Julia Collection Band 180

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Die drei Nelson-Schwestern Gillian, Wilma und Marina sind einfach unwiderstehlich – und kommen drei sexy Millionären ganz nah … hautnah!

MINISERIE VON SUSAN MALLERY

DER FALSCHE MANN IN MEINEM BETT?
Nur ihrer Großmutter zuliebe trifft Gillian sich mit Ted Aston. Der sich als absoluter Traummann entpuppt und nicht, wie befürchtet, als fader Langweiler. Allerdings heißt er nicht Ted, sondern Ryan. Aber das findet Gillian erst am nächsten Morgen heraus …

GIB MIR MEHR VON DIESER LIEBE
Schlaf nicht zweimal mit derselben Frau! An dieses Motto hält der attraktive Kane sich eisern. Die temperamentvolle Wilma ist da anderer Meinung – weil sie spürt, wie sehr er sich nach einer zweiten Nacht mit ihr sehnt, nach einer dritten und vierten …

AUS, SCHLUSS – ODER KUSS?
„In diesen Playboy werde ich mich nicht verlieben!“, schwört Marina – und tut es doch. Ted Aston ist eben unwiderstehlich. Bis zu ihrem Geständnis. Seine Reaktion empört und verwirrt Marina zugleich. Ist es das Ende ihrer Liebe?


  • Erscheinungstag 06.01.2023
  • Bandnummer 180
  • ISBN / Artikelnummer 9783751519359
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Susan Mallery

JULIA COLLECTION BAND 180

1. KAPITEL

Gillian Nelsons erstes Blind Date war so grauenhaft verlaufen, dass sie sich die nächsten zehn Jahre danach auf keines mehr eingelassen hatte.

Der Typ damals hatte mit jeder Frau außer ihr geflirtet, während er sich über das Büfett hergemacht hatte, für das letztendlich sie bezahlen musste. Sechzehn war sie damals gewesen, und wenn sie an diesem Abend nicht wegen einer Lebensmittelvergiftung in der Notaufnahme gelandet wäre, hätte sie die Sache inzwischen vielleicht sogar vergessen. Doch zu allem Übel musste sie sich auch noch vor den Augen eines gut aussehenden Assistenzarztes übergeben. Danach hatte sie sich geschworen, sich weder in diesem noch in einem anderen Leben je wieder auf ein Blind Date einzulassen.

Bis zu diesem Abend.

„Das wird eine Katastrophe“, murmelte Gillian vor sich hin, während sie auf den Eingang des exklusiven Restaurants zuging. „Jeder weiß das. Was will ich hier eigentlich?“

Eine dumme Frage, da sie doch die Antwort kannte. Sie und ihre beiden Schwestern hatten entscheiden müssen, wer von ihnen sich als Erste mit dem berüchtigten Ted Aston III.verabredete. Wie bei allen wichtigen Entscheidungen im Leben hatten sie auch diesmal geknobelt, und sie hatte wieder mal verloren. Deshalb war sie hier. Sie wählte meistens „Schere“, und leider wussten ihre Schwestern das.

Gillian betrat nun das überfüllte Foyer. Anscheinend waren Tische in diesem Restaurant genauso schwer zu bekommen wie Parkplätze in den umliegenden Straßen. Sie bahnte sich einen Weg durch die Menge der gut gekleideten Gäste, bis sie vor einer sehr jungen superschlanken Hostess stand.

„Ich bin mit Ted Aston verabredet“, sagte Gillian, und unterdrückte den Wunsch, dem Mädchen zu sagen, dass ein Sandwich von Zeit zu Zeit sie nicht umbringen würde.

Die Frau schaute in ihr Reservierungsbuch. „Mr. Aston ist bereits hier. Ich führe Sie an seinen Tisch.“

Gillian folgte ihr und bemühte sich, ihre normal breiten Hüften nicht mit denen vor ihr zu vergleichen, die praktisch nicht existierten. Dabei stellte sie fest, dass sie es weniger schlimm fand, sich minderwertig zu fühlen, als ein Treffen mit Ted Aston III. durchzustehen.

Wie konnte man nur mit einer Zahl hinter seinem Namen leben? Das erinnerte sie an Mr. Howell aus „Gilligans Insel“, einer Serie, die sie sich als Jugendliche gern im Fernsehen angeschaut hatte. Sofort erschien vor ihren Augen eine jüngere Version von Mr. Howell in gestreifter Hose und weißem Blazer, und sie musste ein Lachen unterdrücken.

Die Hostess blieb vor einem Tisch stehen und deutete auf jemanden, der ganz eindeutig nicht wie ein alternder, angeberischer Millionär aussah.

Ted Aston stand auf und lächelte. „Hallo, du musst Gillian sein.“

Beim Knobeln zu verlieren, war Gillian plötzlich noch nie so angenehm erschienen wie jetzt, wo sie bemerkte, dass der Mann sie überragte, obwohl sie Schuhe mit gefährlich hohen Absätzen trug. Ted sah ausgesprochen gut aus mit seinen dunklen Augen und dem Lächeln, das sie ein wenig an das Lächeln erinnerte, das der große, böse Wolf Rotkäppchen geschenkt haben musste.

Er wirkte weder dumm oder verzweifelt, und sie hatte nicht das Gefühl, er würde sie mit der Rechnung sitzen lassen.

„Hallo, Ted. Schön, dich kennenzulernen.“

Er zog einen Stuhl für sie heraus, eine höfliche Geste, die sie überraschte. Gillian betrachtete sein dunkles Haar, das kleine Grübchen auf seiner linken Wange und registrierte die dezente Krawatte, für die er vermutlich genauso viel ausgegeben hatte wie sie für die letzte Rate ihres Studiendarlehens auf den Tisch blättern musste.

„Die Situation ist ja ein bisschen peinlich“, erklärte sie munter, weil sie fand, dass es sinnlos war, um den heißen Brei herumzureden.

Ted zog die linke Braue hoch. „Nanu, kein Small Talk über das Wetter oder den Verkehr?“

„Sicher, wenn du möchtest. Das Wetter ist herrlich, aber was erwartest du, wir leben in Südkalifornien und nehmen es sozusagen als gegeben hin. Was den Verkehr angeht, der war okay. Und wie war dein Tag?“

Er lächelte erneut. „Du bist nicht das, was ich erwartet habe.“

Gillian konnte sich denken, was das war. „Ich bin also nicht zu jung, nicht mit zu viel Silikon ausgestattet und wirke nicht zu verzweifelt?“

Ted fühlte sich ertappt. „Schon wieder dieser Mangel an Höflichkeit. Was würde deine Mutter dazu sagen?“

„Trink nur ein Glas Wein, stell fest, ob er nett ist, und wenn du ihn magst, gib ihm deine Nummer.“

Nun musste Ted lachen. Es war ein angenehmes tiefes maskulines Lachen. Bisher war Gillian ziemlich nervös gewesen, doch das legte sich nun. Stattdessen verspürte sie ein verräterisches Kribbeln im Bauch.

Interessant. Vielleicht hätte sie dieser Sache mit dem Blind Date doch schon früher eine zweite Chance geben sollen.

„Das ist ein guter Ratschlag“, meinte Ted. „Ich glaube, ich mag deine Mutter.“

„Sie ist liebenswert.“

Der Kellner erschien, reichte ihnen die Speisekarte und fragte, was sie trinken wollten. Ted entschied sich für einen Scotch, während Gillian sich einen Wodka Tonic bestellte.

„Willst du den Rat deiner Mutter nicht befolgen?“, fragte er, als der Kellner wieder gegangen war.

„Ich bin viel zu erschöpft, um darüber nachzudenken. Es ist ein langer Tag gewesen.“

„Was machst du?“

„Ich arbeite in einer großen Kanzlei.“

„Du bist also Anwältin. Welches Spezialgebiet hast du? Menschenrechte?“

„Internationales Wirtschaftsrecht“, erwiderte sie. „Ich bin auf Verträge und Firmenbeteiligungen mit China spezialisiert.“

„Interessant.“

Es gefiel Gillian, wenn man sie unterschätzte, vor allem, wenn Männer es taten. „Es bot sich an, da ich fließend Mandarin spreche.“ Er ist gut, dachte sie anerkennend, da Ted sich offenbar rasch von seiner Verblüffung erholte.

„Beeindruckend.“

„Danke.“ Sie registrierte seine anerkennende Musterung.

„Okay, ich denke, wir sollten noch einmal von vorn beginnen.“

Nun musste Gillian lachen. „Warum? Es läuft doch gut.“

„Sicher. Für dich. Also, pass auf. Meine Tante Ruth hat mir erzählt, dass es da eine junge Dame gibt, die ich kennenlernen sollte. Mir wurden Zeit und Ort mitgeteilt, und hier bin ich. Ich hatte jemanden ganz anderes erwartet. Du bist eine nette Überraschung.“

Gillian betrachtete versonnen seine breiten Schultern. Entweder betrieb er regelmäßig Sport, oder er hatte gute Gene. Was auch immer, sie konnte mit beidem leben.

„Tust du immer das, was Tante Ruth sagt?“

„Meistens.“ Er zuckte mit den Schultern. „Sie ist eigentlich meine Großtante oder so. Aber sie ist gut zu mir, und ich mag sie. Sie bittet mich nicht um viel, wenn ihr also etwas wichtig ist, dann tue ich ihr den Gefallen. Dies hier war ihr wichtig.“

Entweder sagte er die Wahrheit, oder er hatte seinen Text sehr gut auswendig gelernt. Gillian hoffte, er war ehrlich.

„Du bist auch eine positive Überraschung“, gab sie zu und entschied, ihm vorerst einmal zu trauen. „Als ich hereinkam, habe ich einen Mr. Howell erwartet.“

„Aus ‚Gilligans Insel‘? Vielen Dank.“

Lachend fragte sie: „Wärst du lieber Gilligan gewesen?“

„Ich wäre lieber James Bond.“

„Du bist kein Brite.“

„An dem Akzent könnte ich arbeiten.“

Sie beugte sich zu ihm vor. „Sind es die technischen Spielereien oder die Frauen, die James Bond so anziehend machen?“

„Beides.“

„Du bist ehrlich.“

„Du klingst überrascht.“

Das war sie auch. „Ich kann mich anpassen“, erwiderte sie. „Okay, James-Ted, was ich von dir weiß, ist, dass du dich wie ein Geschäftsmann kleidest und dass du deine Tante Ruth magst. Ach ja, diese Sache mit der Zahl hinter deinem Namen sollten wir wohl lieber nicht weiter erörtern.“

„Was ist so schlimm an einer Zahl hinter dem Namen?“

„Nichts. Es ist okay. Ich muss dieses Kästchen immer auslassen, wenn ich mich auf Internetseiten registriere, aber du darfst eine große Drei eintragen.“

„Die Drei ist gar nicht so groß. Sie ist genauso groß wie alle anderen Zahlen. Sie wäre natürlich gern groß, aber unerfüllte Fantasien gehören nun mal zum Leben. Die Drei wird sich damit abfinden müssen.“

Der Mann ist absolut charmant, dachte Gilian gut gelaunt.

Der Kellner erschien mit ihren Drinks. Als er ging, hob Ted sein Glas.

„Auf die unerwartete Freude, eine kluge, lustige und schöne Frau kennengelernt zu haben“, sagte er.

Okay, das war ja auswendig gelernt, aber Gillian amüsierte sich genügend, um dieses Kompliment trotzdem anzunehmen.

„Danke.“ Sie stieß mit ihm an.

Aus Versehen streifte sie dabei seine Finger. Es war nur eine kurze, bedeutungslose Berührung. Aber Gillian war sich dieser Berührung merkwürdig bewusst. Ihre Schwester Wilma würde behaupten, dies sei ein Wink des Schicksals, auf den sie hören sollte. Und ihre Schwester Marina würde wissen wollen, ob Ted „der Richtige“ war.

„Und was machst du so?“, fragte sie.

Ted stellte sein Glas ab. „Ich bin Himmelsschreiber. Du weißt schon, diese furchtbaren Botschaften, die die Menschen einander am blauen Himmel hinterlassen. ‚Barney liebt Cathy‘, ‚John, bring Milch mit‘.“

Gillian nahm noch einen Schluck und wartete.

Ted seufzte. „Okay, das war ein Scherz. Ich bin Partner in einem Wirtschaftsunternehmen. Wir kaufen kleine Firmen auf, investieren Geld und Know-how und machen große Firmen aus ihnen. Dann verkaufen wir sie und verdienen dabei obszön viel Geld. Es ist widerlich. Ich sollte mich schämen.“

Gillian musste lachen. „Ich hätte gedacht, dass du die gemeinnützige Stiftung deiner Familie leitest.“

„Wir haben einen Vorstand, der sich darum kümmert. Ich baue lieber auf, als dass ich gebe.“

„Das klingt skrupellos.“

„Kann ich auch sein. Sehr. Die Leute neigen dazu, mich zu unterschätzen, wegen der Zahl hinter meinem Namen. Sie gehen davon aus, dass ich nutzlos bin. Bin ich aber nicht.“

Gillian glaubte ihm. Er war amüsant, einflussreich und attraktiv. Sie spürte, dass sie seine volle Aufmerksamkeit hatte, was sowohl aufregend als auch etwas beängstigend war.

„Aber dich unterschätzen die Leute auch“, fügte er hinzu.

„Woher weißt du das?“

„Weil ich es getan habe. Ich dachte, du würdest dich um Menschenrechte kümmern, als du sagtest, du arbeitest in einer internationalen Kanzlei.“

„Das tun Männer gern“, entgegnete sie. „Annehmen, dass Frauen sich eher für etwas interessieren, was mit Emotionen verbunden ist, als für knallharte Geschäfte.“

„Es passiert dir also öfter.“ Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.

„Ja, aber es macht mir nichts aus. Meine Karriere ist mir sehr wichtig, und die ersten Jahre in einer großen Anwaltskanzlei sind sehr hart. Da kann es manchmal sogar hilfreich sein, unterschätzt zu werden.“

Ihre Blicke trafen sich. Bis zu diesem Moment hatte Gillian ihren Drink und Teds Gesellschaft einfach nur genossen. Doch nun spürte sie plötzlich dieses gewisse Knistern zwischen ihnen, und ein Schauer durchrieselte sie. Sie hatte erwartet, Ted sei arrogant, und er hatte vermutlich gedacht, sie sei ein Dummerchen. Doch nun geriet ihr Vorsatz, erst nach dem zweiten Jahr in der Anwaltsfirma wieder an eine Beziehung zu denken, ins Wanken.

Es gefiel ihr, dass Ted einerseits schlagfertig und zynisch war und dass er andererseits auf das hörte, was seine alte Tante ihm sagte. Und sein Lächeln und das Interesse, das in seinen dunklen Augen aufflackerte, gefielen ihr auch. Zum ersten Mal seit langer Zeit wirkte ein Mann erregend auf sie, und sie verspürte ein angenehmes Ziehen zwischen ihren Schenkeln. Gut zu wissen, dass ihr Körper noch nicht völlig empfindungslos war.

„Erzähl mir von den Frauen in deinem Leben“, sagte sie.

Ted hätte sich fast an seinem Scotch verschluckt. „Ich habe keine Fotos mitgebracht.“

„Das ist schon in Ordnung. Ein kleiner Überblick genügt völlig. Auf die Lebensläufe verzichte ich diesmal.“

„Wie großzügig von dir.“ Er stellte sein Glas ab. „Da waren zum einen die Zwillinge.“

Gillian lächelte. „Du treibst es nicht mit Zwillingen. So leicht lasse ich mich nicht ins Bockshorn jagen.“

„Okay. Im Moment keine ernsthafte Beziehung.“ Ted räusperte sich. „Genau gesagt, gar keine Beziehung. Eine unangenehme Trennung im letzten Jahr. Keine Exfrauen, keine Exverlobten. Und du?“

„Ein Exverlobter. Im Moment niemand.“

„Was war mit dem Dummkopf?“

Gillian war zwar keine Expertin auf dem Gebiet des Flirtens, doch sie wusste, welche Themen man besser ausklammerte. Es war nicht nötig, ihre kleine, traurige Geschichte auszubreiten. „Es hat einfach nicht funktioniert.“

Der Kellner erschien und wollte wissen, ob sie Fragen zur Speisekarte hätten.

„Nein, dazu hätten wir erst einmal hineinschauen müssen“, erwiderte Ted und lächelte Gillian an. „Aber wir arbeiten daran.“

Gillian wartete, bis sie wieder allein waren. „Was soll das mit der Speisekarte? Du wirst sowieso ein fast rohes Steak und einen Salat bestellen. Nicht weil du unbedingt einen willst, aber weil man glauben würde, du wärst nicht gut erzogen, wenn du kein Gemüse isst.“

Er zog eine Braue hoch. „Und du würdest gern Steak essen, aber es gibt da diese Regel, die besagt, dass Frauen bei einer Verabredung nur eine Kleinigkeit essen, also wirst du Fisch bestellen, obwohl du ihn nicht besonders magst.“ Er nahm sein Glas. „Ich nehme das zurück. Du magst Fisch – aber nur als Filet und mit Pommes frites.“

„Ich mag Thunfisch“, erklärte Gillian leicht pikiert.

„Sachen aus der Dose zählen nicht.“

Sie lachte. „Okay, du hast gewonnen. Ich nehme das Steak und esse es sogar, aber du darfst mich nicht verpetzen.“

„Abgemacht. Und ich werde den verdammten Salat bestellen.“ Er beugte sich zu ihr über den Tisch und schaute sie eindringlich an. „Ich hatte erwartet, mich zu langweilen.“

„Ich auch. Außerdem dachte ich, dass ich mich dir moralisch und intellektuell überlegen fühlen würde.“

Er lachte schelmisch. „Die Sache mit der moralischen Überlegenheit kann ich akzeptieren.“

„Aber ich bin nicht klüger?“

„Ich bin ein ziemlich schlaues Bürschchen.“

Sie schwiegen, und es kam Gillian vor, als wäre die Temperatur im Raum plötzlich drastisch gestiegen.

Sie wollte nach ihrem Glas greifen, doch Ted nahm ihre Hand in seine. Seine Finger waren warm und kräftig. Als er über ihren Handrücken strich, kam es Gillian vor, als würden kleine Stromstöße sich von ihrem Arm aus auf ihren ganzen Körper ausbreiten. Sie verspürte eine angenehme Trägheit und kam sich auf einmal unheimlich feminin vor – eine Kombination, die für sie eher selten war. Normalerweise hatte sie die Dinge unter Kontrolle und wirkte auf andere eher einschüchternd.

„Ich habe eine technische Frage.“ Ted strich sanft mit dem Daumen über ihre Handfläche. „Es geht um meine Tante.“

„Ja?“

„Sie ist deine Großmutter.“

„So sagt man“, erwiderte Gillian und versuchte sich auf die Unterhaltung zu konzentrieren, und nicht auf das Verlangen, das in ihr erwacht war. Sie wollte sich gern einreden, dass ihre Reaktion auf Ted eher damit zu tun hatte, dass sie seit über achtzehn Monaten kein privates Date mehr mit einem Mann gehabt hatte, und nicht mit dem, was er gerade tat. Doch es gelang ihr nicht.

„Wenn sie meine Großtante ist und deine Großmutter“, fuhr er fort. „Dann sind wir …“

Ah, okay. Jetzt verstand sie seine Sorge. „Nein, sind wir nicht. Sie war die zweite Frau deines Großonkels. Sie hatten keine gemeinsamen Kinder. Sie hat ausdrücklich darauf hingewiesen, als sie es uns erklärt hat. Hat sie es dir nicht erzählt?“

Ted zog seine Hand zurück und setzte sich auf. „Nein, das hat sie nicht.“

„Jetzt weißt du es.“ Ich schulde meiner Großmutter ein großes Dankeschön, dachte sie mit grimmigem Humor.

Ted stand auf und streckte Gillian eine Hand hin.

„Was hast du vor?“

„Ich möchte mit dir tanzen.“

Tanzen? Das hatte sie seit der Highschool nicht mehr getan, und selbst damals war sie keine besonders gute Tänzerin gewesen.

„Hier kann man nicht tanzen“, behauptete sie deshalb und blieb sitzen.

„Natürlich kann man das. Und jetzt, da ich weiß, dass wir nicht verwandt sind, werde ich es doppelt genießen können.“

Gillian war hin- und hergerissen zwischen der Angst, sich zum Narren zu machen und der aufregenden Aussicht, sich an Ted schmiegen zu können. Jetzt wo sie darauf achtete, hörte sie auch die leise Musik. Es klang nett, war aber nicht so verlockend wie der Mann, der vor ihr stand.

„Muss ich dich erst anflehen?“, fragte er.

„Würdest du es tun?“

Seine Mundwinkel zuckten. „Vielleicht.“

Sie stand auf, legte ihre Hand in seine, und Ted führte sie in einen Nebenraum, wo eine Drei-Mann-Combo spielte und sich einige Paare im Takt der Musik wiegten.

Ehe Gillian sich’s versah, zog Ted sie an sich und legte eine Hand auf ihre Taille. Sie waren sich nicht so nahe, dass ihre Brüste seinen Oberkörper berührten, doch es war nicht zu übersehen, wie muskulös er war, und sie verspürte das wilde und völlig unangebrachte Verlangen, sich ihm in die Arme zu werfen. Du warst zu lange ohne Mann, sagte sie sich.

„Du duftest gut“, murmelte Ted ihr ins Ohr.

„Das ist der Toner unseres Fotokopierers“, erwiderte sie. „Ich musste heute die Patrone auswechseln.“

„Kannst du nicht einmal ein Kompliment annehmen?“

„Okay, okay. Danke.“

„Das ist schon besser.“ Er lächelte sie an. „Du machst es einem nicht gerade leicht.“

„Dieses Kompliment kann ich schon eher akzeptieren.“

„Du bist gern schwierig?“

„Manchmal. Du nicht?“

Er zog sie fester an sich. „Manchmal.“

Gillian sah ihm in die Augen. „Du magst es nicht, wenn Leute dich in eine bestimmte Schublade stecken.“

„Du hast es getan.“

„Genau wie du mit mir. Wir sind quitt.“

„Wir sind mehr als quitt, Gillian. Wir sind …“

Atemlos wartete Gillian darauf, dass er den Satz beendete, doch stattdessen senkte er den Kopf und strich sanft mit seinen Lippen über ihren Mund. Der Kuss kam unerwartet, hatte jedoch einen unglaublichen Effekt. Gillian bekam Herzklopfen, und in ihren Brüsten spürte sie ein lustvolles Ziehen. Zu ihrem großen Bedauern vertiefte Ted den Kuss jedoch nicht.

Wir sind in der Öffentlichkeit, erinnerte sie sich. Er will mich bestimmt nicht in Verlegenheit bringen. Das sollte ich zu schätzen wissen. Und das werde ich auch … irgendwann.

Ted richtete sich wieder auf und räusperte sich. „Wir sollten wohl besser zurückgehen und etwas zu essen bestellen. Du weißt schon, uns verantwortungsbewusst benehmen.“

Eine Sekunde spielte Gillian mit dem Gedanken, nach der Alternative zu fragen. Was würde geschehen, wenn sie weitertanzten, sich weiterberührten und küssten? Sie hatte das sichere Gefühl, die Antwort auf diese Frage zu kennen.

Zu viel und zu schnell, dachte sie, als sie sich voneinander lösten. Sie war schon so lange nicht mehr verabredet gewesen, daher wäre es sinnvoll, es langsam angehen zu lassen. Aber dieser Mann führte sie heftig in Versuchung.

Ted behielt ihre Hand in seiner, als sie zusammen zurück zum Tisch gingen.

„Du hast mir noch gar nicht verraten, warum du hier bist“, meinte er, als sie wieder saßen. „Ich habe dir gesagt, dass Tante Ruth mich darum gebeten hat zu kommen. Wie lautet deine Entschuldigung?“

Er wusste es nicht? Das konnte interessant werden.

„Meine Mutter und meine Großmutter waren seit Jahren zerstritten. Ruth ist sozusagen erst vor wenigen Monten in unserem Leben aufgetaucht. Meine Schwestern und ich kannten sie nicht. Meine Mutter hat sie nicht nie erwähnt. Letzte Woche beim Essen sagte Ruth dann, dass sie einen Großneffen hätte, und schlug vor, eine von uns sollte mit ihm ausgehen.“

„Interessant.“

„Mehr als interessant. Sie bot uns … ach, es ist nicht so wichtig.“

„Natürlich ist es das.“

„Du wirst beleidigt sein.“

„Ich kann mit der Wahrheit umgehen“, versicherte er grinsend. „Was hat sie angeboten?“

„Geld.“

Ted starrte sie an. „Sie bezahlt dich dafür, dass du mit mir ausgehst?“

„Oh nein. Die Verabredung kostet sie gar nichts. Aber wenn ich dich heirate, dann bekomme ich eine Million Dollar. Und meine Schwestern und meine Mutter auch. Ein ziemlich ungewöhnliches Angebot, nicht?“

Ein Muskel zuckte in Teds Wange, aber ansonsten zeigte er keinerlei Regung. Gillian hatte keine Ahnung, was er dachte.

„Wir waren alle völlig überrascht“, fuhr sie fort. „Wir konnten uns nicht vorstellen, was mit dir ist, dass deine Tante so viel Geld bietet, damit dich jemand heiratet.“

„Was mit mir ist?“

„Ja.“

Sie genoss die ganze Sache, versuchte aber, es ihn nicht merken zu lassen.

„Wir entschieden, dass eine von uns zu der Verabredung geht, um herauszufinden, wie schrecklich du bist. Also haben wir geknobelt.“

Jetzt zuckte er doch zusammen. „Schere, Stein …“ Er räusperte sich. „Also hast du gewonnen.“

Gillian musste lächeln. „Oh nein, Ted, ich habe verloren.“

2. KAPITEL

Der Kellner kam, und Gillian bestellte und wartete dann, bis Ted seine Wünsche geäußert hatte. Er schaute kaum auf die Speisekarte, sondern hielt seinen Blick auf sie gerichtet.

„Du hast verloren?“, fragte er dann. „Mit anderen Worten, du hast nicht gewonnen?“

Sie gestattete sich ein kleines Lächeln. „Genau. Du kennst die Spielregeln. Der Verlierer muss die unangenehme Sache machen. In diesem Fall, mit dir ausgehen.“

„Du hast verloren?“

Er schien nicht begreifen zu können, dass die drei Schwestern nicht versessen darauf gewesen waren, seine Königin der Nacht zu werden. Ach, was sind Männer doch dumm, dachte Gillian belustigt.

„Wenn es dir hilft“, sagte sie und nippte an ihrem Drink. „Ich bin froh, dass ich verloren habe.“

„Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr mich dein Geständnis berührt.“

„Du solltest es nicht so schwernehmen. Betrachte es doch mal aus unserer Perspektive. Deine Großtante, die dich dein Leben lang kennt, ist bereit, eine Frau zu bezahlen, damit sie dich heiratet. Wir sind davon ausgegangen, dass du mindestens einen Buckel hast oder irgendeine merkwürdige Krankheit, die dich zucken und zappeln lässt. So wie der Elefantenmensch.“

Ted erstickte fast an seinem Drink. „Ihr habt gedacht, ich sei der Elefantenmensch?“

„Es war eine Möglichkeit. Und trotzdem bin ich hergekommen.“

„Du hast verloren, deshalb gehst du gnädigerweise mit mir aus. Ich fasse es nicht, dass Ruth euch eine Million geboten hat.“

Gillian auch nicht, andererseits, jeder hatte merkwürdige Verwandte. „Nicht für die Verabredung. Aber ich habe eine ganz einfache Lösung für das Problem: Mach mir einfach keinen Heiratsantrag.“

Er lachte. „Du hast leicht reden, dann fehlt mir doch der Gesprächsstoff, wenn wir unser Dessert essen.“

Nun musste auch Gillian lachen. Ted war ganz anders, als sie erwartet hatte. Jeder, der eine Zahl hinter seinem Namen trug, musste spießig sein, doch das war er nicht. Sie mochte ihn.

„Du hättest dir auch für die Verabredung etwas zahlen lassen sollen“, meinte er. „Mindestens fünfzigtausend.“

„Ich weiß, aber daran habe ich gar nicht gedacht. Sollte Grandma es noch einmal erwähnen, verlange ich sofort einen Scheck.“

Er schaute ihr in die Augen. „Ich bin auch froh, dass du verloren hast.“

„Danke. Obwohl es vorauszusehen war. Ich nehme dummerweise immer wieder beim Knobeln die Schere, und meine Schwestern wissen das. Also wählt immer eine von ihnen den Stein.“

„Eine Interessante Methode, das Schicksal zu bestimmen.“

Gillian hob die Augenbrauen. „Schicksal? Willst du damit sagen, du bist mein Schicksal?“

Sie erwartete, dass er zusammenzuckte, doch Ted hob lediglich die Schultern. „Keiner von uns hat damit gerechnet, dass der Abend so gut verlaufen würde. Vielleicht hatte das Schicksal heute tatsächlich seine Hand im Spiel.“

„Bitte erspar mir das Gerede von Vorsehung und Ähnlichem. Meine Schwester Wilma erklärt uns ständig, dass jedem von uns ein Schicksal vorherbestimmt ist, dem man nicht entgehen kann. Sie ist total lieb, und ich mag sie wirklich sehr, aber manchmal könnte ich sie erwürgen. Dazu kommt noch, dass sie die merkwürdigsten Sachen isst … Sprossen und Tofu und solch ein Zeug.“ Gillian schüttelte sich.

Ted nickte verständnisvoll. „Sie ist Vegetarierin?“

„Meistens. Obwohl es eine lange Liste von Lebensmitteln gibt, die für sie nicht als Fleisch zählen, wie zum Beispiel Hamburger bei einem Picknick oder Hotdogs bei einem Spiel der Dodgers.“

„Interessant.“

„Sie ist großartig. Marina auch. Das ist die Jüngste unserer Familie. Du hättest auch mit einer von ihnen hier sitzen können.“

„Ich bin sehr zufrieden mit der Schwester, die ich habe.“

„Aber du hast mich nicht.“ Obwohl er mich haben könnte, dachte sie sehnsüchtig und erinnerte sich daran, wie sie sich in seinen Armen gefühlt hatte.

„Lass mir etwas Zeit.“

Zum hundertsten Mal in den letzten sieben Minuten schaute Gillian in den Rückspiegel. Das Abendessen war hervorragend gewesen. Sie hatte zwar keine Ahnung mehr, was sie gegessen hatte, war aber sicher, dass es gut geschmeckt hatte. Sie musste immer wieder an ihr Gespräch denken. Sie hatten geflirtet und viel gelacht. Sie konnte sich nicht erinnern, wann ein Mann sie je so fasziniert hatte. Anfangs hatte sie sich vor diesem Abend gefürchtet, doch jetzt wünschte sie, er würde niemals enden.

Ted war nicht nur amüsant und klug, er verstand auch ihren Humor, was nicht bei allen Männern der Fall war. Und erst die körperliche Anziehung … Schon ein einziger Blick von ihm ließ sie dahinschmelzen.

Aber war sie schon so weit, den Weg zu Ende zu gehen, auf dem sie sich offensichtlich befanden? Sein Angebot, ihr nach Hause zu folgen, um sicherzugehen, dass sie heil ankam, war eine sehr dürftige Entschuldigung für das, was er tatsächlich wollte – eine Nacht mit ihr.

Die Frage war nicht, ob sie das wollte, denn sie wünschte es sich mit einer Verzweiflung, die schon fast beängstigend war. Hier ging es nicht um das Wollen, sondern um Vernunft. Seit der Sache mit Garrett hatte es keinen Mann mehr in ihrem Leben gegeben. Sie hatte keine Übung mehr. Der Abend war bisher zwar gut verlaufen, aber bedeutete das, dass sie Ted zu sich einladen und mit ihm schlafen sollte?

Gillian war noch zu keiner Entscheidung gelangt, als sie vor ihrem Haus aus dem Wagen stieg. Es kam ihr vor, als würde ihr ganzer Körper vor Erregung prickeln Sie sehnte sich danach, geküsst und gestreichelt zu werden, aber ihr Verstand mahnte zur Vorsicht. Sicher, Ted war charmant, aber was wusste sie wirklich über ihn? Außerdem wirkte es billig, wenn man gleich bei der ersten Verabredung Sex hatte.

Ted parkte auf der Straße, stieg aus und schaute sich um.

„Nicht das, was ich erwartet habe“, meinte er, als er näher kam. „Ich dachte, du würdest in einem Neubau leben.“

Ihr Haus lag in einer älteren Siedlung, und Gillian gefiel die Atmosphäre, die hier herrschte.

„Von hier aus ist es nicht weit zur Arbeit, und außerdem habe ich einen kleinen Garten“, sagte sie. „Ich bin irgendwie kein Mensch für eine Wohnung.“

Er lächelte sie an und strich ihr zärtlich mit dem Daumen über die Wange. „Wie gut, dass wir nicht zu mir gefahren sind.“

„Lass mich raten. Viel Glas und Stahl.“

„Das auch, aber vor allem ist es weiter weg.“

Und dann küsste er sie.

Langsam, fast andächtig, als hätte er alle Zeit der Welt, und das gefiel Gillian.

Wohlig erschauernd schmiegte sie sich nun an ihn und umfasste seine Schultern. Er war durch und durch muskulös, das konnte sie selbst durch den maßgeschneiderten Anzug spüren. Gillian fühlte sich wie im Rausch und hätte ihn endlos so küssen können. Ihr zitterten die Knie, und sie hatte Schmetterlinge im Bauch.

Ted neigte den Kopf, strich sanft mit den Lippen über ihre Wange und drückte dann kleine Küsse auf ihr Kinn. Und als er ihr Ohrläppchen liebkoste und mit der Zungenspitze über ihren Hals strich, erschauerte sie vor Verlangen. Plötzlich sehnte sie sich so heftig danach, wieder seine heißen, sinnlichen Lippen auf ihrem Mund zu spüren, dass sie glaubte, sterben zu müssen, wenn es nicht dazu käme.

Glücklicherweise schien Ted Gedanken lesen zu können. Er eroberte wieder ihren Mund und küsste sie so stürmisch, als wäre sein Bedürfnis, sie zu nehmen, genauso groß wie ihr Wunsch, genommen zu werden.

Gleichzeitig umfasste Ted ihre Hüften und zog sie an sich. Willig bog Gillian sich ihm entgegen, so dass ihre Brüste sich an ihn pressten und sie seine Erregung deutlich spürte.

Wunschbilder erschienen vor ihrem inneren Auge – sie beide, nackt, einander berührend und eng umschlungen. Eine verlockende Vorstellung. Sie versuchte, ihr Verlangen zu unterdrücken, denn schließlich kannte sie Ted doch gar nicht. Doch sie war machtlos gegen ihre Sehnsucht nach heißem Sex.

Ted lehnte sich zurück und legte seine Hände an ihre Wangen. „Jetzt sollte ich wohl anbieten zu gehen“, meinte er und schaute ihr tief in die Augen. „Das hat man mir so beigebracht, und es wäre sicherlich richtig.“

„Gute Manieren sind wichtig“, murmelte Gillian, überrascht, dass sie überhaupt sprechen konnte. Es hätte sie nicht gewundert, wenn sie dazu nicht imstande gewesen wäre, denn ihr Körper schien in Flammen zu stehen.

„Da stimme ich dir zu.“ Auch Ted rang nach Atem. „Es gibt aber eine Alternative.“

„Schlechte Manieren?“

Er lachte und küsste sie erneut. „Ich will dich, Gillian. Ich könnte dir eine Liste von guten Gründen geben, warum das hier eine schlechte Idee ist, aber ich begehre dich verzweifelt.“

Noch nie hatte ein Mann sie verzweifelt begehrt. „Gute Manieren, ein kluger und amüsanter Gesprächspartner, und dann kann er auch noch unglaublich gut küssen“, flüsterte sie. „Wer könnte da widerstehen?“

Gillian löste sich von Ted, nahm ihre Schlüssel aus der Handtasche und ging dabei langsam auf die Haustür zu. Bei jedem Schritt wartete sie darauf, ihre Entscheidung zu bereuen. Doch stattdessen verspürte sie nur das drängende Bedürfnis, sich zu beeilen.

Im Haus legte sie ihre Schlüssel und die Handtasche auf den kleinen Tisch neben der Tür. Ted schlüpfte aus seinem vermutlich ziemlich teuren Jackett und ließ es achtlos auf den Boden fallen. Dann zog er Gillian an sich und küsste sie mit einer Leidenschaft, die sie schwach machte und die Frage aufwarf, wie leidenschaftlich er wohl andere Dinge erledigte.

Voller Begeisterung erwiderte sie seine Küsse und strich ihm dabei über die Brust, spürte die glatte Seide seiner Krawatte und die weiche Baumwolle seines Hemdes.

Ted erkundete ihren Körper, umfasste ihren Po und zog sie an sich, während er mit der anderen Hand eine Brust umschloss.

Selbst durch das Kleid und den BH konnte Gillian seine kräftigen Finger spüren, die sie streichelten und sie liebkosten. Am liebsten hätte sie sich die Kleider vom Leib gerissen, damit er ihre bloße Haut berühren konnte.

Mit fahrigen Bewegungen griff Gillian nach seiner Krawatte und schaffte es, den Knoten zu lösen, dann begann sie die Knöpfe seines Hemdes zu öffnen. Währenddessen tastete Ted nach dem Reißverschluss ihres Kleides.

Im Wohnzimmer hatte sie eine kleine Lampe brennen lassen, doch im Flur war es dunkel. Umso intensiver spürten sie beide jede Berührung, und als Ted eine Spur heißer Küsse über ihren Hals zog, stöhnte Gillian laut auf. Sie hatte das Gefühl, in Flammen zu stehen, und fand es wunderbar.

Er senkte den Kopf, und dann spürte sie seine Lippen auf ihrem Dekolleté. Im gleichen Moment, in dem sie den Lichtschalter fand, zog Ted den Reißverschluss ihres Kleides auf. So konnte sie nicht nur fühlen, sondern auch sehen, wie es auf den Boden glitt. Ted sah sie mit leidenschaftlichem Blick an und umfasste ihre Brüste.

„Du bist schön“, murmelte er. „Heiß und weich, und es ist mir egal, was es ist, aber du duftest herrlich.“

Gillian lachte und stöhnte gleichzeitig auf, als er ihre aufgerichteten Brustspitzen streichelte. Dabei küsste er sie wieder, und plötzlich war das nicht mehr genug. Gillian wollte mehr – sie wollte alles. Sie wollte Ted ganz in sich spüren, bis sie zum Höhepunkt kam.

„Du hast noch viel zu viel an“, murmelte sie.

„Stimmt.“

Gillian machte einen Schritt über ihr Kleid hinweg und führte Ted in ihr kleines Schlafzimmer, während er sich das Hemd abstreifte. Als sie vor ihrem Bett stehen blieb und sich zu Ted umdrehte, sah sie, dass er sie anstarrte.

„Was ist?“

Ted fluchte leise. „Hast du vor, mich umzubringen?“, stieß er dann aus. „Du bist ein echter Männertraum. Wissen deine Kollegen eigentlich, was du unter deinen strengen Kostümen trägst?“

Gillian betrachtete ihren BH und den passenden Slip aus pinkfarbener Spitze, die sie günstig bei einem Ausverkauf erstanden hatte. Die Sachen waren nichts Besonderes, aber Männer waren anscheinend leicht zu beeindrucken.

„Sie vermuten wahrscheinlich, dass ich Unterwäsche anhabe“, murmelte sie, während sie aus ihren Schuhen schlüpfte. „Das ist mir auch lieber, als wenn sie sich ausmalen würden, dass ich nichts darunter trage. Das wäre ein bisschen unangenehm.“

Die Bewunderung in seinem Blick tat ihr gut und ließ sie mutig werden. Mit einem verführerischen Lächeln schob sie einen Träger ihres BHs von ihrer Schulter.

„Willst du, dass ich das hier ausziehe?“

Ted hatte bereits seine Schuhe weggekickt und war dabei, seine Hose abzustreifen. Zufrieden registrierte Gillian seine unverkennbare Erregung.

„Das wäre wunderbar.“ Ted schluckte. Seine Hose landete auf den Boden, doch er schien es nicht zu bemerken. Sein Blick war starr auf ihre Brüste gerichtet.

Gillian öffnete den BH und warf ihn in Richtung Kommode.

Sie wusste nicht, ob er dort auch landete, denn sie war viel zu sehr gefangen von Teds Gesichtsausdruck. In seinem Blick lag eine so tiefe Begierde, dass es ihr den Atem raubte. Sie war mit anderen Männern zusammen gewesen, und wusste, dass sie sie begehrt hatten, doch Ted sah sie an, als wollte er sie mit Haut und Haaren verschlingen. Seine Bewunderung gab ihr das Gefühl, etwas Besonderes zu sein, und sie hoffte, dass sie seine Träume erfüllen konnte.

Ted kam auf sie zu und stolperte dabei, weil er sich in seiner Hose verfing. „Ich bin völlig hin und weg“, murmelte er, während er sich befreite und die Socken auszog.

Sein fast kindlich erstaunter Blick und seine Verwirrtheit machten ihn in Gillians Augen nur noch sympathischer, doch bevor sie dazu kam, es ihm zu sagen, hatte er sie schon in seine Arme gezogen.

Seine Hände schienen überall zu sein – auf ihren Armen, ihrem Bauch, dann umfasste er ihre nackten Brüste. Er küsste sie nicht, während er ihre Rundungen erkundete und sanft ihre Knospen berührte, sondern sah ihr tief in die Augen. Gillians Gefühle waren so intensiv, dass sie kurz davor war, ihn anzuflehen, sie endlich zu nehmen.

Sie bemühte sich, den Blickkontakt aufrechtzuerhalten, doch schon bald war sie zu überwältigt von den sinnlichen Empfindungen, um Ted länger anzusehen. Jede noch so kleine Berührung löste einen neuen heißen Schauer bei ihr aus, und tief in ihr begann es heiß zu pulsieren.

„Ted“, flüsterte sie und hoffte, dass sie nicht so verzweifelt klang, wie sie sich fühlte.

Er drängte sie rückwärts, bis sie das Bett hinter sich spürte. Dann ließ er sich auf die Matratze fallen und zog sie mit sich.

Sie landete auf ihm, die Beine gespreizt, sodass sie ihn groß und hart an der Stelle spüren konnte, wo sie es am meisten ersehnte.

Ted lächelte sie an. „Jetzt habe ich dich genau da, wo ich dich haben will“, flüsterte er. „Du bist mir ausgeliefert.“

„Ich bin oben, erwiderte sie.“ „Ich habe die Kontrolle.“

„Meinst du?“

Obwohl sie beide noch ihren Slip anhatten, konnte Gillian die köstliche Hitze seines Körpers spüren. Aufstöhnend gab sie sich den Empfindungen hin, die schon fast genügten, um sie die Beherrschung verlieren zu lassen.

„So einfach ist das“, murmelte er, während er ihre Brüste zu streicheln begann.

Geschickt zog er ihr den Slip aus, dann befreite er sich von seinen Boxershorts. Ehe Gillian einen Blick riskieren konnte, hatte Ted sie auf den Rücken gedreht und küsste ihre Brüste. Er umkreiste die Spitzen mit der Zunge, bis sie glaubte, vor Lust verrückt zu werden. Gleichzeitig schob er eine Hand zwischen ihre Beine und erforschte sie dort.

Gillian rang keuchend nach Atem und krallte ihre Finger in das Laken. Fordernd drängte sie sich Teds Hand entgegen und genoss es, dass ihr Verlangen sich mit jeder noch so kleinen Bewegung steigerte. Und als er sich auf sie schob und sie auf den Mund küsste, war es um sie geschehen.

Der Höhepunkt nahm kein Ende. Welle um Welle purer Lust durchströmte sie und ließ sie alles andere vergessen. Wichtig waren nur noch ihre berauschenden Empfindungen und der Mann, der sie ihr schenkte.

Als die Schauer der Leidenschaft allmählich abklangen und sie wieder ruhiger atmete, wurde ihr bewusst, dass Ted sich fest an sie geschmiegt hatte. Sie öffnete die Augen und stellte fest, dass er sie anlächelte.

„Das war gut“, sagte er. „Jedenfalls für mich. Und ich glaube, für dich war es sogar besser als gut, stimmt’s?“

„Kann schon sein“, stimmte Gillian zu, und strich mit dem Daumen über seine Unterlippe. „Bist du bereit, für ein Besser-als-gut für dich?“

„Ich dachte schon, du würdest niemals fragen.“

Ted schob sich auf sie und drang langsam ein. Gillian liebte seine erregende Hitze und hob sich ihm einladend entgegen. Sie schlang die Arme um ihn und genoss das Gewicht seines Körpers auf ihrem, genoss den sinnlichen Rhythmus, mit dem er sich bewegte, genoss, dass es schon wieder begann, dieses Gefühl des Verlangens und der Lust. Sie war so lange allein gewesen, dass sie vergessen hatte, wie herrlich es war, wenn ein Mann sich der Aufgabe verschrieben hatte, einer Frau sinnliche Freude zu bereiten.

Ted bewegte sich schneller und schneller, er atmete jetzt ebenso flach wie sie. Sie spannte die Muskeln an und spürte, dass seine Arme zu zittern begannen, als er sich dem Höhepunkt näherte.

Ted küsste sie leidenschaftlich, stöhnte auf und drang noch einmal tief in sie ein, dann trug der Strudel der Lust sie davon.

Dies ist einer der perfekten Momente im Leben, dachte Gillian. Sie hatten beide geduscht und waren wieder unter die Decke geschlüpft. Ted hatte sie in seine Arme gezogen und sie hatte ihren Kopf an seine Schulter gelegt. Dies war ein Augenblick, an den sie sich später voller Freude erinnern würde.

„Danke“, sagte Ted und spielte mit ihrem Haar. „Das war ziemlich …“

„Spektakulär?“

„Ich wollte erstaunlich sagen, aber spektakulär passt perfekt.“

Gillian schloss die Augen und lächelte. „Ich bin etwas aus der Übung. Vielen Dank für die Lehrstunde, die mich so schnell wieder fit gemacht hat.“

„Mir kam es nicht vor, als wärst du aus der Übung. Im Gegenteil. Ich glaube, du hast eine Bedienungsanleitung gelesen, in der steht, wie du alle Knöpfe bei mir drücken musst.“

Ihr Lächeln wurde breiter. „Tatsächlich? Alle?“

„Na ja, vielleicht hast du noch einen übersehen.“

„Den muss ich dann wohl beim nächsten Mal finden.“

Er lachte und zog sie noch fester an sich. „Mit diesen Worten kannst du einen Mann für immer zu deinem Sexsklaven machen. Kann ich bleiben?“

Drei kleine Worte, die sie sofort hellwach werden ließen.

Ted wollte bleiben?

Auch wenn sie den Verabredungszirkus seit längerem nicht mitgemacht hatte, konnte sie sich doch noch an die Regeln erinnern. Nach dem Sex, vor allem wenn es sich um eine so unerwartete Begegnung handelte, wie ihre es war, zogen es die Männer vor, schnellstmöglich zu verschwinden. Gillian verfügte zwar nicht über allzu viel Erfahrung, aber sie hatte eine Reihe von Freundinnen, die sich häufig genug deswegen bei ihr ausgeweint hatten.

Ein wohliges Glücksgefühl durchströmte sie. „Ich hatte zwar noch Pläne für später“, meinte sie scherzend, „aber ich denke, die kann ich absagen.“

„Das wäre nett. Schnarchst du?“

„Nein, du?“ Sie lachte.

„Ich bin ein sehr ruhiger Schläfer.“ Er legte einen Finger unter ihr Kinn und hob es leicht an, damit er sie küssen konnte. „Allerdings vermute ich, dass wir ohnehin nicht sehr viel Schlaf bekommen werden.“

Gegen Morgen lag er noch immer wach und betrachtete die friedlich schlafende Gillian. Und ihm war mehr als deutlich bewusst, dass er einen Riesenfehler begangen hatte.

Es war nicht geplant gewesen, dass er sie mochte. Nach allem, was man ihm erzählt hatte, war Gillian Nelson eine hohlköpfige Goldgräberin, der man eine Lektion erteilen musste, und er war derjenige, der diese Aufgabe freiwillig übernommen hatte.

Er hatte eine dumme, geldgierige Gans erwartet. Stattdessen hatte er eine schöne, amüsante, intelligente Frau getroffen, die ihn zum Lachen brachte und ihm fast den Glauben an das Gute im Menschen zurückgab.

Ursprünglich sollte er jetzt das Gefühl haben, der Welt einen Gefallen getan zu haben, doch davon war er weit entfernt. Er kam sich vor wie der letzte Schuft und hatte keine Ahnung, wie er das Chaos, das er angerichtet hatte, wieder beseitigen sollte.

Er mochte Gillian. Er mochte sie sogar sehr.

Wie sollte er ihr bloß erklären, dass er gar nicht Ted Aston III.war? Wie konnte er ihr schonend beibringen, dass sie hereingelegt worden war?

3. KAPITEL

Eigentlich sollte sie Kaffee kochen, doch Gillian stand in ihrer Küche, hielt sich an der Arbeitsplatte fest und starrte blicklos aus dem Fenster.

In ihrem Schlafzimmer war ein Mann.

Ted lag in ihrem Bett und schlief.

Bis zu dem Moment, an dem er am vergangen Abend ihre Türschwelle übertreten hatte, war ihr Haus, das sie direkt nach dem Studium gemietet und ganz nach ihrem Geschmack eingerichtet hatte, eine männerfreie Zone gewesen. Ihre Matratze war sozusagen jungfräulich geblieben. Nach dem, was sie mit Garrett erlebt hatte, war sie entschlossen gewesen, sie auch in diesem Zustand zu belassen.

Jetzt nicht mehr, dachte sie und musste lächeln, während sie nach der Kaffeedose griff. Sie befand sich in der Hochstimmung des Morgens danach, und ihr Körper schien sich an jeden einzelnen Moment der vergangen Nacht zu erinnern.

Gillian füllte Wasser in die Kaffeemaschine und schaltete sie an. Vermutlich sollte sie irgendetwas bereuen oder sich Gedanken machen. Das, was letzte Nacht geschehen war, sah ihr so gar nicht ähnlich. Eigentlich war sie vernünftig und vorsichtig. Und das alles würde sie auch bald wieder sein. Doch im Moment genoss sie die heißen Erinnerungen.

Sie fühlte sich einfach zu gut, um ein schlechtes Gewissen zu haben.

„Guten Morgen.“

Gillian blickte auf und sah Ted in der Küchentür stehen. Er hatte seine Hose und sein Hemd angezogen, es aber nicht zugeknöpft. Obwohl zerzaust und unrasiert, sah er unglaublich sexy aus.

Auf einmal wurde sie schüchtern. „Hallo“, murmelte sie und räusperte sich dann. „Ich mache Kaffee, wie du dir sicherlich schon gedacht hast.“

„Das ist gut. Danke.“

Ted musterte sie, und Gillian musste den Wunsch unterdrücken, sich verlegen durchs Haar zu fahren. Dabei war sie nach dem Aufstehen ins Bad gegangen, um sich das Gesicht zu waschen, die Zähne zu putzen und sicherzustellen, dass ihr Haar nicht aussah, als wäre es von einem Schwarm wütender Vögel attackiert worden.

Sie hatte keine Ahnung, was in seinem Kopf vorging, nahm jedoch an, dass er ständig morgens in fremden Betten aufwachte. Natürlich könnte sie abwarten, wie er sich verhielt, doch das war nicht ihre Art. Sie neigte dazu, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Ihre Schwestern konnten das bezeugen.

„Okay, ich bin ein wenig außer Übung“, meinte sie deshalb achselzuckend. „Was diese Sache mit einem fremden Mann in meinem Bett betrifft und so. Ich war auf das, was gestern Abend geschehen ist, nicht vorbereitet, also auch nicht auf den heutigen Morgen. Was möchtest du tun? Duschen? Gehen? Dir meine Telefonnummer aufschreiben?“

„Du bist sehr ehrlich.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich gegen den Türrahmen.

„So wie gestern Abend auch. Es ist so eine Art Angewohnheit von mir. Mir gefällt die Idee, damit ein Trendsetter zu sein. Außerdem habe ich nie verstanden, was am Lügen so toll sein soll. Die Wahrheit kommt sowieso immer irgendwann heraus.“

„Eine ziemlich interessante Sichtweise. Was hast du denn heute für Pläne?“

Pläne? Es war Samstag. „Ich … muss einige Besorgungen machen, habe mir Arbeit mit nach Hause genommen, und treffe mich nachher mit meinen Schwestern.“

„Du bist eine viel beschäftigte Frau.“

„Mag sein. Und du? Was hast du heute vor?“

„Ich treffe mich mit meinem Cousin, aber erst später.“ Ted warf einen Blick zurück in den Flur. „Kann ich das Angebot zum Duschen annehmen und vielleicht eine Zahnbürste ausleihen?“

„Sicher.“

Das ist alles so merkwürdig, dachte Gillian, während sie durch den Flur ging und einen kleinen Schrank neben der Badezimmertür öffnete. Dort lag eine noch eingewickelte Zahnbürste, die allerdings knallrosa war.

„Tut mir leid“, murmelte sie.

„Ich werde es überleben. Vermutlich haben deine Einwegrasierer ein Blumenmuster?“

„Nein, aber sie sind lila.“

„Typisch Mädchen.“

„Wäre es dir lieber, ich wäre ein Junge?“, wollte sie wissen.

Er schüttelte sich übertrieben. „Ganz bestimmt nicht, obwohl es eine interessante Unterhaltung geworden wäre.“

Gillian reichte ihm Handtücher und deutete dann auf das Bad. „Du kennst dich ja aus.“

„Okay, danke.“

Zurück in der Küche, griff Gillian nach einem Becher. In ihrem Bad war ein Mann. Ein Mann, der gleich nackt unter ihrer Dusche stehen und ihre Seife benutzen würde. Das alles war so ungewohnt, so …

„Gillian?“

Langsam stellte sie den Becher ab und ging zurück in den Flur. Die Badezimmertür stand einen Spaltbreit offen.

„Was ist? Gibt es ein Problem?“

„Das kann man so sagen.“

Bevor sie fragen konnte, worum es sich handelte, wurde sie am Arm gepackt und ins Bad gezogen.

Ted war nackt. So viel konnte Gillian noch sehen, bevor er sie an sich zog und sie küsste. Nackt, erregt und offensichtlich schon wieder in Stimmung, dachte sie glücklich, während sie seinen Kuss leidenschaftlichen erwiderte.

„Du trägst einen Bademantel“, murmelte er.

„Stimmt.“ Sie klang atemlos, was Sinn ergab. Sie war atemlos.

„Der muss weg.“

Da Ted ein Mann der Tat war, zog er den Gürtel auf und schob den Mantel von ihren Schultern. Darunter war sie nackt, was Gillian äußerst praktisch fand, denn Ted begann sofort damit, ihre Brüste zu streicheln.

Wie köstlich, dachte sie, dann gab sie sich ganz der Leidenschaft und dem Verlangen hin. Innerhalb von Sekunden war ihr Körper bereit für ihn, und sie sehnte sich nur noch danach, ihn in sich zu spüren.

Ted küsste ihre aufgerichteten Brustknospen und streichelte sie, und Gillian stöhnte lustvoll auf.

„Zeit zum Duschen“, meinte er dann.

Duschen? „Was?“

Ehe Gillian sich versah, stand sie mit ihm unter dem heißen Wasserstrahl.

Nachdem er sich die Hände eingeschäumt hatte, strich er aufreizend langsam über ihren Körper. Erst über den Rücken, dann über die Hüften und ihre Oberschenkel. Dann stellte er sich dicht hinter sie, sodass sie deutlich spürte, wie erregt er war, und begann seine Hände über die Vorderseite ihres Körpers gleiten zu lassen.

Er streichelte ihren Hals und widmete sich dann ihren Brüsten. Seine seifigen Finger auf ihren Brüsten und das heiße Wasser, das auf sie niederprasselte, ließen Gillian die Beine schwach werden und verstärkten ihr Verlangen. Sie legte ihre Hände auf Teds und lehnte den Kopf an seine Schulter.

„Es geht noch weiter“, flüsterte er ihr ins Ohr. „Viel weiter.“

Gegen ihren Protest löste er sich von ihr und drehte sie zu sich um. Nachdem er ihr einen kleinen Kuss auf den Mund gegeben hatte, ließ er sich auf die Knie nieder und presste die Lippen auf ihren Bauch.

Unwillkürlich spannte Gillian die Muskeln an. Ted drängte sie, einen Fuß auf den Rand der Duschwanne zu stellen, und begann sie mit der Zunge zu reizen. Als er den empfindsamsten Punkt ihres Körpers liebkoste, stöhnte Gillian auf. Sie spürte seine Lippen, seinen heißen Atem und die Bewegungen seiner Zunge, während Wellen der Lust sie durchströmten.

Ihre Beine zitterten so stark, dass sie sich an der Wand abstützen musste. Ted wusste genau, was er tun musste, um sie zum Wahnsinn zu treiben. Erst bewegte er seine Finger langsam, dann immer schneller, bis Gillians Atem keuchend ging. Sie fühlte sich ihm völlig ausgeliefert und war wie benommen vor Verlangen. Wenn sie irgendwelche Staatsgeheimnissen gekannt hätte und er ein Spion gewesen wäre, sie hätte sie in diesem Moment preisgegeben, nur um ihn dazu zu bewegen, mit dem weiterzumachen, was er gerade tat.

Mehr, dachte sie verzweifelt. Sie brauchte mehr.

Anscheinend konnte Ted wirklich Gedanken lesen, denn er glitt mit zwei Fingern in sie hinein. Gillian verlor augenblicklich die Kontrolle über sich. Sie rang nach Atem, schrie auf und erschauerte heftig. Sie wusste, niemals wieder würde es mit einem anderen so fantastisch sein.

Die Erlösung war himmlisch. Anschließend war sie erschöpft und hatte das Gefühl, nicht mehr aufrecht stehen zu können. Ted kam lächelnd hoch und zog sie an sich. Sie brachte kaum die Kraft auf, seine Umarmung zu erwidern.

Doch der Gedanke, ihn auf gleiche Weise zu verwöhnen, wie er es gerade eben mit ihr getan hatte, gab ihr wieder Energie. Sie trat zurück, aber bevor sie zur Tat schreiten konnte, stellte Ted das Wasser ab.

„Wir werden frieren“, sagte sie.

„Ich glaube nicht.“

Er zog den Vorhang zur Seite und half ihr aus der Dusche. Nachdem er ein Handtuch auf die Kommode gelegt hatte, hob er Gillian darauf und drang mit einem kraftvollen Stoß in sie ein.

Gillian hätte gewettet, dass sie zu befriedigt war, um innerhalb der nächsten sechs oder acht Monate erneut zu kommen. Doch kaum spürte sie Ted, merkte sie, dass ihr Körper alle Müdigkeit vergaß. Ted küsste sie, und sie verlor sich in dem sinnlichen Spiel ihrer Zungen. Erneut geriet sie in einen Taumel der Lust. Sie schlang die Beine um seine Hüften und passte sich seinem Rhythmus an, bis die Spannung unerträglich wurde. Dieses Mal hielt sie ihren Schrei zurück, bis Ted ihren Namen ausstieß, und sie zusammen zum Höhepunkt kamen.

Gillian lag auf dem Bett, die Augen geschlossen, ihr langes blondes Haar war auf dem Kissen ausgebreitet. Ryan Bennett wickelte sich eine Strähne um den Zeigefinger und bewunderte, wie weich es war und wie es im Licht glänzte. Gillians Atem ging langsam und stetig, als wäre sie kurz davor einzuschlafen, doch das kleine Lächeln, das ihre Mundwinkel umspielte, sagte ihm, dass sie etwas anderes im Sinn hatte.

Etwas, was ihm gefallen würde.

Er wollte nicht gehen. Das überraschte ihn fast so sehr wie alles andere. Normalerweise konnte er am Morgen danach gar nicht schnell genug verschwinden. Meist umging er dieses Problem ohnehin, indem er gar nicht erst blieb. Aber er hatte in Gillians Bett aufwachen wollen, um sie noch einmal zu lieben. Er hatte eine Menge Dinge gewollt.

„Gillian“, murmelte er.

Sie öffnete die Augen. Sie waren blau mit winzigen grünen Sprenkeln. Außerdem hatte sie Sommersprossen und ein sinnliches Lächeln, und sie duftete nach Vanille, Sex und Versuchung.

Wie konnte sie all das sein und zudem eine Ränke schmiedende Lügnerin? War das alles ein Spiel für sie? Ein abgekartetes Spiel, bei dem es darum ging, unter allen Umständen zu gewinnen?

Er hatte so getan, als wüsste er nichts von Ruths Millionenangebot, um zu sehen, ob Gillian es erwähnen würde. Sie hatte es getan, und zwar auf eine Art und Weise, die ihn wünschen ließ, er könnte ihr glauben, dass ihr das Geld wirklich egal war. Aber wenn es ihr nicht darum ging, warum war sie dann überhaupt zu dieser Verabredung erschienen?

Gillian hob eine Hand und strich über seine Wange. „Du siehst einfach zu gut aus.“

„Das ist doch nichts Schlechtes.“

„Manchmal schon. Gut aussehende Männer müssen sich nicht anstrengen.“

„Dir wäre es also lieber, ich wäre ein hässlicher Troll?“

„Ich fände es besser, wenn du dich ein wenig anstrengen müsstest, um eine Frau in dein Bett zu kriegen. Stattdessen habe ich das Gefühl, dass ich nur eine von vielen bin.“

„Ich habe dich nicht in mein Bett gelockt“, erwiderte er, „sondern in deins.“

„Das ist lediglich Wortklauberei.“

Doch sie lachte, beugte sich über ihn und strich mit den Lippen sanft über seinen Mund. Ihr Haar streifte seine Brust, und Ryan musste sich sehr beherrschen, um sie nicht sofort an sich zu reißen und von Neuem zu erobern.

Wer war sie denn eigentlich? Er war zu der Verabredung gegangen, weil Ted sein Cousin war, und er, Ryan, Lust gehabt hatte, ein wenig Rache zu nehmen an geldgierigen Frauen. Welche es dabei traf, war ihm egal gewesen. Gillian war ihm gleichgültig gewesen; im Grunde war er sogar darauf vorbereitet gewesen, sie überhaupt nicht leiden zu können.

Stattdessen war er sofort von ihr angetan gewesen, und irgendwie hatte sie es geschafft, dass er ihr gern glauben wollte.

„Erzähl mir von deiner Familie“, meinte er.

Sie hob den Kopf. „Ein interessanter Themenwechsel.“

„Ich bin neugierig. Wie kommt es, dass du all die Jahre nichts von deiner Großmutter gewusst hast?“

Gillian kuschelte sich an ihn und legte den Kopf an seine Schulter. Unwillkürlich nahm er ihre Hand und verschränkte die Finger mit ihren.

„Ruths erster Mann starb unerwartet, während sie noch schwanger mit meiner Mom war. Einige Monate nach der Geburt heiratete sie deinen Großonkel Fraser Jamison. Naomi, meine Mutter, sah ihn als ihren Vater an. Als sie siebzehn war, traf sie Jack Nelson, meinen Dad, und verliebte sich sofort in ihn. Er kam nicht gerade aus einem reichen Elternhaus –, genau genommen, war er eher der geborene Verlierer, aber charmant. Sie lief mit ihm weg und heiratete ihn, was Ruth und Fraser dazu bewog, sich von ihr loszusagen.“

Die Geschichte stimmte mit dem überein, was man Ryan erzählt hatte, obwohl sein Onkel Fraser nicht ganz so nett geklungen hatte. Er hatte Naomi als eine undankbare Göre beschrieben, die sich ihm bei jeder Gelegenheit widersetzt hatte, und ihr Mann war Frasers Schilderung zufolge ein geldgieriger Taugenichts.

„Meine Mom war natürlich schon schwanger. Ich wurde sechs Monate nach der Hochzeit geboren. Meine beiden Schwestern folgten sehr schnell. Mom suchte sich einen Job, Dad versuchte es auch, aber er ist nicht der Typ, der gern regelmäßig arbeitet. Obwohl er immer irgendwelche Dinge am Laufen hat. Einiges davon brachte sogar Geld. Als ich ungefähr acht war, verschwand er zum ersten Mal. Danach war er immer wieder monatelang weg und tauchte dann plötzlich wieder auf. Er brachte uns Geschenke mit und meiner Mutter Geld, und dann verschwand er erneut.“

Verärgerung schwang in ihrer Stimme mit und Schmerz. Waren diese Emotionen echt? „Das muss ziemlich hart für dich gewesen sein.“

Sie seufzte. „Ich wollte, dass sie sich von ihm scheiden lässt und ihr Leben selbst in die Hand nimmt, aber das wollte sie nicht. Sie meinte, er wäre die Liebe ihres Lebens. Ich fand, er drückte sich vor der Verantwortung für seine Familie. Die Jahre vergingen, wir wurden erwachsen. Dann, vor ungefähr drei Monaten, erschien Ruth auf einmal bei uns. Sie sagte, dass sie sich schon seit langer Zeit mit ihrer Familie hatte versöhnen wollen, dass Fraser dem jedoch ablehnend gegenübergestanden hätte. Da Fraser nicht mehr lebt, kann sie machen, was sie will. Jetzt haben wir also eine Großmutter.“

Und die Aussicht auf ein großes Erbe, dachte Ryan. „Sie ist zu euch gekommen?“

„So wurde es uns erzählt. Meine Mutter rief an und bat uns alle, zum Essen zu ihr zu kommen. Als wir eintrafen, stand da Ruth und erwartete uns.“ Sie hob den Kopf und sah ihn an. „Es ist schon merkwürdig, auf einmal zu erfahren, dass man Verwandte hat, von denen man nichts wusste.“

Dem konnte er nur zustimmen. „Was hältst du von ihr?“

„Sie ist grantig“, meinte Gillian und verzog das Gesicht. „Sehr elegant, aber distanziert und … ich weiß nicht. Ich kenne sie ja noch gar nicht. Ich vermute, ich bin sauer auf sie, weil sie ihre Tochter verstoßen hat. Okay, es gefiel ihr nicht, was meine Mutter getan hat, aber musste sie sie deshalb gleich vor die Tür setzen? Sie hat uns allen den Rücken gekehrt. Jetzt sagt sie, es täte ihr leid, und wir sollen ihr so einfach vergeben? Sollen so tun, als hätten all die Jahre ohne sie nichts ausgemacht?“

Ryan fand sich in der ungewohnten Position, seine Tante verteidigen zu wollen, was nicht einer gewissen Ironie entbehrte. Auch er fand, sie war schwierig und mischte sich in Dinge ein, die sie nichts angingen. Trotzdem liebte er sie.

„Sie wird älter“, sagte er. „Vielleicht hat der Verlust ihres Mannes ihr gezeigt, was wirklich wichtig ist.“

„Vielleicht. Übrigens, ich will natürlich keine voreiligen Schlüsse ziehen, aber ist dir klar, dass wir trotz allem nichts miteinander anfangen können?“

„Warum nicht?“

„Wegen meiner verrückten Großmutter, deiner verrückten Tante.“

„Aber wir sind doch nicht miteinander verwandt.“

„Es ist wegen des Geldes. Wenn wir uns miteinander einlassen, wird jeder denken, es sei wegen des verlockenden Angebots von einer Million Dollar. Vor allem würdest du das denken. Ich verstehe das alles nicht. Du bist doch nun wirklich kein Mann, der die Hilfe von irgendjemandem braucht, um eine Frau zu finden. Warum macht sie es also?“

„Ruth hat ein paar merkwürdige Vorstellungen vom Leben und darüber, wie ihr Platz im Leben anderer auszusehen hat.“ So war es schon immer gewesen. Vielleicht hatte sie wirklich geglaubt, eine ihrer Enkelinnen könnte sich Ted angeln. Doch Ryan wusste, Ted war nicht an einer ernsthaften Beziehung interessiert, und niemand würde ihn von seinem Entschluss abbringen, ein glücklicher Single zu bleiben.

„Wie ich schon sagte, verrückt.“ Gillian zuckte mit den Schultern. „Und jetzt haben wir ein Problem.“

Alles an ihr deutete darauf hin, dass sie die Wahrheit sagte. Sie begegnete seinem Blick ohne Scheu, sie war nicht nervös. Sie war nicht nur amüsant und charmant gewesen, sondern auch von entwaffnender Offenheit, seit sie im Restaurant an seinen Tisch gekommen war und ihn mit Mr. Howell verglichen hatte.

„Willst du damit sagen, dass es besser wäre, wenn ich ein armer Schuhverkäufer wäre?“, fragte er.

„In gewisser Weise ja. Obwohl das eher nach einem Roman aus dem neunzehnten Jahrhundert klingt. Könntest du nicht einfach Mathelehrer sein oder Programmierer?“

„Könnte ich, bin ich aber nicht.“

„Also, was nun?“ Sie griff nach ihrem Morgenmantel und zog ihn über, dann setzte sie sich auf und lächelte ihn an. „Ich gehe einfach mal davon aus, dass du mich wiedersehen willst, denn ich habe dir eine Reihe von Gelegenheiten gegeben, Reißaus zu nehmen, und du hast keine davon ergriffen.“

„Wünschst du dir, ich hätte es getan?“

„Nein.“ Sie zuckte erneut die Achseln. „Irgendwie gefällt es mir, dich um mich zu haben.“ Sie lachte. „Gestern um diese Zeit graute mir noch davor, mich mit dir zu treffen. Ich wünschte mir, ich könnte eine meiner Schwester überreden, an meiner Stelle zu gehen. Aber jetzt …“ Sie berührte seine Hand. „Manchmal ist Verlieren keine schlechte Sache.“

Ihm schnürte sich die Kehle zu, als er die Wahrheit erkannte. Ted und er hatten sich gründlich in Gillian Nelson getäuscht. Sie tat all das nicht wegen des Geldes, sondern einzig und allein, weil sie ihrer Großmutter eine Freude machen wollte und weil sie ein albernes Spiel verloren hatte.

Bei der Erkenntnis, was er getan hatte, wurde ihm ganz schlecht. Er hatte geglaubt, sie wäre eine Intrigantin, stattdessen war sie die faszinierendste Frau, die er je getroffen hatte, und er hatte es total vermasselt.

„Ted?“, fragte Gillian. „Was ist los? Du guckst auf einmal so komisch.“

„Ich …“ Er fluchte leise. Wie sollte er das erklären? Wie sollte er … „Ich bin nicht Ted Aston.“

4. KAPITEL

Gillian wusste, sie sollte etwas sagen, aber ihr Verstand schien nicht mehr zu arbeiten. Zu wenig Schlaf und ein zu großer Schock machten es ihr unmöglich nachzudenken.

„Du bist nicht Ted?“, fragte sie benommen.

„Gillian, pass auf“, begann Ryan, aber sie hob die Hand, um ihn zu unterbrechen.

„Du bist nicht Ted“, wiederholte sie und starrte den nackten Mann in ihrem Bett an. Den Mann, den sie mehrmals geliebt hatte. Den Mann, mit dem sie gelacht und gescherzt hatte, der sie ausgezogen hatte und dem sie vertraut hatte.

„Du bist nicht Ted?“, fuhr sie ihn an. Ihre Stimme zeugte von Wut und dem Entsetzen, das in ihr brodelte. Sie stieg aus dem Bett und zog den Gürtel ihres Morgenmantels fest.

„Was zum Teufel meinst du damit, du bist nicht Ted?“

„Ich bin sein Cousin, Ryan Bennett. Ted und ich wussten, was Ruth getan hatte, und wir nahmen an, dass diejenige, die sich darauf einlässt, es auf das Geld abgesehen haben muss. Ich bin zu dieser Verabredung gegangen und wollte dir eine Lektion erteilen. Du weißt schon, so tun, als wäre ich Ted, und dich dann sitzen lassen.“

„Sein Cousin? Das alles war nur ein Spiel für dich? Ist das deine Vorstellung von einem netten Zeitvertreib?“ Gillian funkelte ihn wütend an und wünschte, sie wäre besser in Form, damit sie ihn schlagen und ihm wehtun könnte.

Ted oder Ryan oder wie auch immer er hieß, stieg aus dem Bett und stand vor ihr. Nackt. Fantastisch. Aber das war ja keine Überraschung. Warum sollten hinterhältige, lügende Mistkerle nicht auch noch gut aussehen?

„Gillian, warte. Es ist nicht so, wie du denkst.“

„Versuch es gar nicht erst“, schnitt sie ihm das Wort ab. Ihr war schwindlig vor Zorn. „Glaub ja nicht, dass du dich irgendwie herausreden kannst.“

„Ich will mich gar nicht herausreden – ich will es erklären. Ich wollte nicht, dass das hier geschieht.“

Meinte er den Sex? Ihre Wut verstärkte sich, und sie fürchtete, sie könnte gleich losheulen. Bitte nicht auch noch das! Sie würde nicht vor diesem Schuft zusammenbrechen.

„Welchen Teil wolltest du nicht?“, fragte sie verächtlich. „Den Teil, als wir uns geeinigt haben, dass wir uns zum Essen treffen? War es nur ein Versehen, als du dich als Ted vorgestellt hast? Hoppla, wie dumm von mir, ich habe meinen Namen vergessen.“

Er ist charmant gewesen, dachte sie und war dabei genauso wütend auf sich wie auf Ryan. Natürlich – da sie auf ihn hereingefallen war, musste mit ihm ja etwas nicht stimmen. Sie fand ja nie einen ordentlichen Mann. Er war lustig gewesen und klug, und sie hatte ihn so attraktiv gefunden. Hätte das nicht Warnung genug sein müssen? Natürlich war sie wieder einmal blind in etwas hineingestolpert und hatte alles für bare Münze genommen, was er gesagt hatte. Sie hatte ihn in ihr Haus und in ihr Bett gelassen.

Für jemanden, der angeblich verdammt klug war, hatte sie sich wieder einmal ziemlich dumm verhalten.

„Wir dachten“, begann Ryan, doch Gillian fiel ihm ins Wort.

„Was habt ihr gedacht? Dass dies ein netter Zeitvertreib sein würde? Nein, warte. Was hast du gesagt? Du wolltest mir eine Lektion erteilen?“ Ihr Blick irrte durchs Zimmer und sie überlegte, ob sie ihm die Nachttischlampe an den Kopf werfen sollte. „Was fällt dir ein, dich zum Ankläger und Richter aufzuschwingen? Was habe ich dir getan?“

„Du hast gar nichts getan“, erklärte er ernst. „Absolut nichts. Du bist unschuldig. Es tut mir leid.“

„Das reicht nicht.“

„Ich weiß. Als Tante Ruth Ted erzählte, was sie dir und deinen Schwestern versprochen hatte, war er fuchsteufelswild. Geldgierige Frauen sind ständig hinter ihm her, und er brauchte nicht noch drei weitere, die ihn wegen seines Reichtums heiraten wollten.“

„Armer Ted“, meinte sie sarkastisch. „Es ging überhaupt nicht um das Geld, und das weißt du auch. Es ging darum, dass wir unsere Großmutter, die wir gerade erst kennengelernt hatten, nicht enttäuschen wollten. Keine von uns hat ihr Angebot ernst genommen. Was ist nur los mit euch reichen Leuten?“

„Du hast ja keine Ahnung, wie es ist.“

„Oh, du armer kleiner reicher Junge. Du tust mir ja so leid.“

Ryan war noch immer nackt, und Gillian registrierte erbost, dass ein Teil ihres Verstandes diese Tatsache durchaus guthieß und die Perfektion seines Körpers bewunderte. Innerlich zitterte sie bei dem Gedanken daran, wie er sie wieder und wieder geliebt hatte.

Sie schnappte nach Luft und deutete auf die Tür. „Verschwinde auf der Stelle!“

„Gillian, du musst das verstehen. Ich hätte niemals damit gerechnet, dir zu begegnen.“

Es gab tausend Arten, diesen Satz zu interpretieren. Sie hatte das Gefühl, dass es Ryans dürftiger Versuch war, ihr zu sagen, dass sie etwas Besonderes war, dass sie ihm etwas bedeutete.

„Heißt das, wenn ich dir nicht gefallen hätte, wäre es okay gewesen, mich hereinzulegen? Das sagt ja so einiges über deinen Charakter.“

„So habe ich es nicht gemeint.“ Ryan war leicht zusammengezuckt und sah verzweifelt aus.

„Natürlich hast du das. Es tut dir nicht leid, dass du mir eine Lektion erteilen wolltest, denn obwohl du mich nicht kanntest, warst du fest davon überzeugt, dass ich eine verdiente. Nein, dein einziges Problem besteht darin, dass ich jemand bin, mit dem du gern zusammen bist, und jetzt hast du die Sache so sehr vermasselt, dass ich mich nicht einmal mehr mit dir einlassen würde, wenn du der letzte Mann auf Erden wärst. Es gibt nichts, was du sagen oder tun kannst, um mich davon zu überzeugen, dass du etwas anderes als ein lügender Mistkerl bist, der glaubt, er sei allen anderen überlegen und könne über den Rest der Welt richten. Du bist egoistisch, rüpelhaft und auf so merkwürdige Weise verdreht, dass mir dazu nichts mehr einfällt. Und jetzt verschwinde aus meinem Haus.“

Ryan atmete tief ein und nickte dann. Nachdem er seine Sachen zusammengesammelt hatte, verließ er das Schlafzimmer. Innerhalb weniger Minuten hörte Gillian ihn die Haustür öffnen, dann war er verschwunden.

Gillian sank auf den Boden. Zumindest kann er sich schnell anziehen, dachte sie, während der Schmerz sie überrollte. Sie begann zu zittern und versuchte gegen die Tränen anzukämpfen. Am meisten ärgerte sie, dass sie während der ganzen Unterhaltung verzweifelt darauf gehofft hatte, dass Ryan sie bitten würde, bleiben zu dürfen. Sie wusste, es hätte keinen Unterschied gemacht, aber sie hatte trotzdem darauf gewartet. Sie hatte hören wollen, dass die letzte Nacht ihm genauso viel bedeutet hatte wie ihr.

Offensichtlich war das nicht der Fall gewesen.

Gillian zog ihre engste Jeans an, denn sie hoffte, wenn sie Probleme dabei hatte zu atmen, lenkte sie das von den entsetzlichen Erinnerungen ab. Sie hatte die Dusche geschrubbt, das Bett frisch bezogen und sich selbst eine Standpauke gehalten. Nichts davon hatte geholfen, also machte sie sich auf den Weg, um sich mit ihren Schwestern zu treffen. Unterwegs hielt sie an und kaufte sich einen riesigen Latte macchiato. Wenn sie den Schmerz schon nicht mit Sauerstoffmangel beheben konnte, half es vielleicht, wenn sie ihn ertränkte.

Es war kurz nach elf Uhr, als sie vor dem kleinen Haus hielt, in dem sie aufgewachsen war. Die winzige Rasenfläche davor war üppig grün, und überall wuchsen blühende Pflanzen. Ein Verdienst ihrer Schwester Wilma, die einen grünen Daumen hatte.

Sie blickte auf die beiden Autos, die vor dem Haus standen, und auf den leeren Platz auf der Einfahrt, bevor sie ausstieg und zur Haustür marschierte.

„Hallo, ich bin’s!“, rief sie, als sie in das helle Wohnzimmer trat.

Wilma saß im Sessel in der Ecke, während Marina es sich in einer Sofaecke gemütlich gemacht hatte. Beide lächelten sie an.

„Hallo“, Wilma stand auf und umarmte ihre Schwester. „Willst du wirklich all diesen Kaffee trinken? Zu viel davon kann dich umbringen.“

„Das habe ich vor“, meinte Gillian und bemühte sich zu lächeln, damit es nach einem Scherz klang.

Marina umarmte sie ebenfalls. „Hallo, wie geht’s?“

„Okay. Ist Mom in der Klinik?“

„Ja.“ Marina setzte sich wieder aufs Sofa und bedeutete Gillian, sich neben sie zu setzen. „Heute ist Impfsprechstunde.“

„Ach ja.“ Gillian ließ sich aufs Sofa fallen.

Einmal im Monat öffnete Dr. Greenberg, Naomis Chef, seine Praxis am Samstag, um eine kostenlose Impfsprechstunde anzubieten. Es war die Idee ihrer Mutter gewesen, die stets darauf bedacht war, die Welt zu retten. Gillian hatte immer gedacht, sie sollte lieber Zeit darauf verwenden, sich selbst zu retten.

„Und, wie geht es euch beiden?“, fragte sie.

Wilma und Marina tauschten einen Blick aus, der Gillian sofort in Alarmbereitschaft versetzte. „Was ist?“

Wilma seufzte. „Wir haben über Dad gesprochen.“

Fantastisch. Als hätte der Tag nicht schon schlimm genug begonnen, dachte Gillian grimmig.

„Es sind inzwischen wieder einige Monate vergangen“, meinte Marina. „Er müsste eigentlich bald zurückkommen.“

„Wie aufregend“, murmelte Gillian und nippte an ihrem Kaffee.

„Gillian, nicht.“ Wilma warf sich das lange blonde Haar über die Schulter und beugte sich vor. „Das ist nicht fair. Du gibst ihm nie eine Chance.“

„Es tut mir leid, wenn ich einem Vater, der seine Familie immer wieder verlässt, und einer Mutter, die das zulässt, keinen Beifall klatsche.“

Marina verzog das Gesicht. „Du weißt doch, sie liebt ihn.“

Gillian war noch zu verletzt, als dass sie sich auf einen Familienstreit einlassen wollte. „Sag jetzt nicht, er sei ihr Schicksal, bitte. Er schneit immer wieder in ihr und unser Leben, er ist charmant und liebenswürdig, und dann verschwindet er erneut. Er sucht sich das nächste Abenteuer, und wir können sehen, wie wir die Scherben wieder kitten.“

Gillians Kindheit war gekennzeichnet von den Besuchen ihres Vaters und den anschließenden Wochen, in denen ihre Mutter bittere Tränen vergossen und sich vergeblich bemüht hatte, ihren Schmerz nicht zu zeigen. Während ihre Schwestern dazu neigten, sich nur an die aufregenden Besuche des Vaters zu erinnern, dachte Gillian immer an das Danach. Jack Nelson war wie ein Gewitter. Viel Licht und Lärm und eine beeindruckende Show, aber wenn es vorbei war, musste jemand aufräumen. Dieser jemand war meist sie gewesen.

Sie nippte wieder an ihrem Kaffee. Anscheinend war er doch nicht groß genug, um ihren Kummer darin zu ertränken, was bedeutete, dass sie jetzt endgültig wach genug war, um sich mit der Demütigung der letzten Nacht und dieses Morgens zu beschäftigen.

„Alle Männer sind Schweine“, murmelte sie.

Wilma riss die blauen Augen auf. „Gillian, nein. Nicht alle Männer sind wie Garrett.“

Richtig. Ihr Exverlobter. Gillian stöhnte auf. Sie hatte gedacht, er wäre der absolute Tiefpunkt ihres Liebeslebens gewesen, doch wenn sie ihn mit Ted und Ryan verglich, dann war er fast ein netter Mann.

„Da wir gerade von Mistkerlen reden“, meinte sie, „ich war gestern mit Ted verabredet.“

„Was?“ Marina bewarf Gillian mit einem Kissen. „Machst du Witze? Warum hast du nichts davon erzählt?“

„Ich bin erst seit fünf Minuten hier.“

Wilma verdrehte die Augen. „Oh, komm schon.“ Sie rutschte an den Rand des Sessels und lachte erwartungsvoll. „Erzähl uns alles. Fang ganz von vorn an und sprich langsam. Lass ja nichts aus. War er fantastisch? War er charmant? Konntest du merken, dass er reich ist?“

Unter anderen Umständen hätte Gillian gelacht. Wilmas Vorstellung von einem reichen Mann ging gerade so weit, dass es bedeutete, sie musste nur für ihr eigenes statt auch noch für sein Essen zahlen. Sie neigte dazu, sich der Männer anzunehmen, die nicht ganz so erfolgreich waren. Sie brachte sie wieder auf den richtigen Weg und wurde zum Dank dafür von ihnen sitzen gelassen.

„Er war …“

Auf dem Weg hierher hatte Gillian versucht, etwas an der Sache zu finden, was sie darüber lachen lassen konnte, statt lediglich über ihren bemitleidenswerten Missgriff bei Männern zu klagen. Aber ihr fiel nichts mehr von dem ein, was sie hatte sagen wollen, und sie überraschte sowohl sich als auch ihre Schwestern, indem sie anfing zu weinen.

„Gillian?“

Beide waren sofort bei ihr. Marina umarmte sie, während Wilma sich vor sie kniete. Jemand nahm ihr den Kaffee aus der Hand, und dann wurde sie so fest gedrückt, dass ihr die Brust schmerzte. Vielleicht war der Schmerz aber auch schon vorher da gewesen, Gillian hätte es nicht sagen können.

Die Umarmung war tröstlich. Sie waren immer füreinander da, nur war Gillian selten diejenige, die getröstet werden musste.

Sie wischte sich die Tränen ab und schluckte. „Er ist weder einarmig noch bucklig“, sagte sie mit zittriger Stimme. „Er war nett, charmant und sexy, und wir haben getanzt, und er hat mich zum Lachen gebracht.“

Sie hatte bereits beschlossen, unerwähnt zu lassen, dass sie mit ihm geschlafen hatte. Zweifellos würde sie das später gestehen, aber im Moment brachte sie es noch nicht über sich zuzugeben, dass sie solch ein Dummkopf gewesen war.

Sie war sonst immer so vorsichtig. Seit der Sache mit Garrett war sie Männern, Sex und Beziehungen aus dem Weg gegangen. In Anbetracht der Tatsache, was ihr heute Morgen widerfahren war, hätte sie dabei bleiben sollen.

„Was ist denn passiert?“, fragte Wilma. „Stellte es sich heraus, dass er eigentlich eine Frau ist?“

Das brachte Gillian zum Lachen, und sie berührte kurz die Wange ihrer Schwester. „Nein, aber das wäre interessant geworden. Es war alles gelogen.“

Sie erzählte ihnen, dass Ryan sich als Ted ausgegeben hatte, um ihr eine Lektion zu erteilen. „Er nahm an, ich hätte mich wegen des Geldes mit ihm verabredet, also wollte er eine nette Zeit mit mir verbringen, mich dazu bringen, ihn zu mögen und mir dann die Wahrheit sagen.“

„Was?“, fragte Marina empört, während sie aufsprang und die Hände in die Hüften stemmte. „Das ist ja grässlich. Du hast es doch nicht wegen des Geldes getan, sondern für Grandma Ruth. Du hast verloren. Hast du ihm erzählt, dass du verloren hast, weil du immer die Schere nimmst?“

„Das habe ich erwähnt, ja.“

Marina setzte sich wieder neben sie. „Damit sind Männer für dich für immer unten durch, oder?“

Gillian nickte. „Ich werde wohl eine lange Zeit brauchen, um darüber hinwegzukommen.“

„Soll ich ihn mal in die Mangel nehmen?“, fragte Wilma.

Nun musste Gillian doch lachen. Wilma war gerade mal einen Meter sechzig groß. Sie war eine resolute Person, doch äußerlich war sie alles andere als ein Bodybuilder.

„Vielen Dank“, meinte Gillian, „ich weiß dein Angebot zu schätzen, doch er ist groß und kräftig.“

„Aber ich bin schnell und habe den Überraschungseffekt auf meiner Seite.“

„Ach, ich liebe euch beide“, sagte Gillian.

„Wir lieben dich auch“, erwiderte Marina. „Ich bin nur so wütend. Vielleicht könnten Wilma und ich ihn gemeinsam zur Strecke bringen.“

„Ich glaube nicht.“

Wilma tätschelte Gillians Hand. „Und diesen Ted hasse ich auch. Er ist an der ganzen Sache beteiligt gewesen. Wie kommt Grandma Ruth nur auf die Idee, dass eine von uns solch einen Schuft heiraten möchte?“

Autor

Susan Mallery
<p>Die SPIEGEL-Bestsellerautorin Susan Mallery unterhält ein Millionenpublikum mit ihren herzerwärmenden Frauenromanen, die in 28 Sprachen übersetzt sind. Sie ist dafür bekannt, dass sie ihre Figuren in emotional herausfordernde, lebensnahe Situationen geraten lässt und ihre Leserinnen und Leser mit überraschenden Wendungen zum Lachen bringt. Mit ihrem Ehemann, zwei Katzen und einem...
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