Julia Ärzte zum Verlieben Band 158

– oder –

Im Abonnement bestellen
 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

STÜRMISCHES WIEDERSEHEN MIT DR. JAMESON von EMILY FORBES
Chloe ist fassungslos: Vier Jahre nach einer Nacht voll Leidenschaft steht der attraktive Arzt Xander Jameson wieder vor ihr und will nicht glauben, dass sie gemeinsam eine kleine Tochter haben! Damals wirkte er nicht so verbittert wie jetzt. Was mag nur mit ihm passiert sein?

HEISSE HERZEN IN ALASKA von JULIETTE HYLAND
Eine gute Ärztin sein! Das ist alles, was Annie will. Gäbe es an ihrer Klinik in Alaska nicht den umschwärmten Chirurgen Rafe Bradstone, der diese Lebensentscheidung ins Wanken bringt. Doch er wird bald nach L. A. zurückkehren. Eine Zukunft mit ihm ist also undenkbar!

GIB MIR NOCH EINE CHANCE! von AMY RUTTAN
Pearl weiß: Nur einer kann ihren Patienten retten – und das ist ausgerechnet ihr ehemaliger Kollege Calum Munro. Dabei hat sie ihm einst das Herz gebrochen, weil sie ohne ihn nach New York gehen musste. Dass sie ihn noch immer liebt, darf er nie erfahren …


  • Erscheinungstag 12.11.2021
  • Bandnummer 158
  • ISBN / Artikelnummer 9783751501651
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Emily Forbes, Juliette Hyland, Amy Ruttan

JULIA PRÄSENTIERT ÄRZTE ZUM VERLIEBEN BAND 158

EMILY FORBES

Stürmisches Wiedersehen mit Dr. Jameson

Chloe muss lügen! Da ist sich Xander Jameson sicher. Vor vier Jahren hatte er mit der hübschen Hebamme eine Affäre, und daraus soll eine Tochter hervorgegangen sein? Dabei kann er doch gar nicht Vater werden, da er wegen einer Krebserkran- kung eine Chemotherapie über sich ergehen lassen musste. Oder sollte ein Wunder wahr geworden sein?

JULIETTE HYLAND

Heiße Herzen in Alaska

Um sich neuen Herausforderungen zu stellen, nimmt Dr. Rafe Bradstone eine Stelle in einer Klinik in Alaska an. Er weiß: Lange will er in der Einöde nicht bleiben. Zu sehr reizt ihn das süße Leben in L. A. Wäre da nicht die zauberhafte Ärztin Annie, die dieses Krankenhaus im Nirgendwo kompetent und mit viel Herz leitet …

AMY RUTTAN

Gib mir noch eine Chance!

Pearl wird ihre Karriere immer über ihre Gefühle stellen. Das hat Calum Munro schmerzhaft erfahren müssen. Vor Jahren hat die Ärztin ihre Beziehung beendet, um einen neuen Job in New York anzutreten. Jetzt steht sie vor ihm und braucht seine Hilfe. Sofort flammen alte Gefühle auf. Doch Calum will sein Herz nicht ein zweites Mal an die schöne Pearl verlieren!

1. KAPITEL

„Happy Birthday, liebe Lily! Happy Birthday to you!“

Chloe Larson blinzelte ein paar Tränen weg, während Lily die Kerzen auf ihrer Geburtstagstorte auspustete. Ihre kleine Tochter war schon drei Jahre alt!

Nachdem sie die Kerzen aus der Schokosahne gezupft hatte, griff Chloe nach dem Messer. „Wollen wir sie anschneiden?“

„Granny soll mir helfen“, piepste Lily.

Chloe versuchte, nicht gekränkt zu sein. Seit sie mit vierundzwanzig schwanger geworden war und sich entschlossen hatte, ihr Kind allein großzuziehen, unterstützte ihre Mutter sie, wo sie nur konnte. Ohne deren Hilfe hätte sie es nicht geschafft. Da war es kein Wunder, dass Lily an Susan genauso hing wie an Chloe. Natürlich sollte ihr das nichts ausmachen, aber manchmal wünschte sich Chloe, ihr Leben wäre anders verlaufen.

Sie unterdrückte ein Seufzen und reichte das Messer an ihre Mum weiter. Welchen Sinn hatte es, bedauernd zurückzublicken? Manches war eben nicht zu ändern.

„Wünsch dir etwas, Lily“, forderte Susan ihre Enkelin auf, während sie die kleine Hand mit dem Messer führte, um in die Regenbogentorte zu schneiden.

Konzentriert hob Lily ein Stück nach dem anderen auf die Teller. „Zuerst Onkel Tom“, verkündete sie. „Wann kommt Onkel Guy?“

„Er hat dir ja heute Morgen schon gratuliert, Lily, da er Spätdienst hat. Wir heben ihm ein Stück auf.“

Lily hatte ihren Kuchen schnell verputzt. „Kann ich noch mal mit dir Rad fahren, Onkel Tom?“, bat sie.

Chloes Brüder hatten der Kleinen ein rosa Fahrrad mit Stützrädern und bunten Lenkerfransen geschenkt, und Lily hatte einen Großteil des Tages damit verbracht, auf der Auffahrt ihre Runden zu drehen. Immer unter den wachsamen Augen ihres jüngsten Onkels.

„Klar doch.“

Mit einundzwanzig verfügte Tom neben seiner Arbeit als Rettungssanitäter über genug Energie, um mit seiner Nichte herumzutoben, zu spielen und ihr so gut wie jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Wie alle in der Familie vergötterte er das Mädchen. Chloe wusste, dass sie großes Glück hatte. Sagte man nicht, es brauche ein Dorf, um ein Kind großzuziehen? Sie konnte gar nicht dankbar genug sein für die Unterstützung ihrer Mutter und Brüder. Und natürlich ihrer Freundinnen.

„Komm mit, Granny, guck mal, was ich schon kann!“

Lily hüpfte nach draußen, gefolgt von Susan und Tom, und Chloe blieb mit zwei ihrer besten Freundinnen zurück.

„Okay, wer trinkt zur Feier des Tages ein Glas Wein mit mir oder einen Gin Tonic? Du, Esther?“

„Wein, bitte“, antwortete Esther.

„Für mich nicht“, meinte Carly, die seit Kurzem schwanger war. „Aber zu einem zweiten Stück Torte sage ich nicht Nein.“

„Was würdest du dir wünschen, wenn heute dein Geburtstag wäre?“, fragte Esther, als Chloe mit der Weinflasche und zwei Gläsern zurückkam. Carly schnitt unterdessen noch mehr Kuchen ab. „Wie sieht dein Happy End aus?“

Chloe warf Esther einen Seitenblick zu. Sie waren befreundet, seit sie zusammen am Queen Victoria die Hebammen-Ausbildung gemacht hatten. Zusammen mit Isabella, der Vierten im Bunde, die zurzeit in Übersee lebte, waren sie sich so nahe, dass Chloe oft das Gefühl hatte, sie könnten gegenseitig Gedanken lesen. Aber Esther konnte doch bestimmt nicht ahnen, dass Chloe sich gerade ein anderes Leben gewünscht hatte!

„Ich bin schon glücklich“, entgegnete sie. Genau das sagte sie sich selbst auch oft. Schließlich war es allein ihre Entscheidung gewesen, ihr Kind zu bekommen, und sie bereute es nicht, auch wenn es seitdem nicht immer einfach gewesen war.

„Bist du auch zufrieden? Wie wäre es mit einem Traumprinzen, der auf seinem weißen Pferd in deine Welt geritten kommt?“

Das war das Problem. Seit sich Carly und Esther unsterblich verliebt hatten und bald heiraten würden, wollten sie das ganz große Glück auch für alle anderen. Aber ernsthafte Beziehungen waren nichts für Chloe. Ihrer Erfahrung nach endeten sie mit Kummer und Herzschmerz.

„Mir geht es gut, wirklich“, bekräftigte sie.

Ihr Alltag war ausgefüllt, sie war selten allein, und nur manchmal fühlte sie sich ein bisschen einsam. Ihre Tage verbrachte sie entweder im Queen Victoria Hospital in der Notaufnahme oder zu Hause bei ihrer Tochter.

Zu Hause war das Haus, in dem sie aufgewachsen war und in dem sie zusammen mit ihrer Mutter und ihrem jüngsten Bruder Tom wohnte. Obwohl sie es vorgehabt hatte, war sie nie ausgezogen. Die unerwartete Schwangerschaft warf all ihre Pläne über den Haufen, und nun lebte sie, drei Jahre später, immer noch in ihrem Elternhaus.

Was sich deprimierend anhörte, weil es so aussah, als wäre sie keinen Schritt weitergekommen und hätte nichts im Leben erreicht. Allerdings bezahlte sie Miete und beteiligte sich an den Lebenshaltungskosten. Damit war sie eher eine Mitbewohnerin als die Tochter, die ihrer Mutter noch mit knapp Ende zwanzig auf der Tasche lag. Außerdem verstand sie sich mit ihrer Mum wunderbar, und Lily tat es gut, Familie um sich zu haben. Sie liebte ihre Granny und ihre beiden Onkel heiß und innig. Chloe war froh darüber.

Aber sie konnte nicht leugnen, dass sie sich manchmal einen Mann an ihrer Seite wünschte, und ja, ihr fehlten Berührungen, Zärtlichkeit, Sex. Da sie jedoch einerseits von One-Night-Stands nichts hielt und es andererseits nicht für möglich hielt, dass Menschen in festen Beziehungen immer treu waren, blieb sie für sich. Es musste schon ein ganz besonderer Mann daherkommen, damit sie wieder an das Märchen vom Happy End glaubte. Wahrscheinlich hatte sie ihre Chance, den Richtigen zu finden, längst verpasst.

„Wann hattest du dein letztes Date?“, fühlte Esther ihr auf den Zahn.

„Ist schon eine Weile her.“

„Geht es etwas genauer?“ Carly lächelte.

„Im November.“

November? Wir haben März!“

„Ich weiß. Aber um Weihnachten herum sind alle beschäftigt, und mitten im Winter habe ich keine Lust, auszugehen.“

„Vielleicht solltest du Online-Dating versuchen“, schlug Carly vor. „Du fängst schon mal zu Hause an, dich umzusehen. Da kannst du die Speisekarte praktisch im Pyjama studieren.“

Diese Dating-Plattformen waren ihr nicht ganz geheuer. Chloe hatte schon zu viele üble Geschichten gehört. Sie wollte das erregende Knistern, wenn sie jemandem gegenüberstand, ihm in die Augen sah und seine Nähe spürte. So etwas gab es ja. Es war ihr schon einmal passiert. Auf keinen Fall wollte sie sich durch Webseiten scrollen, Männer begutachten, die ihre Profile frisierten und ihre Fotos mit Photoshop bearbeitet hatten. Und vor allem wollte sie sich nicht einer Masse anonymer Gesichter aussetzen. Abwehrend schüttelte sie den Kopf.

„Denk ruhig mal darüber nach, Chloe“, meinte Esther. „Ich würde mich irre freuen, wenn du jemanden zu meiner Hochzeit mitbringst.“

Ihre Freundin sagte es nicht zum ersten Mal, aber Chloe kannte niemanden, der dafür infrage kam.

„Vielleicht kennt Harry jemanden, den wir dir vorstellen können. Oder du lernst jemanden auf der Hochzeit kennen.“ Esther drehte sich zu Carly um. „Vielleicht hat Adem nette Freunde, die noch Single sind?“

Chloe überlief es kalt, als sie sich ausmalte, wie sie ständig mit alleinstehenden Männern bekanntgemacht wurde. „Ich weiß, ihr meint es gut, aber ich komme sehr gut allein zurecht. Wirklich.“

Ihre Freundinnen machten betretene Gesichter. „Entschuldige“, sagte Carly. „Du weißt, wir haben dich lieb und wollen nur, dass du glücklich bist.“

„Das bin ich doch“, betonte sie. „Bitte deutet weder bei Harry noch bei Adem irgendetwas in der Richtung an. Aber ich verspreche, euch Bescheid zu sagen, falls ich es mir anders überlege. Okay?“

Vielleicht sollte sie sich doch nach einer Begleitung umsehen. Als eine Art Schutzschild, um andere Männer abzuhalten. Leider hatte sie keine Ahnung, wo sie jemanden für diesen Zweck auftreiben sollte.

Chloe legte Lilys Lieblingsbuch auf den Nachttisch und schob sich langsam aus dem Bett, damit ihre Tochter ungestört weiterschlief. Sie deckte sie sorgsam zu und betrachtete sie.

Lily sah genauso aus wie sie damals mit drei Jahren. Dichte rotblonde Locken rahmten das runde Gesichtchen, freche Sommersprossen tanzten auf ihrer Nase, dunkle Pünktchen, die sich deutlich von der hellen Haut abhoben. Einen Arm hatte sie hinter den Kopf gelegt, und Chloe wusste, dass eine Schramme quer über den schmalen Ellbogen verlief und eine zweite am rechten Knie.

Liebevoll berührte sie die Lockenpracht. Sie selbst hatte ihr lockiges Haar gehasst, vor allem als Teenager. Sobald sie genug Taschengeld gespart hatte, kaufte sie sich ein Glätteisen und färbte sich die Haare blond. Doch sie liebte die rötliche Mähne ihrer kleinen Tochter.

Chloe färbte sich noch immer die Haare, benutzte das Glätteisen jedoch nur zu besonderen Anlässen. Krauses Haar zu glätten, brauchte Zeit, und den Luxus konnte sie sich nicht mehr leisten.

Der einzige Unterschied zu ihr im Alter von drei Jahren war die Augenfarbe. Chloes waren dunkelbraun, Lilys dagegen grau.

Sie suchte im Gesicht ihrer Tochter nach Ähnlichkeiten mit dem Mann, der sie gezeugt hatte. Lily musste etwas von ihm haben, aber je mehr Zeit verging, umso schwieriger fand sie es, sich an alle kleinen Details zu erinnern. Auf jeden Fall hatte Lily die grauen Augen ihres Vaters geerbt, doch im Schlaf waren sie geschlossen. Chloe fragte sich, ob Lily sich je gewünscht hatte, ihren Vater um sich zu haben. Fehlte er ihr? Sie wirkte glücklich, ein fröhliches, munteres Kind, das genug männliche Bezugspersonen hatte. Aber war es wirklich das Gleiche?

Nein, war es nicht, das wusste Chloe. Ihr Vater war gestorben, als sie sieben war, und ihre Mutter hatte sie und die Brüder allein großgezogen. Chloe liebte ihre Mum sehr und bewunderte sie dafür, wie sie ihren drei Kindern ein liebevolles Zuhause geschaffen hatte. Trotzdem hatte sie ihren Dad vermisst. Vielleicht fehlte Lily nichts, weil sie ihren nie kennengelernt hatte.

Das würde sich bestimmt ändern, wenn sie älter wurde.

Was wohl aus ihm geworden ist? Dem Mann, der ihr vor Jahren im australischen Outback das Herz gestohlen hatte. Wie oft hatte sie sich diese Frage schon gestellt?

Xander … Mit seinen blonden Haaren und dem breitschultrigen athletischen Körper hatte er ausgesehen wie ein nordischer Gott. Doch vom ersten Moment ihrer Begegnung an spürte sie eine leichte Melancholie an ihm, eine Verletztheit, wie sie Menschen ausstrahlten, die Schweres hinter sich hatten. Aber sie war überzeugt, dass sie damit zurechtkam. Damals arbeitete sie im Rahmen eines Austauschprogramms bei den Flying Doctors mit und hatte nichts gegen eine Urlaubsromanze.

Anfangs war alles in Ordnung gewesen. Sie war jung und ungebunden, und Xander hatte gerade einen Scheidungskrieg hinter sich. Ihre Affäre dauerte keine vier Wochen. Mehr Zeit blieb ihr in Australien nicht. Genug, um sich zu amüsieren, und zu wenig, um sich Liebeskummer einzuhandeln.

Am Ende des Monats fiel es ihr schwer, sich von ihm zu trennen, aber sie war überzeugt, ihn mit der Zeit zu vergessen. Eine Urlaubsaffäre war nicht für die Ewigkeit gedacht, und obwohl sie ihn vermisste, sagte sie sich, dass sie darüber hinwegkommen würde.

Sie wollte sich auf ihre Karriere konzentrieren, beim Luftrettungsdienst arbeiten und vielleicht gelegentlich an Xander Jameson denken. An die kurze leidenschaftliche Begegnung, die sie zwar genossen hatte, die aber nun der Vergangenheit angehörte.

Mit dem Gefühl der Leere, das an ihr nagte wie eine unerfüllte Sehnsucht, hatte sie allerdings nicht gerechnet. Auch nicht mit dem Schmerz, der sich anfühlte wie ein Klumpen Blei in der Brust. Chloe hatte noch nie ihr Herz verschenkt. Ihrer Erfahrung nach konnten Männer nicht treu bleiben, sodass sie immer auf der Hut war. Bei Xander versagte ihr Schutzmechanismus jedoch.

Natürlich hatte sie nicht vorgehabt, sich zu verlieben. Liebe war ein unzuverlässiges Gefühl, vor allem bei Männern nicht von Dauer. Die Ehe ihrer Eltern scheiterte an der Untreue ihres Vaters, und mit einundzwanzig wurde Chloes Eindruck bestätigt: Ihre halb ernsthafte Beziehung erlitt das gleiche Schicksal. Liebe, das bedeutete letztendlich nur Kummer. Leider bewahrte diese Erkenntnis sie nicht davor, dass es ihr auch passierte.

Mit Xander hatte sie nicht gerechnet.

Damit, dass sie schwanger wurde, auch nicht.

Chloe war schon einen Monat wieder in London gewesen, als sie es bemerkte. Wenigstens erklärte das ihre seltsamen, für sie so ungewöhnlichen Gefühle. Sie hatte sich nicht verliebt, sondern wurde von Hormonen geflutet, die ihre Emotionen auf den Kopf stellten.

Dazu gehörten die Träume, in denen sie sich trotz ihrer Vorbehalte ein märchenhaftes Happy End vorstellte.

Sie hatte versucht, Xander ausfindig zu machen. Schließlich konnte sie ihm nicht vorenthalten, dass er Vater wurde. Aber er war spurlos verschwunden. Während ihrer erfolglosen Suche stellte sie bald fest, wie wenig sie von ihm wusste. Er war in Adelaide, im Süden Australiens, aufgewachsen, in keinem der sozialen Medien aktiv, und seine Arbeitskollegen wollten oder konnten ihr keine Informationen geben. Ihre Briefe kamen ungeöffnet zurück. Der Mann schien wie vom Erdboden verschluckt.

Bis heute fragte sie sich, wie ihr Leben verlaufen wäre, wenn sie ihn gefunden hätte.

Wollte er überhaupt eine Familie?

Er hatte ihr erzählt, dass seine Ehe bitter geendet hatte, weil seine Frau sich Kinder wünschte. Obwohl er es nicht ausdrücklich sagte, nahm Chloe an, dass er keine wollte.

Vielleicht war es gut, dass sie ihn nicht wiedergesehen hatte. Sie konnte nicht wissen, wie er zu Lily stehen würde. Chloe allein hatte entschieden, ihr Kind zu bekommen, und die Träume vom Glück blieben, was sie waren: Träume.

Als Lily auf der Welt war, hatte sie keine Zeit mehr, ihre Nachforschungen fortzusetzen. Chloe verabschiedete sich endgültig von ihren Träumen und konzentrierte sich auf das Naheliegende und Wichtigste in ihrem Leben: ihre Tochter großzuziehen.

Dennoch vergaß sie ihn nie.

Sie seufzte.

Wie könnte sie auch, wurde sie doch Tag für Tag an ihn erinnert? Jedes Mal, wenn sie ihrer Tochter in die Augen blickte.

Ja, sie hatte versucht, ihn zu vergessen und sich zu sagen, dass sie nicht in ihn verliebt gewesen war. Die große Liebe, die ein Leben lang hielt, die gab es für sie nicht. Das hatte die Episode mit Xander nur bestätigt.

Sie hatte ihre Tochter, ihr geliebtes Wunder, ihre kostbare kleine Lily. Das musste genügen.

Chloe ließ das Nachtlicht an und die Tür einen Spalt offen und schlüpfte aus dem Zimmer. Ihre Gedanken kreisten immer noch um die Vergangenheit. Hätte sie sich die Folgen ihrer Affäre deutlich bewusst gemacht, wäre sie dann vorsichtiger gewesen?

Sie liebte ihr Kind und bereute es nicht, sich für das Baby und ein Leben als alleinerziehende Mutter entschieden zu haben. Im Grunde hatte sie keine Sekunde gezögert. Ihre Mum hatte ohne große Unterstützung drei Kinder großgezogen, was war dagegen ein einziges?

Was wäre gewesen, wenn … Dass sie sich das in letzter Zeit öfter fragte, hatte vielleicht damit zu tun, dass ihre besten Freundinnen dem Traummann begegnet waren und bald glücklich verheiratet sein würden. Chloe überlegte, ob sie tatsächlich wieder mehr ausgehen, sich nicht nur den gelegentlichen Drink oder ein Dinner mit Carly und Esther gönnen sollte. Nichts Ernstes, natürlich. Sie und Lily kamen sehr gut allein zurecht. Außerdem blieb sie lieber allein, als sich mit jemandem einzulassen, der nicht perfekt zu ihr passte. Und zu Lily.

Wieder fragte sie sich, ob Xander dieser Mann gewesen wäre.

Seit Lily auf der Welt war, hatte sie ein paar Dates gehabt, doch keiner der Männer konnte sich mit Xander vergleichen. Sicher, im Lauf der Zeit verklärten sich Erinnerungen. Und auch, wenn sie sich nur an das Gute erinnerte, sah sie ihn im Nachhinein bestimmt durch eine rosarote Brille. Kein Mensch war vollkommen. Vier Wochen reichten eben nicht, um am anderen die weniger sympathischen Seiten zu entdecken.

Aber wenn sie ihn gefunden hätte?

Wo würden sie heute stehen?

Chloe schüttelte den Kopf. Was wäre gewesen, wenn …? Solche Fragen brachten sie nicht weiter. Damit konnte niemand zufrieden leben. Die Chemie zwischen Xander und ihr hatte zwar gestimmt, knisternd und funkelnd, aber wer sagte, dass es für eine lange, glückliche Beziehung gereicht hätte?

Sicher gab es eine einfache Erklärung dafür, dass Xander wie vom Erdboden verschluckt schien. Welcher Grund auch immer dahintersteckte, inzwischen waren vier Jahre vergangen, sie war immer noch Single und Lily ohne Vater.

Sollte sie wirklich zulassen, dass ihre Freundinnen ihr ein Date verschafften? Die Frage spukte ihr immer wieder im Kopf herum, so auch jetzt, während sie durch die Notaufnahme eilte, um einen Infusionsbeutel mit Kochsalzlösung zu holen.

Die Vorstellung hatte etwas, aber die Umsetzung könnte schwierig werden. An den meisten Tagen, nachdem sie nach einem langen Dienst zu einem lebhaften Kleinkind nach Hause kam, konnte sie sich kaum aufraffen, die Hausarbeit zu erledigen. Woher sollte sie die Energie nehmen, sich für ein Date zurechtzumachen?

Chloe kehrte zu ihrer Patientin in die Untersuchungskabine zurück und schob jeden Gedanken an Dating beiseite.

„Gleich werden Sie sich besser fühlen, Penny“, versprach sie und hängte den Beutel an den Infusionsständer.

„Können Sie mir noch mal erklären, was der Doktor gemeint hat?“

„Er hat bei Ihnen eine Hyperemesis gravidarum festgestellt.“ Chloe vermerkte die Infusion auf der Patientenkarte. „Das ist der medizinische Ausdruck für schwere Morgenübelkeit, die Sie leider nicht nur morgens befällt. Ich weiß, Sie fühlen sich schrecklich elend, aber der Zustand ist nicht lebensbedrohlich und wird vorübergehen.“

„Wann?“

„Normalerweise ab der zweiten Schwangerschaftshälfte.“

„Das sind noch drei Monate!“ Penny stöhnte auf, griff hastig nach der Schüssel und erbrach sich wieder. Stark dehydriert war sie am späten Nachmittag eingeliefert worden, nachdem sie sich praktisch den ganzen Tag lang übergeben hatte.

Chloe hielt ihr die Haare aus dem Gesicht, nahm ihr schließlich die Schale ab und reichte ihr ein feuchtes kühles Tuch.

„Kann ich etwas tun, damit es aufhört?“, fragte Penny matt.

„Manchen Schwangeren hilft es, wenn sie flüssige statt fester Nahrung zu sich nehmen. Also Shakes und Smoothies zum Beispiel oder eine protein- und kohlenhydratreiche Ernährung, bei der auf Fett möglichst verzichtet wird. Ingwer und Vitamin B6 haben auch schon geholfen.“

„Schadet es dem Baby, wenn ich ständig spucken muss?“

„Das Erbrechen selbst nicht. Wenn Sie jedoch keine Nahrung bei sich behalten, werden Sie und auch Ihr Kind nicht ausreichend versorgt. Mitunter nehmen die Babys nicht genug zu und kommen mit einem geringeren Geburtsgewicht zur Welt. Deshalb ist es wichtig, dass Sie gut auf sich achten.“

Chloe wollte Penny keine Angst machen, sie aber dazu bewegen, ihren Zustand nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. „Viele werdende Mütter mit ähnlichen Symptomen kommen regelmäßig zur Infusionstherapie, um einer Dehydratation vorzubeugen. Manche nehmen auch Medikamente dagegen, und einige lassen sich – auch wenn es selten vorkommt – stationär aufnehmen. Hier im Krankenhaus gibt es eine Anlaufstelle für Frühschwangere, die täglich während der Bürozeiten geöffnet ist. Dorthin können Sie sich wenden, wenn Sie sich unwohl fühlen. Sie werden schneller behandelt als in der Notaufnahme und können sich außerdem nicht so leicht irgendwelche Krankheitserreger einfangen, die hier vermehrt herumschwirren. Vielleicht lassen Sie sich morgen oder übermorgen beraten, wie Sie am besten mit der Situation umgehen können.“

Chloe fischte einen Notizblock aus ihrer Kitteltasche und schrieb Telefonnummer und weitere Informationen auf, zusammen mit dem wissenschaftlichen Ausdruck für Pennys Zustand. Gerade, als sie den Zettel in Pennys Tasche schob, streckte die Stationsleiterin den Kopf ins Zimmer.

„Chloe? Die Luftrettung hat eine Hebamme angefordert. Fliegst du mit?“, fragte Shirley. „Ich sorge dafür, dass sich um deine Patientin jemand kümmert.“

Chloe nickte. „Pennys Notizen sind auf dem neuesten Stand. Für den Moment ist sie versorgt.“

Sie gehörte zu den drei Hebammen, die dem Air Ambulance Service bei Bedarf zur Verfügung standen. Der Luftrettungsdienst war im obersten Stock des Queen Victoria untergebracht. Chloe liebte diesen Job und hätte ihn am liebsten in Vollzeit ausgeübt, aber dann hätte sie nur noch als Krankenschwester arbeiten können. Da sie den Hebammenberuf nicht aufgeben wollte, fand sie auf diese Weise einen Kompromiss. Das Beste aus zwei Welten, so fühlte es sich für sie an.

Rasch warf sie ihre Einmalhandschuhe in den Abfallbehälter und eilte zum Fahrstuhl, um keine Zeit zu verlieren. Der streng festgelegte Ablauf schrieb vor, dass die Crew innerhalb von vier Minuten nach Eingang des Notrufs abheben musste.

Eine Etage vor dem Dach mit dem Helikopterlandepunkt stieg sie aus und schlüpfte in den orangefarbenen Overall, den man ihr reichte. Chloe zog den Reißverschluss zu, rannte die letzten Stufen hinauf und joggte zum Hubschrauber, dessen Rotoren sich bereits knatternd drehten. Instinktiv duckte sie sich, obwohl sie nicht groß genug war, um von den wirbelnden Blättern erfasst zu werden, kletterte in die Maschine und auf ihren Sitz. Neil, einer der beiden Feuerwehrleute auf dem Landeplatz, schob die Tür hinter ihr zu.

Chloe hakte einen der Helme ab, die über ihrem Kopf hingen. Sie zog das Gummiband, mit dem sie ihre schwer zu bändigenden Locken zusammenhielt, etwas tiefer, um ihn aufsetzen zu können. Ihr gegenüber saß Rick, einer der Sanitäter.

Ihr letzter Einsatz war über einen Monat her, und sie verspürte die vertraute Mischung aus Nervosität und Erwartung, während sie den Helmgurt schloss und nach ihrem Sicherheitsgeschirr griff. Sie beeilte sich, ohne sich die Zeit zu nehmen, zu dem Sitz zu blicken, wo der Notarzt saß. Der Pilot wartete darauf, dass auch sie startklar war.

„Chloe, das ist Dr. Alexander Jameson.“ Sie schob gerade einen Arm in das Gurtsystem, als Rick ihr den neuen Arzt vorstellte. „Er vertritt Eloise, die nach ihrer Knie-OP buchstäblich für eine Weile lahmgelegt ist.“

Ein feines Prickeln rann ihr über den Rücken, und ihr Puls jagte in die Höhe. Du hast dich verhört, ganz bestimmt! Warum sollte ausgerechnet Xander mit ihr in diesem Hubschrauber sitzen? Chloe hielt den Kopf gesenkt, beschäftigte sich länger als sonst mit ihren Gurten.

„Er kommt gerade aus Wales.“

Erleichtert atmete sie aus. Der Mann war Waliser, kein Australier. Also war er’s nicht.

Doch als sie schließlich aufsah, blickte sie in sehr vertraute graue Augen.

Er war’s.

Xander.

Ihre Sicht verschwamm, als hätte sich ihre Umgebung ruckartig verschoben. Chloe kniff die Augen zusammen, aber es half nichts. Als sie sie öffnete, sah Xander sie direkt an.

Er hielt ihren Blick fest, die Welt hörte auf, sich zu drehen, und als Nächstes strömte ihr die Luft aus den Lungen, als hätte jemand sie in den Magen geboxt.

Sie starrte ihn an. Starrte auf den Helm, das markante Gesicht mit den hohen Wangenknochen. Auf seine vollen Lippen, den dunklen Bartschatten auf Kinn und Wangen, die gerunzelte Stirn. Chloe erinnerte sich an diesen Gesichtsausdruck. Xander wirkte oft ernst, als hätte er die Last der Welt auf den Schultern.

Am liebsten hätte sie die Hand ausgestreckt, ihn berührt, um die Stirnfalten zu glätten.

In seinen grauen Augen, von dichten dunkelblonden Wimpern gerahmt, lag immer noch ein Hauch Melancholie. Sein eindringlicher Blick schien ihr bis in die Seele zu dringen.

Wie hatte sie vergessen können, wie atemberaubend dieser Mann war?

Schlagartig war die Erinnerung da: an einen heißen Tag im australischen Outback, als sie Xander zum ersten Mal begegnete. Die Wirkung war heute nicht anders als damals. Sie hielt den Atem an. Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen. Sie konnte nicht aufhören, ihn anzustarren. Vor fast vier Jahren war sie beim ersten Blick hin und weg gewesen, und sie spürte, dass es ihr jetzt wieder passierte.

Wie hatte sie vergessen können, wie heftig ihre Gefühle für ihn gewesen waren?

Chloe wurde leicht schwindlig, und sie war froh, dass sie bereits saß.

Monatelang hatte sie versucht, ihn ausfindig zu machen. Monatelang Angst um ihn gehabt, sich vorgestellt, was ihm alles zugestoßen sein könnte. Und plötzlich war er da, sichtlich fit und kerngesund, in ihrem Rettungshubschrauber.

2. KAPITEL

„Xander, Chloe ist eine unserer Notfall-Hebammen.“ Rick war noch dabei, sie einander vorzustellen, als würden sie sich nicht kennen. Als wäre Chloes Welt nicht gerade aus den Angeln gekippt.

Ihr Herz raste, ihre Hände zitterten. Sie verschränkte sie auf dem Schoß und hoffte, dass keiner der Männer ihre Reaktion bemerkt hatte.

„Chloe.“ Er nickte ihr zu. Knapp, kaum merklich.

Xander zeigte zwar, dass er sie kannte, aber er wirkte nicht besonders begeistert. Mit keinem Wort, mit keiner Geste verriet er, was in ihm vorging. Chloe tröstete sich damit, dass für eine persönliche Unterhaltung weder Zeit noch Ort stimmten.

Ob er erwartete, dass sie irgendwann richtig miteinander redeten?

Wahrscheinlich hatte er in den vier Jahren nicht einen einzigen Gedanken an sie verschwendet. Und sicherlich ahnte er nicht, dass sie täglich an ihn dachte. Woher sollte er auch wissen, wie stark er ihr Leben verändert hatte?

Sie betrachtete ihn flüchtig, versuchte, ihn nicht wieder anzustarren. Der orangefarbene Overall, Berufskleidung des Luftrettungspersonals, gehörte nicht zu den schmeichelhaften Kleidungsstücken. Doch bei ihm, groß und athletisch gebaut, wurde er zum Hingucker. Ihr fiel auch die leichte Sonnenbräune auf. Die hatte er sich doch bestimmt nicht in Wales geholt, oder? Er hatte noch immer die breiten Schultern, die langen, schlanken Beine, schien aber dünner geworden zu sein. Chloe fragte sich, ob seine Haare, unter dem Helm verborgen, immer noch so blond und dicht waren, wie sie sie in Erinnerung hatte.

Bevor die Erinnerungen an ihre gemeinsame Zeit sie überrollen konnten, schob Chloe sie entschlossen beiseite. Sie konnte es sich nicht leisten, in der Vergangenheit zu versinken. Sie war unterwegs zu einem Notfall, musste sich auf ihre Arbeit konzentrieren.

Ich kann professionell sein, sagte sie sich fest. Ich bin professionell.

Sie wandte sich Rick zu. „Was liegt an?“

„Stichverletzung. Häusliche Auseinandersetzung. Die Patientin ist dreißig Jahre alt, in der 38. Woche ihrer vierten Schwangerschaft. Notfallsanitäter sind vor Ort. Sowohl die Frau als auch ihr Partner werden medizinisch behandelt. Die Wehen haben eingesetzt.“

Chloe verarbeitete die kargen Informationen. Einzelheiten zum Auftrag wurden normalerweise vom Co-Piloten Jeff weitergegeben, meistens nur das Nötigste. Sie wusste, dass der Job knifflig war, doch die Luftrettung rückte nur zu komplizierten Fällen aus. Von den Erstversorgern vor Ort würden sie mehr erfahren.

Aus reiner Gewohnheit checkte sie die Vorräte in den Sitztaschen. Sie spürte Xanders Blick, wagte es jedoch nicht, ihn anzusehen. Die Ausrüstung zu überprüfen, half ihr, die bebenden Hände zu beschäftigen und ruhiger zu werden.

Trotzdem ließen sich die Gedanken nicht so schnell einsperren. Was denkt er? Wo ist er gewesen? Wie geht es ihm? Hat er jemals an mich gedacht? Und was bedeutete seine Ankunft für sie? Für sie beide? Für Lily?

Der Hubschrauber schwenkte nach links, und Chloe wusste, dass sie ihr Ziel fast erreicht hatten. Jeff hielt nach einem sicheren Landeplatz Ausschau.

Das Haus war sofort zu erkennen. Chloe sah einen Krankenwagen, Streifenwagen und Polizeibus davor stehen.

Simon landete den Heli schließlich auf einer freien Fläche, einem ungenutzten Tennisplatz. Ein paar Kinder rannten auf den Bürgersteig, als der Hubschrauber mit dröhnenden Rotoren Richtung Boden sank, blieben jedoch dort stehen und verfolgten mit großen Augen und offenem Mund, was sich vor ihnen abspielte.

Noch bevor die Kufen Bodenkontakt hatten, riss Rick die Tür auf. Chloe griff nach einem der Notfallrucksäcke, nur um festzustellen, dass Xander die Hand nach demselben ausgestreckt hatte. Kaum spürte sie seine warmen Finger auf ihren, zuckte sie zurück, als hätte sie sich verbrannt. Flammen leckten über ihre Haut, ihr blieb kurz der Atem weg, und hastig, ohne den Blick zu heben, schnappte sie sich einen anderen Rucksack.

Chloe marschierte los, um Abstand zwischen ihn und sich zu bringen. Sie musste sich wieder fangen, und das gelang ihr besser, wenn sie ihn nicht vor Augen hatte.

Zwei Polizisten kamen aus dem Haus, zwischen ihnen ein Mann in Handschellen. Der Ehemann? Die Beamten setzten ihn in den Van und schlugen die Tür hinter ihm zu. Chloe sah flüchtig hinüber, bevor sie Rick ins Haus folgte.

Ein zweigeschossiges Haus, baugleich mit einigen anderen in dieser Straße, mit einem kleinen Vorgarten zwischen Bürgersteig und Eingang. Ein paar Stufen führten zur Tür hinauf. Chloe kannte den Grundriss, weil sie schon in vielen solcher Einfamilienhäuser gewesen war. Von außen betrachtet, deutete nichts auf das hin, was sich hier hinter verschlossenen Türen abspielte. Eine harmlose Fassade, die häusliche Gewalt verbarg.

Hinter der Haustür erstreckte sich ein schmaler Flur, rechts führte eine Treppe nach oben, links im Wohnzimmer war niemand. Über Ricks Schulter konnte Chloe am Ende des Flurs in die Küche sehen. Die Luftrettungscrew drängte sich in den kleinen Raum.

Auf dem Fußboden lag eine Frau, schwer atmend, leichenblass. Ihre Bluse war zerrissen und blutverschmiert, auf dem Linoleum sammelte sich eine Blutlache. Zwei Sanitäter, eine Frau und ein Mann, knieten rechts und links von ihr, und die Sanitäterin sah flüchtig auf, als das Team hereinkam.

„Das ist Shania. Stichverletzung der rechten Brust.“ Sie fuhr fort, die Verletzung zu versorgen. „Wir konnten gerade erst zu ihr. Wir mussten warten, bis die Polizei ihren Mann in Gewahrsam genommen hat.“

„Sie sagt, sie bekommt kaum Luft“, berichtete der Sanitäter, während er das Stethoskop von der Brust der Frau hob. „Sie ist hypoxisch, Atemgeräusche fehlen. Erhöhte Herzfrequenz, Schmerzen in der Brust. Ich vermute einen Spannungspneumothorax.“

Die Overalls trugen Kennzeichnungen mit den Funktionen des jeweiligen Teammitglieds. Die Sanitäterin griff mit der freien Hand in die Tasche, die neben ihr stand, und reichte jedem von ihnen Handschuhe und Xander ein Stethoskop.

„Sie ist in der 38. Woche schwanger. Viertes Kind“, wiederholte ihr Kollege die Informationen, die der Hubschrauber-Crew bereits übermittelt worden waren. „Die Wehen haben eingesetzt, aber wir hatten noch keine Zeit, uns darum zu kümmern.“

Xander kniete sich neben die Frau, legte die Membran auf ihre Brust und lauschte. Chloe überließ ihm gern den Vortritt. Es hatte wenig Sinn, sie zu ihren Wehen zu befragen, bevor die Brustwunde nicht behandelt worden war. In ihrer Atemnot würde sie nicht reden wollen. Dass die Geburt eingesetzt hatte, war nicht oberste Priorität, ein Spannungspneumothorax dagegen lebensbedrohlich.

Xander hob den Kopf. „Ich brauche eine großlumige Kanüle, 14 G.“

Die Sanitäterin reichte ihm den Angiocath, die Spezialkanüle zur Thoraxpunktion, und einen Alkoholtupfer. Xander desinfizierte die Haut über den Rippen, und Chloe beobachtete, wie er mit seinen schlanken Fingern den Intercostalbereich ertastete, um die richtige Punktionsstelle zu finden. Ihr Blick fiel auf sein dichtes blondes Haar, während er sich über die Patientin beugte, und den entblößten Nacken mit der glatten sonnengebräunten Haut.

Xander sprach mit der Frau, erklärte ihr, was er vorhatte.

Er ging ruhig und methodisch vor, arbeitete schnell, aber geschickt. Keine Panik, keine hektischen Bewegungen, nichts, was die Frau, die bereits am Limit war, ängstigen oder aufregen könnte.

Chloe betrachtete sein Profil, das kantige Kinn, den Bartschatten, die scharf gezeichneten Wangenknochen, die wohlgeformten, am Kopf anliegenden Ohren. Sie erinnerte sich, wie viel sie von ihm gelernt hatte, als sie in Australien zusammengearbeitet hatten. Seine Gelassenheit, seine Erfahrung, die Geduld und zuwendende Art bei Patienten fand sie besonders sympathisch, aber zuvor hatte sie etwas anderes an ihm angezogen. Bei ihrer ersten Begegnung wusste sie nicht einmal, dass er Arzt war, geschweige denn, dass sie mit ihm arbeiten würde. Es passierte wie in einem Liebesroman: In einem Raum voller Menschen trafen sich ihre Blicke, und um Chloe war es geschehen.

Sie blinzelte und holte tief Luft, um sich auf die Gegenwart zu konzentrieren. Es gab Wichtigeres, als sich in Gedanken an damals zu verlieren. Das mit Xander und ihr, das war lange vorbei. Die sorglose, unabhängige junge Frau, die sie gewesen war, gab es nicht mehr. Heute trug sie eine große Verantwortung – für ihren Job, ihre Tochter. Sie durfte nicht zulassen, dass ihre Hormone den Takt vorgaben.

Also musste sie ignorieren, dass Xander nur wenige Zentimeter entfernt von ihr kniete. Musste der Verlockung widerstehen, seinen Nacken zu berühren, die warme Haut unter ihren Fingern zu spüren. Sich sagen, dass er ein Kollege war wie jeder andere auch. Nicht der Mann, der die Liebe ihres Lebens hätte sein können.

Xander hatte den Punkt zwischen den Rippen gefunden, und Chloe sah zu, wie er die Kanüle durch die Haut stach. Alle hörten deutlich, wie die Luft aus dem Pleuraspalt in der Brusthöhle entwich. Wenige Sekunden später entfernte Xander die Nadel, beließ den Plastikschlauch jedoch in der Öffnung und kontrollierte die Vitalzeichen. Die Sauerstoffsättigung hatte sich signifikant verbessert. Xander horchte die Brust nach Atemgeräuschen ab und ließ sich von Rick ein spezielles Thoraxverschlusspflaster geben, das er auf den Brustkorb klebte.

Die beiden Männer arbeiteten zügig Hand in Hand, legten einen intravenösen Zugang, über den sie ein Schmerzmittel zuführten, und versorgten Shania mit einer Sauerstoffmaske. Die ganze Zeit erklärte Xander der Patientin mit ruhiger Stimme, was sie machten.

Chloes Hilfe brauchten sie nicht, sodass sie sich alles zurechtlegte, was sie für eine eventuelle Entbindung brauchte. Chloe beschäftigte sich, um sich nicht mit Xander zu beschäftigen …

„Shania, wie fühlen Sie sich jetzt?“, fragte er. „Haben Sie noch Schmerzen? Wenn ja, können Sie mir sagen, wo genau?“

„Au!“ Shania presste beide Hände auf den Magen, und mit geübtem Auge erkannte Chloe das typische Anzeichen einer Kontraktion auf der gewölbten Bauchdecke. Seit Shania besser Luft bekam und Xander die Schmerzen in der Brust erfolgreich behandelt hatte, nahm sie ihre Wehen wieder deutlicher wahr.

Xander suchte Chloes Blick und lächelte. Flüchtig nur, aber es drückte eine Verbundenheit in der gemeinsamen Behandlung der Patientin aus. Bei Chloe bewirkte es jedoch mehr als das. Schon mit seiner stets grüblerischen Miene fand sie ihn umwerfend attraktiv, doch wenn er lächelte, ging eine faszinierende Wandlung mit ihm vor. Die Schatten in seinen grauen Augen verschwanden, und es war, als käme nach einem langen Winter die Sonne hervor. Ein Lächeln von ihm, und Chloes Welt leuchtete heller.

Fast vier Jahre war es her, dass sie ihn hatte lächeln sehen, und genau wie damals nahm es ihr den Atem.

„Sieht so aus, als wärst du dran“, sagte er, während er aufstand, um mit ihr den Platz zu tauschen.

In dem beengten Raum spürte sie seine Nähe noch deutlicher. Chloe musste sich an ihm vorbeizwängen, um zu ihrer Patientin zu kommen. Sie atmete tief durch und kniete sich neben sie.

„Shania, ich bin Chloe, Hebamme. Lassen Sie uns mal sehen, wie es Ihrem Baby geht, ja?“ Sie wand einen Herztonschreiber um Shanias Bauch und wartete besorgt auf die Messwerte. Hoffentlich lagen sie zwischen 110 und 160 Schlägen pro Minute!

102 …

„Wir müssen Sie ins Krankenhaus bringen, Shania.“ Dem Baby ging es nicht gut, und Chloe befürchtete einen folgenschweren Sauerstoffmangel, bedingt durch die Verletzungen der Mutter.

„Ich gehe nicht ins Krankenhaus“, protestierte Shania.

„Das muss sein“, sagte Chloe sanft. „Sie sind verletzt, und Sie bekommen ein Baby. Zu Ihrer und zur Sicherheit Ihres Kindes sollten wir nicht länger warten.“

„Und wer passt auf meine Kinder auf?“ Sie stöhnte leise, als die nächste Wehe kam.

„Wo sind sie?“, fragte Xander.

„Bei einer Nachbarin.“ Die Polizistin stand in einer Ecke der Küche, und Chloe hatte sie erst wahrgenommen, als sie Xanders Frage beantwortete.

Der blickte zu ihr hinüber. „Können Sie nachfragen, ob sie dort noch eine Weile bleiben können?“

Die Frau nickte und verließ den Raum. Chloe bedeutete Rick mit dem Kopf, dass er ihr folgen sollte. Sie brauchten die Rolltrage.

Über die Schwangere gebeugt, setzte sie ihre Untersuchung fort. „Ich möchte nachsehen, wie weit die Geburt fortgeschritten ist“, erklärte sie. Die Abstände zwischen den Wehen waren kurz, nicht einmal eine Minute, und Chloes Besorgnis wuchs. Sie sah auf. „Ich glaube, wir gehen nirgendwohin“, sagte sie zu Xander. „Der Muttermund ist vollständig eröffnet.“

Schon war das Köpfchen zu sehen. Chloe konnte nichts tun, um die Entbindung hinauszuzögern. Das Kleine wollte auf die Welt, ob sie nun bereit waren oder nicht.

„Ich muss pressen!“, schrie Shania auf.

„Okay, Shania, wir sind so weit, wenn Sie es sind.“ Das Schmerzmittel, das Xander über den Venenzugang spritzte, würde sie beruhigen, machte es ihr aber nicht unmöglich zu pressen.

Mit der nächsten Presswehe half Chloe dem Köpfchen heraus. „Gut gemacht, Shania. Holen Sie tief Luft“, empfahl sie, während sie nach der Nabelschnur tastete. Alles schien normal. „Warten Sie auf die nächste Kontraktion, und dann pressen Sie wieder.“

Bald darauf rutschte das Baby heraus. Ein Mädchen. Doch es gab keinen Laut von sich und regte sich nicht. Chloe war sich nicht einmal sicher, ob es überhaupt atmete. Rasch rieb sie den Säugling kräftig mit einem weichen Tuch ab, bis sie endlich mit einem gedämpften Schrei belohnt wurde.

„Gratuliere, Shania. Sie haben eine Tochter.“

Chloe klemmte die Nabelschnur ab und durchtrennte sie, machte dann einen schnellen Apgar-Test. Babys Händchen und Füßchen waren blau, seine Atmung flach, aber der Apgar-Wert lag bei acht von zehn Punkten, was unter den gegebenen Umständen hervorragend war.

Um es warm zu halten, wickelte Chloe das Neugeborene in ein Tuch und setzte ihm ein Mützchen auf. „Haben Sie schon einen Namen?“, fragte sie, als sie sie Shania reichte.

„Tonya.“ Verzückt betrachtete sie ihre Tochter. Für den Moment waren sämtliche Schmerzen vergessen.

Chloe kümmerte sich um die Nachgeburt, und Rick erschien mit der Trage. Hinter ihm betrat die Polizistin die Küche. Sichtlich überrascht sah sie auf das Baby. Niemand hatte mit dieser überstürzten Geburt gerechnet.

„Shania, Ihre Nachbarin hat nichts dagegen, auf Ihre Kinder aufzupassen, während Sie im Krankenhaus sind“, sagte sie zu der Patientin.

Diese war zu müde, um zu widersprechen, als Chloe ihr das Baby abnahm und Rick und Xander sie auf die Rollliege hoben.

Ein weiterer Test ergab, dass der Apgar-Wert um einen Punkt gestiegen war. Trotz der dramatischen Umstände ging es dem Baby erstaunlich gut. Chloe trug Tonya zum Hubschrauber und hielt sie, während Shania eingeladen wurde. Rick verband sie mit den Überwachungsgeräten, und sobald er sein Okay gegeben hatte, hob die Maschine ab.

„Die Polizei bat mich, Ihnen auszurichten, dass Sie Bericht erstatten sollten“, sagte Xander zu Shania. „Sie möchte wissen, ob Sie Anzeige erstatten wollen.“

„Nein.“

Ungläubig sah Xander sie an. „Warum nicht?“

„Wenn ich im Krankenhaus bin, brauche ich Greg, damit er sich um die anderen Kinder kümmert. Sie werden ihn dabehalten, bis er wieder nüchtern ist, und dann lassen Sie ihn laufen. Ich hoffe nur, dass er nach Hause geht und nicht in den nächsten Pub.“

„Greg wurde festgenommen. Ich glaube nicht, dass er so bald nach Hause kommt.“ Xander sprach betont langsam, als hätte er den Eindruck, dass Shania die Lage nicht richtig erfasste. „War er Ihnen gegenüber schon einmal gewalttätig?“

„Es ist meine Schuld“, antwortete sie rasch.

„Wie meinen Sie das?“, hakte er nach.

„Ich wollte zu meiner Nachbarin nebenan, sie bitten, mich ins Krankenhaus zu fahren, weil Greg getrunken hatte. Greg wurde wütend. Die Nachbarn sollten nicht wissen, in welchem Zustand er war. Er bestand darauf, mich hinzubringen. Aber er war wirklich nicht mehr in der Lage, Auto zu fahren. Als ich versuchte, das Haus zu verlassen, versperrte er mir den Weg. Ich schnappte mir ein Küchenmesser und verlangte, dass er mich gehen ließ. Aber er nahm es mir ab, und als mich an ihm vorbeidrängen wollte, erwischte mich das Messer. Ich hätte es gar nicht erst in die Hand nehmen sollen. Dann wäre das alles nicht passiert.“

„Shania, nicht das Messer hat Sie erwischt, sondern Ihr Mann hat Ihnen diese Stichwunde beigebracht. Das ist nicht okay.“

„Haben Sie Kinder?“

Mit dieser Frage hätte Chloe rechnen müssen. Fast jede ihrer werdenden Mütter fragte sie danach. Aber sie war nicht darauf vorbereitet, sie in Xanders Gegenwart beantworten zu müssen. Ihr Herz schlug schneller, doch zum Glück brauchte sie nicht zu reagieren, da Shania nicht sie, sondern Xander gefragt hatte.

Der schüttelte den Kopf. „Nein.“ Er wandte den Blick ab.

Damals hatte er keine Kinder gewollt. War das heute anders? Würde er Lily wollen?

„Ich habe drei“, sagte Shania. „Jetzt vier. Ich arbeite nicht. Wohin soll ich gehen?“

Xander sah auf, und Chloe übernahm. Bestimmt hätte er Shania gern einen Rat gegeben, aber wahrscheinlich war er nicht sicher, wie solche Fälle in England gehandhabt wurden.

„Da gibt es Möglichkeiten“, betonte sie. „Ich könnte dafür sorgen, dass eine Sozialarbeiterin Sie besucht. Besprechen Sie mit ihr, was Sie tun können.“ Der Prozess gestaltete sich oft schwierig. Viele Mütter, die unter häuslicher Gewalt litten, hielten lieber still, als ihren Kindern Veränderungen zuzumuten. Ein paradoxes, für Außenstehende nicht leicht nachvollziehbares Verhalten.

Chloe war froh, dass ihre Patientin kaum merklich nickte. Da kam auch schon das große rote H des Landepunkts in Sicht.

Auf dem Krankenhausdach warteten bereits chirurgische und neonatologische Teams, um Mutter und Kind in Empfang zu nehmen. Chloe verlor Xander aus den Augen, als sie die kleine Tonya auf die Säuglingsstation begleitete.

Den Rest ihres Dienstes verbrachte sie wie auf glühenden Kohlen, weil sie ständig erwartete, dass Xander in der Notaufnahme auftauchte. Inzwischen musste er längst Dienstschluss haben. Der Hubschrauber wurde nur bei Tageslicht eingesetzt, und inzwischen war es draußen stockdunkel. Sobald der Heli stillstand, übernahmen die Teams in den Krankenwagen, wenn ein Notfall gemeldet wurde, und Xander konnte nach Hause gehen. Falls er also in die Notaufnahme kam, dann nur aus einem Grund: ihretwegen.

Einerseits erleichtert, andererseits enttäuscht, beendete sie schließlich ihren Dienst, ohne dass Xander sich hatte blicken lassen.

Xander saß an der Bar und genoss seinen Drink, während er über die Ereignisse des Tages nachdachte. Oder vielmehr das Ereignis des Tages. Chloe unerwartet wiederzusehen, war wie ein Blitz aus heiterem Himmel gewesen und hatte tief vergrabene Erinnerungen geweckt. So tief, dass er nicht einmal in Betracht gezogen hatte, er könnte ihr in London über den Weg laufen.

Aber wäre das wirklich so abwegig gewesen?

Schließlich hatten sie sich kennengelernt, als sie in seiner Heimat an einem Praktikum bei den Flying Doctors teilnahm. Die Londoner Luftrettung war nichts anderes als das britische Äquivalent der Australier. Hätte er sich nicht denken können, dass sie dort arbeitete? Schon möglich. Oder hatte er einfach nicht zu hoffen gewagt, dass er sie wiedersehen würde?

Und dann stieg sie in seinen Rettungshubschrauber.

Fast vier Jahre waren seitdem vergangen, aber sie hatte sich kaum verändert. Gut, sie war nicht mehr so dünn wie damals, doch die zusätzlichen Pfunde standen ihr. Sie sah immer noch jung aus – da sie sieben Jahre jünger war als er, müsste sie jetzt siebenundzwanzig sein –, aber sie wirkte reifer, sowohl im Aussehen als auch im Auftreten. Chloe strahlte eine Selbstsicherheit aus, die auf Kompetenz und Erfahrung beruhte.

Xander schloss die Augen, sah sie vor sich. Die dichten blonden Locken, die sie heute zu einem Pferdeschwanz gebunden trug. Wieder spürte er sie seidenweich zwischen den Fingern, spürte, wie die langen Haare seine nackte Brust bedeckten. Er erinnerte sich, wie es sich angefühlt hatte, Chloe in den Armen zu halten, erinnerte sich an ihre glatte Haut, die weichen Lippen und den Duft nach Sonnenschein und Shampoo in ihrem Haar.

Sie war eine gute Ablenkung gewesen, eine fantastische Ablenkung zu einer Zeit, in der er genau das gebraucht hatte.

Zwei niederschmetternde Jahre lagen hinter ihm, mit deren Auswirkungen er noch zu kämpfen hatte, als er Chloe begegnete. Die Krebsdiagnose war der eine Schock gewesen, die Untreue seiner Frau der nächste. Allein die Chemotherapie durchzuhalten, verlangte ihm viel Kraft und eine Zuversicht ab, die er nur mit Mühe aufrechterhielt. Hinzu kam der Stress der Scheidung. Eine Scheidung, die er nicht hatte kommen sehen. Nach diesen zwei Jahren war er fix und fertig. Wie betäubt. Er hatte eine gescheiterte Ehe hinter sich und kaum eine Aussicht, Vater zu werden. Seine Träume waren zerplatzt, der Beruf war das Einzige, das ihm noch blieb.

Chloe half ihm, die bedrückende Zeit zu vergessen, sich davon zu erholen. Inzwischen konnte er sich eingestehen, dass es ihn nicht weitergebracht hatte. Etwas zu verdrängen, bedeutete nicht, es zu akzeptieren.

Allerdings wusste er auch, wann er das letzte Mal wirklich glücklich gewesen war: in den wenigen Wochen mit Chloe. Sie brachte Licht und Frieden in sein Leben, als er es bitter nötig hatte. Und als sie ging, nahm sie beides mit sich.

Nie hätte er erwartet, dass ihre Abreise so eine große Lücke reißen würde. Sie waren doch nur einen Monat zusammen gewesen. Die Einsamkeit, die er hinterher empfand, überraschte ihn, und er fragte sich, ob er ihr seine Geschichte hätte anvertrauen sollen. Hätte mehr aus dieser flüchtigen Affäre werden können, wenn er unbelastet gewesen wäre?

Aber die Karten auf den Tisch zu legen, hätte bedeutet, über das Geschehene, über seine Gefühle reden zu müssen, und so weit war er damals noch nicht. Es ging ihm besser, solange er all das weit von sich schob. Chloe und er hatten das Bett geteilt, aber keine intimen Gedanken. Nach zehn Jahren Ehe erschütterte die Frau, die er zu kennen glaubte, sein Vertrauen zutiefst. Wie sollte er seine Geschichte dann einer praktisch Fremden anvertrauen?

Dafür hätte er Zeit gebraucht.

Und die hatten sie nicht. Chloe war nur vorübergehend in Australien. Er hatte sich gesagt, dass er daran nichts ändern konnte – was ihn jedoch nicht davon abhielt, sich zu wünschen, dass alles anders verlaufen wäre.

Natürlich schmiedeten sie keine Pläne, und dennoch ertappte er sich dabei, wie er sich eine Zukunft mit ihr vorstellte. Doch er hatte ihr nichts zu bieten. Sein Schicksal war unsicher. Sosehr er ihre Nähe genoss, jemanden wie ihn konnte sie nicht gebrauchen. Gleichzeitig war da die Sehnsucht nach ihr.

Aber bevor er nicht mit sich selbst ins Reine gekommen war, durfte er nicht nach vorn blicken.

Xander hatte keine Ahnung, welche Zukunft er erwarten konnte. Statt Chloe zu suchen, machte er sich auf, die Welt zu entdecken, etwas zu finden, das die Leere füllte, die die lebenslustige junge Frau mit den blonden Locken hinterlassen hatte.

Er hatte gedacht, dass es ihm gelingen würde, aber als er Chloe heute wiedersah, fragte er sich, ob seine Suche nicht von Anfang an zum Scheitern verdammt gewesen war. Vielleicht konnte nicht irgendetwas oder irgendjemand die leere Stelle besetzen, sondern nur jemand Bestimmtes?

Damals, als er ganz unten war, hatte sie ihn für kurze Zeit aufgerichtet. Und heute? Ging es ihm besser? Hätte ihn gestern jemand gefragt, wäre die Antwort klar gewesen. Ja, bestimmt, es ist vier Jahre her.

Deshalb überraschte ihn, wie stark er auf sie reagiert hatte. Er sah Chloe, und eine ungewöhnliche Ruhe überkam ihn. So, als könnte er zum ersten Mal seit Jahren tief durchatmen.

Anfangs hatte er sich überlegt, sie zu Kaffee oder einem Drink einzuladen, dann jedoch gezögert. Zuerst musste er in Ruhe darüber nachdenken, was dieses zufällige, unerwartete Zusammentreffen bedeuten konnte.

Allerdings konnte er nicht leugnen, dass er sich gefreut hatte, sie wiederzusehen.

Xander trank einen Schluck Bier, während er sich an ihre erste Begegnung erinnerte.

Er hatte allein an der Bar des Palace Hotels in Broken Hill gesessen, vor seinem zweiten Bier, und auf einen Kollegen gewartet. Damals trank er mehr als sonst, um die letzten zwei Jahre auszublenden. Und dann war sie hereingekommen.

Als sie im Türrahmen stand, ließ die Spätnachmittagssonne ihre wilde Lockenmähne golden aufleuchten. Schlank, elegant und anmutig wie eine Tänzerin bewegte sie sich auf ihn zu.

Wie gebannt blickte er ihr entgegen, fragte sich nicht, warum sie ausgerechnet in seine Richtung kam. Es war, als hätte sie seine Gedanken gelesen und wollte ihm seinen Wunsch erfüllen. Erst, als sie sich zu ihm an die Bar setzte, bemerkte er, dass Jane, eine Krankenschwester der Flying Doctors und Kollegin von ihm, sie begleitete.

Jane stellte sie einander vor, und er erfuhr, dass die hinreißende Fremde in den nächsten vier Wochen zu seinem Team gehörte. Es war die beste Neuigkeit, die er seit Langem gehört hatte. Kolleginnen und Kollegen, die sich zu ihnen gesellten, nahm er kaum wahr. Er hatte nur Augen für Chloe. Nicht allein ihre Schönheit faszinierte ihn, sondern das besondere Strahlen, das von ihr ausging. Ihr Lächeln verzauberte ihn, ihre Lippen, die Sternchen in ihren braunen Augen und ihre überschäumende Fröhlichkeit.

Wie lange sie an der Bar gesessen hatten, wusste er nicht mehr. Ein Kollege nach dem anderen brach auf, und irgendwann waren sie allein.

Sie hatte mit ihm geflirtet. Ihn am Arm berührt, am Knie. Hatte mit ihren Locken gespielt. Er dachte, ich bin zu alt für sie. Bald wurde er dreißig, doch er fühlte sich zehn Jahre älter. Ja, er war alt, aber nicht so alt, dass er die starke Anziehung zwischen ihnen nicht bemerkte.

Chloe war unwiderstehlich. Am ersten Abend passierte noch nichts, doch beide wussten, dass es nur eine Frage der Zeit war.

Xander erinnerte sich genau an die sinnliche Spannung, die er verspürt hatte, eine erwartungsvolle Freude darauf, sie wiederzusehen.

Seit sechs Monaten arbeitete er bei den Fliegenden Ärzten. Davon hatte er schon immer geträumt, seiner damaligen Frau zuliebe jedoch darauf verzichtet. Als er dann schließlich den Job bekam, fühlte er nicht den erwarteten Kick, sondern nur Erleichterung, dass er die Vergangenheit hinter sich lassen konnte. Aufregend wurde sein Leben erst wieder durch Chloe.

Sie hatten eine kurze, aber leidenschaftliche Affäre, und Chloe wurde zum hellen Punkt in einer dunklen Phase seines Lebens.

Jung, sorglos, für wenige Wochen ans andere Ende der Welt verschlagen, war sie nicht auf der Suche nach einer ernsthaften Beziehung. Xander wollte ihre Lebensfreude nicht mit seiner Leidensgeschichte dämpfen. So etwas brauchte sie nicht. Und er auch nicht! Er wollte seine Sorgen vergessen, und genau dafür sorgte sie.

Er war verrückt nach ihr.

Sie gab ihm wieder Kraft.

Und eines Tages flog sie zurück an ihr Ende der Welt.

3. KAPITEL

Auf ihrem Sitz zusammengesunken, saß Chloe in der U-Bahn. Der Tag war lang, der Dienst anstrengend gewesen, und sie war hundemüde. Ihr Geist kam jedoch nicht zur Ruhe. Erinnerungen an Xander, an eine längst vergangene Zeit beherrschten ihre Gedanken.

Gekachelte Wände sausten vorbei, wenn der Zug in den nächsten Bahnhof einfuhr oder ihn wieder verließ. Dichtgedrängt standen die Menschen in den Wagen, das grelle Licht über ihr, die Dunkelheit der Tunnel, all das war ihr plötzlich zu viel. Sie schloss die Augen und wanderte in Gedanken vier Jahre zurück.

Die Londoner U-Bahn und der australische Busch – einen stärkeren Gegensatz gab es nicht. Chloe hatte die Enge in den kleinen Maschinen der Flying Doctors gegen die U-Bahn und einen gelegentlichen Flug mit dem Rettungshubschrauber getauscht. Abende im Pub in Broken Hill gegen einen seltenen Abend mit Freundinnen und viele Ausflüge in den Park mit Lily. Die Sonnenwärme im Gesicht, den Duft von Eukalyptusbäumen und staubiger Erde gegen Luft aus Krankenhaus-Klimaanlagen und den Londoner Smog.

Selbst im Outback war es nachts nie völlig dunkel geworden. Statt künstlicher Lichtquellen funkelten Myriaden von Sternen über ihnen. Statt Menschenmassen in Bus und Bahn oft nur sie, Xander, der Pilot und ein Patient. Vier Menschen auf tausenden Quadratkilometern.

Manchmal nur Xander und sie unterm Nachthimmel.

Es war eine Momentaufnahme in ihrem Leben, nicht länger als ein Wimpernschlag, aber sie hatte diese Stunden nie vergessen. Wie könnte sie?

Der Abend, an dem sie Xander kennenlernte, veränderte ihr Leben.

Sie war gerade erst in Broken Hill angekommen, einer kleinen Stadt im Südwesten Australiens, um hier ihren dritten Monat im Rahmen des Austauschprogramms mit dem hiesigen Luftrettungsdienst zu verbringen. Die ersten beiden hatte sie in Adelaide und Port Augusta verbracht und jede Minute genossen. Aber sie konnte es kaum erwarten, im echten Hinterland, dem spektakulären Outback, zu arbeiten. Broken Hill entsprach genau dem Bild, das sie sich vorgestellt hatte, als sie sich auf das Praktikum bewarb. Stadt und Umgebung unterschieden sich stark von allem anderen, was sie von zu Hause kannte, sodass sie sich aufgeregt und voller Vorfreude in dieses Abenteuer stürzte.

Jane, eine der Krankenschwestern bei den Flying Doctors, hatte sie ins Palace Hotel mitgenommen. Bei den Flying Doctors war es Tradition, sich mit den Neulingen auf einen Drink zu treffen.

Das imposante zweigeschossige Backsteingebäude mit den ungewöhnlichen Wand- und Deckenmalereien war Schauplatz mehrerer populärer australischer Spielfilme gewesen. Chloe hatte sich darauf gefreut, das Hotel, das zum Kulturerbe des Kontinents gehörte, zu besichtigen. Doch als sie die Bar betraten, erregten weder die Architektur noch die Kunstwerke ihre Aufmerksamkeit, sondern der Mann, der allein am Tresen saß.

Nur daran erinnerte sie sich.

Groß, blond, schlank und sonnengebräunt. Athletisch gebaut. Sein Anblick nahm ihr den Atem.

Er trug helle Chinos und ein dunkles T-Shirt, das sich an seine kraftvolle Brust schmiegte und seine muskulösen Arme zeigte. Glatte Haut, gerade Nase, ein kantiges Kinn, breite Schultern, graue Augen unter dunkelblonden Brauen – er war einfach perfekt. Doch in seinen Augen lag ein Ausdruck von Verlorenheit, der Chloe ans Herz griff.

Sie hatte sich schon immer zu den Verletzten, den Leidenden hingezogen gefühlt. Hatte gesehen, wie ihre Mutter unter dem Verhalten ihres Mannes litt. Es beeinträchtigte auch Chloe und ihre Brüder, und als Älteste fühlte sie sich stets für das Wohl anderer verantwortlich. Ja, sie wollte die Welt zu einem besseren, glücklicheren Ort machen. Vielleicht war sie deshalb auf den ersten Blick von dem Mann an der Bar fasziniert gewesen. Die Einsamkeit, die er ausstrahlte, berührte sie, und es drängte sie, mehr über ihn zu erfahren.

Chloe wusste nicht mehr, ob Jane sie zu ihm geführt oder sie auf ihn zugegangen war. Es spielte keine Rolle. Er ließ sie nicht mehr los. Lange, nachdem Jane und die anderen nach Hause gegangen war, saß sie immer noch an der Bar. Redete mit Xander.

Instinktiv hatte sie gewusst, dass sie mit ihm schlafen würde. Die Frage war nicht, ob, sondern wann es passierte.

Vier wundervolle Wochen folgten, ein magischer Monat, den sie wie ein kostbares Geschenk in ihren Erinnerungen bewahrte, um es ab und zu hervorzuholen und lächelnd zu betrachten. Nicht erwartet hatte sie, dass sie sich so oft an damals erinnerte: jedes Mal, wenn sie ihrer Tochter in die Augen blickte.

Und nun spürte sie, dass ihr Leben kompliziert werden könnte, nachdem Xander überraschend hier aufgetaucht war. Sie brauchte Zeit, um sich zu überlegen, was sie tun sollte.

„Jetzt bist du genug Rad gefahren, Lily. Warum gehst du nicht noch auf die Rutsche?“ Chloe fühlte sich wie eine schlechte Mutter, weil sie nicht noch eine Runde neben ihrer Tochter herlaufen wollte, um sie immer wieder anzuschieben.

„Ist alles in Ordnung?“, fragte ihre Mutter, als Chloe das rosa Fahrrad an die Parkbank lehnte und Lily zur Rutsche hüpfte. „Du siehst müde aus.“

„Ich habe schlecht geschlafen“, gestand sie.

„Probleme bei der Arbeit?“ Susan war auch Krankenschwester und wusste, dass es Tage gab, die einen auch nach Dienstschluss noch beschäftigten. Patienten, die einem nicht mehr aus dem Kopf gingen.

„Wie man’s nimmt. Wir haben einen neuen Arzt bei der Luftrettung.“

Ein Arzt, der ihr eine schlaflose Nacht beschert hatte.

„Ist es schwierig, mit ihm zusammenzuarbeiten?“

„Nein.“ Chloe brauchte den Rat ihrer Mutter. „Es ist Xander.“

„Dein Xander?“

Sie nickte. Ihre Mutter und ihre Brüder waren die Einzigen, die von ihm wussten. „Er ist nicht mein Xander, aber … Ja.“

„Was macht er hier?“

„Vertritt eine Notärztin. Er bleibt nur ein paar Wochen.“

„Glaubst du, dass es nur Zufall ist?“

„Was?“

„Dass er hier auftaucht, bei der Luftrettung arbeitet.“

„Bestimmt.“ Ausgeschlossen, dass Xander nach ihr gesucht hatte. Am Queen Victoria hatte sie sich erst nach ihrer Rückkehr aus Australien beworben, weil der Luftrettungsdienst an dieses Krankenhaus angeschlossen war.

„Weiß er von Lily?“

Chloe schüttelte den Kopf. „Wie denn?“ Sie hatte seinen Namen nicht auf der Geburtsurkunde vermerken lassen. Dazu hätte sie seine Einwilligung gebraucht.

„Und was machst du jetzt?“

„Ich muss es ihm sagen. Ich weiß nur nicht, wann. Deshalb bin ich so kaputt. Ich habe die halbe Nacht wach gelegen, um herauszufinden, wie ich am besten vorgehe.“

Chloe hatte von Anfang an akzeptiert, dass sie Lily allein großziehen würde. Vielleicht war es nicht ideal, aber auch nicht unmöglich. Und sie kam klar. Wie würde sich Xanders Auftauchen auswirken?

„Es ist vier Jahre her. Was glaubst du, wie er darauf reagieren wird?“

„Keine Ahnung. Manche Männer nehmen die Herausforderung an, andere nicht. Jeder ist anders. Außerdem ist er schon einmal verschwunden.“ Chloe seufzte leise. „Er hat nie nach mir gesucht. Sicher war er froh, mich los zu sein.“

Ihre Mutter zog die Brauen hoch. „Das weißt du nicht. Und es muss nicht heißen, dass er auch nicht Vater sein will. Das eine schließt das andere nicht aus.“

„Aber beides ist schwer zu trennen. Mein Vater konnte es nicht.“

„Euer Vater hat mich verlassen, doch er wollte nie euch Kinder verlassen. Unsere Ehe war am Ende – sein Verhalten hatte sie irreparabel zerstört –, aber ihr wart ihm wichtig. Er konnte nichts dafür, dass er so früh sterben musste.“ Susan blickte zu Lily hinüber, die juchzend die Rutsche hinuntersauste. „Schon wegen Lily musst du es Xander erzählen. Und auch er hat ein Recht darauf. Warte nicht auf den perfekten Zeitpunkt. Den gibt es vielleicht nie. Am besten sagst du es ihm bei nächster Gelegenheit.“

„Nein.“ Chloe schüttelte den Kopf. „Ich will erst herausfinden, warum er hier ist. Was hat er erlebt? Hat er vielleicht Familie? Er wird nicht begeistert sein, wenn ich sein Leben durcheinanderbringe.“ Sie fragte sich, ob er sich so sehr verändert hatte. Wollte er inzwischen doch Kinder? Oder kam das für ihn überhaupt nicht infrage? Vielleicht wollte er von Lily nichts wissen? Oder schlimmer noch, von Lily ja, aber von Chloe nicht. „Da sind so viele Fragen offen, und du weißt, dass ich nicht gern Fragen stelle, deren Antwort ich überhaupt nicht einschätzen kann.“

Bevor sie mit Informationen herausrückte, die nicht nur sein, sondern auch Lilys und ihr Leben verändern konnten, musste sie mehr wissen.

Eigentlich kannte sie ihn gar nicht. Wie würde er auf die Neuigkeiten reagieren? War sie in Wirklichkeit nach ihrer erfolglosen Suche nicht sogar erleichtert gewesen, dass sie Xander nicht gefunden hatte? Weil sie davor geschützt war, eventuell mit einer unerfreulichen Reaktion fertigwerden zu müssen? Träume und Realität passten selten zusammen.

Vier Jahre waren eine lange Zeit. Manches mochte sich geändert haben. Aber sie wollte ihm erst von Lily erzählen, wenn sie sicher sein konnte, dass er sie lieben würde. Das Leben war hart genug auch ohne das Gefühl, ungeliebt oder ungewollt zu sein. Dem würde sie ihre Tochter niemals aussetzen.

Ihre Mutter drückte sie aufmunternd. „Es gibt nur eine Möglichkeit herauszufinden, was er denkt und wie er dazu steht, Chloe. Du musst ihm reinen Wein einschenken.“

Gedanken und Gespräch drehten sich im Kreis, und als Lily keine Lust mehr auf Rutsche, Schaukel und Wippe hatte, war Chloe einer Entscheidung keinen Zentimeter näher gekommen. Sie hatte keine Ahnung, wie sie mit Xanders unerwartetem Auftauchen umgehen sollte!

Xander war unruhig. Das Luftrettungsteam hatte gut zu tun, wie fast immer. Im Schnitt stieg der Hubschrauber täglich zu fünf Einsätzen auf, aber das war es nicht, was ihn kribbelig machte. Jedes Mal, wenn ein Notruf einging, wartete er angespannt darauf, ob sie eine Hebamme brauchten. Weil er wissen wollte, ob er Chloe wiedersehen würde.

Ihm kam es vor, als würde er seit drei Tagen an nichts und niemanden sonst denken. Xander hatte sich fest vorgenommen, sie beim nächsten Mal zu fragen, ob sie mit ihm ausgehen wollte. Wer nichts wagt, der nichts gewinnt.

Doch bei Dienstschluss war ihm klar, dass er nicht länger auf den Zufall warten wollte. Sonst wurde er noch verrückt. Xander beschloss, aktiv zu werden und sie zu suchen.

Er zog den orangefarbenen Overall aus und machte sich auf den Weg nach unten in die Notaufnahme. Dort erfuhr er, dass sie oben auf der Entbindungsstation war.

Als er den Fahrstuhl verließ, fiel sein Blick auf goldblonde Locken. Chloe. Sie hatte ihm den Rücken zugewandt, während sie eine Patientin im Rollstuhl den Flur entlangschob. Xander wartete ab, welche Richtung sie einschlug. Er musste einen günstigen Moment abpassen, um sie allein zu sprechen.

Chloe blieb am Eingang zur Frühchenstation stehen, zog ihre Chipkarte durch und verschwand hinter den Türen. Keine Minute später kam sie wieder heraus. Der Moment war gekommen. Xander schlenderte auf sie zu.

„Xander! Was machst du denn hier?“

„Ich dachte, ich sehe mal nach, wie es Shania geht“, improvisierte er rasch.

„Körperlich geht es ihr gut, und sie hat bereits mit einer Sozialarbeiterin gesprochen. Zwar hat sie noch keine Entscheidungen getroffen, aber sie hat sich wenigstens angehört, welche Möglichkeiten sie hat.“

„Und das Baby? Tonya?“

„Der Kleinen geht es auch gut. Gerade eben habe ich Shania zu ihr gebracht.“

„Dann will ich nicht stören.“ Xander ging neben ihr her. „Hast du Dienstschluss?“

„Nein, noch nicht. Warum?“, fragte sie, während sie den Aufzugknopf drückte.

„Ich dachte, vielleicht möchtest du mit mir etwas trinken gehen? Heute Abend, nach der Arbeit.“

„Warum?“

Er hatte nicht damit gerechnet, eine schlichte Einladung zu einem Drink erklären zu müssen. „Um zu hören, wie es dir geht“, antwortete er. „Es war eine nette Überraschung, dich wiederzusehen. Mich interessiert einfach, wie es dir ergangen ist.“

„Ich kann nicht.“

„Heute Abend nicht oder gar nicht?“

In ihrer Kitteltasche summte das Handy. Sie nahm es heraus und blickte auf das Display. Der Fahrstuhl kam, die Türen glitten auf. Chloe betrat ihn und sagte, über die Schulter gewandt: „Tut mir leid, ich muss gehen.“ Eine Antwort blieb sie ihm schuldig.

Die Lifttüren schlossen sich hinter ihr, und Xander blieb im Flur zurück. Allein.

Idiot. Nur weil er noch Single war und seine Gefühle Achterbahn fuhren, musste es bei Chloe nicht genauso sein. Natürlich hatte sie ihren Alltag, ein Leben, das sich um alles Mögliche drehte, aber nicht um ihn. Sie trug keinen Ehering, doch das hieß nicht, dass sie nicht gebunden war. Schließlich waren inzwischen vier Jahre vergangen.

Damals hatte sie Licht in sein Leben zurückgebracht, und seitdem suchte er danach. Sie vielleicht nicht, hatte vielleicht bei jemand anderem das gefunden, was sie für kurze Zeit verbunden hatte.

Er sollte sie in Ruhe lassen. Schließlich war er alt genug, um zu wissen, dass man nicht zurückblickte. Andererseits wollte er sie noch nicht aufgeben.

So wie damals.

Chloe widerstand der Versuchung, auf ihre Armbanduhr zu sehen. Zum x-ten Mal. Wie hatte sie sich nur von Esther breitschlagen lassen können, sich mit einem von Harrys Freunden zu verabreden? Weil sie hoffte, dass ein Date sie von ihren Gedanken an Xander ablenkte?

Nun, es funktionierte nicht.

Was nicht an Stephen lag. In den vergangenen Jahren hatte kein Mann bei ihr Herzklopfen und diese prickelnde Erwartung ausgelöst wie Xander. Manchmal dachte sie sogar, dass die wenigen Wochen mit ihm für alle Zeiten ihre Chancen ruiniert hatten, sich in jemanden zu verlieben.

Obwohl Stephen sich große Mühe gab, eine fesselnde Unterhaltung in Gang zu bringen, gingen ihre Gedanken auf Wanderschaft. Chloe fragte sich, was Xander gerade machte. Sie hatte seine Einladung ablehnen müssen. Nicht nur, weil sie die Verabredung mit Stephen zugesagt hatte, sondern auch, weil sie nicht wusste, was sie ihm sagen sollte.

„Harry hat mir erzählt, dass du mit ihm am Queen Victoria arbeitest. Bist du Krankenschwester?“

„Hebamme. In der Notaufnahme.“ Chloe bemühte sich, ins Gespräch zurückzufinden. „Ich arbeite auch im Luftrettungsdienst mit“, fügte sie hinzu. Die meisten Menschen fanden diesen Aspekt ihres Berufs spannend. Vielleicht stellte Stephen genug Fragen, dass sie sich besser auf ihn konzentrieren konnte.

„Wie bist du dazu gekommen?“, fragte er wie aufs Stichwort.

„Ich war ein paar Monate in Australien und habe an einem Austauschprogramm bei den Flying Doctors teilgenommen. Es hat mir so gut gefallen, dass ich mich beim Air Ambulance Service um eine Stelle beworben habe. Der kommt den Fliegenden Ärzten am nächsten.“

„Und wie fandst du Australien?“

„Großartig. Warst du schon mal dort?“

Er nickte. „Im Rahmen meiner Facharztspezialisierung. Ein Jahr lang. Ich habe es kaum ausgehalten. Die Hitze war schrecklich, überall diese Fliegen und nicht zu vergessen die endlosen Diskussionen über Sport, Sport und noch mal Sport.“

Chloe hatte ihre Zeit in Down Under genossen. Die Fliegen natürlich nicht, da gab sie ihm recht. Aber alles andere. Sie liebte den entspannten Lebensstil. Liebte die Menschen dort. Liebte Xander.

Sie seufzte leise. Abgesehen davon, dass sie beide im medizinischen Bereich arbeiteten, verband sie nichts mit Stephen. Chloe war nur froh, dass sie nicht gleich einem Dinner zugestimmt hatte.

Mit einer freundlichen Entschuldigung stand sie auf und verließ den Tisch. Sie würde zur Damentoilette gehen und ihre Mum anrufen, damit sie ihr eine SMS schrieb, dass Lily Fieber hätte und sie bräuchte. Eine Ausrede, die jeder durchschauen würde, aber es war ihr egal. Sie tat Stephen und sich einen Gefallen, indem sie den Abend abkürzte.

Chloe schob das Smartphone zurück in ihre Handtasche, um sich auf den Rückweg zum Tisch zu machen. Die fünf Minuten, bis ihre Mum sich meldete, würde sie auch noch aushalten.

Nach zwei Schritten hörte sie, wie jemand ihren Namen rief.

„Chloe!“

Sie schloss ihre Handtasche, blickte auf … in vertraute graue Augen.

Xander.

Wie angewurzelt blieb sie stehen, konnte sich im ersten Moment nicht rühren. Ihr schlug das Herz gegen die Rippen. Was machte er hier? Hatte er auch eine Verabredung? Hatte er eine andere eingeladen, nachdem sie ihm einen Korb gegeben hatte? Oder war es reiner Zufall?

„Was machst du hier?“, fragte er. „Hast du es dir mit dem Drink anders überlegt?“

Chloe schüttelte den Kopf. „Nein. Ich habe ein Date.“

„Oh, natürlich. Klar.“

Sie versuchte, seine Miene, den Tonfall zu deuten. War er enttäuscht? Und was meinte er mit „natürlich“? Sie ging selten aus. Aber das hätte sie nicht sagen können, ohne den Grund dafür und damit ihr Geheimnis zu enthüllen. Oder sollte sie Geheimnisse sagen? Dass sie alleinerziehende Mutter ihres gemeinsamen Kindes war, war das eine. Das andere, dass kein Mann sie interessierte, weil sie Xander nicht vergessen konnte.

„Bist du hier verabredet?“

„Nein.“

War seine Anwesenheit wirklich nur Zufall?

„Es ist schön, dich zu sehen, aber ich will dich nicht aufhalten“, fügte er hinzu und trat einen Schritt beiseite, um ihr den Weg freizugeben.

Sollte sie allmählich anfangen, an Fügungen zu glauben? Tief in Gedanken, ging sie zu ihrem Tisch zurück.

Wenn sie Stephen loswurde, konnte sie den Abend vielleicht noch retten …

Xander sah ihr nach und suchte sich dann einen Platz an der Bar.

Während er dem Barmann zunickte, um seinen üblichen Drink zu bestellen, fragte er sich, was mit ihm los war. Er hielt sich für einen vernünftigen, intelligenten Mann, doch wann immer er Chloe sah oder in ihre Nähe kam, schien sein Verstand zum Fenster hinauszufliegen.

Sicher hatte sie nicht gewusst, dass er auch in diesem Pub war. Der befand sich zwar nahe beim Queen Victoria Hospital, aber weiter weg als der, in dem sich das Krankenhauspersonal nach Dienstschluss traf. Der, in dem er jetzt saß, lag fußläufig zu seinem Apartment, und Xander hatte es sich angewöhnt, abends hier ein Bier zu trinken und etwas zu essen. Das war einfacher, als selbst zu kochen, und außerdem hatte er Gesellschaft.

Er hatte gerade zwei Schlucke von seinem Bier getrunken, als Chloe neben ihm auftauchte.

„Ist der Platz noch frei?“

Sie lächelte, und sein Herz machte einen Satz. Hatte sie ihr Date abserviert? Seinetwegen? Erregung erfasste ihn, als sie sich auf den Barhocker neben ihm setzte. Das Gefühl war vertraut. Sie war vertraut.

„Was ist mit deinem Date passiert?“

„Er ist gegangen.“

„Was?“

Chloe lachte hell auf, und auch ihr Lachen war vertraut. Der Klang streichelte ihn wie zärtliche Fingerspitzen, und seine Stimmung hob sich, obwohl ihm nicht bewusst gewesen war, dass er eine Aufmunterung nötig hatte. Wieder einmal brachte Chloe Helligkeit in sein Leben. Wie vor vier Jahren, als sie ihn aus der Dunkelheit, die ihn umgab, befreit hatte.

„Ich habe ihm gesagt, dass es für mich nicht funktioniert und ich auch seine Zeit nicht länger beanspruchen möchte.“

„Gehst du auch?“

„Nein.“ Chloe schüttelte den Kopf, und ihre goldblonden Locken schimmerten im Licht der Barlampen. Sie war hinreißend, feurig, voller Leben.

„Gut. Darf ich dich dann jetzt zu einem Drink einladen?“

„Und du bist wirklich nicht mit Freunden verabredet?“

„Nein.“ Er hatte ein paar Freunde – eher Bekannte – in London, alles Mediziner, aber die meisten waren inzwischen verheiratet und hatten Kinder. Sich spontan mitten in der Woche zum Dinner zu treffen, das verlangte eine Flexibilität, die sie nicht mehr hatten. Ein-, zweimal hatte er nach Feierabend mit einigen bei einem Drink zusammengesessen, aber abends waren sie zu Hause bei ihren Familien.

„Und selbst wenn, hättest du uns gern Gesellschaft leisten können. Ich wohne gleich um die Ecke und wollte nur etwas essen und ein Bier trinken“, fügte er hinzu, als der Barkeeper ihm ein Holzbrett mit einem Burger und einer Portion Pommes frites reichte. „Hast du etwas gegessen?“

„Ich habe keinen Hunger, aber ich bleibe auf einen Drink.“

„Gin Tonic?“

„Ja, danke.“ Chloe stibitzte zwei Pommes.

Auch das war vertraut. Oft hatte sie sich etwas bestellt und dann lieber seins gegessen.

„Das Date war also nichts?“

„Es war nicht das schlimmste, das ich je hatte, aber nahe dran.“ Sie grinste. Traurig schien sie nicht gerade zu sein. Im Gegenteil, sie sah aus, als ginge es ihr blendend.

„Was war das Problem?“

„Er war nicht mein Typ.“

„Du stehst auf einen bestimmten Typ?“

„Vermutlich.“

Der Barmann stellte den Gin Tonic auf den Tresen. Unglaublich, Xander erinnerte sich an ihren Lieblingsdrink. Chloe freute sich darüber und war froh, dass sie zu ihm zurückgekommen war, nachdem sie sich von Stephen verabschiedet hatte. Lily schlief fest, wie ihre Mum ihr geschrieben hatte, und so hatte Chloe Zeit genug, eine Weile mit Xander zusammenzusitzen. Nur, um zu hören, wie es ihm ergangen war.

Xander nahm ihr Glas und stellte es vor sie hin. Sein Bein streifte ihrs, und die Berührung ließ sie zusammenzucken. Es war nichts, wirklich nicht, sein Knie lag nur leicht an ihrem Oberschenkel, aber sie spürte Xanders Wärme, und ihr Körper reagierte sofort.

„Also, dein Typ“, begann er, während sie in ihrem Longdrink rührte. „Beschreib ihn mal.“

Chloe trank einen Schluck, um ihre Gedanken zu sammeln. „Jemand mit mehr Energie. Jemand, der meine Erwartungen weckt, mich neugierig macht. Jemand, bei dem ich mich frage, was als Nächstes passiert.“

Wie Xander damals.

„Du meinst, die Chemie muss stimmen?“

Sie nickte, stellte ihr Glas zurück auf den Bierdeckel und versuchte, nicht wahrzunehmen, dass sein Bein ihrs immer noch berührte.

Mit Xander an der Bar zu sitzen, fühlte sich wie früher an und doch anders.

Vertraut und seltsam zugleich.

So vieles hatte sich geändert. Zumindest für sie. Sie war nicht länger jung und unbeschwert. Sie war alleinerziehende Mutter, trug Verantwortung. Trotzdem knisterte die Luft, wenn sie nur in Xanders Nähe kam. Immer noch fühlte sie sich stark zu ihm hingezogen. Chloe sehnte sich danach, ihn zu berühren, wieder zu spüren, was in ihren Erinnerungen lebendig war.

Er war immer noch atemberaubend. Immer noch wie ein nordischer Gott. Immer noch mit diesem melancholischen Ausdruck in den grauen Augen. Damals schrieb sie diese verhaltene Traurigkeit seiner Scheidung zu, aber das konnte doch heute nicht mehr der Grund sein. Die Trennung von seiner Frau lag fast fünf Jahre zurück. Bestimmt war er inzwischen darüber hinweg, oder?

Sie zwang sich in die Gegenwart zurück. Welchen Sinn hatte es, über die Vergangenheit nachzugrübeln?

„Seit wann lebst du in Wales?“, nahm sie einen Umweg, um nicht direkt mit der Tür ins Haus zu fallen und das zu fragen, was sie brennend interessierte: Wo warst du die ganze Zeit? Was hast du in den vier Jahren gemacht?

Xander runzelte die Stirn, die Schatten in seinen Augen wurden dunkler. „Ich lebe nicht in Wales.“

„Oh, ich dachte, Rick hätte gesagt, dass du aus Wales gekommen bist, um Eloise zu vertreten.“

„Ich habe bei der Luftrettung in Wales gearbeitet, aber nur für sechs Monate. Ehrlich gesagt, war ich froh, dass ich da wegkonnte. Nichts gegen Wales, aber es war nicht gerade schlau, den Winter dort zu verbringen. Das hätte ich besser timen können.“

„Und was hast du vor, wenn du hier bei uns fertig bist?“ Sie musste herausfinden, welche Pläne er hatte. Müsste sie ihm überhaupt von Lily erzählen, wenn er nicht in England bleiben wollte? Sollte sie für nichts und wieder nichts ihr und sein Leben erschüttern? Lily und ihr ging es gut, sie kamen seit Jahren allein zurecht. Sie brauchten Xander nicht, und er brauchte sie vielleicht auch nicht.

Vielleicht wollte er sie nicht.

Vielleicht will er mich nicht.

Er könnte sie nur um der alten Zeiten willen zu diesem Drink eingeladen haben. Auch wenn er keinen Ehering trug, konnte er eine Freundin haben, die irgendwo auf ihn wartete.

„Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht“, antwortete er.

„Bist du mit Familie unterwegs?“

„Nein. Wir sind beide noch Single. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit?“

„Zufall?“, meinte sie lächelnd.

„Ich glaube nicht an Zufälle.“

„Ich auch nicht.“

Xander hielt ihren Blick fest, und sie war verloren. Chloe konnte nicht mehr klar denken. Nur noch fühlen.

Er streckte die Hand aus, und die Zeit stand still.

Er schob ihr eine verirrte Locke hinters Ohr, und Chloe zitterten die Knie.

„Es ist lange her“, sagte er, während sie den Atem anhielt. „Und schön, dich zu sehen. Hatte ich erwähnt, dass ich gleich um die Ecke wohne?“

Die Einladung, wenn auch unausgesprochen, war unmissverständlich. Aber Chloe konnte nicht mit ihm gehen. Sie musste nach Hause. Zu ihrer Tochter. Zu ihrer gemeinsamen Tochter.

„Hattest du.“

„Möchtest du auf einen Kaffee mitkommen?“

Chloe lächelte. „Du weißt, dass ich abends keinen Kaffee trinke.“ Sie fragte sich, ob er sich auch daran erinnerte.

„Ja, das weiß ich.“

Ihr Lächeln wurde breiter. „Verschieben wir es? Ich habe morgen Frühdienst.“

„Sicher.“

Sie glitt vom Barhocker und griff nach ihrem Mantel. Sie musste weg von hier, solange sie dazu noch in der Lage war. Bevor sie eine überstürzte, hormongesteuerte Entscheidung traf, die sie bereuen würde, sobald ihr Verstand ihr Herz wieder im Griff hatte.

„Ich bringe dich raus und besorge dir ein Taxi.“

„Nicht nötig, ich nehme die U-Bahn.“

Autor

Emily Forbes
Mehr erfahren
Juliette Hyland
Mehr erfahren
Amy Ruttan
Amy Ruttan ist am Stadtrand von Toronto in Kanada aufgewachsen. Sich in einen Jungen vom Land zu verlieben, war für sie aber Grund genug, der großen Stadt den Rücken zu kehren. Sie heiratete ihn und gemeinsam gründeten die beiden eine Familie, inzwischen haben sie drei wundervolle Kinder. Trotzdem hat Amy...
Mehr erfahren