Intrige auf Paradise Cove

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Schöner kann es im Paradies kaum gewesen sein: Das Anwesen ihres Vaters Paradise Cove" im tropischen Norden Australiens ist einfach traumhaft. Eden Sinclair, die junge Anwältin, freut sich darauf, endlich ihren Vater, den sie erst nach dem Tod ihrer Mutter das erste Mal sah, richtig kennenzulernen. Einziger Wermutstropfen ist die intrigante Delma, Edens Stiefmutter, die versucht, jede Annäherung zu verhindern. Als zudem der attraktive Unternehmer Lang Forsyth, Geschäftspartner ihres Vaters, auf "Paradise Cove" erscheint, spitz sich die Lage unerwartet zu. Eden verliebt sich auf dem ersten Blick in den charmanten Mann, der jede Gelegenheit nutzt, in ihrer Nähe zu sein. Doch kann sie ihm trauen? Die schöne Lara, eine enge Freundin Delmas, behauptet, mit Lang liiert zu sein … "


  • Erscheinungstag 28.07.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733758431
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Mehr als zwanzig Jahre lang hatte Owen Carter zu vergessen versucht, dass er eine Tochter hatte. In all diesen Jahren hatte er sie kein einziges Mal zu Gesicht bekommen bis zu diesem traurigen Tag, an dem es aus einem bleischweren, verhangenen Himmel regnete. Nach einer Reise von über tausend Meilen saß Owen Carter in der hinteren Bank der kleinen alten Steinkirche und lauschte dem Trauergottesdienst für Cassandra, die im Alter von dreiundvierzig Jahren auf so tragische Weise ums Leben gekommen war.

Owens Blick galt nur einem Trauergast, einer jungen Frau, die seiner toten Geliebten wie aus dem Gesicht geschnitten war. Sie besaß die gleiche glänzend schwarze Haarpracht, die einen atemberaubenden Kontrast zu ihrer auffallend hellen Haut bildete, die gleichen außergewöhnlichen Augen, deren Farbe von Irisblau bis zu tiefem Violett wechseln konnte.

Sie waren einander nie begegnet, doch Owen hätte sie überall erkannt.

Seine Tochter.

Als hätte sie seinen sehnsuchtsvollen Blick gespürt, drehte die junge Frau sich plötzlich um und sah ihm direkt in die Augen. Dieser offene und zugleich feste Blick erinnerte Owen so schmerzlich an Cassandra, dass er beinah aufgesprungen wäre. Doch er wagte es nicht. Nicht jetzt.

In ihm keimte all die Liebe auf, die er so lange unterdrückt hatte. Er spürte neuen Mut und neue Hoffnung, die seine Trauer erträglicher machten.

Hörst du mich, Cassandra? Rief er stumm und richtete seine Gedanken auf den mit Lilien geschmückten Sarg.

Ich bin gekommen, um unsere Tochter nach Hause zu holen.

1. KAPITEL

Gemeinsam verließen Owen Carter und Lang Forsyth die Besprechung.

„Hätte nicht besser laufen können“, bemerkte Lang zufrieden. Selbstbewusst und festen Schritts bewegte er sich durch die Menge, die in die Mittagspause eilte.

„Und das war allein dein Verdienst“, sagte Owen und lächelte. Auf seinem Gesicht spiegelten sich Anerkennung und väterliche Zuneigung. „Ich habe mich stets für einen harten Geschäftsmann gehalten, aber dir kann ich nicht mehr das Wasser reichen. Jetzt sitzt du am Ruder, mein Junge.“

„Wenn ich mich recht entsinne, wolltest du es so.“ Lang lachte und warf seinem Partner einen raschen Blick zu. Owen war ein attraktiver und erfolgreicher Mann in den besten Jahren. Wie immer sah er topfit aus, doch irgendwie fehlte ihm in letzter Zeit der gewohnte Biss. Die Besessenheit, mit dem er sich sonst in die Arbeit stürzte, hatte in den letzten sechs Monaten sehr nachgelassen. Früher hatte er ein Leben auf der Überholspur geführt, hatte nur das Ziel im Auge gehabt, die Firma ganz nach oben zu bringen. Nun aber richtete sein Interesse sich unübersehbar auf andere Dinge die jedoch nicht einmal Lang kannte.

Es war seltsam und beunruhigend, genau wie Owens monatliche Reisen nach Brisbane, für die er nie eine Erklärung gab. Als Lang vor einigen Wochen zu einer geschäftlichen Besprechung nach Singapur geflogen war, hatte er seinen Partner zwei Tage lang nicht erreichen können. Normalerweise hielten sie einander über alle wichtigen Dinge auf dem Laufenden, doch damals war Owen wie vom Erdboden verschluckt gewesen.

Für Lang war der Vorfall ein beunruhigender Wendepunkt in seiner Beziehung zum älteren Geschäftspartner. Vor gut zehn Jahren, kurz nachdem er sein Wirtschaftsstudium mit Auszeichnung abgeschlossen hatte, hatte Lang sich bei Carter Enterprises um eine Stelle beworben und sich souverän gegen ein Dutzend älterer, zum Teil hoch qualifizierter Mitbewerber durchgesetzt. Genau wie Owen Carter liebte auch Lang den Nervenkitzel, den er jedes Mal verspürte, wenn es um Großprojekte ging, bei denen riesige Summen auf dem Spiel standen. Doch bei aller Liebe zum Risiko war Lang nicht leichtsinnig: Niemals zweifelte er daran, jeder Aufgabe gewachsen zu sein, der er sich stellte. Und der Erfolg gab ihm recht. Deshalb ließ Owen ihn mittlerweile Entscheidungen auf höchster Ebene treffen, ohne sich einzumischen.

War das der Grund für Owens verändertes Verhalten? Wollte er sich allmählich aus dem Unternehmen zurückziehen? Oder gab es andere Gründe? Eigentlich hatte Lang nur eine Erklärung für Owens verändertes Verhalten und seine geheimnisvollen Reisen: eine Affäre. Dennoch konnte Lang nicht recht daran glauben. In den zwölf Jahren, die Owen nun mit der zehn Jahre jüngeren Delma verheiratet war mit der er einen Sohn hatte, den kleinen Robbie –, hatte er sich nie für andere Frauen interessiert. Doch Lang wusste, welche Wirkung sein Partner auf das andere Geschlecht hatte. Mit seinem vollen dunklen Haar, den markanten, energischen Gesichtszügen und den ausdrucksvollen dunklen Augen war Owen immer noch ein begehrenswerter Mann.

Delma gab offen zu, dass sie all ihre weiblichen Waffen hatte einsetzen müssen, um Owen zu erobern. Und warum auch nicht? Er sah blendend aus, hatte Geld, und vor allem war er ledig gewesen. Delma hatte ihn damals überzeugen können, dass ihm zu seinem Glück nur eine Frau fehlte, und dass sie die ideale Besetzung für diese Rolle sei.

Die Ehe hatte sich tatsächlich als dauerhaft erwiesen, auch wenn Lang sie nicht gerade als glücklich bezeichnet hätte. Während der hoffnungslos mit Arbeit überlastete Ehemann und Vater ständig in Geschäften unterwegs war und kaum Zeit für die Familie hatte, tröstete Delma sich mit harmlosen Flirts. Dabei achtete sie darauf, dass sie nie zu weit ging. Denn so verschlossen Owen sich ihr gegenüber oft verhielt einen Seitensprung hätte er ihr nicht verziehen. Er war kein Mann, der sich Hörner aufsetzen ließ.

Während Lang jetzt an Owens Seite die Straße hinunterschlenderte, zog er immer wieder Blicke junger Frauen auf sich, doch er bemerkte es nicht einmal. Sein Ehrgeiz galt dem Geschäft, und Äußerlichkeiten ließen ihn ohnehin ziemlich kalt. Für ihn zählten ausschließlich Leistungen, sonst gar nichts. An dieses Motto hielt er sich, seit sein Vater nach mehreren Fehlinvestitionen die Ranch der Familie hatte verkaufen müssen, Marella Downs, auf der die Forsyths mehr als hundert Jahre lang gelebt hatten.

Der Verlust des Familiensitzes hatte Langs Vater das Herz gebrochen. Er hatte nicht mehr miterlebt, wie verbissen sein Sohn darum gekämpft hatte, die Ranch zurückzuerobern, und wie er schließlich triumphiert hatte: Barbara Forsyth war längst wieder Herrin von Marella Downs. Langs Schwester Georgia und ihr Mann Brad Carson, ein Jugendfreund von Lang, führten den Ranchbetrieb inzwischen sehr erfolgreich. Und mit Ryan Forsyth Carson, Langs sechsjährigem Neffen und Patenkind, war bereits die nächste Generation auf dem alten Familienbesitz gesichert.

Lang und Owen aßen im Club zu Mittag, einem schönen alten Gebäude mit Blick auf den Botanischen Garten. Da Owen beim Essen grundsätzlich nicht über Geschäfte sprach, drehte sich die Unterhaltung um ihre gemeinsame Leidenschaft für Boote und Hochseefischen. Das berühmte Great Barrier Reef, das größte Riff der Welt, ein Paradies für Fischer, Taucher und Segler, lag nur ein paar Hundert Meilen im Norden nach australischen Maßstäben praktisch vor der Haustür.

Eine Gruppe von Geschäftsleuten in dunklen Anzügen und mit Aktenkoffern betrat den Club. Einer von ihnen klopfte Owen im Vorbeigehen kumpelhaft auf die Schulter. „Wie geht‘s, alter Junge? Gut siehst du aus! Deine Ausflüge in die Stadt scheinen dir ja glänzend zu bekommen.“ Er ließ seinen Worten ein anzügliches Grinsen folgen, und Lang spürte, wie Verwunderung und Zorn in ihm aufstiegen.

„Was sollte das denn?“, wollte er wissen, als die Männer außer Hörweite waren.

Owen wich Langs Blick aus. „Ach, das hat nichts zu bedeuten. Der Kerl ist ein Trottel. Sag mal, könntest du dich heute Nachmittag an meiner Stelle mit Arthur Knox treffen?“ Er blickte ein wenig schuldbewusst drein, doch Lang sah noch einen anderen Ausdruck in Owens dunklen Augen. Freude? Erwartung? Owen schien Langs Skepsis zu bemerken, denn er fügte rasch hinzu: „Ich habe noch etwas Dringendes zu erledigen.“

„Kein Problem.“ Was hätte Lang auch sagen sollen? Ihm blieb keine andere Wahl, als Owens Termin zu übernehmen. Schließlich war Arthur Knox der Steueranwalt von Carter-Forsyth. „Sehen wir uns heute Abend?“

Owen wich dem Blick seines jüngeren Partners aus. „Ein andermal gern, Lang, aber ich habe mich zum Dinner mit dem alten Drummond überreden lassen. Du erinnerst dich doch an ihn?“

„Richter Drummond?“

„Genau der.“

Lang nickte, doch seine Verwunderung wuchs. Das alles klang irgendwie zu glatt, beinah einstudiert …

Als die beiden Männer wieder auf der Straße standen, schien der Gehsteig vor Hitze förmlich zu kochen. Lang blickte auf die Uhr und stellte fest, dass es schon viel später war, als er gedacht hatte. Eilig verabschiedete er sich von Owen und begab sich zur Kanzlei Knox. Unterwegs kreisten seine Gedanken unaufhörlich um Owen. Als sie beide vorhin vor dem Club gestanden hatten, waren Scharen hübscher langbeiniger Mädchen in knappen Miniröcken an ihnen vorbeigegangen, doch Owen hatte sie keines Blickes gewürdigt. Trotzdem ließ Lang der Verdacht nicht los, dass Owen seine Frau betrog, ja, dass eine andere für ihn zum Mittelpunkt des Lebens geworden war. Vermutlich war das der Grund für Owens zunehmende Gleichgültigkeit gegenüber Familie und Firma.

Eine innere Stimme sagte Lang, dass Ärger im Anzug war. Erlebte Owen den zweiten Frühling? War es mehr als nur ein Verhältnis? War vielleicht sogar seine Ehe in Gefahr? Für Delma und den kleinen Robbie würde eine Welt einstürzen. Und auch er, Lang, würde unweigerlich in diese Sache hineingezogen werden.

Frauen! Dachte er mürrisch. Wie man es auch betrachtete am Ende machten sie nichts als Ärger.

An diesem Abend war Lang nicht in der Stimmung, im Hotel zu essen, wo ihn zu viele Leute kannten. Er ging zur Rezeption und ließ sich ein gutes Restaurant in der Nähe empfehlen.

Als er das Lokal betrat, bemerkte der erfahrene Oberkellner sofort, dass sein neuer Gast für sich allein sein wollte, und führte ihn an einen abseits stehenden Tisch. Das Publikum bestand vorwiegend aus wohlhabenden Geschäftsleuten mit ihren Partnern, Ehefrauen oder Freundinnen. Prunkvolle Leuchter tauchten den eleganten Speisesaal in weiches Licht. Die Tische waren mit feinem Porzellan, Silberbesteck und funkelnden Weingläsern gedeckt. Durch die wandhohen Fenster hatte man einen herrlichen Blick auf den Fluss und die nächtlichen Lichter der Stadt.

Lang bekam einen Fenstertisch zugewiesen, der durch dekorative Topfpflanzen vor Blicken abgeschirmt war. Er bestellte Hummer als Vor- und Lamm la Romana als Hauptspeise. Da er zu Fuß gekommen war, genehmigte er sich einen trockenen Martini als Aperitif und zum Essen eine Flasche Wein.

Nicht übel, dachte er zufrieden, während er den Blick durch den Raum schweifen ließ und die fröhlich plaudernden Gäste an den Tischen sah. Wie mochte Owens Abend wohl verlaufen? Gordon Drummond war ein hervorragender Jurist, galt aber als humorloser Langweiler nicht gerade das, was man sich unter einem anregenden Gesprächspartner beim Dinner vorstellte.

Das Essen war erstklassig. Lang überlegte gerade, welches Dessert er bestellen sollte, als sich plötzlich seine schlimmsten Befürchtungen bestätigten.

Nur wenige Schritte von seinem Tisch entfernt kam ein Ober vorbei, gefolgt von Owen, der vor guter Laune nur so sprühte und die Blicke genoss, die seiner Begleiterin galten die hinreißendste junge Frau, die Lang je gesehen hatte, und er hatte schon viele schöne Frauen gesehen. Sie war groß und sehr schlank. Dichte schwarze Locken fielen ihr offen bis über die Schultern und umrahmten ihr perfektes ovales Gesicht. Ihr Teint war makellos und ungewöhnlich hell. Und ihre Augen waren von einem so intensiven Blau, dass sie aus der Ferne violett zu sein schienen. Lang betrachtete die fein gezeichneten Brauen und die zarten Gesichtszüge und fühlte sich unwillkürlich an die junge Vivien Leigh in „Vom Winde verweht“, erinnert. Doch trotz ihrer Schönheit und der bestechenden Eleganz ihrer Kleidung empfand Lang keine Bewunderung für die schöne Unbekannte, nur Verachtung und Zorn.

Das also ist sie, dachte er finster. Owens geheimnisvolle Geliebte. Die Frau, die sich in sein Leben gedrängt und ihn von Grund auf verändert hatte. Der zärtliche, sehnsuchtsvolle Ausdruck in Owens Gesicht ließ erkennen, dass er sich bis über beide Ohren in die schöne Unbekannte verliebt hatte eine Frau, die seine Tochter hätte sein können. Plötzlich schmeckte Lang der Wein nicht mehr.

Wie würde Delma damit fertig werden? Auch sie war eine sehr attraktive Frau, gebildet und selbstbewusst. Dennoch war sie sich ihrer Ehe nie sicher gewesen, wie sie Lang mehr als einmal anvertraut hatte. Delma und dem kleinen Robbie mangelte es an nichts außer an Zuwendung, was Owen auch mit seiner Großzügigkeit nicht wettmachen konnte. Und Delma tat von ihrer Seite alles, um die Ehe am Leben zu erhalten. Sie nahm Rücksicht auf Owens berufliche Verpflichtungen und sah ihm nach, dass er wenig Zeit für sie und Robbie hatte. Außerdem war sie eine vorbildliche Mutter und vollendete Gastgeberin, die sich elegant auf dem gesellschaftlichen Parkett bewegte und die sich für Wohltätigkeits- und Hilfsorganisationen engagierte.

Und jetzt war das alles bedroht, wie Delma es immer schon befürchtet hatte. Lang hatte Owen noch nie so glücklich gesehen, so verzaubert, als wäre er der Hüter eines wundervollen Geheimnisses …

Lass die Finger von ihr, Owen! Flehte Lang insgeheim. Du hast eine Frau und ein Kind, die dich lieben! Lass dich nicht von ihrer Jugend und Schönheit blenden!

Doch als Owen nun auf den abseits stehenden, für zwei Personen gedeckten Tisch zuging, stand ihm eine so tiefe Liebe ins Gesicht geschrieben, wie er sie Delma nie entgegengebracht hatte. Selbst ein Blinder hätte erkannt, dass er der jungen Frau hoffnungslos verfallen war.

Lang spürte einen dumpfen Druck in der Magengegend. Wie sollte er von hier verschwinden, ohne dass Owen ihn sah? Es war eine verdammt unangenehme Situation. Owen war nicht nur Langs Partner, er war auch sein Freund und Förderer. Da konnte er schlecht zu Owens Tisch gehen und ihn wie einen Schuljungen zur Rede stellen. Nein, er konnte nur abwarten, bis Owen ihn ins Vertrauen zog falls er es tat.

Lang beobachtete, wie die beiden an ihrem Tisch Platz nahmen. Zum Glück wandte Owen ihm den Rücken zu. Lang sah, wie die junge Frau förmlich an Owens Lippen hing, als er zu ihr sprach. Kein einziges Mal ließ sie den Blick durch den Speisesaal schweifen oder sah hinaus auf die funkelnden Lichter der Stadt. Sie hatte nur Augen für Owen, lachte hell auf, als er eine scherzhafte Bemerkung machte, und berührte seinen Arm. Sofort nahm Owen ihre Hand und hielt sie voller Zärtlichkeit.

Obwohl es Lang peinlich war, die beiden so verstohlen zu beobachten, konnte er den Blick einfach nicht abwenden. Owen hatte den besten Champagner bestellt, den das Restaurant zu bieten hatte. Jetzt stießen sie miteinander an. Das Mädchen lächelte Owen über den Rand ihres Glases hinweg zu. In ihren Augen lag ein neckisches, zärtliches Funkeln.

Jetzt fühlst du dich bestimmt wie zwanzig, Owen! Ging es Lang mit einem Anflug bitterer Ironie durch den Kopf. Dabei war Owen mindestens doppelt so alt wie das Mädchen. Sicher, viele Männer in seinem Alter erlagen dem gefährlichen Reiz einer solch verführerischen Kindfrau, die ihnen das Gefühl gab, die erste Liebe noch einmal zu erleben. Doch der Owen, den Lang bisher gekannt hatte, gehörte nicht zu dieser Sorte. Umso verwunderter und zorniger war Lang.

Anscheinend hatten die beiden sich sehr viel zu erzählen. Lang fiel auf, wie oft Owen die Hand der jungen Frau nahm und wie er ihr voller Zärtlichkeit in die Augen sah …

Plötzlich fühlte er sich angeekelt. Von sich selbst, dass er hier saß und sich wie ein Voyeur aufführte. Von Owen, der seine Frau betrog. Vor allem aber von der schönen Unbekannten, die sich in ihrer aller Leben drängte. Sie musste doch wissen, dass Owen verheiratet war! Oder hatte er auch sie belogen? Vielleicht hatte er ihr erzählt, er sei Witwer oder geschieden. Oder war es ihr egal, dass Owen Frau und Kind hatte? Schließlich war er ein reicher und gut aussehender Mann …

Lang hatte genug gesehen, dass es ihm den Abend gründlich verdorben hatte. Er gab dem Ober ein Zeichen und bat um die Rechnung. Während er wartete, trommelte er nervös mit den Fingern auf den Tisch, wobei er noch immer zu Owen und der jungen Frau hinübersah.

Entweder war ihr Gehör so fein, dass sie das Trommeln von Langs Fingern wahrgenommen hatte, oder sein intensiver Blick hatte ihre Aufmerksamkeit erregt. Unvermittelt sah sie ihn mit ihren strahlenden Augen direkt an und ihr Lächeln gefror. Ihre Lippen öffneten sich leicht. Sie schien nach Atem zu ringen, als hätte sie ihm seine vernichtenden Gedanken vom Gesicht abgelesen. All das nahm Lang in einem einzigen Augenblick seltsamer Klarheit in sich auf. Widerwillig musste er sich eingestehen, dass er Owens Leidenschaft für die junge Frau nachempfinden konnte. Es war nicht allein ihr Aussehen sie strahlte eine Natürlichkeit und Unschuld aus, die so gar nicht zu ihrem offenkundig berechnenden Charakter passten. Denn warum sonst, wenn nicht aus Berechnung, hatte sie sich Owen so schamlos an den Hals geworfen?

Kühl erwiderte Lang ihren Blick. Ihm war bewusst, wie feindselig er auf sie wirken musste, doch er konnte nichts dagegen tun. In diesem Moment schien es ihm, als wäre er allein mit ihr, eingesponnen in einen unsichtbaren Kokon, durch den nur gedämpft die Geräusche um ihn her drangen. Er hätte schwören können, den Duft ihres Parfüms wahrzunehmen. In ihren Augen spiegelten sich weder Trotz noch Herausforderung, im Gegenteil: Sie wirkte so verletzlich, als könnte schon Langs Blick ihr Leid zufügen.

Schließlich wandte sie sich ab und sah hinaus auf den dunklen Fluss, in dem sich die funkelnden Lichter der Stadt spiegelten, während Owen damit beschäftigt war, die Speisekarte zu studieren.

Lang bezahlte die Rechnung und erkundigte sich beim Ober unter einem Vorwand nach einer Möglichkeit, das Restaurant rasch und unauffällig zu verlassen. Der Ober beschrieb ihm den Weg zum Hinterausgang, der Lang durch die Küche führte, in der hektische Betriebsamkeit herrschte. Ihm wurden finstere Blicke zugeworfen, doch es war ihm egal. Lang hätte selbst eine Kletterpartie übers Dach in Kauf genommen, um eine direkte Begegnung mit Owen und seiner schönen Begleiterin zu vermeiden.

Als Lang nach einer unruhigen Nacht erwachte, waren ihm zwei Dinge klar geworden: Owen würde die schöne junge Frau niemals aufgeben. Und er, Lang, konnte nichts dagegen unternehmen.

Er kam gerade aus der Dusche, als das Telefon klingelte. Owen war am Apparat.

„Wie geht‘s, mein Junge?“

„Ich kann es kaum erwarten, wieder nach Hause zu kommen.“

Owen lachte. Er schien bester Laune zu sein. „Hör zu, ich weiß, dass ich dich in letzter Zeit mehr als genug in Anspruch genommen habe, aber es gibt noch ein paar Dinge, die du heute für mich erledigen könntest. Ich muss dringend an die Goldküste. Da bietet jemand eine Motoryacht an, die ich mir unbedingt ansehen will. Scheint ein Prachtstück zu sein.“

„Was stimmt nicht mit der ,Delma‘?“, fragte Lang, der sich vergeblich bemühte, den vorwurfsvollen Ton aus seiner Stimme herauszuhalten.

„Mit der ,Delma‘ ist alles in Ordnung. Ich würde heute noch einen Käufer für sie finden, wenn ich wollte. Aber die Yacht an der Goldküste muss ein Traum sein. Beste italienische Handarbeit, alles vom Feinsten, und die gesamte technische Ausstattung ist auf dem neuesten Stand. Ich würde dich ja bitten mitzukommen, schließlich haben wir so was immer zusammen gemacht. Aber diesmal stehen wir zu sehr unter Zeitdruck, verstehst du?“

Und ob ich verstehe, dachte Lang voller Bitterkeit. Offenbar wollte Owen sich mit seiner Freundin einen schönen Tag am Meer machen. Warum konnte der Mann nicht wenigstens ihm die Wahrheit sagen?

„Also gut, was kann ich für dich tun?“, erkundigte er sich.

„Ich möchte, dass du dich mit Rod Burgess triffst. Du wirst mit ihm ohnehin besser fertig als ich. Anschließend könntest du dem alten Brierly einen Höflichkeitsbesuch abstatten. Du weißt ja, er hat immer noch Anteile an einigen unserer Bauprojekte. Außerdem wird er sich freuen, dich zu sehen, allein schon, weil deine Familie zu den Alteingesessenen gehört. Mich hält er dagegen eher für einen Emporkömmling mit schrecklichen Manieren.“

„Seit wann haben gute Manieren etwas mit Geschäftserfolg zu tun?“, spöttelte Lang.

Wieder dieses aufgekratzte Lachen am anderen Ende. „Tu es für mich. Es war die beste Entscheidung meines Lebens, dich zum Partner zu nehmen, weißt du?“

„Ich bin gerührt. Wann kommst du zurück? Wir fliegen um neun. Das heißt, wir müssten so gegen …“

„Keine Bange, ich bin rechtzeitig zurück“, unterbrach Owen ihn. „Übrigens, ich habe sehr interessante Neuigkeiten für dich.“

Aha, dachte Lang, jetzt kommt‘s.

„Ich habe endlich gefunden, wonach ich mein Leben lang gesucht habe“, sagte Owen schwärmerisch.

In Lang stieg Zorn auf, doch er gemahnte sich zur Ruhe. Er durfte sich nicht anmaßen, über Owen zu richten. Er hatte diesem Mann, der stets wie ein Vater für ihn gewesen war, sehr viel zu verdanken.

Dennoch fragte er frei heraus: „Und was ist das?“

„Ich wollte es dir schon lange sagen, aber es hat sich nie eine passende Gelegenheit ergeben. Jedenfalls hat sich mein ganzes Leben verändert, Lang. Ein solches Glück hätte ich nicht mehr für möglich gehalten. Am liebsten würde ich es in die Welt hinausschreien. Aber ich möchte es dir nicht am Telefon erzählen. Dafür brauchen wir Zeit und eine passenden Rahmen.“

„Kannst du mir nicht wenigstens sagen, um was es geht?“, flehte Lang ihn an.

„Bald, mein Junge, sehr bald. Ich bin sicher, du wirst mich völlig verstehen. Und du sollst wissen, dass ich dich liebe wie einen Sohn und noch große Dinge mit dir vorhabe.“

„Owen, sag mir endlich, was los ist!“

„Weißt du, das Leben ist viel zu kurz, um seine wahren Gefühle zu verstecken“, entgegnete Owen. „Ich entschuldige, es klopft gerade, ich habe einen Wagen bestellt. Lass uns heute Abend zusammen essen, ja? Ich will dir jemanden vorstellen. Also, Lang, wir sehen uns.“ Es klickte, und die Leitung war tot.

„Pass auf dich auf“, murmelte Lang und legte den Hörer auf. Sein Freund und Partner machte ihm allmählich ernsthaft Sorgen. Wenn es einen Mann in Owens Alter so heftig erwischte, konnte es übel für ihn ausgehen, falls die Dinge sich in die falsche Richtung entwickelten. Owen gab sich einer gefährlichen Illusion hin, wenn er sich einredete, das Glück seines Lebens gefunden zu haben.

Und was würde aus Delma und Robbie werden? Bei einer Scheidung würde Delma mit dem Jungen aus der gemeinsamen Villa ausziehen. Aber ein Sohn brauchte den Vater, das musste Owen doch wissen!

Plötzlich empfand Lang nur noch Mitleid für alle Beteiligten. Ausgenommen die junge Frau. Es gehörte schon eine gehörige Portion Unverfrorenheit, ja Kälte dazu, sich an einen steinreichen Mann heranzumachen, der nicht nur bedeutend älter, sondern obendrein verheiratet und Vater eines Jungen war. Niemand konnte ihr verübeln, sich zu verlieben schon gar nicht in einen Mann wie Owen –, aber hier stand die Zukunft einer Familie auf dem Spiel. Wenn sie auch nur einen Funken Verantwortungsgefühl und Anstand besaß, würde sie die Konsequenzen ziehen.

Zuerst brachte Lang das Treffen mit Burgess hinter sich. Rod Burgess war ein erfolgreicher Reiseveranstalter. Seine Aktivitäten erstreckten sich von Queenslands Goldküste mit ihren traumhaften Stränden und den mondänen Badeorten bis hinauf in den tropischen Norden des Staates. Rod war hoch erfreut, Lang zu sehen. Sobald sie das Geschäftliche erledigt hatten, lenkte Rod das Gespräch auf sein Lieblingsthema, das Cricket. Er war ein eingefleischter Fan dieses Sports, und ihm war zu Ohren gekommen, dass Lang während seiner Studienzeit ein Ass mit dem Schläger gewesen war.

Zwei Stunden später verabschiedeten sie sich im besten Einvernehmen, und Lang fuhr noch einmal zum Hotel zurück, um einige Unterlagen aus Owens Zimmer zu holen, die er für die Besprechung mit Sir George Brierly brauchte.

Am Empfang händigte man ihm ohne Weiteres die Schlüssel aus. Das Hotelmanagement kannte Lang und Owen bestens. Hier war allgemein bekannt, dass sie enge Freunde und Geschäftspartner waren.

Es war das erste Mal, dass Owen eine Suite gemietet hatte. Normalerweise buchte er ein Zimmer, genau wie Lang, da sie ohnehin kaum Zeit im Hotel verbrachten, sondern geschäftlich unterwegs waren. War diese Suite etwa Owens Liebesnest bei seinen Abstechern in die Stadt? Nein! Dachte Lang entschieden. Nie im Leben würde Owen sich und seine blutjunge Geliebte so schamlos zur Schau stellen.

Die Suite war wohnlich und mit allem Luxus ausgestattet ein Zuhause für den viel beschäftigten Geschäftsmann. Lang ging zum Schreibtisch und fand sofort den Ordner, den er suchte. Er enthielt die Unterlagen für ein großes Bauprojekt, bei dem es um fünfundzwanzig Luxusvillen ging, die an der Hibiskusküste errichtet werden sollten. Zu der Wohnanlage zählten ein privater Yachthafen, eine Strandpromenade mit Süßwasserpool und ein eigener Sicherheitsdienst.

Lang überflog die Papiere, als er plötzlich ein Geräusch hörte, das allem Anschein nach aus dem Schlafzimmer kam. Den Ordner in der Hand, trat Lang auf den Flur. „Hallo?“, rief er leise. Im selben Moment wurde ihm klar, dass er gleich Owens neuer Liebe gegenüberstehen würde.

Verdammt! Darauf war er gar nicht vorbereitet!

Zögernd, ein wenig verängstigt kam sie aus dem Schlafzimmer barfuß, nur mit einem tiefblauen Kleid bekleidet. Offenbar war sie gerade dabei gewesen, sich anzuziehen. Lang sah die üppige Haarpracht, die ihr weit über die Schultern fiel. Einige Locken waren noch feucht vom Duschen. Unwillkürlich ließ er den Blick über ihren schlanken Körper und die langen Beine bis zu den zierlichen nackten Füßen schweifen, bevor er ihr wieder in die Augen sah: Sie waren saphirblau.

Erschrocken spürte Lang, wie sein Körper auf ihren Anblick reagierte. Vorsicht! Ermahnte er sich, musste sich aber wider Willen eingestehen, dass er sich insgeheim gewünscht hatte, sie wieder zu sehen.

„Sie?“ Die junge Frau war genauso entgeistert wie Lang.

„Verzeihen Sie die Störung“, sagte er kalt. „Ich wusste nicht, dass jemand hier ist. Ich bin Lang Forsyth, Mr. Carters Partner.“

„Ja.“ Sie stand reglos da und blickte ihn ruhig an. „Owen hat mir viel von Ihnen erzählt.“

„Tatsächlich? Das ist ja sehr interessant, aber leider muss ich jetzt weiter.“ Er musste schleunigst von hier verschwinden, sonst würde er dieser Frau ins Gesicht sagen, was er von ihr hielt und das wäre unweigerlich das Ende seiner Freundschaft mit Owen. Entschlossen wandte er sich zur Tür.

„Bitte …“ Etwas in ihrer Stimme ließ Lang innehalten. „Sie waren doch gestern in dem Restaurant, nicht wahr?“

„Ja. Ich wollte allein sein. Erzählen Sie Mr. Carter bitte nichts davon. Ich wollte Sie und ihn nicht stören.“

„Sie haben mich angesehen, als würden Sie mich hassen.“

Ihr offener Blick entwaffnete ihn für einen Moment. „Warum sollte ich? Ich kenne Sie doch gar nicht.“

„Vielleicht haben Sie ja einen besonderen Grund dafür. Jedenfalls war Ihre Reaktion ziemlich extrem.“

„So? Sagen Sie mir lieber, was Sie in dieser Suite zu suchen haben. Noch dazu halb angezogen.“

„Sie halten mich für Owens Geliebte, nicht wahr?“, fragte sie ruhig.

Autor

Margaret Way
<p>Mit mehr als 110 Romanen, die weltweit über elf Millionen Mal verkauft wurden, ist Margaret Way eine der erfolgreichsten Liebesroman-Autorinnen überhaupt. Bevor sie 1970 ihren ersten Roman verfasste, verdiente sie ihren Unterhalt unter anderem als Konzertpianistin und Gesangslehrerin. Erst mit der Geburt ihres Sohnes kehrte Ruhe in ihr hektisches Leben...
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