Julia Exklusiv Band 0185

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VERLIEBT WIDER WILLEN von LAWRENCE, KIM
Es ist ein Spiel mit dem Feuer! Um sich an ihrem untreuen Verlobten zu rächen, lässt sich die blonde Emily auf einen Flirt mit Luke Hunt ein. Sie ahnt ja nicht, was ein einziger Kuss dieses gutaussehenden Mannes in ihr auslösen kann …

DU KANNST NUR EINEN LIEBEN, ANNIE! von MORTIMER, CAROLE
Anthony ist genau die Sorte Mann, von der die hübsche Annie immer geträumt hat - selbstbewusst und attraktiv. Nur leider ist er mit einer Anderen verlobt. Als der sympathische Rufus sie trösten will, willigt Annie schließlich ein. Doch wem gilt nun eigentlich ihre Liebe?

EINE GEWAGTE AFFÄRE von NAPIER, SUSAN
Atemlos steht Regan vor dem Mann, dessen Hochzeit sie ausrichten soll. Er wird ihr als Joshua Wade vorgestellt. Doch sie kennt ihn als "Adam" und er sie als "Eve" - aus einer verbotenen Liebesnacht, die unvergesslich ist und nicht wiederholt werden darf …


  • Erscheinungstag 25.03.2009
  • Bandnummer 185
  • ISBN / Artikelnummer 9783862952373
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

SUSAN NAPIER

Eine gewagte Affäre

In den Armen des leidenschaftlichen „Adam“ erlebt Regan eine verboten schöne Liebesnacht. Nie wird sie ihren geheimnisvollen geliebten danach wiedersehen – glaubt Regan. Doch dann wird sie beauftragt, eine prunkvolle Hochzeit auszurichten. Und der zukünftige Ehemann ist kein anderer als …Adam.

CAROLE MORTIMER

Du kannst nur einen Lieben, Annie!

Anthony verdient ihre Gefühle einfach nicht! Dabei schlägt Annies Herz so leidenschaftlich für diesen Mann, der genau weiß, was er will. Doch dann stellt Anthony ihr seine Verlobte vor! Und plötzlich liegt Annies Welt in Scherben. bis ausgerechnet Anthonys Bruder sie tröstet – und Annie sich plötzlich entscheiden muss …

KIM LAWRENCE

Verliebt wider Willen

Es sollte nur ein Kuss sein, um ihrem untreuen Verlobten Gavin zu beweisen, dass sie sich auch sehr gut ohne ihn amüsieren kann. Aber das Gefühl, das Lukes Zärtlichkeit in der blonden Emily auslöst, überrascht sie selbst. So sehr, dass sie plötzlich Nacht für Nacht die größte Zweifel daran hegt, ob sie wirklich Gavin heiraten soll …

1. KAPITEL

Als sich die Fahrstuhltüren öffneten, strich Regan nervös über ihr elegantes schwarzes Kleid und atmete tief durch. Sie kämpfte gegen die Zweifel an, die ihr auf der Fahrt nach oben gekommen waren.

Ich habe es bis hierher geschafft und werde jetzt nicht kneifen, sagte sie sich.

Zögernd betrat sie den luxuriösen marmorverkleideten Flur, der ihr unnatürlich still vorkam. Es war, als würde der dichte Feierabendverkehr in den Straßen der Innenstadt Aucklands nicht existieren.

Regan blickte sich kritisch um. Der Eingangsbereich der drei Apartments im vierzehnten Stock wirkte kühl und wenig einladend. Nur die üppig wuchernden Grünpflanzen in großen Keramiktöpfen milderten den Eindruck von unnahbarer Eleganz. Der polierte Marmor und die beige gestrichenen Wände wirkten beinah langweilig neutral. Der einzige Farbtupfer war die rote Lampe einer Überwachungskamera, die an der Decke hing.

Die Fahrstuhltüren schlossen sich unerwartet schnell hinter Regan. Das leise Geräusch ließ sie zusammenzucken, als ihr klar wurde, dass sie nun keine Fluchtmöglichkeit mehr hatte.

Es schien ihr, als hätte das Schicksal die Entscheidung für sie getroffen, ihren waghalsigen Plan nun endlich in die Tat umzusetzen.

Regan ballte unbewusst die Hände zu Fäusten, während sie die goldfarbenen Nummern las, die gegenüber den Fahrstuhltüren in die Marmorwand eingelassen waren.

Ein diskreter Pfeil wies ihr den Weg nach links, wo ein kurzer Gang zu einer dunklen Holztür führte.

Regan war sich der Videokamera bewusst. Sie fühlte sich unbehaglich bei dem Gedanken, dass irgendwo ein Wachmann jede ihrer Bewegungen beobachtete und vielleicht über den Grund für ihren Besuch spekulierte. Am liebsten wäre sie schnell um die Ecke gelaufen, beherrschte sich aber und verließ das Sichtfeld der Kamera langsam und anmutig.

Sie hatte nicht damit gerechnet, dass man ihre Anwesenheit auf Video festhalten würde, sondern war davon ausgegangen, dass man die Angelegenheit zum Schutz aller Beteiligten diskret behandeln würde.

Ihre Schritte auf dem polierten Marmorboden hallten sehr laut durch den stillen Flur, und das Geräusch der hohen Absätze ihrer eleganten Sandaletten ließ sie noch nervöser werden.

Es ist nur ein Rendezvous, redete sie sich ein und versuchte, sich die lockere Einstellung ihrer neunzehnjährigen Mitbewohnerin und deren Freundinnen zu eigen zu machen. Doch auch dieser Gedanke wirkte nicht gerade beruhigend auf eine Frau, die sich schon seit fünf Jahren nicht mehr mit einem Mann verabredet hatte.

Lisa und ihre Cousine Cleo arbeiteten als Models und hatten gelernt, Männer als austauschbare Accessoires zu betrachten. Doch sie, Regan, konnte sich dieser Meinung nicht anschließen. Vor fünf Monaten war sie auf die Anzeige gestoßen, mit der die zerstreute Lisa und ihre Freundin Saleena eine Mitbewohnerin gesucht hatten. Inzwischen war ihr klar, was für ein behütetes Leben sie bis dahin geführt hatte. Sie war immer der Überzeugung gewesen, dass gegenseitiger Respekt und gemeinsame Interessen die Grundlage für jede Beziehung zwischen Mann und Frau sein müssten. Durch ihre strenge Erziehung war sie nie auf die Idee gekommen, sich nur aus einer Laune heraus mit einem Mann einzulassen.

An diesem Abend würde sie vermutlich einige neue Erfahrungen machen.

Regan befeuchtete sich nervös die Lippen. Wenn es darauf ankam, eine gute Gastgeberin zu sein oder sich auf Partys mit Freunden und Geschäftspartnern zu unterhalten, konnte sie sich auf ihr Taktgefühl und ihre guten Manieren verlassen. Doch sie hatte keine Ahnung, wie man einem Mann bei einem intimen Abend zu zweit begegnete.

Zu zweit …

Die Vorfreude ließ Regan erschauern. Bei dem Gedanken an die wirklich intimen Momente, die sie vermutlich erleben würde, errötete sie leicht.

Natürlich wird es nur dazu kommen, wenn ich es so will, sagte sie sich im Stillen. Man hatte ihr versichert, dass es allein ihre Entscheidung sein würde. Allerdings war sie, Regan, nicht so naiv, zu glauben, dass der Mann, mit dem sie verabredet war, keine eigenen Vorstellungen von der Gestaltung des Abends hatte.

Erotische Vorstellungen, die er mit ihr verwirklichen wollte …

Regan verließ beinah wieder der Mut. Du meine Güte, warum habe ich nur geglaubt, die Sache durchziehen zu können?, fragte sie sich. Sie hatte es nicht einmal geschafft, die Leidenschaft des Mannes zu wecken, den sie liebte. Wie sollte es ihr da gelingen, die verführerische Geliebte eines Mannes zu werden, den sie überhaupt nicht kannte?

Wieder führte sie sich die strengen Moralvorstellungen vor Augen, mit denen sie aufgewachsen war. Diese Verabredung stellte mit Sicherheit den ersten Schritt auf dem unaufhaltsamen Abstieg in die Verdorbenheit dar. Wie tief war sie, Regan, schon gesunken, um ein so schamloses Verhalten überhaupt in Erwägung zu ziehen? Sie würde an diesem Abend all ihre moralischen Grundsätze mit Füßen treten!

Nein! Die Erinnerung verlieh Regan neuen Mut. Trotzig hob sie den Kopf, sodass ihr die langen schwarzen Haare auf die bloßen Schultern fielen. Sie atmete tief durch, um die Wut zu zügeln, die sich schon seit Wochen in ihr aufgestaut hatte, und verachtete sich für ihre Schwäche.

Nein! Ihre veilchenblauen Augen blitzten vor Zorn und unterdrücktem Schmerz. Es gab nichts, wofür sie sich schämen müsste! Und sie wurde nur Grundsätzen untreu, an die sie schon längst nicht mehr glaubte!

Bisher war sie hoffnungslos altmodisch gewesen und hatte den Anschluss an das moderne Leben verpasst.

Es gab viele Frauen ihres Alters – normale, wohlerzogene fünfundzwanzigjährige Frauen –, die keinerlei Bedenken gehabt hätten, einen solchen Abend mit einem Fremden zu verbringen. Sie war alleinstehend, unabhängig und nur sich selbst Rechenschaft schuldig. Es wurde höchste Zeit, sich der Lebensauffassung ihrer Generation anzuschließen und alle Möglichkeiten, die ihr offenstanden, zu nutzen.

An diesem Abend würde sich zeigen, dass Regan Frances eine weltoffene, leidenschaftliche, begehrenswerte Frau war, die Sex ebenso unbeschwert genießen konnte wie die Männer. Damit würde es ihr endlich gelingen, sich von den Erinnerungen an ihre unglückliche Ehe und die Demütigungen der letzten Wochen zu befreien.

Regan blieb vor der Wohnungstür stehen. Nun war der entscheidende Augenblick gekommen.

Betrachte es einfach als Verabredung, dachte sie wieder.

Sie versuchte zu klingeln, verfehlte aber vor lauter Nervosität zweimal den Knopf. Sie betrachtete ihr verzerrtes Spiegelbild im polierten Messing der Klingel, befeuchtete sich noch einmal die Lippen und streckte wieder die Hand aus.

Dabei fiel ihr Blick auf den schmalen weißen Streifen, den der Ehering an ihrem Finger hinterlassen hatte. Erneut flackerte Wut in ihr auf, und Regan lächelte kühl.

Michael wäre sicher erstaunt, wenn er seine langweilige, reizlose, unterwürfige Frau so sehen könnte, dachte sie und klingelte gleich zweimal hintereinander.

Natürlich war das unmöglich. Sie war davon überzeugt, dass Michael Frances nicht wohlwollend von einer Wolke im Himmel auf sie herunterblickte. Er war sicher viel zu sehr damit beschäftigt, in der Hölle zu schmoren!

Noch während sie diesem erfreulichen Gedanken nachhing, öffnete sich die Tür … und Regan erlebte eine große Enttäuschung.

2. KAPITEL

Die Person, der Regan gegenüberstand, war nicht der attraktive, begehrenswerte Weltmann, auf den sie gehofft hatte, sondern ein schmächtiger, glatzköpfiger älterer Herr.

Obwohl sie nur eins achtundsechzig maß, überragte Regan ihn in ihren hochhackigen Sandaletten. Sein maßgeschneiderter schwarzer Anzug verbarg weder seinen schmächtigen Körperbau noch die dünnen Beine. Scheinbar als Ausgleich für die spiegelnde Glatze verfügte der Mann über buschige Augenbrauen, die seinem Gesicht einen erstaunten Ausdruck verliehen.

Außerdem war er mindestens sechzig Jahre alt!

Im ersten Augenblick dachte Regan an Flucht, beherrschte sich aber und schluckte mühsam, als der alte Mann den Kopf zur Seite neigte.

„Bonsoir, Mam’selle.“

Regan verkniff sich ein entsetztes Lachen. Sie fragte sich, ob er wirklich Franzose war oder nur glaubte, der Akzent würde ihm zu größerem Erfolg bei Frauen verhelfen.

Es war ihr nie in den Sinn gekommen, dass der Fremde sich als alter Mann entpuppen könnte. Cleo hatte damit angegeben, dass es sich bei diesen Verabredungen, die ihr ehrgeiziger Exfreund arrangierte, immer um äußerst angenehme, alleinstehende Herren handelte, die von ihren Geschäften einfach zu sehr in Anspruch genommen wurden, um eine feste Beziehung zu unterhalten. Daher bevorzugten sie die unkomplizierte Möglichkeit, sich mit einer Dame aus Dereks „Freundeskreis“ zu verabreden. Diese Frauen ließen sich hin und wieder gern einladen, auch in letzter Minute, und zogen sich zurück, wenn ihre Gesellschaft nicht mehr erwünscht war.

Sie, Regan, hätte sich denken können, dass „äußerst angenehm“ für Cleo ein weiter Begriff war. Offenbar beurteilte sie die Männer vor allem nach deren Bankkonto.

Der alte Mann wartete noch immer geduldig darauf, dass Regan seinen Gruß erwiderte. Ihr Anblick schien ihn ein wenig zu erstaunen, und sie schöpfte kurz Hoffnung. Doch ein Blick auf die Nummer an der Tür verriet ihr, dass sie sich nicht geirrt hatte.

„Guten Abend“, sagte sie schließlich und rang sich ein Lächeln ab. Ihr wurde bewusst, dass sie nicht einmal seinen Namen kannte.

Um Zeit zu gewinnen, suchte sie in ihrer Handtasche nach der Visitenkarte, die man ihr erst vor einer Stunde in die Hand gedrückt hatte.

„Ich habe mich leider ein wenig verspätet, aber … Derek schickt mich“, erklärte sie und hielt dem Mann die Karte entgegen, auf deren Rückseite die Adresse stand.

Er nahm sie und runzelte die Stirn, während er erst die Karte und dann Regan betrachtete.

„Aber Sie werden nicht erwartet“, sagte er misstrauisch. Er ließ den Blick über ihre schlanke Figur schweifen und schüttelte scheinbar enttäuscht den Kopf. „Sie sind nicht Mam’selle Cleo …“

Seltsamerweise ärgerte sie sich über seine Ablehnung. Statt die Gelegenheit zu nutzen, sich taktvoll aus der Affäre zu ziehen, hob sie zornig den Kopf und bereitete sich darauf vor, ihren verletzten Stolz wiederherzustellen.

Diesmal würde sie sich nicht einfach dem vernichtenden Urteil eines Mannes über ihren Wert als Frau beugen! Nach seinem Tod hatte sie erfahren müssen, dass Michael sie um viel mehr als nur Geld betrogen hatte. Sie würde sich nie wieder von einem Mann einreden lassen, dass sie eine Versagerin sei!

Plötzlich verspürte Regan den Wunsch, diesen unsympathischen alten Kerl um den Finger zu wickeln.

Na schön, sie sah nicht aus wie die große, gertenschlanke, vollbusige Cleo mit den roten Haaren, grünen Augen und langen Beinen. Das bedeutete aber noch lange nicht, dass sie weniger attraktiv war!

„Cleo konnte nicht kommen“, erklärte sie kühl. „Sie ist verhindert.“

So konnte man es auch ausdrücken. Vor einer halben Stunde hatte sich Lisas schöne Cousine noch auf dem Badezimmerboden vor der Toilette befunden, wo sie sich übergeben und heilige Eide geschworen hatte, nie wieder Cocktails zu Currygerichten zu trinken.

„Also … hat Monsieur Derek Sie geschickt?“

Regan bemühte sich um den arroganten, leicht gelangweilten Gesichtsausdruck, den Lisa immer stundenlang vor dem Spiegel übte.

„Es hat sich erst in letzter Minute ergeben. Cleo wurde krank, und ich stand gerade zur Verfügung.“ Das kam der Wahrheit ziemlich nahe.

Regan hoffte, dass der Mann ihre Geschichte nicht überprüfen würde. Doch warum hätte er das tun sollen? Schließlich hatten beide Seiten nichts zu befürchten. Dereks Nebenbeschäftigung war dazu gedacht, Kontakte zu möglichen Geschäftspartnern zu knüpfen. Diskretion und Unverbindlichkeit waren die Geheimnisse seines Erfolgs.

„Ich verstehe“, sagte der alte Mann und entspannte sich ein wenig. „Und Sie sind …?“

„Ev…“ Regan biss sich auf die Lippe. Sie hatte sich bereits dazu entschlossen, ihren zweiten Vornamen zu benutzen, da „Regan“ ein seltener Name war, der sich möglicherweise zu leicht zurückverfolgen ließ. Doch plötzlich fiel ihr auf, dass „Evangeline“ eigentlich noch viel ungewöhnlicher klang. „Eve“, verbesserte sie sich schnell. „Mein Name ist Eve.“

„Mam’selle … Eve.“ Sein absichtliches Zögern und sein ironischer Tonfall bewiesen, dass er ihr nicht glaubte. Regan errötete.

„Ich bin Pierre.“ Der alte Mann lächelte plötzlich. Es war eigentlich eher ein breites Grinsen, das ihn noch hässlicher wirken ließ. Er trat beiseite und machte eine einladende Handbewegung.

„Bedauerlicherweise wird sich Monsieur heute Abend verspäten“, fuhr er fort, und sie stellte fest, dass sein französischer Akzent zweifellos echt war. „Eine geschäftliche Besprechung dauert länger als erwartet, und er hat mich gebeten, ihn zu entschuldigen. Er lässt Ihnen ausrichten, dass er so schnell wie möglich kommen wird. Allerdings hat er mir mitgeteilt, dass die Party, zu der Sie ihn begleiten sollen, erst spät beginnt. Monsieur schlägt Ihnen vor, sich in der Zwischenzeit hier ganz wie zu Hause zu fühlen und vielleicht einen Drink zu nehmen.“

„Monsieur?“, wiederholte Regan leise. Ihr wurde bewusst, wie lächerlich sie sich beinah gemacht hätte.

Bei der Verabredung, die Cleo für sie arrangiert hatte, handelte es sich offenbar nicht um einen Abend mit diesem hässlichen Mann, der alt genug war, um ihr, Regans, Großvater zu sein!

Sie begann, sich erneut Hoffnungen zu machen, da der Abend plötzlich wieder vielversprechend zu sein schien. Vielleicht würde sie doch noch Dinge erleben, die ihr durch Michaels Gleichgültigkeit bisher vorenthalten worden waren.

Regan lächelte strahlend, und Pierre blinzelte verwirrt.

„Sie sind der Butler!“, rief sie glücklich und betrat das Apartment. Dabei machte sie sich Vorwürfe, weil sie so voreilige Schlüsse gezogen hatte. Wenn der Mann, mit dem sie verabredet war, keine Zeit hatte, um sich selbst eine Begleiterin zu suchen, würde er Besuchern wohl auch kaum selbst die Tür öffnen.

„Nein, ich trage keinen solchen Titel“, erwiderte Pierre. „Ich unterstütze Monsieur nur in Haushaltsangelegenheiten.“

Der Stolz in seinem Tonfall strafte die bescheidenen Worte Lügen. Pierre führte Regan einige Stufen hinunter in den Flur, den geschwungene Wände aus Glasbausteinen von den anderen Zimmern trennten.

„Sie erledigen doch sicher den Löwenanteil der Arbeit“, bemerkte Regan trocken, während sie den dicken weißen Teppich betrachtete, der bestimmt sehr schwer sauber zu halten war.

„Mais non! Ein solches Haustier besitzt Monsieur nicht“, protestierte Pierre. „Wenn es sich nicht um eine aussterbende Art handelt, ist Monsieur dagegen, wilde Tiere in Gefangenschaft zu halten …“

Regan verkniff sich ein Lächeln. „Ist er deshalb nicht verheiratet?“, fragte sie. Hinter ihrer Schlagfertigkeit verbarg sich der dringende Wunsch, herauszufinden, ob sie wenigstens in diesem Punkt richtig informiert war.

Pierre blickte sie anerkennend an. „Monsieur ist ein sehr intelligenter und zivilisierter Mann“, sagte er ernst und drehte sich zu ihr um, nachdem er unten angelangt war. „Obwohl ein gewisses Maß an Wildheit natürlich zu einem gesunden Mann in den besten Jahren gehört.“ Seine Augen funkelten amüsiert. „Doch er steht sicher nicht auf der Liste der bedrohten Tierarten …“

Ledig, gesund, intelligent, in den besten Jahren … und ein wenig wild. Regan senkte den Blick, um sich ihre nervöse Vorfreude nicht anmerken zu lassen.

Kein Wunder, dass Cleo so wütend darüber gewesen war, diese Verabredung absagen zu müssen.

Sie hatte erst vor einer Stunde ärgerlich an die Tür des Apartments geklopft und sich darüber aufgeregt, dass ihre Cousine nicht zu Hause war und sie, Regan, nicht wusste, wo diese sich aufhielt.

„Sie hat mir eine Nachricht hinterlassen, dass sie zu einer Party eingeladen sei und nicht zum Essen hier sein würde“, sagte Regan. Sie ärgerte sich noch immer über Lisa, die offenbar vergessen hatte, dass sie an diesem Abend den Küchendienst hätte übernehmen sollen.

„Das darf doch nicht wahr sein! Ich brauche Lisa dringend!“, rief Cleo verzweifelt. „Es geht um Leben und Tod!“ Sie stürmte in die Wohnung. „Was ist mit Saleena?“, fragte sie aufgeregt. „Ist sie wenigstens da?“

Regan schüttelte den Kopf. „Nein, sie hat noch einen Aerobic-Kurs.“ Saleena arbeitete in einem Fitnessstudio, um ihr Sportstudium zu finanzieren. Sie war ebenso hübsch wie Lisa und immer zu Scherzen aufgelegt. Doch da sie auch zwei Jahre älter war, zeugte ihr Verhalten meist von mehr Reife.

Cleo stöhnte frustriert auf.

„Kann ich dir helfen?“, fragte Regan seufzend. Sie war mit Cleos hysterischen Anfällen vertraut und machte sich keine ernsthaften Sorgen. Vermutlich war Cleo nur der Nagellack ausgegangen. Sie war elegant gekleidet, perfekt geschminkt und wohl auf dem Weg zu irgendeinem angesagten, teuren Nachtclub.

„Du?“ Cleo lachte spöttisch, gab dann aber einen erstickten Laut von sich, während sich ihr Gesicht unter dem sorgfältigen Make-up plötzlich grünlich verfärbte. Sie stürzte ins Badezimmer.

Als sie leicht schwankend zurück ins Wohnzimmer kam und auf die Couch sank, wusste Regan, dass Cleo wirklich am Ende ihrer Kräfte war.

Offenbar war das Unwohlsein, das Cleo zunächst als hartnäckigen Kater diagnostiziert hatte, das erste Anzeichen einer schweren Magenverstimmung. Nun sollte Lisa bei einer Verabredung für sie einspringen, die Cleos Exfreund arrangiert hatte.

„Ich habe versucht, Derek zu erreichen und abzusagen, aber er geht einfach nicht ans Telefon“, klagte Cleo. „Erst dachte ich, es würde besser werden, und habe einige Tabletten genommen. Die haben auch ein wenig geholfen, aber jetzt geht es mir schlechter als vorher.“ Sie stöhnte leise. „Im Taxi hatte ich das Gefühl, ich müsste mich übergeben, deshalb bin ich hier ausgestiegen. Ich hatte gehofft, Lisa könnte mir helfen …“ Cleo blickte voller Selbstmitleid zu Regan auf. „Ich muss in einer halben Stunde dort sein und kann den Mann nicht einfach versetzen, weil ich ihn zu irgendeiner wichtigen Dinnerparty begleiten sollte. Du meine Güte!“

Offenbar genügte schon der Gedanke an Essen, um Cleo erneut ins Bad eilen zu lassen.

Als sie schließlich wieder auftauchte, schlug Regan vor, einen Arzt zu rufen. Doch Cleo behauptete hartnäckig, sie brauche keinen. „Ich will mich nur eine Weile hinlegen“, sagte sie matt, ging in Lisas Zimmer, in dem ein einziges Chaos herrschte, und sank auf das ungemachte Bett. „Ich muss aber Derek Bescheid sagen“, erklärte sie weinerlich. „Seine Nummer steht auf einer Visitenkarte in meiner Handtasche. Könntest du bitte versuchen, ihn zu erreichen? Erklär ihm einfach, was passiert ist.“

„Warum rufst du nicht einfach selbst diesen Mann an und sagst die Verabredung ab?“, fragte Regan. Cleos Besorgnis erstaunte sie. Was war schon eine geplatzte Verabredung für eine Frau, die selten zweimal mit demselben Mann ausging?

„Ich habe seine Telefonnummer nicht, sondern nur Dereks Karte, auf deren Rückseite die Adresse steht, zu der ich kommen sollte.“ Cleo stöhnte wieder und legte sich auf den Rücken. „Derek dreht mir den Hals um, wenn ich diese Verabredung platzen lasse! Er sagt, dieser Mann könne ihm zu einem großen Etat verhelfen!“ Derek arbeitete in der Werbebranche und hatte Cleo schon einige lukrative Modelaufträge verschafft. „Was soll ich denn machen?“, fragte sie schmollend. „Es ist schließlich nicht meine Schuld, dass ich krank geworden bin!“

Cleo hob den Kopf und sah sie herausfordernd an, doch Regan schwieg wohlweislich. Ihrer Meinung nach ging Cleo auf zu viele Partys, trank zu viel Alkohol und ernährte sich zu ungesund. Lisa dagegen bewunderte ihre ältere Cousine und ahmte sie bereits nach, so gut sie konnte.

Regans Schweigen schien Cleo ein wenig zu besänftigen. Unterbrochen von weiteren Kämpfen mit dem Currygericht vom Vorabend, erzählte sie Regan die ganze Geschichte: Derek arrangierte regelmäßig Verabredungen für sie und ihre Freundinnen mit alleinstehenden reichen Männern, die eine hübsche Begleiterin für den Abend suchten. Wenn der Abend im Bett endete, wurden die Damen dafür reich beschenkt.

„Heißt das, Derek ist ein Zuhälter?“, fragte Regan fassungslos. Sie sah Cleos aufregendes Leben plötzlich mit anderen Augen.

„Natürlich nicht!“, herrschte Cleo sie an. „Er tut nur hin und wieder Leuten einen Gefallen, die ihm eines Tages vielleicht geschäftlich nützen können. Niemand verdient daran. Du meine Güte, schließlich geht es nicht um einen Callgirlring! Du brauchst mich gar nicht so schockiert anzusehen. Was ist denn dabei, wenn zwei erwachsene Menschen einander vorgestellt werden und … sich besser kennenlernen?“

Regans Entsetzen wich einer wachsenden Neugier. „Aber du sagtest doch, die Männer würden dich dafür … belohnen, dass du mit ihnen ins Bett gehst?“, fragte sie zögernd.

„Ja, aber nicht mit Geld, sondern mit Schmuck!“, antwortete Cleo abfällig, als wäre das ein großer Unterschied. Vielleicht macht es tatsächlich etwas aus, dachte Regan. Wenigstens wussten beide Seiten, worum es ging. Es gab keine falschen Versprechungen und verlogenen Liebesbekundungen.

Wie ist es wohl, mit einem Fremden zu schlafen, nur weil man ihn körperlich anziehend findet?, fragte sie sich fasziniert. Mit einem Mann, der nichts über sie wusste und keine vorgefasste Meinung von ihr hatte? Der nur eine leidenschaftliche Nacht mit ihr verbringen wollte, ohne irgendwelche Verpflichtungen einzugehen?

Der Gedanke ließ Regan nicht mehr los. Statt sich weiterhin als das Opfer seiner Lügen zu fühlen, mit denen Michael ihre Ehe ruiniert hatte, wurde es vielleicht Zeit, sich endlich zu beweisen, dass er keine Macht mehr über sie ausübte.

„Eine tolle Party, leidenschaftlicher Sex und ein goldenes Armband oder Brillantohrringe … Was kann eine Frau mehr verlangen?“, fragte Cleo und lenkte Regans Aufmerksamkeit auf den schweren goldenen Armreif, den sie trug.

Regan blickte starr auf das Schmuckstück. „Aber was passiert, wenn du den Mann … nicht attraktiv findest?“

„Ich muss ja nicht mit ihm schlafen, wenn ich nicht will“, erklärte Cleo, die wieder mit Übelkeit kämpfte. „Derek macht den Männern keine Versprechungen. Außerdem wollen sie manchmal auch nichts weiter, als mit einer schönen Frau gesehen zu werden, die sie anhimmelt. Aber meistens enden solche Abende schon im Bett. Es ist doch nichts dabei, mit einem Mann zu schlafen, den du gerade erst kennengelernt hast, wenn er dir gefällt. Außerdem tut Derek nur wohlhabenden, einflussreichen Männern solche Gefallen – und Macht kann sehr erotisch sein.“

Als sie, Regan, Michael kennengelernt hatte, war sie eine unerfahrene neunzehnjährige Jurastudentin gewesen. Sie hatte sich nie Gedanken darüber gemacht, wie ein solcher Abend mit einem Fremden wohl sein mochte.

Bis jetzt.

Jetzt kamen ihr plötzlich viele Fragen in den Sinn, die sie sich vorher nie gestellt hatte.

„Wie heißt der Mann, mit dem du dich treffen sollst?“

„Wen interessiert denn das?“, meinte Cleo genervt und stand schnell auf. „Ruf bitte einfach Derek an, und lass ihn die Angelegenheit regeln, okay? Mir ist es egal, was passiert. Ich möchte heute Abend nur in Ruhe gelassen werden!“

Regan überließ Cleo ihrem Schicksal und suchte in der Handtasche nach Dereks Visitenkarte. Sie nahm die Karte heraus und griff dann zögernd nach einem der Kondompäckchen, die für Cleo offenbar zur Grundausrüstung gehörten. Hatte sie wirklich damit gerechnet, alle vier Päckchen an einem Abend zu benötigen?

Regan machte sich eilig zum Ausgehen fertig. Sie hatte sich am Morgen die Haare gewaschen, also duschte sie nur kurz und probierte dann ein gewagteres Make-up aus, das ihre veilchenblauen Augen größer und verführerisch erscheinen ließ. Während sie mit zittrigen Händen Wimperntusche auftrug, fiel ihr einer der Lieblingssprüche ihrer Mutter ein: Eine geschminkte Frau ist eine Dienerin des Satans.

Saleena kam kurz darauf nach Hause, sodass Regan ihr erleichtert die Verantwortung für die kranke Cleo übertragen konnte.

„Ich wollte eigentlich für die Prüfung nächste Woche lernen“, sagte Saleena und betrachtete Regans ungewohnte Aufmachung. „Aber ich kümmere mich schon um Cleo und passe auf, dass sie nicht in der Toilette ertrinkt. Was hast du denn vor?“

„Ich bin verabredet“, antwortete Regan und betrachtete ihr Spiegelbild, um ihre Mitbewohnerin nicht ansehen zu müssen.

„Wirklich? Klasse!“ Saleena freute sich über dieses nie da gewesene Ereignis. „Mit wem?“

„Du kennst ihn nicht“, erwiderte Regan ausweichend. Saleena neigte dazu, sie ständig beschützen zu wollen. Sie hatte erkannt, wie schwierig es für sie, Regan, gewesen war, aus einem luxuriösen Haus in einem eleganten Vorort in ein beengtes Apartment in der Innenstadt zu ziehen und es mit zwei übermütigen Singles zu teilen.

„Dann viel Spaß!“ Saleena hatte den Wink verstanden, dass sie, Regan, nicht über ihre Verabredung sprechen wollte. Sie lächelte fröhlich. „Hat Lisa wenigstens eingekauft?“

„Nein, aber ich habe unten an der Ecke einige Dinge besorgt.“ Regan hatte die Wohnung schon verlassen, als ihr einfiel, dass ihr Plan noch einen Fehler hatte. Sie ging zurück und traf Saleena in der Küche an.

„Richte Cleo bitte aus, dass sie sich keine Sorgen zu machen braucht. Mit Derek ist alles in Ordnung. Offenbar hatte er ohnehin alles abgesagt …“

„Was denn?“ Saleena öffnete eine Packung Spaghetti und lächelte breit, als Regan errötete. „Ach so, es ging wohl um einen von Dereks einflussreichen Freunden? Kein Wunder, dass Cleo sich so aufregt! Sie trauert bestimmt dem nächsten Stück für ihre Schmucksammlung nach.“

„Du weißt davon?“

„Natürlich“, bestätigte Saleena gelassen. „Cleo wollte mich überreden, bei Dereks Partnervermittlung mitzumachen, aber ich habe ihr gesagt, dass ich mir meine Begleiter lieber selbst aussuche …“

Saleena schien die Angelegenheit mit so viel Gleichmut zu betrachten, dass sie, Regan, sich unglaublich naiv vorgekommen war. Offenbar hatten ihre Freundinnen längst Bescheid gewusst. Nur sie war über die Neuigkeit schockiert gewesen.

Jetzt bemühte sie sich, ganz locker zu wirken, als Pierre sie in das große, halbrunde Wohnzimmer führte, dessen geschwungene Fensterfront den Blick auf die Lichter der Stadt freigab. Geschickt platzierte Decken- und Stehlampen tauchten den Raum in warmes Licht, das die fein abgestimmten Farbtöne der Einrichtung voll zur Geltung brachte. Die Fenster hatten Marmorsimse, die mit den Formen der Möbel harmonierten. Ein runder Marmortisch stand zwischen zwei geschwungenen Sofas aus weinrotem Leder, und überall im Raum waren einladende Polsterstühle verteilt, von denen aus man das Panorama bewundern konnte. An einem Ende des Wohnzimmers führten einige Stufen zu einer erhöhten Essecke, die von einem großen ovalen Holztisch dominiert wurde. Dahinter befand sich offenbar die Küche. Von der anderen Zimmerseite führte ein sanft beleuchteter Flur vermutlich zum Schlafzimmer.

Regan drehte sich schnell um.

„Es ist wunderschön hier“, sagte sie leise und ärgerte sich über ihren bewundernden Tonfall. Eine weltgewandte Frau hätte diese luxuriöse Umgebung sicher kaum beachtet. „Monsieur verfügt über einen ausgezeichneten Geschmack“, fügte sie mit einem ironischen Unterton hinzu.

„Merci“, antwortete Pierre mit einer leichten Verbeugung. „Dies ist ein Firmenapartment, das von mehreren Herren benutzt wird und vielen Bedürfnissen gerecht werden muss. Ich habe die Innenarchitektin engagiert und die Renovierungsarbeiten beaufsichtigt.“

„Sie?“ Regan blickte ihn verblüfft an. Sie konnte sich kaum vorstellen, dass dieser hässliche alte Mann dafür verantwortlich gewesen sein sollte.

„Der erste Eindruck täuscht manchmal“, bemerkte Pierre gelassen.

Allerdings, dachte Regan bitter und umklammerte den Griff ihrer Handtasche fester. Michael hatte blondes Haar, blaue Augen, jungenhafte Züge und ein charmantes Lächeln besessen, das freundlich und aufrichtig gewirkt hatte.

Wer hätte gedacht, dass sich hinter diesem sympathischen Äußeren ein so verlogener, ehrloser Mann verborgen hatte? Sie jedenfalls nicht. Bis zu der Nacht, in der Michael mit seinem geliebten BMW gegen einen Baum gefahren war, hatte sie geglaubt, eine glückliche Ehe zu führen, in der es keine schwerwiegenden Probleme gab. Sie hatte sein Engagement für seine Arbeit bewundert und seinen Ehrgeiz respektiert. Doch nach seinem Tod hatte sie plötzlich vor einem riesigen Schuldenberg gestanden und feststellen müssen, dass sie Michael mit ihrer Bereitschaft, die Probleme in ihrer Ehe zu ignorieren, in die Hände gespielt hatte.

In den Monaten nach seinem Tod war sie sich über das gesamte Ausmaß seiner Lügen und Betrügereien klar geworden, und es kam ihr nun vor, als hätte sie vier Jahre lang das Bett mit einem Fremden geteilt.

Also ist der heutige Abend gar nicht ungewöhnlich, dachte sie sarkastisch, während Pierre sich bemühte, ihr die Wartezeit so angenehm wie möglich zu machen.

Er öffnete die Türen eines großen Schranks aus Teakholz, hinter denen sich ein Fernseher und eine beeindruckend aussehende Stereoanlage befanden. CDs und Videos waren in einer Säulenattrappe neben dem Schrank verstaut. Pierre bot Regan einen Platz auf der Couch an und gab ihr die Fernbedienungen sowie einen Wodka Tonic in einem gekühlten Kristallglas, das er sorgfältig auf eine Cocktailserviette stellte. Er erklärte ihr den Weg zum Bad und zeigte ihr, wo sich die Klingelknöpfe befanden, mit denen sie ihn rufen konnte, falls sie etwas brauche oder einen zweiten Drink wünsche. Es stehe ihr aber auch frei, sich selbst an der hervorragend ausgestatteten Bar zu bedienen.

Nachdem Pierre sie allein gelassen hatte, trank Regan schnell den Wodka aus, um sich zu entspannen. Doch der Drink schien nicht zu helfen, also stand sie auf und mixte sich mit schlechtem Gewissen einen zweiten. Sie verzichtete auf Pierres Hilfe, damit dieser nicht glaubte, er hätte es mit einer Alkoholikerin zu tun.

Regan wählte eine CD mit romantischen Balladen aus und experimentierte ein wenig mit der Fernbedienung, bis sie die Stereoanlage richtig eingestellt hatte. Dann lehnte sie sich auf der weichen Couch zurück, nippte an ihrem Drink und dachte: Ich könnte mich daran gewöhnen, reich zu sein.

In dem Apartment, das sie mit Lisa und Saleena teilte, vermisste sie vor allem ein wenig Privatsphäre. Zwar war sie als Kind ständig von ihrer übertrieben strengen Mutter beaufsichtigt worden, doch Michael war immer erst so spät nach Hause gekommen – angeblich wegen der vielen Überstunden –, dass sie sich daran gewöhnt hatte, das große Haus stundenlang für sich allein zu haben. In ihrem Apartment schien der Strom von Besuchern nie abzureißen, das Telefon klingelte ununterbrochen, und es kam ständig zu dramatischen Szenen, untermalt von der Rockmusik, die Lisa so liebte.

Immerhin wurde sie, Regan, durch das hektische Treiben von ihren Problemen abgelenkt. Lisa und Saleena schienen sich zwar besser im Leben zurechtzufinden als sie, holten sich aber oft praktische Ratschläge bei ihr, wenn es darum ging, Tomatensoße aus einer Seidenbluse zu entfernen oder die Steuererklärung auszufüllen. Da sie, Regan, Jura studiert hatte, war sie zur Beraterin von Freundinnen geworden, die Ärger mit dem Hauswirt oder schwierigen Liebhabern hatten. Es machte ihnen nichts aus, dass sie das Studium kurz vor dem Examen abgebrochen hatte. Dafür waren ihre Ratschläge wenigstens kostenlos. Sie genoss die Wertschätzung, die man ihr entgegenbrachte, denn ihr Selbstvertrauen hatte in den vergangenen Jahren sehr gelitten.

Pierre betrat leise das Wohnzimmer und entschuldigte sich erneut für Monsieurs Verspätung. Er bot ihr einen kleinen Teller mit köstlich aussehenden Kanapees und ein Glas Champagner an. Regan aß zwar mit großem Appetit die leckeren Häppchen, fand es aber klüger, bei einem alkoholischen Getränk zu bleiben.

Zum Frühstück hatte sie nur einen Espresso getrunken und später im Büro ein Sandwich gegessen. Eigentlich hatte sie einen gesunden Appetit, der ihr aber in den letzten Wochen immer öfter vergangen war. Doch jetzt fühlte sie sich plötzlich wie ausgehungert.

Regan drückte auf den Klingelknopf, der unter einem Beistelltisch angebracht war, und fragte Pierre verschämt, ob er ihr eine zweite Portion Kanapees bringen würde.

„Sie waren wirklich ausgezeichnet“, sagte sie, um nicht allzu gierig zu wirken. „Sie müssen einen hervorragenden Koch haben.“

„Das bin ich.“ Durch den Einfluss des Wodkas erschien ihr Pierres abstoßendes Grinsen plötzlich sympathisch. „Schließlich bin ich Franzose. Kochen ist unsere Stärke. Ich freue mich, dass es Ihnen geschmeckt hat.“

Die Musik verklang, und Regan wurde sich bewusst, dass sie schon seit über einer Stunde wartete. Es war ihr gar nicht so lange vorgekommen. Sie legte eine CD mit stimmungsvollem Jazz auf und drehte die Anlage weiter auf.

Dann stellte sie ihr Glas ab und ging neugierig ins Badezimmer. Es war ebenso luxuriös ausgestattet wie die anderen Räume und verfügte über eine Duschkabine und eine in den Boden eingelassene Badewanne, die ungefähr doppelt so groß war wie das gesamte Badezimmer in ihrem Apartment. Flauschige Handtücher wurden auf einem beheizten Halter vorgewärmt, und zu ihrer Belustigung war sogar der Toilettensitz wohltemperiert. Eine reiche Auswahl an Kosmetikartikeln stand für die Gäste bereit. In einer Schublade entdeckte Regan sogar Schachteln mit Tampons und Kondomen.

Sie konnte der Versuchung nicht widerstehen, einen Blick in die anderen Räume zu werfen, deren Türen halb offen standen. Es handelte sich um ein Arbeits- und zwei großzügig geschnittene Gästezimmer. Am Ende des Flurs befand sich das Schlafzimmer, in dem ein riesiges Bett stand.

Regan warf einen Blick auf die schwarze Seidenbettwäsche und den riesigen Spiegel gegenüber dem Bett.

Wenigstens gibt es keinen Spiegel an der Decke, dachte sie und ging schnell zurück ins Wohnzimmer. Sie fragte sich, welche geheimen sexuellen Vorlieben Monsieur wohl haben mochte.

An der Bar verdünnte Regan einen weiteren eisgekühlten Wodka mit Tonic. Sie war sich nicht sicher, ob sie den Ansprüchen eines durchschnittlichen Mannes genügen würde. An einen Liebhaber, der womöglich akrobatische Kunststücke von ihr verlangen würde, mochte sie überhaupt nicht denken. Immerhin hatte Pierre ihr erklärt, dass dieses Apartment von mehreren Firmenangehörigen genutzt wurde. Daher repräsentierte das Schlafzimmer nicht unbedingt den persönlichen Geschmack des Mannes, auf den sie wartete.

Regan sah sich ein wenig gründlicher im Wohnzimmer um, konnte jedoch nirgendwo persönliche Gegenstände entdecken. Das Apartment wirkte wie eine Hotelsuite oder eine Abbildung in einer Wohnzeitschrift. Es gab keine Bücher, gerahmten Fotos oder herumliegenden Gegenstände, die etwas über die Persönlichkeit des Besitzers verraten hätten.

Regan beendete die Inspektion, streifte die Sandaletten ab und machte es sich auf der Couch bequem. Sie trank ihren Wodka, aß einige Kanapees und schloss die Augen, um sich auf die Musik zu konzentrieren. Beinah wäre sie eingeschlafen, als die CD plötzlich zu Ende ging und im Flur Männerstimmen zu hören waren.

Regan sprang schnell von der Couch auf und wäre in der Eile beinah gestolpert. Sie strich sich schnell das Kleid glatt und blickte nervös auf die Wohnzimmertür. Die Stimmen wurden zunächst leiser, waren dann aber wieder deutlich zu hören. Regan erkannte Pierres Stimme und hörte eine zweite, die tiefer und energischer klang, aber auch Erschöpfung verriet.

Regan bemerkte plötzlich, dass sie nur in Strümpfen auf dem weichen Teppich stand, und blickte sich suchend nach ihren Schuhen um. Sie hob die Sandaletten schnell auf und balancierte gerade ungeschickt auf einem Bein, als ein Wirklichkeit gewordener Traum das Wohnzimmer betrat.

Er war groß, dunkelhaarig und attraktiv, hatte breite Schultern, schmale Hüften und bewegte sich mit der Kraft und Anmut eines Athleten.

Regan konnte es kaum fassen. Zuerst der Schock beim Anblick von Pierre und nun dieser Mann!

Sie war davon überzeugt, dass es sich wieder um eine Verwechslung handelte. Ihr leichtsinniger Plan war von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen.

Dies konnte nicht der Mann sein, auf den sie gewartet hatte – er war einfach zu vollkommen!

3. KAPITEL

„Darf ich?“

Regan hatte nicht bemerkt, dass sie den zweiten Schuh hatte fallen lassen, bis sich der Fremde bückte, um ihn aufzuheben.

„Danke“, sagte sie leise, noch immer auf einem Bein balancierend.

Aus der Nähe betrachtet, wirkte der Fremde nicht mehr ganz so vollkommen. Er war allerdings tatsächlich groß – weit über eins achtzig –, und der schwarze Anzug mit dem nachtblauen Hemd unterstrich seinen dunklen Typ. Er hatte volles schwarzes Haar, das er aus der hohen Stirn gekämmt trug. Regan schätzte ihn auf Mitte dreißig, bemerkte aber auch seine bereits grauen Schläfen.

Sein Blick verriet Intelligenz und einen Hang zum Zynismus, doch seine markanten Züge wirkten angespannt und wachsam.

Regan stellte überrascht fest, dass seine Augen nicht ebenfalls dunkel, sondern hellgrau waren. Er hatte eine markante Nase, hohe Wangenknochen und ein kräftiges Kinn.

Sie musste den Kopf zurückbeugen, um den Fremden ansehen zu können, und bemerkte, dass die linke Seite seines Halses mit feinen Narben übersät war, die eindeutig von einer verheilten Brandwunde stammten. Die Verletzung, die so bleibende Spuren hinterlassen hatte, war sicher sehr schwer gewesen.

Also hatte auch er Schmerz erlitten – nur dass seine Narben sichtbar waren …

Regan blickte auf seine Hand, in der er ihre zierliche Sandalette hielt, und entdeckte weitere Narben. Sie kämpfte gegen das Mitgefühl an, das sie plötzlich empfand. Es wäre absurd gewesen, zu glauben, dass ein Mann wie er Mitleid brauchte.

„Ich hatte die Schuhe ausgezogen“, erklärte sie schnell und stellte den anderen Fuß wieder auf den Boden.

Der Fremde lächelte über diesen überflüssigen Kommentar.

„Tatsächlich?“, fragte er mit sanftem Spott, der überhaupt nicht zu seiner zynischen Ausstrahlung und dem wachsamen Blick passte.

Er strich mit dem Daumen über den Absatz der Sandalette. „Taten dir die Füße weh?“

Seine Stimme war tief und ein wenig rau. Der Klang ließ Regan erschauern.

„Nein, ich … hatte mich nur hingelegt.“

Der Fremde zog erstaunt die Augenbrauen hoch. Sie spürte entsetzt, wie sie errötete, als sie sich plötzlich vorstellte, wie sie sich nackt auf den schwarzen Seidenlaken räkelte – wie eine gehorsame Dienerin, die auf ihren Herrn und Meister wartete.

„Auf die Couch“, fügte sie mit Nachdruck hinzu.

„Natürlich“, antwortete er amüsiert. Regan fühlte sich von ihm durchschaut und wurde noch nervöser.

Sie warf den Kopf zurück und bemühte sich um eine selbstbewusste, herablassende Haltung, die der Fremde jedoch sofort wieder ins Wanken brachte.

„Darf ich?“, fragte er wieder und kniete sich vor ihr hin, ohne auf eine Antwort zu warten. Er umfasste ihren Knöchel und hob ihren Fuß sanft hoch.

Regan verlor das Gleichgewicht und suchte unwillkürlich Halt, indem sie seine Schultern umfasste. Sie spürte deutlich seine kräftigen Muskeln unter dem Stoff des teuren Anzugs.

„Was tust du da?“, fragte sie erschrocken. „Ach so …“

Sie beobachtete, wie er ihr vorsichtig die Sandalette überstreifte. „Danke … Das wäre nicht nötig gewesen“, sagte sie leise.

Der Fremde blickte zu ihr auf, erhob sich aber nicht. „Es war mir ein Vergnügen.“ Er hielt noch immer leicht ihre schmale Fessel umfasst. „Du hast sehr hübsche Füße. Und schöne Beine“, fügte er hinzu, strich sanft über ihre Wade und ließ die Fingerspitzen schließlich in ihrer Kniekehle ruhen.

Ein Schauer der Erregung überlief sie. Ihr Herzschlag beschleunigte sich, und sie atmete schneller. All ihre Zweifel hatten sich zerstreut. Dies war der Mann, auf den sie gewartet hatte. „Danke“, wiederholte sie und hoffte, dass sie nicht so nervös aussah, wie sie sich fühlte.

„Entschuldige, dass ich dich so lange habe warten lassen. Hoffentlich hast du dich nicht zu sehr gelangweilt.“ Der Fremde stand langsam auf und musterte sie dabei eingehend. Regan spürte ein erregendes Prickeln im ganzen Körper.

„Pierre sagte mir, dein Name sei Eve.“

Regan nickte schweigend. Als zierliche Frau war sie daran gewöhnt, dass Männer sie überragten. Doch sie war sich ihrer weiblichen Ausstrahlung noch nie so bewusst gewesen wie jetzt.

Im Gegensatz zu Pierre schien der Fremde nicht daran zu zweifeln, dass sie tatsächlich so hieß. „Wie passend“, bemerkte er, nahm ihre Hand und hob sie kurz an die Lippen. „Ich bin Adam.“

„Dein Name ist Adam?“, fragte Regan ungläubig. Der Handkuss hatte sie so verwirrt, dass sie nicht daran dachte, wie unklug es war, die Namensfrage zu diskutieren.

„Es ist einer meiner Namen“, sagte Adam gelassen, ließ aber ihre Hand nicht los. „Dann sind wir also Adam und Eva im Garten Eden. Und es ist nicht einmal eine Schlange in Sicht.“

„Es tut mir leid, dass Cleo absagen musste“, log Regan. Sie entzog ihm sanft die Hand, streifte dabei aber mit den Fingernägeln verführerisch seine Handfläche. „Hoffentlich bist du nicht zu enttäuscht.“ Sie neigte den Kopf zur Seite, sodass ihr einige glänzende Haarsträhnen auf die Schulter fielen, und bedachte Adam mit einem aufreizenden Blick. Zumindest hoffte sie es.

„Es gibt immer einen Silberstreif am Horizont“, sagte er leise und blickte auf ihren Mund und dann in ihre funkelnden blauen Augen.

„Und auf Regen folgt wieder Sonnenschein“, antwortete sie unsicher. Sein Blick machte sie so nervös, dass sie tatsächlich eines der Lieblingssprichwörter ihrer Mutter zitiert hatte!

Adam lächelte ironisch. „Sprichst du jetzt von Cleos Leben oder von meinem? Du hast doch nicht vor, mich im Regen stehen zu lassen, oder?“, fügte er sanft hinzu.

Sie war sich nicht sicher, was er damit meinte. Seinem Tonfall nach zu urteilen, hatte es sich aber um eine anzügliche Bemerkung gehandelt. Regan befeuchtete sich nervös die Lippen. Schlagfertige, zweideutige Scherze waren nicht gerade ihre Stärke.

„Ich glaube, ein Mann wie du ist immer auf Notfälle vorbereitet. Du trägst doch sicher einen Schirm bei dir.“

„Sogar eine ganze Schublade voll“, stimmte Adam gelassen zu. Regan erinnerte sich an ihren Streifzug durchs Badezimmer. Er konnte unmöglich auf die Verhütung angespielt haben!

Oder doch?

Wie auch immer, sie nahm sich vor, auf keinen Fall wieder zu erröten.

„Du siehst müde aus“, sagte sie, um das Thema zu wechseln. Sie hatte die schwachen Schatten unter seinen Augen und die Anspannung in seinen Zügen bemerkt. Dieser Mann verstand es allerdings, seine Erschöpfung zu verbergen – wie vermutlich jede andere Schwäche auch.

„Es war ein harter Tag. Aber keine Sorge, ich werde mich schnell erholen“, versprach er trocken und sah auf die Uhr. „Es ist zwar schon spät, aber wir werden noch pünktlich zum Essen kommen. Ich brauche nur einige Minuten zum Umziehen …“

Er glaubte, sie würde sich beschweren! „Nein, so habe ich es nicht gemeint. Du brauchst dich nicht zu beeilen“, sagte Regan schnell und legte ihm die Hand auf den Arm, um ihn aufzuhalten.

Er warf ihr einen prüfenden Blick über die Schulter zu und lächelte zynisch. „Unsinn! Du hast damit gerechnet, dass du mich zu einer eleganten Dinnerparty im besten Restaurant der Stadt begleiten wirst. Ich will dich nicht um dein Vergnügen bringen.“

Regan achtete weniger auf seine Worte als auf den Tonfall. Er schien wirklich müde zu sein, wollte aber offenbar seinen Teil der Abmachung genau einhalten.

„Es würde mir wirklich nichts ausmachen, nicht hinzugehen“, sagte sie und verstärkte ihren Griff.

„Tatsächlich?“ Adam drehte sich zwar um, schien ihr aber noch immer nicht zu glauben. Er hielt sie scheinbar für eine Frau wie Cleo, die versucht hätte, aus diesem Abend so viel wie möglich herauszuholen.

„Ich habe ohnehin keinen Hunger mehr“, erklärte Regan und ließ die Hand sinken. „Ein teures Abendessen wäre an mich verschwendet. Ich habe zu viele von Pierres köstlichen Kanapees gegessen.“

Adam betrachtete aufmerksam ihr Gesicht. „Also hättest du nichts dagegen, wenn ich Pierre bitten würde, uns hier eine Kleinigkeit zu machen?“, fragte er langsam.

„Ich könnte keinen Bissen mehr herunterbringen“, gestand Regan, „aber du brauchst sicher eine warme Mahlzeit nach diesem anstrengenden Tag.“

„Und du würdest mir Gesellschaft leisten, während ich esse?“

Dachte er etwa, sie wäre beleidigt, weil er etwas essen wollte und sie nicht? „Selbstverständlich.“

„Dann können wir ja danach auf die Party gehen.“

„Das müssen wir nicht, wenn du keine Lust zum Ausgehen hast. Es sei denn, du musst dich aus irgendeinem Grund dort zeigen“, fügte Regan hinzu, als sie sah, dass Adam sie plötzlich eindringlich anblickte.

„Also schlägst du vor, dass wir die Wohnung überhaupt nicht verlassen?“

Sein sanfter Tonfall ließ sie erschauern, als sie sich der Bedeutung ihres spontanen Vorschlags bewusst wurde. Ohne die Party würde es nichts mehr geben, das sie vom eigentlichen Zweck dieser Verabredung ablenken würde.

„Du wärst bereit, auf eine aufregende Party zu verzichten, weil ich einen schweren Tag hinter mir habe?“, fragte Adam verwundert und amüsiert zugleich.

Regan beschloss, ihm ehrlich zu antworten. „Ich vermute, dass es hier aufregend genug für mich wird.“

„Rücksichtsvoll und schmeichelhaft – du bist wirklich die perfekte Gesellschaft nach einem harten Tag im Büro. Ich freue mich schon darauf, deine anderen Tugenden kennenzulernen.“

„Wenn du eine tugendhafte Frau erwartet hast, werde ich dich leider enttäuschen müssen.“ Sie warf ihm einen vielversprechenden Blick zu.

Er umfasste ihr Kinn und hob ihren Kopf ein wenig an. „Das glaube ich nicht“, sagte er nachdenklich und blickte ihr tief in die Augen. Mit dem Daumen strich er ihr sanft über den Mund. Sie zuckte leicht zusammen und öffnete ihn unwillkürlich.

Adam schien ihre Reaktion falsch zu deuten. „Keine Sorge, ich verwische deinen Lippenstift schon nicht. Es ist ohnehin nichts mehr davon zu sehen“, meinte er amüsiert.

Offenbar war er an Frauen gewöhnt, die ständig auf ihr Make-up achteten.

„Er ist sicher den Kanapees zum Opfer gefallen“, sagte Regan lachend. „Ich kümmere mich darum, während du mit Pierre übers Abendessen sprichst.“

„Nein, lass nur …“ Er verstärkte den Druck auf ihrer Lippe. „Ich mag diesen natürlichen Look. Er bildet einen interessanten Gegensatz zu deinem raffinierten Augen-Make-up. Außerdem mag ich den Geschmack von Lippenstift nicht“, fügte er leise hinzu.

Sie dachte, er würde diese Behauptung mit einem Kuss beweisen, doch er ließ sie los und fragte: „Würdest du mir bitte einen Drink einschenken, während ich mit Pierre rede? Whisky mit Eis. Den zwölf Jahre alten Scotch bitte.“

Ihr zitterten die Hände, als sie die Flasche öffnete und den Whisky einschenkte. Der Flaschenhals klirrte gegen das eckige Kristallglas.

Regan versuchte, sich zu beruhigen. Sie und Adam hatten noch den ganzen Abend vor sich, da brauchte er nichts zu überstürzen. Wahrscheinlich wollte er sich zunächst ein wenig entspannen und ihre Gesellschaft genießen. Schließlich hatte Cleo ihr schon erklärt, dass diese Arrangements nichts mit Prostitution gemeinsam hatten. Adam hatte es ihr, Regan, soeben bewiesen, indem er sich nach ihren Wünschen gerichtet hatte. Offenbar sollte auch sie sich entspannen und amüsieren und ihm nicht einfach Sex auf Kommando bieten.

Als sie sich von der Bar abwandte, erschrak sie. Adam war bereits zurückgekommen und saß nun entspannt auf der Couch, den Kopf zurückgelehnt und die langen Beine ausgestreckt. Er hatte das Jackett ausgezogen und die obersten Hemdknöpfe geöffnet. Als sie näher kam, bemerkte sie das dunkle Haar auf seiner Brust.

Die Eiswürfel im Glas klirrten, und er drehte sich langsam zu ihr um und beobachtete sie. Regan ließ sich von seiner entspannten Haltung nicht täuschen. Er war hellwach und aufmerksam. Sein Blick wirkte überhaupt nicht schläfrig, als sie ihm den Drink reichte.

Da Adam keine Anstalten machte, das Glas entgegenzunehmen, beugte sie sich nach kurzem Überlegen vor und drückte es ihm in die Hand.

Er umfasste es und hielt so gleichzeitig ihre Hand fest. Regan sah ihn an und bemerkte, dass sein Blick auf ihrem tiefen Ausschnitt ruhte. Ihre kleinen Brüste wirkten durch die gebeugte Haltung voller und ließen ihr Dekolleté dadurch noch verführerischer erscheinen.

Sie spürte schockiert, dass sich ihre Brustspitzen aufrichteten und bei jedem Atemzug gegen den Stoff des Kleids gedrückt wurden.

„Du trägst keinen BH“, bemerkte Adam rau. Er hob die andere Hand und strich mit einer Fingerspitze vorsichtig am Saum des Ausschnitts entlang. Er achtete darauf, ihre zarte Haut dabei nicht zu berühren. Danach trank er einen Schluck Whisky und gab so ihre Hand frei.

Regan richtete sich langsam auf. Adam hätte die Hand nur wenige Zentimeter weiter gleiten lassen müssen, um ihre Brüste zu berühren.

„Ich … brauche eigentlich auch keinen“, sagte sie und errötete.

„Klein, aber fein“, meinte Adam leise. Er strich ihr sanft über den Arm und ließ die Hand dann über ihre Hüfte bis hinunter zur Kniekehle gleiten, die er gerade liebkost hatte.

„Strümpfe oder Strumpfhose?“, fragte er und zupfte leicht an dem schwarzen Nylon.

Regan hatte Mühe, ihm zu antworten. „Strümpfe.“

„Lass mich raten – schwarze Strapse?“

Sein spöttischer Tonfall ließ sie erröten. Es wirkte zwar sehr klischeehaft, aber sie hatte sich vorhin so verrucht und sexy gefühlt, als sie sich angezogen hatte. Die schwarze Spitzenunterwäsche war der Versuch gewesen, das Liebesleben mit Michael etwas aufregender zu gestalten. Da hatte sie, Regan, auch noch nicht gewusst, dass Michael die Aufregung, die er brauchte, offenbar im Bett seiner vollbusigen, blonden Geliebten fand.

Adam ließ die Hand an Regans Oberschenkel hinaufgleiten, bis er den Strumpfhalter berührte.

„Sonst noch etwas?“

Regan konzentrierte sich ganz auf seine Berührung.

„Wie bitte?“

Er trank noch einen Schluck Whisky und beobachtete sie über den Rand des Glases hinweg. „Ich fragte, ob du sonst noch etwas trägst.“

Regan befeuchtete sich die Lippen. „Meinst du, außer dem Kleid?“, fragte sie leise.

„Nein, unter dem Kleid“, sagte Adam. Er ließ sie los, doch sie glaubte, seine Berührung noch immer spüren zu können.

Sie nickte schweigend.

„Schwarze Spitze?“

Sie nickte wieder. Adam blickte sie mit funkelnden Augen an, und sie hatte den Eindruck, dass er sie mit seinen nächsten Worten herausfordern würde.

„Würdest du den Slip für mich ausziehen?“

Die Frage verschlug Regan für einen Augenblick den Atem.

„Meinst du etwa, hier? Jetzt?“

Adam neigte den Kopf zur Seite. „Habe ich dich schockiert?“

Regan wurde wütend. Bisher schien alles so gut gelaufen zu sein. Und nun hatte er ihr diesen Fehdehandschuh vor die Füße geworfen. Er wartete lächelnd auf eine Antwort. Vermutlich hätte es ihn nicht überrascht, wenn sie beschämt errötet wäre und irgendwelche Ausflüchte gemacht hätte. Er hatte offenbar durchschaut, dass sie die leidenschaftliche, erfahrene Frau nur spielte.

Nein, sie würde sich von seiner Forderung nicht schockieren lassen. Schließlich war sie hierher gekommen, um neue Erfahrungen zu machen und ihre Sinnlichkeit wiederzuentdecken.

Schweigend ließ Regan die Hände unter das kurze schwarze Kleid gleiten und hakte die Daumen in die Seiten des knappen Bikinislips.

Adam blickte sie plötzlich starr an und beugte sich dann schnell vor, um sie zurückzuhalten.

„Es tut mir leid. Ich wollte dich nur aufziehen. Ich muss mich für meinen Mangel an Feingefühl entschuldigen“, sagte er ruhig. „Offenbar hat mich die Kombination aus gutem Scotch und einer sinnlichen Frau vorübergehend die Kontrolle verlieren lassen“, fügte er selbstironisch hinzu. Dann lehnte er sich mit dem Drink in der Hand zurück und betrachtete sie ernst.

Alles Ausreden!, dachte Regan ärgerlich. Er hatte sie vielleicht aufziehen wollen, war sich aber über jedes seiner Worte im Klaren gewesen. Er hatte sie nur auf die Probe stellen wollen.

Sie war versucht, seine Entschuldigung zu ignorieren und weiterzumachen. Doch er hatte sie als sinnlich bezeichnet, und für dieses Kompliment war sie bereit, ihm zu verzeihen. Hätte er sie eine schöne Frau genannt, wäre sie weder überzeugt noch beeindruckt gewesen. Doch Sinnlichkeit war angeboren und erschien ihr sehr erstrebenswert.

„Warum leistest du mir nicht Gesellschaft?“, fragte Adam leise.

„Danke“, antwortete Regan und setzte sich anmutig neben ihm auf die Couch. Auf diesen Polstern könnte man problemlos eine Orgie veranstalten, dachte sie nervös.

„Ich meine, mit einem Drink“, erklärte er und hob sein Glas.

„Ach so.“ Sie blickte sich suchend um. „Irgendwo hatte ich meinen Wodka Tonic abgestellt.“

„Mach dir einen neuen“, sagte Adam gelassen. Er hatte offenbar noch nie im Leben sparen müssen und erwartete offensichtlich von ihr, dass sie ihn und sich bediente, während Pierre in der Küche beschäftigt war.

Sie hatte zwar eigentlich schon genug getrunken, brauchte aber dringend eine Beschäftigung für ihre zittrigen Hände.

Regan stand unsicher auf und wäre mit den Absätzen beinah im dicken Teppich hängen geblieben und auf Adams Schoß gefallen. „Soll ich dir auch nachschenken?“, fragte sie, um ihn von ihrer Ungeschicklichkeit abzulenken.

„Nein, ich habe noch genug“,antwortete Adam und schwenkte den Whisky im Glas. „Du schenkst sehr großzügig ein.“

Regan zuckte die Schultern. „Mein Vater hat viel Whisky getrunken …“ Sie verstummte erschrocken und ärgerte sich über ihre unbedachte Bemerkung. Außerdem hatte der billige Fusel, der ihren Vater umgebracht hatte, als sie zehn Jahre alt gewesen war, nichts mit dem teuren, aromatischen Scotch zu tun, den Adam trank.

„Dein Ehemann auch?“

Regan zuckte zusammen und drehte sich schnell um.

„Wie bitte?“

Adam nahm ihre linke Hand und drehte sie zum Licht, sodass er den weißen Streifen am Ringfinger besser sehen konnte. Dann ließ er sie wieder los.

„Bist du verheiratet?“, fragte er schroff.

Regan zögerte. „Was wäre, wenn ich Ja sagen würde?“

Er blickte sie kühl an. „Dann würde ich dich höflich zur Tür begleiten und nie wieder ein Wort mit Derek sprechen. Er kennt meine Einstellung. Ich schlafe nicht mit den Frauen anderer Männer und verabscheue Lügen und Intrigen. Niemand bekommt eine zweite Chance, mein Vertrauen zu missbrauchen. Wenn du also verheiratet bist, solltest du es lieber gleich sagen. Mich sollte man sich besser nicht zum Feind machen.“

Sie war schockiert über den kalten Klang seiner Stimme. Adam besaß genügend Geld und die Macht, um seine Interessen zu wahren, und würde sicher davon Gebrauch machen, um sich an denen zu rächen, die versuchten, ihn zu betrügen.

„Ich bin nicht verheiratet“, sagte sie leise.

Doch die Antwort schien nicht zu genügen, um ihn zu besänftigen. „Aber du warst es“, erklärte er kurz angebunden. „Geschieden?“

Regan schüttelte den Kopf und blickte auf ihre Hand. Sie stellte fest, dass sie unwillkürlich versuchte, den Ehering an ihrem Finger zu drehen.

„Ich bin Witwe. Mein Mann kam bei einem Autounfall ums Leben.“

Adam schwieg kurz.

„Das tut mir leid“, sagte er dann.

Regan ärgerte sich über seinen sanften Tonfall. Adam sah sie plötzlich sanft und fragend an. Regan fühlte Wut in sich aufsteigen. Sie wollte sein Mitleid nicht! Sie war nur hier, um eine Nacht voller Leidenschaft mit ihm zu verbringen.

„Dazu gibt es keinen Grund.“

Adam schien sich über ihren schroffen Tonfall zu wundern.

„War es so schlimm?“, fragte er beinah zärtlich.

Regan fuhr sich durchs Haar und strich einige Strähnen zurück. „Du könntest dir sowieso nicht vorstellen, wie es war“, sagte sie mit einem bitteren Lächeln. „Also versuch es besser gar nicht erst.“

„Wie lange liegt der Unfall zurück?“

Regan sah ihn frustriert an. Sie wusste, was er dachte. Er fragte sich bestimmt, ob sie diesen Abend dazu benutzen wollte, die traumatischen Erfahrungen ihrer Ehe aufzuarbeiten.

Allerdings!

Ihre Augen blitzten. „Lange genug.“

Acht Monate, um genau zu sein. Sie hatte inzwischen herausgefunden, warum Michael darauf bestanden hatte, ihre gemeinsamen Finanzen allein zu regeln. Er hatte alle Ersparnisse ausgegeben und hohe Schulden gemacht, für die sie als seine Alleinerbin nun geradestehen musste. Da kein Testament vorhanden gewesen war, hatte es Monate gedauert, bis alle juristischen Probleme gelöst waren. Dann hatte ihr Anwalt sie darüber informiert, dass es kaum etwas zu erben gab.

Vor zwei Wochen hatte sie dann herausgefunden, warum.

Michaels langjährige Geliebte Cindy hatte ihr einen Besuch abgestattet … und ihren dreijährigen Sohn mitgebracht.

Sie, Regan, hatte auch den letzten Rest von Respekt vor ihrem Mann verloren, als sie erfuhr, dass Michael während ihrer gesamten Ehe ein Doppelleben geführt hatte, das sie unwissentlich mitfinanziert hatte.

Doch jetzt würde sie sich endlich rächen.

Heute Abend würde sie nicht die verständnisvolle, gehorsame kleine Ehefrau sein, die alles tat, was man von ihr verlangte.

Nein, heute würde sie diejenige sein, die ohne jede Reue sündigte …

4. KAPITEL

„Sehnst du dich nach deinem Mann?“

Er ist der Letzte, nach dem ich mich sehne, hätte Regan am liebsten geantwortet, entschied sich dann aber für eine andere Reaktion.

„Ich vermisse … einige Vorteile der Ehe …“ Sie warf Adam einen verführerischen Blick zu und ging zur Bar. Da sie wusste, dass er sie beobachtete, bemühte sie sich, den aufreizenden Hüftschwung nachzuahmen, mit dem Lisa über den Laufsteg ging.

Als Regan mit dem Drink zurückkam, setzte sie sich mit übereinandergeschlagenen Beinen auf die Couch, sodass ihr Rock hochrutschte.

„Lass mich das tun“, sagte sie, als Adam sich über den Nacken strich, um die verkrampften Muskeln zu lockern.

„Kannst du massieren?“

„Ich bin keine gelernte Masseurin“, antwortete sie unbekümmert, „könnte dir aber sicher ein wenig Entspannung verschaffen.“

„Ich glaube nicht, dass es mich entspannen würde, deine Hände auf meinem Körper zu spüren“, sagte Adam lächelnd.

Regan räusperte sich. Sie bemerkte, dass Pierre zwischen Küche und Essecke hin und her lief. „Was tust du denn normalerweise, um dich nach einem Tag im Büro zu entspannen?“

Adam sah sie gelassen an. „Ich finde es sehr erholsam, mit einer anziehenden Frau zu flirten.“

„Dann müsstest du dich heute Abend ja schnell erholen“, antwortete Regan ungerührt.

Er lächelte erwartungsvoll. „Ich fühle mich schon viel besser. Und was tust du, um auszuspannen, Eve?“

„Lesen, nähen, kochen …“, zählte sie mit gesenktem Blick auf. Dann warf sie ihm einen kurzen Blick zu. „Sex …“

„Das ist interessant. Ich verspüre beim Sex eigentlich eher eine gewisse Anspannung. Aber wahrscheinlich empfinden Männer und Frauen einfach unterschiedlich …“

Regan zuckte gespielt gleichgültig die Schultern. „Ich glaube, Männer und Frauen sind einander ziemlich ähnlich …“

„Darling, wenn du das glaubst, hast du früher offenbar den Biologieunterricht geschwänzt“, unterbrach Adam sie amüsiert.

Ihre Mutter hatte sie tatsächlich nicht zum Unterricht gehen lassen, wenn die Gefahr bestand, dass sie, Regan, dort etwas über Sex erfahren würde.

„Ich habe mich mehr auf die geisteswissenschaftlichen Fächer konzentriert“, konterte sie. „Ich hatte allerdings auch eher gemeint, dass Männer und Frauen dieselben Bedürfnisse und Wünsche haben.“

„Ich glaube nicht, dass meine sexuellen Fantasien mit deinen übereinstimmen“, sagte Adam.

Er klang so selbstzufrieden, dass Regan ihm gern eine Lektion erteilt hätte. „Deshalb sind deine Fantasien noch lange nicht besser als meine!“

„Warst du als kleines Mädchen auch schon so selbstbewusst und streitlustig?“, fragte Adam fasziniert.

„Nein, ich war geradezu engelhaft artig“, antwortete sie gespielt unschuldig. „Außerdem hat mich meine Mutter immer vor den sieben Todsünden gewarnt.“

„Dann blieb dir ja nichts anderes übrig, als brav zu sein.“ Er hatte das Problem beunruhigend schnell erfasst.

„Ich habe doch bestimmt meinen Heiligenschein mitgebracht.“ Sie tat so, als würde sie ihr Kleid danach absuchen.

„Der hat doch inzwischen bestimmt seinen Glanz verloren“, bemerkte Adam ironisch.

„Nein, ich poliere ihn hin und wieder“, konterte Regan. Sie genoss ihre neu entdeckte Schlagfertigkeit sehr.

„Staubst du auch deine goldenen Flügel ab?“

„Flügel besitze ich leider nicht, dafür aber einen Dreizack. Aber den muss ich zu Hause vergessen haben.“

„Du bist also eine Frau voller gefährlicher Widersprüche. Ich hätte dich vorhin nach Waffen abtasten sollen.“

Regan breitete anmutig die Arme aus. „Das kannst du jetzt gern nachholen. Ich werde mich nicht wehren.“

„Auch nicht, wenn ich dich darum bitte?“ Sie lachte über diese Bemerkung, während Adam den Blick zu Pierre schweifen ließ, der gerade eine Flasche Champagner in einem silbernen Sektkühler auf dem Esstisch platzierte. Daneben stand eine große Servierschüssel mit Deckel. Adam leerte sein Glas und stellte es ab. „Ich glaube, es ist angerichtet. Darf ich bitten?“

Der Tisch war für zwei Personen gedeckt, und die Flamme der Kerze in dem eleganten Leuchter spiegelte sich im polierten Holz.

Adam sagte, er wolle sich die Hände waschen, und folgte Pierre in die Küche. Als er zurückkam, stand Regan hinter dem Stuhl am Kopf des ovalen Tischs. Sie wirkte leicht verlegen, sodass er sie fragend ansah. Als er näher kam, zog sie den Stuhl zurück und machte eine einladende Geste.

„Übernimmst du meine Pflichten als Gastgeber?“, fragte er lächelnd und setzte sich. Regan nahm die weiße Damastserviette und breitete sie auf seinem Schoß aus. „Als ich Pierre sagte, wir würden ihn nicht mehr brauchen, hatte ich eigentlich geplant, dich zu bedienen.“

„Ich dachte mir, es würde dir vielleicht gefallen, ein wenig verwöhnt zu werden.“ Betont beiläufig legte sie etwas auf seine Serviette.

Adam blickte darauf, und sie freute sich über seinen schockierten Gesichtsausdruck. Es dauerte einige Sekunden, bis er sich wieder unter Kontrolle hatte und ironisch eine Augenbraue hochzog.

„Hast du etwas verloren, Eve?“ Er hob das winzige Stück schwarzen Spitzenstoff hoch.

„Ich wüsste nicht, was“, antwortete Regan gespielt ahnungslos. Adam blickte fasziniert auf ihre Hüften, und sie setzte sich aufreizend langsam auf den zweiten Stuhl.

„Du kleines Biest“, sagte er anerkennend. Er genoss ihre Darbietung offensichtlich.

Regan spürte den Stoff des Kleids auf der nackten Haut und fühlte sich ein wenig schutzlos, besonders als sein Knie unter dem Tisch ihres berührte. Sie presste die Schenkel zusammen und freute sich an ihrem leichtsinnigen Streich. Es tat so gut, sich unanständig zu benehmen, dass sie sich fragte, warum sie es nicht schon vor Jahren ausprobiert hatte.

Adam steckte den Slip gelassen in seine Brusttasche und nahm den Deckel von der Servierschüssel. Pierre hatte gedünstetes Gemüse zubereitet, das von einer dunklen, mit Sesamkörnern gesprenkelten Soße überzogen war. „Möchtest du?“

Regan wandte den Blick endlich von der Spitze ab, die aus Adams Tasche hervorblitzte. „Nein, danke …“ Sie sah zu, wie Adam sich eine große Portion Gemüse auffüllte. „Bist du Vegetarier?“

Er schüttelte den Kopf und schenkte den Champagner ein. „Ich hatte Pierre gebeten, etwas leicht Verdauliches zu kochen. Ich finde, man sollte vor dem Sex nicht zu schwer essen, stimmt’s?“

Regan hätte das Champagnerglas beinah fallen lassen. „Darüber … habe ich noch nie nachgedacht …“

„Also folgst du sonst einfach immer deinen natürlichen Instinkten? Das gefällt mir an einer Frau.“ Adam betrachtete das Essen und schien den Genuss mit allen Sinnen auszukosten. „Das ist hervorragend. Hier, probier mal.“ Er spießte ein Karottenstück auf die Gabel und hielt es ihr hin. Sie beugte sich unwillkürlich vor und aß es.

„Schmeckt es dir?“, fragte er und hielt ihr schon einen zweiten Bissen hin.

Das Gemüse war knackig und die Soße pikant gewürzt. „Köstlich“, lobte Regan.

„Möchtest du nicht doch etwas davon?“

„Eine kleine Portion vielleicht“, ließ sie sich überreden. Heute Nacht würde sie keiner Versuchung widerstehen.

Während des Essens sorgte Adam dafür, dass die Unterhaltung weder zu ernst noch zu persönlich wurde, blickte Regan aber immer wieder verführerisch an. Sie war sich der Tatsache bewusst, dass sie eine Frau war und er ein Mann, der ihren Slip in der Tasche hatte. Ihr gewagter Streich hatte seine Wirkung nicht verfehlt, und Adam versuchte nicht, seine wachsende Erregung zu verbergen. Er betrachtete ihren Mund, während sie aß, ihre Augen, wenn sie Champagner trank, und ihren Hals, wenn sie schluckte.

Regan war nicht daran gewöhnt, dass ein Mann ihr so viel Aufmerksamkeit schenkte. Sie genoss die erotische Spannung, die seine ironischen Scherze und leidenschaftlichen Blicke hervorriefen.

Als Adam sich schließlich mit der Serviette den Mund abtupfte, fragte sich Regan unwillkürlich, wie sich seine Lippen wohl auf ihrer Haut anfühlen würden …

Sie fand es heraus, als er sich plötzlich ungeduldig vorbeugte und sie von ihrem Stuhl auf seinen Schoß zog.

„Jetzt kannst du dein Versprechen einlösen“, sagte er rau und nahm sie in die Arme.

„Welches Versprechen?“, fragte sie atemlos und barg den Kopf an seiner Schulter.

„Dieses“, flüsterte Adam und ließ die Hand an ihrem Schenkel hinaufgleiten, bis er den Rand der Strümpfe erreicht hatte und ihre zarte Haut streicheln konnte. Mit den Fingerspitzen kam er dem Zentrum ihres Verlangens so nahe, dass Regan vor Lust erschauerte.

Sie presste unwillkürlich die Beine zusammen und stöhnte leise. Adam küsste sie leidenschaftlich und entflammte ihre Sinne so gekonnt, dass es ihr beinah den Atem nahm.

Seine Küsse waren nicht mehr dazu gedacht, sie zu necken, sondern ihr Verlangen zu steigern. Regan gab sich ganz ihren Empfindungen hin und erwiderte seine Küsse, während sie immer wieder lustvoll erschauerte. Er erkundete ihren Mund mit der Zunge, bis sie sich in seinen Armen wand und sich noch enger an ihn schmiegte. Sie legte ihm die Arme um den Nacken und schob die Finger in sein glänzendes dunkles Haar.

Doch Adam hatte sich noch immer unter Kontrolle, und sie wollte mehr, als er ihr gab. Sie küsste ihn immer leidenschaftlicher und herausfordernder, um ihn dazu zu bringen, seine Zurückhaltung aufzugeben.

Adam gab aber nicht nach. Schließlich ließ Regan die Hand über sein Gesicht zu seinem Hals hinuntergleiten und versuchte ungeduldig, die Knöpfe seines Hemds zu öffnen. Sie strich über seine muskulöse Brust und setzte spielerisch ihre Fingernägel ein.

Er stöhnte auf und schob die Hand, die noch immer zwischen Regans Schenkeln gefangen war, weiter nach oben, bis sein Daumen das seidige Dreieck berührte.

Adam gab ihren Mund frei, und Regan ließ den Kopf an seine Schulter sinken. Er küsste sie auf den Hals und biss sie spielerisch. „Du begehrst mich so sehr“, flüsterte er rau, als er die Hitze ihres Verlangens spürte. „Du bist bereit, dich mir hinzugeben …“

Regan glaubte, eine Spur von Verwunderung in seiner Stimme zu hören. „Das wolltest du doch, oder?“, fragte sie leise.

„Ich bekomme nicht immer, was ich von einer Frau will“, sagte er und schob die Hand zwischen ihren Schenkeln noch ein wenig höher. Regans blaue Augen funkelten. „Aber vielleicht bist du da anders, Eve. Du wirst mir bestimmt keine Leidenschaft vorspielen müssen, stimmt’s?“ Diesmal klang seine Stimme triumphierend.

„Du begehrst mich auch“, sagte Regan und streichelte dabei seine Brust.

Adam küsste sie kurz. „Allerdings“, gestand er und bewegte die Hüften, sodass sie sein Verlangen deutlich spüren konnte.

Er liebkoste die Innenseite ihrer Schenkel langsam und zärtlich. Erst als er spürte, dass Regan sich ihm entgegendrängte, zog er die Hand zurück und umfasste ihre Brust. Er liebkoste die aufgerichtete Spitze durch den Stoff des Kleids.

„Adam …“, flüsterte Regan. Seine Berührungen weckten in ihr ein beinah schmerzhaftes Verlangen, und sie presste die Schenkel zusammen.

„Eve, lass uns ins Schlafzimmer gehen, solange wir uns noch auf den Beinen halten können.“ Sie standen auf, und Adam umfasste Regans schlanke Taille. „Ich würde das hier lieber im Bett beenden. Du nicht auch?“

Beenden? Sie wollte diese wundervollen Empfindungen nie wieder entbehren.

„Komm“, sagte er und führte sie zum Schlafzimmer.

Als sie durchs Wohnzimmer gingen, nahm Regan schnell ihre Handtasche an sich und betrat zusammen mit Adam das Schlafzimmer, das sie vorher als so bedrohlich empfunden hatte.

Adam leerte seine Hosentaschen aus und legte den Inhalt auf die Kommode. Er öffnete die übrigen Hemdknöpfe und schaltete das Licht im angrenzenden Badezimmer an, das sie zuvor übersehen hatte.

„Ich würde gern kurz duschen, wenn du nichts dagegen hast.“ Adam zog sich das Hemd aus und warf es über einen Stuhl. Ihr Spitzenhöschen zierte noch immer die Brusttasche.

Die Narben an seinem Hals endeten kurz unter seinem Schlüsselbein, doch davon abgesehen war sein Körper nahezu vollkommen. Das dunkle Haar auf seiner muskulösen Brust bildete ein Dreieck, das in einer dünnen Linie über seinem Bauchnabel auslief. Im Wandspiegel konnte Regan seinen kräftigen Rücken sehen. Als Adam den schlichten schwarzen Ledergürtel öffnete, sah sie, wie erregt er war.

Adam bemerkte ihren Blick und ging zu ihr. „Ich würde dich ja mit unter die Dusche nehmen, doch das würde unserem Vergnügen ein zu schnelles Ende bereiten“, gestand er. „Ich hatte an ein längeres Vorspiel gedacht.“ Er streifte mit den Lippen kurz ihre Wange. „Außerdem duftest du schon so verführerisch. Wenn du gern badest, können wir uns ja später in den Whirlpool setzen.“ Er ging zur Badezimmertür und warf ihr noch einen schalkhaften Blick zu. „Wartest du auf mich?“

Als ob es daran Zweifel geben könnte!, dachte Regan. Sie hörte das Summen eines elektrischen Rasierapparats und dann das Rauschen der Dusche.

Regan stand unschlüssig im Schlafzimmer. Sie fragte sich, ob sie sich ausziehen sollte. Erwartete Adam von ihr, dass sie nackt im Bett lag, wenn er zurückkam? Oder beinhaltete seine Vorstellung vom Vorspiel, dass sie sich angezogen auf den Laken räkelte? Regan wurde nervös und suchte schnell nach einer Ablenkung.

Sie ging zur Kommode hinüber, achtete dabei aber auf die Geräusche aus dem Bad. Abgesehen von Adams Tascheninhalt, lagen dort noch ein Kamm und ein kleines Necessaire. Dann entdeckte sie jedoch noch eine schmale blaue Schmuckschatulle.

War das ihre Belohnung?

Aus dem Bad drang noch immer Wasserrauschen.

Regan legte ihre Handtasche hin und öffnete die Schatulle schuldbewusst und neugierig zugleich.

Sie hielt den Atem an. Auf einem blauen Samtkissen lag ein schmales Brillantarmband. Die vielen winzigen Steine funkelten im Licht der Deckenbeleuchtung. Das Armband musste ein Vermögen gekostet haben!

Regan schloss die Schatulle schnell wieder und legte sie an ihren Platz zurück.

Außer ihrem Verlobungs- und Ehering hatte ihr Michael nie Schmuck geschenkt. Zum Geburtstag hatte sie immer Haushaltsgeräte bekommen, und das romantischste Geschenk zum Hochzeitstag war ein Kochbuch gewesen.

Doch auch dieses Geschenk hatte nichts Romantisches an sich. Das Armband war zwar sehr schön, bedeutete aber weder für sie noch für Adam etwas. Es war nicht das Geschenk eines Geliebten, sondern Teil einer geschäftlichen Vereinbarung. Adam hatte das Armband ja nicht einmal speziell für sie ausgesucht – wenn er es überhaupt selbst gekauft hatte.

Regan öffnete ihre Handtasche und nahm ein kleines Kästchen heraus. Darin befanden sich Manschettenknöpfe aus goldgefasster Neuseeland-Jade. Sie hatte lange gespart, um Michael zum achtundzwanzigsten Geburtstag etwas Besonderes schenken zu können. Doch er war eine Woche vor seinem Geburtstag ums Leben gekommen, und danach hatte sie lange Zeit nicht mehr an die Manschettenknöpfe gedacht. Bis heute.

„Was machst du da?“

Autor

Kim Lawrence
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