Julia Best of Band 261

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IST ES LIEBE – ODER NUR EIN SPIEL?
New York, San Francisco, Mailand … Verliebt begleitet Carrie den vermögenden Unternehmer Alexeis Nicolaides auf seiner Geschäftsreise um die halbe Welt. Doch will ihr Traummann überhaupt mehr als eine unverbindliche Affäre? Erst in Griechenland bekommt Carrie die Antwort …

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  • Erscheinungstag 20.01.2023
  • Bandnummer 261
  • ISBN / Artikelnummer 9783751519229
  • Seitenanzahl 400
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Julia James

JULIA BEST OF BAND 261

1. KAPITEL

Missmutig blickte sich Alexeis Nicolaides um. Es war ein Fehler gewesen, herzukommen. Ein Fehler, Marissa nachzugeben. Alexeis war nur für vierundzwanzig Stunden in London, und nach der langen Sitzung in der Innenstadt wäre es ihm mehr als entgegengekommen, wenn Marissa – geduldig wie immer – in seiner Hotelsuite auf ihn gewartet hätte.

Normalerweise hätten sie zuerst ein paar Nettigkeiten ausgetauscht und sich aus reiner Höflichkeit erkundigt, wie es dem anderen gehe. Dann hätte er das getan, was das Einzige war, was er gern mit Marissa tat – mit ihr schlafen.

Stattdessen war er in dieser überfüllten Kunstgalerie gelandet und langweilte sich nun zu Tode, umgeben von Dummschwätzern, unter denen Marissa die größte Nervensäge war. In diesem Moment posaunte sie hinaus, wie viel sie vom Kunstmarkt verstünde und was die Werke des ausgestellten Künstlers wert wären. Beides war Alexeis völlig gleichgültig.

Und mit jeder Minute wurde auch Marissa ihm immer gleichgültiger. Er wollte nicht noch mehr Zeit mit ihr verbringen. Nicht hier. Und nicht einmal im Bett.

Während er dastand und immer ärgerlicher wurde, traf er eine Entscheidung. Die Affäre mit Marissa war für ihn so gut wie beendet. Bis jetzt war sie nicht allzu schwierig gewesen. Jedenfalls nicht schwieriger als andere Frauen. Auch wenn ausnahmslos alle bisher versucht hatten, länger als irgend nötig bei ihm zu bleiben.

Und auch Marissa bildete sich offenbar nach drei Monaten ein, ihm mehr zu bedeuten als nur guter Sex, und begann, Forderungen zu stellen. Wie zum Beispiel zu verlangen, dass er sie zu dieser Vernissage begleitete. Sie hatten sich vierzehn Tage nicht gesehen. Zweifellos glaubte sie, die Trennung hätte sein Verlangen nach ihr so gesteigert, dass er ihren Wünschen klaglos nachkommen würde.

Irrtum. Er war kein entgegenkommender Mensch. Der Reichtum der Familie Nicolaides war nicht zuletzt ihm zu verdanken und bedeutete, dass er das Sagen hatte. Er suchte sich die Frauen aus, die er haben wollte. Und sie taten, was er wollte. Oder sie waren weg vom Fenster. Ganz gleich, wie schön und begehrenswert sie auch waren, welch hohe Meinung sie von sich selbst hatten.

Marissa Harcourt hatte eine sehr hohe Meinung von sich selbst. Sie war elegant, bildschön, stammte aus einer einflussreichen Familie, hatte in Oxford und Cambridge studiert und einen gut bezahlten Schickimickijob in der Kunstwelt. Anscheinend glaubte sie, dass diese Eigenschaften ausreichten, um einen Mann wie ihn halten zu können.

Glaubte sie vielleicht sogar, ihn auf Dauer halten zu können?

Ihre Vorgängerin hatte das ebenfalls angenommen. Adrianna Garsoni, deren exotisches Aussehen, Sopranstimme und Talent für Eigenwerbung ihr den Rang einer Diva an der Mailänder Scala sicherten, hatte geglaubt, das Vermögen der Familie Nicolaides zur Förderung ihrer Karriere einsetzen zu können.

Sobald Adrianna ihre Karten aufgedeckt und von Heirat gesprochen hatte, war Alexeis sie eiligst losgeworden. Sie hatte äußerst heftig reagiert, was ihn jedoch vollkommen kaltgelassen hatte. Nach Adriannas Ungestüm hatte er nicht nur Marissas kühle Eleganz, sondern auch ihre Sinnlichkeit im Bett genossen.

Doch jetzt sah es zu seinem Verdruss ganz so aus, als dächte Marissa ebenfalls an Heirat. Er hatte schon genug am Hals. Sein Vater hatte gerade zum fünften Mal geheiratet und war viel zu abgelenkt, um sich mit der Leitung eines multinationalen Unternehmens abzugeben. Und sein Halbbruder Yannis aus der zweiten Ehe seines Vaters war viel zu sehr mit seinen Vergnügungen beschäftigt: schnelle Autos und noch schnellere Frauen.

Wütend presste Alexeis die Lippen zusammen.

Jedoch würde er es ebenso wenig begrüßen, wenn sein Vater sich einmischen oder Yannis versuchen würde, sich in den Konzern zu drängen. Letzteres war eine Sache, in der Alexeis mit seiner Mutter völlig übereinstimmte.

Berenice Nicolaides war fest entschlossen, zu verhindern, dass der Sohn der Frau, die ihr den Mann weggenommen hatte, den Posten ihres eigenen Sohns streitig machte und damit dessen nach ihrer Ansicht rechtmäßiges Erbe zerstörte: die totale und dauerhafte Kontrolle über die „Nicolaides Group“.

Rachgier hingegen war nicht der Grund, warum auch Alexeis nicht wollte, dass Yannis eine Rolle spielte. Er hielt seinen Halbbruder einfach für unzuverlässig und vergnügungssüchtig. Ihn an der Leitung eines so großen Unternehmens zu beteiligen, stellte ein viel zu großes Risiko dar.

Nicht dass Alexeis stets der Meinung seiner Mutter war. Und über einen Aspekt seines Erbes waren sie sich auch völlig uneinig. Wie immer, wenn seine Gedanken in diese Richtung wanderten, verfinsterte sich seine Miene. Berenice war besessen davon, dass er zunächst eine reiche Erbin heiraten sollte, und zwar möglichst eine geborene Griechin. Um seine eigene finanzielle Situation zu verbessern und um seinem Vater einen Enkelsohn zu schenken, der die Dynastie fortsetzen würde. Die ständigen Versuche seiner Mutter, ihn zu verkuppeln, nervten Alexeis.

Und im Moment nervte ihn Marissas Dozieren über den Kunstmarkt. Vielleicht sollte er die Beziehung zu ihr jetzt sofort beenden. Nur würde er dann eine weitere Nacht allein verbringen müssen. Die Aussicht darauf verschlechterte seine Laune noch mehr. Gebieterisch winkte er eine Kellnerin heran, die gerade mit Getränken die Runde machte.

Während er nach einem Glas Champagner griff, sah er die junge Frau flüchtig an.

Und ließ den Blick auf ihr ruhen.

Langes, im Nacken mit einem Clip gebundenes blondes Haar, ein ovales Gesicht, zarte Haut, eine kleine Nase und hohe Wangenknochen. Große graue Augen mit langen Wimpern machten das Ganze perfekt. Das entzückende Ganze.

Er nahm das Glas vom Tablett, bedankte sich, und sie erwiderte seinen Blick.

Wie in Zeitlupe sah Alexeis ihre Reaktion auf ihn. Ihre Augen weiteten sich, die Lippen öffneten sich ein bisschen. Einen Moment wirkte sie … hilflos. Ja, das ist das richtige Wort, dachte Alexeis. Als könne sie nichts tun, außer seinen Blick zu erwidern.

Unerwartet besserte sich Alexeis’ Laune. Die junge Frau war wirklich umwerfend …

„Es ist kein Wasser da“, beschwerte sich Marissa unfreundlich.

Aufgeschreckt sah die Serviererin von Alexeis zu ihr. „Tut … mir sehr leid“, stammelte sie leise. Das mit Gläsern überladene Tablett wackelte in ihren Händen.

„Stehen Sie doch nicht da wie eine Schaufensterpuppe!“, schimpfte Marissa. „Holen Sie welches. Stilles Wasser und keine Zitronenscheibe.“

„Ja, ja, natürlich“, bekam die junge Kellnerin mühsam heraus. Gerade als sie sich zum Gehen wandte, trat ein anderer Gast plötzlich zurück und stieß gegen sie.

Alexeis hob die Hand, um das Tablett festzuhalten, aber es war zu spät. Ein Glas Orangensaft schwankte und kippte um. Der Saft spritzte auf das Oberteil von Marissas Cocktailkleid, und das Glas zersprang am Boden.

„Sie Trottel!“, schrie Marissa wütend.

„Es … es tut mir leid“, flüsterte die Kellnerin entsetzt.

Um das kleine Grüppchen hatten die anderen Gäste inzwischen Platz gemacht. Ein kleiner Mann eilte auf sie zu.

„Was ist hier los?“

„Ist das nicht offensichtlich?“, antwortete Marissa schrill. „Diese dumme Person hat mein Kleid ruiniert.“

Bestürzt fing der kleine Mann an, sich zu entschuldigen, bis Alexeis ihm das Wort abschnitt.

„Nur das Oberteil ist nass, Marissa“, warf er ruhig ein. „Wenn du es abreibst, wird es trocknen. Auf dem dunklen Stoff sieht man die Flecken nicht.“

Das tröstete Marissa keineswegs. „Sie blödes Ding!“, schrie sie die junge Frau wieder an.

Alexeis legte ihr die Hand auf den Arm. „Geh doch bitte zum Bad.“ Es war kein Vorschlag.

Nachdem sie ihm einen bösen Blick zugeworfen hatte, rauschte Marissa davon. Inzwischen hatte der kleine Mann dafür gesorgt, dass zwei andere Angestellte die Scherben auffegten und den Saft vom Parkett wischten. Außerdem hatte er die junge Kellnerin weggeschickt. Alexeis sah sie mit gesenktem Kopf zur Rückseite der Galerie laufen.

Jetzt entschuldigte sich der Mann übertrieben unterwürfig bei ihm, doch Alexeis war nicht daran interessiert. „Es war ein unglücklicher Zufall“, unterbrach er ihn kurz angebunden.

Der Moment war günstig. Alexeis ging zum Empfang. „Richten Sie Miss Harcourt aus, dass ich wegmusste“, sagte er und verließ die Galerie. Er würde Marissa einen Scheck für ein neues Kleid schicken, zusammen mit einem Schmuckstück, das sie dazu tragen konnte. Damit dürfte er sie los sein. Außerdem stand nun fest, dass er eine Nacht ohne Sex vor sich hatte.

Seufzend zog er sein Handy heraus und rief seinen Fahrer an. Während Alexeis wartete, dachte er an die Kellnerin, über die Marissa geschimpft hatte. Sie hatte keinen Grund gehabt, gegenüber der Angestellten derart ausfallend zu werden. So ein kleiner Unfall konnte passieren und hatte nichts mit Unfähigkeit zu tun. Die junge Frau war wirklich sehr schön gewesen. Und in der eng anliegenden kurzärmeligen Bluse und dem knappen schwarzen Rock mit weißer Schürze hatte sie ausgesehen … als wäre sie was fürs Bett.

Nicht aufdringlich, nicht schamlos, aber es ließ sich nicht bestreiten, dass diese schwarz-weiße Uniform zusammen mit dem blonden Haar und den großen Augen diesen Eindruck vermittelte.

Unwillkürlich spannte Alexeis sich an. Verdammt, die Reaktion passte nicht hierher! Wie schön sie auch war, eine Kellnerin war nicht der Typ Frau, mit dem er normalerweise verkehrte. Außerdem gabelte er die Frauen sowieso nicht irgendwo auf. Er wählte sie sorgfältig aus, nicht nur nach ihrem Aussehen, sondern auch danach, ob sie zu seinem Lebensstil passten.

Sein Fahrer hielt am Bürgersteig, und Alexeis stieg ein. An diesem Abend würde er eben einfach arbeiten. Morgen früh flog er nach New York, wo er viele Frauen kannte, unter denen er sich einen Ersatz für Marissa aussuchen konnte.

Während sie durch die Bond Street fuhren, schaute Alexeis gleichgültig aus dem Fenster. Er kam noch einmal an der Galerie vorbei und war erleichtert, als von Marissa nichts zu sehen war. Für einen kurzen Moment hatte er Gewissenbisse, weil er ihre Beziehung so skrupellos beendet hatte. Aber er wusste auch, dass sich Marissa hauptsächlich wegen seines Reichtums und seiner gesellschaftlichen Stellung zu ihm hingezogen gefühlt hatte.

Gerade wollte er den Blick abwenden, als er auf eine Gestalt aufmerksam wurde. Schnell, mit gesenktem Kopf, den Regenmantel bis oben zugeknöpft, die Umhängetasche an den Körper gepresst, lief die Kellnerin durch die Straße.

Ohne einen zu rechtfertigenden Grund drückte Alexeis die Taste der Sprechanlage. „Halten Sie an“, befahl er seinem Fahrer.

2. KAPITEL

Einfach immer weitergehen. Wenn sie immer weiterging, würde sie vielleicht aufhören nachzudenken. Nicht mehr darüber grübeln, dass sie gerade ihren Job verloren hatte. Bin ich dazu verdammt, dauernd meine Jobs zu verlieren?, fragte sich Carrie unglücklich.

Offensichtlich war es ihre Schuld gewesen, und sie war zu Recht gefeuert worden. Sie hatte sich von diesem faszinierenden Mann ablenken lassen. Wenn sie ihn nicht so dumm angestarrt hätte, hätte sie besser aufgepasst. Aber nein, sie hatte ja dastehen müssen wie eine Närrin.

Sie hatte nichts dagegen tun können. Er war einfach unbeschreiblich gewesen! Noch nie hatte sie einen derart gut aussehenden, atemberaubenden Mann getroffen. In der kurzen Zeit hatte sie keine Einzelheiten wahrnehmen können, doch der Gesamteindruck war unglaublich gewesen.

Und als er ihren Blick erwidert hatte …

In jenem Moment war sie völlig überwältigt gewesen. Da war etwas in diesen von langen Wimpern umrahmten dunklen Augen, was ihr den Atem geraubt hatte.

Es war in dem Moment vorbei, als seine Partnerin Wasser verlangt hatte, und dann … die Katastrophe.

Mr. Bartlett hatte Carrie im hinteren Teil der Galerie gefunden und ihr fristlos gekündigt. Sie hätte großes Glück, dass sie das Kleid der Frau nicht bezahlen müsse, hatte er zu ihr gesagt. Bestimmt wäre es mehrere hundert Pfund wert. Ihren Lohn hatte er einbehalten, um die Kosten für die spezielle chemische Reinigung abzudecken. Die würde bei so einem Kleid notwendig sein, hatte er behauptet.

Zumindest konnte sie sich jetzt nach einem Job am Tag umsehen. Bis jetzt hatte sie immer abends arbeiten müssen.

Carrie wohnte erst seit drei Monaten in London. Sie war froh gewesen, von ihrem Zuhause wegzukommen, der Trauer und den qualvollen Erinnerungen an die letzten Tage ihres Vaters zu entfliehen. Froh, jedermanns Mitgefühl zu entgehen, ganz zu schweigen von den gut gemeinten finanziellen Hilfsangeboten, die sie niemals annehmen würde.

Hier in dieser Großstadt lebte sie fast anonym, und das gefiel ihr. Nur war London ein raues Pflaster, wenn man kaum Geld hatte. Sich über Wasser zu halten fiel ihr schwer. Aber sie musste es schaffen, bis der Sommer vorbei war und sie in Marchester ihr gewohntes Leben wiederaufnehmen konnte – so qualvoll es auch sein würde ohne ihren Vater.

Gelegenheitsjobs gab es in London genug, aber es war eine elende Schufterei. In den drei Monaten hatte Carrie noch keinen einzigen freien Tag gehabt, und das Geld reichte gerade für die nötigsten Dinge zum Leben.

Und noch eine weitere Sache störte Carrie an der Arbeit in London: Sie wurde oft belästigt. Das hatte sie ihren ersten Job gekostet. Sie hatte in einer Tapas-Bar gearbeitet, und ein Gast hatte sie betatscht. Schockiert hatte sie mit einem heftigen Schlag seine Hand weggestoßen. Der Mann hatte sich über sie beschwert, und Carrie war entlassen worden.

Die Frau in der Job-Agentur hatte kein Mitleid mit Carrie gehabt. „So wie Sie aussehen, sollten Sie daran gewöhnt sein und damit fertig werden können“, hatte sie verächtlich gesagt.

Aber ich bin nicht daran gewöhnt, dachte Carrie unglücklich. Wo sie herkam, benahm sich niemand so. Die Männer hatten gar kein Interesse daran, sich derart zu verhalten. Sie konzentrierten sich auf andere Angelegenheiten. Carrie fand es schlimm, wie sie hier in London behandelt wurde. Allein schon, wie die Männer sie ansahen. So aufdringlich. So unanständig.

Der fantastische Mann in der Galerie hatte sie nicht unanständig angesehen …

Nein, ganz und gar nicht. Sein Blick hatte sie … atemlos gemacht.

Während sie sich an diesen Moment erinnerte, spürte Carrie wieder das Engegefühl in der Brust. Er war wirklich ein Traummann. Reich wohl auch. Weil alle Gäste in der Ausstellung reich oder zumindest gut betucht gewesen waren. Und er hatte ebenfalls danach ausgesehen.

Groß war er gewesen, ein attraktiver dunkler Typ in einem eindeutig maßgeschneiderten Anzug mit Seidenkrawatte, und er hatte obendrein eine Selbstsicherheit, sogar Arroganz ausgestrahlt, als gehöre ihm die Welt.

Carrie verzog den Mund. Wer auch immer der Mann war, er gehörte zu dem London, zu dem sie nicht gehörte! Dem London, das sie nur zu sehen bekam, wenn sie Leute wie ihn bediente.

Unbewusst zog sie die Schultern hoch und ging schneller. Sie fühlte sich einsam und war deprimiert. Indem sie zu Fuß ging, sparte sie Geld und tat etwas für ihre Gesundheit, aber es war eine lange Strecke bis zu ihrem winzigen Einzimmerapartment in Paddington.

Plötzlich blieb Carrie stehen. Vor ihr hatte jemand eine Autotür geöffnet, die ihr den Weg versperrte. Gerade als sie darum herumgehen wollte, fragte ein Mann: „Ist alles in Ordnung mit Ihnen?“

Er sprach Englisch mit einem Akzent, den Carrie nicht erkannte. Sie blickte in das Auto, und ihre Augen wurden groß. Es war der Mann aus der Galerie. Erschrocken fragte sich Carrie, ob er Geld für das ruinierte Kleid seiner Freundin verlangen würde. Doch sie hatte nicht einmal genug Geld für die Reinigung bei sich.

Jetzt stieg er aus, und Carrie trat hastig einen Schritt zurück. Er wirkte größer und sah noch besser aus, als sie ihn in Erinnerung hatte. Unwillkürlich wurde sie rot, obwohl es doch das Dümmste auf der Welt war.

„Geht … geht es um das Kleid?“, platzte sie heraus und umklammerte nervös den Schulterriemen ihrer Handtasche.

Der Mann runzelte die Stirn, was ihn noch bedrohlicher wirken ließ, als es der dunkle Maßanzug und seine Ausstrahlung von Reichtum und Macht ohnehin schon taten.

„Das Kleid Ihrer Freundin, über das ich den Saft geschüttet habe?“

Ihre Frage ignorierte der Mann. „Warum sind Sie nicht in der Galerie?“

„Ich musste gehen.“

Er sagte etwas in einer fremden Sprache. Dann fügte er hinzu: „Sie sind entlassen worden?“

Carrie nickte. „Das mit dem Kleid tut mir wirklich leid. Mr. Bartlett hat gesagt, er würde mit meinem einbehaltenen Lohn die chemische Reinigung bezahlen. Deshalb hoffe ich, dass es noch zu retten ist.“

„Die Sache ist für mich erledigt“, erwiderte der Mann ungeduldig. „Möchten Sie Ihren Job zurückhaben? Wenn ja, werde ich dafür sorgen. Was passiert ist, war eindeutig ein unglücklicher Zufall.“

Vor Verlegenheit wurde Carrie noch roter. „Nein, bitte nicht. Ich meine, danke für das Angebot.“ Damit wollte sie weitergehen.

Er umfasste ihren Arm. „Wohin müssen Sie denn? Ich nehme Sie gerne ein Stück mit.“

Seine Stimme hatte sich irgendwie verändert, schien weicher geworden zu sein. Dann registrierte Carrie, was er gesagt hatte. „Mich mitnehmen?“, wiederholte sie. „Nein, nein, danke. Ich kann gut laufen.“

Überraschung flackerte in seinen Augen auf. „Bitte. Ich bestehe darauf. Das ist das Mindeste, was ich tun kann, um wiedergutzumachen, dass Sie Ihren Job verloren haben.“

„Aber es war doch nicht Ihre Schuld!“

„Wenn ich schneller reagiert hätte, dann hätte ich das Tablett ins Gleichgewicht bringen können“, erwiderte er. „Also? Wohin möchten Sie gefahren werden?“

Der Druck seiner Hand um ihren Arm verstärkte sich, und Carrie wurde zur offenen Autotür geführt.

„Nein … das ist wirklich nicht nötig.“ Außerdem würde seine Freundin nicht erfreut sein, ausgerechnet die Kellnerin mitzunehmen, die ihr Kleid ruiniert hatte.

„Bitte halten Sie mich nicht länger auf. Der Wagen blockiert die Straße.“ Jetzt klang seine Stimme gereizt.

Carrie blickte sich um und erkannte, dass sich hinter ihnen der Verkehr staute. Ohne zu wissen, wie es passiert war, fand sie sich auf dem Rücksitz des Autos wieder. Die Brünette war nicht da.

„Wo ist Ihre Freundin?“, platzte Carrie wieder heraus.

Der Mann setzte sich neben sie und schnallte sich an. „Freundin?“

„Über die ich den Saft geschüttet habe.“

„Sie ist nicht meine Freundin“, erklärte er, als wäre ihm das Wort völlig fremd.

Natürlich war es sinnlos, doch Carries Stimmung hob sich trotzdem. Die elegante Brünette war nicht seine Freundin.

Und was für eine Rolle spielte das? Glaubte sie etwa, dieser Mann interessierte sich für sie? Aus irgendeinem Grund fühlte er sich schuldig, weil sie ihren Job verloren hatte. Deshalb nahm er sie im Auto mit. Das war alles! Carrie holte tief Luft. „Zum Ende der Bond Street genügt. Vielen Dank.“

Er wies den Chauffeur an, loszufahren, und Carrie ließ sich in den breiten Ledersitz zurücksinken. Sie hatte noch nie in einem derart luxuriösen Auto gesessen und sah sich neugierig um. Als er einen Knopf drückte und sich ein Fach mit einer Flasche Champagner und Gläsern öffnete, wurden ihre Augen groß.

Fasziniert beobachtete sie, wie der Mann die Flasche öffnete und ein Glas einschenkte. Er reichte es ihr. „Also, ich … nein“, hob Carrie an, nahm das Glas aber trotzdem.

Der Anflug eines Lächelns huschte über sein Gesicht, bevor er sich selbst einschenkte. Nachdem er die Flasche wieder in die Halterung gestellt hatte, lehnte er sich zurück und sah Carrie an, die ungläubig dasaß.

„Ich versichere Ihnen, dass es sehr guter Champagner ist.“ Wieder das fast unmerkliche Lächeln, als würde er ihre Reaktion amüsant finden. Er trank einen Schluck. „Ja, absolut genießbar. Probieren Sie ihn.“

Carrie hob das Glas an den Mund und trank. Der Champagner schmeckte köstlich. Sie verstand nichts davon, aber selbst sie erkannte, dass er hervorragend war.

„Was meinen Sie?“, fragte er.

Seine Stimme klang wieder weich, schien über Carrie hinwegzugleiten und stellte seltsame Dinge mit ihr an. Brachte sie zum Beispiel dazu, mit einem völlig Fremden Champagner zu trinken.

Aber schließlich fuhren sie durch die Bond Street, und gleich wäre sie zu Hause! So ungewöhnlich es auch sein mochte, gefährlich war es ja nicht. Und es hatte etwas Unwiderstehliches.

Mit einem großen, gut aussehenden Fremden in einem Luxusauto Champagner zu trinken war etwas, was ihr nicht zweimal im Leben passieren würde. Also konnte sie das Erlebnis ebenso gut voll auskosten.

„Er schmeckt großartig“, erwiderte sie also, weil sie nicht wusste, was sie sonst sagen sollte.

„Freut mich, dass Sie ihn mögen.“ Nun streckte er die langen Beine aus und musterte sie eingehend.

Unter seinem forschenden Blick wurde sie furchtbar verlegen. Sie trank noch einen Schluck, und ihr war, als würde sich das Sprudeln des Champagners auf ihr Blut übertragen.

„Wo würden Sie heute Abend gern essen?“, fragte er unvermittelt.

„Essen?“

„Natürlich“, erwiderte er.

Sein Ton drückte aus, dass es für ihn völlig logisch war. Selbstverständlich.

Eine innere Stimme mahnte Carrie zur Vorsicht. „Aber … ich weiß nicht, wer Sie sind. Sie könnten ja Gott weiß wer sein.“

Dass er „Gott weiß wer“ sein könnte, hatte noch nie jemand zu Alexeis gesagt. Es war etwas faszinierend Neues für ihn. Andererseits war alles faszinierend neu, was er gerade getan hatte, noch immer tat und beabsichtigte zu tun. Diese noch nie gemachten Erfahrungen besaßen einen Reiz, den er nicht vorhergesehen hatte.

Und er konnte verstehen, dass sie vorsichtig war. Es gefiel ihm sogar, denn es bestätigte den guten Eindruck, den er von ihr hatte. Sein Verstand sagte ihm deutlich, dass er unbesonnen handelte und es bereuen würde. Dennoch war Alexeis fest entschlossen, den Weg weiterzuverfolgen, den er impulsiv begonnen hatte.

Schließlich ging er kein echtes Risiko ein. Nichts an der jungen Frau war unangenehm. Ganz im Gegenteil. Seine Meinung von ihr hatte sich nicht geändert: Sie war wirklich reizend.

Warum also sollte er nicht seiner unerklärlichen Laune nachgeben und noch ein bisschen Zeit mit ihr verbringen? Außerdem hatte er seinem Fahrer noch aus einem anderen Grund befohlen anzuhalten. Die junge Frau hatte mutlos gewirkt. Deprimiert.

Zweifellos brauchte sie etwas, was sie ihren Kummer vergessen ließ. Dass er seiner Laune folgte, würde auch für sie gut sein, rechtfertigte sich Alexeis. Er würde nichts von der Frau verlangen, was sie nicht wollte. Und er würde sie jederzeit gehen lassen.

Doch sich schon so früh von ihr zu trennen, wäre schade. Er benötigte etwas mehr Zeit, um ihr die Ängste zu nehmen. Die sie zu Recht hatte. Großstädte wie London konnten für schöne junge Frauen gefährlich sein.

Alexeis griff in seine Innenbrusttasche und zog ein schmales silbernes Visitenkartenetui heraus. Er öffnete es und gab ihr eine Karte. „Dies wird Sie beruhigen, glaube ich.“

Zögernd las sie den fremden Namen. „Alexe…is Ni…Nicol…aides.“

„Vielleicht haben Sie schon der Nicolaides Group gehört?“, fragte Alexeis mit einer Spur von Arroganz in der Stimme.

Die junge Frau schüttelte den Kopf.

Wieder überkam ihn das Gefühl, etwas ganz Neues zu erleben. Noch nie war Alexeis jemandem begegnet, der den Namen Nicolaides nicht kannte. Natürlich, er bewegte sich in Kreisen, wo jeder wusste, wer Geld hatte und woher es stammte. Wieso erwartete er, dass eine einfache Kellnerin solche Dinge wusste?

„Die Firmengruppe ist börsennotiert und hat einen Kapitalwert von knapp einer Milliarde Euro. Ich bin der Vorstandschef, und mein Vater ist Aufsichtsratsvorsitzender. Daraus können Sie erkennen, dass ich ein seriöser Geschäftsmann bin und Sie in Sicherheit sind.“

Unschlüssig sah Carrie ihn an. Der Nachname war ein Zungenbrecher, aber der Vorname brachte in ihrem Herzen eine Saite zum Klingen. Sie sollte ihn schleunigst bitten, sie aussteigen zu lassen. Damit sie schnell zurück zu ihrem winzigen Einzimmerapartment in dem baufälligen Haus kam.

Da es jedoch eine wenig verlockende Aussicht war, schlich sich ein anderer Gedanke ein. Wäre es denn so falsch, mit diesem Alexeis Nicolaides zu Abend zu essen? Mit einem Mann, der offensichtlich Millionär war? Noch einmal in ihrem Leben würde sich ihr so eine Gelegenheit nicht bieten.

Nur war es gar nicht der Reichtum, der Carrie in Versuchung führte. Es war der Mann selbst. Der Mann, der ihr schon beim ersten Anblick den Atem geraubt hatte. Der Mann, den sie hatte anstarren müssen, weil er so unglaublich gut aussah.

Vernunft und Vorsicht setzten aus. Ein anderer Teil ihres Verstands schien sich in den Vordergrund zu drängen und Carrie etwas zu sagen, was immer überzeugender wurde. Verlockender.

Warum denn nicht? Schließlich hatte sie nicht gerade ein voll gepacktes gesellschaftliches Leben. Sie kannte nicht viele Leute in London, die sie besuchen könnte. Und es war ja nicht so, dass sie an diesem Abend irgendetwas anderes vorgehabt hätte. Was hatte sie zu verlieren?

„Also? Werden Sie mit mir essen?“, fragte Alexeis.

„Tja … ich weiß nicht. Ich …“

Sie blickte ihn hilflos an, als wartete sie darauf, dass er die Entscheidung für sie traf.

Was er auch tat. „Gut. Dann ist das geklärt. Möchten Sie ein Restaurant aussuchen?“ Alexeis überließ ihr die Wahl, damit sie das Gefühl bekam, mehr Kontrolle über eine für sie offenbar überwältigende Situation zu haben.

Stattdessen wirkte sie jetzt noch verunsicherter. „Ich weiß nicht, wo man in London gut essen kann.“

Alexeis lächelte. „Ich schon, glücklicherweise.“

Sein Lächeln war aus dem Nichts aufgetaucht und ließ Carrie dahinschmelzen. Verwirrte sie. Dann war es verschwunden und ließ prickelnde Empfindungen zurück.

„Nun wissen Sie meinen Namen, aber ich Ihren noch nicht“, fuhr er gut gelaunt fort.

„Carrie … Carrie Richards“, erwiderte sie zögernd.

Widerstrebte es ihr etwa, ihm zu verraten, wie sie hieß? Das war wieder etwas Neues für Alexeis und faszinierte ihn ebenso wie ihr Erröten. Normalerweise wollten ihm die Frauen unbedingt ihren Namen mitteilen, froh, seine Aufmerksamkeit zu erregen.

„Carrie“, wiederholte er und hob sein Glas. „Ich freue mich sehr, Ihre Bekanntschaft zu machen, Carrie.“

Wie betäubt von dem ganzen Abenteuer, biss sie sich auf die Lippe und bemerkte nicht, dass es seinen Blick auf ihren Mund lenkte. Um sich zu beruhigen, trank Carrie noch einen Schluck Champagner. Erneut war ihr, als würde das Getränk auch in ihren Adern sprudeln.

Und plötzlich geriet sie in Hochstimmung. Ihre Niedergeschlagenheit wegen des Jobverlusts, ihr trostloses, einsames Leben in London schienen auf einmal weit weg zu sein. Carrie war froh und dankbar. Dem Mann dankbar, der sie von allen Sorgen ablenkte.

„Wohin fahren wir?“, fragte sie.

„Mein Hotel liegt am Fluss und hat ein sehr gutes Restaurant“, erwiderte Alexeis.

Plötzlich sah Carrie entsetzt aus. „Oh, ich kann nicht mit Ihnen in ein Restaurant gehen! Ich trage noch meine blöden Arbeitssachen und habe nichts zum Umziehen bei mir!“

„Das ist kein Problem. Vertrauen Sie mir.“

Er lächelte sie wieder an, und Carrie hatte flüchtig ein unbehagliches Gefühl, denn er schien über irgendetwas belustigt zu sein. Dann sprach er weiter, und sie vergaß ihr Unbehagen wieder.

„Haben Sie immer schon in London gelebt?“

„Nein, ich bin erst seit ein paar Monaten hier.“

„Das muss herrlich aufregend für Sie sein.“

„Nein, ich hasse es!“, erklärte sie aufrichtig.

„Warum?“, fragte Alexeis verblüfft.

„Alle sind so grob und unfreundlich und in Hetze.“

„Und warum bleiben Sie dann hier?“

Verlegen zuckte Carrie die Schultern. „Hier sind die Jobs.“

„Gibt es in Ihrer Heimatstadt keine Kellnerinnen?“, wollte Alexeis erstaunt wissen.

Carrie schien etwas sagen zu wollen, unterließ es aber. Alexeis befürchtete, dass seine Frage sarkastisch geklungen hatte. Was nicht seine Absicht gewesen war. Es hatte ihn einfach überrascht, dass eine so schöne junge Frau London nicht mochte. Die Männer mussten ihr doch in Scharen nachlaufen, und sie brauchte sich nur einen von ihnen auszusuchen.

Alles in ihm sträubte sich gegen diese Vorstellung. Er wollte nicht, dass sie sich irgendeinen anderen Mann aussuchte. Dann verschwand seine Wut. Solange Carrie mit ihm zusammen war, würde sie keinen anderen ansehen.

Und er keine andere. Alexeis ließ den Blick über Carrie gleiten. Sie hatte wirklich etwas Besonderes an sich. Was es war, wusste er nicht so recht, doch es gewann immer mehr Macht über ihn.

„Und woher kommen Sie?“, nahm er das Gespräch wieder auf. Noch immer war sie sich nicht sicher, ob sie das Richtige tat, das konnte er erkennen. Auch diese Unsicherheit bezauberte ihn. Er war daran gewöhnt, dass alle Frauen sofort ihre Chance nutzten, sobald er das geringste Interesse zeigte. Sie bissen sich nicht auf diese sanfte, unbewusst sinnliche Art auf die Lippe …

Energisch unterdrückte Alexeis seine Reaktion darauf. Dafür war es viel zu früh! Erst einmal musste er Carrie beruhigen, sie dazu bringen, sich wohlzufühlen und ihre Vorsicht aufzugeben, die nur seine Pläne für den Abend stören würde.

„Aus Marchester“, erwiderte sie. „Es ist eine Kleinstadt in den Midlands.“

Alexeis hatte nie davon gehört und war wenig interessiert, gab jedoch eine freundliche Antwort und setzte das Gespräch ohne besondere Aufmerksamkeit fort. Er konnte es nicht erwarten, im Hotel anzukommen und Carrie bei gutem Licht an einem Tisch gegenüberzusitzen. Damit er ihre zarte Schönheit bewundern konnte.

Den Rest des Wegs schienen sie im Schneckentempo zurückzulegen, aber schließlich hielten sie unter dem Säulenvorbau des Hotels – eines von Londons renommiertesten mit einer atemberaubenden Aussicht auf die Themse.

Als der Fahrer ihm die Tür öffnete, ging Alexeis ums Auto und half Carrie heraus. Zögernd nahm sie seine Hand, was den Reiz des Neuen noch einmal verstärkte. Dann fiel sein Blick auf ihre langen, schlanken Beine unter dem Regenmantel, den sie fest um sich zog, während Alexeis sie ins Hotel führte. Nervös sah sie sich um.

„Keine Sorge, ich werde Ihnen kein voll besetztes Restaurant zumuten“, beruhigte er sie. „Oben haben wir es ruhiger.“

Im Fahrstuhl bemerkte Alexeis, dass sich Carrie wieder auf die Lippe biss. Plötzlich regte sich sein Gewissen. Sollte er es wirklich tun?

Dann lächelte sie ihn zaghaft an, und seine Zweifel verschwanden. Ihr Lächeln war entwaffnend …

„Alles wird in Ordnung sein. Ich verspreche es Ihnen“, beruhigte er sie.

Ihr Blick flackerte unsicher. „Es ist nur, dass … dass …“

„Dass Sie mich überhaupt nicht kennen und ich Sie auf der Straße aufgegabelt habe.“

Carrie wurde rot, als Alexeis ihre Ängste und ihr Unbehagen unverblümt aussprach.

„Aber man kann es auch anders sehen“, fuhr er fort. „Die Iren haben ein Sprichwort: ‚Alle Freunde sind sich einmal fremd gewesen.‘ Stimmt das nicht? Wir sind nicht förmlich miteinander bekannt gemacht worden. Na und? Hätten wir uns auf einer Party getroffen, hätte ich Sie auch zum Essen einladen wollen. Ist es wichtig, wie wir uns kennengelernt haben?“

Seine Stimme wurde weicher, und er blickte ihr tief in die Augen. „Jetzt kennen wir uns. Und beim Abendessen werden wir uns besser kennenlernen. Aber es wird absolut nichts passieren, was Sie nicht wollen. Sie haben mein Wort darauf.“

Auf seinem ernsten Gesicht breitete sich plötzlich ein charmantes Lächeln aus. Wie schon im Auto verwirrte es Carrie völlig.

Langsam nickte sie. Nein, sie war nicht dumm! Sie war einfach …

Überwältigt. Hingerissen. Und warum nicht? Was konnte es schaden? Er hatte recht. Wenn sie ihn auf einer Party getroffen hätte, wäre sie nicht so nervös gewesen, aber wo war der Unterschied?

Außerdem konnte sie jetzt nicht weggehen. Sie brachte nicht die Willenskraft auf, das zu tun. Warum sollte sie? Schließlich war er nicht irgendein heruntergekommener, unheimlicher Kerl. Alexeis war … atemberaubend. Fantastisch. Umwerfend. Unwiderstehlich.

So ein Mann würde nicht zweimal in ihrem Leben auftauchen.

Die Fahrstuhltüren gingen auf, und Carrie trat hinaus.

Noch immer schien Champagner in ihren Adern zu sprudeln.

3. KAPITEL

„Oben haben wir es ruhiger“, hatte Alexeis versprochen, und es stimmte. Er hatte das Esszimmer seiner Suite gemeint, mit Blick auf die Gartenanlage entlang des Victoria Embankments und die Themse. Als sie die Aussicht erblickte, wurden Carries Augen groß. Sie protestierte nicht dagegen, in seiner Suite zu essen. Tatsächlich sagte sie überhaupt nichts. Staunend blickte sie über den Fluss auf das andere Ufer.

„Die Royal Festival Hall, das National Theatre, die Hayward Gallery – die ganze South Bank“, erklärte Alexeis. Er stellte sich hinter sie und legte ihr die Hand auf die Schulter, während er mit der freien Hand auf die Gebäude zeigte. Carrie war wie eine Gazelle, sehr schreckhaft. Man konnte ihr leicht Angst machen, deshalb berührte Alexeis sie nur kurz.

Er trat zurück und lächelte ironisch, während er sie von hinten musterte. Sie hatte ihre Arbeitssachen „blöd“ genannt. Er hatte ein anderes Wort dafür. Aber eines, das er in ihrem Beisein nicht benutzen würde. Stattdessen würde er einfach … genießen.

Und er genoss ihre Gesellschaft tatsächlich. Beim Essen bemühte er sich, ihr die Befangenheit zu nehmen. Er probierte es mit mehreren konventionellen Einleitungen, zum Beispiel Londons kulturellem Leben. Verlegen gestand ihm Carrie, sie gehe nicht ins Theater und wisse nicht viel über Kunst.

Sofort dachte Alexeis an Marissa und ihr wichtigtuerisches Gerede über die Kunstwelt. Es war erfrischend, nicht über solche Themen sprechen zu müssen. Ihm war bewusst, dass er sich überhaupt nicht langweilte, während er sich mit Carrie über nichts allzu Intellektuelles unterhielt. Ihm war auch bewusst, wie sehr er wollte, dass sie sich wohlfühlte.

Und vor allem, dass sie auf ihn reagierte.

Nicht, dass er es ihr offen zeigte. Carrie war keine Frau, die man im Sturm erobern durfte. Sie musste man umwerben. Nichts wird passieren, was sie nicht will, ermahnte sich Alexeis.

Während er mit ihr über die anspruchslosen Themen sprach, die er ihretwegen auswählte – im Moment über Touristenattraktionen in London –, musterte er Carrie ausgiebig. Sie war ein zurückhaltender Typ, doch gerade das wirkte anziehend auf ihn. Er schätzte sie auf Mitte zwanzig, was es unwahrscheinlich machte, dass sie noch unschuldig war. Wenn sie es gewesen wäre, hätte er sich sehr unbehaglich bei dem gefühlt, was er gerade tat.

Aber so, wie die Dinge lagen … Sie war aus eigenem Entschluss hier, und er hatte ihr mehr oder weniger zu verstehen gegeben, dass sie es nur zu sagen brauchte, und er würde sie unberührt nach Hause schicken. Er hatte nichts Böses im Sinn! Ihm ging es nur um einen Abend, den sie beide genießen würden.

Damit verdrängte Alexeis seine Zweifel energisch. Er wollte den Abend genießen und, wie er hoffte, noch mehr die Nacht. Und er würde dafür sorgen, dass Carrie ebenso viel Vergnügen daran fand wie er.

Zufrieden mit seinem Gewissen, schenkte Alexeis ihnen Champagner nach.

In aller Ruhe ließen sie sich das hervorragend zubereitete Essen schmecken. Als sie schließlich fertig waren, schickte Alexeis den Ober weg und führte Carrie zum Sofa. Damit sie auch jetzt nicht nervös wurde, setzte sich Alexeis ans andere Ende.

Er begehrte sie. So einfach war das. Sie war eine Schönheit und das genaue Gegenteil der selbstbewussten, eigennützigen, schick angezogenen weltklugen Frauen, mit denen er sonst zusammen war. Und er fragte sich fasziniert, wie es wohl mit Carrie sein würde.

Unterhaltsam war allein schon, dass er sich bei ihr ganz anders verhielt als bei anderen Frauen. Keinesfalls durfte es ihr so vorkommen, als würde er sie gönnerhaft behandeln. Offensichtlich kannte sie den Lebensstil nicht, den er für selbstverständlich hielt. Doch sie sollte Gefallen daran finden. Er wollte sie verwöhnen …

Das war ein seltsamer Gedanke. Normalerweise verwöhnte Alexeis die Frauen nicht, die er sich fürs Bett aussuchte. Wenn er es täte, dann würden sie es skrupellos ausnutzen. Aber Carrie? Nein. Instinktiv wusste er, dass sie es nicht tun würde.

Vorsichtig nahm sie sich einen Schokoladentrüffel von der silbernen Servierplatte. „Ich sollte nicht. Leider kann ich nicht widerstehen“, sagte sie, ohne ihn richtig anzusehen. Sie hatte ihn den ganzen Abend noch nicht wirklich angesehen.

Lächelnd ließ Alexeis den Blick über sie gleiten. Über die eng anliegende Bluse, den knappen Rock und die schwarzen Strümpfe. Die Wirkung war erotisch, allerdings sehr unaufdringlich. Alexeis spürte Verlangen in sich aufsteigen. Und Vorfreude.

„Dann widerstehen Sie nicht“, erwiderte er.

Zufrieden bemerkte er, dass sich ihre Wangen röteten. Vielleicht war sie sich nicht bewusst, wie verlockend sie aussah. Ihrer Reaktion auf ihn war sie sich jedoch sehr wohl bewusst. Oder sie merkte, was gerade zwischen ihnen passierte.

Genau das war es, was er wollte.

Carrie aß den Trüffel und griff nach ihrer Kaffeetasse. Ihr Rocksaum rutschte dabei in die Höhe, und Alexeis spürte ein Ziehen in seinen Lenden. Aber wenn er Carrie nicht verscheuchen wollte, musste er sie langsam und behutsam verführen.

Während sie ihren Kaffee trank, wurde sie fahrig und unkonzentriert. Als sie ausgetrunken hatte, stellte sie die Tasse auf den Couchtisch und stand auf.

„Ich sollte jetzt gehen.“

„Möchten Sie es denn auch?“, fragte Alexeis sanft.

Die schwarzen Strümpfe und der knappe Rock betonten ihre schlanken, langen Beine. Unter der Bluse zeichneten sich ihre Brüste ab.

Alexeis hatte nicht die Absicht, Carrie gehen zu lassen.

Unschlüssig sah sie ihn an.

„Ich möchte, dass Sie bleiben.“ Er stand auf und trat zu ihr.

Sie rührte sich nicht.

„Wenn Sie es wünschen, werde ich den Fahrer rufen, damit er Sie nach Hause bringt“, sagte Alexeis leise. „Aber bevor ich das mache, würde ich gern …“

Noch ehe sie erkennen konnte, was er tun wollte, hatte er den Abstand zwischen ihnen überwunden. Er umfasste ihr Gesicht und schob ihr die Finger in das seidenweiche Haar. Dann neigte er den Kopf und küsste sie.

Weich und warm und honigsüß war sie. Und sie leistete keinen Widerstand gegen ihn. Überhaupt keinen. Sie öffnete die Lippen für ihn, sodass er die Zunge in ihren Mund gleiten lassen und Carrie leidenschaftlicher küssen konnte. Mit tiefer, sinnlicher Befriedigung spürte Alexeis, dass ihre Brustspitzen sich aufrichteten.

Langsam löste er eine Hand von ihrem Gesicht, legte sie ihr auf den Rücken und zog Carrie fest an sich. Unwillkürlich veränderte Alexeis seine Haltung, um Carrie an seinen Körper anzupassen, und hörte sie leise seufzen. Es erregte ihn noch mehr, und er ließ die Hand tiefer gleiten, suchte den Saum ihres Rocks und schob ihn hoch, sodass nur noch das knappste, hauchdünnste Stück Stoff zwischen seinen Fingern und ihrer nackten Haut war.

Carrie zu küssen und zu liebkosen war wundervoll. Ihr süßer, verführerischer Körper an seinen geschmiegt, ihr weicher Mund offen für seinen …

Verlangen durchflutete Alexeis. Heftig. Drängend.

Widerstrebend beendete er den Kuss, fand mühsam seine Stimme wieder. „Möchtest du immer noch gehen, Carrie?“

Mit großen Augen sah sie ihn verständnislos an. Alexeis spürte ihr heftig klopfendes Herz an seiner Brust.

Carrie antwortete nicht.

Triumphierend küsste er sie wieder.

Ganz überwältigt lag Carrie in Alexeis starken Armen. Noch immer brannte und pulsierte ihr Körper von dem, was sie gerade erlebt hatte.

Etwas, was sie sich nicht einmal in ihren wildesten Fantasien hätte ausmalen können!

Es war unglaublich gewesen!

Sie hatte nicht geahnt, dass es so sein konnte.

Erfüllt von der plötzlichen Erkenntnis, warum sie hergekommen war, hatte Carrie gespürt, dass sie völlig den Boden unter den Füßen verlor. Von dem Moment an hatte sie keine Chance mehr gehabt, es sich anders zu überlegen. Alles, was an diesem Abend nur eine Versuchung gewesen war, verschmolz zu einer Tatsache. Der Tatsache, dass sie es passieren ließ.

Warum nicht?, lockte noch immer die innere Stimme.

Oh, du meine Güte, was tue ich denn hier eigentlich?, hatte Carrie in jenem schicksalhaften Moment gedacht, in dem sie dastand und den herrlichen Mann ansah, der sich auf dem Sofa lümmelte.

Doch sie hatte es schon den ganzen Abend über gewusst, seit sie mit Alexeis in seine Suite gegangen war. Hatte es gewusst und sich an die innere Stimme gehalten, die sie lockte.

Und als sie am Ende des Abends dagestanden hatte, war ihr sehr wohl klar gewesen, dass es nur um die eine endgültige Entscheidung ging. Bleiben oder nicht? Der Versuchung nachgeben oder nicht?

Starr blickte Carrie in die Dunkelheit. Was hätte sie geantwortet, wenn Alexeis sie nicht geküsst hätte? Wäre sie vielleicht in letzter Sekunde doch noch davor zurückgeschreckt zu bleiben?

Das war schwer zu sagen. Weil er sie geküsst hatte, und sobald sie seinen Mund auf ihrem gespürt hatte, war die Entscheidung gefallen.

Und Carrie konnte es nicht bereuen. Nicht jetzt, da sie an den fantastischen Mann gekuschelt dalag, der Dinge mit ihr gemacht hatte, die ihre kühnsten Träume übertroffen hatten. Wie könnte sie es bereuen?

Es war ein Fest der Sinnlichkeit gewesen. Seine Liebkosungen hatten sie wie Lava dahinschmelzen lassen und eine Reaktion in ihr geweckt, die Carrie nicht für möglich gehalten hätte. Die Berührungen waren immer erregender geworden, immer intimer, bis die wundervollen Empfindungen zu einem endlosen heißen Strom geworden waren.

Ihr Körper hatte gebrannt vor Leidenschaft, die Flammen hatten Vernunft, Wissen und Denken verzehrt, als würde Carries ganze Welt nur noch aus Fühlen bestehen und alles andere um sie her hätte aufgehört zu existieren.

Bis auf den Mann, der sie dazu brachte, so zu empfinden. Der eine, in dessen Armen sie aufgeschrien hatte, an den sie sich geschmiegt und dem sie sich entgegengebogen hatte, um noch mehr von dieser unglaublichen Erfahrung aufzunehmen.

Die angenehmen Erinnerungen durchfluteten sie. Ihre Lider wurden schwer. Um ihre Taille spürte Carrie den starken Arm, mit dem Alexeis sie an sich drückte. Sie festhielt, wo er sie haben wollte.

In seinen Armen. In seinem Bett.

4. KAPITEL

Ungläubig, von Staunen überwältigt saß Carrie in dem breiten Ledersessel in der ersten Klasse des Flugzeugs.

Was in aller Welt tue ich hier eigentlich?

Die Worte gingen ihr unaufhörlich im Kopf herum. Es fiel ihr schwer, logisch zu denken. Überhaupt zu denken. Sie wollte nicht nachdenken, sondern einfach nur … hinnehmen, dass etwas passiert war, was ihr noch nie zuvor passiert war und nie wieder passieren würde.

Sie hatte die Nacht mit einem Mann verbracht, den sie vor vierundzwanzig Stunden noch gar nicht gekannt hatte. Es war die wunderbarste Nacht ihres Lebens gewesen! Unglaublich, atemberaubend! Und jetzt, noch unglaublicher, flog sie mit ihm zusammen nach New York!

Das war wie ein Tagtraum. So etwas, was man sich zusammenfantasierte, wenn man alles nur noch grässlich fand und die Welt eine Weile im rosaroten Licht sehen wollte. Als würde man in Gedanken ein Stück Sahnetorte essen oder sich mit einer Schachtel Pralinen trösten.

Carrie wandte den Kopf und sah den sensationellen Mann an, der neben ihr saß. Ein ganzes Tablett mit Sahnetorten, ein Kilo Pralinen für sie allein!

Seine Aufmerksamkeit war auf den Bildschirm des Laptops gerichtet, der vor ihm auf dem Tisch stand.

Ihr wollte das Herz bersten. Du lieber Himmel, Alexeis sah so fantastisch aus! Sie könnte ihn ununterbrochen nur anstarren. Dieser kräftige Nacken, das hervorragend geschnittene glänzende schwarze Haar, das energische Kinn und der Schwung seiner Wimpern, die seine schönen Augen umrahmten. Ein Blick genügte, und sie schmolz dahin …

Ein prickelndes Gefühl durchlief Carrie, wie perlender Champagner.

Sie war wirklich hier, zusammen mit Alexeis Nicolaides! Er nahm sie mit nach New York, und sie konnte noch mehr Zeit mit ihm verbringen.

Daran wollte sie nur noch denken. Aber der andere Gedanke war dennoch da.

Was in aller Welt tue ich hier eigentlich?

Sie war hier, weil sie nicht hatte Nein sagen können. Das war die einzige Antwort, die Carrie einfiel.

In weniger als vierundzwanzig Stunden war ihr Leben auf den Kopf gestellt worden. Alexeis hatte sie einfach mitgerissen. Und sie hatte keine andere Möglichkeit, als es geschehen zu lassen.

Carrie seufzte vor Glück.

Sich des schlanken, schönen Körpers so dicht neben seinem äußerst bewusst, hörte Alexeis Carries Seufzen und blickte sie flüchtig an. Zufrieden wandte er sich wieder seiner Arbeit zu.

Ja, er hatte eine gute Entscheidung getroffen. Es war richtig gewesen, seiner Eingebung zu folgen und den Fahrer anhalten zu lassen, als sie an Carrie vorbeigefahren waren. Auch war es richtig gewesen, sie in die Arme zu schließen und zur Seinen zu machen. Die Nacht war wunderbar gewesen. Außergewöhnlich nicht nur, weil sie den Reiz des Neuen für ihn gehabt hatte, sondern weil Carrie zu verführen aus irgendeinem Grund sehr befriedigend gewesen war.

Für eine gewisse Weile wollte er das noch häufiger erleben – was ganz natürlich war –, und deshalb hatte er an diesem Morgen die Entscheidung getroffen, Carrie mitzunehmen. Normalerweise nahm er keine Frauen auf seine Geschäftsreisen mit. Na und? Im Moment war Carrie genau das, was er wollte.

Flüchtig überlegte Alexeis, warum das so war. Klar, sie war schön. Sonst hätte er sich gar nicht erst mit ihr abgegeben. Aber mit den großen Augen, dem blonden Haar und dem sensiblen Mund besaß sie eine reine Schönheit, die vor ihr noch keine Frau für Alexeis besessen hatte. Das an sich übte schon große Anziehungskraft auf ihn aus.

Ihr Körper war alles, was er sich nur wünschen konnte: weiche Brüste, eine schlanke Taille, sanft gerundete Hüften, lange Beine und Pfirsichhaut.

Mit Carrie zu schlafen, war ein perfektes Vergnügen gewesen.

Wie er schon geahnt hatte, war sie nicht mehr unschuldig gewesen. Besonders erfahren jedoch auch nicht. Jedenfalls nicht in all den Spielarten der Lust, an die er gewöhnt war. Sein Mund verzog sich zu einem sinnlichen Lächeln, als Alexeis daran dachte, was für eine Offenbarung es für Carrie gewesen war, dass so intensive Empfindungen überhaupt möglich waren.

Ihr Gesicht hatte Verwunderung ausgedrückt, während er sie immer wieder auf den Höhepunkt der Ekstase gebracht hatte. Und für Alexeis war es eine ganz eigene Befriedigung gewesen, Carrie ein Erlebnis zu schenken, wie sie es offensichtlich noch nie kennengelernt hatte.

Eine Bettpartnerin zu haben, die er fast auf jedem Schritt des Wegs führen musste, war auch neu für ihn. Und seine Belohnung war mehr als nur Lust gewesen. Aus irgendeinem Grund hatte er beobachten wollen, wie Carrie vor Leidenschaft in Brand geriet. Und er hatte sie in die Arme nehmen und zärtlich halten wollen, als die Flammen der Ekstase langsam erloschen.

Dann hatte er selbst köstliche Erfüllung gefunden, und das Gefühl war stärker gewesen als alles, was er mit anderen Frauen empfunden hatte.

Aber warum auch nicht?, dachte Alexeis. Schließlich entsprach Carrie nicht seinem üblichen Typ. Deshalb hatte er es anders erlebt, hatte er anders reagiert.

Jetzt sah er sie wieder an. Sie blätterte in einem Hochglanzmagazin. Einen Moment lang ließ er den Blick auf ihrem schönen Profil verweilen. Ja, wirklich anders. Nicht nur ihr Aussehen und ihr Stil.

Auch ihre Persönlichkeit. Carrie war ruhig. Sie versuchte nicht, ständig mit ihm zu reden, bemühte sich nicht um eine hochgestochene Konversation und stellte keine Forderungen an ihn. Stattdessen schenkte sie ihm einfach ein flüchtiges, fast schüchternes Lächeln, erwiderte seinen Blick nur kurz, als wäre sie nicht sicher, ob sie ihn ansehen sollte oder nicht.

Und sie genoss es nicht, wegen ihres Aussehens aufzufallen. Alle Frauen, mit denen Alexeis bisher zusammen gewesen war, hatten es für selbstverständlich gehalten, dass sich Männer bewundernd nach ihnen umdrehten.

Carrie war nicht so. In der VIP-Lounge des Flughafens und als sie an Bord gegangen waren, hatte sie Aufmerksamkeit erregt. Aber meistens hatte sie es gar nicht wahrgenommen. Und wenn doch, schien es ihr eher peinlich gewesen zu sein.

Was Alexeis auch darauf zurückgeführt hatte, dass sie sich in ihren neuen Sachen noch unsicher fühlte. Sie hatte den Tag in Knightsbridge verbracht, zusammen mit einer Einkaufsberaterin, die Alexeis’ Londoner persönliche Assistentin organisiert hatte. Als Carrie in die VIP-Lounge gekommen war, hatte Alexeis sofort gewusst, dass es sich gelohnt hatte.

In dem aquamarinfarbenen Kostüm aus einem Bleistiftrock und einer Jacke mit Dreiviertelärmeln sah Carrie fantastisch aus. Das Haar war schlicht, aber äußerst eindrucksvoll zu einem Nackenknoten frisiert, der ihr ein fast aristokratisches Profil verlieh.

Alexeis hatte den Blick nicht von ihr lösen können und war sich hundertprozentig sicher gewesen, dass er eine ausgezeichnete Entscheidung getroffen hatte.

Zwei Wochen mit Alexeis in New York. Zwei Wochen in einer Welt, die sich Carrie nie hätte träumen lassen. Ganz anders als alles, was sie jemals kennengelernt hatte. Mit jedem Tag und mehr noch mit jeder Nacht schien ihr wirkliches Leben weiter wegzurücken und dieses neue Leben realer zu werden.

Und es blieb trotzdem wie ein Traum.

Wie konnte es kein Traum sein? Sie wohnte in einer luxuriös ausgestatteten Suite in einem weltberühmten Hotel am Central Park. Alexeis und sie aßen nur in Gourmetrestaurants. Carrie trug Sachen, die sie bisher nur in Hochglanzmagazinen gesehen hatte.

Jeden Abend nahm Alexeis sie mit zu einer anderen glamourösen Party, mal in sensationellen mehrstöckigen Apartments in Uptown Manhattan, mal in Häusern auf Long Island. Carrie trug Abendkleider, die so schön waren, dass sie für eine Prinzessin geeignet gewesen wären. Es war ein Traum, der wahr wurde.

Und dessen strahlender Mittelpunkt war Alexeis.

Allein an ihn zu denken machte Carrie schwach vor Sehnsucht. Die Stunden ohne ihn kamen ihr endlos vor. Da er geschäftlich in New York war, musste sie sich in Geduld üben, bis sie wieder mit ihm zusammen sein konnte. Allein waren sie jedoch selten, da Alexeis viel in Gesellschaft ging.

Dass sie alles andere als eine geistsprühende Partnerin für ihn war, schien ihn nicht zu stören. Die Frauen, die sie in New York traf, waren Topmanagerinnen oder leiteten Wohltätigkeitsveranstaltungen oder hatten mit Kunst, Medien und Mode zu tun. Immer taten sie etwas, was Glamour hatte, Prestige, und Carrie fand sich in ihrer Gegenwart fade und langweilig.

Aber warum sollte sie deswegen deprimiert sein, wenn es Alexeis nicht störte, dass sie so anders war als die weltgewandten Leute, mit denen er verkehrte? Außerdem kam sie sich nicht langweilig oder dumm vor, wenn sie mit ihm allein war. Dann spielte es keine Rolle, dass sie aus verschiedenen Welten stammten. Mit ihm zusammen fühlte sich Carrie einfach … wohl.

Warum, wusste sie nicht. Und sie hinterfragte es nicht. Sie nahm es dankbar hin. Ebenso wie sie, ohne seine Gründe zu hinterfragen, einfach akzeptierte, dass Alexeis sie in diese wundervolle Welt mitgerissen hatte.

Und Carrie wollte nicht darüber nachdenken, wie lange es dauern würde, bis der Traum zu Ende ging. Sie würde aus jedem herrlichen Tag das Beste herausholen und erst recht aus den leidenschaftlichen, atemberaubenden Nächten. Sie würde diesen unglaublichen, romantischen Traum auskosten.

Mit einem eigenartigen Schmerz im Herzen wusste sie, dass es nie wieder einen Mann wie Alexeis in ihrem Leben geben würde. Reichtum und Glamour waren nur die äußere Vergoldung. Das reine Gold war Alexeis selbst. Er selbst war es, der diese Zeit so kostbar machte.

Und wenn es zu Ende ging …?

Nein. Wieder verdrängte Carrie den Gedanken. Irgendwann würde es so weit sein. Aber noch nicht jetzt.

Selbst am letzten Tag in New York war sie fest entschlossen, nicht daran zu denken. Aber sie hatte ein Engegefühl in der Brust. Beim Frühstück war Carrie schweigsam und stocherte im Essen herum.

„Hast du keinen Hunger?“ Überrascht zog Alexeis die Augenbrauen hoch. Morgens aß Carrie normalerweise immer mit großem Appetit. Schließlich war sie, wie er auch, nach den anstrengenden Nächten regelrecht ausgehungert.

„Nicht so richtig“, erwiderte sie und legte die Gabel hin.

„Fühlst du dich nicht gut?“, fragte Alexeis besorgt.

Schnell schüttelte Carrie den Kopf. „Es ist nur, weil es der letzte Tag ist.“

„Dann hat dir New York also gefallen? Obwohl du all die Boutiquen kaum ausgenutzt hast“, erwiderte Alexeis gespielt streng. „Vielleicht werden dich die in Chicago ja mehr reizen.“

„Chicago?“, wiederholte Carrie verblüfft.

„Unser nächstes Reiseziel“, erklärte Alexeis. „Oder musst du unbedingt schon nach London zurück?“

Starr blickte sie ihn an. Das Engegefühl in ihrer Brust schien sich aufzulösen. Noch wagte Carrie allerdings nicht zu glauben, was er da gerade gesagt hatte.

Ihr Mienenspiel zu beobachten fand Alexeis sehr amüsant. Und nicht nur jetzt. Es hatte ihm auch Freude gemacht, ihr Gesicht am ersten Abend in New York zu beobachten. Carrie hatte in einem Abendkleid für fünftausend Dollar vor dem Spiegel gestanden und bei ihrem Anblick über das ganze Gesicht vor Glück gestrahlt.

Cocktails auf der Dachterrasse eines Wolkenkratzers, eine Party auf einer Millionen-Dollar-Jacht auf dem Hudson, das neueste Broadway-Musical – wohin auch immer er sie mitgenommen hatte, Carries Gesicht war immer unglaublich ausdrucksvoll gewesen.

Aber am meisten genoss Alexeis es, sie zu betrachten, während sie sich liebten. Ihre Lust bereitete ihm fast ebenso viel Vergnügen wie seine eigene.

Und es machte ihm Freude, einfach mit Carrie zusammen zu sein. Das war seltsam. Andere Frauen hatten für ihn hauptsächlich als geschickte und erfahrene Bettpartnerinnen einen Wert. Mit ihrem anspruchsvollen Geschmack und Sachverstand waren sie auch auf dem Gesellschaftsparkett gut vorzuzeigen. Er konnte sich darauf verlassen, dass sie sich mühelos in seinen Kreisen bewegten.

Carrie war … tja, sie war anders. Sie schien einfach … da zu sein, zu seinem täglichen Leben zu gehören.

Kameradinnen hatte er in Frauen nie gesehen. Alexeis runzelte die Stirn. Was machten sie eigentlich, worüber redeten sie, wenn Carrie und er allein waren? Viel von ihrer gemeinsamen Zeit verbrachten sie im Bett, trotzdem blieb noch eine Menge Zeit übrig, in der sie sich nicht liebten.

Wenn er mit Carrie ganz entspannt frühstückte, wenn sie spätabends oder frühmorgens halb schlafend, halb wach nebeneinander im Bett lagen … Worüber redeten sie dann? Nichts Bestimmtes, nichts Einprägsames.

Dass er sich nicht daran erinnerte, war allein schon bemerkenswert.

Er hatte bemerkt, dass Carrie bei den für ihn selbstverständlichen Gesprächsthemen bei gesellschaftlichen Veranstaltungen nicht mithalten konnte. Sie äußerte sich nicht über Politik, Wirtschaft, Kultur oder Mode. Sie äußerte sich überhaupt nicht. Zurückhaltend, fast schüchtern stand oder saß sie schweigend neben ihm.

Mit ihm allein war sie nicht so still. Also worüber sprachen sie? Über einfache, anspruchslose Dinge.

Oberflächliche Dinge? Nein, oberflächlich war das falsche Wort. Es war herabsetzend und passte nicht zu Carrie.

Angenehm entspannt. Das war es, was ihm einfiel, wenn er an sie dachte. Erneut runzelte Alexeis die Stirn. Weil ihm klar wurde, dass er mit seinen Gedanken sehr oft bei Carrie war. Aus den Augen, aus dem Sinn, so lief das mit anderen Frauen – wenn er nicht gerade in der Stimmung für Sex war.

Aber mit Carrie … nun, Alexeis dachte sogar mitten in einer schwierigen geschäftlichen Besprechung an sie. Und nicht nur, weil er zurück in die Hotelsuite und sofort mit Carrie ins Bett wollte. Nein, er sah im Geiste vor sich, wie sie lächelte, wie sie ihn anblickte, wie sie die Augenbrauen hochzog, wenn sie ihn etwas fragte. Zum Beispiel nach einer Sehenswürdigkeit, die sie an diesem Tag besichtigt hatte. Oder nach jemandem, den sie am Vorabend kennengelernt hatte.

Das war noch etwas Besonderes an ihr. Wenn sie gerade von einer Party zurück zum Hotel fuhren und sich über den Abend unterhielten, machte Carrie häufig eine Bemerkung über den Gastgeber oder einen Gast, die umso scharfsichtiger war, weil sie die Leute ja nicht gut kannte.

Vielleicht nahm sie so viel wahr, weil sie sich meistens nicht beteiligte, sondern lieber beobachtete? Fast, als würde sie die Menschen durch ein Mikroskop betrachten und ablesen, wie sie aufeinander reagierten. Ohne selbst mit ihnen in Kontakt zu treten. Sie hielt ein wenig Abstand. Doch nicht von ihm.

Wie immer, wenn Alexeis an Carrie dachte, an seine Entscheidung, sie auf seine Geschäftsreise mitzunehmen, durchströmte ihn ein Gefühl der Zufriedenheit. Nein, von ihm hielt Carrie keinen Abstand. Ganz im Gegenteil.

Bei ihm verbarg sie ihre Reaktionen nicht. Auch jetzt nicht. Ihre Augen strahlten vor Glück, weil er nicht die Absicht hatte, ihre Beziehung jetzt schon zu beenden.

Alexeis lehnte sich zurück, sein Blick ruhte auf Carries ausdrucksvollem Gesicht. „Und? Ich nehme an, du sagst Ja zu Chicago?“

Natürlich brauchte sie darauf nicht zu antworten. Alexeis sah, dass sie sich mit neuem Appetit ihr Frühstück schmecken ließ.

5. KAPITEL

Mit Alexeis in New York zu sein war wundervoll gewesen. In Chicago war es genauso schön. Und in San Francisco. Dann in Atlanta und nach dem Flug zurück über den Atlantik in Mailand. Mit Alexeis war es überall großartig.

Solange er sie wollte.

Und anscheinend wollte er sie noch immer! Carrie hatte aufgehört, sich darüber zu wundern. Sie machte sich keine Gedanken mehr deswegen. Es war, als würde die Zeit stillstehen, und die Vergangenheit und die Zukunft hätten sich fortgestohlen. Das Leben war ein endloses herrliches Jetzt voller Wonnen. Ein Jetzt, das sich einzig und allein um Alexeis drehte.

Unwiderstehlicher Alexeis. Carrie konnte sich ihm hilflos nur immer wieder hingeben, jede Nacht. Seine Aufmerksamkeit, seine Rücksicht, wie er lachte und belustigt ihren Blick erwiderte, wie wohl sie sich mit ihm fühlte, wenn sie mit ihm plauderte … Sie war nicht sicher, worüber sie sich eigentlich unterhielten. Aber es fiel ihr unglaublich leicht, und allein mit ihm fühlte sie sich nie verlegen oder gehemmt.

Doch wenn sie zusammen ausgingen, war sie mitunter noch immer eingeschüchtert. Seine weltgewandten Freunde und Bekannten mussten sie für dumm und langweilig halten, aber Alexeis schien es überhaupt nicht zu stören.

Obwohl sie nur noch selten darüber ins Grübeln kam, staunte sie doch gelegentlich, dass ein kultivierter Mann wie Alexeis Nicolaides tatsächlich seine Zeit mit ihr verbringen wollte. Er war eine so starke, lebenssprühende Persönlichkeit. Wünschte er sich nicht insgeheim eine Partnerin, die ihm ebenbürtig war? Eine Frau mit sicherem Auftreten, die sich selbstbewusst in seinen Kreisen bewegen konnte?

Doch auch nach mehreren Wochen deutete nichts darauf hin, dass sie ihn langweilte und er ihrer überdrüssig wurde. Und wieso sollte sie das dann infrage stellen? Wie könnte sie wollen, dass dieser Traum zu Ende ging?

Als sie in dem Fünfsternehotel in Mailand mit dem Lift in Alexeis’ Suite fuhren, wünschte sich Carrie dennoch, sein Lebensstil wäre nicht ganz so unbeständig und hektisch.

Zuerst war es aufregend gewesen, Städte im Ausland zu besuchen und in Luxushotels zu wohnen, und sie hatte alles staunend in sich aufgenommen. Jetzt, nach all den langen, ermüdenden Flügen und nachdem sie viele Wochen aus dem Koffer gelebt hatte, sehnte sich Carrie einfach danach, einmal eine Weile irgendwo zu bleiben.

Sofort fühlte sie sich undankbar, fragte aber trotzdem unwillkürlich: „Reist du immer so viel?“

Alexeis warf ihr einen flüchtigen Blick zu. „Wir haben Unternehmen auf drei Kontinenten, und ich habe gern ein wachsames Auge auf alle. Hast du es allmählich satt, durch die Welt zu jetten?“

Ein mitfühlender Unterton schwang in seiner Stimme mit, und Carrie lächelte entschuldigend. „Höre ich mich an wie eine quengelnde Göre?“, fragte sie trübselig. „Du hast mich an Orte mitgenommen, die ich sonst niemals zu sehen bekommen hätte!“

Seine Miene wurde weicher. „Wie wäre es, wenn wir Urlaub machen, sobald ich hier in Mailand alles erledigt habe? Es wird jetzt wärmer, und ich könnte eine Arbeitspause gebrauchen. Wie klingt das?“

„Himmlisch“, seufzte Carrie. Ihr wollte das Herz bersten vor Freude. „Oh, Alexeis, du bist so gut zu mir!“

Er hob ihre Hand an seinen Mund. „Und du, meine süße Carrie, bist so gut für mich.“ Sanft streiften seine Lippen über ihre Finger. „Meine erste Sitzung habe ich erst in einer Stunde.“

Carrie sah das Funkeln in seinen Augen und bekam weiche Knie. Die Röte, die ihr ins Gesicht stieg, genügte Alexeis als Antwort.

An diesem Abend aßen sie allein in ihrer Suite, was Carries Glück noch vergrößerte. Das geschah nicht allzu oft, deshalb wusste sie das Ereignis sehr zu schätzen.

„Morgen musst du unbedingt einkaufen gehen“, sagte Alexeis. „Mailand ist eine der Modemetropolen der Welt.“

„Ach nein“, protestierte Carrie sofort. „Ich habe schon so viele Sachen. Mehr brauche ich wirklich nicht!“

Ein Lächeln umspielte seinen schönen Mund. „Mir ist noch nie eine Frau untergekommen, die sich so ungern von mir einkleiden lässt.“

„Ich will einfach nicht, dass du so viel Geld für mich ausgibst, Alexeis“, erwiderte sie verlegen.

Er warf ihr einen nachsichtigen Blick zu. „Ich kann es mir leisten.“

Ihre Miene blieb bekümmert. „Ich weiß, dass du hart arbeitest, aber …“

Fragend zog er die Augenbrauen hoch.

„Du führst ein eigenartiges Leben“, fuhr Carrie zögernd fort. „Dauernd reisen, Luxus für selbstverständlich halten, immer so viel Geld ausgeben. Ist das alles, was du tun willst? Bis du einmal alt bist?“

Sobald sie das gesagt hatte, wünschte sie, sie hätte geschwiegen. Wie kam sie dazu, Alexeis’ Lebensstil in Zweifel zu ziehen? Schließlich genoss sie ja all den Luxus, mit dem er sie überhäufte.

Während er antwortete, sah er sie seltsam an. Seine Finger schlossen sich um den Stil des Glases, der einen erlesenen Wein enthielt. Carrie wusste, dass er wahrscheinlich mehr gekostet hatte, als sie jemals in einer Woche verdienen konnte.

„Meinst du, ich sollte eine Familie gründen?“

Carrie holte mühsam Atem. In seiner Stimme schwang etwas mit, das sie nervös machte.

„Es geht mich nichts an, was du mit deinem Leben anfängst. Aber … Willst du denn niemals heiraten und Kinder haben?“

Anstatt zu antworten, schenkte Alexeis sich nach. Er führte absichtlich so ein unruhiges Leben, weil er dadurch den unrealistischen Erwartungen seiner Mutter aus dem Weg gehen konnte. Und der unerwünschten Gesellschaft seines Vaters.

Während er das Glas zum Mund hob und einen Schluck trank, blickte Alexeis Carrie nachdenklich an. Sie hatte gefragt, ob er niemals heiraten und Kinder haben wollte. Bedeutete das, dass sie anfing, sich falsche Hoffnungen zu machen? Hoffnungen, die das Ende ihrer Beziehung einleiten würden? Verärgert presste er die Lippen zusammen. Er hatte überhaupt keine Lust, Carrie jetzt schon zu ersetzen.

Plötzlich wusste er genau, was er wollte: Sie irgendwohin mitnehmen, wo er eine Zeit lang vierundzwanzig Stunden am Tag mit ihr zusammen sein konnte, ohne sich mit der Nicolaides Group beschäftigen zu müssen. Er hatte schon zu Carrie gesagt, sie würden in den Urlaub fahren. Und am liebsten würde er es sofort tun.

Schnell überlegte Alexeis. Er würde seine Termine in Mailand dichter zusammenlegen. Dann sollte er am Wochenende abreisen können. Mit Glück würde er eine Woche Urlaub herausschlagen können, vielleicht sogar zwei.

Auch aus einem anderen Grund wollte Alexeis eine Weile nicht erreichbar sein. Von seiner Mailänder Assistentin war ihm ausgerichtet worden, seine Mutter habe sich gemeldet und wünsche, dass er sie so bald wie möglich zurückrufe. Bisher hatte er es vermieden und seiner persönlichen Assistentin erklärt, er habe zu viel zu tun.

Seine Mutter würde ihn drängen, Zwischenstation in Griechenland zu machen. Und wenn er das tat, würde sie Dinnerpartys geben und ihm potenzielle Bräute vorstellen.

Warum konnte sie nicht einfach akzeptieren, dass er nicht die Absicht hatte zu heiraten, schon gar nicht aus den Gründen, aus denen sie es wollte? Er wusste, dass sie ihren Exmann hasste, hatte aber keine Lust, ihre Machtspiele mitzuspielen. Stattdessen würde er die Nicolaides Group leiten, seinem Vater die gewünschte Freizeit für sein Liebesleben schenken und ihn so wenig beachten wie möglich.

Autor

Julia James
<p>Julia James lebt in England. Als Teenager las sie die Bücher von Mills &amp; Boon und kam zum ersten Mal in Berührung mit Georgette Heyer und Daphne du Maurier. Seitdem ist sie ihnen verfallen. Sie liebt die englische Countryside mit ihren Cottages und altehrwürdigen Schlössern aus den unterschiedlichsten historischen Perioden...
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