Julia Collection Band 167

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Es kann nur einen geben? Von wegen! Gleich drei attraktive Highlander sind immer noch Single. Erleben die schottischen Cousins Logan, Fergus und Brice ein Happy End in den grünen Hügeln ihrer Heimat?

MINISERIE VON CAROLE MORTIMER

DEIN LÄCHELN MACHT MICH GLÜCKLICH
Es ist der Kellnerin Darcy furchtbar peinlich, als sie im Schloss des attraktiven Multimillionärs Logan McKenzie die Beherrschung verliert und in seinen Armen hemmungslos schluchzt! Seine zärtlichen Küsse kann sie einfach nicht vergessen. Doch von mehr als dieser einen süßen Begegnung darf sie nicht träumen, oder?

WER BIST DU, SÜSSE MORGENFEE?
Das ist dem bekannten Autor Fergus McCIoud noch nie passiert: Als er morgens in seinem Luxusapartment aufwacht, steht eine bildschöne Frau an seinem Bett! An die rauschende Hochzeitsfeier seines Cousins, bei der Champagner in Strömen floss, kann sich Fergus noch erinnern … Aber wann und wo hat er die bezaubernde Fremde kennengelernt?

DAS SCHLOSS MEINER TRÄUME
Im Auftrag ihres steinreichen Verlobten soll der Star-Maler Brice McAllister die betörende Sabina porträtieren. Aber was verbindet die immer so traurig wirkende Schönheit mit dem wesentlich älteren Unternehmer? Brice muss ihr Geheimnis lüften und lädt sie auf sein Schloss in Schottland ein ...


  • Erscheinungstag 07.01.2022
  • Bandnummer 167
  • ISBN / Artikelnummer 9783751511773
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Carole Mortimer

JULIA COLLECTION BAND 167

1. KAPITEL

Klirr!

„Verdammt!“

Logan unterschrieb gerade Briefe, als er das Klirren und den darauf folgenden Fluch hörte. Verwirrt sah er auf. Was …?

Klirr!

„Noch mal verdammt!“

Logan legte den Kugelschreiber hin, stand auf und ging in den Konferenzraum, der neben seinem großen Büro lag. Er und zwei Geschäftspartner hatten zu mittaggegessen und dabei über Verträge gesprochen. Jetzt stellte er fest, dass sich in dem Raum niemand aufhielt, der Tisch aber noch teilweise gedeckt war.

„Verdammt und zugenäht!“, sagte eine geisterhafte Stimme. „Das sind schon zwei Gläser, die ich ersetzen muss. Ich … Autsch!“

Noch neugieriger gemacht, ging Logan langsam um den Mahagonitisch und sah schließlich auf leuchtend rotes Haar hinunter. Ah, das Rätsel war gelöst. Dies war die Angestellte von „Chef Simon Catering“, die ihnen das Essen serviert hatte. Logan hatte sie nicht weiter beachtet, weil er sich auf die geschäftliche Besprechung konzentriert hatte, er erinnerte sich jedoch, dass er gelegentlich einen flüchtigen Blick von diesem glänzenden roten Haar erhascht hatte, während sie leise um den Tisch gegangen war.

Die junge Frau stand auf und betrachtete stirnrunzelnd den Daumen ihrer linken Hand, der ziemlich stark blutete.

„Haben Sie sich geschnitten?“, fragte Logan mitfühlend.

Sie zuckte so heftig zusammen, dass sie eins der Wassergläser umwarf.

Logan gelang es, das Glas zu fangen, bevor es vom Tisch rollte – zu den beiden anderen, die schon zerbrochen auf dem Parkettboden lagen. „Es hat keinen Sinn, dass Sie drei statt zwei Ersatzgläser kaufen müssen“, sagte er trocken, während er das Glas wieder aufrichtete. „Ist es ein schlimmer Schnitt?“ Er griff nach ihrer Hand.

Die junge Frau versteckte sie schnell hinter ihrem Rücken. „Es tut mir leid, wenn ich Sie gestört habe, Mr. McKenzie“, flüsterte sie niedergeschlagen. „Ich habe abgeräumt und … und dabei die Gläser kaputtgemacht. Und …“ Sie blickte auf die Scherben und brach in Tränen aus.

Logan schreckte davor zurück, wie offen sie ihre Gefühle zeigte. „He, es sind nur zwei Gläser“, sagte er finster. „Chef Simon ist doch sicher nicht so ein Unmensch, dass Sie deswegen weinen müssen.“

Chef Simon kümmerte sich mit seiner Catering-Firma schon seit über einem Jahr um die Geschäftsessen, die Logan gelegentlich in seinem Konferenzraum gab, und er hatte immer wieder festgestellt, dass der Mann mit sich reden ließ. Aber diese junge Frau hatte er bisher noch nie hier gesehen. War sie vielleicht neu und hatte Angst, ihren Job zu verlieren?

„Sie können Chef Simon ja erzählen, ich hätte die Gläser kaputtgemacht“, sagte er tröstend. Weinende Frauen waren nicht seine Stärke! Nicht, wenn sie weinen, weil sie beunruhigt oder verärgert sind, dachte er trübselig, während er sich an das letzte Treffen mit Gloria vor zwei Wochen erinnerte. Sie hatte vor Wut und Frustration geheult, weil er ihr mitgeteilt hatte, ihre einjährige Beziehung sei zu Ende. Als er sich nicht hatte umstimmen lassen wollen, hatte sie sogar eine Vase nach ihm geworfen.

„Oh, das kann ich nicht tun“, lehnte die junge Frau ab. „Dann würde er Ihnen die Gläser auf die Rechnung setzen, und das wäre nicht fair.“

Fair. Das Wort hörte Logan nicht allzu oft, weder als Geschäftsmann noch in seinem Privatleben. Außerdem würden die Kosten für zwei Gläser wohl kaum sein millionenschweres Unternehmen in den Konkurs treiben.

Die Angestellte von Chef Simon Catering wischte sich die Tränen ab und schmierte sich Blut auf die Wangen. „Oh verdammt“, sagte sie, als ihr klar wurde, was sie getan hatte. Ohne Erfolg suchte sie in ihren Hosentaschen nach einem Taschentuch.

„Sie mögen das Wort, stimmt’s?“, fragte Logan. Zum ersten Mal betrachtete er sie genauer. Sie war ein zierliches kleines Ding, das ihm kaum bis zu den Schultern reichte. Ihre schlanke Figur wurde von der schwarzen Hose und cremefarbenen Bluse noch betont. Das schulterlange rote Haar umrahmte ein Gesicht, das auf den ersten Blick mit Sommersprossen übersät war. Auf den zweiten Blick erkannte Logan, dass sie nur Nase und Wangen bedeckten. Sie hatte graue Augen, einen breiten Mund und ein energisches Kinn.

Nicht gerade …

Woher ist das Lächeln gekommen?, fragte sich Logan verwirrt, während er sich sofort eine neue Meinung über ihr Aussehen bildete. Er hatte sie nicht gerade bemerkenswert gefunden, aber wenn sie lächelte, funkelten die grauen Augen geheimnisvoll, Grübchen erschienen in den Wangen, und ihr Mund war eine zarte Verlockung.

Logan blickte sie verständnislos an. Er war plötzlich völlig außer Atem!

Sie schien keine Ahnung zu haben, was für eine Wirkung sie auf ihn hatte, denn sie lächelte ihn weiter an. „Es ist besser als viele andere. Und Ihr Angebot, was die Gläser betrifft … Ich weiß es zu schätzen, aber, wie Sie gesagt haben, sie sind es nicht wert, sich aufzuregen.“

„Warum haben Sie dann überhaupt geweint?“, fragte Logan scharf.

Das Lächeln verschwand. Logans Verwirrung auch, und er war wegen seiner unerhörten Reaktion wütend auf sich und die junge Frau. Um Himmels willen, sie war doch unscheinbar, nur massenhaft Sommersprossen und graue Augen! „Na?“, schnauzte er.

Sie blickte ihn vorwurfsvoll an. „Ich habe mich geschnitten!“ Sie hielt den Daumen hoch.

Logan betrachtete ihn finster. „Die Wunde blutet nicht mehr. Und allzu gefährlich sieht sie nicht aus.“ Und ich habe schon genug von meinem Nachmittag mit dieser Sache verschwendet, dachte er ärgerlich. „Meine Sekretärin wird Ihnen ein Pflaster bringen“, sagte er kurz angebunden. „Ich schlage vor, dass Sie sich in der Zwischenzeit das Blut abwaschen. Von der Hand und vom Gesicht.“

Sie berührte verlegen ihre Wange. „Ich habe gesagt, es tue mir leid, Sie gestört zu haben.“

Die Frau konnte sich ja gar nicht vorstellen, wie sie ihn – vorübergehend – gestört hatte! „Wie heißen Sie?“

„Darcy“, erwiderte sie unglücklich.

„Tja, Miss Darcy …“

„Das ist mein Vorname“, sagte sie und schniefte.

Oh nein, sie würde wieder weinen! Und war Darcy nicht ein Jungenname? „Ihr Vater hat sich einen Sohn gewünscht, stimmt’s?“, fragte Logan spöttisch.

Ihre grauen Augen funkelten vor Wut. „Was er sich gewünscht und was er bekommen hat, sind zwei völlig verschiedene Dinge“, erwiderte sie scharf.

„Das ist meistens so, wenn es um Frauen geht“, sagte Logan trocken.

„Sind Sie verheiratet, Mr. McKenzie?“

Was hatte das denn damit zu tun? „Nein.“

Sie nickte, als hätte sie sich das schon gedacht. „Frauen reagieren oft passend zu den Männern, zu denen sie eine Beziehung haben. Zum Beispiel …“

„Ich glaube nicht, dass Chef Simon Sie hierher geschickt hat, damit Sie den Kunden psychoanalysieren“, unterbrach Logan sie mit zusammengebissenen Zähnen. Bis vor wenigen Minuten war er mit dem Tag völlig zufrieden gewesen. Das Geschäftsessen war ein Erfolg gewesen, die Verträge wurden bereits ausgearbeitet, und er hatte sich darauf gefreut, mit der schönen Blondine zu Abend zu essen, die er am Samstag auf einer Dinnerparty kennengelernt hatte. Jetzt war seine gute Laune verschwunden, und er verspürte immer mehr den Wunsch, diese Darcy zu erdrosseln!

„Es tut mir so leid. Ich … Es ist nur … Ich bin heute nicht ich selbst!“ Darcy schlug die Hände vors Gesicht und brach wieder in Tränen aus.

Logan schüttelte ratlos den Kopf. „Oh, um Himmels willen!“, sagte er und zog Darcy an sich. Sie fühlte sich so klein und zart an, als er sie an seine harte Brust bettete und ihr geistesabwesend über das seidenweiche rote Haar strich …

Was, in aller Welt, tat er denn da? Du liebe Güte, sie war die Serviererin von Chef Simon Catering! Wichtiger, irgendjemand könnte hereinkommen und die Situation missverstehen! Logan trat nervös von einem Fuß auf den anderen. „Darcy?“

Sie drückte das Gesicht noch fester an seine Brust.

Inzwischen war sein Hemd schon ganz feucht von ihren Tränen, und allmählich wünschte Logan sogar, jemand würde hereinkommen und sie stören, ganz gleich, wie sein Benehmen ausgelegt werden würde. „Hier“, sagte er und gab ihr sein schneeweißes Taschentuch, erleichtert, als sie von ihm abrückte, um sich die Nase zu putzen.

Nach Darcys wenig anziehendem Aussehen zu urteilen, war es kein Wunder, dass nicht allzu viele Frauen in seiner Gegenwart weinten. Sie sah aus wie ein erschrockenes junges Reh: nur Augen und fleckige Wangen.

„Es tut mir wirklich leid“, sagte sie unglücklich. „Ich habe eine ziemlich beunruhigende Nachricht erfahren, bevor ich hierher gefahren bin. Normalerweise heule ich vollkommenen Fremden nichts vor, das kann ich Ihnen versichern.“

„Das ist okay, ich bin alles andere als vollkommen“, scherzte Logan und fragte sich, was für eine Nachricht sie in so einen Zustand versetzt hatte. „Ist es etwas, bei dem ich helfen kann?“, hörte er sich sagen und runzelte die Stirn über sein untypisches Interesse an den Problemen einer Fremden. Er stammte aus einer großen schottischen Familie und hielt sich aus den Streitereien heraus, die seinen Clan ständig zu plagen schienen. Wenn er das nicht tun würde, wäre er die meiste Zeit in die eine oder andere Intrige verwickelt, und er führte lieber ein ruhiges Leben. Weshalb er den größten Teil des Jahres in seiner Londoner Wohnung verbrachte. Er hatte keine Ahnung, warum ausgerechnet er sich für die Probleme einer völlig Fremden interessierte, die ihn voll geheult und dabei auch noch Blutflecken auf seinem Hemd hinterlassen hatte.

Darcy schüttelte den Kopf. „Ich bezweifle es. Trotzdem danke, dass Sie gefragt haben.“

Er war verärgert, weil sie ihm nicht verraten wollte, was sie quälte! Was war nur mit ihm los? „Geteiltes Leid ist halbes Leid, heißt es“, redete er ihr gut zu.

„Ich glaube nicht, dass es Sie interessieren würde.“ Jetzt sah sie verlegen aus.

„Stellen Sie mich auf die Probe.“

Darcy zuckte die Schultern. „Es ist nur, dass … Nein, ich kann nicht. Da… Chef Simon würde es nicht gefallen, wenn ich mit einem seiner Kunden über sein Privatleben sprechen würde.“

Daniel Simon? Darcy hatte den berühmten Koch beim Vornamen nennen wollen. Und wenn man ihre Tränen als Anhaltspunkt nahm, ließ die Vertraulichkeit durchblicken, dass die beiden eine viel engere Beziehung als die zwischen Arbeitgeber und Angestellte hatten. Daniel Simon und Darcy? Sie war doch höchstens zwanzig, während er Anfang fünfzig war, soviel Logan wusste. Frühling und Herbst. Nicht, dass es ungewöhnlich war, er hatte den Mann nur niemals von der Seite gesehen. Tatsächlich hatte er bisher keinen einzigen Gedanken an Daniel Simons Privatleben verschwendet. Und jetzt wollte er auch nicht darüber nachdenken! „Wahrscheinlich haben Sie recht. Ich schicke Ihnen Karen mit einem Pflaster.“ Logan ging zur Tür.

„Mr. McKenzie?“

Er drehte sich widerwillig um. „Ja, Darcy?“

„Danke.“ Sie lächelte ihn zum zweiten Mal an diesem Tag an.

Und raubte ihm wieder den Atem. Je schneller ich hier herauskomme, desto besser! dachte Logan grimmig. „Bitte sehr“, stieß er hervor, und diesmal bewerkstelligte er seine Flucht ins angrenzende Büro.

Flucht? dachte er, sobald er an seinem Schreibtisch saß. Vor Darcy? Lächerlich. Er hatte fürs Erste genug von den Tränen einer Frau, das war alles. Besonders da sie mit ihren Tränen und dem Blut aus der Schnittwunde an ihrem Daumen sein Seidenhemd ruiniert hatte!

Was musste Logan McKenzie von ihr halten? Darcy stöhnte leise auf. Sie hatte sich so große Mühe gegeben, die quälenden Gedanken zu unterdrücken und sich darauf zu konzentrieren, dem Kunden und seinen Gästen das Mittagessen zu servieren. Sobald sie begonnen hatte abzuräumen, war sie jedoch nicht mehr fähig gewesen, das Problem zu verdrängen. Sie hatte die beiden Gläser fallen lassen und an einem Tag, an dem sie sowieso schon das Gefühl gehabt hatte, den Boden unter den Füßen zu verlieren, war das der Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hatte.

Trotzdem hätte sie nicht Logan McKenzies weißes Seidenhemd ruinieren dürfen. Sie bezweifelte, dass die Blutflecken herausgehen würden. Ihr wurde plötzlich bewusst, dass sie noch immer sein durchnässtes Taschentuch in der Hand hatte. Entsetzt blickte sie das zusammengeknüllte Ding an. Nicht, dass sie es ihm in diesem Zustand hätte zurückgeben können. Sie würde es erst waschen und bügeln müssen, bevor sie es ihm zurückschickte. Natürlich würde Logan McKenzie der Verlust eines weißen Taschentuchs nicht „wehtun“, aber hier ging es ums Prinzip. Sie …

„So, da wären wir“, verkündete Karen Hill, Logan McKenzies Privatsekretärin, die mit einer desinfizierenden Salbe und Pflastern in den Konferenzraum kam. „Logan sagt, Sie hätten einen kleinen Unfall gehabt.“

Darcy war sicher, dass er sie für einen einzigen großen Unfall hielt! Sie schauderte vor Verlegenheit bei dem Gedanken daran, wie sie sich aufgeführt hatte. „Es ist nichts. Ein Pflaster genügt.“ Die Wunde schmerzte noch, aber nicht so sehr wie die Erinnerung an ihren Zusammenbruch vor Logan McKenzie. Je schneller sie hier wegkam, desto besser. „Danke.“ Sie nahm das angebotene Pflaster und klebte es sich auf den Daumen. „Wissen Sie zufällig Logans … Mr. McKenzies Hemdgröße?“

Karen zog überrascht die Augenbrauen hoch. „Logans Hemdgröße?“, wiederholte sie neugierig.

Fehler, Darcy! schimpfte sie mit sich. Wenn sie das ruinierte Seidenhemd ersetzen wollte, würde sie eben eine andere Möglichkeit finden müssen, die richtige Größe zu erfahren. „Ist nicht weiter wichtig“, sagte sie munter und wich Karens Blick aus. „Ich räume hier den Rest ab und mache mich auf den Weg.“

„Gut“, erwiderte die Sekretärin zerstreut. Offensichtlich wunderte sie sich noch immer über Darcys Frage.

Tja, sie muss sich weiterwundern, dachte Darcy gereizt. Für einen Tag hatte sie sich genug in Verlegenheit gebracht!

Sobald sie allein war, räumte sie im Eiltempo den Tisch ab und packte alles in die Körbe, bevor sie die Glasscherben aufsammelte und sie in Zeitungspapier wickelte, um sie auch mitzunehmen. Natürlich hatte sie wieder Pech! Logan McKenzie wartete vor dem Fahrstuhl, als sie sich mit den zwei schwer beladenen Körben den Flur entlangkämpfte.

Er drehte sich um und konnte es zuerst nicht glauben, als er sie erkannte, dann runzelte er finster die Stirn.

Darcy zuckte zusammen, aber überrascht war sie nicht. Wahrscheinlich überlegte der arme Mann, ob er gefahrlos mit ihr in den Lift steigen konnte, oder ob das Ding kaputtgehen würde, sobald sich die Türen hinter ihnen beiden schlossen! „Hallo.“

„Darcy.“ Er blickte ungeduldig auf die Leuchtanzeige.

Er kann es nicht erwarten, von mir wegzukommen, dachte Darcy spöttisch. Sie vermutete, dass er Daniel Simon bitten würde, sie nie wieder bei einem seiner Geschäftsessen bedienen zu lassen. Tja, in dieser Hinsicht brauchte er sich keine Sorgen zu machen. Sie war nur hier, weil sie knapp an Personal waren.

Das Restaurant „Chef Simon“, von Daniel Simon vor fünf Jahren in London eröffnet, war ein so großer Erfolg geworden, dass immer mehr Gäste gefragt hatten, ob er ihnen nicht auch Speisen und Getränke ins Haus liefern könne. Aufgrund der vielen Nachfragen hatte Daniel Simon die Catering-Firma gegründet, und dieses Nebengeschäft lief auch sehr gut. Unglücklicherweise hatten zurzeit mehrere Angestellte die Grippe, und deshalb war Darcy gebeten worden einzuspringen. Nach der vergangenen katastrophalen halben Stunde wünschte sie, sie hätte an diesem Tag andere Verpflichtungen gehabt und ablehnen müssen!

„Geben Sie her.“ Logan McKenzie nahm ihr einen der schweren Körbe ab.

Da sie in Gedanken versunken gewesen war, hatte er sie überrumpelt. „Danke“, sagte sie verlegen, „aber das ist wirklich nicht nötig.“ Sie versuchte, ihm den Korb wieder abzunehmen.

Logan umfasste den Griff fester. „Lassen Sie das“, fuhr er sie ungeduldig an.

Endlich kam der Lift, und Logan McKenzie trat zurück, sodass Darcy vor ihm in die Kabine gehen konnte. Sie beobachtete ihn verstohlen, während er auf den Knopf für das Erdgeschoss drückte. Er war ungefähr fünfunddreißig, unglaublich gut aussehend und machte einen arroganten, strengen Eindruck. Das dunkle Haar war kurz und glatt, er hatte blaue Augen, einen schönen Mund und ein energisches Kinn. Groß und muskulös, sah er aus wie ein Mann, der eher auf einer Farm zu Hause war als in einem Büro, trotz des maßgeschneiderten Anzugs und des Seidenhemds.

Seidenhemd … Die Spuren ihrer Tränen waren auf dem inzwischen getrockneten Stoff deutlich zu erkennen. Darcy bezweifelte, dass die Blutflecken in der chemischen Reinigung herausgehen würden. Sie war erleichtert, als der Lift im Erdgeschoss hielt. Ihr war das Schweigen zwischen ihnen unangenehm gewesen, gelinde gesagt. „Danke.“ Sie streckte die Hand aus, um ihm den Korb abzunehmen.

Logan McKenzie stellte sich so hin, dass sich die Türen nicht schlossen, und blickte Darcy stirnrunzelnd an. „Wohin wollen Sie?“

„Ins Kellergeschoss. Ich habe den Lieferwagen dort unten geparkt.“

„In dem Fall …“ Logan McKenzie kam zurück in die Kabine und drückte den Knopf „Kellergeschoss“.

„Das ist wirklich nicht nötig“, wiederholte Darcy. Dass ihr der Besitzer dieses weltberühmten Unternehmens half, machte sie total nervös.

„Natürlich ist es nötig“, erwiderte er grimmig. „Ein kleines Ding wie Sie sollte nicht so schwer tragen. Haben Sie auch die Vorbereitungen für das Mittagessen heute allein getroffen?“, sprach er energisch weiter, ohne zu beachten, dass sie gerade dagegen hatte protestieren wollen, ein „kleines Ding“ genannt zu werden.

„Ja.“ Darcy wechselte den Korb in die andere Hand. „Wir sind heute knapp an Personal, verstehen Sie, und deshalb …“

„Nein, verstehe ich nicht“, unterbrach Logan sie kurz angebunden. Sie waren inzwischen im Kellergeschoss angekommen, das als Garage für die Büroangestellten von „McKenzie Industries“ diente. „Man hätte nicht von Ihnen verlangen dürfen, die Arbeit ganz allein zu erledigen. Und das werde ich Daniel Simon bei der ersten Gelegenheit sagen“, erklärte er grimmig.

„Tun Sie das nicht!“ Darcy wurde rot vor Verlegenheit. „Ich habe es doch gut geschafft. Mit dem Essen waren Sie zufrieden, stimmt’s?“, drängte sie.

„Ja …“, erwiderte er zögernd.

„Dann gibt es kein Problem, richtig?“

Er sah sie nachdenklich an. „Wissen Sie, Darcy, vielleicht würden Sie Daniel Simon weniger einschüchternd finden, wenn Sie nicht so beflissen wären.“

Das gedämpfte Licht in der Garage machte es unmöglich, Logan McKenzies Gesichtsausdruck zu deuten. Was ein Jammer war, denn Darcy hatte keine Ahnung, wovon er redete! „Es war nur ein Mittagessen.“ Sie hatte die Körbe in den Lieferwagen gestellt und hielt die Schlüssel in der Hand.

„Ich habe nicht ausdrücklich auf das Mittagessen angespielt“, sagte er gereizt.

Was meinte er dann? Zugegeben, am Schluss hätte sie ein bisschen distanzierter sein können – viel distanzierter! –, aber vor ihrem tränenreichen Gefühlsausbruch war mit dem Mittagessen für Logan McKenzie und seine Gäste wirklich alles in Ordnung gewesen.

Er blickte sie finster an. „Ich geben Ihnen nur einen Ratschlag vom männlichen Standpunkt aus. Ob Sie ihn annehmen oder nicht, ist Ihre Sache.“

„Ich … Danke.“ Darcy hatte keine Ahnung, was für einen Ratschlag er ihr gerade gegeben hatte! Beflissen zu sein hatte nichts damit zu tun. Ja, sie war wütend und durcheinander, aber es wäre ungezogen gewesen, nicht auszuhelfen, wenn sie zu wenig Personal hatten. Geschäft ist Geschäft, dachte sie ein bisschen verbittert.

Logan McKenzie nickte, drehte sich um und ging zurück zum Aufzug. Als sich die Türen schlossen, machte er noch immer ein grimmiges Gesicht.

Was für ein seltsamer Mann. Darcy stieg in den Lieferwagen und fuhr aus der Garage. In der einen Minute war er freundlich, in der nächsten ungeduldig, dann gab er ihr einen väterlichen Rat … Jedenfalls nahm sie an, dass es so etwas gewesen war, auch wenn sie in ihm bestimmt keine Vaterfigur sehen konnte!

Oh, na schön, sagte sich Darcy, während sie selbstsicher durch den Londoner Verkehr fuhr. Logan McKenzie war im Moment das Geringste ihrer Probleme. Sie runzelte die Stirn, als sie an ihr größtes Problem dachte.

Daniel Simon. Er hatte ihr an diesem Morgen gelassen mitgeteilt, dass er eine Frau heiraten wollte, die er erst vor drei Wochen kennengelernt hatte!

2. KAPITEL

„Das ist gerade gebracht worden“, sagte Karen zu Logan und legte ein Paket auf den Schreibtisch. Sein Name und die Firmenadresse waren in Druckbuchstaben mit schwarzer Tinte auf das braune Packpapier geschrieben worden.

Logan sah stirnrunzelnd auf. Er war mit den Gedanken noch bei dem Vertrag, den er gerade gelesen hatte. Die Juristensprache wurde jeden Tag komplizierter. Natürlich konnte er diese Dinge seinen Anwälten überlassen, aber er würde gern die Meinung seines Cousins Fergus dazu hören, bevor er unterschrieb. Von der Haushälterin seines Cousins hatte er jedoch erfahren, dass Fergus nach Schottland geflogen war, zu seinem und Logans Großvater mütterlicherseits. Zweifellos hatte Hugh McDonald gute Gründe, die Dienste des Familienanwalts in Anspruch zu nehmen, aber im Moment hatte Logan wenig übrig für diese Gründe.

Er legte den goldenen Kugelschreiber hin, mit dem er sich Notizen gemacht hatte, und fuhr sich müde übers Gesicht. Der vergangene Abend, den er mit der schönen Andrea von der Dinnerparty am Samstag verbracht hatte, war nicht der Erfolg gewesen, den er sich erhofft hatte. Schon nach einer halben Stunde hatte er festgestellt, dass sie kicherte wie ein Schulmädchen, pausenlos redete – hauptsächlich über ihre Karriere als Model –, wegen ihrer Figur fast nichts aß und aus demselben Grund noch weniger trank.

Logan war der Abend endlos lange vorgekommen, und er hatte erleichtert geseufzt, als er Andrea kurz vor Mitternacht endlich vor ihrer Wohnung abgesetzt hatte. Ohne zu fragen, ob sie sich wieder sehen könnten!

Jetzt warf er einen gleichgültigen Blick auf das Paket, das Karen auf den Schreibtisch gelegt hatte. „Was ist es denn?“

„Keine Ahnung“, erwiderte seine tüchtige Sekretärin. „Ich habe das Paket nicht geöffnet, weil ‚streng vertraulich‘ draufsteht.“

Logan verzog den Mund, während er sich das Paket genauer ansah. „Haben Sie es überprüft? Vielleicht ist es eine Bombe. Oder Schlimmeres“, sagte er trocken. Selbst nach zwei Wochen klang ihm Glorias Drohung: „Das wirst du bereuen!“ noch in den Ohren.

Karen lächelte spöttisch.

Natürlich wusste sie, dass Miss Grangers Anrufe vor zwei Wochen aufgehört hatten. Und sein Unbehagen ließ sie offensichtlich völlig kalt. Das ist nicht erstaunlich, dachte Logan trübselig. Karen arbeitete seit fast zehn Jahren für ihn und hatte schon mehrere Glorias kommen und gehen sehen.

„Es wurde durch einen sehr angesehenen Kurierdienst zugestellt“, versicherte ihm Karen neckend.

„Das ist keine Garantie!“

Karen lachte. „Los, Logan, leben Sie dieses eine Mal gefährlich, und öffnen Sie es.“

Er runzelte die Stirn über das „dieses eine Mal“. Anderen mochte sein Leben ziemlich voraussagbar erscheinen, aber ihm gefiel es so. Er sorgte bewusst dafür, dass es so war. Im Wesentlichen, weil er sich an zu viele Überraschungen und emotionsgeladene Szenen aus seiner Kindheit erinnerte, um sie als Erwachsener in seinem Leben zu dulden.

Nachdem er das Paket noch einmal betrachtet hatte, hob er es hoch und drehte es um. Auf der Rückseite stand kein Absender. „Hat der Bote gesagt, von wem es kommt?“ Es war so leicht, als wäre überhaupt nichts in dem Karton.

„Nein“, erwiderte Karen. „Wenn Sie wirklich glauben, es könnte eine Bombe sein, hole ich Gerard, damit er das Paket mit nach unten ins Kellergeschoss nimmt und …“

„Nein, tue ich nicht“, versicherte ihr Logan trocken.

„Wollen Sie es nicht öffnen?“

Er blickte sie mit zusammengekniffenen Augen an. „Ich wette, Sie haben sich als kleines Mädchen am Heiligabend mitten in der Nacht ins Wohnzimmer geschlichen und alle Ihre Geschenke aufgemacht, bevor jemand anders auch nur im Traum eingefallen wäre aufzuwachen“, spottete er.

„Und ich wette, Sie haben als kleiner Junge jedes Geschenk ganz langsam aufgemacht, kaum das Papier beschädigt und mit jedem neuen Spielzeug erst gespielt, bevor Sie sich das nächste Päckchen vorgenommen haben“, brauste Karen auf.

„Anscheinend würden wir beide unsere Wette gewinnen. Wissen Sie, Karen, Sie stellen mich nicht gerade als spontanen Menschen dar, weder in der Vergangenheit noch in der Gegenwart.“

Sie wurde rot. „Tut mir leid, Logan. Es ist Ihr Paket …“

„Und ich werde es jetzt sofort öffnen.“ Er lächelte sie an. „Ich habe Sie nur aufgezogen, Karen.“ Er entfernte methodisch das braune Packpapier, machte den Karton auf und schlug das Seidenpapier zurück. „Was, zum …?“ Verständnislos blickte er auf das weiße Taschentuch und das weiße Seidenhemd.

Karen, die ihm über die Schulter sah, stieß einen leisen Pfiff aus. „Also deswegen wollte sie Ihre Hemdgröße wissen“, sagte sie nachdenklich.

„Wer wollte die wissen?“, fuhr er sie an. Aber es war ihm schon klar geworden! Ein Seidenhemd mit diesem besonderen Logo hätte ein extravagantes Geschenk irgendeiner Frau sein können, das gewaschene und gebügelte Taschentuch konnte jedoch nur von einer einzigen Frau kommen. Darcy! Es war sehr nett von ihr, ihm das Taschentuch gewaschen und gebügelt zurückzuschicken, allerdings hatte er nicht die Absicht, das teure Hemd anzunehmen. Um Himmels willen, die junge Frau war Serviererin!

Logan warf einen grimmigen Blick auf seine Armbanduhr. Halb drei. Das Restaurant war noch offen. „Verbinden Sie mich bitte mit dem Restaurant Chef Simon“, sagte er angespannt.

Seine Sekretärin nickte und ging zur Tür. „Seien Sie freundlich zu ihr, ja? Sie schien wirklich sehr nett zu sein, und …“

„Verbinden Sie mich einfach, Karen“, stieß Logan ungeduldig hervor. Dass sie meinte, Darcy sei in ihn verliebt, und er müsse entsprechend reagieren, hatte ihm gerade noch gefehlt! Er wusste genau, worum es bei dem Ersatzhemd ging. Die törichte Frau war in Daniel Simon verliebt und wollte nicht riskieren, ihren Job bei ihm zu verlieren!

Als Karen ihn mit dem Summer rief, riss Logan den Hörer hoch.

„Guten Tag. Chef Simon. Was kann ich für Sie tun?“

Logan nahm sich zusammen. Es war sinnlos, seinen Ärger an jemand anders auszulassen. „Ich würde gern mit Darcy sprechen“, sagte er ruhig. Ihm wurde bewusst, dass er ihren Nachnamen nicht in Erfahrung gebracht hatte.

„Darcy?“, erwiderte die Frau am anderen der Leitung verwirrt. „Ich bin nicht sicher, ob wir einen Gast mit diesem Namen hier haben, Sir. Aber ich werde es überprüfen. Wenn Sie …“

„Sie arbeitet bei Ihnen“, warf Logan ein. Sein Vorsatz, höflich zu bleiben, löste sich schnell in Luft auf.

„Einen Moment bitte.“

Logan hörte Geflüster im Hintergrund. Während er wartete, trommelte er ungeduldig mit den Fingern auf dem Schreibtisch. Ein Blick auf den Karton mit dem Seidenhemd machte ihn nur noch ärgerlicher.

„Ich bedauere das, Sir. Darcy wird heute Abend im Restaurant sein.“

„Wann?“, fragte Logan gereizt.

„Wir kommen normalerweise gegen sieben …“

„Reservieren Sie mir einen Tisch für acht Uhr“, unterbrach er die Frau kurz angebunden. „McKenzie. Für eine Person.“

„Ja, Sir. Soll ich Darcy sagen …?“

„Nein! Ich möchte sie überraschen“, stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Das war nicht alles, was er gern mit ihr machen würde!

„Natürlich, Sir. Also einen Tisch für eine Person auf den Namen McKenzie“, bestätigte sie die Reservierung. „Wir freuen uns darauf, Sie bei uns zu sehen“, sagte die Angestellte munter und legte auf.

Logan lehnte sich grimmig zurück. Er bezweifelte, dass sich Darcy freuen würde, wenn sie wüsste, dass er an diesem Abend ins Restaurant kommen und ihr am liebsten den Hals umdrehen würde!

Der Abend versprach schon jetzt zehn Mal interessanter zu werden als der vergangene.

Tatsächlich summte Logan später in seiner Wohnung unmelodisch vor sich hin, während er duschte und einen Smoking anzog.

Weil ich Darcy wieder sehen werde?, fragte er sich ungläubig. Wohl kaum. Es sei denn, man zählte …

Das Telefon auf dem Nachtschrank klingelte. Es war halb acht. Wenn er um acht im Restaurant sein wollte, müsste er in den nächsten Minuten losfahren. Der Anrufer gab jedoch nicht auf, als Logan nicht abnahm. Hartnäckig, oder was? Schließlich riss er den Hörer hoch. „Ja?“, schnauzte er.

„Und dir auch einen guten Abend“, sagte Fergus.

„Wo bist du?“, fragte Logan. „Du musst dir einige Verträge ansehen. Nie bist du da, wenn ich …“

„Wie du sehr wohl weißt, arbeite ich nicht mehr als Anwalt. Ich tue nur euch allen den Gefallen, weiter die Familie zu vertreten“, unterbrach Fergus ihn ruhig. „Granddad brauchte mich in Schottland. Er hatte einige Dinge mit mir zu besprechen. Jetzt bin ich wieder in London, also …“

„Was für Dinge?“, fragte Logan argwöhnisch. Sein Großvater pflegte ungefähr jeden Monat sein Testament zu ändern, je nachdem, wer gerade in seiner Gunst stand. Nicht, dass es ihn persönlich störte. Er war so reich, dass ihn die McDonald-Millionen nicht interessierten. Aber seine Mutter, als eine der drei Töchter des alten Hugh, würde wahrscheinlich wütend sein, wenn sie noch einmal aus dem Testament gestrichen wurde. Und dann würde er bestimmt in die Sache hineingezogen werden!

„Deshalb rufe ich an. Um mit dir darüber zu reden“, erwiderte Fergus.

Logan blickte auf seine Armbanduhr. „Ich wollte gerade weg. Kann es nicht bis morgen warten?“

„Kann es …“, sagte Fergus zögernd.

„Aber?“ Es war wieder dieses Testament!

„Ich würde lieber heute Abend mit dir sprechen.“

„Okay, Fergus“, sagte Logan seufzend. „Ich habe im Chef Simon einen Tisch für acht Uhr reserviert. Wir treffen uns dort.“ Den Tisch für zwei statt für eine Person zu decken würde nichts ausmachen.

„Das Chef Simon?“, wiederholte Fergus scharf.

„Aber …“

„Hast du ein Problem damit?“ Logan wusste nicht, ob sein Cousin zur Zeit eine Beziehung hatte oder nicht.

Die drei Cousins Fergus, Brice und Logan waren während ihrer Jugend in Schottland von der Familie die ‚Drei Monster‘ genannt worden. Mit achtzehn waren sie zusammen an die Universität Oxford gegangen, wo sie als die ‚Drei Macs‘ bekannt gewesen waren. Jetzt, mit Mitte dreißig und alle unverheiratet geblieben, waren sie in Gesellschaftskreisen als die ‚Schwer Fassbaren Drei‘ bekannt.

Was jedoch nicht ausschloss, dass es eine Frau in Fergus’ Leben gab …

„Nein, kein Problem“, erwiderte Fergus nachdenklich. „Wahrscheinlich ist es sogar eine sehr gute Idee. Ich muss mich erst umziehen, aber ich komme so bald wie möglich.“

Logan legte stirnrunzelnd den Hörer auf. Gemütlich mit Fergus zusammenzusitzen würde nett sein. Es kam heutzutage allzu selten vor. Zu spät wurde Logan klar, dass es unter diesen Umständen eigentlich ein bisschen ungünstig war. Ach was, wenn er Glück hatte, würde er sich vor Fergus’ Eintreffen mit Darcy befassen können.

Bei dem Gedanken daran presste Logan grimmig die Lippen zusammen. Zeit für Darcys Überraschung!

„Der Mann an Tisch elf möchte kurz mit dir reden, Darcy“, sagte Katy, die schmutzige Vorspeisenteller zum Spülen in die Küche brachte.

„Mit mir?“ Darcy runzelte die Stirn. „Bist du sicher, dass er mich meint?“

„Er hat ‚Darcy‘ gesagt.“ Katy zuckte die Schultern, nahm zwei Teller mit Garnelen im Avocadonest und eilte zurück in den Speiseraum.

Darcy hatte ein flaues Gefühl im Magen. Ein Gast, der mit ihr reden wollte. Das klang nicht gut.

„Du solltest besser gehen und dir anhören, was er will“, sagte Daniel Simon trocken, während er eine Soße für das Steak zubereitete, das er gerade briet.

Darcy warf ihm einen vernichtenden Blick zu. Sie nahm die Schürze ab, steckte die cremefarbene Bluse ordentlich in den Bund und strich den schwarzen Rock glatt. „Um jeden Preis den Gast zufriedenstellen, stimmt’s?“, erwiderte sie sarkastisch.

Daniel Simon zuckte die Schultern. „Deinen Körper musst du für den Profit nicht verkaufen, da ziehe ich die Grenze. Aber sonst … ja!“, neckte er sie.

„Sehr witzig!“, sagte Darcy finster. „Kommst du hier einige Minuten ohne mich klar?“

Er lächelte. „Das schaffe ich wohl. Und Darcy …“

Sie drehte sich an der Tür um. „Ja?“ Sie hob trotzig das Kinn. Ihr Verhältnis war seit seiner Ankündigung am gestrigen Morgen sehr angespannt, was hauptsächlich an ihr lag, wie sie zugeben musste. Aber sie hatte nicht vor, ihn mit einigen neckenden Bemerkungen davonkommen zu lassen. Diesmal nicht.

„Lächle“, riet er trübselig. „Das ist den Gästen lieber.“

Darcy unterdrückte eine schneidende Erwiderung gerade noch. Stattdessen warf sie dem Küchenchef einen weiteren vernichtenden Blick zu und stieß die Pendeltür auf, die in den Speiseraum führte. Sofort erkannte sie den Mann, der an Tisch elf saß. Logan McKenzie! Wegen des Pakets, das sie ihm geschickt hatte, und weil der Gast darum gebeten hatte, mit „Darcy“ zu sprechen, hatte sie sich schon gedacht, dass er es war. Schließlich kannte er ihren Nachnamen nicht. Trotzdem raubte es ihr den Atem, als sie ihn jetzt tatsächlich dort sitzen sah.

Reiß dich zusammen, Darcy!, befahl sie sich energisch. Er mochte einer der bestaussehenden Männer sein, denen sie jemals begegnet war, aber mit der Meinung stand sie wahrscheinlich nicht allein. Außerdem bezweifelte sie, dass er nur gekommen war, um mit ihr zu sprechen. War er nicht! Der Tisch war für zwei Personen gedeckt.

Logan McKenzie blickte aus dem Fenster. Offensichtlich wartete er auf seinen Gast. Gut. Das bedeutete, dass ihr Gespräch nicht lange dauern würde. „Mr. McKenzie“, grüßte sie heiser.

Er wandte sich um. „Darcy. Setzen Sie sich für einige Minuten zu mir.“ Er zeigte auf den Stuhl ihm gegenüber. „Oder möchten Sie, dass alle dabei zusehen, wie ich Ihnen Ihr Geschenk zurückgebe?“ Er blickte sich demonstrativ in dem schon vollen Restaurant um, dann machte er sie auf den Karton aufmerksam, der an seinem Stuhl lehnte.

Darcy setzte sich. Plötzlich und ungraziös. Nicht wegen seiner Drohung, sie in Verlegenheit zu bringen. „Zurückgeben?“ Das hatte sie so verblüfft.

„Ja“, sagte Logan McKenzie scharf. „Was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht?“ Er runzelte missbilligend die Stirn. „Ich mag Ihr Haar so nicht. Wenn Sie es zurückgebunden tragen, sieht das leuchtende Kupferrot wie ein verwaschenes Braun aus.“

„Das leuchtende Kupferrot war der Fluch meiner Kindheit. Ich wurde in der Schule ‚Karotte‘ gerufen.“

„Kinder können grausam sein. Aber ich bin sicher, dass zumindest der männliche Teil der Bevölkerung die Farbe mehr zu schätzen weiß, seit Sie erwachsen sind.“

Nicht, dass sie es bemerkt hatte! „Mr. McKenzie …“

„Logan“, verbesserte er streng. „Wenn Sie auf so vertrautem Fuß mit einem Mann stehen, dass Sie ihm ein teures Seidenhemd schenken, können Sie ihn wohl kaum förmlich anreden. Und auch noch in der richtigen Größe“, sagte er scharf.

„Mit ein bisschen Hilfe war das kein Problem.“ Darcy hatte ihren Vater angesehen und abgeschätzt, dass er und Logan ungefähr die gleiche Figur hatten. Danach war die Hemdgröße einfach gewesen. Das richtige Geschäft zu finden war schwieriger gewesen.

Logan warf ihr einen kalten Blick zu. „Ich werde nicht fragen, von wem!“

„Wenn es die richtige Größe ist, warum wollen Sie es dann zurückgeben? Das verstehe ich nicht.“

„Sie verstehen es nicht!“ Logans Miene wurde noch grimmiger. „Darcy, Sie können nicht einem vollkommen Fremden ein teures Seidenhemd schenken“, stieß er mit zusammengebissenen Zähnen hervor.

Darcy lächelte.

„Was ist so amüsant?“, fragte er argwöhnisch.

„Sie haben mir schon erklärt, Sie seien alles andere als vollkommen.“

„Ich wünschte, Sie würden das nicht tun“, sagte er kopfschüttelnd.

„Was tun?“, fragte sie verwirrt.

„Lächeln.“ Er blickte sie finster an.

Anscheinend konnte sie an diesem Abend nicht gewinnen. Daniel hatte gesagt, sie solle lächeln, weil es den Gästen lieber sei. Dem Gast an Tisch elf zweifellos nicht! Sie hatte keine Ahnung, warum. Und sie war nicht sicher, ob sie den Grund wissen wollte. „Chef Simon möchte, dass wir höflich und freundlich zu den Gästen sind“, erklärte sie kühl.

„Und Sie berücksichtigen immer, was Chef Simon möchte?“

Im Moment war sie so wütend auf ihn, dass es ihr wirklich gleichgültig war, was er mochte oder nicht. Aber Logan McKenzie war am Vortag mehr als nett zu ihr gewesen. Sie schuldete ihm Dankbarkeit. Und auch ein neues weißes Seidenhemd!

„Glauben Sie, zum Beispiel, es würde ihm gefallen, dass Sie einen Wochenlohn ausgeben, um ein Hemd für einen Mann zu kaufen, den Sie gerade erst kennengelernt haben?“

Darcy blinzelte. In dem Zusammenhang hatte sie den Kauf des Hemds überhaupt nicht gesehen. Jetzt tat sie es, doch es änderte nichts daran, dass sie Logans Hemd ruiniert hatte und es ersetzen musste. Selbst wenn es den Wochenlohn einer Serviererin gekostet hatte.

Logan seufzte. „Ich versuche, Ihnen zu sagen, dass ich nicht die Absicht habe, Daniel Simon zu erzählen, was gestern zwischen uns passiert ist.“

„Nichts ist zwischen uns passiert!“, stieß Darcy ungläubig hervor. Die Umarmung war rein platonisch gewesen, und er sollte es besser nicht wagen, etwas anderes zu behaupten.

„Ich habe gemeint, dass Ihr Benehmen ziemlich unprofessionell war …“

„War es nicht!“, protestierte sie empört.

„Würden Sie bitte aufhören, so begriffsstutzig zu sein? Ich habe nicht vor, Ihrem Boss zu erzählen, dass Sie gestern aus dem Gleichgewicht waren und geweint haben. Deshalb haben Sie keinen Grund, mir das Hemd zu schenken. Drücke ich mich jetzt klar genug aus?“, fragte Logan frustriert.

„Glasklar“, erwiderte Darcy. „Sie glauben, ich hätte Ihnen das Hemd gekauft, um Sie dazu zu bewegen, meinem Boss nicht zu sagen, dass ich gestern einem seiner Kunden etwas vorgeheult habe. Ist das richtig?“, fragte sie gefährlich leise.

„Genau.“ Logan sah erleichtert aus, als er sich endlich verständlich gemacht hatte.

Die verdammte Arroganz dieses …

„Tut mir leid, dass ich zu spät komme, Logan. Ich hatte Mühe, ein Taxi zu finden.“

Darcy sah auf. Sie hatte gedacht, Logan würde auf eine Frau warten, aber offensichtlich hatte sie sich geirrt. Ein großer, muskulöser dunkelhaariger Mann in einem schwarzen Smoking stand neben dem Tisch. Er hatte dunkelbraune Augen, und sein Haar war viel länger als Logans, im Übrigen waren sich die beiden Männer so ähnlich, dass sie Zwillinge hätten sein können. Jetzt musterte er sie abschätzend und kam offensichtlich zu dem Schluss, dass sie – in dem schwarzen Rock und der cremefarbenen Bluse, mit dem gouvernantenhaft zurückgebundenen Haar und ungeschminkt – überhaupt nicht Logans Typ war!

„Ich hätte mir denken sollen, dass du nicht allein hier bist, Logan“, sagte der Fremde spöttisch.

„Aber das ist er.“ Darcy stand schnell auf. „Ich gehe zurück in die Küche.“ Wo ich hingehöre, hätte sie noch sagen können.

„Darcy!“ Logan stand auch auf und packte sie am Arm. „Wir haben unser Gespräch nicht beendet.“

„Doch, haben wir“, erwiderte sie ein bisschen bitter und blickte demonstrativ auf seine Hand. „Sie erregen Aufmerksamkeit.“ Mehrere andere Gäste, Katy sowie eine weitere Serviererin sahen neugierig zu ihnen herüber.

„Ist mir völlig gleichgültig. Ich muss noch mit Ihnen reden.“

„Soll ich wieder gehen, Logan?“, fragte der andere Mann vorsichtig. „Wir können uns ja ein anderes Mal treffen.“

„Halt den Mund, Fergus“, brauste Logan auf. „Ich …“

„Darcy?“, wiederholte dieser Fergus plötzlich scharf. „Hast du eben ‚Darcy‘ gesagt?“

Logan warf ihm einen Blick zu, der nach Darcys Meinung eine Blume hätte verwelken lassen. Die Wirkung auf Fergus war fast null. Er zog nur die Augenbrauen hoch.

„Misch dich nicht ein, Fergus“, stieß Logan mit zusammengebissenen Zähnen hervor. „Setz dich einfach hin. Ich bin gleich wieder da.“ Er zerrte Darcy hinter eine große Topfpflanze.

„Warum nehmen Sie nicht das Hemd? Dann können wir den Vorfall beide vergessen“, drängte sie.

Logan atmete scharf ein. „Vielleicht, weil ich nicht will, dass …“

„Alles okay, Darcy?“ Chef Simon stand plötzlich neben ihnen. „Katy meint, es gebe irgendein Problem.“ Er sah sie beide fragend an.

Wirklich großartig! dachte Darcy angespannt. Seit zwei Tagen war sie wütend auf den Mann, und dann kam Logan McKenzie daher und sorgte dafür, dass sie diejenige war, die in die Defensive gedrängt wurde! „Kein Problem. Mr. McKenzie wollte sich gerade setzen und sein Essen genießen. Stimmt’s?“, fragte sie spitz.

„McKenzie?“, wiederholte Chef Simon leise. „Logan McKenzie?“

„Und wenn?“, sagte Logan herausfordernd.

Darcy hatte es satt. Die Situation war schon lächerlich genug gewesen, jetzt wurde sie zu einer Farce. Die beiden Männer standen sich gegenüber wie Boxer und überlegten anscheinend, wer zuerst zuschlagen würde! Darcy seufzte. „Würden Sie bitte an Ihren Tisch zurückkehren, Logan? Wir können uns ein anderes Mal über … die Sache unterhalten“, schlug sie besänftigend vor, als er die Augen zusammenkniff. „Wenn Sie wirklich meinen, dass es nötig ist.“

„Sieh dir die Speisekarte an, Logan.“ Der Mann namens Fergus war zu ihnen herübergekommen. „Ich weiß nicht, was mit dir ist, aber ich bin am Verhungern!“, sagte er fröhlich.

Logan wollte widersprechen, doch ein Blick auf Darcys maskenhaft starre Gesichtszüge veranlasste ihn anscheinend nachzugeben. „Vielleicht hast du recht. Schließlich ist das hier ein Restaurant.“

„Eins der besten“, sagte Chef Simon kühl. „Bitte entschuldigen Sie uns, Gentlemen. Darcy und ich müssen Essen zubereiten.“ Er umfasste ihren Arm und schleppte sie fast zurück in die Küche. Sobald die Tür hinter ihnen zufiel, umfasste er ihren anderen Arm ebenso fest und drehte Darcy herum. „Würdest du so freundlich sein und mir verraten, was du mit einem Mann wie Logan McKenzie in einer gemütlichen kleinen Ecke zu suchen hast?“

Darcy war nicht ganz sicher, wie sie die Frage beantworten sollte.

3. KAPITEL

„Sieh dir die Speisekarte an.“ Fergus drückte seinem Cousin eine in die Hand. „Und setz dich endlich hin!“, befahl er, selbst schon wieder am Tisch sitzend. „Dann kannst du mir erzählen, was hier eigentlich los ist.“

Logan nahm seinen Platz ein. Mehrere Serviererinnen beobachteten ihn noch immer neugierig. Sollten sie doch. Ihn interessierte mehr das Gespräch, das sicher gerade in der Küche zwischen Darcy und ihrem alten Lover stattfand. Er war jetzt überzeugt, dass die beiden ein Liebespaar waren. Die Vertrautheit zwischen ihnen war unverkennbar gewesen, und Daniel Simons beschützerisches Verhalten Darcy gegenüber konnte man nur als Besitzanspruch verstehen. Logan war vorübergehend verblüfft gewesen. Deshalb hatte Fergus ihm tatsächlich befehlen müssen, sich hinzusetzen. Er hatte gedacht, Darcys Verliebtheit sei eine einseitige Sache, aber jetzt sah er ein, dass es mehr war. Und es gefiel ihm nicht!

Auch das erschütterte ihn. Er hatte Darcy erst am Vortag kennengelernt, und trotzdem hatte er ein bisschen das Gefühl, sie beschützen zu müssen. Über die Gründe dafür wollte er lieber nicht nachdenken!

„Ich habe irrtümlicherweise geglaubt, du seist über die Situation informiert, als du mir erzählt hast, du würdest heute Abend im Chef Simon essen.“

Logan wurde sich bewusst, dass Fergus mit ihm sprach. „Was hast du gesagt?“, fragte er kurz angebunden.

Sein Cousin seufzte ungeduldig und legte die Speisekarte hin. „Trinken wir erst einmal etwas.“ Der Weinkellner hielt sich in der Nähe ihres Tisches auf. Offensichtlich wartete er darauf, dass sie bestellten. „Ich habe es nötig!“ Fergus winkte den jungen Mann heran und bestellte eine Flasche Chablis.

Logan riss sich zusammen. Er hatte nichts von dem mitbekommen, was Fergus vorher zu ihm gesagt hatte. Sein Cousin hatte einen messerscharfen Verstand, und Unaufmerksamkeit bei Fergus war nicht gut. Das hatten viele Staatsanwälte festgestellt, als er noch praktizierender Anwalt gewesen war und sie einen Fall gegen seine Verteidigung verhandeln mussten.

Außerdem war aus der Küche kein Geschrei zu hören, und Darcy war auch nicht herausgestürmt gekommen, also nahm Logan an, dass sich die Liebenden versöhnten und küssten. Der Gedanke war ihm zutiefst zuwider. „Was hast du gesagt?“, wiederholte er, nachdem der Wein eingeschenkt und das Essen bestellt war. Logan glaubte, als Vorspeise Fisch und zum Hauptgang ein Steak bestellt zu haben, sicher konnte er jedoch nicht sein!

Fergus blickte ihn über den Rand seines Glases prüfend an. „Was machst du hier eigentlich?“, fragte er schließlich nachdenklich.

„Im Moment trinke ich Wein.“ Logan hielt sein Glas hoch. „Und in Kürze werde ich etwas essen. Das macht man normalerweise in einem Restaurant.“

„Sehr witzig.“ Fergus lächelte humorlos. „Darf ich fragen, was für ein Interesse du an Darcy hast?“

„Du darfst.“

„Und?“

Logan ließ sich mit der Antwort Zeit. Er trank anerkennend den Wein und erwiderte den Blick seines Cousins ruhig. „Was veranlasst dich zu glauben, dass ich eins habe?“

„Sie hat mit dir an diesem Tisch gesessen, als ich gekommen bin. Ihr beide wart offensichtlich in euer Gespräch vertieft.“ Fergus zuckte die Schultern. „Nicht das Benehmen von Leuten, die sich noch nie gesehen haben.“

„Wir haben uns gestern kennengelernt. Sie arbeitet für die Catering-Firma von Chef Simon und hat die Speisen und Getränke für ein Mittagessen in meinem Büro geliefert.“

„Das ist alles?“

„Ja!“, sagte Logan gereizt. „Und selbst wenn es nicht alles wäre, würde dich das nichts angehen. Seit wann bist du mein Aufpasser?“

Fergus verkniff sich eine schneidende Erwiderung und atmete tief durch, um sich zu beruhigen. „Wann hast du zuletzt Tante Meg gesehen? Deine Mutter.“

„Ich weiß, wer sie ist“, sagte Logan sarkastisch.

„Also?“

Logan seufzte. „Ich bin kein Zeuge, der sich von dir ins Kreuzverhör nehmen lässt!“

„Ich verdiene meinen Lebensunterhalt nicht mehr damit“, tat sein Cousin den Protest ab.

„Dann ahmst du ein Kreuzverhör gut nach“, schimpfte Logan.

„Ich frage nicht von ungefähr“, versicherte Fergus ihm ruhig. „Hast du in den vergangenen drei Wochen Tante Meg gesehen?“

Logan rutschte ungeduldig auf dem Stuhl hin und her. „Meine Mutter ist Mitte fünfzig, und ich bin Mitte dreißig. Keiner von uns beiden hat das Bedürfnis, sich regelmäßig beim anderen zu melden!“

„Ich kritisiere nicht dein Benehmen gegenüber deiner Mutter …“

Logan kniff die Augen zusammen.

„Ich hoffe, nicht. Weil ich dann gezwungen wäre, dich zu fragen, wann du zuletzt Tante Cate gesehen hast. Deine Mutter.“

Fergus antwortete nicht, da die Serviererin mit den Vorspeisen kam.

Der Fisch, den Logan bestellt zu haben glaubte, entpuppte sich als Chef Simons Pastete. Wenn er sich nicht einmal mehr daran erinnern konnte, welches Gericht er bestellt hatte, verlor er wirklich den Boden unter den Füßen. Und alles wegen einer jungen Frau, bei deren Anblick er an die Rehe auf dem Landsitz seines Großvaters denken musste, die äußerst nervös waren, glänzendes rotes Fell und große klare Augen hatten. „Möchtest du jetzt zur Sache kommen, Fergus?“, fragte er seinen Cousin freundlicher, nachdem er die Pastete probiert und festgestellt hatte, dass sie wundervoll schmeckte.

Auch Fergus schien entspannter zu sein, nachdem er seinen frittierten Brie gekostet hatte. „Du hast also in der letzten Zeit nicht mit deiner Mutter gesprochen?“

„Seit mehreren Wochen nicht mehr.“

„Dann ist es nur ein Zufall, dass du heute Abend hier bist?“

„Was meinst du damit? Was hat meine Mutter mit Chef Simon zu tun?“ Logan war sicher, dass ihm die Antwort auf diese Frage nicht gefallen würde.

„Tja, wie du weißt, habe ich Granddad besucht … Oh nein! Das hat uns gerade noch gefehlt!“ Fergus blickte aufstöhnend zur Tür.

Irgendetwas Bedeutsames schien dort vorzugehen. Logan drehte sich um. Ein kurzes Schweigen wurde von Stimmengewirr abgelöst, als die anderen Gäste die Frau erkannten, die gerade hereingerauscht war.

Die Schauspielerin Margaret Fraser.

Logan erkannte sie auch und sah im selben Moment Darcy aus der Küche stürmen. Vielleicht war seine Annahme voreilig gewesen, Darcy und Daniel Simon würden sich versöhnen und küssen. Tränen schimmerten in ihren Augen, und sie war rot im Gesicht. Ohne nach rechts oder links zu sehen, lief sie zur Tür, dann blieb sie wie angewurzelt stehen, als auch sie die Frau erkannte, die gerade hereingekommen war.

„Sie!“, stieß Darcy empört hervor. „Hoffentlich sind Sie jetzt zufrieden. Sie kriegen, was Sie wollen. Er gehört ganz Ihnen!“ Und damit verließ sie das Restaurant und knallte die Tür hinter sich zu.

Logan sah verwirrt seinen Cousin an. „Was, in aller Welt …?“

„Geh Darcy nach“, sagte Fergus.

„Aber …“

„Würdest du bitte einmal in deinem Leben ohne Widerrede tun, was man dir sagt? Ich werde inzwischen versuchen, mit der Situation hier fertig zu werden.“ Fergus stand auf und blickte grimmig Margaret Fraser an, die ihren großen Auftritt fortsetzte.

Dass Darcy so über sie hergefallen war, hatte die ältere Frau sichtlich mitgenommen, doch sie fand das Gleichgewicht schnell wieder und lächelte huldvoll die Gäste an, während sie selbstbewusst durch den Speiseraum ging, im Schlepptau die drei Freunde, mit denen sie gekommen war.

Logan musste zugeben, dass er lieber Darcy folgte, als sich der launischen Schauspielerin gegenüberzusehen. Er hätte nur gern vorher gewusst, was eigentlich los war!

„Logan, Liebling!“

Er zuckte zusammen. Margaret Fraser hatte ihn entdeckt, rauschte auf ihn zu, umarmte ihn theatralisch und küsste ihn auf beide Wangen.

„Und Fergus auch.“ Sie ließ ihm eine ähnliche Begrüßung zuteilwerden.

Logan beobachtete sie kühl, während sie Fergus küsste. Sie war klein und zierlich, ihr schulterlanges Haar glänzte wie Ebenholz, die Sanduhrfigur wurde von einem schwarzen Kleid betont, das bestimmt ein kleines Vermögen gekostet hatte. Das Gesicht war faltenlos, die tiefblauen Augen waren von dichten schwarzen Wimpern umrahmt. Zweifellos war Margaret Fraser eine umwerfend schöne Frau. Und sie war der letzte Mensch, den Logan an diesem Abend hier sehen wollte!

„Darcy“, erinnerte Fergus ihn, sobald er aus der Umarmung der Schauspielerin wieder aufgetaucht war.

Margaret Fraser runzelte fragend die Stirn. „Darcy?“

„Die junge Frau, die dich beleidigt hat, als du hereingekommen bist“, erinnerte Logan sie trocken.

„Ach, die Darcy.“

„Würdest du jetzt bitte gehen, Logan?“, drängte Fergus leise.

Gern dachte Logan und machte sich auf die Suche nach Darcy.

Sie zu finden dauerte nicht allzu lange. Weit war sie nicht gelaufen. Sie lehnte draußen an der Mauer und schluchzte verzweifelt. Nach dem, was gerade eben im Restaurant passiert war, hatte Logan keinen Zweifel daran, dass Margaret Fraser irgendetwas mit Darcys Tränen zu tun hatte. Die Frage war, was?

Wie konnte er nur? Und auch noch mit dieser schrecklichen Frau. Natürlich war Margaret Fraser bildschön. Aber sie war schon zwei Mal verheiratet gewesen und hatte ebenso oft ihre Verlobung mit anderen Männern bekannt gegeben. Wie konnte er auch nur daran denken, sie zu heiraten?

„Darcy?“

Sie erstarrte beim Klang von Logans Stimme. Als sie aus dem Restaurant gestürmt war, hatte sie ihn nicht einmal wahrgenommen. Sie bezweifelte, dass das Gleiche für ihren dramatischen Abgang galt! Schnell wischte sie sich die Tränen ab, dann drehte sie sich zu ihm um. „Mr. McKenzie“, sagte sie zittrig, unfähig, seinen forschenden Blick zu erwidern.

„Das scheint nicht Ihr Abend zu sein, stimmt’s?“, fragte er mitfühlend.

Er hatte ja keine Ahnung! Sie hatte geglaubt, das Gespräch mit ihm im Restaurant sei schlimm genug gewesen, aber das danach in der Küche war noch schlimmer gewesen. Und sich dann auch noch dieser Frau gegenüberzusehen, als sie nach draußen gelaufen war!

„Hier.“ Logan hielt ihr ein weißes Taschentuch hin.

„Ich habe Ihnen gerade erst eins zurückgegeben, das Sie mir geliehen hatten“, erinnerte sie ihn selbstironisch.

„Und ich habe es im Restaurant gelassen“, sagte Logan. „Macht nichts. Mein Cousin wird es mir wahrscheinlich später bringen.“

Das erklärt die große Ähnlichkeit zwischen den beiden Männern, dachte Darcy.

„Nehmen Sie das Taschentuch. Ihre Mascara ist zerlaufen.“

„Danke.“ Darcy nahm es und tupfte verlegen ihre Augen ab, bis ihr einfiel, dass sie sich an diesem Abend überhaupt nicht geschminkt hatte, weil die Hitze in der Küche jedes Make-up ruinierte. „Sehr witzig.“

„Schon besser.“ Logan nickte beifällig, weil Darcy nicht mehr völlig verzweifelt aussah. „Was auch immer es ist, so schlimm wird es doch sicher nicht sein.“

„Sie können sich überhaupt nicht vorstellen, wie schlimm es ist!“, erwiderte sie verbittert und schauderte unwillkürlich.

Logan zog fragend die Augenbrauen hoch. „Wollen Sie darüber reden?“

Wollte sie? Es wäre vielleicht ganz schön, ihr Problem mit jemand zu teilen. Aber war Logan McKenzie, den sie kaum kannte, der richtige Mensch? Wahrscheinlich nicht. Nur dass sie platzen würde, wenn sie nicht bald darüber sprach. Außerdem hatte sie nicht die Absicht, an diesem Abend noch einmal ins Restaurant zurückzukehren. Sie seufzte laut und traf eine Entscheidung. „Möchten Sie eine Tasse Kaffee mit mir trinken?“

„Darcy! Das kommt so plötzlich.“ Logan gab vor, schockiert zu sein.

„Kaffee, Logan … Mr. McKenzie …“ Sie wurde rot. Ihn beim Vornamen zu nennen war eigentlich zu vertraulich, schließlich war er ein Gast von Chef Simon. Andererseits war „Mr. McKenzie“ unter diesen Umständen ziemlich albern.

„Logan genügt“, versicherte er ihr.

Sie nickte. „Und ich wollte vorschlagen, dass wir in ein Café gehen, nicht zu mir nach Hause!“

„Bin ich nicht ein bisschen overdressed für ein Café?“ Logan blickte auf seinen Smoking.

Natürlich hatte er recht. Aber zu ihr nach Hause konnten sie wirklich nicht. Dass Daniel aus dem Restaurant heimkam und sie mit Logan McKenzie vorfand, war nach den gegenseitigen Vorwürfen in der Küche das Letzte, was sie brauchte!

„Wir können in meine Wohnung gehen“, schlug er mit zusammengekniffenen Augen vor.

Anscheinend hatte er ihr die Unschlüssigkeit angesehen. Aber nicht den Grund dafür! „Sie können doch nicht wirklich daran interessiert sein, sich das alles anzuhören“, stieß Darcy hervor. „Vielleicht ist es besser, wenn ich einfach nach Hause fahre und die ganze Sache überschlafe. Meine Mutter hat immer zu mir gesagt, am Morgen würde es nicht mehr so schlimm aussehen“, sprach sie gespielt munter weiter. Sie wusste, dass dieses Problem nicht besser, sondern noch schlimmer werden würde.

„Und mein Kindermädchen hat immer zu mir gesagt, geteiltes Leid sei halbes Leid“, erwiderte Logan.

Sein Kindermädchen, nicht seine Mutter. Na gut, er kam offensichtlich aus einer reichen Familie, in der das normal war. Trotzdem war es traurig, wenn er zu seinem Kindermädchen eine engere Beziehung als zu seiner Mutter gehabt hatte. Ihre Mutter hatte sie geliebt und verwöhnt und war immer für sie da gewesen. Sie war vor einem Jahr gestorben, und Darcy vermisste sie noch immer sehr. „Vielleicht“, räumte sie ein. „Aber meine Mutter hat mich auch davor gewarnt, mit einem Mann nach Hause zu gehen, den ich nicht wirklich kenne.“

„Mein Kindermädchen hat mich davor gewarnt, das mit einer Frau zu machen“, sagte Logan spöttisch. Er umfasste Darcys Arm und winkte gleichzeitig ein Taxi herbei. „Ich riskiere es, wenn Sie es tun.“

Obwohl sie sehr verstört war und keine Lösung ihres Problems sehen konnte, musste Darcy einfach lächeln.

Logan erstarrte. „Ich dachte, ich hätte Sie gebeten, das zu unterlassen“, stieß er mit zusammengebissenen Zähnen hervor.

Sie sah ihn verwirrt an. „Ich verstehe nicht …“

„Schon gut“, unterbrach er sie kurz angebunden. Er half ihr auf den Rücksitz, setzte sich neben sie und nannte dem Taxifahrer seine Adresse.

Darcy kam zu dem Schluss, dass ihr Logan wirklich völlig unbekannt war. Er saß schweigend neben ihr, und ein flüchtiger Blick auf seine grimmigen Gesichtszüge genügte, um sie davon abzuhalten, ein Gespräch zu beginnen. Was, wenn ihre Mutter sie zu Recht gewarnt hatte? Was, wenn …?

„Sehe ich aus wie ein Mann, der junge Frauen in seine Wohnung schleppen muss, um sie zu verführen?“, fragte Logan plötzlich scharf. Er wandte sich ihr zu und blickte sie kalt an.

Sofort traten in ihre Augen Tränen. Er war ihr so nett vorgekommen, und jetzt …

„Tut mir leid, Darcy. Für mich ist der Abend auch ziemlich chaotisch verlaufen. Aber das ist kein Grund, es an Ihnen auszulassen. Verzeihen Sie mir?“, fragte Logan und nahm ihre Hand.

Darcy bebte bei seiner Berührung. Ausgerechnet jetzt fühlte sie sich sexuell zu einem Mann hingezogen! Sie entriss ihm die Hand, was jedoch nicht gegen das Prickeln half, das sich im ganzen Arm ausbreitete. „Natürlich“, erwiderte sie angespannt. „Vielleicht war es kein so guter Einfall. Ich habe schon genug von Ihrer Zeit in Anspruch genommen. Noch könnten Sie Ihren Abend retten.“

„Zu spät“, sagte Logan, als der Taxifahrer vor einem Wohnhaus hielt. Er bezahlte, umfasste wieder Darcys Arm und lotste sie in die Eingangshalle.

Darcy war an Luxus gewöhnt. Ihr Zuhause war ziemlich komfortabel, und die Häuser, die sie geschäftlich für Chef Simon besuchte, waren oft üppig ausgestattet, gelinde gesagt. Aber dieses Haus war etwas anderes. Der Mann am Empfang sprang auf, sobald er Logan hereinkommen sah. Nachdem er Logan begrüßt hatte, eilte er voraus, um den Fahrstuhl zu rufen. Darcys Füße versanken in dem dicken hellblauen Veloursteppich. Es überraschte sie nicht, dass sie zum Penthouse hochfuhren. Nach dem, was sie unten in der Eingangshalle gesehen hatte, konnte sie an Logans Zuhause nichts mehr überraschen.

Das war ein Irrtum! Sie hatte eine ultramoderne Ausstattung mit Chrom- und Ledermöbeln erwartet und betrat ein Wohnzimmer, das eindeutig auf Gemütlichkeit und Entspannung angelegt war, auch wenn es sehr teuer eingerichtet war. Ein dicker brauner Teppich, goldfarbene Sessel, Mahagonibücherregale, mehrere kleine Mahagonitische und wunderschöne Gemälde an den Wänden. Eins davon zog Darcy sofort an. Im Vordergrund war ein grasender Hirsch dargestellt und dahinter ein Schloss im Nebel. „Ein McAllister“, flüsterte Darcy ehrfürchtig. Sie brauchte nicht zu fragen, ob es ein Original war. Logan McKenzie würde in seiner Wohnung nichts anderes dulden. „Es ist schön“, sagte sie, als sie sich wieder zu ihm umdrehte.

Er nickte. „Es zeigt das Zuhause meines Großvaters. Kann ich Ihnen einen Drink anbieten?“

Darcy war schwindlig. Das Schloss gehörte Logans Großvater. In was war sie da eigentlich hineingeraten? „Einen kleinen Whisky, bitte.“

„Mein Großvater würde Ihre Wahl gutheißen. Er meint, man könne einer Frau nicht trauen, die keinen Whisky trinkt.“ Logan ging zu einem Konsoltisch, auf dem mehrere Flaschen standen. Er schenkte zwei Gläser ein und gab Darcy dasjenige, in dem weniger war.

Mit einem Namen wie McKenzie musste die Familie aus Schottland stammen. Das erklärte auch die Meinung von Logans Großvater über Frauen und Whisky. Was ein Jammer war, weil sie das Zeug normalerweise nicht ausstehen konnte. Im Moment brauchte sie nur dringend eine Stärkung. Und der Whisky tat zweifellos gut. Zuerst raubte er ihr den Atem, aber dann wärmte er sie von innen.

„Setzen wir uns doch“, schlug Logan vor und ließ sich in einen Sessel sinken.

Darcy wählte einen Sessel auf der anderen Seite des Zimmers. Vielleicht ein bisschen zu auffällig, aber sie waren allein hier in Logans Wohnung, und sie bezweifelte, dass der unterwürfige Mann unten am Empfang kommen würde, wenn sie beschloss, um Hilfe zu rufen.

„Möchten Sie mir jetzt erzählen, worum es vorhin eigentlich ging?“, fragte Logan.

Darcy trank noch einen Schluck Whisky. „Diese Frau!“

„Margaret Fraser?“

„Ja. Haben Sie sie gesehen?“

Logan zog die Augenbrauen hoch. „Den Auftritt einer so berühmten Schauspielerin konnte man wohl kaum übersehen“, erwiderte er trocken. „Ich habe jedoch keine Ahnung, wie sie ins Schema passt.“

„Sie tut es nicht“, sagte Darcy erbittert. „Das meine ich ja.“

Logan schüttelte den Kopf. „Klar wie Kloßbrühe.“

„Es ist wirklich ganz einfach. Daniel Simon, Chef Simon, mein …“

„Ich weiß, wer Daniel Simon ist“, warf Logan ein.

„Er will sie heiraten!“ Da, sie hatte es tatsächlich laut gesagt. Und sie konnte es jetzt ebenso wenig akzeptieren wie am Vortag, als sie von der Verlobung erfahren hatte.

„Wen?“, fragte Logan.

„Margaret Fraser, natürlich.“

„Das soll wohl ein Witz sein!“

„Genau, was ich gesagt habe, als er es mir erzählt hat. Aber ihm ist es Ernst damit.“

„Ich … Sie ist …“

„Unglaublich, stimmt’s?“ Darcy stand auf und ging im Zimmer auf und ab. „Er hat sie erst vor drei Wochen kennengelernt und will sie schon heiraten!“

„Vor drei Wochen“, wiederholte Logan nachdenklich.

„Lächerlich, habe ich recht?“, sprach Darcy weiter. „Wie kann man nach nur drei Wochen wissen, dass man mit einem Menschen den Rest seines Lebens verbringen will?“

„Ich glaube, es kommt gelegentlich vor“, sagte Logan zerstreut. „Auch wenn ich ein bisschen erstaunt bin … Darcy, sind Sie völlig sicher?“

„Hundertprozentig. Warum sonst ist sie wohl heute Abend im Restaurant?“

„Aus demselben Grund wie die anderen Gäste auch? Weil sie etwas essen möchte?“

„Das ist noch ein Punkt. Die Frau isst kaum genug, um einen Vogel am Leben zu erhalten. Schöne Werbung für die Ehefrau eines Kochs!“

Logan verzog den Mund. „Ich nehme an, sie muss auf ihre wundervolle Figur achten.“

„Finden Sie sie etwa auch attraktiv?“, fragte Darcy anklagend.

„Nein. Ich kann von mir behaupten, dass ich einer der wenigen Männer bin, die unempfänglich für Margaret Frasers Reize sind.“

„Gut“, sagte Darcy ausdruckslos.

Logan stand auf, um sich noch einen Whisky einzuschenken. Er hielt die Flasche hoch und stellte sie wieder hin, als Darcy den Kopf schüttelte. „Ich muss zugeben, ich kann es noch immer kaum glauben, aber wenn Daniel Simon wirklich Margaret Fraser heiratet, wo bleiben Sie dann?“

„Auf keinen Fall werde ich es einfach hinnehmen.“ Darcy seufzte. „Ich muss natürlich aus dem Haus ausziehen.“

„Sie wohnen mit ihm zusammen?“, fragte Logan scharf.

„Seit ich vor zwei Monaten mit der Uni fertig geworden bin. Das ist nur eine Zwischenlösung, bis ich im September eine feste Stelle antrete.“

Logan runzelte die Stirn. „Ich dachte, Sie arbeiten für Chef Simon Catering.“

„Auch nur vorübergehend. Eigentlich bin ich Kindergärtnerin.“ Und bis zum gestrigen Tag hatte sie sich auf ihren ersten richtigen Job gefreut. Im Moment sah jedoch alles so düster aus, dass sie sich auf nichts mehr freuen konnte.

„Ich habe Mühe, mit all dem Schritt zu halten“, gab Logan zu.

„Die Arbeit bei Chef Simon ist nur ein Ferienjob für mich“, erklärte Darcy. „Oh, keine Angst, ich habe eine Ausbildung zur Köchin gemacht, bevor ich erkannt habe, dass ich lieber mit Kindern arbeiten möchte. Ich bin auf die Universität gegangen, um die entsprechenden Qualifikationen zu erwerben.“

Logans Stirnrunzeln vertiefte sich. „Wie alt sind Sie?“

„Fünfundzwanzig.“ Darcy wusste, dass er sie für jünger gehalten hatte. Das war vielen anderen auch schon passiert. Wenn sie älter wurde, war das sicher ein Vorteil, jetzt hinderte es die Leute jedoch daran, sie wirklich ernst zu nehmen.

„Dann sind Sie alt genug, um nicht so dumm zu sein. Darcy, mir ist klar, dass diese Situation nicht einfach für Sie ist, aber warum bleiben Sie noch bei dem Mann, wenn er eine andere heiraten wird?“

„Noch ist er ja nicht mit ihr verheiratet“, erwiderte Darcy verwirrt.

„Sie wollen warten, bis er es ist?“ Logan stellte wütend sein Glas ab, kam zu ihr und packte sie an den Schultern.

„Natürlich. Die Hochzeit wird nicht sofort stattfinden. Vielleicht kann ich ihn noch zur Vernunft bringen.“

Logan stöhnte auf. „Sie sind eine attraktive junge Frau, Darcy …“

„An Margaret Fraser komme ich nicht heran.“

„Zum Teufel mit Margaret Fraser!“, brauste Logan auf.

„Sie sprechen mir aus der Seele!“

„Oh Darcy …“, flüsterte er und küsste sie.

Das war das Allerletzte, was sie erwartet hatte. Völlig überrascht, ließ sie es einfach geschehen. Als er ihr den Rücken streichelte und sie fordernder küsste, weckte er in ihr eine Leidenschaft, die sie ihres Wissens überhaupt nicht besaß. Sie schmiegte sich an ihn, erwiderte den Kuss und ließ die Hände unter seine Smokingjacke gleiten. Logan hatte das verhasste Band entfernt und schob ihr die Finger in das offen auf die Schultern fallende seidenweiche Haar. Natürlich hatte sie schon Männer geküsst, aber so war es noch nie gewesen. Es war, als würde sie mit Logan verschmelzen. Ihre Körper passten perfekt zueinander.

Plötzlich war es vorbei. Logan löste den Mund von ihrem und sah sie verwirrt an. „Was tue ich denn …? Entschuldige, Darcy. Das wollte ich nicht.“ Er ließ sie los und wandte sich ab. „Ich habe dich hierher gebracht, um dir zu helfen, und stattdessen wäre es fast so weit gekommen, dass ich mit dir schlafe. Ich bin nur … Du lieber Himmel, der Mann ist alt genug, um dein Vater zu sein!“, platzte er heraus, als er sich wieder zu ihr umdrehte.

Darcy atmete tief durch. Noch erregt von Logans Küssen, war sie kaum fähig, klar zu denken. „Welcher Mann?“

„Daniel Simon“, sagte Logan aggressiv.

„Ich …“ Hatte sie das bisher nicht erwähnt? „Anscheinend habe ich das nicht erklärt. Daniel Simon ist mein Vater.“ Er war mit ihrer Mutter glücklich verheiratet gewesen, bis sie vor einem Jahr nach kurzer Krankheit gestorben war. Sie hatten eine sehr liebevolle Beziehung gehabt. Deshalb hatte sich Darcy so aufgeregt, als er ihr mitgeteilt hatte, er wolle wieder heiraten. Und ausgerechnet die extravagante Schauspielerin Margaret Fraser, deren private Affären mehr Aufmerksamkeit als ihre Karriere zu erregen schienen.

Darcy sah, dass Logan sie mit zusammengepressten Lippen starr anblickte. Offensichtlich fand er keine Worte. Der Grund war nicht schwer zu erraten. Wahrscheinlich hielt er sie für äußerst selbstsüchtig. Bin ich wohl, dachte sie matt. Aber sie konnte nichts dagegen tun.

4. KAPITEL

Daniel Simon war Darcys Vater und nicht ihr Liebhaber! Und anscheinend hatte er Darcy mitgeteilt, er wolle Margaret Fraser heiraten. Das war Logan ganz neu, er hatte jedoch so eine Ahnung, dass Fergus vorgehabt hatte, darüber mit ihm zu reden.

„Mir ist klar, dass du mich selbstsüchtig finden musst“, sagte Darcy unsicher. „Es ist nur … Meine Mutter ist gerade erst vor einem Jahr gestorben. Sie waren achtundzwanzig Jahre verheiratet! Und wir waren eine glückliche Familie. Ich verstehe einfach nicht, wie mein Vater nach so kurzer Zeit glauben kann, er sei in eine andere Frau verliebt.“

Ihr Vater. Logan zuckte zusammen, als er daran dachte, wofür er Darcys Beziehung zu dem Koch gehalten hatte. Natürlich war diese Annahme seine eigene Schuld, aber Darcy hatte ihm niemals ihren Nachnamen genannt, von Daniel Simon als ihrem Vater gesprochen oder ihn „Dad“ genannt. Andererseits hatte sie auch niemals von einer Liebesbeziehung zwischen ihnen gesprochen. Logan sah ein, dass er grundlos falsche Schlüsse gezogen hatte. Das Problem war, wie er Darcy jetzt beibringen sollte …

„Ich gehe wohl besser“, sagte sie plötzlich und wandte sich ab. „Ich habe schon genug von deiner Zeit in Anspruch genommen.“

„Darcy!“ Er umfasste ihren Arm und drehte sie wieder zu sich herum.

„Ich weiß, dass ich egoistisch bin. Aber ich kann mir diese Frau einfach nicht als meine Stiefmutter vorstellen!“ Darcy brach in Tränen aus.

Logan umarmte sie sanft. Das schien zur Gewohnheit zu werden. Nicht, dass er sich beklagte. Er sah Darcy nur nicht gern so verstört. Was sein Gleichgewicht betraf, waren Tränen wahrscheinlich besser als ihr Lächeln. Das war fast wieder sein Verderben gewesen, bevor sie ins Taxi gestiegen waren. Ihr Lächeln hatte etwas an sich, was ihm den Atem raubte. Und das war unglaublich, weil sie recht hatte, wenn sie sagte, sie komme nicht an Margaret Fraser heran. Es war, als würde man einen exotischen Vogel mit einem Rotkehlchen vergleichen. Die Schauspielerin fiel überall auf, während Darcy – außer wenn sie lächelte – in einer Menschenmenge leicht zu übersehen war. Er wusste ganz genau, welche Frau er vorzog!

„Das mag im Moment kein großer Trost sein, aber ich bin sicher, dass Margaret Fraser nicht deine Stiefmutter wird“, sagte er, als Darcy zu weinen aufhörte.

Sie sah auf und wischte sich die Tränen ab. „Wie kannst du das wissen?“

„Glaub mir, ich …“ Logan sprach nicht weiter, als die Gegensprechanlage neben dem Fahrstuhl summte. Nach dem, was im Restaurant passiert war, vermutete er, dass Fergus der Besucher war, und sein Cousin war der letzte Mensch, den er jetzt sehen wollte. Na gut, nicht der letzte. Die Ehre hatte Margaret Fraser.

Der Summer ertönte erneut. „Solltest du dich nicht melden?“, fragte Darcy.

„Ja.“ Logan hatte nur keine Lust dazu. Er musste in Ruhe mit Darcy reden. Aber die Ruhe hatte er nicht, weil Fergus unten wartete. Und wenn er ihn nach oben ließ, während Darcy noch hier war, würde Fergus bestimmt etwas sagen, was er nicht sollte! „Willst du morgen mit mir zu mittagessen?“, fragte er schnell.

„Wozu?“

„Weil ich mit dir zu mittagessen möchte!“

„Warum?“

„Menschenskind, sag einfach Ja oder Nein!“, schnauzte er ärgerlich.

„Wenn du mich nur einlädst, weil ich dir leidtue …“, begann Darcy.

„Du tust mir nicht leid.“ Zumindest noch nicht. Falls Margaret Fraser wirklich ihre Stiefmutter wurde, hatte er vielleicht Grund, seine Meinung zu ändern! „Ich muss mit dir reden, okay?“, sagte er energisch. Fergus würde das Warten inzwischen satthaben. Bestimmt hatte Parker ihm schon gesagt, dass er zu Hause war.

„Okay.“

„Gut.“ Logan nickte erleichtert. „Jetzt bringe ich dich nach unten und setze dich in ein Taxi. Geh ins Bett, sobald du nach Hause kommst, und schlaf dich aus. Wie deine Mutter gesagt hat: Morgen sieht es schon nicht mehr so schlimm aus.“ Besonders da er vorhatte herauszufinden, was genau vorging, und sich selbst darum zu kümmern!

„Noch schlimmer kann es ja nicht werden“, sagte Darcy im Fahrstuhl.

Oh doch, dachte Logan. Aber nicht, wenn mit der Situation richtig umgegangen wurde. Und dafür würde er sorgen!

Fergus warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu, als er mit Darcy aus dem Fahrstuhl kam. „Ich bin sofort wieder da“, sagte Logan. Er sah, dass sein Cousin das Paket aus dem Restaurant bei sich hatte. Das konnte er am nächsten Tag mit Darcy klären. Er führte sie nach draußen, bevor Fergus eine Chance hatte, irgendetwas zu erwidern.

„Du bist wirklich sehr nett gewesen“, bedankte sich Darcy fast schüchtern, bevor sie ins Taxi stieg.

Nicht allzu viele Leute würden die Eigenschaft auf mich beziehen, dachte Logan sarkastisch. Aber wenn Darcy ihn so sehen wollte, würde er nicht mit ihr darüber streiten! „Mittagessen, morgen um halb eins. Bei ‚Romaines‘. Es ist …“

„Ich weiß, wo es ist“, versicherte sie ihm. Sie legte ihm flüchtig die Hand auf den Arm. „Und nochmals danke.“

Logan blickte dem Taxi nach, bis es am Ende der Straße um die Ecke verschwand, dann ging er zurück ins Haus.

Autor

Carole Mortimer
<p>Zu den produktivsten und bekanntesten Autoren von Romanzen zählt die Britin Carole Mortimer. Im Alter von 18 Jahren veröffentlichte sie ihren ersten Liebesroman, inzwischen gibt es über 150 Romane von der Autorin. Der Stil der Autorin ist unverkennbar, er zeichnet sich durch brillante Charaktere sowie romantisch verwobene Geschichten aus. Weltweit...
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