Julia Best of Band 231

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

VERFÜHRUNG UNTER GOLDENER SONNE von MICHELLE REID

Wie magisch fühlt sich Francesca zu dem Fremden hingezogen, dessen Blicke sie in den Straßen Roms auffängt. Noch am selben Abend lädt der faszinierende Millionär Carlo Carlucci sie in seinen eleganten Palazzo ein - und macht ihr einen spontanen Heiratsantrag. Doch warum so eilig?

WO WARST DU HEUTE NACHT? von MICHELLE REID

Rachel fühlt sich wie in einem goldenen Käfig: Für ihren Mann, den Millionär Daniel Masterson, gibt es nur die Firma. Als Daniel sie angeblich auch noch betrügt, bricht für sie eine Welt zusammen. Doch Rachel will um ihren Mann kämpfen! Hat ihre Liebe noch eine Chance?

KOMM ZURÜCK NACH ITALIEN von MICHELLE REID

In seiner Traumvilla über der Bucht von Neapel schenkte der charmante Vito Giordani der süßen Catherine den Himmel auf Erden - bis sie vor der intriganten Marietta floh. Doch jetzt, verspricht ihr Vito, wird er es besser machen. Wenn sie nur zu ihm zurückkehrt …


  • Erscheinungstag 25.09.2020
  • Bandnummer 231
  • ISBN / Artikelnummer 9783733714734
  • Seitenanzahl 400
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Michelle Reid

JULIA BEST OF BAND 231

1. KAPITEL

Francesca stoppte die Vespa an einer Ampel und stellte den Fuß auf den Boden, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Ihre langen Beine waren gebräunt, und sie trug Riemchensandaletten. Es war ein herrlicher Tag und noch sehr früh. Fast hatte sie das Gefühl, als hätte sie den Corso für sich. Das kommt in dieser verrückten Stadt selten vor, dachte sie und warf den Kopf zurück, sodass ihr das lange goldbraune Haar in weichen Wellen über den Rücken fiel. Dann schloss sie die braunen Augen und hielt das Gesicht in die Sonne, um die warmen Strahlen zu genießen, die die Stadt in das für Italien so typische goldfarbene Licht tauchten.

Francesca lächelte strahlend. Das Leben war einfach perfekt. Sie lebte in einer der schönsten Städte der Welt, und in wenigen Tagen würde sie sich sogar offiziell mit dem wunderbarsten Mann überhaupt verloben. In einem Monat würden Angelo und sie sich dann in einer hübschen kleinen Kirche am Albaner See das Jawort geben. Die Flitterwochen wollten sie in Venedig verbringen.

Und sie war überglücklich. Francesca seufzte zufrieden, während sie darauf wartete, dass die Ampel auf Grün schaltete. Sie war so in Gedanken versunken, dass sie den schnittigen roten Sportwagen, der nun neben ihr hielt, gar nicht bemerkte. Erst als der Fahrer das Verdeck herunterließ und Musik von Puccini erklang, nahm sie ihn wahr.

Als sie den Kopf wandte und sah, warum der Fahrer das Verdeck heruntergelassen hatte, wünschte sie sich sofort, sie hätte es nicht getan. Sie bekam eine Gänsehaut, und der Ausdruck in ihren Augen wurde ernst, was allerdings nichts damit zu tun hatte, dass der Mann sie von Kopf bis Fuß musterte. Schließlich bewunderte der Durchschnittsitaliener die Frauen, wann immer sich ihm die Gelegenheit bot. Nein, sie reagierte deshalb so, weil sie diesen Mann kannte, oder besser gesagt, ihm einige Male begegnet war.

„Buon giorno, Signorina Bernard“, grüßte er höflich.

„Signore.“ Francesca deutete ein Nicken an.

Falls er ihr abweisendes Verhalten bemerkte, ignorierte er es. Er streckte die Hand aus und stellte die Musik leiser. Als er den Kopf neigte, glänzte sein schwarzes Haar in der Sonne. Signor Carlo Carlucci war ein Mann, den die meisten Leute als sehr attraktiv bezeichnet hätten. Noch nie hatte sie einen Mann mit so perfekten Zügen gesehen – hohen Wangenknochen, einer klassisch römischen Nase, wohlgeformten Lippen und einem markanten Kinn. Unruhig verlagerte sie ihre Position auf dem Sitz.

Carlo Carlucci hatte fast gerade schwarze Brauen und von dichten, langen Wimpern gesäumte dunkelbraune Augen. Er war tief gebräunt, und als er sich zu ihr umdrehte, um ihr seine volle Aufmerksamkeit zu schenken, beobachtete sie das Spiel seiner Muskeln unter dem blütenweißen Hemd. Er hatte Stil und Klasse und wirkte gleichermaßen gewandt und beherrscht. Es hätte eigentlich nicht sein dürfen, aber er machte sie nervös und brachte sie gegen sich auf.

Selbst sein höfliches Lächeln beunruhigte sie, als er sagte: „Sie haben eben so einen glücklichen Eindruck gemacht. Das liegt sicher am Wetter.“

Jetzt bin ich nicht mehr glücklich, dachte Francesca ärgerlich. Und wünschte, sie würde verstehen, warum sie immer argwöhnte, dass er sich über sie lustig machte, wenn er mit ihr sprach. Bereits bei ihrer ersten Begegnung auf einer Party bei Angelos Eltern hatte sie das Gefühl gehabt. Selbst die Art, wie er sie ansah, vermittelte ihr den Eindruck, dass er tatsächlich Dinge über sie wusste, die sie selbst nicht einmal ahnte.

Und genau das tat er auch jetzt. Ja, er machte sich eindeutig über sie lustig!

„Endlich ist es Sommer“, bestätigte sie, um bei dem unverfänglichen Thema zu bleiben.

„Und deswegen sind Sie so früh unterwegs.“ Carlo Carlucci nickte ernst.

„Ich bin so früh unterwegs, weil ich heute meinen freien Tag habe und noch einiges erledigen muss, bevor ich shoppen gehen kann.“

„Ah.“ Wieder nickte er. „Jetzt ist mir klar, warum Sie so glücklich gewirkt haben. Shoppen macht bestimmt mehr Spaß, als müde Touristen durch die Sixtinische Kapelle oder zur Spanischen Treppe zu führen.“

Er hatte das Spötteln zur eigenen Kunstform erhoben, wie Francesca sich eingestehen musste. Sie arbeitete bereits seit einigen Monaten als Fremdenführerin für britische Touristen und hatte schnell die Erfahrung gemacht, dass die Römer ein wenig auf die Urlauber herabblickten, obwohl der Fremdenverkehr eine wichtige Einnahmequelle für die Stadt war. Dies ging manchmal so weit, dass sie ihnen gegenüber richtig unhöflich waren, vor allem in der Hochsaison, wenn sie nirgends hingehen konnten, ohne auf Reisegruppen zu stoßen.

„Sie sollten eigentlich stolz auf Ihr Erbe sein“, tadelte sie ihn steif.

„Oh, das bin ich auch, sehr sogar. Ich teile nur nicht gern“, erklärte er. „Das liegt nicht in meiner Natur.“

„Das klingt sehr egoistisch.“

„Nicht egoistisch, sondern besitzergreifend.“

„Was im Grunde dasselbe ist“, beharrte Francesca.

„Finden Sie?“ Carlo Carlucci dachte flüchtig darüber nach. Dabei legte er den Arm zuerst auf die Lehne des Ledersitzes und fasste sich dann an die frisch rasierte Wange. Er war umwerfend. Plötzlich wurde ihr Mund ganz trocken, ihr Magen krampfte sich zusammen, und ihr war überdeutlich bewusst, wie sehr der Motorroller vibrierte.

„Nein, da bin ich anderer Meinung, cara“, fuhr Carlo Carlucci fort, und sofort ließ Francesca den Blick zu seinen Lippen schweifen. „Fänden Sie es immer noch egoistisch, wenn ich von meiner festen Freundin erwarten würde, dass sie mir treu ist?“

Ob er eine feste Freundin hatte? Aus irgendeinem unerfindlichen Grund wurde ihr plötzlich heiß. Ärgerlich fragte sich Francesca, was mit ihr los war. Sie kannte ihn schließlich kaum und mochte ihn nicht einmal. Außerdem waren Männer wie er unerreichbar für sie, und so sollte es auch bleiben.

„Wir haben von Rom gesprochen“, erinnerte sie ihn und sah zur Ampel. Wann wurde es endlich Grün?

„Ach ja? Ich dachte, wir hätten darüber geredet, dass ich nicht gern teile“, erwiderte er lässig. Wieder zog er sie auf, aber warum? „Sind Sie bereit, Ihre Liebhaber mit anderen Frauen zu teilen, Francesca?“, fragte er anschließend. „Wenn ich zum Beispiel Ihr Liebhaber wäre, würden Sie dann von mir erwarten, dass ich Ihnen treu bin?“

Das war wirklich albern! „Da dieser Fall sicher nie eintreten wird, Signore, sehe ich keinen Sinn darin, darüber zu sprechen“, verkündete Francesca so abweisend wie möglich, ganz die kühle Engländerin.

„Schade!“ Er seufzte. „Und ich dachte schon, wir könnten unser Gespräch in einer netteren Umgebung fortführen.“

In einer netteren Umgebung?

Das war ein eindeutiger Annäherungsversuch. Schockiert sah sie Carlo Carlucci an. Es war ein Fehler, wie ihr sofort klar wurde. Ihr stockte der Atem, und ein Schauer überlief sie, denn Carlo Carlucci ließ gerade den Blick über ihr Bein schweifen. Plötzlich schien die Luft zu knistern, und Francesca verspürte ein erregendes Prickeln, als würde er sie berühren. Beinah hätte sie laut aufgestöhnt. Sie musste ihre ganze Willenskraft aufbieten, um den weißen Rock, der über ihrem Schenkel spannte, nicht hinunterzuziehen.

Lassen Sie das! hätte sie Carlo Carlucci am liebsten angeschrien, brachte jedoch kein Wort über die Lippen. Sie beobachtete, wie er seinen Blick zu ihrem knappen blauen Top schweifen ließ, und spürte zu ihrem Entsetzen, wie ihre Knospen sich aufrichteten und sich darunter abzeichneten. Wie erstarrt saß sie da und betrachtete ihn unverwandt, bis ihre Blicke sich begegneten.

Er begehrte sie. Die Erkenntnis schockierte Francesca, und ihr wurde wieder heiß. Der Ausdruck in seinen Augen bewies, dass er genau wusste, was in ihr vorging, und, was noch schlimmer war, dass Carlo Carlucci genauso empfand. Sie spürte förmlich sein Verlangen, sah es in seinen Augen, die nun schwarz wirkten. Zu ihrem Entsetzen merkte sie, wie Hitzewellen ihren Schoß durchfluteten. Sie war vierundzwanzig, und noch nie zuvor war ihr so etwas passiert. Noch einige schreckliche Sekunden lang konnte sie nicht atmen, sich nicht rühren, keinen klaren Gedanken fassen …

„Trinken Sie einen Kaffee mit mir“, drang plötzlich Carlo Carluccis Stimme an ihr Ohr. „Treffen Sie sich im Café Milano mit mir …“

Trinken Sie Kaffee mit mir, wiederholte Francesca langsam im Stillen. Es dauerte eine Weile, bis ihr die Bedeutung seiner Worte bewusst wurde. Sie atmete tief ein. Irgendjemand hupte. Abrupt kehrte sie auf den Boden der Tatsachen zurück. Mühsam wandte sie den Blick von Carlo Carlucci ab und sah zur Ampel, die inzwischen auf Grün umgeschaltet hatte. In Panik gab sie Gas und ergriff die Flucht.

Francesca einzuholen wäre ein Kinderspiel gewesen, doch Carlo ignorierte das Hupen hinter ihm und blieb, wo er war. Aus zusammengekniffenen Augen blickte er dem Motorroller und dessen Fahrerin nach, deren seidiges braunes Haar im Wind flatterte. Er hatte sie zu Tode erschreckt. Hatte er das beabsichtigt? Er war sich hinsichtlich seiner Beweggründe nicht ganz sicher, wusste nur, dass sich ihm eine Gelegenheit geboten und er sie ergriffen hatte, ohne Rücksicht auf Verluste.

Der leise Klang der klassischen Musik, die gerade zu einem Crescendo anwuchs, drang in sein Bewusstsein. Nachdem Carlo die Anlage lauter gedreht hatte, gab er Gas. Er merkte, wie ihm feine Schweißperlen über den Oberkörper liefen, und verzog das Gesicht. Francesca Bernard war die aufregendste, sinnlichste Frau, der er je begegnet war, und er würde nicht zulassen, dass sie diese geballte Erotik an einen ungehobelten, geldgierigen Kerl wie Angelo Batiste verschwendete.

Während er in hohem Tempo den Corso entlangfuhr, beobachtete er, wie Francesca an einer Kreuzung abbog. Als er die Kreuzung erreichte, war sie nicht mehr zu sehen.

Francesca war zu einer kleinen Piazza gefahren und abgestiegen. Sie war so aufgewühlt, dass sie ganz weiche Knie hatte und am ganzen Körper zitterte. Daher ging sie zum nächsten Café, wo sie sich frisch gepressten Orangensaft bestellte. Sie stand noch immer unter Schock. Die Begegnung mit Carlo Carlucci hatte sie so mitgenommen, dass sie noch immer jenes heiße Prickeln verspürte. Hätte er sie tatsächlich berührt, hätte sie vermutlich einen Höhepunkt erreicht. Sie konnte es sich beim besten Willen nicht erklären, denn sie war ihm höchstens dreimal begegnet und kannte ihn nur flüchtig. Außerdem mochte sie ihn nicht einmal.

Ihr Orangensaft kam. Nachdem sie sich bei dem Kellner bedankt hatte, nahm sie das Glas und trank einen großen Schluck. Dann stellte sie das Glas wieder auf den Tisch und betrachtete es nachdenklich. Erst jetzt wurde ihr klar, dass sie ihn mit seinem Verhalten einfach hatte davonkommen lassen. Normalerweise wusste sie genau, wie sie mit aufdringlichen Italienern fertig wurde, die nur aus Zeitvertreib mit ihr flirteten.

Der fünfunddreißigjährige Carlo Carlucci war allerdings kein gewöhnlicher Italiener. Er war der Inhaber des Elektronikkonzerns Carlucci und hatte ihr weitaus mehr als zehn Jahre an Lebenserfahrung voraus. Sie beide trennten Welten. Die Frauen vergötterten ihn. In der Öffentlichkeit sah man ihn fast immer mit irgendeiner Schönheit im Arm.

Er war etwas ganz Besonderes. Selbst hier, im schicken Rom, war er das Vorbild aller Männer. Unter normalen Umständen hätte eine gewöhnliche Fremdenführerin wie sie ihn nie kennengelernt. Doch Angelo war der Sohn eines seiner Geschäftsfreunde, und daher waren sie in den letzten Wochen zu denselben Partys eingeladen gewesen. Es bedeutete allerdings nicht, dass sie auch in denselben Kreisen verkehrten, wie Francesca sich ins Gedächtnis rief. Selbst Angelo nickte er stets nur kühl zu. Die Firma seines Vaters war von ihm abhängig, und Angelo war außerdem auch nur wenige Jahre älter als sie, was ihn auf diesen glanzvollen gesellschaftlichen Ereignissen zu einem Nobody machte.

Aber wenigstens war er nett, sanftmütig und unkompliziert. Spaß zu haben war ihm wichtiger als Leidenschaft. Und sie liebte ihn.

Nun musste Francesca sich allerdings eingestehen, dass sie seit ihrer Begegnung mit Carlo Carlucci nicht eine Sekunde an Angelo gedacht hatte.

„Oh“, stieß sie hervor. Wieder verspürte sie ein erregendes Prickeln, das aber schnell heftigen Schuldgefühlen wich. Wie hatte sie Angelo an der Ampel nur vergessen können?

Impulsiv langte sie in ihre Handtasche, um ihr Handy herauszunehmen und ihn anzurufen. Sie musste unbedingt seine Stimme hören und sich selbst beweisen, dass nur ihre Hormone verrückt gespielt hatten. Sein Telefon war ausgeschaltet. Erst jetzt fiel ihr ein, dass er an diesem Tag geschäftlich in Mailand zu tun hatte und daher nicht zu erreichen war.

Francesca warf ihr Handy auf den Tisch und schloss die Augen, um Carlo Carluccis Bild zu verdrängen und sich Angelos ins Gedächtnis zu rufen. Angelo hatte überhaupt keine dunklen Seiten. Er war ein Sonnyboy und hatte im Gegensatz zu den meisten anderen Italienern sogar goldbraunes Haar und ebensolche Augen. Wenn er einen Raum betrat, verbreitete er eine heitere Stimmung. Wenn er sie ansah, fühlte sie sich geliebt und schön, statt heißes Verlangen zu empfinden.

Sicher fragte sie sich manchmal, warum es ihrer Beziehung an Leidenschaft fehlte. Tatsächlich hatte sie noch nicht einmal mit Angelo geschlafen.

„Wir tun es, wenn du so weit bist“, hatte er oft in dem für ihn typischen sanften Tonfall gesagt.

Und damit hatte er recht gehabt, denn sie war noch nicht dazu bereit. Er hatte von Anfang an verstanden, dass sie Angst vor dem ersten Mal hatte. Ihre Mutter war sehr religiös gewesen und hatte ihr strenge Moralvorstellungen vermittelt, unter anderem die, dass Sex vor der Ehe tabu war.

Natürlich waren solche Prinzipien inzwischen so altmodisch, dass sie manchen Leuten geradezu lächerlich erscheinen mussten. Sonya, ihre beste Freundin und Mitbewohnerin, machte sich zum Beispiel oft über sie lustig. Sie konnte einfach nicht glauben, dass ein toller Mann wie Angelo sich für ein schüchternes, altmodisches Mädchen wie sie interessierte.

„Du musst verrückt sein, wenn du mit einem Mann wie ihm russisches Roulette spielst“, hatte sie einmal gesagt. „Hast du keine Angst davor, dass er sich woanders holt, was er braucht?“

Francesca musste zugeben, dass sie sich manchmal tatsächlich davor fürchtete. Sie hatte es Angelo sogar gestanden. Daraufhin hatte er nur gelächelt, sie geküsst und erklärt, Sonya wäre lediglich eifersüchtig und hätte keine Prinzipien. Die beiden konnten sich nicht ausstehen. Sie liebte sie beide, oder besser gesagt, die beiden liebten sie.

Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Im nächsten Moment klingelte ihr Handy, und Francesca nahm es in die Hand und schaltete es nach einem Blick aufs Display ein. „Na, haben dir gerade die Ohren geklungen?“

„Was soll das denn heißen?“, fragte Sonya und fuhr dann verdrießlich fort: „Anscheinend bist du gerade mit deinem Schatz zusammen, und er zieht wieder über mich her.“

„Nein“, entgegnete Francesca. „Angelo ist heute in Mailand. Also zieh deine Krallen ein, und sag mir, warum du anrufst.“

„Tue ich das denn nur, wenn ich etwas von dir will?“

„Wenn du es genau wissen willst, ja“, erwiderte Francesca trocken.

„Na ja, diesmal nicht“, erklärte ihre Mitbewohnerin. „Als ich heute aufgestanden bin, warst du schon weg. Warum bist du so früh los? Heute ist doch dein freier Tag.“

„Und du müsstest längst auf dem Weg zur Arbeit sein.“ Francesca blickte auf ihre Armbanduhr. „Wann bist du heute Morgen ins Bett gefallen?“

„Lenk nicht vom Thema ab“, sagte Sonya scharf. „Wo bist du, und wie lange bleibst du weg?“

„Ich wollte in die Stadt und einkaufen, bevor es zu heiß ist, um Klamotten anzuprobieren.“

„Ach, das hatte ich ganz vergessen. Heute ist der große Tag. Du willst ein Hochzeitskleid finden, dessen Anblick Angelo den Atem verschlägt.“

Francesca seufzte entnervt. „Hör doch auf damit, Sonya! Ich hoffe, ihr beide schließt vor der Party am Samstagabend noch Waffenstillstand.“

„Vielleicht ist es dir lieber, wenn ich gar nicht komme. Dann brauchst du dir darüber nicht den Kopf zu zerbrechen.“

Wieder seufzte Francesca. „Das ist jetzt wirklich kindisch.“

„Und du klingst schon wie meine Mutter. Tu dies nicht, tu das nicht. Ich hatte gehofft, all das hinter mir lassen zu können, als ich nach Rom kam.“

Erschrocken musste Francesca sich eingestehen, dass Sonya recht hatte. „Tut mir leid“, brachte sie hervor.

„Vergiss es.“ Nun war Sonya diejenige, die seufzte. „Du weißt ja, wie zickig ich frühmorgens sein kann. Kauf dir ein schönes Kleid, und ich bin ein braves Mädchen und schleppe mich zur Arbeit.“

Nachdem Francesca kurz darauf ihr Handy ausgeschaltet hatte, saß sie stirnrunzelnd da und fragte sich, warum dieser Tag, der so vielversprechend angefangen hatte, so verlaufen war.

Sie kannte die Antwort darauf. Sie sah dunkle Augen vor sich und hörte eine tiefe Stimme, die sagte: „Trinken Sie einen Kaffee mit mir.“

Plötzlich kam Wind auf. Die Tischdecken blähten sich, und ihr wehte das Haar ins Gesicht. Francesca fröstelte. Die Kellner eilten herbei, um die Decken zu glätten, und sie hatte plötzlich ein ungutes Gefühl.

Nachdem sie etwas Geld aus ihrem Portemonnaie genommen und auf den Tisch gelegt hatte, stand sie auf. Als sie zu ihrem Motorroller ging, hatte sie immer noch eine Gänsehaut. Allerdings fröstelte sie nicht, sondern bebte. Es war fast wie eine Vorahnung.

2. KAPITEL

Erst am frühen Nachmittag kehrte Francesca in ihre Wohnung zurück. Kaum hatte sie sie betreten, blieb sie stehen und blickte sich stirnrunzelnd um. Die Sofakissen waren zerknautscht, auf dem Couchtisch standen zwei halb leere Kaffeetassen, und auf dem Boden lagen zwei umgefallene Weingläser und eine leere Flasche. Die Tür zu Sonyas Schlafzimmer war offen, und auch dort herrschte Chaos.

Plötzlich klingelte ihr Handy. Francesca stellte die Tüten auf den Boden und nahm es aus ihrer Handtasche. Bei der Anruferin handelte es sich um Bianca, die Büroleiterin der Firma, für die Sonya und sie arbeiteten.

„Sonya ist heute nicht zur Arbeit erschienen“, verkündete Bianca. „Hast du eine Ahnung, wo sie steckt? Sie geht weder ans Handy noch ans Telefon.“

Francesca vermutete, dass Sonya unerwartet Besuch bekommen hatte. Aus Loyalität ihrer Freundin gegenüber würde sie es Bianca allerdings nicht erzählen.

„Tut mir leid, aber ich bin heute Morgen vor Sonya aus dem Haus gegangen“, erwiderte sie daher, was ja auch stimmte. „Hat sie dir nicht Bescheid gesagt, dass sie zu spät kommt?“

„Nein“, sagte Bianca verärgert. „Und jetzt fehlt mir jemand. Das ist schon das dritte Mal innerhalb von zwei Wochen, dass sie mich hängen lässt.“

Francesca war überrascht, denn sie hatte nicht geahnt, dass Sonya nicht zur Arbeit gegangen war. „Ich weiß nur, dass sie in letzter Zeit Probleme mit einem Weisheitszahn hat.“ Das stimmte auch. Allerdings hatte Sonya panische Angst vor dem Zahnarzt. „Vielleicht ist sie zum Zahnarzt gegangen.“

„Wer’s glaubt!“, bemerkte Bianca scharf. „Es ist dieser Mann, mit dem sie sich trifft.“

„Was für ein Mann?“ Sonya hatte momentan keinen Freund, soweit Francesca wusste.

„Spiel ja nicht die Unschuldige, Francesca“, schalt Bianca. „Du weißt doch Bescheid über diesen verheirateten Kerl, in den sie sich verliebt hat. Wenn sie noch einen Funken Verstand hat, lässt sie ihn fallen, bevor diese Firma sie fallen lässt. Ich kann es mir nicht leisten …“

Francesca hörte ihr nicht mehr zu. Sie war so verblüfft, dass sie sich hinsetzen musste. Sie kannte Sonya bereits seit dem Studium, und Sonya vertraute ihr alles an. Von einem neuen Freund hatte sie allerdings nichts erzählt.

Ein verheirateter Mann?

„Ich komme und vertrete sie, wenn du mich brauchst“, fiel Francesca Bianca ins Wort.

„Macht es dir wirklich nichts aus? Du wolltest doch heute dein Hochzeitskleid kaufen.“

„Das habe ich auch“, versicherte Francesca. „Ich mache mich gleich auf den Weg.“

„Du bist ein Schatz, Francesca“, sagte Bianca erleichtert. „Im Gegensatz zu deiner Freundin.“

Nachdem sie das Gespräch beendet hatte, fragte Francesca sich wieder, warum dieser Tag, der so vielversprechend angefangen hatte, so verlaufen war. Sie war glücklich gewesen – alles war perfekt gewesen!

Dann war sie Carlo Carlucci begegnet. Francesca erschauerte. Seitdem war alles schiefgelaufen. Selbst ihr Einkaufsbummel durch die teuersten Boutiquen hatte keinen Spaß gemacht, und sie war sich nicht sicher, ob das Kleid, das sie ausgesucht hatte, wirklich das Richtige war. Nun war Sonya verschwunden, und inzwischen war ihr auch klar, warum sie sie angerufen hatte. Sie hatte sie fragen wollen, ob sie sie vertreten könnte, sich dann aber nicht mehr getraut.

Und nun hatte sie erfahren, dass Sonya sie angelogen oder ihr zumindest etwas verschwiegen hatte.

Ärgerlich stand Francesca auf, um die Kaffeetassen vom Tisch zu nehmen. Dann verharrte sie jedoch mitten in der Bewegung. Die Sachen hinter Sonya herzuräumen war etwas, was ihre Mutter getan hätte.

„O verdammt!“, rief Francesca. Und dabei fluchte sie sonst nie!

Denn ihre Mutter wäre entsetzt gewesen.

„Verdammt!“, fluchte sie wieder, diesmal etwas leiser, und begann, ihre Einkäufe wegzuräumen.

Plötzlich erstarrte sie und horchte in sich hinein. Ihre Mutter lebte nicht mehr, und sie wollte nicht schlecht von ihr denken. Maria Bernard hatte zu viel durchmachen müssen, wie Francesca sich traurig vor Augen führte, während sie ihr Kleid auspackte und aufhängte.

Maria Gianni war die schöne Tochter von Rinaldo Gianni gewesen, einem Mann, der zu Hause mit eiserner Faust regierte. Bereits von ihrer Geburt an hatte er die Zukunft seiner Tochter verplant. Dann durchkreuzte diese seine Pläne, indem sie sich in einen englischen Schwerenöter namens Vincent Bernard verliebte, der es allerdings lediglich auf ihr Erbe abgesehen hatte. Er brauchte nur einen Monat, um sie zu schwängern, und einen weiteren, um die Erlaubnis ihres Vaters, sie zu heiraten, zu bekommen – bevor Rinaldo sie beide hinauswarf. Vincent nahm sie mit nach England. Er war davon überzeugt, dass Rinaldo Maria verzeihen würde, sobald sie ihm den Enkel gebar, den er sich so sehnlich wünschte. Als das Baby ein Mädchen war, waren beide Männer enttäuscht. Vincent verließ Maria und heiratete ein Jahr nach der Scheidung sein nächstes Opfer. Die Scheidung war in den Augen ihrer Mutter die größte Sünde und Demütigung überhaupt. Sie hatte das Scheidungsurteil nie anerkannt und ihrem Vater nie verziehen, dass er ihr nicht verzeihen konnte, dass sie nicht in seinem Sinne gehandelt hatte. Alle drei hatten nie wieder miteinander gesprochen.

Rinaldo Gianni war gestorben, als sie, Francesa, zehn Jahre alt war. Er hatte sie nie als eine Enkelin anerkannt, und sie war ihm nie begegnet, genauso wenig wie ihrem Vater, der – Ironie des Schicksals – ungefähr zum selben Zeitpunkt gestorben war. Erst ein Jahr nach dem Tod ihrer Mutter erfüllte sie sich einen lang gehegten Wunsch und reiste nach Rom, um ihren einzigen noch lebenden Verwandten kennenzulernen. Selbst bei ihrer Einreise verspürte sie Schuldgefühle, weil sie wusste, dass ihre Mutter es nicht gutgeheißen hätte. Doch sie fühlte sich einsam und hoffte, ihr Großonkel Bruno Gianni würde Marias Tochter mit offenen Armen empfangen.

Sie hatte weder sein Geld noch seine Liebe gewollt. Und ich habe auch weder das eine noch das andere bekommen, dachte Francesca ironisch, während sie sich nach einer kurzen Dusche abtrocknete. Wie sie erfahren hatte, war Bruno Gianni ein sehr alter Mann, der wie ein Einsiedler in einem baufälligen Palazzo in den Albaner Bergen südlich von Rom hauste. Nachdem sie einen ersten, zaghaften Schritt auf ihn zugemacht hatte, erhielt sie einen Brief mit der Antwort, er hätte keine Großnichte. Nur durch ihre Hartnäckigkeit schaffte sie es schließlich, doch eine Audienz bei ihm zu bekommen.

Es war eine seltsame Begegnung gewesen. Francesca verharrte einen Moment regungslos, während sie an die erste und bisher einzige Begegnung mit ihrem Großonkel dachte. Sie hatte ihn auf Anhieb gemocht, obwohl er ihr gleich unverblümt mitteilte, falls sie hinter seinem Geld her wäre, müsste er sie enttäuschen. Der baufällige Palazzo würde der Bank gehören, und sein restliches Geld würde nach seinem Tod der Staat kassieren.

Doch sie hatte in seinen Augen die Augen ihrer Mutter und ihre eigenen gesehen. Und sie hatte sich danach gesehnt, ihn zu umarmen, sich aber nicht getraut. Er war eine sehr gepflegte Erscheinung und trotz seines hohen Alters kaum faltig.

Francesa lächelte, als sie sich anzog und in ihre Uniform schlüpfte, ein rotes Kleid mit grünem Abzeichen.

Sie hatte ihm von dem Leben erzählt, dass ihre Mutter und sie in London geführt hatten, von den Schulen, auf die sie gegangen war, und ihrem Studium. Außerdem hatte sie berichtet, dass sie als Fremdenführerin in Rom arbeitete und mit einer Freundin zusammenwohnte. Er hörte ihr ruhig zu, nickte schließlich und klingelte nach der Haushälterin. Als diese gekommen war, um sie hinauszubringen, hatte er nur gesagt: „Genießen Sie Ihr restliches Leben, Signorina“, und ihr war klar gewesen, dass er sie nicht wiedersehen wollte.

Allerdings hielt sie immer noch Kontakt zu ihm. Sie schickte ihm jede Woche kurze Briefe, um ihn auf dem Laufenden zu halten. Als sie Angelo kennengelernt hatte, hatte sie es ihm gleich nach Sonya erzählt. Ihr Großonkel hatte jedoch keinen einzigen dieser Briefe beantwortet, sodass sie nicht einmal wusste, ob er sie überhaupt las. Als sie Angelo von ihm erzählt hatte, war dieser zuerst schockiert und ungläubig gewesen. Dann hatte er gelacht und ihre erste Begegnung als schicksalhaft bezeichnet, weil Bruno Gianni nur wenige Kilometer vom Landsitz seiner Eltern entfernt lebte.

„Wenn deine Mama hier mit dir hätte leben dürfen, wären wir zusammen aufgewachsen und hätten uns vielleicht schon viel früher ineinander verliebt“, hatte er gesagt.

Diese Vorstellung gefiel ihr, denn sie ließ ihre Liebe in einem ganz anderen Licht erscheinen.

Angelo hatte sie einige Male eingeladen, das Wochenende in der Villa Batiste in der Castelli Romani zu verbringen. Dann war sie zum Palazzo ihres Onkels gegangen und hatte diesem eine Nachricht hinterlassen, wo sie sich befand, für den Fall, dass er sie doch einmal sehen wollte. Aber er hatte sich nie gemeldet und nicht einmal auf die Einladung zu ihrer Verlobungsfeier an diesem Wochenende reagiert.

Francesca musste sich eingestehen, dass sie ein wenig verletzt war. Allerdings siegte Hartnäckigkeit oft, wie Angelo zu sagen pflegte. „Vielleicht kommt er ja doch zu unserer Hochzeit.“

Ja, vielleicht kommt er, dachte Francesca hoffnungsvoll, als sie wenige Minuten später wieder nach draußen in die Sonne trat. Auch wenn sie von ihrem Großonkel enttäuscht war, hatte sie nie bedauert, nach Rom gekommen zu sein. Sie sprach fließend Italienisch, und was sie über die Geschichte der Stadt wusste, hatte sie sich im Lauf der Zeit angelesen. Sie liebte ihren Job, liebte ihr Leben, und sie liebte Angelo.

Diesmal herrschte dichter Verkehr auf den Straßen, sodass sie sich mit ihrem Roller zwischen den Wagen hindurchschlängeln musste. Jetzt, in der Hochsaison, war die Stadt besonders voll. Als sie später in ihre Wohnung zurückkehrte, wollte sie nur noch unter die Dusche und die schmerzenden Füße hochlegen.

Zuerst stellte sie fest, dass die Wohnung aufgeräumt war. Dann bemerkte sie Sonya, die es sich im Bademantel auf dem Sofa gemütlich gemacht hatte und trotzig dreinblickte.

„Bevor du anfängst: es war mein Zahn“, verkündete Sonya, bevor Francesca etwas sagen konnte. „Nach unserem Telefonat fingen die Schmerzen an, und ich musste unbedingt zum Zahnarzt.“

„Er macht also Hausbesuche, ja?“ Francesca glaubte ihr kein Wort. Als sie vielsagend zum Couchtisch sah, wusste ihre Freundin Bescheid.

„Natürlich nicht“, entgegnete sie scharf. Dann zuckte sie zusammen und hielt sich die Wange. „Du meine Güte, es tut noch mehr weh als vorher.“ Sie seufzte, als sie merkte, dass Francesca sie nicht bemitleidete. „Tut mir leid, dass ich dir den freien Tag verdorben habe“, fügte sie zerknirscht hinzu.

„Du siehst fürchterlich aus“, erklärte Francesca beim Anblick ihrer geschwollenen Wange. „Ist es sehr schlimm?“

„Und wie!“ In Sonyas Augen traten Tränen. „Erst hat er ihn ausgebohrt und dann abgeschliffen. Ich muss nächste Woche wieder hin … Au!“ Wieder zuckte sie zusammen. „Außerdem hat er mir einen Vortrag über Zahnpflege gehalten.“

Nun musste Francesca lächeln, denn Sonya mochte es überhaupt nicht, wenn ihr jemand Vorträge hielt. „Hast du dich gewehrt?“

„Wie denn? Ich konnte mich überhaupt nicht bewegen, weil ich so viele Instrumente im Mund hatte.“

„Du Arme!“, bemerkte Francesca.

„Hm.“ Das schien Sonya auch zu finden. „Hast du ein Kleid bekommen?“, fragte sie dann.

„Ja. Hat dein geheimnisvoller neuer Freund beim Zahnarzt Händchen gehalten?“

Sonya blickte auf und anschließend schnell weg. Ihre eben noch blassen Wangen röteten sich merklich. „Das sage ich dir nicht.“

„Er ist also tatsächlich verheiratet“, meinte Francesca.

Sonya wirkte schockiert. „Wer hat dir das erzählt?“

„Bianca. Sie scheint viel mehr über dein Liebesleben zu wissen als ich.“

Noch immer war sie verletzt. Francesca wandte sich ab, um in ihr Schlafzimmer zu gehen.

„Tut mir leid, Francesca, aber ich kann nicht über ihn reden!“, rief Sonya. „Es ist … kompliziert. Und Bianca weiß auch nicht alles. Sie hat neulich zufällig mitgehört, als ich mit ihm am Telefon gestritten habe.“

„Er ist also verheiratet?“ Francesca drehte sich zu ihr um.

Sonya senkte den Blick und presste die Lippen zusammen.

Am liebsten hätte sie ihr gesagt, was sie davon hielt. Dann erinnerte Francesca sich jedoch an Sonyas vorwurfsvolle Worte, sie würde wie ihre Mutter reden, und überlegte es sich anders.

„Ich ziehe mich um“, erklärte sie und wandte sich wieder ab. „Ich treffe mich in einer Stunde mit Angelo.“

„Nein, tust du nicht.“

Erneut drehte Francesca sich um. „Was soll das heißen?“

„Er hat vor ein paar Minuten angerufen und meinte, er würde erst morgen zurückkommen.“ Aus irgendeinem Grund errötete Sonya noch tiefer.

Argwöhnisch kniff Francesca die Augen zusammen. „Habt ihr euch wieder gestritten?“

„Nein.“

„Und warum machst du dann so ein schuldbewusstes Gesicht?“

„Okay, wir haben uns ein bisschen gestritten“, erwiderte Sonya scharf. „Ich kann nichts dafür, dass …“

„Warum hat er mich dann nicht über Handy angerufen?“, fiel Francesca ihr ins Wort.

„Er meinte, du wärst nicht rangegangen.“

Francesca holte ihre Tasche, die sie immer im Dienst trug, und langte hinein. Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie ihr Handy in der Hektik gar nicht eingesteckt hatte. Es musste immer noch in ihrer Handtasche sein. Als sie in ihr Schlafzimmer ging, um diese zu holen, stellte sie fest, dass Sonya ihr gefolgt war. Sie stand auf der Schwelle und sah sie mit seltsamer Miene an.

„Ist alles in Ordnung, cara?“ Francesca legte ihr die Hand auf die Wange, die sich heiß anfühlte. „Ich soll dich zwar nicht bemuttern, aber was hältst du davon, wenn du dich jetzt hinlegst und ich dir etwas Kaltes zu trinken bringe?“

In dem Moment traten in Sonyas blaue Augen Tränen „Sei nicht so nett zu mir, Francesca“, brachte sie hervor.

„Ich mag dich doch.“ Francesca strich ihr über das lange blonde Haar. „Warum sollte ich nicht nett zu dir sein?“

„Weil ich es nicht verdient habe.“ Sonya trat einen Schritt zurück und wischte sich mit dem Ärmel ihres Bademantels die Tränen ab. „Ich habe deine Freundschaft missbraucht.“

Im nächsten Moment klingelte das Telefon. Sonya ging ins Wohnzimmer, um abzunehmen, und rief sie wenige Sekunden später.

„Ciao, mi amore.“ Es war Angelo, und er klang müde. „Kein Wunder, dass du nicht ans Handy gehst! Ich verstehe, dass du nicht mit mir sprechen willst.“

„Ich hatte mein Handy vergessen, du Dummkopf“, schalt sie ihn und beobachtete, wie Sonya in ihrem Zimmer verschwand. „Schade, dass du in Mailand bleiben musst.“

„Ja. Ich muss mich für ein Geschäftsessen fertig machen, und dabei wollte ich einen romantischen Abend mit dir verbringen.“ Er seufzte und fügte dann hinzu: „Wie war dein Tag?“

Francesca erzählte es ihm, verschwieg allerdings den Vorfall an der Ampel und ihre Auseinandersetzung mit Sonya, um ihn nicht noch mehr gegen sie aufzubringen. „Aber ich habe ein Hochzeitskleid gefunden“, fügte sie fröhlich hinzu.

Zu ihrer Überraschung erwähnte er Sonya mit keiner Silbe und erkundigte sich stattdessen nach dem Kleid. Natürlich ging sie nicht darauf ein, und nach einigen Minuten liebevollen Geplänkels beendete er das Gespräch. So kannte sie ihn, und sie verspürte wieder das vertraute Glücksgefühl.

Sonya verließ an diesem Abend nicht mehr ihr Zimmer. Francesca sah einige Male nach ihr, ließ sie jedoch in Ruhe, da sie zu schlafen schien.

Am nächsten Morgen war Sonya wieder die Alte, und sie fuhren zusammen zur Arbeit. Gegen Mittag rief Angelo an, um sie zu informieren, dass er noch eine Nacht in Mailand bleiben müsste. Der nächste Tag war ein Samstag, und daher würden sie nicht wie geplant zusammen in die Albaner Berge fahren können. „Ich habe mit meinen Eltern abgesprochen, dass du mit ihnen fährst“, erklärte er.

Francesca war nicht gerade begeistert darüber, denn sie hatte bereits zu Anfang ihrer Beziehung mit ihm festgestellt, dass seine Eltern sie nicht besonders mochten. Vermutlich hatten sie sich für ihren geliebten einzigen Sohn eine andere Ehefrau erhofft, und wäre sie nicht mit Bruno Gianni verwandt gewesen, hätten sie sich bestimmt gegen eine Heirat ausgesprochen. Signora Batiste hatte sie einmal über ihre Mutter ausgefragt und dann zu ihrer Überraschung verkündet, sie wäre auf derselben Klosterschule wie sie gewesen. „Du siehst ihr sehr ähnlich – abgesehen von der Haarfarbe“, hatte sie gesagt, denn Maria hatte schwarzes Haar gehabt. „Es tut mir leid, dass sie es so schwer hatte. Ich hoffe, dass du mit meinem Sohn glücklicher bist und Bruno Gianni eines Tages doch auf dich zukommt. Aber bis dahin reden wir lieber nicht mehr von ihm.“

Francesca war es nur recht, weil sie ohnehin nicht gern über ihre Familie sprach.

Die Fahrt nach Frascati war dann auch nicht besonders unangenehm. Angelos Eltern begegneten ihr immer kühl, aber nicht abweisend. Kurz bevor sie am Ziel waren, verlieh Signora Batiste ihrem Ärger darüber Ausdruck, dass ihr Sohn ausgerechnet in dieser Woche in Mailand festgehalten wurde.

„Er ist selbst schuld“, erklärte ihr Mann wenig mitfühlend. „Angelo weiß, dass es kein gutes Geschäftsgebaren ist, viel beschäftigte Leute warten zu lassen, nur weil er später als geplant in Mailand eintrifft.“

„Er hat verschlafen und deswegen seinen Flug verpasst“, verteidigte sie ihren Sohn.

Ach ja?, dachte Francesca. Das war ihr neu.

„Die anderen haben die Maschine jedenfalls bekommen“, sagte Signor Batiste. „Ich weiß nicht, was sie am Abend gemacht haben, aber sie waren pünktlich am Flughafen.“

Francesca, die hinten saß, rutschte unbehaglich hin und her. Er fing ihren Blick im Rückspiegel auf. „Entschuldige, Francesca. Das sollte keine Anspielung darauf sein, dass ihr jungen Leute so spät ins Bett geht. Ich habe mich nur über Angelo geärgert, weil er an dem Morgen verschlafen hat.“

Sie errötete, obwohl sie sich keiner Schuld bewusst war, denn sie hatte Angelo am Abend vor seiner Abreise gar nicht gesehen. Er hatte ihr erzählt, er wollte zeitig ins Bett gehen, weil er am nächsten Morgen so früh aufstehen müsste.

„Wir können es uns nicht leisten, einen Mann wie Carlo Carlucci vor den Kopf zu stoßen. Seine Firma ist zu wichtig für uns“, fuhr Signor Batiste fort. Da er wieder auf die Straße blickte, sah er nicht, wie Francesca nun blass wurde. „In Mailand festzusitzen, während Carlo ihn durch die Mangel dreht, ist eine bessere Strafe, als wenn Carlo mit jemand anders Geschäfte macht.“

Daraufhin sagte seine Frau etwas zu ihm, das Francesca nicht verstand. Allerdings hörte sie ohnehin nicht mehr zu, denn sie musste wieder an ihre Begegnung mit Carlo Carlucci denken. Offenbar war er auf dem Weg zum Flughafen gewesen, um sich dort mit Angelo zu treffen. Es hatte ihn jedoch nicht davon abgehalten, mit ihr zu flirten.

Wieder rutschte sie unruhig hin und her. War es seine Überheblichkeit, die ihn sich so verhalten ließ? Glaubte er, er hätte das Recht, nur zum Spaß mit der Frau eines anderen Mannes zu spielen? Hätte er sie ausgelacht und wäre weggefahren, wenn sie seine Einladung angenommen hätte? Oder hätte er freiwillig seinen Flug nach Mailand verpasst, um mit ihr Kaffee trinken zu gehen?

Ach, hör auf damit, ermahnte sie sich und blickte aus dem Fenster, als sie wieder jenes Prickeln verspürte.

Dann konzentrierte sie sich auf die wichtigen Fragen. Warum hatte Angelo ihr nicht erzählt, dass er in Mailand bleiben musste, weil er seinen Flug verpasst und einen wichtigen Kunden verärgert hatte? Glaubte er, mit einem solchen Geständnis seinen Heldenstatus einzubüßen?

Ein amüsiertes Lächeln umspielte ihre Lippen. Eigentlich hätte er wissen müssen, dass er für sie immer der Held sein würde.

Schließlich fuhren sie die von hohen Zypressen gesäumte Auffahrt zur Villa Batiste entlang. Das weiße Gebäude war zwar nicht besonders groß, aber sehr beeindruckend, denn es lag auf einer Anhöhe und verriet genau wie die weitläufigen Gartenanlagen den verschwenderischen Stil der Renaissance. Als sie am Fuß der weißen Marmortreppe aus dem Wagen stiegen, spürte Francesca förmlich den Stolz der Besitzer und fragte sich nicht zum ersten Mal, wie es für diese sein musste, dass ihr Sohn einen Niemand wie sie heiratete. Er würde all dies eines Tages erben und nach seinem Tod an ihre gemeinsamen Kinder weitergeben.

Eine Cateringfirma hatte das Haus bereits mit Beschlag belegt, und daher hatten sie nur Zeit für eine Tasse Kaffee, bevor sie sich an die Arbeit machten. Signor Batiste ging in den Weinkeller, seine Frau in die Küche, und Francesca half, wo sie konnte. Um zwei gab es für sie nichts mehr zu tun. Angelo war immer noch in Mailand, und seine Eltern hatten sich hingelegt, um sich etwas auszuruhen.

Spontan beschloss sie, zu ihrem Großonkel zu gehen und ihm eine Nachricht zu hinterlassen. Vielleicht erwischte sie ihn ja in einem schwachen Moment.

Ihr Weg führte sie über schmale, gewundene Feldwege zwischen blühenden Bäumen entlang, durch die das Sonnenlicht fiel. Die Landschaft war wunderschön, und Francesca ließ sich Zeit, denn sie genoss den Anblick der Hügel und Weinberge.

Ein halbe Stunde später stand sie vor einem rustikalen alten Tor und sah auf ein Haus und einen Garten, bei dessen Anblick Angelos Mutter geschaudert hätte. Das Dach des alten Palazzo war an vielen Stellen reparaturbedürftig, an der ockerfarbenen Fassade blätterte die Farbe ab, und der Garten war völlig verwildert. Francesca blieb einen Moment stehen und betrachtete das Anwesen. Da sie die Wünsche ihres Onkels respektierte, betrat sie es nie. Nach einer Weile seufzte sie, nahm den versiegelten Brief aus der Tasche ihrer Jeansjacke und steckte ihn in den verrosteten Briefschlitz in einem der Steinpfeiler.

Sie wandte sich ab und wollte gerade zur Villa Batiste zurückkehren, als sie aus den Augenwinkeln plötzlich etwas Rotes wahrnahm. Sie erstarrte, und ihr stockte der Atem, denn auf der anderen Seite der schmalen Straße stand ein vertrauter roter Sportwagen, an dem lässig der Fahrer lehnte.

O nein, nicht er! war ihr erster Gedanke, während sie sich starr anblickten.

Carlo Carlucci trug einen hellblauen Kaschmirpullover und enge Jeans. Da er die Arme verschränkt hatte, war der Pullover ein wenig hochgerutscht und gab den Knopf seiner Jeans – und fast auch seinen flachen Bauch – frei.

Schockiert über die Richtung, die ihre Gedanken nahmen, zwang sich Francesca, ihm ins Gesicht zu sehen. Er lächelte – oder war es ein zynischer Zug um den Mund? Und er musterte sie genauso wie sie ihn, ließ den Blick über ihre Jeans und schließlich höher schweifen, bis er ihr in die Augen sah.

„Ciao“, grüßte er leise und in einem so verführerischen Tonfall, dass sie unwillkürlich erschauerte.

„Was machen Sie denn hier?“ Sie versuchte nicht einmal, höflich zu klingen.

„Wir treffen uns anscheinend immer an den seltsamsten Orten“, bemerkte er trocken. „Sind wir vielleicht Opfer des Schicksals, cara?“, fügte er nachdenklich hinzu.

3. KAPITEL

Schicksal, wiederholte Francesca im Stillen. Sie wusste um die Macht des Schicksals. Angelo zufolge hatte das Schicksal sie zusammengebracht.

Plötzlich dachte sie an die Feier, die an diesem Abend stattfinden sollte, und ihr fiel ein, dass dieser Mann eingeladen war. Sie hatte die Einladung sogar selbst geschrieben. Verstohlen ließ sie den Blick zum Cabrio schweifen, um zu sehen, ob Carlo Carlucci jemanden mitgebracht hatte. Überrascht stellte sie fest, dass er sich ausnahmsweise einmal nicht in Begleitung einer atemberaubenden Schönheit befand.

Als sie sich ihm wieder zuwandte, sah er sie an. „Gelegentlich reise ich mit leichtem Gepäck“, erklärte er lässig.

„Bedeutet die Tatsache, dass Sie hier und nicht in Mailand sind, dass Sie keine Lust mehr haben, Angelo das Leben schwer zu machen, und er auch zurück ist?“, konterte sie.

Er lächelte, doch seine Antwort war ernst. „Angelo hat alles verdient, was er von mir bekommen hat, Francesca. Lassen Sie sich von ihm also nichts anderes einreden.“

„Sie haben anscheinend noch nie verschlafen und eine Besprechung verpasst.“

„Nicht einmal nach einer leidenschaftlichen Nacht mit einer schönen Frau“, erwiderte er. „Allerdings …“, wieder musterte er sie, „… muss ich zugeben, dass es die Sache in seinem Fall wert war.“

Francesca wollte ihn über seinen Irrtum aufklären, doch dann wurde ihr klar, dass Angelo es offenbar als Grund für seine Verspätung angegeben hatte. Sie senkte den Blick, während sie sich darüber klar zu werden versuchte, was sie davon halten sollte. Die Vorstellung, dass er eine leidenschaftliche Nacht mit ihr als Entschuldigung für sein Verhalten angegeben hatte, womöglich noch vor seinen Geschäftsfreunden, war unerträglich. Allerdings hätte er so etwas auch nie getan.

„Ich muss los.“ Francesca wandte sich zum Gehen.

„Warten Sie einen Moment.“ Carlo Carlucci kam auf sie zu.

Unwillkürlich verspannte sie sich, und das vertraute Prickeln wurde stärker, je näher er kam. Als er ihren Arm umfasste, um sie zu sich herumzudrehen, zuckte sie zusammen. Dann stellte sie jedoch fasziniert fest, dass ihre Augen auf derselben Höhe mit seinem gebräunten Hals waren.

„Ich habe Sie in Verlegenheit gebracht. Entschuldigen Sie“, sagte er rau. „Das war sehr unhöflich.“

„Vergessen Sie es“, wehrte sie ab, doch er wusste genauso gut wie sie, dass sie es nicht so meinte.

„Er hat Sie namentlich nicht erwähnt, falls es Sie tröstet.“

„Was soll das heißen?“, fuhr sie ihn an. „Dass er offengelassen hat, ob er mit einer anderen Frau im Bett war? Na toll! Danke.“ Wütend versuchte sie, sich aus seinem Griff zu befreien.

Er ließ sie jedoch nicht los. Sie spürte seinen Zorn und seinen Frust.

„Ich entschuldige mich noch einmal“, sagte er schroff.

Wütend funkelte Francesca ihn an. „Ich schätze, ihr Männer findet es lustig, mit euren erotischen Erlebnissen zu prahlen.“ Bei der Arbeit hatte sie es selbst oft genug erlebt. „Ihr seid doch nichts als eitle Gockel, die sich mit ihren Eroberungen brüsten“, fügte sie hinzu, ohne sich dessen bewusst zu sein, bis sie ihn lachen hörte.

„Lachen Sie mich nicht aus!“, rief sie.

„Dann sagen Sie nicht so komische Sachen. Sie klingen wie eine aufgebrachte Jungfrau.“

Genau das war sie aber! „Haben Sie ihm von Ihrem Annäherungsversuch auf dem Corso erzählt, um mit ihm mithalten zu können?“

„Nein“, erwiderte er. „Viel interessanter ist allerdings die Frage, ob Sie es getan haben.“

„Warum? Machen Sie sich Sorgen, dass er Ihrem Ruf als Frauenheld schaden könnte, indem er überall erzählt, ich hätte Sie abblitzen lassen?“

Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, bereute sie es. Carlo Carlucci umfasste auch ihren anderen Arm und zog sie näher an sich heran.

„Haben Sie mich denn abblitzen lassen? Oder haben Sie wie ein verschrecktes Kaninchen die Flucht ergriffen, weil Sie so erregt waren, dass Sie nicht wussten, wie Sie damit umgehen sollen?“

„Das ist nicht wahr!“, brachte sie entsetzt hervor.

„Wollen wir es herausfinden?“

Das Funkeln in seinen Augen ließ sie erahnen, was er vorhatte, und sie atmete scharf ein. Plötzlich war die Atmosphäre spannungsgeladen.

Dann knackte irgendwo ein Zweig, und sie wandten beide den Kopf und sahen zum Tor. Noch immer ganz atemlos, ließ Francesca den Blick durch den verwilderten Garten schweifen, in der verrückten Hoffnung, dass ihr Großonkel dort erschien, um sie aus dieser Situation zu befreien.

Doch nichts dergleichen passierte. Kein gepflegter alter Herr in weinroter Smokingjacke erschien in der von Zweigen übersäten Auffahrt. Die Strahlen der Nachmittagssonne fielen durch die Blätter der Bäume und des wilden Weins und tauchten die Fassade in sanftes Licht, aber es blieb still.

Francesca seufzte traurig. Daraufhin bewegte Carlo Carlucci sich, und sie sah ihn an. Der Ausdruck in seinen Augen verriet ihr Dinge, die sie lieber nicht wissen wollte.

„Bitte lassen Sie mich los“, flüsterte sie.

Zuerst dachte sie, er würde sie weiterhin festhalten, und sie war den Tränen nahe. Dann ließ er sie aber los, und sie wandte sich ab.

„Sie sind mit Bruno Gianni verwandt?“, fragte er.

„Was …?“ Sie blinzelte und sah ihn flüchtig an. „Oh … nein“, log sie und senkte schnell den Blick, damit er die Tränen in ihren Augen nicht sah.

„Seltsam“, bemerkte er leise. „Ich hätte schwören können, dass Sie etwas in seinen Briefkasten geworfen haben, als ich kam.“

Wieder erstarrte sie. „Sie … Sie haben sich geirrt. Ich habe nur den Garten bewundert.“

„Den Garten“, wiederholte er und lachte leise. „Das ist kein Garten, cara, sondern ein Urwald!“

„Unter einem gepflegten Garten verstehen Sie wohl, dass alles in Reih und Glied steht und die Rasenkanten mit der Nagelschere gestutzt werden!“

„Bruno Gianni ist da offenbar anderer Meinung“, bemerkte er.

Carlo Carlucci machte sich immer noch über sie lustig! Er hatte sich sogar gegen einen der Torpfeiler gelehnt und wieder die Arme vor der Brust verschränkt. Sie hasste ihn, weil er so verführerisch wirkte!

„Ich auch“, verkündete Francesca, während sie mühsam die Fassung wiederzugewinnen versuchte. „Und ich mag diesen Garten. Er hat das gewisse Etwas und … und …“

„Und eine wildromantische Atmosphäre“, ergänzte er. „Man könnte sogar sagen, dass er verwunschen ist und zum Träumen anregt oder Dornröschen in einem der Zimmer schläft und auf ihren Prinzen wartet …“

„Als Nächstes behaupten Sie noch, Sie würden an Feen glauben“, spottete sie.

„Warum nicht?“, meinte er. „Wir sollten alle an Magie glauben. Sonst würden wir nicht mehr danach suchen, und das wäre doch traurig, oder? Ach kommen Sie, Francesca.“ Er seufzte ungeduldig, als sie sich verspannte. „Ich habe Sie nur aufgezogen. Ziehen Sie Ihre Krallen ein.“

„Ich habe meine Krallen nicht ausgefahren“, entgegnete sie wider besseres Wissen.

Carlo Carlucci lachte nun auf. „Sie erinnern mich an eine schöne, aber kratzbürstige Katze.“

„Sie kennen mich doch überhaupt nicht“, fuhr sie ihn an und seufzte dann. „Es macht Ihnen Spaß, mich auf die Palme zu bringen.“

„Si“, räumte er ein.

Sie war für ihn also nur eine Beute – leichte Beute.

Carlo betrachtete ihr schönes Gesicht, als sie im Sonnenlicht stand, und fragte sich grimmig, ob Francesca eine Ahnung hatte, wie verletzt sie wirkte. Er wurde wütend und verspürte gleichzeitig den Drang, sie wieder an sich zu ziehen und ihr zu beweisen, warum seine Bemerkungen ihr so wehtaten.

Carlo ließ den Blick zu dem baufälligen Palazzo schweifen. Sie war kein Dornröschen, sondern vielmehr wie Aschenputtel, denn sie bekam so wenig Zuneigung und Liebe, dass sie jedem Mann zum Opfer fallen konnte.

Er stieß sich vom Pfeiler ab. „Wenn ich Ihnen anbiete, Sie mitzunehmen, lehnen Sie sicher ab.“

Francesca musste ihm recht geben. „Verstehen Sie es nicht falsch, aber ich laufe lieber.“

Sein ironisches Lachen veranlasste sie, ihn wieder anzusehen. „Das war sehr höflich, cara, und typisch englisch.“

„Ich bin ja auch Engländerin.“

„Hm“, meinte er, als fände er auch das amüsant. Zu ihrer Überraschung ging er dann zu seinem Wagen zurück. „Wie eine kühle Brise an einem Sommertag“, fügte er über die Schulter gewandt hinzu, während er die Tür öffnete und einstieg. „Sehr widersprüchlich.“

„Danke.“ Sie runzelte die Stirn.

Carlo verzog nur das Gesicht und startete den Motor. „Bis später.“

Francesca blickte ihn verständnislos an.

„Ihre Verlobung mit dem armen Angelo, den ich so schlecht behandelt habe.“ Erfreut stellte er fest, dass der verblüffte Ausdruck in ihren Augen echter Bestürzung wich, denn es bewies ihm, dass sie die ganze Zeit nicht an ihren wundervollen Angelo gedacht hatte.

Zufrieden trat er aufs Gaspedal und fuhr davon.

Francesca blickte Carlo Carlucci nach. Sein Haar glänzte in der Sonne. Sie konnte es kaum fassen. In seiner Gegenwart hatte sie völlig vergessen, dass an diesem Abend das wichtigste Ereignis in ihrem Leben stattfinden würde.

Wieder knackte irgendwo hinter ihr ein Zweig, und sie wandte sich um. Finster betrachtete sie den verwilderten Garten ihres Großonkels, als wäre dieser schuld an ihrer Verwirrung. Wenn er ein netter Mensch gewesen wäre, hätte er längst auf ihre Briefe geantwortet. Dann müsste sie ihm nicht immer noch schreiben und wäre auch nicht Carlo Carlucci begegnet und Opfer seiner Spötteleien geworden.

Sie schämte sich und verachtete ihn, weil er mit ihr spielte. Energisch hob sie das Kinn. Carlo Carlucci war nur ein Mann von vielen, der glaubte, alle Frauen wären leicht zu haben.

Nun ging es ihr besser, und sie ging los.

Schließlich kam die Villa Batiste in Sicht. Die Nachmittagssonne tauchte die weißen Marmorwände in warmes Licht, und der Kontrast zum Palazzo ihres Onkels hätte nicht größer sein können. Francesca blieb einen Moment stehen, und plötzlich wurde ihr klar, dass sie dieses wunderschöne Anwesen nicht mochte. Alles war zu ordentlich und gepflegt.

Aber was soll’s, sagte sie sich, es ist ein toller Ort, um seine Verlobung zu feiern. Sie setzte ihren Weg fort und ging die lange, gerade, von Zedern gesäumte Auffahrt entlang. Als sie den runden Hof vor dem Haus überquerte, sah sie Angelo durch die Haustür kommen. Sofort hob sich ihre Stimmung. Er trug ein weites weißes Sweatshirt und Jeans, und sein Haar schimmerte golden in der Sonne.

Francesca lief die Treppe hoch, und er breitete die Arme aus und lächelte jungenhaft. Glücklich schmiegte sie sich an ihn und erwiderte seinen Kuss. Oh, ich liebe diesen schönen Mann, dachte sie selig.

„Du ahnst nicht, wie sehr ich dich vermisst habe“, sagte sie und seufzte, nachdem sie sich voneinander gelöst hatten.

„Doch, ich glaube schon“, meinte Angelo lächelnd.

Erst dann bemerkte Francesca die Schatten unter seinen Augen und den müden Zug um seinen Mund. „Hattest du einen schlechten Tag?“, fragte sie leise.

„Eine ziemlich schlechte Woche.“ Er verzog das Gesicht. „Ich möchte mich nie wieder mit Carlo Carlucci anlegen.“

Das konnte sie sehr gut verstehen. Dann fiel ihr ein, dass sie eigentlich wütend auf ihn sein müsste, weil er sich Carlo Carlucci gegenüber mit seinem Liebesleben gebrüstet hatte. Sie wollte ihn gerade darauf ansprechen, als lautes Hupen ertönte und ein Minibus die Auffahrt hochkam.

Francesca löste sich ein wenig von Angelo und beobachtete lächelnd, wie der Minibus vor der Treppe hielt und ihre Freunde und Kollegen ausstiegen. Sie übernachteten in einem Hotel in der Stadt, waren jedoch vorbeigekommen, um Sonya abzusetzen, die genau wie Bianca und einige andere an diesem Tag gearbeitet hatte. Es waren fünfzehn Leute, und alle betrachteten fasziniert die Villa und machten bewundernde Bemerkungen.

Sonya stieg als Letzte aus. Sie trug ein schlichtes weißes Etuikleid, das ihre tolle Figur und ihre langen Beine perfekt zur Geltung brachte. Ihr langes hellblondes Haar schimmerte in der Sonne, während sie sich umblickte. Sie war wirklich eine Schönheit, das sagten alle – außer Angelo. Er fand sie zu eitel und eingebildet, und Sonya dachte genauso über ihn.

Als Sonya schließlich zu ihnen aufsah und Francesca den spöttischen Ausdruck in ihren großen blauen Augen bemerkte, verspürte sie einen Anflug von Verzweiflung. Sonya machte sich über die offene Zurschaustellung des Reichtums lustig.

Angelo hatte es offenbar auch bemerkt, denn er verstärkte seinen Griff und flüsterte einige boshafte Worte.

„Ist das toll hier!“, rief jemand. „Warum ist das Anwesen nicht Bestandteil unserer Besichtigungstour?“

„Lasst das ja nicht meine Mutter hören“, konterte Angelo trocken. „Sonst schickt sie euch alle sofort wieder zurück.“

Alle lachten. Das war eine der Eigenschaften, die Francesca so an ihm liebte. Obwohl er zur Oberschicht gehörte, hatte er es sich ihren Freunden gegenüber nie anmerken lassen. Er war unkompliziert, nett und großzügig. Er mochte es, wenn andere ihn mochten – im Gegensatz zu einem anderen Mann, den es einen Dreck scherte, was andere von ihm hielten. Carlo Carlucci gehörte allerdings zu den ganz Reichen.

Ach, denk doch nicht ständig an ihn, sagte Francesca sich ärgerlich und war froh über die Ablenkung, als ihre Freunde wieder in den Minibus stiegen. Angelo ging die Treppe hinunter, um Sonya ihre Reisetasche abzunehmen, und nachdem sie einige höfliche Worte miteinander gewechselt hatten, kamen sie zu ihr, um den anderen nachzuwinken.

Dann herrschte zunächst Schweigen. Während Sonya Interesse an dem weitläufigen Garten heuchelte, betrachtete Angelo angelegentlich seine Schuhe. Francesca blickte zwischen beiden hin und her und seufzte dann. Sie hatte sich nie erklären können, warum die beiden einander nicht ausstehen konnten, aber ihr war klar, dass es immer schlimmer wurde.

Schließlich hob Angelo das Kinn. „Wollen wir reingehen?“, fragte er höflich, bevor er sich abwandte und das Haus betrat.

Sie folgten ihm in die prunkvolle, in Grün und Weiß gehaltene marmorne Empfangshalle und gingen zusammen die geschwungene Treppe hinauf. Nachdem Angelo die Tür zu einer der Schlafsuiten geöffnet hatte, ließ er ihnen den Vortritt. Sonya ging zuerst hinein und blieb mit dem Rücken zu ihnen stehen.

„Könnt ihr heute Abend ausnahmsweise einmal nett zueinander sein, wenn ich euch darum bitte?“, platzte Francesca heraus.

„Entschuldigt mich“, sagte Angelo. „Mein Vater erwartet mich in seinem Arbeitszimmer.“ Dann ging er und schloss die Tür hinter sich.

Sonya drehte sich zu ihr um. „Ich habe nichts getan.“

„Ich weiß“, bestätigte Francesca. „Ich muss mich für sein Verhalten entschuldigen.“

„Das brauchst du nicht“, erwiderte Sonya gereizt. „Er ist nur …“

Wütend auf mich, ergänzte Francesca im Stillen und krauste die Stirn, weil sie nicht verstand, warum das der Fall war. Dann begriff sie plötzlich. „Es ist der verheiratete Mann, mit dem du dich triffst“, erklärte sie. „Angelo weiß, wer es ist, stimmts?“

Sonya stieß etwas Unverständliches hervor und wandte sich dann ab, was ihre Vermutung bestätigte. Auf einmal passte alles zusammen. Die spitzen Bemerkungen, die die beiden einander gegenüber immer machten, die kurzen, aber heftigen Wortwechsel, die sie immer etwas abseits der anderen austrugen und die die Atmosphäre vergifteten. Diese Feindseligkeiten hatten erst vor zwei Wochen begonnen, und so lange dauerte Bianca zufolge auch Sonyas Affäre an. Vor zwei Wochen hatte Angelo ihr, Francesca, den Heiratsantrag gemacht. Als sie ihn angenommen hatte, arrangierte er zur Feier des Tages ein Festessen in einem seiner Lieblingsrestaurants. An dem Abend hatte Sonya seine Familie kennengelernt. Francesca ließ den Anlass noch einmal Revue passieren und überlegte, welcher der anwesenden verheirateten Männer infrage kam.

Warum habe ich bloß nichts gemerkt?, fragte sie sich. Doch sie kannte die Antwort. Sie hatte in den letzten beiden Wochen nur an Angelo gedacht. Dann kam ihr ein anderer Gedanke.

„Er kommt heute Abend auch, ja?“, erkundigte sie sich herausfordernd. „Er kommt mit seiner Frau, und du glaubst, du könntest dich für eine Weile mit ihm davonstehlen.“

„So ein Unsinn!“, entgegnete Sonya.

„Ich kenne dich“, beharrte Francesca. „Ich weiß, wie unvernünftig du wirst, wenn du einen neuen Mann kennenlernst.“

„Du klingst schon wieder wie meine Mutter.“

Francesca musste ihr recht geben, doch es war ihr egal. „Angelo fürchtet, ihr beide könntet heute Abend einen Skandal verursachen. Ich wette, er hat euch beide sogar gebeten, nicht zu kommen.“

„Du liegst völlig daneben.“ Sonya bückte sich, um ihre Tasche hochzuheben.

„Warum ist Angelo dann wütend auf dich?“, platzte Francesca heraus.

Sonya antwortete nicht, sondern durchquerte den Raum und öffnete die erstbeste Tür, die zufällig zum Badezimmer führte. Sie betrat es und wollte die Tür gerade hinter sich zuknallen, als Francesca weitersprach.

„Versprich mir, dass du heute Abend keine Dummheiten machst“, bat sie inständig.

Einen Moment lang glaubte sie, Sonya würde ihre Unschuld beteuern. Stattdessen ließ Sonya die Schultern sinken und seufzte. „Dann versprich mir, dass du Angelo von mir fernhältst“, sagte sie. „Und versuch ja nicht, aus mir herauszubekommen, wer der Mann ist!“

Im nächsten Moment knallte sie die Tür zu, und Francesca zuckte zusammen. Sie wollte gerade die Suite verlassen, als sie unten in der Halle wütende Stimmen hörte. Eine davon war Angelos. Mit klopfendem Herzen blieb sie stehen.

„Für wie dumm hältst du mich eigentlich? Natürlich werde ich jetzt nicht alles aufs Spiel setzen. Deiner Firma wird nichts passieren, Papa, du hast mein Wort darauf“, sagte Angelo bitter. „Und vergiss ja nicht, wer von uns den Preis dafür zahlt!“

Daraufhin sprach sein Vater, doch sie konnte nicht verstehen, was er sagte. Dann gingen die beiden offenbar in ein Zimmer, denn eine Tür wurde geschlossen.

Francesca fragte sich, ob die Firma seines Vaters in Schwierigkeiten steckte. Hatte Carlo Carlucci ihm, wie Alessandro Batiste befürchtet hatte, damit gedroht, keine Geschäfte mehr mit ihm zu machen?

Allmählich beeinflusst dieser verdammte Kerl mein ganzes Leben, dachte sie grimmig, als sie ihre Suite betrat, die gleich neben Sonyas lag. Wäre er verheiratet gewesen, hätte sie sich gefragt, ob er Sonyas neuer Lover war, denn diese war genau sein Typ.

Mit diesem Gedanken ging sie ins angrenzende Bad, um sich in der Wanne zu entspannen, bevor sie wieder nach unten ging.

„Ich hatte mir fest vorgenommen, den Fehler nicht zu machen.“ Stirnrunzelnd betrachtete Francesca sich im Spiegel.

„Welchen Fehler?“ Sonya stand hinter ihr und steckte ihr das Haar hoch.

„Ein figurbetontes Kleid zu kaufen.“

Ihr war immer klar gewesen, dass sie keine hinreißende Schönheit war. Sie war zwar groß und schlank und hatte hübsche Beine, aber sie hatte keine Modelfigur, sondern weibliche Kurven – eine schlanke Taille, breite Hüften und volle Brüste, deren Ansatz in dem tiefen Ausschnitt ihres Kleides deutlich zu sehen war.

„Du meine Güte!“ Francesca seufzte und versuchte, das Oberteil ein wenig hochzuziehen.

„Du bist viel zu selbstkritisch!“, tadelte Sonya sie leise. „Hast du eine Ahnung, wie viele Frauen eine Menge Geld ausgeben, um deine Körbchengröße zu bekommen?“

„Sie können meine gratis haben“, erwiderte Francesca. Eigentlich hatte sie ein klassisches schwarzes Kleid gesucht, um sich mit ihren hocheleganten Gästen messen zu können. Stattdessen war sie jedoch mit dieser dunkelroten Kreation nach Hause zurückgekehrt, deren Oberteil wie eine zweite Haut saß, wie sie nun entsetzt feststellte. Zum Glück lenkte der knöchellange Rock aus Seidenorganza ein wenig davon ab. Es war das teuerste Kleidungsstück, das sie sich je gekauft hatte. „Es ist viel zu auffällig“, klagte Francesca.

„Du spinnst“, entgegnete Sonya. „Du wirst heute Abend die schönste Frau auf deiner Feier sein.“ Nachdem sie den Kamm in ihrem Haar befestigt hatte, trat sie einen Schritt zurück, um sie zu betrachten. „Die Farbe ist einfach perfekt für dich!“

„Sie hat mich an den Rubin in meinem Ring erinnert“, erklärte Francesca. Das war auch der Grund gewesen, warum sie Schwarz vorgezogen hatte. „Glaubst du, sie gefällt Angelo?“

„Angelo wird hingerissen sein“, gestand Sonya und klang ausnahmsweise einmal überhaupt nicht sarkastisch. Dann wandte sie sich ab, um den Schal aus Seidenchiffon, der zu dem Kleid gehörte, von einem Stuhl zu nehmen und ihn ihr um die Schultern zu legen. „So, jetzt siehst du wie eine Prinzessin aus.“

„Eher wie eine aufgedonnerte Barbiepuppe.“

„Nein.“ Sonya stellte sich neben sie vor den Spiegel. Sie trug jetzt ein kurzes, knappes Etuikleid aus Satin in ihrer Augenfarbe. „Ich bin hier die Barbiepuppe, cara.“

Sie lachten beide schallend, was in letzter Zeit selten vorgekommen war. „Ich werde dich vermissen, wenn ich verheiratet bin“, sagte Francesca leise, sobald sie sich wieder beruhigt hatten.

Einen Moment lang herrschte angespanntes Schweigen. Schließlich lachte Sonya wieder, diesmal allerdings anders. „Du wirst viel zu beschäftigt sein, um mich zu vermissen.“

Damit meinte sie natürlich ihr Liebesleben. Als Francesca sich das erste Mal mit Angelo vorzustellen versuchte, sah sie jedoch das Gesicht eines anderen Mannes vor sich. Es schockierte sie so sehr, dass sie einen entsetzten Laut ausstieß.

„Was ist?“, fragte Sonya scharf.

„Nichts“, wehrte Francesca ab, weil sie es ihr unmöglich erzählen konnte. Es wäre Wasser auf Sonyas Mühlen gewesen, wenn sie ihr gestanden hätte, dass ein anderer Mann sie so erregen konnte. Dass sie so für einen anderen Mann empfinden konnte, obwohl sie im Begriff war, sich mit Angelo zu verloben, machte ihr allmählich Sorgen.

Im nächsten Augenblick klopfte es an der Tür. Es war Angelo, der sie abholen wollte. Sonya verabschiedete sich kurz angebunden und verließ das Zimmer. Als Francesca ihn sah, wurde ihr sofort leichter ums Herz. Er trug einen schwarzen Smoking und sah so überwältigend aus, dass sie förmlich dahinschmolz. Das ist nur die typische Nervosität vor der Hochzeit, die alle Frauen befällt, sagte sie sich und erwiderte sein Lächeln, als er sagte: „Ah, bella – bella, mi amore. Du raubst mir den Atem.“

Und genau das will ich, sagte sie sich, als sie auf ihn zuging. Sie wollte ihn beeindrucken und in seiner Liebe schwelgen.

Das tat sie auch in den nächsten Stunden, während immer mehr Gäste eintrafen und Angelo kaum von ihrer Seite wich. Um Mitternacht wollten sie ihre Verlobung offiziell bekannt geben, und bis dahin konnte man sich entweder an dem festlichen Büfett in einem der Säle bedienen oder zu der Musik einer Band in einem anderen Saal tanzen.

Gegen zehn traf Carlo Carlucci ein. Missmutig beobachtete Francesca, dass er einiges Aufsehen erregte, obwohl er lediglich in der Nähe der Tür stand. Überrascht stellte sie fest, dass er auch jetzt allein war und sich von Angelo und ihr fernhielt. Es war zwar unhöflich, aber ihr war es so lieber, sonst hätte er sie womöglich wieder aufgezogen oder gar Angelo gegenüber erwähnt, dass er ihr zweimal zufällig begegnet war. Angelo hätte sich sicher gefragt, warum sie es ihm nicht erzählt hatte.

Sie nahm sich vor, es gleich am nächsten Tag zu tun. Nun allerdings war sie glücklich, und so sollte es auch bleiben.

Sonya blieb die ganze Zeit in Gesellschaft ihrer Kollegen und Freunde und ließ sich nicht anmerken, ob ihr Geliebter auch anwesend war. Francesca war sich jedoch ganz sicher, dass er unter den Gästen sein musste. Im Lauf des Abends ließ sie sie zunehmend öfter aus den Augen. Sie war zu sehr damit beschäftigt, mit einem Gast nach dem anderen zu tanzen und Komplimente über ihr Aussehen entgegenzunehmen. Niemand flirtete so gekonnt wie die Italiener. Für sie war es so ungewohnt, im Zentrum der allgemeinen Aufmerksamkeit zu stehen und bewundert zu werden, dass sie wie berauscht war. Oder lag es am Champagner?

Immer wenn sie eine Pause einlegte, drückte ihr jemand ein Glas in die Hand, um mit ihr anzustoßen. Auch Angelo war ständig mit Beschlag belegt, sodass sie sich nur kurz etwas zurufen konnten, wenn sie auf der Tanzfläche aneinander vorbeiwirbelten. Es schien ihr, als hätten alle Gäste sich verschworen, um Angelo und sie bis Mitternacht voneinander fernzuhalten.

Francesca setzte gerade einen Tanz aus, als sie zufällig beobachtete, wie Sonya sich durch eine der Terrassentüren nach draußen schlich. Schnell ließ sie den Blick durch den Saal schweifen, um zu sehen, ob jemand ihr folgte.

Zu ihrem Verdruss begegnete sie dabei dem Blick Carlo Carluccis. Er stand immer noch in der Nähe der Tür und lauschte seinem Gesprächspartner, sah jedoch sie an.

Sofort überlief sie wieder ein Schauer. Schnell wandte sie sich ab und bahnte sich einen Weg durch die Menge zu den Terrassentüren. Sonya hatte die Tür angelehnt gelassen. Francesca schlüpfte hinaus und ging über die große Marmorterrasse auf die Treppe zu, die zu der darunter liegenden Terrasse führte. Es war ein kühler Frühlingsabend, und sie rieb sich fröstelnd die Arme, während sie stehen blieb und den Blick durch den Garten schweifen ließ.

Sie hörte die beiden, bevor sie sie sah, denn von der darunter liegenden Terrasse drangen Stimmen herauf.

„Lass mich los!“ Das war Sonya, und sie klang wütend.

„Nein.“ Es war Angelos Stimme. „Ich lasse nicht zu, dass du es ruinierst, Sonya …“

„Ich werde es ihr trotzdem sagen“, erklärte Sonya hitzig. „Sie hat ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren. Ich tue ihr damit einen Gefallen.“

Sie drohte Angelo damit, der Frau ihres Geliebten von ihrer Affäre zu erzählen. Das kann ich nicht zulassen, dachte Francesca. Sie wollte gerade zur Treppe gehen, um Angelo den Rücken zu stärken, als dessen nächste Worte sie innehalten ließen.

„Du glaubst also, sie wird dir um den Hals fallen und dir verzeihen, weil du, ihre beste Freundin, mit mir schläfst, dem Mann, den du über alles liebst, ja?“

In dem Moment brach für sie eine Welt zusammen.

4. KAPITEL

Francesca begann so stark zu zittern, dass sie sich kaum noch aufrecht halten konnte, und ihr Herz raste. Sie konnte es nicht fassen, wollte es einfach nicht glauben. Sie schloss sogar die Augen und ließ sich Angelos Worte noch einmal durch den Kopf gehen. Vielleicht hatte sie ihn ja falsch verstanden.

Doch es war nicht der Fall. Sonyas nächste Worte machten es ihr auf brutale Weise deutlich. „Du willst sie überhaupt nicht! Du magst sie ja nicht einmal.“

„Was ich will und was ich bekomme, sind zwei völlig verschiedene Dinge.“

„Geld“, sagte Sonya scharf. „Du bist bereit, eine Frau zu heiraten, für die du nichts empfindest, nur um an das Vermögen der Familie Gianni zu kommen. Als hätten die Batistes nicht genug Geld! Es ist wirklich widerwärtig!“

„Und es geht dich nichts an“, sagte Angelo rau.

„Solange du nicht die Hände von mir lassen kannst, tut es das sehr wohl.“

Als Francesca ein gequältes Stöhnen hörte, öffnete sie wieder die Augen und beobachtete, wie Angelo ihre Freundin an sich zog und die Lippen auf ihren Hals presste. „Ich bekomme dich einfach nicht aus dem Kopf“, erklärte er heiser. „Wenn ich die Augen zumache, sehe ich dich, nackt auf mir.“

„Schließt du auch die Augen und denkst an mich, wenn deine kleine Erbin nackt auf dir liegt?“

Daraufhin hob er den Kopf und ließ die Hände verlangend über ihr knappes blaues Kleid gleiten. „Ja“, brachte er hervor.

Francesca schwankte und drohte das Gleichgewicht zu verlieren. In dem Moment legte ihr jemand von hinten die Arme um die Taille und hielt sie fest. Es war ein Mann. Er schloss die langen, schlanken Finger um ihre eisigen Hände und neigte den Kopf, sodass sein Mund dicht an ihrem Ohr war.

„Haben Sie genug gehört?“, fragte Carlo rau, und wieder erschauerte sie.

Es überraschte sie nicht einmal, dass er es war. Verrückterweise passte es irgendwie, dass er Zeuge dieser demütigenden Szene wurde.

Francesca wollte gerade nicken, als Angelo erneut aufstöhnte und die Lippen auf Sonyas presste. Sonya versuchte nicht einmal, ihn davon abzuhalten, und erwiderte hingebungsvoll das erotische Spiel seiner Zunge. Die Art, wie die beiden sich küssten und dabei streichelten, bewies, dass sie es nicht zum ersten Mal taten. Angelo schob Sonyas Kleid hoch und streifte ihr einen Träger hinunter, um ihre Brust mit den Lippen zu liebkosen. Man musste nicht zweimal hinsehen, um zu erkennen, dass sie nichts darunter trug. Offenbar war sie in eindeutiger Absicht zur Feier gekommen.

Francesca wurde übel, und sie schauderte. Carlo reagierte so schnell darauf, dass ihr der Atem stockte. Er drehte sie zu sich herum und hielt sie fest, bis sie sich etwas beruhigt hatte.

„Ja, mach das noch mal“, drang Angelos Stimme an ihr Ohr.

Einen entsetzlichen Moment lang glaubte Francesca, sie würde in Ohnmacht fallen. Carlo merkte es anscheinend, denn im nächsten Augenblick hob er sie hoch.

„Mir geht es gut“, brachte sie hervor.

„Seien Sie leise, sonst hören die beiden Sie!“, flüsterte er ihr ins Ohr.

Allein der Gedanke daran veranlasste sie, sich an Carlo zu schmiegen, während er mit ihr zur Seite der Villa ging. Als sie um die Ecke kamen, verstummten auch die Musik und das Stimmengewirr, die durch die Terrassentüren in den Garten gedrungen waren.

Carlo ging weiter den Flügel entlang. Da dieser die Privaträume beherbergte, lagen alle Räume im Dunkeln. Nur der Mond spendete etwas Licht. Alle Zimmer hatten Terrassentüren, und vor einer blieb Carlo schließlich stehen. Francesca spürte das Spiel seiner Muskeln, als er die Klinke hinunterdrückte. Die Tür ging auf, und er trug sie hinein. Im Mondlicht sah sie, dass es sich um Signor Batistes Arbeitszimmer handelte. Die schweren, dunklen Möbel passten nicht so recht zur restlichen Einrichtung im Haus.

Carlo setzte sie in einen Ledersessel vor dem Kamin, in dem Holzscheite aufgeschichtet waren. Noch immer zitternd, legte sie die Arme um sich und beobachtete, wie er zur Terrassentür ging und diese abschloss. Sie erschauerte, wusste aber nicht, warum. Dann durchquerte er den Raum und verriegelte auch die Tür zur Eingangshalle.

„Nicht“, bat sie, als er das Licht einschalten wollte.

Carlo ließ die Hand sinken, und sie versuchte, sich ein wenig zu entspannen – allerdings vergeblich, denn sie war völlig verkrampft. Noch immer ohne ein Wort zu sagen, ging er wieder durchs Zimmer. Er war nicht mehr als ein Schatten im Dunkeln, und das war momentan gut so. Sie wollte sein Gesicht nicht sehen und wollte auch nicht, dass er sie anblickte. Sie fühlte sich bloßgestellt und missbraucht und war am Boden zerstört.

Diesmal hörte sie leises Klirren.

Angelo und Sonya – Sonya und Angelo. Francesca schloss die Lider, während ihr die beiden Namen immer wieder durch den Kopf gingen und die schreckliche Szene erneut vor ihrem geistigen Auge ablief. Sie hörte das Keuchen und Stöhnen der beiden, und ihr Magen krampfte sich zusammen, denn ihr gegenüber hatte Angelo nie animalische Lust empfunden. Seine Küsse und Liebkosungen waren eher liebevoll gewesen.

Die beiden hatten wirklich perfekt geschauspielert, und sie war darauf hereingefallen. Sie hatten sie hintergangen und sich dabei wahrscheinlich auch noch über ihre Naivität amüsiert.

Das Gefühl der Demütigung war so überwältigend, dass ihr Herz wieder schmerzhaft zu pochen begann. Mühsam öffnete Francesca die Augen und blickte an sich hinunter. Angelo hatte sich nie veranlasst gefühlt, ihre Brüste zu entblößen, und allenfalls ihre Schenkel gestreichelt. Nun sah sie seine zärtlichen Liebkosungen, die sie als Ausdruck seiner Liebe und seines Respekts empfunden hatte, in einem ganz anderen Licht. Es war alles Kalkül gewesen. Er verachtete sie.

Angelo hatte sie nur aus Berechnung heiraten wollen. Und im Bett hätte er an Sonya gedacht, um es ertragen zu können.

Francesca schauderte erneut. Sie verachtete ihn, weil er ihr das angetan hatte – und sich selbst, weil sie so naiv und blind gewesen war.

Die reiche Erbin und der Mitgiftjäger, dachte sie bitter.

Doch sie war keine reiche Erbin. Und sie konnte nicht verstehen, warum Angelo offenbar anders dachte. Schließlich hatte sie ihm bereits erzählt, welcher Natur ihre Verbindung zur Familie Gianni war.

„Hier, trinken Sie das.“

Francesca war gar nicht bewusst gewesen, dass sie die Augen wieder geschlossen hatte, bis sie sie öffnete. Sie hatte Carlo gar nicht kommen hören und stellte nun fest, dass er vor ihr hockte. Da ihre Augen sich mittlerweile an die Dunkelheit gewöhnt hatten, nahm sie ihn jetzt auch nicht mehr als Schatten wahr, sondern konnte seine Züge erkennen. Er hatte den Mund zusammengepresst und betrachtete sie forschend, während er ihr ein Glas an die Lippen hielt. Gehorsam trank sie einen Schluck. Es war Brandy.

Fasziniert beobachtete sie, wie er ebenfalls einen Schluck trank. Er hielt das Glas zwischen seinen langen, schlanken Fingern, während sie immer noch ihre Arme umklammerte und ihre Nägel sich schmerzhaft in ihre Haut bohrten.

„Wie viel … wie viel haben Sie gehört?“, flüsterte sie stockend.

Einen Moment lang dachte sie, er würde nicht antworten. „Das meiste“, erwiderte er schließlich und stand auf.

Francesca wandte den Kopf und blickte zu den Holzscheiten im Kamin. Dieser große dunkelhaarige, schicke Römer hatte hinter ihr gestanden und miterlebt, wie alles, was ihr etwas bedeutete, ins Lächerliche gezogen wurde. Sie fühlte sich zutiefst gedemütigt.

„Warum waren Sie da draußen?“ Niemand sonst war auf der Terrasse gewesen – zumindest hoffte sie es!

Plötzlich kam ihr ein Gedanke, der so furchtbar war, dass sie flacher atmete. Wie viele der Gäste kannten Angelos wahre Beweggründe für die Heirat mit ihr? Wussten sie alle Bescheid? Wussten auch ihre Freunde von Sonyas Affäre mit Angelo?

War Carlo Carlucci im Bilde gewesen, bevor er in den Garten gekommen war? Angespannt ließ sie den Blick zu seinem Profil gleiten.

„Sie waren nicht zufällig da draußen, stimmts?“, erkundigte sie sich mit bebender Stimme. „Sie haben geahnt, dass etwas passieren würde. Deshalb sind Sie mir auf die Terrasse gefolgt und haben wie ein … ein schäbiger Voyeur dagestanden …“

Er wandte den Kopf und sah sie amüsiert an. „Finden Sie mich schäbig?“

Nein, das tat sie nicht, aber … „Machen Sie sich nicht über mich lustig!“, sagte sie gequält. „Das alles ist überhaupt nicht komisch.“

„Sie haben recht“, bestätigte er ernst. „Das ist es nicht.“

Dann traten Tränen in ihre Augen. Francesca atmete tief ein und versuchte, sich zu beherrschen und auf das zu konzentrieren, was sie beschäftigte. „Wie … wie viel wussten Sie vorher, bevor Sie mir gefolgt sind?“

Ohne zu antworten, drehte Carlo sich abrupt um und ging zur anderen Seite des Raumes.

„Wie viel?“, wiederholte sie schrill.

„Alles.“

Die Antwort traf sie wie ein Schlag. Ihre Brüste hoben und senkten sich, und einen Augenblick lang war Francesca wieder schwindelig. Dann riss sie sich jedoch zusammen und stellte die nächste Frage, die sie beschäftigte. „Und … alle anderen da draußen auch?“

Wieder hörte sie leises Klirren, als Carlo sich nachschenkte, spürte seine Anspannung und seinen Zorn. „Schon ein paar Tage nachdem Sie Angelo kennengelernt hatten, war Ihre wahre Identität ein offenes Geheimnis“, erwiderte er. „Sie haben verschwiegen, dass Sie Erbin des Vermögens der Giannis sind, und sich als ganz normale, berufstätige Frau ausgegeben. Das hat die Gerüchte und Spekulationen nur angeheizt.“

„Ich beerbe die Giannis nicht“, entgegnete sie. „Und es gibt kein Vermögen.“

Er lachte zynisch. „Sie sind so viel Geld wert, cara, dass sogar die reichsten Römer dagegen alt aussehen.“

„So ein Unsinn!“, wehrte sie ab. „Bruno Gianni lebt in einer Ruine. Er hat kein Geld zu vererben, schon gar nicht einer Großnichte, die er nicht einmal sehen will.“

„Was Brunos Geld betrifft, haben Sie recht“, meinte Carlo langsam, während er wieder näher kam. „Aber wir reden von Rinaldo Giannis Geld, dem Geld Ihres Großvaters.“ Als er vor ihr stand, löste er ihre Finger vom Arm und drückte ihr das Glas in die Hand. „Es ist sein Vermögen. Er hat Ihnen alles hinterlassen. Bruno lebt nur auf Ihr Geheiß in dem Palazzo, weil dieser genau wie alles andere Ihnen gehört – oder vielmehr gehören wird, wenn Sie heiraten, und zwar einen Italiener aus gutem Hause, wie es sinngemäß in seinem Testament heißt. Das Geld ist in einem Treuhandfonds angelegt, den Bruno so lange verwaltet. Angelo dachte, er wäre auf eine Goldader gestoßen, als er Sie dazu gebracht hat, sich in ihn zu verlieben“, fügte er hinzu. „Er ist heute Abend der wahre Held, cara. Der Mann, der den perfekten Coup gelandet hat.“

Allmählich hatte sie das Gefühl, dass das alles nur ein böser Traum war. „Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden“, sagte Francesca.

„Ich weiß.“ Wieder lachte Carlo auf. „Das ist ja die Ironie dabei.“ Er lehnte sich an den Kaminsims, schob die Hände in die Hosentaschen und sah sie an. „Alle denken, Sie wären sehr clever, und dabei haben Sie keine Ahnung. Ich habe Wochen gebraucht, um es herauszubekommen. Sie spielen nicht die schöne Unschuld, Sie sind es. Und Bruno Gianni wird sich mir gegenüber für sein Tun verantworten müssen.“

„Halten Sie sich ja von meinem Onkel fern“, sagte sie benommen. Das alles ergab für sie keinen Sinn.

Autor

Michelle Reid
Michelle Reid ist eine populäre britische Autorin, seit 1988 hat sie etwa 40 Liebesromane veröffentlicht. Mit ihren vier Geschwistern wuchs Michelle Reid in Manchester in England auf. Als Kind freute sie sich, wenn ihre Mutter Bücher mit nach Hause brachte, die sie in der Leihbücherei für Michelle und ihre Geschwister...
Mehr erfahren