Julia Exklusiv Band 249

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HEUTE NACHT SING ICH FÜR DICH von DARCY, EMMA
Erst wird sie mit Nick Armstrong auf seiner Geburtstagsfeier heiß flirten und ihn dann eiskalt abservieren - so wie er es einst mit ihr gemacht hat. Doch Sängerin Barbie hat nicht geahnt, dass auch ihr bei dem Wiedersehen heiß werden könnte - und daran sind nicht die Kerzen schuld!

WO DAS GLÜCK AUF UNS WARTET von FIELDING, LIZ
Seit Kay den Unternehmer Patrick Ravenscar auf dessen Anwesen getroffen hat, träumt sie von einer gemeinsamen Zukunft! Doch auf einmal kommen ihr Zweifel: Sieht Patrick in ihr womöglich nur seine verstorbenen Frau, der Kay so unglaublich ähnelt?

EIN GEORGE CLOONEY NUR FÜR MICH von PORTER, JANE
So hat Hollywoodstar Wolf Kerrick sich das nicht vorgestellt! Alexandra sollte doch nur so tun, als wäre sie seine Freundin. Und nun das! Er empfindet tatsächlich etwas für sie - was sie ihm unter diesen Umständen natürlich nie glauben wird!


  • Erscheinungstag 08.08.2014
  • Bandnummer 0249
  • ISBN / Artikelnummer 9783733703554
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Emma Darcy, Liz Fielding, Jane Porter

JULIA EXTRA BAND 249

EMMA DARCY

Heute Nacht sing ich für dich

Was für eine wunderschöne Stimme! Der reiche Unternehmer Nick Armstrong ist von der Sängerin, die auf seiner Geburtstagsparty auftritt, vollkommen hingerissen. Doch nicht nur akustisch hat sie einiges zu bieten, auch optisch ist sie ein Hochgenuss. Irgendwie erinnert sie ihn an jemanden. Ist das der Grund, warum sie ihn eiskalt abblitzen lässt?

LIZ FIELDING

Wo das Glück auf uns wartet

Patrick Ravenscar traut seinen Augen kaum, als er im Garten seines Anwesens auf die süße Kay trifft, die seiner verstorbenen Frau zum Verwechseln ähnlich sieht. Erwachen etwa nur deshalb gleich so heiße Gefühle in ihm? Er darf ihnen auf keinen Fall nachgeben, denn eins weiß er seit dem Tod seiner Frau: Liebe bedeutet Schmerz …

JANE PORTER

Eine George Clooney nur für mich

Es ist ein unwiderstehliches Angebot, das Hollywoodstar Wolf Kerrick ihr da macht: Alexandra erhält den langersehnten Job beim Film, wenn sie privat seine Freundin spielt. Doch während beide das frisch verliebte Paar geben, knistert es heiß zwischen ihnen. Ob Wolf das auch merkt? Oder bildet sich Alexandra alles nur ein?

1. KAPITEL

Wie jeden Montagmorgen tauschten die Angestellten von „Multi-Media Promotions“ die Erfahrungen des Wochenendes aus, bevor sich alle an die Arbeit machten. Nick Armstrong grüßte nur flüchtig, während er zu seinem Büro ging, im Schlepptau seinen Freund und Geschäftspartner Leon Morrell. Sobald die Tür geschlossen und er mit dem einzigen Menschen allein war, der seine Situation eigentlich verstehen sollte, ließ Nick seiner angestauten Wut freien Lauf.

„Weißt du, was Tanya am Samstag zu mir gesagt hat, nachdem ich unseren geplanten Ausflug noch einmal verschoben hatte?“

„Zweifellos irgendetwas, was darauf angelegt war, dich in die Wüste zu schicken.“

Nick verzog das Gesicht. Er dachte an die hässliche Trennung, die Leon gerade erlebt hatte. „Sie hat gesagt, in Wirklichkeit wolle ich eine Puppe, die nicht verletzt sei, wenn ich sie links liegen lasse, bis ich Zeit zum Spielen hätte.“

„Klingt gut! Eine Puppe nörgelt nicht.“

„Eine, die wie eine Märchenprinzessin aussieht …“

„Ja. Bezaubernd schön, langes blondes Haar und ein strahlendes Lächeln …“

„Mit einem Zauberstab, der mir die Kraft gibt, so gut im Bett zu sein, wie es sogar eine Gummipuppe von einem Mann verlangen würde.“

„Oooh, jetzt kommen wir zu den perversen Sachen.“

„Leon, es ist ernst. Und wir müssen ernsthaft miteinander sprechen.“

Er zog die Augenbrauen hoch. „Über Frauen?“, fragte er spöttisch.

„Übers Geschäft.“ Nick blickte seinen Freund finster an, ging um den Schreibtisch herum und sank in seinen Sessel. „Setz dich. Und hör auf, so blöd zu grinsen. Es ist sehr wichtig.“

„Der Mann ist verwundet“, sagte Leon seufzend, als er sich auf einen Stuhl setzte. Dann sah er, wie verärgert Nick war, und bemühte sich, ein ernstes Gesicht zu machen. Es war gefährlich, Nick zu reizen, wenn er in dieser Stimmung war. Er war ein krea­tiver Mensch, ein Ass am Computer und ein grüblerischer Typ, der oft aufgeheitert werden musste. Leon kam jedoch zu dem Schluss, dass dies nicht der richtige Moment war. Sein Freund und er waren grundverschieden, sogar was das Aussehen betraf. Nick war groß, hatte schwarzes Haar und blaue Augen, und nicht nur physische, sondern auch psychische Stärke kennzeichneten sein markantes Gesicht und den muskulösen Körper. Auch wenn er nur mittelgroß und mit seinem passablen braunen Haar und den braunen Augen nicht so auffallend attraktiv war, hatte Leon neben Nick niemals Minderwertigkeitsgefühle, denn er hatte ein flottes Mundwerk und konnte jede Frau für sich einnehmen, die er haben wollte.

Sie waren ein großartiges Team – der Kreative und der Geschäftstüchtige –, und Leon würde nicht dulden, dass irgendetwas ihre gute Zusammenarbeit störte. Außerdem war das psychische Wohl seines Partners von allergrößter Bedeutung für ihren Erfolg.

„Du weißt, wie fantastisch die Sache mit dem Internet angelaufen ist, Leon. Ich werde mit Arbeit überhäuft und brauche noch zwei Grafiker, die mich unterstützen.“

„Das wird unseren Gewinn verringern.“

„Ich muss auch noch ein Leben haben“, stieß Nick hervor.

Leon verdrehte die Augen. „Weil Tanya sich darüber aufgeregt hat, dass sie nicht deine ungeteilte Aufmerksamkeit bekommt? Sie besitzt dich nicht, und lass dir von mir sagen …“

Nick blickte ihn wütend an. „Ich lasse mir viel von dir sagen. Du bist ein Verkaufsgenie, und wir beide haben großen Erfolg zusammen. Aber unter so einem Druck arbeite ich nicht länger.“

„Okay, okay.“ Leon hob beschwichtigend die Hände. „Das akzeptiere ich ja. Vorausgesetzt, dass es deine Meinung ist und nicht Tanyas. Du hast doch immer erklärt, wenn wir schuften würden wie Pferde, bis wir dreißig sind …“

„Ich werde nächste Woche dreißig. Wir haben im vergangenen Jahr beide fünf Millionen Dollar verdient …“

„Und wir können in diesem Jahr gut das Doppelte verdienen.“

„Aber wir haben einen hohen Preis dafür bezahlt. Du hast Liz verloren, und …“

„Da haben wir’s. Du ziehst Frauen hinein.“

„Verdammt, Leon! Ich will neben der Arbeit auch noch ein Privatleben haben. Genug ist genug. Ich brauche mehr Mitarbeiter.“

„Schon gut. Ich höre mich um und werbe einen guten Grafiker für dich ab.“

Nick hielt zwei Finger hoch.

Leon seufzte. Zwei Gehälter würden mehr zu zahlen sein. „Dann hole ich einen guten und einen von der Kunstakademie, den wir ausbilden. Wie findest du das?“

„Geizkragen.“

„Keineswegs. Es ist vernünftig, selbst Leute auszubilden.“

Insgeheim gab Nick seinem Freund recht. „Pack es sofort an, Leon. Und versuch nicht, mich hinzuhalten. Mir ist gleichgültig, wie viel es kostet. Es wird sehr viel teurer, wenn ich irgendwann am Burn-out-Syndrom leide.“

„Sprich nicht davon!“ Leon stand entsetzt auf. „Dein Wunsch ist mir Befehl, alter Junge. Ich betätige mich sofort als Headhunter.“

„Vergiss nicht den Trainee.“

„Kein Problem. Die Studenten werden den Eingang stürmen, um den Job hier zu ergattern.“ Leon ging zur Tür, blieb stehen und warf Nick über die Schulter einen zynischen Blick zu. „Ich wette, Tanya kommt trotzdem zu deiner Geburtstagsparty. Ihr gefällt, was für unser Geld zu haben ist. Vergiss das nicht, wenn sie dir wieder die Daumenschrauben anlegt.“

„Die Arbeit wartet“, erinnerte ihn Nick kurz angebunden, und Leon ging.

Nervös, mit sich und der Welt unzufrieden, schaltete Nick den Computer ein und versuchte, sich ans Werk zu machen. Leons Worte blieben ihm jedoch im Gedächtnis haften. Am Ende seines heftigen Streits mit Tanya hatte sie gesagt, die Party sei seine letzte Chance. Wenn er nicht sein Leben ändern würde … Nick presste die Lippen zusammen. Sie war zu weit gegangen. Es war ja nicht so, dass er nebenbei andere Frauen hatte. Er hatte wenig Zeit für sie, weil er hart arbeitete. Und es störte sie überhaupt nicht, das viele Geld auszugeben, das er verdiente. Immer bat sie ihn, sie in die teuersten Restaurants mitzunehmen und die besten Plätze bei den Konzerten zu besorgen, die sie sehen wollte. Leon hat recht, dachte Nick, sie nutzt mich aus. Nicht, dass es ihn übermäßig störte. Wozu war Geld gut, wenn man es nicht für die Freuden des Lebens verwendete? Nur dass Tanya ihm nicht besonders viel Freude bereitete. Tatsächlich wurde sie zu einer unvernünftigen Nörglerin, die am Ende eines gemeinsamen Abends regelmäßig Streit anfing, was ihm die Lust auf Sex mit ihr nahm. Ihm fehlte nicht so sehr die Energie als vielmehr das Verlangen.

Seine letzte Chance.

Ihm war danach, die Beziehung vor der Party zu beenden, die Tanya natürlich nicht verpassen wollte. Wer würde das wollen? Leon hatte ein großes Zelt auf dem Observatory Hill mit Aussicht auf den Hafen organisiert, eine fantastische Jazzband und einen erstklassigen Partyservice. Tanya würde einen Blick auf all die erfolgreichen jungen Männer werfen können, die sich gerade im Geschäftsleben einen Namen machten.

Soll sie doch, dachte Nick. Vielleicht würde er sich auch umsehen. Es musste eine Frau geben, die mehr Verständnis für seine Bedürfnisse und nichts dagegen hatte, sich zu beschäftigen, während er arbeitete. Auf eine unvernünftige Nörglerin konnte er zweifellos verzichten.

Leon ging in sein Büro und hoffte, dass er Tanya mit seiner letzten Bemerkung einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte. Egoistisches Miststück. Sie holte aus Nick so viel wie möglich heraus und gab niemals irgendetwas zurück. Vielleicht sollte er noch einige heiße Partygirls an Land ziehen und Nick an seinem Geburtstag zeigen, dass noch andere Frauen auf der Welt lebten. Frauen, die nur allzu glücklich wären, mit ihm zusammen zu sein, ohne Unruhe zu stiften.

Noch besser …

Leon lächelte. Warum nicht eine Märchenprinzessin mit einem Zauberstab, die Tanya Wells in einen hässlichen, quakenden Frosch verwandeln würde?

Sein Lächeln wich einem schadenfrohen Lachen.

„‚Partyüberraschung‘“, meldete sich Sue Olsen und klemmte sich den Hörer zwischen Kinn und Schulter, während sie in der Hoffnung auf einen lukrativen Auftrag nach Notizblock und Kugelschreiber griff. „Wie sollen wir bei Ihnen plötzlich auftauchen?“

„Sie bieten Shownummern für Geburtstagsfeiern an, stimmt’s?“, fragte ein Mann.

„Ja, Sir. Wir haben ‚Die singenden Sonnenblumen‘, ‚Die Farm der Kuscheltiere‘, ‚Die Gummibärchen‘ …“

„Ich möchte eine Märchenprinzessin mit einem Zauberstab, die ‚Happy Birthday‘ singt und ein bisschen Flitter streut“, verlangte er energisch.

Sue lächelte ihre Freundin und Teilhaberin Barbie Webster an, die von dem gestrigen Auftritt vor dreißig schreienden Fünfjährigen noch immer fix und fertig war. „Wir haben die perfekte Märchenprinzessin für Sie“, erwiderte sie selbstbewusst.

Barbie verdrehte die Augen. Offensichtlich musste sie selbst mit Zauberflitter bestreut werden, um an diesem Morgen Begeisterung aufzubringen. Vier Kinderpartys an einem Wochenende zu absolvieren bedeutete harte, kraftraubende Arbeit. Wenn sie es von der heiteren Seite betrachtete, war der neue Auftrag einfach, viel leichter auszuführen als die Clownsnummer.

„Und welchen Termin wünschen Sie?“, fragte Sue.

„Ich möchte zuerst einmal sichergehen, dass es wirklich das Richtige ist“, sagte der Anrufer argwöhnisch. „Sie muss schön sein.“

„Sie ist wunderschön.“

„Langes blondes Haar? Es soll ihr offen über die Schultern fallen.“

„Die Beschreibung ist genau richtig.“

„Es ist keine Perücke?“

„Ich verspreche Ihnen, dass sie keine trägt.“

„Gut. Lächelt sie herzlich? Gesunde Zähne?“

„Ein strahlendes Lächeln. Jeder Zahnarzt wäre stolz auf sie.“

„Tja, bisher genügt das den Ansprüchen. Wie groß ist sie?“

„Wie groß?“ Sue runzelte die Stirn.

„Ich will keinen Zwerg. Ich meine, wir reden hier doch nicht etwa über ein kostümiertes Kind?“

„Nein. Unsere Märchenprinzessin ist eine schöne junge Frau, die über dem Durchschnitt liegt, aber nicht ganz die Größe eines Models erreicht.“

Barbie verzog das Gesicht, bleckte die Zähne und zerzauste sich das Haar, sodass sie aussah wie in ihrer Rolle als „Böse Hexe“. Sue streckte ihr die Zunge heraus.

„Prima!“, rief der Anrufer. „Das hört sich ja gut an. Nur noch eine Frage: Was ist mit ihrer Figur?“

„Wie bitte?“

„Hat Sie Rundungen an den richtigen Stellen?“

„Hm“, sagte Sue unverbindlich und wartete ab, wie weit er gehen würde.

„Eine Spindeldürre kommt nicht infrage“, erklärte er energisch. „Sie muss sexy sein.“

Das Wort „sexy“ machte Sue misstrauisch. Sie erhielten gelegentlich Anrufe von verrückten Typen. Es war an der Zeit, diesen festzunageln. „Sprechen wir hier zufällig über einen Junggesellenabschied?“, fragte sie zuckersüß.

„Glauben Sie mir, Hochzeiten sind nicht im Umlauf“, erwiderte er sarkastisch. „Ich organisiere eine große Party für meinen Freund, der dreißig wird. Die Nummer soll eine besondere Überraschung sein.“

„Werden auch Frauen dabei sein?“

„Natürlich. Die meisten sind Singles, wie die Männer. Man könnte sagen, dass sich auf der Party die junge Elite der Gesellschaft trifft. Nichts daran soll im Verborgenen bleiben. Die Feier findet in einem Zelt auf dem Observatory Hill statt.“ Offensichtlich hatte er begriffen, was ihre Fragen bedeuteten.

Sue dachte an die Möglichkeiten, die sich boten, wenn begehrenswerte Junggesellen auf den Putz hauten. „Wenn wir den Auftrag übernehmen, müsste ich darauf bestehen, die Märchenprinzessin zu begleiten, um sicherzustellen, dass sie keinen, sagen wir mal, Unverschämtheiten ausgesetzt wird.“

„Sie sind herzlich eingeladen, hinterher mitzufeiern. Ich nehme an, sie sieht tatsächlich sexy aus.“

„Zweifellos hat sie eine gute Figur. Aber ich möchte nicht, dass sich irgendjemand falsche Vorstellungen macht. Sie tritt als Märchenprinzessin auf und singt ‚Happy Birthday‘, mehr nicht. Richtig?“

„Haargenau. Oh! Das habe ich noch nicht gefragt. Kann sie singen?“

„Sie ist als professionelle Unterhaltungskünstlerin in diesem Land auf Tournee gegangen. Reicht das?“

„Großartig!“

Das wird teuer, Mister, dachte Sue. Sie notierte sich die näheren Einzelheiten und vervierfachte kühn das Honorar für Barbie und sich selbst. Ein Engagement nach Geschäftsschluss plus Gefahrenzulage. Nicht, dass Sue irgendeine echte Gefahr sah, aber sie hielt eine solche Bezahlung durchaus für gerechtfertigt.

Barbie war ganz überwältigt, als sie hörte, was für ein unerhörtes Honorar Sue für diesen Auftritt verlangte. Nächste Woche Gewinn zu machen war kein Problem mehr. Seitdem sie „Partyüberraschung“ gegründet hatten, mussten sie ständig kämpfen, um mit ihren Einkünften auszukommen. Zumindest hatten sie jetzt regelmäßig Arbeit, und sie wohnten wieder in Sydney. Mit der „Country and Western“-Nummer von einem Countryclub zum nächsten durchs Land zu reisen war schön gewesen, finanziell hatte es sich jedoch nicht gelohnt.

Nach dem zu urteilen, was Sue am Telefon gesagt hatte, ging es bei dem Auftrag nicht darum, Kinder zu unterhalten. Es klang ziemlich heikel. Zugegeben, sie konnten einem geschenkten Gaul nicht ins Maul sehen. Das Auto kostete Geld, sie mussten die Miete für die Dreizimmerwohnung in Ryde und andere Rechnungen bezahlen. Trotzdem …

Sue legte auf. „Hab es!“, rief sie. Ihre grünen Augen funkelten triumphierend. Mit ihrem kurzen roten Haar und der zierlichen Figur konnte sie sehr gut einen Kobold spielen, und im Moment machte sie zweifellos einen sehr mutwilligen Eindruck.

„Was genau hast du?“, fragte Barbie argwöhnisch.

„Er hat nicht einmal gezögert, als ich das Honorar genannt habe. Das beweist, dass er wirklich reich ist und nichts dagegen hat, sein Geld auszugeben. Ich liebe solche Männer!“

„Bist du sicher, dass er kein unanständiger alter Mann ist?“

Sue lachte. „Er könnte ein unanständiger junger Mann sein. Ganz bestimmt ist er jung. So um die dreißig. Und Junggeselle. Mitbesitzer von Multi-Media Promotions. Vielleicht bitte ich ihn, eine Website für uns einzurichten. Dann bekommen wir Kunden aus dem Internet.“

„Wir haben noch nicht einmal einen Computer“, erinnerte Barbie ihre Freundin trocken. Sue hatte immer hochfliegende Träume, und es war oft schwierig, sie auf den Boden der Tatsachen zurückzubringen.

Sie zuckte die Schultern. „Ich denke nur voraus. Dieser Auftrag ist wirklich gut für uns, Barbie. Viel Geld plus die Gelegenheiten, die sich an dem Abend bieten.“

„Würdest du so freundlich sein, mir zu erklären, worum es überhaupt geht?“

Vor Begeisterung tanzte Sue buchstäblich durch das kleine Wohnzimmer, während sie Barbie von der Party und der Einladung erzählte, zu bleiben und sich unter die Elite der Junggesellen Sydneys zu mischen.

Barbie musste zugeben, dass es interessant klang, wenn man bedachte, dass Sue und sie im Moment kein gesellschaftliches Leben hatten. „Wie heißt der Typ, der mich als Märchenprinzessin engagiert hat?“, fragte sie und überlegte, ob sie vor dem Abend irgendwie überprüfen könnten, ob er ehrlich gewesen war.

„Leon Morrell.“

Der Name berührte sie unangenehm. Hatte Nick Armstrong nicht einen Studienfreund gehabt, der so hieß? „Und sein Geschäftspartner, das Geburtstagskind?“

„Nick Armstrong.“ Sue fing übermütig an zu singen. „Happy birthday, dear Nick. Happy birthday, dear Nick …“

„Hör auf damit!“, schrie Barbie. Die Hände zu Fäusten geballt, stand sie auf.

Sue verstummte und blickte sie an, als wäre sie verrückt. „Was ist los?“

„Erinnerst du dich nicht?“ Barbie brannte das Gesicht, denn sie erinnerte sich nur allzu gut an die schlimmste Kränkung und Demütigung ihres Lebens.

„Woran?“, fragte Sue verwirrt.

Barbies graue Augen funkelten vor kalter Wut, während sie an den Mann dachte, der ihr das Herz gebrochen hatte. „Ich habe vor neun Jahren auf der Party anlässlich seines einundzwanzigsten Geburtstags für ihn gesungen.“

Ihre Freundin sah noch immer ratlos aus. „Wirklich?“

„Ja. Und ich habe dir damals alles darüber erzählt, wie er … Ich werde nie wieder für ihn singen!“, sagte sie energisch.

„Oh!“ Sue verzog das Gesicht. „Der Typ, in den du als Schulmädchen mächtig verliebt warst.“

„Ich war sechzehn.“ Barbie hatte Nick Armstrong von ganzem Herzen geliebt, und er hatte diese Liebe herabgesetzt, indem er ein sexy Flittchen mit einem protzigen Auto vorgezogen hatte. Sie hatte sich gesagt, er müsse ein oberflächlicher Mistkerl sein, wenn er sich von so seichten Dingen verführen lasse, aber sie war trotzdem völlig deprimiert gewesen.

„Seitdem ist schon sehr viel Wasser den Hawkesbury River heruntergeflossen, Barbie.“

Das stimmte, doch der tiefe Schmerz war nicht verschwunden. Kein anderer Mann hatte auch nur ansatzweise das in ihr geweckt, was sie früher einmal für Nick Armstrong empfunden hatte. Er hatte ihren Glauben an die Liebe zerstört, und vielleicht hielt sie seinetwegen nicht viel von Träumen.

„Es ist nur ein Auftritt von zehn Minuten, durch den wir zum ersten Mal mit Gewinn arbeiten.“ Sue hob bittend die Hände. „Wahrscheinlich erkennt er dich nicht einmal wieder. Du hast damals eine Zahnspange getragen. Dein Haar war kurz und heller …“

Ja, und so drahtig wie das Fell eines Airedaleterriers. „Wauwau Webster“ hatten Nicks Freunde sie damals genannt, weil sie ihm und seiner Clique wie ein treuer Hund überallhin gefolgt war. Sie hatte den Spitznamen gehasst.

„Du hast eine Brille statt Kontaktlinsen getragen“, sprach Sue weiter. „Und du warst als Teenager spindeldürr. Du siehst jetzt viel reifer aus.“

„Das ist nicht der springende Punkt!“, brauste Barbie auf. „Ich werde nicht für ihn singen. Du kannst es ja selbst machen.“

„Oh ja, klar. Als wäre ich blond, schön und sexy. Die Märchenprinzessin ist deine Nummer, Barbie. Außerdem habe ich Leon Morrell versprochen, dass sie keine Perücke trägt.“

„Dann sag ihm, dass wir den Auftrag doch nicht übernehmen können. Soll er sich jemand anders suchen.“

„Und all das schöne Geld? Ganz zu schweigen von der Chance, aufstrebende junge Männer kennenzulernen?“ Sue schüttelte den Kopf. „Es wäre am besten, wenn du dich erst einmal hinsetzt, dich beruhigst und vernünftig überlegst. Wenn der Gedanke an Nick Armstrong nach neun Jahren noch so wehtut, hast du ein echtes Problem, und es wird Zeit, dass du dich diesem Problem stellst und darüber hinwegkommst.“

Barbie ließ sich in einen Sessel sinken. Sie wollte nicht mit ihrer Freundin streiten, aber sie war fest entschlossen, nicht nachzugeben. Sie würde nicht für Nick Armstrong singen!

„Denk mal an die andere Abteilung unserer Firma: ‚Geh zum Teufel‘.“ Sue setzte sich auf die breite Armlehne.

Sie hatten ziemlich viele Auftraggeber, denen die Vorstellung gefiel, dass ein Strauß verwelkter Rosen an jemanden geliefert wurde, der ihnen unrecht getan oder sie gekränkt hatte. Barbie hatte Zweifel geäußert, aber Sue hatte argumentiert, dass es eine relativ harmlose Methode sei, seinen Gefühlen Luft zu machen, und die Leute davon abhalte, Schlimmeres zu tun. Sie würden dem Kunden die Befriedigung verschaffen, zumindest irgendetwas zu unternehmen, anstatt nur Opfer zu sein. Was wahrscheinlich stimmte. Trotzdem überließ Barbie diese Aufträge Sue, die sie gern erledigte. Und es war keine Lösung, Nick Armstrong verwelkte Blumen zu schicken, um ihm zu zeigen, was sie von ihm hielt. Sie wollte überhaupt nichts mit ihm zu tun haben. „Vergiss es, Sue. Lieber stelle ich mich einer Tigerotter, und du weißt, wie ich Schlangen finde.“ Schaudernd stützte Barbie den Ellbogen auf die andere Lehne.

„Ich habe keine verwelkten Rosen im Sinn.“

„Warum fängst du dann davon an?“

„Weil nichts über ein bisschen Rache geht, wenn man gemein behandelt worden ist.“ Sue nahm den Text auf, mit dem sie für „Geh zum Teufel“ warben. „Am Ende zu triumphieren ist wundervoll. Wenn man abgerechnet hat, kann man sein Leben weiterführen.“

Barbie verdrehte entnervt die Augen.

Was Sue nicht stoppte. „Rache ist wirklich süß“, verkündete sie und breitete die Hände aus wie ein Zauberkünstler, der einen unglaublichen Trick vorführen wollte. „Jetzt stell dir mal Folgendes vor, Barbie …“

2. KAPITEL

Barbie zitterte am ganzen Körper vor Nervosität, während sie auf ihren Auftritt wartete. Sie hätte sich von Sue nicht überreden lassen sollen. Irgendwie hatte Sue ihren Stolz so wachgerüttelt, dass sie tatsächlich gemeint hatte, Nick Armstrongs verblüffte Miene könnte ihre seelischen Narben heilen. Besonders wenn sie ihren Zauberstab schwang und ihn in das Kind verwandelte, während sie die Erwachsene war, die ihn unaufrichtig anlächelte.

Sue nannte es süße Rache, aber im Moment bezweifelte Barbie, dass irgendetwas an diesem Engagement süß sein würde. Sie würde es hassen, von Nick nicht erkannt zu werden, und sie würde es hassen, wenn er sich an sie erinnerte.

Trotzdem stand sie jetzt vor dem Partyzelt auf dem Observatory Hill, und es war zu spät, die Vorstellung abzusagen. Drinnen hielt jemand eine Rede, die immer wieder von Beifallsstürmen und schallendem Gelächter unterbrochen wurde. Ungefähr hundert Gäste, sehr schicke Gesellschaftskleidung, eindeutig eine reiche Clique, hatte Sue berichtet.

Die Zeltwände waren aus durchsichtigem Plastik, damit die Gäste die Aussicht auf den Hafen und die wegen ihrer Form „Kleiderbügel“ genannte spektakuläre Brücke sowie auf die unzähligen Lichter von Nordsydney genießen konnten. Um nicht gesehen zu werden, musste Barbie hinter dem Auto stehen. Sue stand am Eingang und beobachtete, was drinnen vorging.

Mit dem Wagen ganz in der Nähe kann ich zumindest schnell entwischen, tröstete sich Barbie. Nur zehn Minuten, dann würde sie von hier weg sein. Sue wollte natürlich bleiben und hatte sich für die Party schick gemacht. In einem hautengen grünen Satinkleid sah sie sehr sexy aus. Sie hatte Barbie versichert, sie würde schon irgendwie allein nach Hause kommen, falls Barbie sofort nach ihrem Auftritt verschwinden wolle.

Lauter Beifall ließ ihr Herz schneller schlagen. Sue hob die Hand. Einen Moment lang schloss Barbie die Augen und flehte im Stillen, dass die Flügel nicht abfallen und ihre Stimmbänder sie nicht im Stich lassen würden, dass die lange Schleppe des Kleides nirgendwo hängen bleiben und der Mechanismus an ihrem Zauberstab funktionieren würde.

Leon Morrell wartete lächelnd, bis der Applaus für seine Rede verklang. „Und jetzt haben wir noch eine besondere Überraschung für Nick, die dem großen Ereignis ein bisschen Zauber verleihen soll.“ Leon nickte dem Bandleader zu und verließ das Podium.

Nick beobachtete, wie sein Freund über die Tanzfläche auf ihren Tisch zukam. Zweifellos war Leon an diesem Abend in Topform. Seine Rede war überaus amüsant gewesen, und offensichtlich hatte er noch etwas anderes Unterhaltsames vorbereitet. Mit ihm konnte man großartig feiern. Im Lauf der Jahre hatten sie schon viel Spaß zusammen gehabt. Wir sind alte Freunde und werden immer Freunde bleiben, dachte Nick. Wahrscheinlich würde keine Frau einen von ihnen jemals so gut kennen, wie sie sich kannten.

Die Band begann zu spielen, als sich Leon auf seinen Platz setzte. Nick sah ihn lachend an. „‚Somewhere over the Rainbow‘?“

„Ist das nicht ein bisschen kindisch, Leon?“, nörgelte Tanya.

Nick biss die Zähne zusammen. Sie kritisierte schon den ganzen Abend alles, und sehr bald würde er ihr raten, sich an einen anderen Tisch zu setzen.

„Ich schenke Nick einen Hauch von Romantik, Tanya“, sagte Leon. „Er hat es nötig.“

Nick spürte, dass sie böse wurde, und machte sich auf eine weitere abfällige Bemerkung gefasst. Die überraschten Ausrufe der Gäste lenkten Tanya zum Glück ab. Sie wandte sich um, und als Nick wie sie und alle anderen zum Eingang blickte, traute er seinen Augen zuerst nicht. Eine wunderschöne, funkelnde Blondine mit Flügeln aus Gaze?

Dann nahm er das Gesamtbild in sich auf und unterdrückte gerade noch ein lautes Lachen. Leon hatte ihm eine Märchenprinzessin mit einem Zauberstab besorgt! Natürlich würde Tanya den Scherz nicht zu schätzen wissen, aber Nick interessierte nicht mehr, was sie dachte oder tat. Wenn sie durch ein Schwenken des Zauberstabs verschwinden würde, hätte er überhaupt nichts dagegen. Er lächelte die Märchenprinzessin an. Sie würde er nicht lange links liegen lassen, und sie weckte sein Verlangen, ohne dass er ein Zaubermittel brauchte. Sie war die beste Verkörperung einer Fantasiegestalt, die er jemals gesehen hatte.

Und was für ein Körper das war! Das silberfarbene Abendkleid betonte eine Sanduhrfigur, und der hauchdünne Stoff zeigte deutlich, dass die Frau keine raffinierten Dessous nötig hatte, um so sexy zu wirken. Ihr schönes Gesicht wurde noch strahlender durch ein Lächeln, das sogar ein Herz aus Stein erweichen würde. Ein zierliches Diadem schmückte langes, glänzendes blondes Haar, das um so herrlicher aussah, als es von den Flügeln mit ihren feinen silberfarbenen Speichen und Schlingen umrahmt wurde.

Wirklich eine Prinzessin, dachte Nick und wünschte sich, dass sie auf der Party bleiben würde, damit sie gemeinsam Wunder wirken konnten.

So weit, so gut, sagte sich Barbie und lächelte so angestrengt, dass ihr das Gesicht wehtat. Sie hatte es ohne Panne durch den Gang zwischen den Tischen vom Eingang bis zur Tanzfläche geschafft. Ihr Auftritt kam zweifellos überraschend, und sie war dankbar, dass die Gäste positiv reagierten. Kein Pfiff oder Buhruf brachte sie aus dem Konzept, nur staunende und anerkennende Ohs und Ahs waren zu hören, und sie spürte die gespannte Vorfreude auf das, was als Nächstes passieren würde.

Leon hatte zu Sue gesagt, das Geburtstagskind und er würden an dem Tisch direkt gegenüber der Band sitzen. Ja, da waren die beiden. Leon zeigte auf Nick, damit Barbie wusste, wer der Ehrengast war. Sie nickte. Nick lächelte sie an. Er sah sogar noch besser aus, als sie ihn in Erinnerung hatte. Das dunkelblaue Hemd brachte vorteilhaft sein schwarzes Haar und die blauen Augen zur Geltung. Er verschlang sie förmlich mit Blicken, und einen Moment lang schlug ihr Herz schneller vor Freude. Dann dachte sie wütend, dass er wahrscheinlich ein aus einer Torte steigendes kurvenreiches Bikinimädchen genauso angeblickt hätte.

Sie betrachtete flüchtig die Frau, die neben ihm saß: kunstvoll zerzaustes schwarzes Haar, rot geschminkter Schmollmund, ein rotes Kleid mit einem Dekolleté, das Nick zweifellos gereizt hatte. Sie war aus demselben Holz geschnitzt wie das Flittchen, das er an seinem einundzwanzigsten Geburtstag wahrer Liebe vorgezogen hatte. Barbie konnte sie auf Anhieb nicht ausstehen. Und die Frau machte keinen Hehl daraus, dass die Märchenprinzessin für Nick bei ihr nicht gut ankam. Was Barbie mit Genugtuung erfüllte. Sie lächelte ihn besonders herzlich an, bevor sie sich umdrehte und aufs Podium zum Mikrofon ging. Lass ihn sein schwarzhaariges Betthäschen ruhig vergessen und auf mich scharf sein, dachte Barbie boshaft und wiegte sich in den Hüften, damit er sich völlig auf die Märchenprinzessin konzentrierte.

Sue hatte recht. Rache war süß. Es würde Balsam für ihre verletzte Seele sein, wenn Nick an diesem Abend schließlich verrückt nach ihr sein würde. Natürlich würde es bedeuten, dass er ein oberflächlicher Mistkerl war, aber das zu beweisen könnte ihr vielleicht helfen, endlich über die Sache mit ihm hinwegzukommen. Und dann konnte sie ihn fertigmachen und ihn einfach stehen lassen.

Barbie achtete darauf, dass sie genau zu den letzten Akkorden von „Somewhere over the Rainbow“ auf dem Podium ankam. Den Musikern machte ihr Auftritt offensichtlich Spaß. Der Bandleader zwinkerte ihr anerkennend zu, und sie hatte noch einen boshaften Einfall. „Wissen Sie, wie Marilyn Monroe ‚Happy Birthday‘ für den Präsidenten gesungen hat?“, flüsterte sie.

Er nickte. Seine Augen funkelten vor Vergnügen.

„Ich möchte das Tempo. Okay?“

„Sie bekommen es.“

Barbie nahm das Mikrofon. Sie konnte gut imitieren und hoffte, dass sie Marilyn Monroe an diesem Abend schaffen würde. Wenn Nick Armstrong auf Sex-Appeal stand, würde sie ihn damit überschütten. Sue stand noch immer am Eingang und hob den Daumen. Leon Morrell beugte sich vor und sagte etwas zu Nick. Die schwarzhaarige Sexbombe sah wütend aus. Nick lächelte seinen Freund an, ignorierte die Frau und richtete seine Aufmerksamkeit auf die Märchenprinzessin, die für ihn singen würde. Es war keine höfliche Aufmerksamkeit, wie Barbie triumphierend bemerkte. Er verschlang sie geradezu mit Blicken!

Die Band fing an zu spielen. Barbie atmete tief ein und hielt das Mikrofon dicht an den Mund. „Ha…ppy birth…day …“, hauchte sie und atmete noch einmal tief ein, „dear … Nick …“ Es war pure, honigsüße Übertreibung.

Eine Welle von Belustigung durchlief das Zelt. Nick legte den Kopf zurück und lachte leise. In Ordnung, ihm gefiel es. Barbie wiederholte die Zeile und ließ ihre Stimme noch heiserer klingen. Die Musiker warteten, bis das anerkennende Gelächter aufhörte, und spielten weiter, als Barbie mit dem dritten „Happy birthday“ begann. Sie gab dem hohen Ton mehr Klangfülle und fiel dann sanft ab zum „Dear Ni…ick“, das sie so verführerisch flüsterte, wie sie nur konnte.

Er fand es überhaupt nicht peinlich. Wie bezaubert blickte er sie an, als wollte er mehr.

Barbie zog das letzte „Happy birthday“ in die Länge, sang „to … you…ou…ou“ mit einem anzüglich zum Oval geformten Mund und warf Nick einen langen Kuss zu.

Die Partygäste klatschten begeistert Beifall. Männer stellten sich auf Stühle und johlten und pfiffen, die Frauen jubelten lachend. Leon Morrell sprang auf, hob die Arme und heimste die Anerkennung für seine großartige Inszenierung ein.

Nick beachtete jedoch weder seinen Freund noch die ausgelassenen Gäste. Er blickte seine Märchenprinzessin an, und Barbie musste sich überhaupt nicht anstrengen, als sie sein Lächeln erwiderte. Sie steckte das Mikrofon wieder auf den Ständer und verließ das Podium, bereit zum letzten Teil der Nummer.

„Alle mitsingen!“, schrie Leon.

Die Band spielte jetzt eine fröhlichere Interpretation von „Happy Birthday“, und wer noch nicht auf den Beinen war, stand jetzt auf, um dem Mann Anerkennung zu zollen, der sitzen blieb. Während Barbie mit ihrem Zauberstab auf ihn zuging, sah sie, dass die Schwarzhaarige die Hände mit den langen rot lackierten Fingernägeln über seine Schultern gleiten ließ.

Nick reagierte nicht auf die eifersüchtige, besitzergreifende Berührung. Er blickte unverwandt die Prinzessin an, die auf ihn zukam.

Barbie genoss es, in ihrer Rolle Macht über den einen Mann auf der Welt zu haben, über den sie Macht haben wollte. Sie erschauerte vor Wonne. Ihre Brüste prickelten, und ihr Gang wurde aufreizender. Noch nie war sich Barbie ihrer Weiblichkeit so bewusst gewesen.

Dicht vor Nick blieb sie stehen. Er blickte sie an, als könnte er es nicht erwarten, sie näher kennenzulernen. Es war ein Wunder, dass sie sich daran erinnerte, was sie mit dem Zauberstab machen sollte. „Wünschen Sie sich etwas“, forderte sie ihn heiser auf, hob lächelnd den Zauberstab und drückte auf den Knopf. Der Stern an der Spitze öffnete sich, und Silberflitter sprenkelte Nicks Haar und Schultern. Barbie beugte sich vor, um den Zauber mit einem anmutigen Kuss auf seine Wange zu bekräftigen. Aber plötzlich konnte sie der Versuchung nicht widerstehen und küsste Nick auf den Mund.

Im nächsten Moment verlor Barbie die Kontrolle über die Situation. Nick stand auf, schob ihr die rechte Hand ins Haar und erwiderte ihren Kuss, während er ihr den linken Arm um die Taille legte und Barbie fest an sich zog. So einen wilden, leidenschaftlichen Kuss hatte sie noch nie erlebt. Ihr wurde schwindlig von den herrlichen Empfindungen, und sie lernte, wie berauschend Lust sein konnte. Hingerissen von dieser überwältigenden Erfahrung, bemerkte Barbie nicht, dass ihr der Zauberstab weggenommen wurde.

Unvermittelt löste Nick den Mund von ihrem. Gerade als sie die Augen öffnete, knallte der Stern an der Spitze des Zauberstabs auf Nicks Kopf. Der Aufprall löste den Mechanismus aus, und ein Flitterregen ging auf sie beide nieder.

„Ich werde dir Zauber geben!“, kreischte die schwarzhaarige Frau und hob wieder den Stab.

Nick wehrte den Schlag mit dem rechten Arm ab. „Hör auf damit, Tanya!“, sagte er scharf.

„Hör du auf!“, erwiderte sie böse.

Benommen sah Barbie die Furie an, deren Gefühlsausbruch sie seltsam kalt ließ.

„Wie kannst du es wagen, sie vor mir zu küssen!“, stieß sie wütend hervor, als Nick versuchte, ihr den Zauberstab zu entwinden. Sie riss ihn außer Reichweite und ging auf Barbie los.

Nicks anderer Arm lag noch immer um ihre Taille, und Nick hatte Barbie dicht neben sich gezogen, aber einem Frontalangriff war sie offen ausgesetzt.

Höhnisch lachend holte Tanya schwungvoll aus, um diesmal Barbie auf den Kopf zu schlagen. „Und du … du Märchenkuh kannst jemand anders melken, wenn du Sex willst. Nick gehört mir!“

In diesem Moment entriss Leon Morrell Tanya den Zauberstab und warf ihn auf die Tanzfläche. „Reg dich ab, Tanya!“, befahl er.

Keine Waffe mehr zu haben mäßigte jedoch nicht ihre Wut. Tanya stürzte sich auf Barbie.

Nick wehrte den Angriff mit der Schulter ab, Leon packte Tanya von hinten und drehte ihr die Arme auf den Rücken. Alles war so schnell gegangen, dass Barbie noch immer wie betäubt dastand.

„Lass mich los!“, schrie Tanya.

„Erst wenn du bereit bist, dich gut zu benehmen“, erwiderte Leon.

„Ganz recht!“, mischte sich eine Frau ein.

Sue!

„Keine Unverschämtheiten, haben Sie gesagt, Mr Morrell“, erinnerte sie ihn aufgebracht. Die Hände in die Seiten gestemmt, blickte sie verächtlich Nick und Leon an, der noch immer die sich windende Tanya festhielt. „Die junge Elite der Gesellschaft, ja?“, spottete sie.

„Miss Olsen … Sue …“, begann Leon.

„Meine Märchenprinzessin wird gut sichtbar für hundert Leute gepackt und geküsst …“

„Ich habe nicht damit gerechnet, dass sie so …“

„Wir haben Ihnen genau das geliefert, was Sie bestellt haben, Sir“, unterbrach ihn Sue. „Sie haben verlangt, dass sie sexy ist.“

„Ich weiß. Aber …“

„Die Lage zu beherrschen war Ihre Aufgabe, Mr Morrell.“

„Ich tue es. Ich habe die Märchenprinzessin davor bewahrt, angegriffen zu werden. Tanya, entschuldige dich bei den Damen.“

„Damen? Flittchen sind das!“, schrie sie.

„Noch mehr Unverschämtheiten.“ Sue blickte wütend Nick an. „Bitte lassen Sie meine Märchenprinzessin los, Sir. Wir möchten gehen.“

Er tat es, und Barbie fühlte sich zittrig ohne seinen stützenden Arm. „Ich bedauere, dass die Sache außer Kontrolle geraten ist.“

„Vielleicht sollten Sie sie jetzt in die Hand nehmen“, erwiderte Sue und sah vielsagend Tanya an. „Ich erwarte, dass Mr Morrell die Sicherheit meiner Märchenprinzessin garantiert und uns aus diesem Zelt führt. Und ich darf wohl behaupten, Mr Armstrong, dass Ihre Begleiterin keine Dame ist.“

„Was bilden Sie sich ein?“, stieß Tanya wütend hervor.

Sue ignorierte sie und nickte Barbie zu. „Heb den Zauberstab auf.“

Sie atmete tief ein und wollte auf die Tanzfläche gehen.

„Nein, warten Sie!“, bat Nick heiser.

Barbie zögerte. Noch immer spürte sie die magische Anziehungskraft, die er auf sie ausgeübt hatte. Aber sie widerstand ihr. Sue hatte recht. Sie sollten so schnell wie möglich von hier verschwinden. Das, was bereits passiert war, konnte zu nichts Gutem führen. Rache ist eine sehr heikle Sache, dachte Barbie.

„Bitte bleiben Sie!“, rief Nick diesmal fast gequält.

Es ging Barbie zu Herzen und verwirrte sie. Bevor sie reagieren konnte, wurden ihre Flügel gepackt und aus den Korsettstangen an der Rückseite ihres Kleides gerissen. Entsetzt drehte sich Barbie um und sah Nick mit den Flügeln jonglieren.

„Entschuldigung. Das war nicht meine Absicht. Ich wollte nur …“

„Noch mehr Unverschämtheiten!“, sagte Sue anklagend.

„Um Himmels willen, Nick!“, rief Leon flehend. „Lass die Märchenprinzessin in Ruhe, und nimm mir Tanya ab.“

„Ich will Tanya nicht“, brauste Nick auf. „Von mir aus kann sie von der Harbour Bridge springen.“

„Du Mistkerl!“ Tanya befreite sich aus Leons Griff und schlug Nick mit den Fäusten die Flügel aus den Händen, dann trampelte sie mit ihren hochhackigen schwarzen Sandaletten auf ihnen herum wie ein Derwisch. Ihre rot lackierten Zehennägel sahen auf dem silberfarbenen Stoff aus wie Blutstropfen.

Einen Moment lang waren alle wie gelähmt vor Schreck.

„Nein, nein …“, jammerte Barbie.

Es veranlasste Nick, zu handeln. Er hob die völlig hysterische Tanya hoch und trug sie zur anderen Seite des Tisches, wo er sie gewaltsam festhielt, damit sie nicht noch mehr Schaden anrichtete.

Barbie blickte starr die kaputten Flügel an. Es hatte so viele Stunden gedauert, sie zu entwerfen und zu konstruieren, und sie waren schön gewesen. Tränen traten ihr in die Augen.

Irgendjemand tippte ihr auf den Arm und reichte ihr den Zauberstab, den sie hatten holen wollen. Der Stern an der Spitze war auch kaputt. Er hing schief herunter.

„Dafür werden Sie eine dicke Rechnung bekommen, Mr Morrell“, drohte Sue finster. Sie verschränkte die Arme und sah ihn streitlustig an.

„Okay, ich zahle“, versprach er seufzend. „Könnten wir jetzt bitte gehen?“

Er lotste Sue und Barbie durch das Gedränge aus dem Zelt. Die kaputten Flügel blieben zurück. Ein guter Scherz sei schief gegangen, sagte er zu Sue, die ihn scharf kritisierte, weil er nicht für ausreichenden Schutz gesorgt hatte. Barbie schwieg. Sie betrachtete den arg mitgenommen Zauberstab mit dem lose hängenden Stern.

Wie eine Sternschnuppe, dachte sie.

Ein Wunsch …

Wurden Wünsche jemals wahr?

3. KAPITEL

Leon hoffte, dass sein Freund die Geburtstagskatastrophe vergessen hatte, als er zur normalen Montagmorgenbesprechung in Nicks Büro stürmte, wurde jedoch mit dem unbestreitbaren Beweis dafür konfrontiert, dass Nick noch immer davon besessen war. „Was sollen die Flügel auf deinem Schreibtisch?“, fragte Leon entnervt.

„Ich werde sie reparieren“, erwiderte Nick aggressiv.

„Und wie willst du das machen? Tanya hat mit ihren Stilettoabsätzen so viele Löcher in den Stoff getreten, dass er nicht mehr zu flicken ist.“

Nick blickte Leon finster an. „Das ist mir auch klar. Deshalb muss ich den Stoff ersetzen. Du hast doch sicher nichts dagegen, mir heute Morgen eine Zeit lang deine Sekretärin zu leihen. Sie wird wahrscheinlich wissen, wo ich den gleichen bekomme …“

„Du kannst Sharon nicht für deine Privatangelegenheiten einsetzen.“

Nick zog herausfordernd die Augenbrauen hoch. „Kann ich nicht?“

„Das ist ja lächerlich!“, schimpfte Leon. „Ich bezahle den Schaden, sobald die Rechnung eingeht, und damit ist die Sache erledigt.“

„Ich werde die Flügel reparieren“, wiederholte Nick eigensinnig.

„Warum?“

„Weil ich es will. Weil es ihr sicher etwas bedeutet, wenn ich sie ihr zurückgebe.“

Leon seufzte. Sein Freund war zweifellos verrückt. „Es war nur eine Vorstellung, für die ich bezahlt habe. Nichts weiter. Nur eine …“

„Es ist mehr daraus geworden.“

„Okay, sie war schön und sexy. Sie hat dich erregt. Aber du kennst die Frau überhaupt nicht, Nick. Vielleicht ist sie …“

„Mir ist gleichgültig, was sie ist!“ Nick schlug mit der Faust auf den Schreibtisch und stand auf. „Ich will das noch einmal fühlen. Als ich sie geküsst habe … So etwas hatte ich noch nie erlebt. Sie ist anders, Leon.“

„Märchenprinzessinnen sind nun einmal anders. Wie das Zeug, das wir träumen.“ Dieses sehr vernünftige Argument brachte Leon einen ungeduldigen Blick ein, der besagte, dass er nicht die Erfahrung habe, um es zu verstehen.

„Ich kann es nicht loslassen“, erklärte Nick unnachgiebig.

Völlig verrückt!

Leon wusste, wann er mit dem Kopf gegen die Wand rannte. „Dann hast du sie also aufgespürt und dich mit ihr verabredet?“

Nick verzog frustriert das Gesicht. „Ich habe gestern immer wieder die Nummer von ‚Partyüberraschung‘ gewählt, und jedes Mal bin ich nur an den Anrufbeantworter geraten. Heute Morgen hat sich endlich Sue Olsen gemeldet, aber sie hat es kategorisch abgelehnt, mir den Namen und die Adresse der Märchenprinzessin zu geben. Das sei gegen die Unternehmenspolitik.“

Völlig richtig, dachte Leon. Fantasie und Realität vertrugen sich nicht. Es war Zeitverschwendung, Erwartungen nachzujagen, die niemals erfüllt werden konnten.

„Aber ich bekomme heraus, wie sie heißt und wo sie wohnt“, sagte Nick leise. „Bevor ich Fragen gestellt habe, hat Sue Olsen aufgezählt, was man bei ‚Partyüberraschung‘ alles bestellen kann. Ich werde meine Schwester bitten, für ihre Kinder ‚Die singenden Sonnenblumen‘ zu engagieren. Meine Märchenprinzessin ist Sängerin, stimmt’s? Vielleicht ist sie auch eine von den Sonnenblumen.“

Nicks verzweifelte Hoffnung überzeugte Leon davon, dass sein Freund nicht viel kreative Arbeit leisten würde, wenn er ihm nicht schnell half. Sofort änderte er seine Meinung. Je eher Nicks Erwartungen zunichte gemacht wurden, desto besser. „Die Mühe kannst du dir sparen“, sagte er besänftigend.

„Ich werde alles dafür tun“, erwiderte Nick energisch. „Ich muss sie finden.“

„Klar. Ich verstehe. Ich habe nur gemeint, dass du es mir überlassen solltest. Ich habe den Namen und die Adresse, bevor der Tag zu Ende ist.“

Nick runzelte die Stirn. „Wie?“, fragte er zweifelnd.

„Ich rufe Sue Olsen an und lade sie als Entschuldigung für den Schlamassel am Samstagabend zum Mittagessen ein. Wir treffen uns in einem Restaurant ihrer Wahl, ich schreibe sofort einen Scheck über die Schadenssumme aus und schmeichle ihr. Ein Kinderspiel. Wie du weißt, bin ich das Verkaufsgenie in der Branche und kann jede Idee an den Mann bringen. Ich beschwatze sie.“

„Und ihre Unternehmenspolitik?“

„Ich finde ein Hintertürchen. Vertrau mir.“

Nick seufzte laut. Dann kniff er die Augen zusammen. „Und wenn du sie noch weiter in Abseitsstellung bringst?“

„Die temperamentvolle kleine Rothaarige hat nicht abseits gestanden. Sie hat das Eisen geschmiedet, solange es heiß war. Durch und durch opportunistisch, wie ich. Tatsächlich gehe ich gern mit ihr essen. Ich habe das Gefühl, dass Miss Olsen und ich dieselbe Sprache sprechen.“

„Okay. Mach nur keinen Fehler, Leon. Es ist wirklich wichtig für mich.“

„Das klappt, ich schwöre es. Schieb einfach die Flügel von deinem Schreibtisch, und geh an die Arbeit, während ich …“

„Ich werde sie trotzdem reparieren. Schickst du mir bitte Sharon?“

„In Ordnung“, sagte Leon mit zusammengebissenen Zähnen. „Aber nimm nicht zu viel Bürozeit dafür in Anspruch. Sekretärinnen für Privatangelegenheiten einzuspannen ist ein Ärgernis, Nick. Und du hast auch einen vollen Terminkalender.“

„Ich will sie nur um Rat fragen.“

„Ja, schon gut! Wir reden später.“ Leon ging kochend vor Wut hinaus. Frauen! Er war Tanya Wells losgeworden, nur um jetzt ein neues Problem am Hals zu haben. Es war die reinste Ironie. Eine gute Fee sollte Schwierigkeiten beseitigen und sie nicht machen. Anstatt einer echten Frau hätte er eine Puppe engagieren sollen. Großer Fehler, Leon! schimpfte er mit sich. Aber es gab einen Lichtblick.

Eine sehr temperamentvolle kleine Rothaarige. Niedlich war sie auch. Er hatte überhaupt nichts dagegen, mit Sue Olsen zu Mittag zu essen. Ja, das war zweifellos ein Lichtblick.

Barbie versuchte noch immer, den kaputten Zauberstab zu reparieren, als das Geh-zum-Teufel-Telefon klingelte. Sie runzelte die Stirn. Sue war mit Leon Morrell essen gegangen, überzeugt, einen Scheck über den Schadensbetrag zu bekommen. Während ihrer Abwesenheit sollte sie, Barbie, sich mit allen anrufenden Kunden befassen. Sie ging nur nicht gern ans Rache-Telefon, wie sie es nannte. Warum hatte es nicht das für Partyüberraschung sein können?

„Geschäft ist Geschäft“, sagte sie und legte resigniert seufzend den Zauberstab hin. Nach dem katastrophalen Zusammentreffen mit Nick Armstrong hatte sie eine besonders zwiespältige Meinung über Rache. Widerwillig hob sie den Hörer ab und zog einen Bestellblock und einen Kugelschreiber in Reichweite. „Geh zum Teufel“, meldete sie sich ausdruckslos, unfähig, Sues Enthusiasmus zu vermitteln. „Was kann ich für Sie tun?“

„Ich möchte, dass Sie ein Dutzend verwelkte Rosen an Nick Armstrong bei Multi-Media Promotions liefern.“

Barbies Herz schlug schneller. Sprach sie mit der schwarzhaarigen Hexe, die ihre Flügel kaputtgetreten hatte? „Ihren Namen bitte?“

„Tanya Wells.“

Tatsächlich! Auch wenn sie jetzt nicht so kreischte wie auf der Party, war ihr die schrille Stimme sofort bekannt vorgekommen.

„Auf der Karte soll nur ein einziges Wort stehen: Versager!“

„Und Ihr Name?“

„Nein, er wird wissen, von wem es kommt“, erwiderte Tanya gehässig. „Bevor wir weitermachen, will ich wissen, wann Sie ausliefern können. Es muss heute sein, und zwar je eher, desto besser.“

Barbie ärgerte sich über den herrischen Ton. Diese Frau erwartete zweifellos, dass immer alles nach ihr ging. Trotzdem hatte sie als Kundin ein Anrecht auf den Service, für den sie zahlte. „Einen Moment, ich sehe nach“, sagte Barbie gespielt ruhig. Versager! Tanya Wells war wirklich unglaublich eingebildet. Oder hatte sie vielleicht Grund, zu glauben, dass Nick die Beziehung zu ihr hoch schätzte? Wenn er es tat, war es dumm von ihm gewesen, sich auf seiner Geburtstagsparty so zu benehmen. Andererseits war es möglich, dass er an Frauen nur eins schätzte und meinte, er hätte eine neue Kandidatin gefunden, die seine Bedingung besser als Tanya erfüllte. Ist er deshalb so versessen auf meinen Namen und meine Adresse? dachte Barbie.

„Also? Wann können Sie ihm die verwelkten Rosen bringen?“, fragte Tanya ungeduldig.

„Um drei Uhr würde es vielleicht gehen.“ Barbie legte sich nicht fest, weil sie Tanya Wells keinesfalls entgegenkommen wollte.

„Nicht früher?“

Nicht, wenn Sue den Auftrag erledigte. Und wenn sie es selbst übernehmen würde? In einem schwarzen Kostüm, das Haar unter einen Hut gesteckt, mit einer Sonnenbrille … Sie würde völlig anders aussehen als die Märchenprinzessin, die Nick am Samstagabend gefallen hatte. Und wenn er sie doch wieder erkennen würde, konnte sie einen doppelten Schlag austeilen, indem sie ihn zurückwies. Es würde ihm recht geschehen, dafür bestraft zu werden, dass er Schindluder mit ihr getrieben hatte!

Zumindest hatte er sie nicht als Barbie Webster identifiziert. Ihm die Blumen zu bringen würde nicht zu einer demütigenden Reise in die Vergangenheit führen. Und es wäre … interessant, ihn an seinem Arbeitsplatz wieder zu sehen.

Versuchung war etwas Schreckliches.

„Zwei Uhr könnten wir schaffen, wenn Ihnen das besser passt.“ Es war jetzt kurz vor zwölf. Sie brauchte Zeit, um sich zurechtzumachen.

„Großartig! Das müsste ihm heute Nachmittag seine geliebte Arbeit vermasseln.“

Barbie runzelte die Stirn. Es stand ihr nicht gut zu Gesicht, bei den Wünschen dieser gehässigen Frau mitzuspielen. Aber konnte sie beurteilen, was wirklich zwischen Tanya Wells und Nick vorgegangen war? Wenn er wirklich ein oberflächlicher Mistkerl war, hatte sie vielleicht einen triftigen Grund.

„Darf ich um Ihre Kreditkartenangaben bitten, Miss Wells?“ Barbie schloss das Geschäft ab und fragte sich dann besorgt, ob es klug gewesen war, diesen Auftrag zu übernehmen. Nicks Anrufe bei Partyüberraschung bewiesen, dass er sie wieder sehen wollte. Nur wusste er nicht, wer sie war. Wie würde er reagieren, wenn er es herausfand? Eine sexy Fantasiegestalt war eine Sache, die Realität eine ganz andere.

Sie hatte jedenfalls herausgefunden, wie es war, verlangend von ihm geküsst zu werden. Und sie konnte nicht leugnen, dass sie selbst von Verlangen durchflutet worden war. Zweifellos war es jedoch nicht mehr gewesen als ein leidenschaftlicher Moment, entstanden durch flüchtige Emotionen auf beiden Seiten. Nicks wütende Bemerkung, Tanya könne von der Harbour Bridge springen, deutete darauf hin, dass die beiden Streit gehabt hatten, bevor sie als Märchenprinzessin auf der Bildfläche erschienen war.

Rache …

Vielleicht hat sich Nick an Tanya gerächt, indem er mich geküsst hat! dachte Barbie. Sie sah den Bestellzettel an, den sie gerade ausgefüllt hatte. Sollte sie besser nicht gehen? Sue konnte den Auftrag übernehmen, wenn sie von ihrem Mittagessen mit Leon Morrell zurückkam. Was machte es schon aus, wenn sie die Blumen ein bisschen später auslieferten?

Nein! Sie wollte Nick selbst sehen, am helllichten Tag. Sue hatte recht. Der Katzenjammer aus der Vergangenheit musste ein Ende haben. Der Samstagabend hätte den Zweck erfüllen sollen, aber als Nick sie geküsst hatte … Irgendwie hatte der Kuss alles nur noch verschlimmert. Er hatte aufgerührt, was sie hatte hinter sich lassen wollen. An diesem Nachmittag würde es anders sein.

Es war am besten, zu ihm zu gehen und sich davon zu überzeugen, dass Nick Armstrong nichts an sich hatte, was es wert war, in Erinnerung behalten zu werden.

4. KAPITEL

Nick lehnte die kaputten Flügel an den Aktenschrank und rückte den Stuhl daneben. Er hatte ein Stück des beschädigten Stoffs als Muster herausgeschnitten, und jetzt sahen sie noch schlimmer aus. Sharon hatte ihm ein Geschäft in der Strand Arcade empfohlen, wo er neuen Stoff gekauft hatte. Der Verkäufer hatte geschworen, dass es der gleiche sei. Nick war nicht ganz so sicher und wollte nachprüfen, ob es wirklich stimmte.

Er öffnete das Paket, schüttelte den gefalteten Organza aus und hängte ihn über den Stuhl, dann ging er einige Schritte zurück und sah von einem zum anderen. Zufrieden und erleichtert stellte er fest, dass sich der Verkäufer ausgekannt hatte. Es war der gleiche Stoff.

Als es leise klopfte, lächelte Nick. Das war sicher Sharon, um zu sehen, ob er bei seiner Suche in der Mittagspause Erfolg gehabt hatte. „Herein“, rief er, ohne zur Tür zu blicken.

Barbie atmete tief ein. Sie hatte auf dem Weg zu dieser Tür neugierige Blicke aushalten müssen. Die Empfangsdame war offensichtlich unsicher gewesen, ob sie ihr sagen sollte, wie sie zu Nick Armstrongs Büro kam, und Barbie hatte befürchtet, zurückgerufen und genauer befragt zu werden. Aber sie hatte es bis hierher geschafft, ohne angesprochen zu werden. Wahrscheinlich hatte es wegen der Trauerkleidung niemand gewagt. Und jetzt wurde sie von Nick aufgefordert hineinzugehen.

Sie musste die Sache durchführen. Es wäre dumm, jetzt einen Rückzieher zu machen. Ihr Herz hämmerte, als sie die Tür öffnete. Vor Aufregung zitterten ihr die Knie, und sie hatte das unheimliche Gefühl zu schweben, während sie das Zimmer betrat, um sich dem Mann und den Gefühlen zu stellen, derentwegen sie gekommen war.

Nur dass er sie nicht einmal anblickte. Er konzentrierte sich völlig auf … ihre Flügel!

„Sehen Sie?“ Er zeigte auf den Stoff, der über dem Stuhl neben ihm hing. „Genau der gleiche!“

Barbie war sprachlos. Sie betrachtete den silberfarbenen Organza, dann den Mann, der sich die Mühe gemacht hatte, den Stoff zu besorgen. Würde ein oberflächlicher Mistkerl ihre Flügel reparieren wollen? War Leon Morrell nicht gerade dabei, für alle Schäden zu bezahlen? Was ging hier vor?

Sie wünschte, sie könnte Nicks Gedanken lesen. Er lächelte, aber was bedeutete das? Erinnerte er sich an die Märchenprinzessin und erhoffte sich mehr von ihr? Oder plante er, wie er mehr bekommen konnte? Sie erschauerte, während sie ihn betrachtete. Er sah so gut aus, so stark und männlich. Sein dichtes schwarzes Haar berührte den Kragen des weißen Hemds. Er hatte breite Schultern und einen sexy Po, den die graue Hose betonte. Sie dachte daran, wie es sich angefühlt hatte, als ihre Brüste an seine harte, muskulöse Brust gepresst worden waren …

Plötzlich sah Nick sie an, und Barbie zuckte erschrocken zusammen. Sein Lächeln verschwand, während er sie von oben bis unten musterte. Sie geriet in Panik. Würde er sie wieder erkennen? War es möglich? Trotz der großen Sonnenbrille und des schwarzen Huts, den sie sich tief in die Stirn gezogen hatte und der ihr Haar verbarg? Sie umfasste den in schwarzes Seidenpapier eingewickelten Rosenstrauß fester. Wenn nötig, würde sie ihn als Waffe benutzen.

„Wer sind Sie?“, fragte Nick scharf.

Er hatte sie nicht erkannt! Barbie versuchte, wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Sie war nicht hier, um sich von diesem Mann erneut zerstören zu lassen. Ihr Selbsterhaltungstrieb verlangte, dass sie ihren Job machte und ging. „Mr Nick Armstrong?“ Sie sprach zu leise und heiser. Er runzelte die Stirn. Erinnerte er sich? Verglich er ihre Stimme mit der, die er auf seiner Geburtstagsparty gehört hatte?

„Ja“, erwiderte er schließlich und blickte beunruhigend lange auf ihren Mund.

Unwillkürlich blickte Barbie auf seinen und dachte an Nicks Kuss und an die Empfindungen, die er geweckt hatte …

Dass sie sich so verräterisch ablenken ließ, machte sie noch nervöser. Hastig sagte sie den für diesen Auftrag einstudierten Satz auf: „Ich überreiche Ihnen hiermit eine Lieferung von Geh zum Teufel.“

„Wie bitte?“, fragte Nick ungläubig.

Irgendwie fand sie die Kraft, vorzutreten und ihm den Strauß hinzuhalten. „Dies wurde für Sie bestellt.“

„Von wem?“

Er nahm die Blumen nicht an, und Barbie hatte das überwältigende Gefühl, sich in Gefahr gebracht zu haben, indem sie näher an ihn herangegangen war. Sie war sich seiner Männlichkeit so stark bewusst, dass ihr ganzer Körper zu prickeln begann, und sie wünschte, sie könnte einfach davonlaufen. Aber sie ahnte, dass Nick es nicht zulassen würde. Das schwarze Seidenpapier raschelte ein bisschen. Ihr zitterten die Hände. „Unsere Kundin hat gesagt, Sie würden wissen, von wem es ist“, erklärte sie schnell, damit sie über die Panne hinwegkam.

„Eine Frau, die will, dass ich zum Teufel gehe?“ Er verweigerte noch immer die Annahme und betrachtete Barbie forschend. „Na, wer das wohl ist?“

Er konnte unmöglich durch die dunklen Brillengläser sehen. Barbie atmete tief ein, um sich zu beruhigen. Offensichtlich bemerkte er, wie sich dadurch die enge Kostümjacke über ihren Brüsten spannte, denn er blickte sofort dorthin. Sie spürte, wie sie reagierte. „Ich bin nur die Botin“, stieß sie hervor, entsetzt, dass die Spitzen hart wurden.

Jetzt ließ er den Blick wieder zu ihrem Mund und weiter zur Sonnenbrille gleiten. „Ich verstehe.“

Was verstand er? Und was sollte sie tun, wenn er sie erkannte? Was wollte sie eigentlich? Wie war es nur möglich, dass sie so stark auf Nick Armstrong reagierte? Das war kein Katzenjammer aus der Vergangenheit, das war hier und jetzt!

„Eine Botin in Trauerkleidung, die zweifellos betonen soll, dass mir dieses Geschenk ein schlechtes Zeugnis ausstellt. Und Sie werden dafür bezahlt, das Theater aufzuführen. Ihre Rolle mit allem Drum und Dran zu spielen, könnte man sagen.“

„Ja, ich werde dafür bezahlt“, gab Barbie zu.

Nicks Gesichtszüge wurden härter, und seine Augen funkelten spöttisch. „Offensichtlich sind Sie stolz darauf, jedes Detail zu beachten. Spielen Sie alle Ihre Rollen so perfekt?“

Er hatte den Verdacht, dass sie die Märchenprinzessin vom Samstagabend war! Und es gefiel ihm überhaupt nicht.

Während sich Barbie wie in einem Käfig vorkam, den sie sich selbst gebaut hatte, entriss er ihr den Blumenstrauß und musterte sie wieder von oben bis unten. Diesmal interessierte er sich zweifellos nicht für die Trauerkleidung, sondern nahm ihre Figur in sich auf. Barbie brannte das Gesicht. Sie ahnte, dass er sie dabei im Geiste in ihrer anderen Rolle vor sich sah und die Rachegöttin mit der Märchenprinzessin verglich. Und warum fühlte sie sich so schuldig? Sie hatte nichts Unrechtes getan, oder? Alles hatte mit dem Wunsch angefangen, die quälenden Erinnerungen an Nick endlich loszuwerden und die Sache mit ihm für immer abzuschließen.

Unerbittlich wurde ihr Blick von den am Aktenschrank lehnenden kaputten Flügeln und dem Stoff angezogen, den Nick offensichtlich gekauft hatte, um sie zu reparieren. Warum? Was hatten sie für eine Bedeutung für ihn?

„Ein Strauß verwelkter Rosen“, sagte er spöttisch. „Ein Symbol für das Ende der Liebe?“

Barbie sah wieder ihn an und platzte mit dem Grund heraus, warum sie hierher gekommen war. „Abschließen.“ Nur dass es keinen Abschluss geben konnte, solange so verlockende Fragen unbeantwortet blieben.

„Wie bitte?“

„Geh zum Teufel steht kurz vor der Schließung“, behauptete sie schnell. Sie wusste, dass sie nicht länger bleiben sollte. Nick hatte die Lieferung abgenommen, also war ihr Auftrag erledigt. Aber sie war so durcheinander, dass sie wie gelähmt war.

„Ah!“ Nick las die Karte. „‚Versager‘!“ Er lächelte ironisch. „Typisch für Tanya, das sie das letzte Wort haben und sich mir in Erinnerung bringen will. Tja, mit ihrer letzten Gehässigkeit hat sie nur ihr Geld verschwendet. Es berührt mich überhaupt nicht.“

Die Flügel der Märchenprinzessin mussten ihn berühren, sonst wären sie nicht hier in seinem Büro.

„Haben Sie viele Kunden, die so einen Schlussstrich unter einen Streit ziehen wollen?“, fragte er neugierig.

„Ziemlich viele.“ Barbie war sehr beunruhigt darüber, dass er von einer „letzten Gehässigkeit“ gesprochen hatte. Rache sollte ausgleichende Gerechtigkeit sein. Auge um Auge. Eine Kränkung für eine andere. Hatte Tanya keinen triftigen Grund gehabt, sich an ihm zu rächen?

„Können die Kunden bestimmen, wer die Auslieferung übernimmt?“

Glaubte er, Tanya hätte ausdrücklich verlangt, dass sie ihm die verwelkten Rosen brachte? Hielt er sie für eine Mitverschwörerin? In gewisser Hinsicht bin ich das, dachte Barbie. Aber sie hatte nicht gewollt, dass er in ihr die Märchenprinzessin wieder erkannte, auch wenn sie in Betracht gezogen hatte, ihm einen doppelten Schlag zu versetzen. Das sollte jedoch die Vergeltung dafür sein, dass er Schindluder mit ihr getrieben hatte. Und wie passte das zu der Zeit und Mühe, den Stoff zu kaufen, um ihre Flügel zu reparieren? Alles an diesem Auftritt als Rachegöttin war falsch, und Barbie hatte das flaue Gefühl, dass sie nichts mehr in Ordnung bringen konnte.

Es war das Beste, von hier zu verschwinden. Schnell.

„Nein, die Botin bleibt für beide Parteien anonym“, erwiderte sie und machte einen Schritt zurück, um zu testen, ob sie für eine Flucht sicher genug auf den Beinen war.

„Anonym“, wiederholte Nick.

Seine Augen funkelten gefährlich, und Barbie konnte kaum noch atmen. „Ja. Und jetzt, da ich den Strauß an Sie ausgeliefert habe, entschuldigen Sie mich bitte.“ Sie drehte sich auf dem Absatz um und ging zur offen stehenden Tür.

Nick legte ihr die Hand auf die Schulter und hielt Barbie zurück. Entsetzt spürte sie, dass er ihr den Hut vom Kopf riss und sich die Nadeln lösten, mit denen sie ihr Haar hochgesteckt hatte. Das lange blonde Haar, das Nicks Verdacht ganz bestimmt bestätigen würde!

5. KAPITEL

Barbie hatte das Gefühl, dass alles außer Kontrolle geriet. Verzweifelt hob sie die Hände und hielt ihr Haar hoch, riss sich los und drehte sich um. „Mein Hut!“, rief sie empört.

Ohne ihren Protest zu beachten, nahm Nick ihr blitzschnell auch noch die Sonnenbrille ab, sodass Barbie seinem Blick schutzlos ausgeliefert war und er sie zweifelsfrei identifizieren konnte. „So trifft man sich wieder.“ Er lächelte nervenaufreibend zufrieden, und seine Augen funkelten triumphierend. „Eine sehr interessante … Reinkarnation.“

Die effektvolle Enttarnung war ein Schock für Barbie. Noch immer hatte sie die Hände in ihrem Haar, obwohl jede Rettungsaktion jetzt sinnlos war. Sie blickte Nick starr an, während er ihre Sonnenbrille zusammenklappte und sie in seine Hemdtasche steckte.

„Sie gehört mir“, sagte Barbie, während sie darum rang, die Fassung wiederzugewinnen.

„Bei mir ist sie sicher aufgehoben.“ Er ging an Barbie vorbei, schloss die Tür und stellte sich davor. „Und wir sind vor Störungen sicher“, erklärte er energisch.

Barbie hatte sich überrascht umgedreht und wartete wie hypnotisiert darauf, was er als Nächstes tun würde. Ihr Herz hämmerte. Ohne sich dessen bewusst zu sein, ließ sie langsam die Hände sinken.

„Von der Märchenprinzessin zur finsteren Rachegöttin“, sagte er sarkastisch. „Machen Ihnen Ratespiele Spaß?“

„Sie sollten mich nicht wieder erkennen.“

Er zog herausfordernd die Augenbrauen hoch. „Dann wollten Sie also die Oberhand haben, damit Sie mich überprüfen können, während ich von Tanya unter Beschuss genommen werde.“

„So ungefähr“, gab Barbie zu.

„Die Beziehung zu Tanya war schon vor der Party am Ende. Keiner von uns beiden war mit dem anderen glücklich.“

„Und warum waren Sie noch mit ihr zusammen?“

„Die Party war schon vor einiger Zeit geplant worden. Ich wollte nicht unhöflich sein und habe die Einladung nicht zurückgenommen. Aber ich bereue es“, sagte Nick leise, und seine Augen funkelten plötzlich vor Verlangen.

Es weckte sofort unkontrollierbare Reaktionen. „Tanyas Gefühle waren Ihnen gleichgültig“, erwiderte Barbie scharf und erinnerte sich daran, dass ihm vor neun Jahren ihre Gefühle auch gleichgültig gewesen waren. Sie hatte so lange gespart, um ihm das Geburtstagsgeschenk zu kaufen, und er hatte ihr gedankt und es dann beiseitegelegt. Aber als er von dem sexy Flittchen auch eine Armbanduhr bekommen hatte – eine, die allerdings viel teurer gewesen war –, hatte er sie getragen und damit allen gezeigt, wessen Geschenk ihm mehr bedeutete.

„Manche Gefühle können stärker sein als alle anderen.“

Ja, Gefühle unter der Gürtellinie, dachte Barbie, die darum kämpfte, vernünftig zu bleiben und im richtigen Verhältnis zu sehen, was sie auf der Party mit ihm erlebt hatte und wie er sie jetzt anblickte.

„Sogar eine Verkleidung ändert nichts daran“, sprach er weiter und ging langsam auf Barbie zu. „Ich habe mir die kaputten Flügel angesehen und plötzlich Ihre Anwesenheit gespürt.“

Nein, das ist unmöglich, sagte sich Barbie, weil sie es nicht glauben wollte.

„Meine Kopfhaut fing an zu prickeln.“

Ihre fing an zu prickeln, während er näherkam. Hatte sie das mit ihm gemacht, als sie ihn betrachtet und sich dabei daran erinnert hatte, wie es gewesen war, von ihm geküsst zu werden?

„Ein außergewöhnliches Gefühl“, sagte er. „Wie eine magische Kraft, die intensive Empfindungen auslöst.“

Zweifellos erlebte sie jetzt intensive Empfindungen. Es kam ihr nicht in den Sinn, zurückzuweichen. Sie war völlig darin versunken, Nick zu beobachten.

„Ich habe mich umgedreht, eine Fremde in Schwarz gesehen und geglaubt, mein Instinkt hätte mich im Stich gelassen.“ Er blieb kaum eine Armeslänge von Barbie entfernt stehen und blickte sie spöttisch an. „Dann haben Sie etwas gesagt, und die Stimme war unverkennbar.“

Barbie war empört. Und warum hatte er nicht sofort erkannt, dass sie Barbie Webster war, als er am Samstagabend ihre Stimme gehört hatte? Ihre Familien hatten jahrelang miteinander verkehrt. Hatte er sich nicht einmal damit abgegeben, ihr zuzuhören?

„Wütend, weil Ihre Täuschung missglückt ist?“

„Ich glaube Ihnen nicht. Warum haben Sie mir den Hut vom Kopf gerissen, wenn Sie so sicher waren?“

„Um Sie daran zu hindern, zu gehen.“

„Warum haben Sie mir auch noch die Sonnenbrille weggenommen?“

„Ich kann es nicht ausstehen, mit Leuten zu reden, die sich hinter dunklen Gläsern verstecken.“

„Dazu hatten Sie kein Recht.“

„Sie sind hierher gekommen, um mich zum Narren zu halten. Niemand hat von Ihnen verlangt, diesen Job zu machen, stimmt’s? Sie wollten ihn, weil er mit mir zu tun hat. Ich denke, das gibt mir das Recht, nach dem Grund zu fragen und Ihnen die Antwort von den Augen abzulesen.“

Barbie erwiderte nichts.

„Konnten Sie nicht von mir fernbleiben?“, fragte Nick verführerisch.

„Doch, ich konnte.“ Sie ärgerte sich über seine Anziehungskraft, die er sogar gegen ihren Willen auf sie ausübte. „Es ging nur ums Geschäft. Warum sollte ich einen Auftrag ablehnen, weil Sie der Empfänger sind? Sie haben keinen Einfluss auf mein Leben, Mr Armstrong.“

Er lächelte herausfordernd. „Dann spielt es ja wohl auch keine Rolle, wenn Sie mir Ihren Namen mitteilen.“

„Das gehört nicht zu meinem Auftrag. Ich habe getan, wofür ich bezahlt werde. Auf mehr haben Sie kein Anrecht.“

„Sie sind bestimmt nicht dafür bezahlt worden, auf meinen Kuss zu reagieren. Und ja, Tanya hat die Situation verworren gemacht. Aber erzählen Sie mir nicht, Sie seien aus rein geschäftlichen Gründen hierher gekommen. Sie dachten, es sei eine gute Möglichkeit, gefahrlos in Erfahrung zu bringen, ob Sie noch einmal empfinden könnten, was Sie am Samstagabend empfunden haben.“

Es stimmte. Sie begehrte Nick, hatte ihn immer begehrt. Aber warum sehnte sie sich nur nach einem Mann, der ihre Liebe völlig gefühllos zurückgewiesen hatte? Barbie ließ den Blick zu den kaputten Flügeln gleiten.

„Ich wollte sie reparieren“, sagte Nick leise.

Leichter zu reparieren als ein gebrochenes Herz, dachte sie grimmig und sah wieder ihn an. Seine Augen funkelten plötzlich vor Verlangen, und sie geriet noch mehr aus der Fassung. Was war mit ihm? Hatte er ein Herz, das man ihm brechen konnte? „Warum?“, stieß sie mühsam hervor.

„Weil sie zu dem Wunder gehören, das zwischen uns geschehen ist. Ich wollte nicht, dass irgendetwas ruiniert ist, was mit Ihnen und diesem perfekten Moment zu tun hat.“

Vor neun Jahren hat er nicht so gedacht, sagte sich Barbie, aber die Erinnerung konnte sie nicht mehr gegen die Gefühle schützen, die er in ihr weckte. Es war jetzt anders. Ihm lag etwas an ihr. Oder wünschte sie sich nur, dass es so war?

Nick streckte die Hand aus und streichelte ihr sanft die Wange. „Die Empfindungen waren real. Jetzt sind sie es auch. Was beweist, dass sie keine Einbildung waren.“

Seine Berührung ließ ihre Haut prickeln und ihr Herz schneller schlagen. Barbie war unfähig, sich zu rühren.

„Und es war nicht einseitig. Du hast meinen Kuss sofort erwidert.“

Seinen Kuss … Sehnsucht durchflutete Barbie. Das sexy Flittchen mit dem Sportwagen war vergessen. Tanya auch. Dies ist meine Zeit mit Nick, dachte Barbie. Mit dem Mann, den sie geliebt und gehasst, von dem sie geträumt hatte. Warum nicht nehmen, was sie jetzt haben konnte?

Er schob ihr die Hand ins Haar und neigte langsam den Kopf. Vorfreude vertrieb alle störenden Gedanken. Es war, als würde sich ihr ganzer Körper nach Nicks Kuss sehnen. Würde sie dasselbe empfinden wie am Samstagabend? Mehr?

Barbie schloss die Augen und konzentrierte sich völlig auf den ersten sanften Druck seines Mundes auf ihrem. Nick liebkoste, erforschte und weckte den unwiderstehlichen Wunsch, aus eigener Initiative Sinneseindrücke zu sammeln und Nick ebenso zu erregen, wie er sie erregte. Sobald sie zögernd mit seiner Zunge zu spielen begann, küsste er sie aggressiv und besitzergreifend, und Barbie genoss es. Sie legte ihm die Arme um den Nacken und schmiegte sich an Nick. Wie am Samstagabend, bevor Tanya den Zauber gebrochen hatte, wollte Barbie seine Erregung spüren, und sie ermutigte ihn, bis sie sich beide nach Erfüllung ihres Verlangens sehnten.

„Nick!“

Sie hörten es, waren aber so tief ineinander versunken, dass sie auf die Störung nicht reagierten.

„Bist du völlig verrückt geworden?“

Nick beendete den Kuss widerwillig. „Raus, Leon.“

„Wirklich großartig!“ Leon lachte frustriert. „Ich bringe Sue Olsen mit, damit sie dich selbst überprüfen kann, und die Märchenprinzessin ist schon Vergangenheit.“

Erschrocken öffnete Barbie die Augen. Sue konnte alles vermasseln!

„Ich brauche keine Hilfe mehr“, erklärte Nick kurz angebunden. Er drehte Barbie halb herum, sodass sein Freund sie sehen konnte. „Ich habe die Märchenprinzessin bei mir. Also verzieh dich, Leon.“

„Barbie!“, rief Sue schockiert.

Der fatale Name konnte Nick an Barbie Webster erinnern, und dann würde er sie erkennen. Ihm würde der grässliche Spitzname einfallen, Wauwau Webster, und was sie mit sechzehn für ihn empfunden hatte. Damit wäre alles zwischen ihnen zerstört. Er würde anders an sie denken, amüsiert und nicht erregt.

Barbie geriet in Panik. Sie blickte starr Sue an, die neben Leon Morrell stand, der die Tür zweifellos in der Erwartung aufgestoßen hatte, dass sein Partner bei der Arbeit war. Wie ließen sich weitere Enthüllungen verhindern?

„Sie ist es wirklich!“, sagte Leon überrascht. „In Trauerkleidung?“

„Ein Auftrag für Geh zum Teufel von der Hexe, die meine Flügel kaputtgemacht hat“, teilte Barbie ihrer Freundin mit und hoffte, ihr den Mund zu stopfen. „Ich musste kommen …“

„Geschäftlich.“ Sue verstand und sah missbilligend Nick an. „Und er ist wieder über dich hergefallen.“

„Mir schien es auf Gegenseitigkeit zu beruhen“, sagte Leon. Er warf Sue einen schlauen Blick zu. „Es wäre ein fadenscheiniger Versuch, dafür Schadenersatz zu verlangen. Sie hat sich mit Sicherheit nicht gewehrt. Von einem Kampf war nun wirklich nichts zu sehen. Tatsächlich …“

„Entschuldige, aber dies ist mein Büro“, unterbrach ihn Nick.

„Das zufällig zum Arbeiten gedacht ist“, erwiderte Leon spitz. „Weißt du noch, was das ist? Was wir hier eigentlich tun sollten?“

„Der Auftrag ist offensichtlich ausgeführt“, sagte Sue. „Los, Barbie, wir gehen.“

„Barbie …“, wiederholte Nick leise.

Sie durfte nicht zulassen, dass er anfing, darüber nachzudenken, und sie vielleicht mit dem Mädchen in Verbindung brachte, das er früher gekannt hatte. „Den Spitznamen hat mir Sue gegeben“, stieß sie hervor und suchte fieberhaft nach einer Erklärung. „Sie weiß, wie sehr ich es hasse, das Image einer Barbie-Puppe aufgedrückt zu bekommen. Sie hat mich ärgern wollen, und dann ist der Name irgendwie an mir hängen geblieben. Er passt überhaupt nicht zu mir. Ich bin normalerweise sehr reizbar bei Männern, die sich an mich heranmachen.“

„Bei diesem solltest du es auch sein“, riet Sue ihr, die wie immer auf Draht war. „Er macht sich nicht nur an dich heran, er stürmt drauflos wie ein Stier.“

Nick ignorierte diese Bemerkung, tat so, als wären Sue und Leon überhaupt nicht da, und konzentrierte sich völlig auf Barbie.

Zu ihrer großen Erleichterung deutete nichts darauf hin, dass er sich an Barbie Webster erinnerte. Sein Blick verriet, dass er hier und jetzt an ihr interessiert war und sie näher kennenlernen wollte.

„Und wie heißt du wirklich?“

Sie überlegte verzweifelt. Sie war auf den Namen Barbara Anne getauft. Mit ihrem zweiten Vornamen würden ihr wohl keine Patzer unterlaufen. „Anne“, sagte sie. Und weiter? Webster würde sein Gedächtnis todsicher auffrischen. „Shepherd.“ Das war der Mädchenname ihrer Mutter, auch leicht zu merken.

Nick lächelte zufrieden. „Dann sind wir ja jetzt richtig miteinander bekannt.“

„In Ordnung!“, mischte sich Leon ein. „Da du das geklärt hast, können wir ja vielleicht …“

„Halt dich raus. Ich habe noch mehr zu klären.“ Nick sah seinen Partner unnachgiebig an. „Wenn ihr uns bitte einen Moment lang allein lassen würdet …“

„Na schön!“, sagte Leon verärgert.

„Ich warte beim Empfang.“ Sue schüttelte resigniert den Kopf, als hätte Barbie den Verstand verloren.

Habe ich? fragte sich Barbie flüchtig, während Leon und ihre Freundin hinausgingen und die Tür hinter sich schlossen. Dann wandte sich Nick wieder ihr zu und streichelte ihr zärtlich die Wange und das Haar. Sein Blick sagte ihr, wie begehrenswert er die Frau fand, die sie jetzt war. Es war berauschend, zu wundervoll, um es durch bittere Erinnerungen herabzusetzen.

„Können wir uns nach der Arbeit treffen? Zum Abendessen?“

Autor

Jane Porter
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<p>In einer absolut malerischen Gegend voller Burgen und Schlösser, die von Geschichten durchdrungen sind, lebt Liz Fielding in Wales. Sie ist seit fast 30 Jahren glücklich mit ihrem Mann John verheiratet. Kennengelernt hatten die beiden sich in Afrika, wo sie beide eine Zeitlang arbeiteten. Sie bekamen zwei Kinder, die inzwischen...
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Emma Darcy ist das Pseudonym des Autoren-Ehepaars Frank und Wendy Brennan. Gemeinsam haben die beiden über 100 Romane geschrieben, die insgesamt mehr als 60 Millionen Mal verkauft wurden. Frank und Wendy lernten sich in ihrer Heimat Australien kennen. Wendy studierte dort Englisch und Französisch, kurzzeitig interessierte sie sich sogar für...
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