Julia Ärzte zum Verlieben Band 15

– oder –

Im Abonnement bestellen
 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

IN DEINEN ARMEN BIN ICH GLÜCKLICH von DARCY, LILIAN
Warum hat Josie so spät erkannt, wie viel Dr. Ripley Taylor ihr bedeutet? Sie hat Monate verschenkt! Denn kaum liegt sie zum ersten Mal in seinen Armen, erscheint Ripleys intrigante Exfrau. Sie will den Mann, der Josie vor der Einsamkeit gerettet hat, zurückerobern …

EIN LEBENSRETTER ZUM VERLIEBEN von METCALFE, JOSIE
Dr. Ben Ross’ erster Arbeitstag in der Praxis endet dramatisch: Er rettet dem Sohn seiner neuen Kollegin Kat das Leben und wird dabei verletzt! Glück im Unglück: Kat nimmt ihn in ihrer kleinen Familie auf. Fast, als hätte sie nur auf ihn gewartet…

SCHWESTER EVIE - UNWIDERSTEHLICH! von FORBES, EMILY
Mit ihrem Frohsinn verzaubert die hübsche Schwester Evie alle in der Klinik am Meer! Nur der attraktive Dr. Zac Carlisle bleibt auffallend kühl. Doch dann wird Evie zufällig seine Nachbarin. Kann sie ihm jetzt beweisen, wie schön das Leben ist - besonders zu zweit?


  • Erscheinungstag 22.07.2008
  • Bandnummer 0015
  • ISBN / Artikelnummer 9783863496074
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

EMILY FORBES

Schwester Evie – unwiderstehlich!

Ein Blick auf die neue Krankenschwester genügt, und Dr. Zac Carlisle ist überzeugt: Sie ist die Falsche für den Job! Denn diese Evie Henderson ist viel zu charmant und zu sexy für seine Klinik! Dass sie ihm selbst sofort den Kopf verdreht, ist der beste Beweis für seine Befürchtung! Aber da ist es bereits zu spät – ohne Evie geht nichts mehr …

JOSIE METCALFE

Ein Lebensretter zum Verlieben

Ein Silberstreif am Horizont! Mit ihrem neuen Kollegen Ben Ross arbeitet die Ärztin Kat nicht nur sehr gut zusammen – er zeigt ihr auch zärtlich, dass er immer für sie und ihre kleinen Söhne da sein will! Ganz nah ist Kat der Liebe. Da geschieht etwas, das Bens medizinisches Können auf den Prüfstand stellt und ihr Glück dramatisch gefährdet …

LILIAN DARCY

In deinen Armen bin ich glücklich

Ein ganz normaler Abend bricht für Josie an: sie, ihre Katze Miffy, der Fernseher – Einsamkeit. Doch dann klopft es an der Tür, und als sie vorsichtig öffnet, steht Ripley vor ihr. Seit Jahren teilen sie sich die Aufgaben in der Gemeinschaftspraxis, aber nie war mehr zwischen ihnen. Warum reißt er sie jetzt in seine Arme und küsst sie stürmisch?

1. KAPITEL

„Nicht schon wieder!“ Zac Carlisle schaute in die Richtung, in die seine Kollegin Dr. Lexi Patterson möglichst unauffällig mit dem Kopf wies.

Bob Leeming, der kürzlich entlassene Personalmanager, hatte der Klinik bei seinem Abgang ein Chaos hinterlassen, dessen Überbleibsel offenbar immer noch nicht beseitigt waren. Dieses spezielle Überbleibsel war nicht einmal einen Meter fünfundfünfzig groß, lehnte sich an die Empfangstheke und trug nicht viel mehr als ein enges Top und einen um die Hüfte geschlungenen Schal, an dem unzählige winzige Münzen klimperten.

„Eine Bauchtänzerin? Die Klinik steht kurz vor dem Ruin, wir suchen händeringend eine Krankenschwester, und er engagiert eine Bauchtänzerin?“

„Pst!“, sagte Lexi beschwichtigend. „Sie kann dich hören.“

Die vermeintliche Bauchtänzerin hatte Zac tatsächlich gehört. Sie drehte sich zu ihm um und lächelte. Das Strahlen in ihrem Gesicht ließ ihn ein paar Sekunden lang vergessen, dass sie sämtliche Kleidervorschriften für das medizinische Pflegepersonal verletzte. Zac hörte Lexi neben sich kichern und rief sich selbst zur Ordnung.

„Ich muss los, um Molly abzuholen. Aber viel Spaß noch“, sagte seine Kollegin augenzwinkernd und überließ ihn allein diesem neuen Problem.

In diesem Moment kam die Frau mit dem klimpernden Rock auf ihn zu und streckte ihm die Hand entgegen. Dabei erhellte noch immer dieses überwältigende Lächeln ihr Gesicht, das fast zu klein und zart schien für so viel Lebensfreude.

„Sie sind sicher Dr. Carlisle.“

Er war davon ausgegangen, dass sie Engländerin war. So zumindest war die neue Krankenschwester angekündigt worden, aber jetzt konnte er einen deutlichen australischen Akzent hören.

Er erwiderte ihren Händedruck möglichst kurz – eine Frau, die seine Gedanken in so kurzer Zeit verwirren konnte, war äußerst beunruhigend.

„Dann fürchte ich, dass Sie Eva Henderson sind.“

„Nein.“

„Nein?“ Sollte noch Hoffnung bestehen auf eine Krankenschwester mit fachlichen statt tänzerischen Fähigkeiten?

„Doch, bin ich, aber nennen Sie mich doch bitte Evie.“ Sie lachte. „Ich wollte nur sehen, ob Sie sehr erleichtert sind, wenn Sie denken, dass ich nicht hier arbeiten werde.“

Sie legte den Kopf zur Seite und stützte eine Hand auf ihre Hüfte. Unwillkürlich ließ Zac den Blick über ihre weiblichen Kurven gleiten. Er konnte sehen, dass sie unter dem Hüftschal noch einen fast durchsichtigen Rock trug, der mehr enthüllte, als er verbarg.

Mit Mühe schaute er ihr wieder ins Gesicht. „Bob Leeming hat Sie eingestellt, richtig?“

„Bitte sagen Sie mir nicht, dass es ein Problem gibt. Ich weiß, dass er inzwischen nicht mehr in der Klinik arbeitet, aber jetzt bin ich hier, und ich … nun ja, ich brauche diesen Job.“

Sie sah ihn aus großen dunklen Augen an. Trotz ihrer Worte lag in ihrem Blick nichts Bittendes. Ihr war klar, dass Zac sie nicht einfach wieder fortschicken würde.

„Sie entsprechen nicht ganz meinem Bild von einer Krankenschwester.“ Sein Versuch, sarkastisch zu klingen, war ihm nicht gelungen. Zu deutlich war die Erschöpfung in seiner Stimme.

„Na ja, ich dachte, hier auf dem Land sieht man das nicht so eng, deswegen …“ Sie unterbrach sich und tätschelte seinen Arm. „He, das war ein Scherz. Ich fange erst morgen an. Ich bin nur hier, um jemanden zu besuchen und den Papierkram in Ordnung zu bringen. Also bleiben Sie ganz ruhig. Ich bin zuverlässig und verantwortungsbewusst.“

„Ich habe nie etwas anderes behauptet.“

„Das war auch nicht nötig“, gab sie belustigt zurück. „Ihre Miene sprach dafür Bände – ‚Hilfe, eine Bauchtänzerin als Krankenschwester‘, oder was war noch mal das Wort, das Sie benutzt haben?“ Sie lachte wieder. „Tut mir leid. Ich rede ein bisschen viel, oder? Reine Nervosität.“

„Das glaube ich kaum. Sie scheinen sich hier schon ziemlich wohlzufühlen.“ Was man von Zac im Augenblick nicht gerade behaupten konnte. „Wen wollen Sie denn besuchen? Sie sind nicht von hier, oder?“

„Letitia.“

„Meine Patientin Letitia?“

„Ach, Sie sind ihr Arzt?“ Eva – Evie – musterte ihn mit unverhohlener Neugier und murmelte dann laut genug, dass er es hören konnte: „Klar, das passt.“

Zac nickte nur wortlos.

„Sie ist meine Schwägerin“, fuhr sie fort, „und … oh, natürlich.“ Wieder lächelte sie ihn strahlend an.

„Natürlich was?“, fragte Zac leicht irritiert.

„Wir sind Nachbarn.“

„Nachbarn?“ Er kam sich langsam vor wie ein Papagei, der alles nachplapperte.

„Ich ziehe zu Jake und Letitia, damit ich mich um ihre beiden Töchter kümmern kann, wenn Letitia für ihre OP nach Adelaide geht. Sie hat mir erzählt, dass es etwas seltsam ist, direkt neben seinem Arzt zu wohnen, aber auf dem Land kann das wohl vorkommen, das kenne ich.“

„Sie kommen mir nicht gerade wie ein Mädchen vom Land vor“, brachte Zac heraus, nachdem er ihren kleinen Wortschwall entwirrt hatte. „Zumindest kein Land, das ich kenne“, fügte er halblaut hinzu.

„Oh, doch. Ich bin ein echtes Mädchen vom Land. Jake und ich sind in New South Wales aufgewachsen.“

Das würde erklären, warum sie einen australischen Akzent hatte, obwohl sie ihren Unterlagen zufolge doch in England gelebt und gearbeitet hatte. Zac war froh, zumindest dieses unwichtige Detail geklärt zu haben, wenn diese Frau mit ihrem breiten Lächeln ihm ansonsten schon den Verstand vernebelte.

„Sind Sie eigentlich immer so fröhlich?“

Sie nickte. „Aber keine Sorge, es ist nicht ansteckend. Es sei denn, Sie küssen mich, dann könnten Sie sich mit unheilbar guter Laune infizieren.“ In dem sicheren Wissen, ihn mit dieser Bemerkung zum Schweigen gebracht zu haben, drehte sie sich um, winkte ihm noch einmal zu und ging dann mit aufreizendem Hüftschwung davon.

Zac sah ihr hinterher und fragte sich, wie viel Unruhe Evie erst verbreiten würde, wenn sie mehr Zeit in der Klinik verbrachte. Andererseits konnte eine Frau, die ihm gerade bis zur Schulter reichte, das Krankenhaus wohl kaum in größere Schwierigkeiten bringen als die, in denen es ohnehin schon steckte. Aber warum würde eine Krankenschwester, die etwas von ihrem Job verstand, in dieser Kostümierung an ihrem künftigen Arbeitsplatz auftauchen? Und wie lange würde es dauern, bis er diesen Anblick aus seinem Kopf verdrängt hatte?

„Dr. Carlisle!“

Zac hatte die Tür zu seinem Büro schon halb geöffnet, als er die Stimme hinter sich hörte. So würde er es nie schaffen, den Papierkram zu erledigen, der sein Leben derzeit in einen Albtraum verwandelte. Gestern Abend hatte ein Notfall ihn davon abgehalten, Evies Referenzen noch einmal zu prüfen. Jetzt war es gerade mal acht Uhr morgens, und er war bereits seit zwei Stunden in der Klinik, weil ein Baby drei Wochen zu früh auf die Welt kommen wollte.

Resigniert drehte er sich um. „Ja, Doris, was gibt es?“

„Wir haben gerade einen Notruf bekommen“, verkündete seine Assistentin mit bedauerndem Lächeln. „Der Rettungswagen bringt einen Teenager, der zusammengebrochen ist. Genaueres konnten sie nicht sagen. In fünf Minuten ist der Wagen da.“

„Ein Opfer der Abschlussfeiern?“

„Davon gehe ich aus.“

„Diese dummen Gören.“ Mit langen Schritten ging Zac in die Notaufnahme. „Wann werden sie endlich begreifen, dass es bessere Arten gibt, seinen Schulabschluss zu begehen, als mit jeder Menge Drogen und Alkohol im Gepäck in einen Badeort einzufallen?“

Doris versuchte, mit ihm Schritt zu halten. „Es sind Teenager. Sie denken, sie sind unsterblich.“

Zac hatte die Tür zur Notfallambulanz gerade geöffnet, als er abrupt stehen blieb. Doris prallte gegen seinen Rücken, aber er hörte ihren empörten Ausruf kaum. Er hatte nur Augen für Evie.

Sie unterhielt sich angeregt mit einer anderen Krankenschwester und hatte ihn nicht bemerkt. Beinahe hätte Zac sie nicht wiedererkannt, denn sie trug die weiße Bluse und dunkelblaue Hose der Schwesterntracht. Keine klimpernden Münzen, kein durchsichtiger Rock, kein knappes Top. Ihr dunkles Haar war ordentlich im Nacken zusammengebunden, und gegen jede Vernunft verspürte Zac einen leisen Stich der Enttäuschung.

Dann schaute sie auf und schenkte ihm ihr fröhliches, zuversichtliches Lächeln. Daran zumindest hatte sich seit gestern gar nichts geändert, und Zac hoffte inständig, dass ihr unbändiger Optimismus gerechtfertigt war. Die Klinik brauchte jede Hilfe, die sie bekommen konnte.

„Guten Morgen“, rief Evie und kam auf ihn zu. „Libby hat mir eben einen kleinen Einführungskurs gegeben und …“

Die Sirene des herannahenden Rettungswagens unterbrach sie. „Wollen wir?“ Sie wies mit dem Kopf auf die große Außentür, und gemeinsam gingen sie zum Ankunftsbereich.

Zac hatte keine Ahnung, welche Art von Notfall ihn erwartete, und ebenso wenig wusste er, welche Hilfe diese neue Krankenschwester ihm dabei sein würde. „Sind Sie sicher, dass Sie das schaffen?“, fragte er.

War das ein empörtes Funkeln in ihren dunklen Augen? Und wenn schon. Er hatte ein Krankenhaus zu leiten und konnte keine Rücksicht auf Eitelkeiten seiner Mitarbei- ter nehmen.

Nach außen blieb Evie jedoch ruhig. „Aber sicher“, erwiderte sie.

Evie hatte nicht vor, gleich einen Streit mit Dr. Carlisle vom Zaun zu brechen. Sie brauchte diesen Job, und sie würde dem großen Boss nicht den Gefallen tun, auf seine spitzen Bemerkungen zu reagieren.

Vielleicht wollte er ja auch nur sicher sein, dass sie wirklich gut genug für diese Arbeit war. Und irgendwie war er ihr auf den ersten Blick sympathisch gewesen. Heute Morgen allerdings hatte er noch verstrubbelter und unordentlicher ausgesehen als gestern. Wann er wohl aufgestanden war?

Zum Rasieren hatte ihm offensichtlich die Zeit gefehlt, und auch seine dichte dunkle Mähne hätte mal wieder einen Haarschnitt vertragen können. Ein wenig erinnerte Zac sie an einen großen, zotteligen Bären, der nach einem langen Winterschlaf missmutig war und dringend Gesellschaft brauchte. Genau das Richtige für Evie, mit anderen Worten. Als Erstes würde sie …

„Heute noch, Schwester Henderson“, erklang die Stimme des großen, zotteligen Bären. Ups.

Schnell lief Evie hinter Zac her, der die Hintertüren des Rettungswagens öffnete, noch bevor der Fahrer den Motor abgestellt hatte.

Zac nickte dem Sanitäter im Wagen zu. „Morgen, Bruce. Was hast du für uns?“

„Siebzehn Jahre alter männlicher Patient. Klagt über Brustschmerzen und Magenkrämpfe. Puls bei 140, unregelmäßig. Wir haben ihm Sauerstoff gegeben, und er ist stabil.“ Bruce griff nach der Trage.

Evie konnte erkennen, dass sie dem Patienten eine Kochsalzinfusion gelegt hatten.

„Er hat anscheinend halluziniert“, fuhr Bruce fort, während sie die Trage in die Klinik schoben. „Wir tippen auf Drogen in Verbindung mit Alkohol. Er hat sich auch übergeben, aber mehr wollten seine Freunde uns nicht verraten.“

„Was ist nur los mit diesen Kids?“, fragte Zac empört. „Muss erst jemand sterben, bevor sie zur Vernunft kommen?“

Mit schnellen Schritten lief Evie neben der Trage und dirigierte ihre Kollegen in den ersten Untersuchungsraum. Dem Patienten ging es offensichtlich sehr schlecht, und sie wollte keine Zeit verlieren. „Wie heißt der Junge?“, erkundigte sie sich bei Bruce.

„Stewart.“

Evie lehnte sich über den Jungen und rüttelte ihn sanft an der Schulter. „Stewart, kannst du mich hören? Du bist hier im Krankenhaus.“ Als sie ihm die Augenlider hochzog, um seine Pupillen zu untersuchen, schlug er mit einem Arm nach ihr und riss sich dann die Sauerstoffmaske vom Gesicht.

„Achtung, wir müssen ihn festhalten!“, rief Evie und griff nach Stewarts linkem Arm, bevor er sich die Infusionsnadel herausziehen konnte. „Ich tippe mal auf Crystal Meth“, sagte sie und stellte beruhigt fest, dass Bruce den anderen Arm des Jungen sicher im Griff hatte.

„Ach ja?“ Zacs skeptische Stimme kam vom anderen Ende der Trage, wo er Stewarts Beine festhielt. „Wissen Sie das genau, oder haben Sie so etwas nur mal im Fernsehen gesehen?“

Evie ignorierte seinen spöttischen Tonfall. „Er zeigt alle Symptome einer Überdosis Methamphetamin. Mir ist klar, dass Sie mich noch nicht gut kennen, aber ich weiß, was ich sage.“ Libby trat an ihre Seite und fixierte Stewarts Handgelenk an der Trage, sodass Evie den Arm loslassen konnte. Sie platzierte die Sauerstoffmaske wieder auf seinem Gesicht und drehte sich zu Zac um. „Ich bin aus London, dort ist dieses Zeug so verbreitet wie Schnupfen.“

„Und was, wenn es keine Drogen sind? Wenn er einen Anfall hat?“

„Möglich, aber ich wette meinen ersten Gehaltsscheck darauf, dass ich recht habe. Nach einem Bluttest wissen wir mehr.“

„Wir haben keine Möglichkeit, sein Blut hier auf Drogen zu testen. Das wird in Adelaide erledigt. Mit den Kliniken in London können wir nicht mithalten, Schwes- ter Henderson.“

Insgeheim dachte Evie, dass Zac keine Ahnung hatte, unter welchen Bedingungen sie bereits gearbeitet hatte. Das kleine Krankenhaus in Pelican Beach war dagegen perfekt ausgestattet.

Zac musterte sie noch immer mit misstrauischem Blick unter zusammengezogenen Augenbrauen. Er sah aus, als könnte er sich nicht entscheiden, ob er ihr das Kommando überlassen oder sie aus der Notaufnahme werfen sollte.

Dann entspannte er seine Schultern. Er hatte seine Wahl getroffen. „Okay, was schlagen Sie vor?“

„Wir stabilisieren ihn, versorgen ihn mit ausreichend Flüssigkeit und beobachten ihn genau. Wenn nötig, müssen wir ihn sedieren. Schlafmangel und zu wenig Nahrung verstärken die Wirkung der Drogen, und er hat wahrscheinlich die Nacht durchgemacht.“

Während Evie sprach, betrat ein Polizist die Station. Zac nickte ihr kurz zu, was sie als Zustimmung zu ihrem Behandlungsplan interpretierte, und ging dann auf den Mann in Uniform zu.

Gemeinsam mit Libby leitete Evie die nötigen Maßnahmen ein, füllte ein Krankenblatt für den Patienten aus, das sie am Bett befestigte, drehte sich um – und stieß mit Zac zusammen. Für einen so großen und kräftigen Mann bewegte er sich erstaunlich leise.

Er griff nach ihren Armen, um sie festzuhalten. „Alles in Ordnung?“

Er ließ sie los, und Evie spürte einen leisen Stich des Bedauerns. „Wenn Sie hier fertig sind, würde Bill gerne mit uns sprechen.“ Evie sah an Zac vorbei in den Empfangsbereich, wo der Polizist wartete. „Offenbar haben die Kids Drogen gekauft, auch Meth.“

Also hatte sie recht gehabt. Gut zu wissen, zumindest aus medizinischer Sicht. Evie vermied es jedoch, Zac darauf hinzuweisen. Irgendwie schien es ihr plötzlich sehr wichtig, dass er sie sympathisch fand.

Sie ging auf den Polizisten zu. „Hallo, Bill. Ich bin Evie Henderson.“

Er ergriff ihre ausgestreckte Hand. „Willkommen in Pelican Beach. Obwohl das wohl kein schöner Start für Sie ist.“

„Nein, wohl kaum. Konnten Sie aus den anderen Jugendlichen etwas herausbekommen?“

„Ja, sie haben das Zeug anscheinend geraucht. Viel mehr haben sie nicht gesagt, ich glaube, sie hatten Angst, weil sie nicht wussten, ob ihr Kumpel die Sache überlebt.“

„Der Konsum von Ice oder Crystal Meth führt nur selten zu Herzversagen oder Atemstillstand“, warf Evie ein.

Zac warf ihr einen missbilligenden Blick zu. „Soll das ein Plädoyer für die Legalisierung dieser Drogen werden?“

„Unsinn. Aber wir müssen schließlich wissen, womit wir es zu tun haben. Wenn ich es richtig verstanden habe, kommen zu den Schulabschlussfeiern Hunderte von Kids in die Stadt, um zu feiern.“

Bill nickte düster, und Evie fuhr fort: „Wir müssen mehr über Stewarts Drogenkonsum herausfinden. Wenn er das Zeug früher schon genommen und ähnlich reagiert hat, hat nur er ein Problem. Falls nicht, liegt es vielleicht an der Qualität der Droge, und Stewart wird nicht das letzte Opfer sein. Dann müssen Sie den Dealer unbedingt finden, Bill.“

„Wir sind schon dran.“ Der Polizist gab Evie einen Zettel. „Das sind Adresse und Telefonnummer seiner Eltern“, sagte er und ging dann mit Zac, der Evie keines Blickes würdigte, zum Ausgang.

Sie sah ihnen hinterher. Wie sollte sie es nur anstellen, diesen brummigen und verstrubbelten Arzt für sich zu gewinnen? Sie brauchte Menschen um sich herum, die sie mochten, und Dr. Carlisle war in dieser Hinsicht eine echte Herausforderung.

Sie hatte zwei Monate Zeit. Dann würde sie ihr Nomadenleben wieder aufnehmen. In zwei Monaten konnte eine ganze Menge passieren.

Irgendwie hatte Evie die Kontrolle übernommen.

Zac wusste nicht recht, ob er überrascht, verärgert oder einfach nur froh war. Er sah zu, wie sie die Infusion überprüfte und beruhigend auf ihren Patienten einredete, der sie vermutlich gar nicht hören konnte. Sie machte ihren Job, und sie machte ihn sehr gut.

Für Verärgerung bestand kein Anlass, im Gegenteil, er sollte sich wohl bei ihr entschuldigen. Aber im Augenblick stand er nur da und schaute sie an. Sie strahlte so viel Lebenskraft und Energie aus, dass er den Blick nicht abwenden konnte. Dabei hatte er genügend andere Dinge zu tun.

Nun schaute sie auf. „Wollten Sie etwas von mir, Zac?“ Ihr Lächeln ermutigte ihn. Sie war anscheinend nicht nachtragend.

„Brauchen Sie noch eine Unterschrift für ein Sedativ?“ Zum Glück war ihm ein guter Vorwand eingefallen.

„Ja, ich habe die Unterlagen schon vorbereitet.“ Sie hielt ihm das Krankenblatt entgegen und wies auf die gestrichelte Linie. „Ich denke, er muss sich einfach nur ausruhen, bis die Wirkung der Droge nachlässt, aber wir sollten seine Eltern informieren.“ Sie reichte ihm den Zettel, den sie von Bill bekommen hatte. „Ich denke, das sollten Sie übernehmen, die Familie möchte sicher lieber mit einem Arzt sprechen.“

Auch Bill hatte wohl das Gefühl gehabt, dass Evie das Kommando führte. Aber Zac wusste, dass sie recht hatte. Stewarts Eltern sollten von einem Arzt darüber informiert werden, dass ihr Sohn im Krankenhaus lag. Das war jedoch eine Aufgabe, die ihm gar nicht behagte.

Evie schien seine Unsicherheit zu bemerken. „Es kann noch einige Zeit dauern, bis er wirklich stabil ist. Wir werden ihn über Nacht hierbehalten, denke ich“, sagte sie und warf einen Blick auf den Zettel. „Sie wohnen in Adelaide, wahrscheinlich werden sie herkommen wollen.“

Automatisch griff Zac nach dem Papier. Evie hatte die Dinge wirklich im Griff. Stumm hob er eine Hand zum Abschied, drehte sich um und ging davon.

Das würde ihn in Zukunft lehren, Menschen nicht nach dem ersten Eindruck zu beurteilen.

Er hatte einen Blick auf ihre exotische Aufmachung und ihre nackte Taille geworfen und sofort entschieden, dass sie unmöglich eine gute Krankenschwester sein konnte. Er hatte sich getäuscht, und darüber müsste er sich eigentlich freuen. Warum verspürte er dann trotzdem diese seltsame Unruhe?

„Alles in Ordnung?“ Libby unterbrach Evies Gedanken.

„Ja, er ist stabil.“

„Bill sagte, es seien Drogen im Spiel“, sagte Libby. „Wenn das schon am ersten Tag der Abschlusspartys passiert, will ich gar nicht wissen, wie es weitergeht. Gut, dass wir jetzt Verstärkung haben.“ Sie lächelte Evie zu.

„Wie verlaufen diese Abschlussfeiern denn normalerweise? Das klingt so gar nicht nach dem beschaulichen kleinen Küstenort, den ich erwartet habe.“

„Oh, wir haben die üblichen Notfälle, nur einfach sehr viel mehr als sonst. Drogen waren bisher glücklicherweise kein großes Problem, aber das war wohl nur eine Frage der Zeit. Die Einheimischen haben ein sehr gespaltenes Verhältnis zu dieser Partywoche. Die vielen Jugendlichen bringen natürlich Geld in die Stadt, aber auch viel Unruhe.“

„Das kann ich mir vorstellen.“ Evie nickte.

„Deswegen hat sich unser Polizeichef für dieses Jahr mit dem Stadtrat zusammen etwas ausgedacht. Zum ersten Mal wird auf einem abgesperrten Gelände in der Bucht ein großes Konzert veranstaltet, mit bekannten Bands und Eintrittskarten. So hoffen sie, die Kids besser im Blick behalten zu können. Mal sehen, ob das Experiment klappt. Morgen Abend findet das Ganze statt.“

„Na, ich hoffe, bis dahin hat Bill etwas mehr über diese Drogensache herausgefunden, sonst blüht uns einiges. Er wollte Stewarts Freunde noch einmal befragen, und Zac ruft gerade die Eltern des Jungen an.“ Evie zögerte einen Moment, aber dann siegte die Neugier doch. „Sag mal, ist er immer so ernst?“

„Wer? Zac?“

Evie nickte.

Ihre Kollegin zuckte die Achseln. „Ich denke, er ist schon eher der ernste Typ. Aber im Augenblick hat er auch jede Menge Sorgen, und er nimmt sich das alles sehr zu Herzen.“

„Was meinst du damit?“

„Er ist seit Kurzem im Vorstand der Klinik, und da geht es derzeit hoch her wegen der angedrohten Budgetkürzungen. Ich habe mich schon gefragt, warum er sich diese Verantwortung auch noch aufgehalst hat, aber so gut kenne ich ihn nicht. Ich denke …“

Was Libby dachte, sollte Evie nicht mehr erfahren, denn Zac unterbrach ihr Gespräch.

„Ah, gerade haben wir über Sie gesprochen“, sagte Evie unumwunden und bemerkte, dass Zac sofort verlegen wurde. Es war wirklich höchste Zeit, dass er etwas lockerer wurde.

„Ich habe mit Stewarts Eltern gesprochen. Sie werden in ein paar Stunden hier sein.“ Seine Miene war verschlossen, und Evie überlegte, wie er wohl aussah, wenn er lächelte.

Zac hatte seine Worte an beide Krankenschwestern gerichtet, aber Libby verabschiedete sich gleich darauf und ließ die beiden allein.

Obwohl er immer noch verlegen wirkte, blieb Zac stehen. „Ich muss mich bei Ihnen entschuldigen.“

„Müssen Sie das?“

„Unser früherer Personalchef hatte eine ausgesprochene Begabung dafür, den richtigen Leuten die falschen Jobs zu geben und umgekehrt. Das hat uns große Probleme beschert. Als ich Sie gestern kennengelernt habe, habe ich vorschnell geurteilt. Ich dachte, Sie sind nicht kompetent genug für den Job. Das war ein Fehler, und es tut mir leid.“ Er sprach langsam und sah Evie an, als erwarte er eine Zurechtweisung von ihr.

„Entschuldigung angenommen“, sagte sie. „Ich hatte Glück, dass mein erster Patient kein Opfer eines Haiangriffs war, dann hätte ich Sie wohl kaum so beeindrucken können.“ Sie lächelte ihn an, aber Zacs Miene blieb weiter ernst. Vielleicht waren die zwei Monate doch nicht lang genug. Zac Carlisle schien eine harte Nuss zu sein.

Evie strahlte ihn an, und er fühlte sich zunehmend verwirrter. Ihr Lächeln schien ihn geradezu magisch anzuziehen. Zac schüttelte leicht den Kopf, als könne er so die Fassung wiedergewinnen. Worüber hatten sie gerade gesprochen?

„Ähm … Stewart hat Glück gehabt, dass Sie da waren“, sagte er und zog sich dann schnell zurück. Er hatte das Gefühl, einen Sicherheitsabstand zwischen sich und Evies Lächeln legen zu müssen. Ihr Lächeln, ihre schmale Taille, das dunkle Haar und die großen, ausdrucksvollen Augen, um genau zu sein.

Weshalb wusste sie so gut über Drogenprobleme Bescheid? War das wirklich nur medizinische Erfahrung oder auch eine persönliche? Trotz ihrer Offenheit kam es ihm vor, als gäbe es viele Dinge in ihrem Leben, über die sie nicht sprechen wollte. Bisher jedoch war sie wie ein frischer Wind – natürlich nur für das Krankenhaus, nicht für ihn, wie Zac sich sofort selbst versicherte.

Das Bild von Evie in ihrem Bauchtanz-Outfit trat ihm vor Augen. Der schimmernde Rock mit den klimpernden Münzen, ihr eleganter Hüftschwung. Sie war so unbekümmert, so voller Zuversicht, ganz anders als Zac selbst in der letzten Zeit. Sie schien das genaue Gegenteil von ihm zu sein. Aber vielleicht sah er sich selbst auch in einem falschen Licht?

Zumindest als Arzt hatte er heute nicht seinen eigenen Ansprüchen genügt. Evie hatte eine wesentlich bessere Figur abgegeben.

Entnervt öffnete Zac die Tür zu seinem Büro und versuchte sich zu sammeln. Alles, was er brauchte, war etwas mehr Zeit und ein Koffer voller Geld, um die Klinik zu retten. Mit anderen Worten, ein Wunder.

Dabei würde ihm eine Bauchtänzerin nicht helfen, egal, wie umwerfend sie lächelte.

2. KAPITEL

Die nächsten zwei Stunden verbrachte Evie mit Wundverbänden, Desinfektionsmitteln und Injektionen, bevor Libby sie schließlich mit lobenden Worten in die Pause entließ. Sie brauchte dringend ihre tägliche Dosis Koffein, aber ob die Krankenhauskantine auch Latte macchiato anbot? Normalen Filterkaffee trank Evie nur unter Protest, sie liebte den tiefschwarzen Espresso mit einer Haube aus dickem, weißem Milchschaum. Hmmm. Zac hatte vielleicht doch recht gehabt – sie war süchtig, aber nur im Rahmen der Gesetze. Vorher gab es jedoch noch etwas anderes zu tun.

„Lettie!“ Evie öffnete die Tür zum Krankenzimmer ihrer Schwägerin und ließ sich auf den Stuhl neben dem Bett fallen. „Erholst du dich gut, während andere Menschen arbeiten?“

„Nur kurz, gleich habe ich Physiotherapie. Mein treues Gefährt wartet schon auf mich.“ Letitia wies mit dem Kopf zu dem Rollstuhl neben dem Bett.

„He, und ich habe dich immer für eine Simulantin gehalten“, witzelte Evie.

„Schön wär’s.“

„Weißt du schon Genaueres über den OP-Termin?“

Letitia schüttelte den Kopf. „Nein, aber jetzt, wo du hier bist, bin ich jederzeit bereit.“ Sie griff nach Evies Händen. „Vielen Dank, dass du hergekommen bist. Das bedeutet uns sehr viel, und ich weiß, was du dafür aufgegeben hast. Das ist sicher nicht leicht gewesen.“

„Unsinn.“ Evie unterbrach ihre Schwägerin. „Ich habe genau zwei Sekunden gebraucht, um mich zu entscheiden. Alles andere kann warten, bis du wieder fit genug bist, um meinen Bruder und meine reizenden Nichten herumzukommandieren.“

Das war nur die halbe Wahrheit. Es hatte sie einiges gekostet, sich zwischen zwei Aufgaben zu entscheiden, aber das würde sie Letitia nicht verraten. Märtyrertum war nichts für Evie Henderson. „Apropos, dir ist hoffentlich klar, dass ich alles daransetzen werde, dass die Mädchen mich zu ihrer Lieblingstante küren werden, und das heißt: kein Gemüsezwang, solange ich den Haushalt führe.“

„Gemüse ist gesund, und du bist ihre einzige Tante.“ Letitia lächelte.

„Umso wichtiger, dass sie mich nicht hassen.“ Evie sah auf die Uhr. „Ich gehe besser zurück auf die Station, bevor der große, böse Dr. Carlisle mich frisst, weil ich zu spät bin.“ Letitia räusperte sich vernehmlich. „Was ist? Hast du dich verschluckt? Das mit dem Gemüse war doch nur ein Witz.“ Dann folgte Evie dem Blick ihrer Schwägerin und sah zur Tür.

Dort stand der große, böse und gut aussehende Dr. Carlisle, und seinem Gesichtsausdruck nach zu schließen, hatte er jedes Wort gehört. Ups.

„So hat Lettie Sie nämlich genannt. Mir würde das nie einfallen.“ Gegen ihren Willen fing Evie an zu kichern.

„Evie!“, rief ihre Schwägerin empört.

„Letitia, ich habe Neuigkeiten für Sie.“ Er warf Evie einen vielsagenden Blick zu.

Sie befolgte seinen wenig subtilen Hinweis und winkte Letitia kurz zu. „Sei nett zu den Schwestern. Ich schau in der Mittagspause noch mal vorbei.“

Als sie an Zac vorbei aus dem Zimmer schlüpfte, murmelte er: „Darauf freut sie sich bestimmt schon jetzt.“

War das Verärgerung oder Belustigung in seiner Stimme? Evie schaute ihm neugierig ins Gesicht, konnte aber keine Antwort auf diese Frage finden. Während sie zur Notaufnahme zurückging, wurde ihr klar, wie sehr sie ihre Familie vermisst hatte. Ohne Letitias Hüftoperation wäre sie zwar nicht gekommen, und die Arbeit in Vietnam – und vor allem die Kinder – fehlten ihr schrecklich, aber dennoch war sie glücklich darüber, in Pelican Beach zu sein. Wie schade, dass Dr. Carlisle das nicht genauso sah.

Ihn davon zu überzeugen, dass ihre Anwesenheit hier ein Glück für ihn war, würde nicht so einfach werden. Vor allem, da sie nebenbei noch im Schichtdienst arbeiten und für ihre sechs und sieben Jahre alten Nichten sorgen musste. Es wurde immer lebenswichtiger, einen guten Coffeeshop in Pelican Beach ausfindig zu machen.

Libby schaute in den Untersuchungsraum, wo Evie gerade Stewarts Vitalfunktionen überprüfte. „Zac ist jetzt mit Stewarts Eltern hier. Sie würden ihn gerne sehen.“

„Okay. Aber das Sedativ wirkt noch, sie werden nicht mit ihm reden können.“

Gleich darauf führte Zac Stewarts Eltern in den Untersuchungsraum. „Das sind James und Helen Cook, Evie. Und das ist Schwester Henderson, die sich um Stewart kümmert.“

James gab ihr die Hand, aber Helen nickte nur kurz und ging direkt zu ihrem Sohn. Sie drehte sich besorgt zu Evie um. „Schläft er, oder ist er bewusstlos? Und warum ist er noch in der Notaufnahme?“

„Wir haben ihm ein Beruhigungsmittel verabreicht, er war sehr durcheinander und brauchte dringend Ruhe“, antwortete sie.

„Im Augenblick muss er noch beobachtet werden, daher ist er hier am besten aufgehoben. Schwester Henderson hat sehr viel Erfahrung mit Drogenpatienten“, mischte sich Zac ein.

„Meinen Sie, er wird wieder in Ordnung kommen?“, fragte Helen. „Er hat so etwas noch nie getan, ich verstehe das einfach nicht.“

„Ganz genau können wir das erst in ein paar Tagen sagen, aber ich denke, er wird keine körperlichen Nachwirkungen spüren. Mit den seelischen und psychischen Folgen sieht das jedoch anders aus.“ Evie sah die Eltern mit ernster Miene an.

Stewarts Vater wandte sich zu seiner Frau: „Ich fürchte, wir wissen nicht mit Sicherheit, ob er schon öfter Drogen genommen hat.“

Helen schüttelte den Kopf. „Niemals. Das liegt nur an dem ganzen Stress wegen der Prüfungen.“

„Es ist gut möglich, dass dies Stewarts erste Erfahrung mit Methamphetaminen war“, sagte Evie beruhigend, obwohl sie persönlich eher James’ Einschätzung teilte. „Heute kommt es öfter vor, dass die Kids auf Partys mit Drogen herumexperimentieren. Das Problem mit Crystal Meth ist jedoch, dass es sofort abhängig machen kann.“ Sie schaute in besorgte Gesichter. „Stewart braucht Aufklärung und psychologische Beratung, und Sie auch. Sie dürfen diese Sache nicht ignorieren oder davon ausgehen, dass es nie wieder passieren wird.“

Helen und James nickten bei ihren Worten. Die Botschaft schien angekommen zu sein.

„Ich werde Ihnen Adressen der Drogenberatung und einiges Informationsmaterial heraussuchen. Wichtig ist, dass Sie diese Dinge gemeinsam mit Stewart angehen. Ich lasse Sie jetzt ein paar Minuten mit ihm allein, aber es wird noch eine Zeit dauern, bis er ansprechbar ist. Rufen Sie mich, wenn Sie noch etwas wissen wollen.“ Sie nickte dem Paar freundlich zu und verließ den Raum.

Ob die Familie diesen Schock verkraften würde? Evie hatte schon zu oft erlebt, dass die Belastung einer solchen Situation für alle Beteiligten zu groß war. Im Augenblick hatte sie allerdings nicht genug Zeit für diese Gedanken. Der nächste Fall wartete schon auf sie.

Zumindest hatte er jetzt eine Sorge weniger als heute Morgen. Die Skepsis, die er in Bezug auf Evie gehegt hatte, war unbegründet gewesen. Sie hatte gezeigt, was sie konnte, auch wenn dabei Zacs Ego etwas zu Schaden gekommen war.

Er schaute auf die Uhr. Ein langer Arbeitstag näherte sich seinem schwierigen Ende. In einer halben Stunde fand eine Sitzung des Klinikvorstands statt, und er brauchte schon ein echtes Wunder, um die drohende Finanzkrise abzuwenden. Zac war klar, dass es politische Gründe für die Kürzung der Subventionen für die Gesundheitsversorgung auf dem Land gab, aber das hieß nicht, dass er sich damit zufriedengeben würde.

Vielleicht würde es helfen, wenn er sich nicht allein den Kopf über eine Lösung zerbrach. Zac griff nach dem Telefon und rief seinen Kollegen Tom Edwards an, der ebenfalls Vorstandsmitglied war. Tom war mit Lexi Patterson verheiratet, und seit Zacs Umzug nach Pelican Beach hatte er sich mit dem Ehepaar gut angefreundet.

Nach einer knappen halben Stunde Brainstorming waren Zac und Tom einer Lösung nicht näher, kamen aber fast zu spät zu ihrem Meeting. Als sie nach zwei anstrengenden Stunden wieder aufbrachen, waren sie frustrierter als vorher.

„Noch ein Bier auf meiner Veranda?“, fragte Zac überflüssigerweise, da sie bereits auf halbem Weg zu seinem Haus auf der anderen Seite des Klinikgeländes waren. „Hat Lexi dir erlaubt, länger wegzubleiben?“

„Sie hat mich sogar darum gebeten. Heute läuft ihre Lieblingsserie im Fernsehen, und anscheinend findet sie meine geistreichen Bemerkungen über die Albernheit der Figuren und der Handlung nicht so unterhaltsam wie ich.“

„Frauen sind manchmal seltsam.“

„Nicht wahr?“ Tom stellte die Stühle auf der Veranda auf, während Zac hineinging und mit zwei eisgekühlten Flaschen Bier zurückkam. Die Männer starrten einige Minuten lang schweigend in die abendliche Dunkelheit und versuchten, die Anstrengungen des Tages hinter sich zu lassen.

Zac schaute hinüber zur Klinik, die nur etwa hundert Meter entfernt lag. Die Personalunterkünfte bestanden aus ein paar schönen alten Cottages, die in einer Reihe standen. Die Nähe zum Arbeitsplatz war praktisch, aber manchmal war es auch ein Nachteil, jederzeit erreichbar zu sein.

Plötzlich drangen Geräusche durch die Stille.

Aus dem Nachbarhaus.

Evie.

Sie hatte die Haustür geöffnet und verabschiedete sich von einer Besucherin. Eine Steinmauer trennte ihre beiden Häuser, aber er konnte deutlich ihre Stimme hören.

„Das war sehr nett. Nächste Woche wieder?“

Zac hatte die Bierflasche auf halbem Weg zum Mund erhoben und lauschte. Die Stimme von Evies Besucherin war nicht zu verstehen. Oder war es ein männlicher Besuch? Die Vorstellung machte ihn unerklärlich wütend. Sie war gerade erst angekommen und hatte sich schon perfekt eingelebt.

„Lexi?“ Tom war aufgestanden und schaute hinüber zu dem kleinen Pfad zwischen den Cottages.

„Tom! Himmel, hast du mich erschreckt!“

Zac ging ihr entgegen und öffnete das Tor.

„Was machst du denn hier? Ich dachte, du bist zu Hause und guckst deine komische Sendung.“

Lexi lehnte Bier und Stuhl ab, die Zac ihr anbot. „Danke, ich kann hier auf der Treppe sitzen“, sagte sie und drehte sich dann zu ihrem Mann um. „Und was meine ‚komische Sendung‘ angeht, wie du sagst, hat sich herausgestellt, dass es auch Evies Lieblingsserie ist, deswegen haben wir sie gemeinsam angeschaut. Mum passt auf die Mädels auf, und Evies Nichten waren auch schon im Bett“, sagte sie. „Es war ein sehr netter Abend. Evie ist ein Schatz und ziemlich lustig. Findest du nicht?“

Diese Frage war an Zac gerichtet, der nur nickte. „Sie wirkt recht nett.“

Tom lachte leise. „Recht nett, sagt er, dabei hättest du sehen sollen, wie er eben ihrer Stimme gelauscht hat. Ich glaube, für einen Moment hat er sogar unsere Finanzsorgen vergessen.“

„Ach ja?“, fragte Lexi interessiert, und Zac hätte seinen Freund am liebsten getreten. Lexi versuchte schon lange vergeblich, ihn zu verkuppeln, und jetzt würde sie ihn und Evie mit Argusaugen beobachten. Dabei gab es gar nichts zu sehen.

„Hm, wenn du an ihr interessiert bist, solltest du dich ranhalten.“ Da ging es auch schon los. „Sie wird wahrscheinlich wieder nach England gehen, wenn Jake und Letitia nach der OP zurückkommen.“ Nachdenklich sah Lexi ihn an. „Andererseits, wenn sie einen guten Grund hat, bleibt sie vielleicht hier.“

„He, Schatz, lässt du dich von deiner Serie nicht zu sehr mitreißen?“ Tom lachte auf. „Ich wette, Zac ist nur froh, dass Evie nicht drei Köpfe und zwei linke Hände hat, wie Bobs andere Personalentdeckungen. Obwohl …“ Er warf seiner Frau einen verschmitzten Blick zu. „… Evie ist schon ziemlich heiß.“

„Hör mal.“ Lexi trat Tom gegen das Schienbein. „Sie ist vielleicht heiß, aber du bist verheiratet. Zac dagegen …“ Sie schaute ihn aufmunternd an.

„Okay, ich gebe zu, dass sie attraktiv ist. Können wir jetzt über etwas anderes sprechen?“ Attraktiv! Das war eine ziemlich schwache Beschreibung für das Leuchten, das von Evie ausging, ihre Ausstrahlung, die ihn vom ersten Augenblick an gefesselt hatte, ohne dass er wusste, warum.

„Nein, können wir nicht“, beharrte Lexi. „Warum gehst du nicht mal mit ihr aus? Das würde euch beiden guttun. Ihr könntet zum Beispiel morgen mit uns zusammen zum Konzert gehen. Wir wollen im Park picknicken. Das wird bestimmt lustig.“

„Lexi, ich glaube, Zac hat im Augenblick wichtigere Dinge zu tun, die alles andere als lustig sind“, kam Tom seinem Freund zu Hilfe.

Lexi blickte von einem Mann zum anderen und entschloss sich offenbar für eine neue Strategie. „Gibt es Neuigkeiten, was die Finanzkrise angeht?“, fragte sie.

Zac seufzte auf. „Zumindest die Personalsituation hat sich entspannt. Auch dank Evie. Sie zieht sich vielleicht seltsam an, aber sie versteht was von ihrem Job.“

Leise lachend nickte Lexi. „Das dachte ich mir schon. Aber erzählt mir von der Vorstandssitzung. Wie geht es weiter?“

„Im Augenblick wissen wir das nicht“, antwortete Tom. „Aber wir stehen unter Druck, drastische Sparmaßnahmen zu ergreifen, um den Budgetkürzungen durch die Regierung zuvorzukommen. Keine schöne Alternative.“

„Es ist keine Alternative“, sagte Zac bestimmt. „Wir müssen eine andere Lösung finden.“

„Dafür brauchen wir ein Wunder.“ Tom schüttelte den Kopf. „Wir müssen etwas tun. Und ganz oben auf der Liste steht das Pflegeheim.“

„Ihr wollt das Heim schließen?“, fragte Lexi entsetzt.

Zac stand auf, er war sichtlich aufgewühlt. „Nur über meine Leiche“, sagte er. „In einer anständigen Gesellschaft werden Kinder, Arme, Kranke oder Alte nicht vernachlässigt. Wenn wir jetzt bei den Alten anfangen, können wir sicher sein, dass demnächst auch die anderen dran sind, die am meisten Unterstützung brauchen und nicht für sich selbst eintreten können.“

Lexi stand auf, ging auf Zac zu und umarmte ihn. Dabei murmelte sie ihm aufmunternde Worte zu.

„Danke“, sagte er. „Wir werden es schaffen.“

„Ganz sicher. Aber willst du nicht morgen mit uns zu dem Konzert kommen? Wir tun so, als wären wir wieder jung, und finden heraus, welche Musik heute angesagt ist.“

„Gerne, wenn kein Notfall dazwischenkommt.“

Lexi umarmte ihn noch einmal, dann verabschiedeten sie und Tom sich von Zac. Er schaute seinen Freunden hinterher, als sie Hand in Hand davongingen. Die beiden hatten trotz vieler Schwierigkeiten zueinandergefunden, und er freute sich für sie. Heute machte ihn der Anblick ihres Glücks jedoch seltsam traurig. Ob es daran lag, dass ihm seine eigene Einsamkeit dadurch noch stärker bewusst wurde?

Früher einmal war das anders gewesen. Noch vor drei Jahren war er verheiratet gewesen und hatte sich darauf gefreut, Vater zu werden. Jetzt war er allein in diesem Küstenstädtchen, arbeitete zu viel, verdiente zu wenig und hatte nur den Trost einer gelegentlichen freundschaftlichen Umarmung.

Die Träume, die er und seine Frau gehegt hatten, waren an der Wirklichkeit zerschellt. Er hatte geglaubt, ihre Liebe sei stark genug, um alles zu überstehen, aber das hatte sich als schrecklicher Irrtum erwiesen.

Zac hatte lernen müssen, dass die Menschen ihren eigenen Ansprüchen nicht immer gerecht wurden. Auch er selbst nicht.

Früher einmal hatte er für die Liebe alles riskiert. Diesen Fehler würde er nicht noch einmal machen.

Dieses Leben war vorbei. Er hatte mit der Liebe abgeschlossen.

3. KAPITEL

Aus dem Aufenthaltsraum des Pflegeheims drangen laut die Klänge arabischer Musik. Verwirrt bliebt Zac an der Tür stehen, die Hand auf der Klinke. Er hatte eine leise Vorahnung, was ihn auf der anderen Seite erwarten würde. Langsam öffnete er die Tür.

„Und Hüftschwung, zwei, drei, vier und Schwung, ein Schritt vorwärts und die Hüfte hoch. Links, rechts und zurück, zwei, drei, vier und die Schultern bewegen … und wieder von vorn.“

Er stellte sich dicht neben Pam, die Beschäftigungstherapeutin, und flüsterte: „Was ist hier los?“

„Evie hält die Truppe bei Laune, und zwar richtig gut.“ Pam beobachtete Evie gebannt, ebenso wie die rund zwanzig Heimbewohner, die Zacs Ankunft nicht einmal bemerkt hatten. Genauso wenig wie Evie.

„Ich weiß nicht, ob unsere Kardio-Abteilung darauf vorbereitet ist“, murmelte Zac. „Sieh sie dir doch an! Die Hälfte unserer alten Herren wird einen Herzstillstand kriegen bei dem nächsten Hüft… wie auch immer es heißt.“ Der Anblick eben dieser Bewegung ließ ihn ins Stammeln geraten.

„Hüftwackeln?“, fragte Pam mit amüsierter Miene. Warum schien er seit Evies Ankunft bei allen zur Zielscheibe des Spotts zu werden?

Evie drehte sich schwungvoll um, und als ihr Blick auf ihn fiel, lächelte sie breit. Hüftschwingend bewegte sie sich wieder ans andere Ende des Raums, wo ihre Nichten saßen und sie fasziniert beobachteten.

„Das Beste hast du verpasst“, sagte Pam halblaut. „Sie hat einen richtigen Bauchtanz vorgeführt. Das hier ist der jugendfreie Teil des Programms, sie gibt eine kleine Lehrstunde.“ Inzwischen waren Evies Nichten, Gracie und Mackenzie, auf die Tanzfläche gekommen, schwangen nach Anweisung ihrer Tante ihre nicht vorhandenen Hüften und hoben die dünnen Arme in die Luft. „Sind die beiden nicht süß? Sie haben sogar kleine Hüftschals wie Evie.“

„Die arme Letitia.“ Zac schüttelte den Kopf. „Wenn sie das geahnt hätte …“ Ganz ernst gemeint war seine Empörung nicht, denn Gracie und Mack sahen wirklich niedlich aus, von ihrer Tante ganz zu schweigen.

„Ach was. Ich glaube, sie hat selbst getanzt, bis sie Probleme mit der Hüfte bekam“, sagte Pam grinsend.

„Mr. Louis ist schon ganz rot im Gesicht. Ich hoffe, die Show ist bald vorbei.“ Zac spürte, dass sein eigener Blutdruck ebenfalls bedenklich in die Höhe schoss.

„Und jetzt noch einmal drehen und die Hüfte schwingen, und das war’s.“ Evie ging hinüber zum CD-Player, um die Musik auszuschalten. Donnernder Applaus, laute Pfiffe und das Stampfen von Gehgestellen auf dem Boden begleiteten sie. Als der Lärm langsam abklang, ging Zac auf eine Gruppe Senioren zu, die sich angeregt unterhielten. Mittendrin seine Großtante Rita und ihre beste Freundin Nancy, die sich keinen Spaß entgehen ließen.

Eine leichte Berührung am Arm ließ ihn innehalten. Evie lächelte ihn an, das Gesicht leicht gerötet. „Hallo.“

„Hi.“ Keine besonders intelligente Entgegnung, aber wie ging man mit einer Frau um, die in einer Minute eine professionelle Krankenschwester in ordentlicher Kleidung war und in der nächsten orange leuchtende Seide mit Goldperlen trug und verführerisch die Hüften schwang?

Evie plauderte derweil fröhlich weiter: „Eine richtige Bauchtanzshow ist natürlich viel beeindruckender, als wenn ich alleine tanze – oder mit meinen reizenden Nichten.“

„Ich glaube, eine richtige Bauchtanzshow würden die Bewohner unseres Pflegeheims gar nicht verkraften“, brachte Zac heraus.

„Ach ja?“ Sie musterte ihn eindringlich. „Haben Sie ein Problem mit meinem kleinen Auftritt? Ich dachte, es wäre eine nette Abwechslung.“

Zac dachte kurz nach. Hatte er ein Problem damit? Er betrachtete die lächelnden Gesichter der Senioren. „Solange niemand einen Herzinfarkt bekommt, nicht. Manchmal wird es hier wirklich etwas langweilig, aber uns fehlen die Mittel, um …“

Er unterbrach sich selbst. Evies Anblick hatte ihn so abgelenkt, dass er vergessen hatte, warum er überhaupt hier war. Langeweile war im Augenblick seine geringste Sorge, was das Pflegeheim anging. Bei dem Gedanken an die drohende Schließung, von der hier noch niemand wusste, kam Zac sich vor wie ein Verräter. Schnell wechselte er das Thema. „Haben Sie noch andere Talente? Jodeln oder Plätzchen backen?“

Das Leuchten ihrer Augen wurde noch intensiver. „Nun, sagen wir mal so, wenn ich jemals an einer Miss-Universum-Wahl teilnehme, dann habe ich in der Rubrik Hobbys und Talente wenig zu bieten. Von meinen Plätzchen würde die Jury vermutlich Bauchschmerzen bekommen.“

Zac lachte, und seine düstere Stimmung hob sich etwas. „Ihnen ist schon klar, dass Sie den anderen Kandidatinnen bei einer Miss-Universum-Wahl gerade mal bis zur Hüfte gehen würden, oder?“

„He, das ist Diskriminierung durch den Arbeitgeber, ich könnte Sie verklagen!“, rief Evie mit gespielter Empörung. „Ich habe nun mal in meiner Größe ein Handicap – und auch eins in der Küche. Also bleibt mir nichts übrig, als zu tanzen.“

„Und wie nennt man das nun genau? Haremstanz?“ Zac spürte, wie er sich bei ihren kleinen Neckereien langsam entspannte.

Evie verdrehte die Augen. „Orientalischer Tanz, bitte. Eine alte Kunst und übrigens auch eine Geheimwaffe.“

„Tatsächlich? Wieso?“

„Ha, wenn ich Ihnen das verrate, muss ich Sie umbringen.“ Evie hob die Augenbrauen. „Wahrscheinlich mit einem tödlichen Hüftschwung.“ Sie demonstrierte ihm eine sinnlich-elegante Bewegung, bei deren Anblick Zac nur mühsam die Fassung bewahren konnte.

„Oh, dafür brauchen Sie wirklich einen Waffenschein.“ Er nickte in Richtung ihrer Hüften und sah schnell wieder zur Seite. Es klang wie ein Witz, aber ihm war es ernst.

„Nicht wahr?“ Evie nickte energisch. „Wenn eine Frau so tanzt …“ Sie raffte ihre dichten Locken auf dem Kopf zusammen, sodass ihr nur einige Strähnen auf die Schultern fielen, und bewegte sich langsam und verführerisch im Kreis um Zac herum. „… dann raubt das den Männern die Sprache.“

Evie blieb stehen, senkte die Arme und grinste ihn an. „Die Männer denken, wir tanzen für sie, aber eigentlich geht es nur um unsere weibliche Macht. Wie gesagt, eine Geheimwaffe.“ Sie legte den Kopf zur Seite. „Sie können den Mund jetzt wieder zumachen.“

Zac ignorierte ihre Bemerkung. „Versprechen Sie mir, dass Sie das hier im Heim nie ohne einen Defibrillator in der Nähe machen. Ich glaube, Tod durch Bauchtanz ist durch unsere Versicherung nicht abgedeckt.“

Amüsiert schaute sie ihn an. „Oh, aber ich habe Mr. Louis vorhin beobachtet, und sein Gesichtsausdruck schien zu sagen: ‚Was für eine Art zu sterben!‘ So, wir sehen uns später, ich habe Pam versprochen, ihr noch zu helfen.“

Ihre Energie war wirklich unerschöpflich. Ein wenig erinnerte sie Zac an seine Großtante, die sich auch immer im größten Trubel am wohlsten fühlte. Er sah hinüber zu Rita, die mit Evies Nichten gespielt hatte. Jetzt liefen die Mädchen quer durch den Raum zu ihrer Tante und Zac.

„Hallo, Dr. Carlisle!“, riefen sie fröhlich, dann sagte Gracie: „Evie, das war me-ga-cool. Können wir morgen wieder tanzen?“ Die zwei kleinen Mädchen hüpften auf und ab, als hätten sie Sprungfedern unter den Schuhen.

Die Begeisterung von Tante und Nichten rührte Zac. Wann hatte er sich zuletzt so aufrichtig gefreut und den Augenblick genossen? Dafür machte er sich immer zu viele Sorgen um die Zukunft, und im Vergleich zu Evie fühlte er sich mindestens hundert Jahre alt.

Die laute Stimme von Mr. Louis unterbrach Zacs Gedanken. „Evie, Sie müssen einem alten Mann versprechen, dass Sie noch einmal für ihn tanzen werden.“ Mit seinem Stock in der Hand winkte er ihr zu. „So viel Spaß hatte ich seit dem Krieg nicht mehr!“

„Schon damals wäre sie nie mit dir ausgegangen, und da hattest du immerhin noch deine eigenen Zähne“, mischte sich Wilf, Mr. Louis’ bester Kumpel, ein.

Evie erwiderte das Winken mit breitem Lächeln. „Danke, Mr. Louis. Denken Sie daran, dass Sie mir morgen bei der Party einen Tanz reservieren.“

Sie flirtete hemmungslos mit dem alten Mann, aber so charmant, dass man ihr auf keinen Fall böse sein konnte. Im Gegenteil, Zac fragte sich unwillkürlich, wie wohl seine eigenen Chancen auf ein Date mit Evie aussahen.

Das war nur Lexis Schuld, denn sie hatte ihn überhaupt erst auf die Idee gebracht. Jetzt würde er den Anblick der tanzenden Evie mit ihrem schimmernden Rock, den offenen Haaren und diesen unglaublichen Hüften nicht mehr loswerden.

Evie ging hinüber zur Theke und half Pam dabei, den Tee auszuschenken. Dabei behielt sie Zac jedoch aus den Augenwinkeln im Blick. Er ging hinüber, um sich mit den beiden alten Damen zu unterhalten, die mit Gracie und Mack gespielt hatten. Er lächelte sie an, und seine oft so ernste Miene veränderte sich völlig. Vielleicht war er doch nicht so ein schwieriger Fall, wie sie zuerst gedacht hatte.

Jetzt half er den Frauen beim Aufstehen und küsste beide auf die Wange. Das wirkte nicht wie ein normales Arzt-Patientin-Verhältnis, schon gar nicht bei einem so reservierten Mann wie Zac. Wer waren die beiden nur?

Das Rätsel sollte schnell aufgeklärt werden.

„Herzlich willkommen, Evie. Ich bin Rita, und das ist meine Freundin Nancy“, sagte die größere der beiden Frauen, als sie auf Evie zukamen. „Zwei Tassen Tee für uns, bitte, und vielleicht leisten Sie uns später ein bisschen Gesellschaft? Wir freuen uns immer über neue Gesichter.“

„Gracie und Mack, sucht euch doch etwas zu essen aus, dann setzen wir uns hin“, sagte Nancy. Die beiden Mädchen brauchten keine weitere Aufforderung. Sie füllten ihre Teller und folgten Rita und Nancy zu einem Tisch. Evie schenkte weiter Tee aus und hielt Ausschau nach Zac. Dort stand er und unterhielt sich mit der Leiterin des Pflegeheims. Enttäuscht sah Evie zu, wie sie gemeinsam den Raum verließen, ohne dass Zac noch einmal zu ihr hinsah.

Sie lenkte sich ab, indem sie hinüber zu ihren Nichten und den beiden alten Damen ging. Gracie und Mack waren mit ihren Scones beschäftigt, aber Rita und Nancy zogen Evie sofort ins Gespräch.

„Sie sind also hier, um sich um die Mädchen zu kümmern, während Letitia außer Gefecht ist?“, fragte Rita.

Evie nickte. „Sie kennen Lettie?“

„Natürlich. Gibt es schon Neuigkeiten wegen der OP?“

„Noch nicht.“

„Wenn ich mir das vorstelle … zwei neue Hüftgelenke, und die Arme ist noch nicht einmal vierzig“, fiel Nancy ein.

„Ja, und wir beide bringen es zusammen auf hundertsechzig Jahre und springen noch munter herum.“

„Und jetzt lernen wir sogar Bauchtanz. Das war mindestens genauso lustig wie damals, als wir mit diesem jungen Physiotherapeuten geflirtet haben. Weißt du noch, wie Zac mit uns geschimpft hat?“ Nancy kicherte.

„Er muss wirklich etwas lockerer werden, das sage ich ja dauernd.“ Rita nickte. „Das hat er von meinem Bruder. Und was hat es ihm gebracht? Viel Stress und einen frühen Herzinfarkt.“

„Ihr Bruder?“ Evie hatte etwas Mühe, dem Gespräch zu folgen.

„Natürlich, Zac ist mein Großneffe, der Enkel meines Bruders. Zac ist in Adelaide aufgewachsen, aber seine Familie hat hier ein Ferienhaus. Als er vor ein paar Jahren eine Veränderung brauchte, kam er nach Pelican Beach.“

„Eine Veränderung?“ Evie bemühte sich um einen möglichst harmlosen Tonfall.

„Er hatte eine schwierige Trennung hinter sich, aber darüber spricht er nicht gern. Zac hört allen zu und kümmert sich um ihre Sorgen, seine eigenen Probleme behält er dagegen gerne für sich“, sagte Rita nachdenklich. „Er hat sich völlig in die Arbeit vergraben, und das ist nicht gut für ihn. Ich wette, er weiß schon nicht mehr, wann er das letzte Mal richtig Spaß gehabt hat.“

„Vielleicht sollte er bei Evies nächster Bauchtanzstunde mitmachen“, sagte Nancy.

„Das ist eine sehr gute Idee.“ Evie grinste breit. „Jetzt muss ich aber erst mal die Mädels nach Hause bringen. Ihr Dad will mit ihnen an den Strand.“ Sie stand auf und machte sich mit ihren Nichten auf den Weg zurück zu ihrem Haus. Auf halbem Weg begegnete ihnen Bill.

„Evie, ich war auf der Suche nach Ihnen. Haben Sie einen Augenblick Zeit?“ Der Polizist schaute kurz zu den Mädchen und dann wieder zu Evie. „Allein, wenn’s geht.“

„Ihr Süßen, warum pflückt ihr nicht ein paar Blumen, die ihr eurer Mum mitbringen könnt, während ich mit Bill rede?“

Evie und Bill setzten sich auf eine Bank, von wo aus sie ihre Nichten im Auge behalten konnte. „Was gibt es denn?“

„Ich habe einiges über die Drogen herausgefunden, die Stewart genommen hat, und würde gerne Ihre Meinung dazu hören.“

„Okay, schießen Sie los, Bill.“

„Wir konnten die Lieferung, aus der Stewarts Ration stammte, zurückverfolgen. Das Zeug scheint verunreinigt, zu stark und damit verdammt gefährlich zu sein.“

„Haben die Kids doch noch eine Aussage gemacht?“, fragte Evie.

„Nicht direkt. Ob Sie’s glauben oder nicht, einer von ihnen hat seinen Anwalt angerufen, und der hat uns informiert. Offenbar haben sie das Zeug irgendwo im Ort gekauft.“

„Und das heißt, es ist noch mehr davon in Umlauf, und die Käufer haben keine Ahnung, wie gefährlich es ist.“ Evie betrachtete ihre Nichten, die zwischen den Rosenbüschen umherliefen. Wer konnte schon sagen, was die Zukunft für sie bereithielt?

„So ist es“, stimmte Bill zu. „Wir haben einige der örtlichen Dealer ausgequetscht, aber die handeln meist nur mit Marihuana. Die Drogenabteilung ist sicher, dass der Dealer jemand von außerhalb sein muss, der bei den Abschlusspartys schnelles Geld machen will. Ich wollte Sie fragen, wie wir unsere Sanitäter für das Konzert heute Abend vorbereiten können. Das sind alles freiwillige Helfer, und mit harten Drogen kennen wir uns hier einfach nicht aus.“

Evie nickte. „Aus medizinischer Sicht brauchen Sie Leute, die die Nachwirkungen der Droge behandeln können. Ich habe gestern einige Standardprotokolle für unsere Notaufnahme erstellt – die kann ich den freiwilligen Sanitätshelfern zur Verfügung stellen. Aber Sie sollten einige Rettungsteams aus der Stadt anfordern.“

„Das werde ich versuchen.“

„Gut. Realistischerweise müssen wir wohl davon ausgehen, dass Stewart nicht der letzte Fall für diese Woche war.“

„Das fürchte ich auch.“ Bill stand auf und schüttelte ihr die Hand. Er war ein großer, ernsthafter Mann, der eine Menge Verantwortung trug. Ein bisschen wie Zac, nur dass er nicht die gleichen Gefühle bei ihr auslöste wie Zac. „Danke, Evie.“

„Gern geschehen.“

Bill verabschiedete sich, seine Miene war immer noch ernst, aber zumindest wusste er jetzt, was er zu tun hatte.

Genau wie Evie.

Sie würde sich um ihre Nichten kümmern, damit Jake und Letitia beruhigt nach Adelaide fahren konnten.

Sie würde hart arbeiten, aber dafür sorgen, dass sie auch genug Spaß hatte.

Zum Beispiel mit einem gewissen Arzt, der ihr nicht mehr aus dem Kopf ging.

Auch wenn sie ihn vorhin mit ihrem Bauchtanz geneckt hatte – Evie fürchtete, dass sie diejenige war, die heute Abend wach liegen und sich vor Sehnsucht verzehren würde.

Was sollte er nur tun?

Für Fälle wie diesen sollte man immer Evakuierungspläne in der Schublade haben.

Dummerweise konnte Zac seine Küche nicht genau in dem Moment verlassen, da er gerade dabei war, das Abendessen zu kochen.

Aber wenn er Evies Gesang noch eine Minute länger zuhören musste, würde er vermutlich wahnsinnig werden. Seit einer halben Stunde schon schmetterte sie im Nachbarhaus einen Ohrwurm nach dem anderen mit so lauter Stimme, dass jede Ablenkung zwecklos war. Das Problem war, dass sie nicht nur sehr laut, sondern auch unglaublich falsch sang.

Vorhin hatte er ihr Gespräch mit Bill beobachtet, und obwohl er genau wusste, dass sie über die möglichen Drogenprobleme in Pelican Beach sprachen, hatte er einen deutlichen Anflug von Eifersucht verspürt. Es war unvernünftig und lächerlich, schließlich hatte Zac genug Sorgen, auch ohne diese winzige, temperamentvolle – und sehr unmusikalische – Bauchtänzerin.

Wenn er nicht aus seiner eigenen Küche fliehen und im Restaurant essen wollte, gab es für das aktuelle Problem nur eine Lösung.

Innerhalb von fünf Sekunden hatte Zac seine Töpfe und Pfannen sich selbst überlassen und stand vor Evies Haustür. Er klopfte laut, damit sie ihn trotz der Gesangseinlage hören konnte.

Gracie öffnete. „Hallo, Dr. Carlisle.“

Zac hockte sich auf den Boden. „Hi, Gracie. Deine Tante singt ziemlich laut.“

Das kleine Mädchen nickte mit ernster Miene. „Sie macht uns Abendessen. Daddy ist bei Mummy in der Klinik.“

Damit war sein Plan für einen ruhigen und friedlichen Abend dahin – es hatte keinen Sinn, sie zum Essen einzuladen.

Gracie trat einen Schritt näher und flüsterte: „Sie kann das nicht besonders gut.“

„Singen? Nein, das kann ich hören.“

Das Mädchen schüttelte den Kopf. „Kochen. Wir müssen ihr zeigen, wie es geht. Mack ist in der Küche und hilft ihr.“

„Wirklich?“ Zac unterdrückte ein Lachen. „Pass auf, Süße. Ich habe eine Idee. Komm, klettere auf meinen Rücken.“ Mit der kichernden Gracie im Gepäck ging er durch den schmalen Flur Richtung Küche. Mack sah ihn und winkte, aber Evie stand – immer noch singend – mit dem Rücken zur Tür. Und sie trug nicht viel mehr als ihre Unterwäsche.

Zac stand sprachlos da. Unter ihrem Bauchtanzkostüm war sie genauso schön und perfekt wie in seinen Fantasien. Mühsam gewann er die Fassung wieder und räusperte sich, damit sie seine Anwesenheit bemerkte.

Mit einem leisen Aufschrei drehte Evie sich um und ließ dabei den Kochlöffel fallen. Sie sah sich hektisch in der Küche um, wahrscheinlich auf der Suche nach einem passenden Kleidungsstück.

Zac konnte sich nicht mehr zurückhalten. Er lachte laut auf. „Evie, sind Sie denn nie normal angezogen?“

Sie hatte nach einem Geschirrtuch gegriffen und hielt es sich jetzt vor Brust und Bauch. „Natürlich war ich richtig angezogen, aber dann habe ich mich mit Sauce bekleckert.“ Sie wies mit dem Kopf auf einen kleinen Stapel Kleidung auf dem Küchenstuhl. „Und ich hatte nicht mit Besuch gerechnet“, fügte sie mit spitzer Stimme hinzu. „Was tun Sie überhaupt hier?“

„Ich bin gekommen, um Sie zum Essen einzuladen. Und die Mädchen natürlich auch.“

Sie lächelte hoffnungsvoll. „Jetzt gleich?“

Zac nickte. Gracie, die sich immer noch an seinen Schultern festhielt, jubelte laut auf, und ihre Schwester sagte mit sichtlicher Erleichterung: „Das ist eine tolle Idee.“

„Können Sie denn kochen?“, fragte Evie.

Zac warf einen Blick auf das Chaos, das sie in der Küche angerichtet hatte. „Denken Sie wirklich, Sie sollten mir diese Frage stellen?“

Sie seufzte leise auf. „Tja, da ist was dran. Wann können wir kommen?“

„Das Essen ist fast fertig.“ Er grinste. „Aber vielleicht wollen Sie ja vorher noch einen Versuch unternehmen, sich schicklich zu kleiden.“

Evie spielte mit dem Geschirrtuch. „He, das hat doch ein sehr züchtiges Muster, finden Sie nicht?“

Zac setzte Gracie auf dem Boden ab und ging zur Tür. „Dann sehen wir uns gleich.“ Auf dem kurzen Weg in sein Cottage fragte er sich, ob er nicht einen Fehler gemacht hatte. Gut, das Singen hatte aufgehört, aber der Anblick ihres fast nackten Körpers war noch wesentlich ablenkender. Wie sollte er diesen Abend überstehen? Würde Evie nicht merken, wie begehrenswert er sie fand?

Aber wäre das wirklich so schlimm?

Zac dachte über diese Frage nach. Es ging nicht darum, was er wollte, sondern um das, was klug war. Er war nun einmal ein vernünftiger Mann, und seine Gedanken an Evie hatten mit Vernunft nicht das Geringste zu tun.

Evie brauchte nicht einmal drei Minuten, um etwas anzuziehen, einen Zettel für Jake zu schreiben und mit ihren Nichten über den kleinen Fußweg hinüber zu Zacs Cottage zu gehen. Sie wirkte äußerlich ruhig, aber innerlich amüsierte sie sich köstlich. Die Verlegenheit, die sie wegen des kleinen Vorfalls in der Küche empfand, war durch Zacs Gesichtsausdruck bei ihrem Anblick mehr als wettgemacht worden.

Zac öffnete die Tür, wischte sich die Hände an einem Geschirrtuch ab und hieß seine Gäste willkommen. Sein weißes T-Shirt und die helle Leinenhose waren völlig fleckenfrei. Er sah zum Anbeißen aus …

„Fast fertig, kommt nur rein!“

Die Mädchen hüpften durch die geöffnete Tür. „Dr. Carlisle, können wir mit Ihrem Globus spielen?“

„Na, sicher. Ihr wisst ja, wo er ist.“ Gracie und Mack liefen ins Wohnzimmer. „Sie lieben diesen Globus“, sagte Zac zu Evie gewandt. „Rein aus Interesse – wie wollen Sie es schaffen, die beiden am Leben zu erhalten, während ihre Eltern weg sind?“

Evie seufzte auf. Sie hatte keinen Witz gemacht, Tanzen war wirklich ihr einziges Talent. „Jake hat die Gefriertruhe bereits gut gefüllt. Ich dachte, ich versuche mal mein Glück, solange er noch da ist. Falls ich dabei das Haus abbrenne oder so …“

„Ist es denn so schlimm?“

„Oh, ja.“ Sie schüttelte sich mit gespieltem Entsetzen.

Zac rührte in den Töpfen, schmeckte ab und benahm sich in der Küche genauso souverän wie ihr Bruder, der die Krankenhausküche leitete. Evie hatte Jake immer gern beim Kochen zugesehen, im Grunde waren er und ihre Mutter schuld daran, dass sie es nie gelernt hatte. Und Zac in der Küche zu beobachten machte ihr noch mehr Spaß.

Sie trat einen Schritt näher und linste in die Töpfe. Es roch köstlich, und ein Mann, der kochen konnte, war aus vielen Gründen attraktiv.

„Genug spioniert.“ Zac schubste sie mit einer kleinen Bewegung zur Seite. „Sie können den Tisch decken.“

„Ich bin beeindruckt.“

„Weil ich Sie endlich mal herumkommandiere statt nur umgekehrt?“

Evie grinste. Selbst wenn er sie ärgerte, war Zac niedlich. „Nein, weil Sie so toll kochen können. Manchmal denke ich, ich bin der einzige Mensch, der in der Küche ein hoffnungsloser Fall ist.“

Zac lehnte am Tisch, die Arme über der Brust verschränkt, und lächelte sie an. „Oh, nach dem, was ich vorhin gesehen habe, würde ich sagen, Sie sind in der Küche kein ganz hoffnungsloser Fall.“

Mit zur Seite gelegtem Kopf sah sie ihn an. „Aber Dr. Carlisle!“ Das Funkeln seiner dunklen Augen ließ einen kleinen Schauer der Erregung durch ihren Körper laufen.

„Ich bin schon gespannt, wie gut Sie sich beim Aufräumen machen.“

Oh. Das war nicht ganz das, was sie sich erhofft hatte. „Ich bin eine Meisterin im Einräumen von Geschirrspülern, das werden Sie schon sehen.“ Sie griff nach den Tellern, die Zac ihr entgegenhielt, während ihr wilde Fantasien durch den Kopf schossen, die mit Geschirrspülern nicht das Geringste zu tun hatten.

Er stand so nah bei ihr, dass sie sein Aftershave riechen konnte, und wieder waren da diese kleinen erregenden Schauer, die sie von Kopf bis Fuß durchliefen.

Während des Essens war Evie dankbar, dass Gracie und Mack mit ihren Geschichten von der Schule für genügend Ablenkung sorgten.

Viel zu bald schon hörte sie Jake an die Haustür klopfen. Die Mädchen liefen zu ihrem Vater, und Zac folgte ihnen, während Evie sitzen blieb und zuhörte, wie ihr Bruder den angebotenen Kaffee ablehnte. „Ich glaube, ich sollte sehen, dass ich die beiden ins Bett kriege. Danke, dass Sie sie durchgefüttert haben.“

Jakes Stimme wurde etwas leiser. „Vielleicht können Sie darauf achten, dass sie genug zu essen bekommen. Meine Schwester setzt sich für Bedürftige auf der ganzen Welt ein, aber ich traue ihr zu, dass sie ihre eigenen Nichten verhungern lässt.“

„Ich kann dich hören“, rief Evie, die ebenfalls zur Tür gekommen war. Unter viel Gelächter verabschiedeten sich Jake und seine Töchter.

Sie war umwerfend schön. Besonders wenn sie lachte. Was machte es schon, dass sie nicht singen oder kochen konnte?

Aber er war nicht auf der Suche nach einer neuen Beziehung, also spielte es keine Rolle, was er über Evie dachte.

„Meine Nichten sind toll“, sagte sie, als sie wieder in der Küche waren.

„Sie werden ihre Eltern sicher vermissen. Die beiden haben Glück, dass Sie da sind. Letitia hatte mir erzählt, dass wir die Operation durchführen könnten, sobald ihre Schwägerin da sei, um sich um die Mädchen zu kümmern. Aber ich wusste nicht, dass Sie auch bei uns in der Klinik arbeiten würden.“

Evie zuckte mit den Achseln. „Ich wäre auch ohne den Job gekommen. Doch so ist es finanziell einfacher für uns alle. Jake kann schließlich nicht arbeiten, solange er bei Lettie ist.“

„Gibt es finanzielle Schwierigkeiten?“, erkundigte sich Zac. „Das hat sie nie erwähnt.“

Evie zögerte kurz, bevor sie antwortete. „Vielleicht war es ihr peinlich. Die beiden kommen vielleicht ohne Letties Gehalt zurecht, aber nicht, wenn Jake ebenfalls ausfällt. Und wir wollten alle, dass er während der OP und der Reha bei ihr ist. Außerdem gab es noch Schwierigkeiten mit der Krankenversicherung. Also brauchten sie jemanden, der bei Letitia ist, jemanden, der sich um die Mädchen kümmert, und jemanden, der das Geld verdient.“ Evie zählte die Punkte an den Fingern ab. „Ich bin die letzten beiden“, sagte sie grinsend.

„Ganz schön viel zu tun für eine so kleine Person. Was ist denn mit dem Rest Ihrer Familie?“

„Jetzt machen Sie sich schon wieder wegen meiner Größe über mich lustig“, sagte Evie mit einem Augenzwinkern, das Zacs Puls beschleunigte. Schnell griff er nach dem Geschirr und begann damit, es in den Geschirrspüler zu räumen.

Evie ging ihm zur Hand, während sie weitersprach. „Mum und Dad werden auch bald kommen, aber sie müssen zuerst ihre Raststätte verkaufen. Der Familienbetrieb soll schließlich in gute Hände kommen.“

„Ihre Eltern haben eine Highway-Raststätte? Mit Restaurant und allem Drum und Dran?“, fragte Zac erstaunt. „Und die verkaufen sie jetzt wegen Letitia?“

„Ja, genau. Sie haben schon länger geplant, das Geschäft aufzugeben. Letties Hüft-OP war nur der letzte Anstoß. Sie werden sich in Pelican Beach zur Ruhe setzen und Großeltern spielen. Und sobald sie hier sind, kann ich mich wieder aus dem Staub machen.“

Zac hielt inne und spürte, wie sich eine große Leere in seinem Herzen ausbreitete. Er hatte gewusst, dass Evie nur vorübergehend hier war, dennoch war es ein Schock, das aus ihrem eigenen Mund zu hören.

Er warf einen vorsichtigen Blick in Evies Richtung. Und als er sie ansah, wusste er Bescheid. Es war zu spät.

Es spielte keine Rolle, wie sehr er sich selbst ermahnte und versuchte, vernünftig zu sein. Es spielte keine Rolle, dass er nicht auf der Suche nach einer neuen Beziehung war.

Was jetzt geschehen würde, war vom ersten Augenblick an unvermeidlich gewesen.

Er sah sie mit einem sehr seltsamen Blick an. Wenn sie es nicht besser wüsste, hätte Evie geglaubt, dass Zac sie jetzt gleich küssen würde.

Allein der Gedanke verursachte ein angenehmes Kribbeln in ihrem Magen.

Es gab nur einen Weg, um herauszufinden, was er vorhatte. Wie in Gedanken ließ Evie die Zungenspitze über ihre Unterlippe gleiten. Sie trat einen Schritt auf ihn zu, ein leichtes Lächeln im Gesicht. Zac konnte den Blick nicht von ihrem Mund abwenden, das war schon mal verheißungsvoll.

Autor

Lilian Darcy
<p>Die Australierin Lilian Darcy hat einen abwechslungsreichen Weg hinter sich. Sie studierte Russisch, Französisch und Sprachwissenschaften und ging nach ihrem Abschluss als Kindermädchen in die französischen Alpen. Es folgten diverse Engagements am Theater, sowohl auf der Bühne als auch als Drehbuchautorin. Später hat Lilian Darcy als Lehrerin für Französisch und...
Mehr erfahren
Josie Metcalfe
Als älteste Tochter einer großen Familie war Josie nie einsam, doch da ihr Vater bei der Armee war und häufig versetzt wurde, hatte sie selten Gelegenheiten, Freundschaften zu schließen. So wurden Bücher ihre Freunde und Fluchtmöglichkeit vor ihren lebhaften Geschwistern zugleich. Nach dem Schulabschluss wurde sie zur Lehrerin ausgebildet, mit...
Mehr erfahren
Emily Forbes
Mehr erfahren