriere zu machen, blieb auch Harlan zurück. Zwei Jahren lang hat die erfolgreiche Countrysängerin den attraktiven Rancher nicht vergessen können. Als sie ihn wiedersieht, genießt sie erneut Nächte der heißen Leidenschaft in Harlans Armen. Ist es diesmal für immer?


  • Erscheinungstag 02.12.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733754426
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Laurie Jensen war erschöpft. Ein Säugling, der noch keine Ahnung von der Segnung einer ungestörten Nachtruhe hatte, die Tournee, die Ansprüche ihrer Fans und der Konzertveranstalter forderten ihren Tribut.

Sie saß in ihrer Garderobe und wiegte ihr Baby im Arm. Das Konzert war seit Stunden zu Ende, und auch die treuesten Fans waren längst nach Hause gegangen. Sie hatte die Augen geschlossen und genoss die friedvolle Stille – so, wie sie zuvor den begeisterten Applaus ihres Publikums genossen hatte. Es war eine himmlische Ruhe, die in dem kleinen Raum herrschte. Aber wie immer hielt sie nicht lange an.

Ihre Assistentin klopfte leise an die Tür. „Laurie, bist du so weit?“ Val hatte die Stimme gedämpft, um das Baby nicht zu wecken – vergebens. Amy Lynn wurde puterrot im Gesicht und brüllte im nächsten Moment lauthals los.

„Ruhig, meine Süße. Mama ist ja da.“ Laurie stand auf, nahm ihre Tasche und ging zur Tür. Dort drehte sie sich noch einmal um, um sich zu vergewissern, dass sie auch wirklich nichts vergessen hatte. Aber Val hatte wie immer an alles gedacht – sie vergaß nicht einmal die Windeln. Sie war unglaublich tüchtig, kümmerte sich um die Organisation der Auftritte und um das Baby und erledigte zusätzlich Lauries Fanpost. Laurie wünschte manchmal, sie hätte nur die Hälfte von Vals Talenten und Energie, wenn sie wieder einmal vor lauter Stress nicht wusste, wo ihr der Kopf stand.

Manchmal hätte sie am liebsten alles hingeworfen und wäre nach Texas geflohen, um sich in Harlans Arme zu werfen. Das setzte natürlich voraus, dass er noch immer auf sie wartete. Manchmal zweifelte sie an sich selbst. War sie völlig verrückt, dass sie unbedingt die allein erziehende Mutter spielen und zugleich ihre Karriere weiterverfolgen musste? Dabei wusste sie doch ganz genau, dass Harlan sofort zu ihr käme, wenn er nur wüsste, dass er eine Tochter hatte.

Aber genau das war das Problem. Er wusste es nicht. Denn dann würde er darauf bestehen, dass sie ihn auf der Stelle heiratete und auf seiner Ranch die brave Hausfrau und Mutter spielte. Davon würde er keinen Millimeter abweichen, das stand für sie fest. Sie kannte ihn schon seit Kindergartenzeiten und gab sich keinerlei Illusionen hin. Eine Dampfwalze war harmlos im Vergleich zu ihm.

Harlan – eigentlich hieß er Harlan Patrick – hatte mit jedem Mädchen in der Stadt geflirtet, aber nie auch nur den geringsten Zweifel daran gelassen, dass er nur sie liebte. Mit fünf Jahren hatten sie sich gegenseitig zum Geburtstag eingeladen, mit dreizehn hatten sie den ersten unbeholfenen Tanz überstanden, mit fünfzehn hatten sie sich zum ersten Mal richtig geküsst. Seit Jahren machte er ihr in schöner Regelmäßigkeit einen Heiratsantrag. Und ebenso regelmäßig lehnte sie ab, auch wenn sie deshalb manchmal an ihrem Verstand zweifelte.

Eine Ehe mit Harlan Patrick Adams bedeutete Sicherheit und Beständigkeit, wie ihre Mutter nicht müde wurde zu betonen. Keine Familie in Los Pinos und vermutlich in ganz Texas war reicher oder einflussreicher als die Adams. Von einem Mann wie Harlan träumten die meisten Frauen, und ihre Mütter sahen in ihm den idealen Schwiegersohn – ihre eigene Mutter eingeschlossen.

Dummerweise hatte Laurie andere Träume, und die drehten sich um eine Welt, in der es keine Sicherheiten gab. Seit sie denken konnte, hatte sie nur ein Ziel gehabt: eine gefeierte Countrysängerin zu werden. Das Schicksal hatte sie mit der richtigen Stimme dafür ausgestattet. Ob im Schulchor oder später in der Kirche: Sie hatte immer die Soli gesungen und begeisterten Applaus für ihre Auftritte geerntet. Aber das hatte noch nicht den Ausschlag gegeben. Und vielleicht hätte sie es auch dabei belassen, wenn Harlan sie, um ihr eine Freude zu machen, nicht praktisch zu jedem Countrykonzert in Texas geschickt und dafür gesorgt hatte, dass sie den einen oder anderen Star hinter der Bühne persönlich kennen lernen konnte. Damit hatte er ihre Leidenschaft ungewollt bestärkt, und sie hatte ihre Berufung entdeckt.

Harlan hatte ihren Wunsch, Sängerin zu werden, nie ernst genommen und ihr mit den Konzertkarten nur einfach eine Freude machen wollen. Aber für sie waren sie der Einritt in eine andere Welt gewesen. Er hatte sich eingebildet, sie mit ein paar Küssen davon abbringen zu können, aber damit hatte er nur kurze Zeit Erfolg gehabt. Irgendwann hatte sie sich über ihn und seine Verständnislosigkeit noch mehr geärgert als über ihre Mutter. Harlan war der Mann, dem ihr Leben lang all ihre Hoffnungen und Wünsche gegolten hatten, und die Entdeckung, dass er ihre „Teenagerträume“ nur belächelte, hatte den schlimmsten Streit ihrer Beziehung zur Folge gehabt.

Warum hatte er nur nicht einsehen wollen, dass Singen ihr Leben war? Gut, er hätte sie in den Nachbarorten singen lassen – singen lassen! –, aber ein Auftritt in Nashville, sollte sie sich das einbilden, komme nicht infrage, und damit basta. Das hatte er ihr so gönnerhaft und nachsichtig erklärt, dass ihr die Galle hochgekommen war. Als wäre es an ihm, das zu entscheiden! Und so hatte sie ihn Knall auf Fall verlassen.

In gewisser Weise war die Trennung eine Erleichterung gewesen. So konnte sie nach Nashville gehen, ohne zurückzuschauen. Sie hatte sich durchbeißen müssen, aber sie war zäh und hatte es geschafft. Natürlich hatte es ihren Durchhaltewillen immens bestärkt, wenn sie sich Harlans triumphierendes Lächeln vorstellte, wenn sie gescheitert wäre. Sie hörte es förmlich, dieses „Habe ich es dir nicht gleich gesagt?“

Zwei Jahre hatte es gedauert, bis sie entdeckt worden war, und seitdem verlief ihre Karriere so rasant, dass es ihr fast den Atem nahm. Mit ihrem ersten Album hatte sie gleich einen Preis gewonnen, mit dem zweiten sogar einen Grammy. Und ihre Konzerte brachen alle Rekorde. Innerhalb kürzester Zeit schossen ihre Lieder an die Spitze der Hitlisten, und ihre Alben verwandelten sich in pures Gold.

Erst als sie wirklich ganz oben war, kehrte sie nach Los Pinos zurück – für ein paar Tage. Fünf Jahre nach der Trennung sah sie Harlan zum ersten Mal wieder. Sie war gerade lange genug zu Hause, um festzustellen, dass ihre Beziehung noch immer so aufregend knisternd und dynamitgeladen war wie früher – und dass Harlan immer noch denselben Dickkopf hatte. Er hatte doch allen Ernstes angenommen, dass sie jetzt, nachdem sie ihm bewiesen hatte, wie erfolgreich sie war, auf ihre weitere Karriere verzichten würde. Als wäre das alles nichts weiter als ein pubertärer Ausrutscher gewesen! Dieser Mann machte sie so wütend wie niemand sonst.

Ein paar Wochen später hatte sie festgestellt, dass sie schwanger war. Und seit diesem Augenblick war sie nur von einem Gedanken beherrscht: ihm dieses Kind zu verheimlichen. Sie hatte es zweimal geschafft, sich von ihm zu lösen. Ob es ihr ein drittes Mal gelingen würde, noch dazu mit einem Kind, wusste sie nicht. Sie war sich nicht einmal sicher, ob sie überhaupt den Willen dazu aufbringen würde. Aber sie wusste, dass sie ohne ihre Musik nicht glücklich werden konnte.

In den ersten Monaten ihrer Schwangerschaft war es nicht weiter schwierig gewesen, ihr Geheimnis zu bewahren. Sie reagierte einfach nicht auf Harlans Anrufe. Nicht einmal Val vertraute sie sich an. Ihre Assistentin wusste nur, dass sie nicht mit Harlan sprechen wollte. Nach einer Weile hatte er die Botschaft verstanden und stellte seine Versuche, sie zu erreichen, ein. Er mochte dickköpfig und hartnäckig sein, aber er war kein Masochist.

Als sie ihren Zustand nicht mehr verbergen konnte, zog sie sich in ihr Haus außerhalb von Nashville zurück, zu dem nur Val Zutritt hatte. Wenn jemand sie sehen wollte, bekam er zu hören, dass sie an ihrem neuen Album arbeitete.

Und jetzt hatte sie Amy Lynn, die sie immer an ihre große Liebe erinnern würde. Das machte sie einerseits überglücklich, andererseits war damit auch immer der Schmerz darüber verbunden, was hätte sein können. Und dann hasste sie sich dafür, dass sie Harlan seine Tochter verschwieg. Aber was hatte sie denn für eine Wahl gehabt? Keine. Und das hatte er sich mit seiner Sturheit ganz alleine zuzuschreiben. Er konnte ja das Wort Kompromiss nicht einmal buchstabieren!

Nach Amy Lynns Geburt hatte sie ein neues Album aufgenommen und war dann zwei Monate später wieder auf Tournee gegangen. Nur die Menschen in ihrer engsten Umgebung wussten von dem Baby, aber sie alle hatten strengste Geheimhaltung geschworen und schützten sie. Natürlich konnte es nicht ewig so weitergehen, aber vorläufig musste sie noch dafür sorgen, dass Harlan ihr Kind nicht mit ihrem letzten Besuch in Los Pinos in Zusammenhang brachte. Das bedeutete natürlich, dass sie sich durch die Hintertür in Clubs und Hotels schleichen und Autos mit dunkel getönten Scheiben benutzen musste. Aber jetzt war das Schlimmste überstanden. Noch vier Wochen, in denen sie meist in kleineren Städten und Clubs auf dem Lande auftrat, und sie war wieder zu Hause und konnte das ruhige Leben mit ihrem Töchterchen genießen. Allein der Gedanke daran ließ sie vor Erleichterung seufzen.

Sie waren schon auf halbem Weg den Korridor hinunter, als Val plötzlich eine Verwünschung ausstieß. „Zu blöd. Jetzt habe ich die Autogrammkarten vergessen. Wart an der Tür auf mich.“

So hielten sie es immer. Wenn Laurie das Baby dabeihatte, ging Val voraus und vergewisserte sich, dass keine Fotografen draußen lauerten. Manchmal trug sie Amy Lynn auch selbst, als wäre die Kleine ihr Kind.

Aber heute hatte Laurie nur einen Wunsch – sich endlich in die weichen Autopolster zurücklehnen zu dürfen und ein paar Minuten zu schlafen, bevor sie im Hotel ankamen. So weit war sie inzwischen schon: Zehn Minuten ungestörter Schlaf erschienen ihr wie das Paradies.

Und so vergaß sie für einen Moment jede Vorsicht und öffnete die Tür. Im selben Augenblick blitzte ein grelles Licht auf, und sie fuhr in Panik herum, um das Baby zu schützen. Aber sie wusste, dass es zu spät war.

In diesem Augenblick kam Val dazu. Sie erfasste mit einem Blick, was passiert war, und machte sich sofort an die Verfolgung des Fotografen. Sie holte ihn auch noch ein, konnte ihn aber nicht dazu bewegen, den Film herauszurücken. Daraufhin versuchte sie, ihm ins Schienbein zu treten und dann, als sie es verfehlte, das Knie in die Leiste zu rammen. Leider scheiterte sie auch damit, aber Laurie bewunderte sie allein für ihren Einsatz. Sie würde Val sofort eine Gehaltserhöhung für besonders eifrige Pflichterfüllung spendieren.

Val kam atemlos zurück. „Mit dem Kerl war einfach nicht zu reden.“

„Du kannst nichts dafür“, tröstete Laurie. „Ich hätte auf dich warten sollen.“

„Vielleicht erscheint das Foto nur in der hiesigen Lokalzeitung“, hoffte Val gegen ihre Überzeugung.

„Das glaubst du doch selbst nicht.“ Laurie war zu realistisch, um sich solche Illusionen zu machen. Harlan würde das Bild zu sehen bekommen und seine Schlüsse daraus ziehen, daran hatte sie nicht den geringsten Zweifel. Ihr Magen zog sich zusammen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er sie aufgespürt hatte.

„Am besten kaufen wir die ganze Auflage auf und verbrennen sie“, verkündete Sharon Lynn mit Nachdruck und warf die anstößige Zeitung auf den Küchentisch ihrer Eltern. „Wenn Harlan das sieht, dreht er durch.“

Das war ein halbseitiges Foto von „Superstar“ Laurie Jensen mit ihrem „Kind der Liebe“.

„Dabei ist er endlich über die Trennung weggekommen. Jedenfalls spielt er ihre Lieder nicht mehr in der Musikbox.“

„Das nicht, aber dafür auf diesem tragbaren Rekorder, den er ständig mit sich herumschleppt“, gab Sharon Lynns Mutter trocken zurück. „Wir müssen ihm das Bild zeigen. Vielleicht hilft es ihm, endgültig mit Laurie abzuschließen. Es bleibt ihm ja auch gar nichts anderes übrig, wenn er sieht, dass sie inzwischen ein Kind von einem anderen Mann hat.“

Harlan stand vor der Tür und verfolgte mit Interesse die Unterhaltung seiner Mutter und Schwester. Er hatte einen Knoten im Magen. Die bloße Erwähnung von Lauries Namen brachte sein Herz zum Rasen und trieb ihm den Schweiß auf die Stirn. Wie sollte er mit ihr „abschließen“, wenn sie doch ein Teil von ihm war, so wichtig wie die Luft zum Atmen?

Seit er sie verloren hatte, stand sein ganzes Leben infrage, und manchmal hatte er das Gefühl, dass er von den Erwartungen seiner Familie erdrückt wurde. Sein Großvater war über achtzig, und sein Vater war auch nicht mehr der Jüngste. Bald würde die Verantwortung für White Pines ganz allein bei ihm liegen. Das Ranchleben lag ihm im Blut, aber das machte die Last nicht leichter. Tagein, tagaus, dreihundertfünfundsechzig Tage im Jahr, stand er in der Pflicht. Diese verdammte Ranch stand zwischen ihm und Laurie, und er hatte die Ranch gewählt, als er hatte wählen müssen. Genau wie Laurie sich für ihre Musik entschieden hatte.

Die Tradition hatte über das Herz gesiegt. Es wunderte ihn nur, dass Laurie kein Lied daraus gemacht hatte. Sonst hatte sie ja schließlich auch fast alles, was sie einmal gemeinsam gehabt hatten, in einen Hit verwandelt. Er fand es manchmal ein wenig irritierend, dass er immer wieder Teile seines Lebens im Radio zu hören bekam.

Jetzt glaubte er manchmal, dass er viele seiner Entscheidungen in der Vergangenheit nur deshalb so getroffen hatte, weil er nicht eine Minute daran geglaubt hatte, dass Laurie ihn wirklich verlassen würde. Dabei hatte seine Familie ihn ausdrücklich gewarnt. Aber er hatte darauf vertraut, dass ihrer beider Liebe stärker war als alles andere. Als er seinen Fehler dann erkannt hatte, war es zu spät gewesen. Laurie war gegangen und hatte seine Seele mitgenommen.

Vor gut einem Jahr hatte er noch einmal eine Chance bekommen, aber dann hatte wieder einmal sein Stolz gesiegt, und er hatte es einfach geschehen lassen, dass Laurie ihn ein zweites Mal verlassen hatte. Stolz war ein einsamer Bettgeselle, das hatte sein Großvater ihm mehr als einmal gesagt. Und obwohl er es am eigenen Leib erfahren hatte, brachte er es nicht über sich, ihr einfach nachzufahren. Eine Weile hatte er noch versucht, sie anzurufen, aber als sie nie reagierte, hatte er schließlich aufgegeben.

Er gab ja zu, dass er ein Idiot war. Schließlich hatte Laurie sich beim letzten Mal mehr als deutlich ausgedrückt: Sie liebe ihn, aber eben nicht genug, um ihre Karriere aufzugeben und seine Frau zu werden. Das hatte er akzeptiert. Was war ihm auch anderes übrig geblieben? Schließlich konnte er nicht durch die Weltgeschichte reisen, nur um bei ihr zu sein.

Aber er hatte sie nicht vergessen, keine Sekunde lang. Und jetzt hatte sie ein Kind. Er glaubte einfach nicht – konnte es nicht glauben –, dass sie mit einem anderen Mann im Bett gewesen war. Sie liebte ihn, daran zweifelte er nicht. Eine Liebe wie die zwischen ihm und Laurie versiegte nicht über Nacht, ganz gleich, was an Missverständnissen oder Hindernissen zwischen ihnen stand. Niemand hatte ihren Platz eingenommen, weder in seinem Herzen noch in seinem Bett, und er hatte nie daran gezweifelt, dass es bei ihr genauso war. Aber das war offenbar auch nur eine der Illusionen, die er sich gemacht hatte.

Er stieß mit einem Ruck die Küchentür auf und schaute in zwei schuldbewusste Gesichter. „Ich will sofort diese Zeitung sehen.“ Seine Stimme klang unheimlich ruhig.

Sharon Lynn stellte sich schnell zwischen ihn und den Küchentisch. „Vergiss es“, empfahl sie. „Laurie Jensen ist es nicht wert, dass du auch nur einen Gedanken an sie verschwendest. Sie hat dir noch nie gut getan, und das ist der endgültige Beweis dafür.“

„Du weißt genauso gut wie ich, dass es für mich keine andere Frau gibt.“

„Es macht mich einfach rasend, wie sie dich behandelt hat.“

Harlan sparte sich den Hinweis darauf, dass das nur die halbe Wahrheit war. Als Laurie ihn das erste Mal verlassen hatte, hatte Sharon Lynn sich noch auf ihre Seite gestellt und ihm vorgeworfen, dass er nicht mehr auf sie eingegangen war. Aber als Laurie zum zweiten Mal gegangen war, konnte Sharon sich kaum noch ein freundliches Wort über sie abringen. Der Rest der Familie schwieg sie nach Möglichkeit einfach tot.

Harlan wurde langsam ungeduldig. Allmählich war er aus dem Alter heraus, in dem er von seiner großen Schwester beschützt werden musste. „Stell dich nicht so an und gib mir endlich die Zeitung.“

Aber wenn Sharon Lynn einmal in Fahrt kam, war sie nur schwer zu bremsen. „Du musst sie vergessen“, forderte sie. „Es gibt Millionen Frauen in Texas, die sich die Finger nach dir abschlecken würden. Such dir eine, die dich anständig behandelt und dir nicht ständig davonläuft.“

„Ich weiß deine Fürsorge sehr zu schätzen, liebe Schwester, aber jetzt gib mir endlich diese vermaledeite Zeitung. Sonst bin ich gezwungen, den ganzen Weg in die Stadt zu fahren und mir selber eine zu kaufen. Willst du vielleicht, dass mich im Supermarkt die halbe Stadt beobachtet, wie ich den Artikel über Laurie lese?“

Melissa Adams hatte sich bisher zurückgehalten. Jetzt seufzte sie. „Sharon Lynn, gib ihm die Zeitung schon. Es ist ohnehin nicht mehr zu ändern.“ Ihre Tochter gehorchte mit sichtlichem Widerstreben.

Laurie trug auf dem Foto ihr glitzerndes Bühnenkostüm, und sofort ging Harlans Puls schneller. Ihre Wirkung auf ihn würde wohl nie nachlassen. Sie war mit ihrem dichten kastanienfarbenen Haar, dem ein wenig herausfordernden Lächeln und den leuchtenden Augen einfach wunderschön. An ihr war nichts Künstliches, ihre natürliche Ausstrahlung brauchte keine Nachhilfe.

Aber dieses Mal war der Fotograf ihr nicht gerecht geworden. Ihre Augen waren ohne Glanz, auf ihren Lippen lag kein Lächeln. Sie wirkte erschrocken, und ihre ganze Körperhaltung drückte Abwehr aus. Offenbar hatte sie noch versucht, sich abzuwenden, aber sie war nicht schnell genug gewesen. Das Baby war ganz deutlich zu erkennen. Es hatte braune Locken und blaue Augen. Adams Augen, dachte Harlan. Es war ganz eindeutig. Auf dem Kaminsims stand eine ganze Galerie von Babyfotos, und es wunderte ihn, dass weder seine Mutter noch seine Schwester die Familienähnlichkeit erkannt hatten.

Laurie Jensen hatte ein Kind von ihm bekommen und ihm vorenthalten. Das tat weh. Und es machte ihn unglaublich wütend. Er fuhr herum und stürmte aus der Küche.

„Du liebe Güte“, sagte Sharon Lynn fast ehrfürchtig. „Hast du sein Gesicht gesehen?“

Ihre Mutter lief hinter ihm her. „Harlan Patrick, komm sofort zurück!“

Aber er ließ sich nicht beirren und marschierte auf kürzestem Weg zu seinem Pritschenwagen. Noch ein paar Telefonate, dann war er so weit. Eine halbe Stunde später traf er auf dem Flughafen ein, wo Onkel Jordans Familienjet schon frisch aufgetankt auf ihn wartete. Laurie Jensen konnte sich auf etwas gefasst machen!

2. KAPITEL

Laurie lebte in extremer Anspannung, seit ihr Foto in der Zeitung erschienen war. Sie konnte nur hoffen, dass Harlan es nicht entdeckt hatte. Ob er nun ahnte, dass das Baby von ihm war oder nicht, spielte dabei keine Rolle. Es würde ihm so oder so das Herz brechen.

Ihre Agentur hatte sie vorsichtshalber angewiesen, keine Auskunft zu geben, ganz gleich, welche Geschichte Harlan ihnen auftischte. Sie hatte ihn genau beschrieben: dichtes, von der Sonne gebleichtes Haar, strahlend blaue Augen, kantige Wangenknochen …

„Und dieser Mann soll dich nicht finden?“, fragte die Sekretärin fassungslos. „Bist du noch zu retten?“

„Nach Ansicht einiger Leute nicht“, gab Laurie trocken zurück. „Sag mir bitte gleich Bescheid, wenn er auftaucht, Ruby. Ich muss wissen, in welcher Verfassung er ist.“

„Er ist vermutlich auf hundertachtzig“, prophezeite Ruby. „Und man könnte es dem Mann nicht einmal übel nehmen. Es ist schon brutal, auf diese Weise herauszufinden, dass man Vater geworden ist.“

„Halt dich da raus“, befahl Laurie.

„Keine Angst. Ich reiße mich wirklich nicht darum, deine Probleme zu lösen. Andererseits ist es vielleicht nicht schlecht, wenn der Mann dich bald findet“, meinte Ruby. „Du kannst dich schließlich nicht ewig vor ihm verstecken. Außerdem hat die Kleine, wenn ich das sagen darf, ein Recht darauf, ihren Daddy kennen zu lernen.“

Ruby hatte ja recht, und Laurie war versucht, ihrem Rat zu folgen. Aber auf der anderen Seite hatte sie Angst davor, dass sie mit der Situation völlig überfordert sein würde.

„Ich weiß ja, dass ich egoistisch bin“, gab sie zu. „Aber ich fühle mich Harlan im Moment nicht gewachsen. Warte, bis du ihn kennen lernst. Genauso gut könnte man versuchen, einen wild gewordenen Bulldozer zur Vernunft zu bringen.“

Natürlich gab es noch die, wenn auch äußerst unwahrscheinliche Möglichkeit, dass Harlan die Zeitung mit dem verräterischen Foto nicht in die Finger bekommen hatte. Vielleicht war ja die Lieferung verloren gegangen … Sie musste herausfinden, ob er etwas wusste und wie er darauf reagiert hatte, damit sie sich früh genug darauf einstellen konnte. Und wenn er das Baby dann für seines hielt, dann würde er sie auch finden, daran hatte Laurie nicht den geringsten Zweifel. Ruby würde ihn nur vorübergehend aufhalten können.

Sie könnte natürlich ihre Mutter fragen, aber ihre Wege und die der Familie Adams kreuzten sich so gut wie nie. Sharon Lynn anzurufen, hatte auch wenig Sinn, denn seit ihrer letzten Trennung hatte sie bei Harlans älteren Schwester keine guten Karten mehr. Sharon Lynn hatte ihr mehr als einmal vorgeworfen, wie selbstsüchtig sie sich verhielt. Und seine Eltern waren derselben Meinung, auch wenn sie es nicht offen aussprachen. Ihre Ablehnung tat weh, denn schließlich hatte sie einmal fast zur Familie gehört.

Blieb noch Grandpa Harlan Adams. Er würde seine Familie bis zum letzten Atemzug verteidigen, aber er sah auch immer die beiden Seiten einer Medaille, und sie hatte sich immer gut mit ihm verstanden. Er würde ihr sagen können, was sie wissen wollte, und sie nicht verraten.

Es kostete Laurie fast einen Tag, bis sie den Mut aufbrachte, in White Pines anzurufen. Sie redete sich ein, dass sie nur deshalb so lange wartete, weil Grandpa Harlan tagsüber vermutlich doch nicht zu Hause war, denn trotz seines Alters arbeitete er noch auf der Ranch mit. Aber in Wirklichkeit fürchtete sie sich ein wenig vor seiner Reaktion. Hoffentlich glaubte er nicht, sie hätte seinen Enkel betrogen.

Aber sie hätte sich keine Sorgen machen müssen, denn Harlans Großvater hatte entweder noch nichts von dem Baby gehört oder fand nichts Ungewöhnliches daran. Jedenfalls begrüßte er sie mit allen Anzeichen der Freude.

„Laurie, mein Kind, wie geht es dir? Du bist noch genauso hübsch wie früher. Das weiß ich, weil ich dich ständig im Fernsehen und in der Zeitung sehe. Bist du immer noch so gefragt?“

„Ich kann mich vor Arbeit kaum retten“, sagte sie mit einem Seufzer. „Im Augenblick stecke ich mitten in einer Tournee.“

„Dieses Herumziehen macht dir tatsächlich Spaß?“, wollte der alte Herr wissen. Die Skepsis war ihm anzuhören.

„Meistens. Es gehört einfach dazu.“

„Und schreibst du deine Lieder immer noch selbst?“

„Die meisten, ja.“

„Ich weiß noch, wie schön du an meinem achtzigsten Geburtstag gesungen hast.“ Eine kleine Pause entstand. „So, mein Kind, und jetzt erzähl mir, warum du anrufst.“

Laurie schluckte. „Na ja, ich mache mir Gedanken wegen Harlan.“

„Aha.“ Er wartete, offenbar nicht gewillt, von sich aus etwas preiszugeben.

„Wie geht es ihm?“, fragte sie schließlich.

„Du fehlst ihm immer noch, wenn du das wissen willst, und das wird sich wohl auch nicht so schnell ändern. Ich habe noch nie erlebt, dass ein Mann so unter Liebeskummer leidet.“

Danach hatte sie ihn zwar nicht gefragt, aber aus irgendeinem Grund tat es ihr gut, dass Harlan sie nicht vergessen hatte.

„Hast du ihn in den letzten beiden Tagen gesehen?“

„Nein. Er ist ziemlich überstürzt abgereist. Keine Ahnung, wohin oder warum. Soll ich ihm etwas ausrichten?“

Laurie stieß einen Seufzer aus. Sie hatte das unbestimmte Gefühl, dass das nicht notwendig war. Dieser plötzliche Aufbruch konnte nur eines bedeuten.

„Nein“, sagte sie schließlich. „Und danke.“

„Wofür?“

„Dass du mich nicht hasst.“

„Aber Kind, warum sollte ich dich denn hassen? Schließlich hast du einmal fast zur Familie gehört. Und für mich gehörst du immer noch dazu.“

„Ich habe Harlan sehr wehgetan.“

„Vielleicht ging es nicht anders. Manchmal kann man nur hoffen, dass am Ende alles gut wird, auch wenn es zuerst nicht so aussieht. Pass gut auf dich auf und besuch mich, wenn du das nächste Mal zu Hause bist. Ich lasse bis dahin das Klavier stimmen, und dann machen wir uns einen lustigen Abend.“

„Ich komme bestimmt“, versprach Laurie. „Grüß Janet von mir.“

„Mach es gut, mein Kind. Und vergiss uns nicht.“

Als ob ich das je könnte, dachte Laurie. Erst als sie den Hörer aufgelegt hatte, wurde ihr bewusst, dass ihr Tränen übers Gesicht liefen. Zum ersten Mal seit über sechs Jahren wurde ihr bewusst, dass sie Heimweh hatte – nicht nur nach dem kleinen Haus, in dem sie aufgewachsen war, oder nach ihrer Mutter, sondern vor allem auch nach White Pines und der Familie Adams, die sie so bereitwillig in ihrem Schoß aufgenommen hatte. Aber am meisten sehnte sie sich nach Harlan Patrick, dem Vater ihrer kleinen Amy Lynn. Nach dem Mann, den sie noch immer liebte.

Harlan fühlte sich an seinem ersten Tag in Nashville wie in einem fremden Land. Er war einfach Hals über Kopf aufgebrochen, ohne jede Ahnung, wo er überhaupt suchen sollte. Unterwegs hatte sich immer wieder das Bild von Laurie und ihrem Baby vor seine Augen geschoben, so dass er sich nicht hatte konzentrieren können. Er hatte nie eine Neigung zur Gewalt verspürt, aber jetzt war ihm danach, irgendetwas zu zertrümmern.

Am Flugplatz mietete er sich einen Wagen, fuhr in die Stadt und suchte sich ein Hotel. Erst als er das Telefonbuch aufschlug, wurde ihm klar, wie wenig er eigentlich von Laurie wusste. Ein Großteil ihres Lebens spielte sich zwar in der Öffentlichkeit ab, aber dieser Teil interessierte ihn im Moment nicht. Er konnte sich nicht einmal daran erinnern, in welchem Musikverlag ihre CDs herauskamen, obwohl er sie alle hatte und ständig spielte.

Er versuchte sich daran zu erinnern, ob sie irgendwelche Bekannte oder Freunde erwähnt hatte. Aber als sie vor einem Jahr das letzte Mal bei ihm gewesen war, hatten sie sich nur wenig unterhalten. Dafür war das Baby der lebende Beweis.

Trotz der Wolkenkratzer und Neubauten war Nashville in gewisser Weise noch immer eine Kleinstadt, in der wahrscheinlich jeder jeden kannte. Also konnte man ihm bestimmt helfen. Harlan suchte sich eine beliebige Künstleragentur aus dem Telefonbuch und rief dort an.

„Ich bin auf der Suche nach Laurie Jensen.“

Die Stimme der Sekretärin am anderen Ende der Leitung wurde merklich kühler. „Wir vertreten Miss Jensen nicht.“

„Dann können Sie mir vielleicht sagen, wer Miss Jensen vertritt.“

„Darf ich erfahren, auf welchem Gebiet Sie tätig sind?“

„Es geht um eine Werbekampagne. Wir hatten gehofft, Miss Jensen dafür zu gewinnen.“

„Vielleicht sollten Sie dann direkt mit Miss Jensens Agentur Kontakt aufnehmen. Das ist jedenfalls der übliche Weg.“ Das klang eisig.

Harlan beherrschte sich mit Mühe. „Meine liebe Dame“, erwiderte er. „Das Problem ist, dass ich Miss Jensens Agentur nicht kenne.“

„Das spricht nicht für Sie.“ Damit legte die Sekretärin auf.

Autor

Sherryl Woods
Über 110 Romane wurden seit 1982 von Sherryl Woods veröffentlicht. Ihre ersten Liebesromane kamen unter den Pseudonymen Alexandra Kirk und Suzanne Sherrill auf den Markt, erst seit 1985 schreibt sie unter ihrem richtigen Namen Sherryl Woods. Neben Liebesromanen gibt es auch zwei Krimiserien über die fiktiven Personen Molly DeWitt sowie...
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