Julia Exklusiv Band 279

– oder –

Im Abonnement bestellen
 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

EINE NACHT IST NICHT GENUG ... von ANDERSON, NATALIE
Wie ein Blitz trifft es Emily, als sie in Verona den überaus attraktiven Luca Bianchi kennenlernt. Stürmischen Küssen folgt eine leidenschaftliche Nacht. Emily schwebt auf Wolke sieben - doch Luca lässt nichts mehr von sich hören! War Emily nur ein One-Night-Stand für ihn?

(KEIN) SEX MIT DEM EX? von HUNTER, KELLY
Jake bebt vor Wut! Ausgerechnet ihn bittet Jianne um Hilfe? Und das, obwohl sie ihn vor zehn Jahren sitzen ließ? Empört stellt Jake seine Ex zur Rede. Ein heftiger Streit entbrennt, Funken fliegen - und entfachen ein erotisches Feuer, das beide zu verschlingen droht …

KÜSSE, SO SÜß WIE WEIN von HARDY, KATE
Erbin eines Weinguts in Südfrankreich? Allegra sollte glücklich sein! Einziger Haken an der Sache: Teilhaber Xavier Lefèvre - der Mann, der ihr einst das Herz brach. Denn spätestens als er erneut mit ihr zu flirten beginnt, begreift Allegra: Sie liebt Xavier noch immer!


  • Erscheinungstag 02.12.2016
  • Bandnummer 0279
  • ISBN / Artikelnummer 9783733709655
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Natalie Anderson, Kelly Hunter, Kate Hardy

JULIA EXKLUSIV BAND 279

NATALIE ANDERSON

Eine Nacht ist nicht genug …

TEXT AUS DEM INH-PDF

KELLY HUNTER

(Kein) Sex mit dem Ex?

TEXT AUS DEM INH-PDF

KATE HARDY

Küsse, so süß wie Wein

TEXT AUS DEM INH-PDF

TITEL4

TEXT AUS DEM INH-PDF

1. KAPITEL

Immer aufgebrachter sah Emily den Mann an, der vor ihr stand. Er war schlichtweg die Arroganz in Person.

Groß wie ein Basketballspieler mit Schultern wie ein Rugbyprofi – und er versperrte ihr die Sicht. Schlimmer noch, er hatte eins dieser modernen Telefone in der Hand, die alles konnten: Internet, Musik, Kamera. Bei jedem Tastendruck piepste das Gerät, und zwar ziemlich laut. Dabei fängt jetzt jeden Moment die Ouvertüre an! dachte Emily verärgert und räusperte sich nachdrücklich.

Sie hatte das ganze letzte Jahr wie verrückt gearbeitet und jeden Cent gespart, damit sie und ihre Schwester ganz bis nach Italien reisen und diese wunderbare Oper besuchen konnten. Auf keinen Fall würde sie sich dieses Erlebnis von einem rücksichtslosen Idioten verderben lassen, der sein Privatleben für wichtiger hielt als dieses große Kulturereignis – und als den Respekt gegenüber anderen Menschen, die den Abend genießen wollten.

Als Emily sich ein zweites Mal räusperte, wandte sich der Mann ein wenig zu ihr um und blickte sie kurz an, doch das Piepsen ging weiter. Dafür wurde es im Orchester leiser, und es ertönte nun ein einzelner lauter Oboenton, auf den sich die anderen Instrumente abstimmten. Nun würde jeden Moment der Dirigent auftauchen. Und noch immer stand der große Mann vor Emily und versperrte ihr die Sicht.

Sie räusperte sich ein drittes Mal und betrachtete finster den breiten Rücken und die Muskeln, die sich unter einem edlen schwarzen Jackett abzeichneten. Als der Mann von den teuersten Plätzen heraufgekommen war, hatte Emily gesehen, dass er schmale Hüften und eine schmale Taille hatte. Er fiel auf, da er größer war als die meisten Anwesenden. Noch dazu war er elegant gekleidet, hatte eine perfekte Figur und strahlte selbst in der heißen, menschengefüllten Arena eine Aura kühler Distanz aus. Bestimmt ist er extra hier hochgekommen, um seine elitären Sitznachbarn nicht zu stören, dachte Emily, hier oben auf den billigen Plätzen macht das ja nichts.

„Acqua! Cola! Vino bianco! Vino rosso!“, rief einer der durch die Menge eilenden Getränkeverkäufer, und am liebsten hätte Emily alles auf einmal bestellt. Ihr war heiß, und sie hatte Durst. Diesmal hustete sie, anstatt sich zu räuspern.

Warum, um alles in der Welt, war Kate noch nicht wieder da? Nur ihre kleine Schwester brachte es fertig, unmittelbar vor Beginn einer Opernaufführung auf die Toilette zu müssen. Emilys Kehle wurde immer trockener, und der Mann versperrte ihr noch immer die Sicht. Plötzlich drehte er sich um und fing ungeniert an, mit seinem hochmodernen Handy zu fotografieren.

„Sie machen jetzt Fotos?“, fragte Emily äußerst kühl.

„Sì“, bestätigte er zufrieden lächelnd. „Ich brauche einen neuen Bildschirmhintergrund für mein Handy. Und dieser Ausblick ist einfach fantastisch, finden Sie nicht?“

„Ich würde sagen, dass der ‚Ausblick‘ sich hinter Ihnen befindet“, entgegnete Emily scharf. „Sie wissen schon, die Bühne, das Orchester …“

„Oh nein, da irren Sie sich. Die Schönheit des Abends befindet sich direkt vor mir“, widersprach der gut aussehende Fremde und sah ihr mit einem Blick in die Augen, den sie am ganzen Körper spürte. Unwillkürlich wünschte Emily, sie würde etwas Schickeres tragen als einen billigen Baumwollrock und ein T-Shirt. Diesmal zog sich ihr wirklich die Kehle zusammen, und sie gab einen erstickten Laut von sich. Als ihr die Tränen in die Augen traten, hörte sie, wie der Fremde den Getränkeverkäufer herbeirief und schnell mit ihm auf Italienisch sprach. Dann reichte er ihr eine Flasche Wasser.

„Für Ihren Hals“, sagte er leicht amüsiert.

Emily konnte schlecht die genervte Diva spielen und das Wasser ablehnen, nachdem er nun sein Telefon eingesteckt hatte und ihr ein Lächeln schenkte. Ein ziemlich atemberaubendes Lächeln noch dazu.

„Danke“, erwiderte sie atemlos, was sicher nur daran lag, dass sie so zu ihm aufblicken musste.

„Freuen Sie sich auf die Oper?“, fragte ihr Retter und setzte sich auf den freien Platz neben ihr.

„Ja“, antwortete Emily nervös. Wo steckte bloß Kate? Und wo blieb der Dirigent? Jeder Moment schien plötzlich eine kleine Ewigkeit zu dauern.

Der Mann nickte. „Sie ist wirklich gut und wird jedes Jahr hier aufgeführt.“

„Ich weiß.“ Emily hatte sich einen Reiseführer aus der Bücherei ausgeliehen und ihn praktisch verschlungen. Doch jetzt verschlang sie mit den Augen etwas ganz anderes. Ihr Sitznachbar war nicht nur gut aussehend, sondern geradezu atemberaubend attraktiv. Aus der Entfernung war ihr in erster Linie sein Körperbau ins Auge gefallen, doch aus der Nähe fesselten sie vor allem seine Gesichtszüge.

Er war groß, dunkel und attraktiv und wie praktisch alle Einwohner dieser Stadt makellos perfekt frisiert. Doch es war viel mehr als nur das: der markante Kiefer, der kaum merkliche dunkle Schatten von Bartstoppeln – und ein breiter, sinnlicher Mund, der in reizvollem Kontrast zu seinen maskulinen Zügen stand. Ob dieser Mund sich wohl so glatt anfühlte, wie er aussah? Auf jeden Fall lud er zum Berühren geradezu ein. Ebenso faszinierend waren die Augen des Fremden: Sie waren von langen dunklen Wimpern umgeben und hatten einen satt glänzenden schokoladenbraunen Ton.

„Wollen Sie Ihr Wasser nicht?“, fragte der faszinierende Mann, den es offenbar nicht aus der Ruhe brachte, dass sie ihn so intensiv betrachtete. Nein, es schien ihm zu gefallen, neben ihr zu sitzen und sie ebenfalls ausgiebig zu betrachten.

Emily fiel die Flasche wieder ein, die er ihr gegeben hatte und die sie noch immer in der Hand hielt. Ihr war so heiß, dass das Wasser inzwischen eigentlich sieden müsste.

„Sie sollten etwas trinken“, erklärte der Fremde gelassen. „Sie scheinen ziemlichen Durst zu haben.“

Wieder breitete sich das Lächeln auf seinem Gesicht aus und ließ ihn viel weniger arrogant erscheinen. Seine Lippen wirkten erstaunlich weich und gaben den Blick auf strahlend weiße, gerade Zähne frei.

Er betrachtete die leere billige Stofftasche, die neben Emily lag. „Sie haben kein Picknick mitgebracht und keinen Geliebten, mit dem Sie zusammen den Zauber dieses Abends erleben wollen?“ Mit einer ausholenden Geste wies er auf die Leute auf den umgebenden Sitzplätzen, von denen sich viele aus mitgebrachten Proviantkörben bedienten. Bei den meisten handelte es sich um Paare. Die romantische Stimmung des Abends war förmlich greifbar.

„Ich bin mit meiner Schwester hier“, verteidigte Emily sich. „Sie ist nur kurz zur Toilette gegangen.“ Um ihren attraktiven Sitznachbarn nicht weiter anzustarren, öffnete sie die Wasserflasche.

„Woher kommen Sie?“, fragte der Mann.

„Aus Neuseeland.“

Ihr Gesprächspartner wirkte überrascht. „Da haben Sie aber eine weite Anreise hinter sich! Kein Wunder, dass Sie sich auf die Musik freuen.“

„Ja, ich will schon seit Jahren herkommen“, bestätigte Emily, die von dieser Reise immer geträumt hatte. Jetzt wollte sie herausfinden, ob Italien wirklich so warm und voller köstlicher Aromen und Düfte war, wie sie es sich immer ausgemalt hatte. Mit dem Opernbesuch hatte sie Kate locken und überreden können, auf dem Weg nach London hier Station zu machen.

Hätte Emily die Wahl und genügend Geld gehabt, wäre sie noch weitergereist: nach Venedig, Florenz, Rom und … Unzählige Male hatte sie sich sämtliche italienischen Filme des DVD-Ladens angesehen, bei dem sie arbeitete, und sogar einige Sätze Italienisch gelernt. Als sie nun zur Bühne hinunterblickte, wo die Orchestermusiker in sanft schimmerndem Licht leise warteten, ging für sie ein Traum in Erfüllung.

Ihre anfängliche Verärgerung war nun vergessen. Sie trank einen großen Schluck aus der Flasche und setzte sie dann zufrieden seufzend ab.

Plötzlich spürte Emily, wie kühle, kräftige Finger sanft ihr Kinn umfassten. Als der Fremde sanft ihr Gesicht zu sich herumdrehte, ließ sie es wie benommen geschehen. Sein eindringlicher Blick schien sie noch näher zu sich zu ziehen. Dann strich er ihr mit dem Zeigefinger die Wassertropfen von der Unterlippe und hauchte leise: „Sie hatten wirklich sehr großen Durst.“

Die zarte Berührung ließ etwas in ihr aufflammen, und sie wurde von dem schier übermächtigen Wunsch erfüllt, seinen Finger mit der Zunge zu berühren.

Die gespannte Vorfreude des Publikums war nichts im Vergleich zu Emilys erwartungsvoller Erregung. Sie wurde von dem starken Wunsch nach mehr ergriffen, was einfach verrückt war. Wie konnte sie sich wünschen, dass ein vollkommen fremder Mann sie küsste?

Doch Emily, die nie etwas für flüchtige Affären oder gar One-Night-Stands übriggehabt hatte, hätte sich am liebsten zurückgelehnt und ihrem neuen Bekannten freie Hand gelassen – hier und jetzt. Die Flasche glitt ihr aus der Hand, als sie mühsam herausbrachte: „Ihnen ist doch klar, dass es gleich losgeht?“

Der Mann senkte die Lider, sodass sie seine funkelnden braunen Augen fast vollständig verhüllten. „Ich glaube, es hat schon längst begonnen.“

Er zog seine Hand zurück, streifte jedoch ihren Oberschenkel, als er die kleine Kerze zur Hand nahm, die neben Emily lag. Bei der erneuten Berührung schien sich alles in ihrem Innern zusammenzuziehen. Die Empfindungen, die sie nun erfüllten, waren neu und aufregend und machten sie schwindelig. Als der Mann ihr erneut in die Augen sah, wusste sie, dass ihm das heftige Verlangen nicht entging, das in Wellen über sie hereinbrach.

„Wir zünden sie an, ?“ Er zog ein metallenes Feuerzeug aus der Tasche, und als die kleine Flamme einen warmen Schein auf sein Gesicht warf, konnte Emily die Augen nicht abwenden – von seinem sinnlichen Mund, dem Funkeln in seinen Augen und seinem eindringlichen Blick.

Luca zwang sich, den Blick von der jungen Frau abzuwenden, die ihn mit ihren faszinierenden Augen fesselte. Doch als er ihr die angezündete Kerze reichte, reagierte sie nicht, und er musste sie einfach noch einmal ansehen: Noch immer saß sie unbeweglich wie eine Statue da und musterte ihn mit diesen großen meergrünen Augen. Lächelnd nahm er ihre Hand.

Sie war einfach zauberhaft: honigfarbenes Haar, eine sanft kurvige Figur und Augen, deren tiefes Grün noch von ihrem T-Shirt betont wurden. Als Luca heraufgekommen war, um besseren Empfang auf seinem Handy zu haben, war sie ihm gleich aufgefallen. Ihre unverblümte Art und Weise, ihr Missfallen deutlich zu machen, hatte ihn amüsiert. Und dann ihr sinnlicher Blick, die langen schlanken Beine … sie war einfach unwiderstehlich.

Luca spürte ihre Finger beben und schloss diese um die Kerze. Sie hielten sie gemeinsam fest, was ihm sehr gefiel. Unwillkürlich wünschte er sich, mehr von ihr zu spüren als ihre Hand.

„Sie sollten einen lieben Menschen bei sich haben, mit dem sie sich die Oper zusammen anhören können.“ Wenn er dieser jemand wäre, würde er den Arm um sie legen und sie einfach an sich ziehen.

„Sie auch“, erwiderte sie und sah ihn unverwandt an.

„Stimmt. Aber leider muss ich mich um meine Gäste kümmern“, erklärte er schulterzuckend. „Aber in einer Parallelwelt würde ich mir mit Ihnen die Oper ansehen.“

„Mit einer vollkommen Fremden?“, fragte die junge Frau gespielt unschuldig.

„Wir würden uns bestimmt nicht lange fremd bleiben.“

Luca sah, wie ihre grünen Augen sich weiteten. Er wusste, dass sie das Gleiche dachte wie er: dass sie sich körperlich näherkommen und Erfüllung finden würden. Obwohl es ganz und gar verrückt war. Wann hatte er je die Hand einer fremden Frau gehalten und sich ausgemalt, dass sie in seinen Armen lag? Und wann hatte er je geglaubt, er könne Erfüllung bei einem anderen Menschen erfahren? In seinem Leben spielten Beziehungen keine Rolle mehr, einzig und allein seine Arbeit verschaffte ihm Befriedigung.

Die junge Frau errötete, doch sie hielt seinem Blick stand. „Wie schade, dass es keine Parallelwelten gibt.“

„Ja.“ Luca wollte diese verführerische Vorstellung noch ein wenig in die Länge ziehen. „Aber es bleibt einem immer das Morgen.“

Lächelnd wiederholte sie: „Morgen.“

In diesem Moment brach ohrenbetäubender Applaus los. Der Dirigent stand mit erhobenem Taktstock am Pult. Luca musste dringend an seinen Platz zurück, denn er hatte tatsächlich Gäste, um die er sich kümmern musste. Verdammt, dachte er bedauernd und schenkte der jungen Frau ein letztes Lächeln, als er ihre Hand losließ und aufstand. „Ciao, bella.“

2. KAPITEL

Es dauerte eine Weile, bis Emily wieder ruhig atmen konnte. Dann schüttelte sie den Kopf und versuchte, das kurze, aber intensive Erlebnis mit einer Portion Sarkasmus abzuschütteln. Was für ein Casanova! dachte sie. Er hatte ihre Verärgerung in heftige Anziehung verwandelt und sie so um den Finger gewickelt, dass sie ihm praktisch zu Füßen gelegen hatte.

Sie blickte ihm nach, als er die Stufen hinunter zu den teuren, exklusiven Sitzplätzen ging, ohne sich umzuwenden. Offenbar hatte er sie schon vergessen. Bestimmt tat er so etwas ständig: nichts ahnende Frauen mit seinen tiefbraunen, faszinierenden Augen in seinen Bann ziehen. Kein Wunder, dass er so viel gelassene Arroganz ausstrahlte: Männern wie ihm fiel so gut wie alles in den Schoß – besonders Frauen. Doch zu ihrer eigenen Überraschung wäre Emily erfreut darüber gewesen, zu diesen Frauen zu gehören. Sie fand den charmanten Fremden schier unwiderstehlich.

Als die ersten Takte der Ouvertüre erklangen, ließ Kate sich auf den Platz neben ihr plumpsen.

„Super, du hast Wasser“, stellte sie fest und trank die Flasche halb leer.

Emily presste sich gedankenverloren den Finger dort auf den Mund, wo der Fremde sie berührt hatte. Das bedeutendste Ereignis des Abends schien bereits hinter ihr zu liegen.

Doch die Arena di Verona sollte sie nicht enttäuschen. Als über zwei Stunden später tosender Applaus das Amphitheater erfüllte, war Emily ganz überwältigt. Ja, es hatte sich gelohnt, den weiten Weg hierher zu kommen. Die Aufführung, die Musik, die Atmosphäre – alles war so wunderschön gewesen, wie sie es sich ausgemalt hatte. Zumindest fast alles. Denn aus irgendeinem Grund hatte die flüchtige Begegnung mit dem attraktiven Fremden dazu geführt, dass Emily etwas vermisste: Berührungen, genüssliches Vergnügen, ein Gefühl dafür, dass sie als Frau begehrenswert war. Sie war bisher immer zu beschäftigt gewesen, um eine Beziehung zu führen, und der eine Versuch, den sie gestartet hatte, war den Aufwand wirklich nicht wert gewesen. Doch plötzlich, nach dieser einen leichten Berührung, hatte sich die Tür zu ihrem sinnlichen Selbst weit geöffnet. Am liebsten wäre sie sofort hindurchgegangen.

Stattdessen ging sie mit Kate durch die Menge der fröhlichen, gut gelaunten Menschen, die aus dem Amphitheater auf die Piazza drängten. Emily wünschte, der Abend würde ewig dauern. Sie blieb stehen, noch ganz erfüllt von den wunderschönen Klängen, vor allem aber von der Erinnerung daran, wie der charmante Fremde ihr über den Mund gestrichen hatte …

„Findest du nicht auch, dass der Sopran beim letzten Duett ein bisschen danebenlag?“, riss Kate sie aus ihrer Träumerei. Sicher würde diese nun die Aufführung Ton für Ton sezieren.

Doch so genau hatte Emily während des Duetts nicht hingehört. Ihr Blick war unwillkürlich immer wieder zu einem bestimmten der teuren Sitzplätze geglitten, wo ein schwarzer Schopf alle anderen Gäste überragt hatte. Die Musik war eher zu einer Art Hintergrundmusik einer Träumerei geworden, der sie sich normalerweise nicht hingab.

„Ähm, welchen Teil meinst du?“, fragte sie, während ihr beim Gedanken an die zufällige Begegnung warm wurde und sie lächeln musste.

Ihr Lächeln verschwand jedoch, als ihre Schwester ungehemmt und in voller Lautstärke den Refrain des größten „Hits“ des Abends anstimmte.

„Kate!“, flüsterte Emily zutiefst verlegen, doch ihre Schwester lächelte nur frech und sang weiter. Als sich die Menschen um sie zu scharen begannen, wäre Emily am liebsten im Boden versunken. Diese Art Aufmerksamkeit war ihr äußerst unangenehm. Doch dann fiel ihr plötzlich eine Gruppe elegant gekleideter Männer ins Auge. In ihrer Mitte stand ein dunkelhaariger Mann, der die anderen um einen halben Kopf überragte. Und natürlich war eine Frau bei ihm: eine stilbewusste Italienerin, die offenbar sehr an ihm interessiert war.

Eine Geliebte, mit der er sich zusammen die Oper angehört hat? dachte Emily unwillkürlich und wurde von dem Gefühl eines schweren Verlusts erfüllt. Sie hatten zwar nur wenige Worte gewechselt, doch es war ihr vorgekommen, als hätten sich unendlich viele Möglichkeiten eröffnet. Doch mit der Frau an seiner Seite konnte sie es natürlich nicht aufnehmen.

Sobald Kate das erste Mal Luft holte, nutzte Emily die Gelegenheit, sie mit sich zu ziehen. „Reicht das jetzt?“

„Nein“, entgegnete Kate und lächelte allen Menschen zu, die sie ansahen. „Mir kam gerade eine Superidee.“

Die wollte Emily sich aber nicht mehr anhören, sie wollte einfach nur weg. Vorher jedoch musste sie sich noch einmal umsehen. Als sie einen Blick über ihre Schulter warf, stellte sie fest, dass der charmante Fremde sie lächelnd ansah und ihr zuzwinkerte. Emily erwiderte sein Lächeln nicht, sah ihn jedoch weiterhin unverwandt an, um sich ein letztes Mal seinen Anblick einzuprägen.

Hinter der nächsten Ecke blieb Kate stehen und sagte energisch: „Ich werde mich nicht die nächsten zwei Tage lang von Brot ernähren. Wir sind schließlich in Italien! Ich will Pasta und Pizza, und ich will in einem Restaurant essen!“

„Kate.“ Emily war mit ihrer Geduld fast am Ende. Begriff ihre Schwester nicht, dass sie sich das einfach nicht leisten konnten?

„Ich werde uns mit Singen auf der Straße ein bisschen Geld verdienen“, verkündete Kate.

„Bitte nicht, Kate“, erwiderte Emily entgeistert. Doch sie kannte ihre kleine Schwester nur zu gut und wusste, dass diese nach Aufmerksamkeit geradezu lechzte.

„Komm schon, Em, du hast doch selbst gesehen, wie viele Leute eben zugehört haben. Mit nur drei Liedern bekommen wir genug für ein fantastisches Essen mit tausend Gängen zusammen“, versuchte Kate sie zu überzeugen.

Bei der Vorstellung lief Emily das Wasser im Mund zusammen, aber sie ignorierte es. „Bestimmt braucht man eine Erlaubnis, wenn man auf der Straße Musik macht“, wandte sie ein.

Kate tat, als würde sie gähnen. „Du immer mit deinen Regeln und Vorschriften. Langweilig!“

„Eine von uns muss ja ein bisschen Verantwortungsbewusstsein zeigen.“ Und das war schon immer ihre Aufgabe gewesen. Schon seit Jahren trug sie die Verantwortung für sich und ihre Schwester allein, sie war Mutter, Vater, Schwester, Freundin, Geldverdienerin, Köchin, Haushaltshilfe und Chauffeurin – alles in einer Person.

„Schade, dass du mich nicht auf dem Klavier begleiten kannst. Oder wollen wir vielleicht das Duett singen?“, fragte Kate.

„Auf gar keinen Fall.“ Emily begleitete ihre Schwester gern, vermied es aber um jeden Preis, im Rampenlicht zu stehen.

„Ich singe doch nur zehn Minuten, da hat bestimmt niemand etwas dagegen.“

Seufzend trat Emily zur Seite und sah zu, wie ihre impulsive, temperamentvolle Schwester ihren Strohhut abnahm und ihr Haar schüttelte. Innerhalb kürzester Zeit war sie von einer kleinen Menschenmenge umringt, was Emily nicht überraschte, denn mit ihren langen roten Locken und der schlanken Figur erregte Kate auch dann Aufmerksamkeit, wenn sie nicht sang. Und sobald ihre engelhafte, klare Stimme erklang, musste man ihr einfach lauschen.

Als immer mehr Menschen stehen blieben, warf Kate Emily einen triumphierenden Blick zu und lief zu Höchstform auf. Emily blieb am Rand stehen und blickte sich ängstlich nach Carabinieri um.

„Ihre Schwester hat Talent“, hörte sie plötzlich eine tiefe Stimme hinter sich, und Emily zuckte zusammen.

Sofort schien ihr ganzer Körper wieder hellwach zu sein und so zu vibrieren, dass sie keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte.

„Ja“, erwiderte sie nur.

„Und Sie auch.“

Wie war er darauf gekommen? Emily schüttelte den Kopf. „Nicht so wie meine Schwester.“

„Nein“, stimmte er zu, und als er weitersprach, war sein markanter Akzent deutlicher zu hören. „Ihre Schwester ist noch ein Kind. Sie dagegen haben die Talente einer Frau.“

Emily atmete heftig ein. „Das meinen Sie doch nicht ernst!“

„Oh doch.“ Mit seinen dunklen Augen sah er sie amüsiert und ein wenig herausfordernd an. „Bei dem Blick, den Sie mir über die Schulter zugeworfen haben, konnte ich gar nicht anders, als Ihnen zu folgen.“

Emily spürte, wie ihr heiß wurde. Sie sollte die Begabungen einer Frau besitzen? Wenn das doch nur stimmte! Dann würde sie ihn dazu bringen, sich vor ihr hinzuknien und sie wider alle Vernunft zu begehren. Die Vorstellung ließ sie erbeben, doch Emily versuchte, ruhig zu bleiben. Seit wann war sie eine Sexgöttin? Sie konnte sich ja nicht einmal daran erinnern, wann sie das letzte Mal Sex gehabt hatte!

Die trällernde Kate, die Frau, die sie an seiner Seite gesehen hatte – all das war vergessen. Emily nahm nur noch seine warme Stimme und sein sinnliches Lächeln wahr. Ein solches Gespräch voller zweideutiger Bemerkungen zu führen war eine ganz neue Erfahrung für sie, die ihr jedoch sehr gefiel.

„Wenn das so ist, sollten Sie vielleicht vorsichtig sein“, erwiderte sie.

„Ganz bestimmt“, entgegnete er jungenhaft lächelnd. „Luca Bianchi“, fügte er dann hinzu und reichte ihr die Hand.

Emily betrachtete seine Hand, bevor sie ihm wieder in die Augen sah. „Sie befürchten also nicht, dass ich Sie beißen werde?“

„Um ehrlich zu sein, hoffe ich sogar darauf.“

„Emily Dodds.“ Als sie ihm die Hand reichte, schien ein Stromschlag ihren ganzen Arm zu durchlaufen.

„Emily.“ Seine Art, ihren Namen auszusprechen, ließ sie erbeben. Dann umfasste er ihre Hand fester. „Hat Ihnen die Oper gefallen?“

„Ja, ich fand die Aufführung wunderschön.“

Er nickte. „Sie war wirklich gut. Allerdings hätte ich mir etwas nettere Gesellschaft gewünscht. Wie war es bei Ihnen?“

„In Ordnung.“

„Aber es hätte besser sein können?“

„Vielleicht.“ Gespielt schüchtern senkte sie den Blick. „Lassen Sie meine Hand eigentlich auch wieder los?“

„Um ehrlich zu sein, ich hatte mit dem Gedanken gespielt, sie mitzunehmen.“

„Heute Abend nicht“, erwiderte Emily, konnte jedoch nichts gegen das Lächeln tun, das sich auf ihrem Gesicht ausbreitete. Dass ein derart attraktiver Mann sie so unverhohlen umwarb, machte sie fast schwindelig.

„Nicht? Wie schade“, erwiderte er lächelnd. „Aber uns bleibt ja immer das Morgen.“

Einen Moment, der eine kleine Ewigkeit zu dauern schien, sah Emily ihm in die schokoladenbraunen Augen. Millionen von „Wenn doch nur …“-Sätzen gingen ihr durch den Kopf, als seine Finger sich noch fester um ihre schlossen.

„Ich hab’s dir doch gesagt!“, rief Kate und schüttelte übermütig ihren umgedrehten Hut. „Genug für ein Fünf-Gänge-Menü in einem schicken Restaurant!“

Als Emily an ihrer Hand zog, drückte Luca sie leicht und ließ dann schließlich los.

„Sie haben sich ein Abendessen ersungen?“, fragte er trocken.

„Nein, das morgige Mittagessen. Ich bin übrigens Kate.“

„Hallo, Kate. Ich bin Luca, ein Freund Ihrer Schwester.“

Ein Freund? dachte Emily, als er ihr einen neckenden Blick zuwarf.

„Ich würde Sie beide gern auf einen Drink einladen. Bestimmt haben Sie nach dem Singen in dieser Hitze Durst.“

„Wir …“ Gerade als sich Emilys vernünftige Seite durchsetzen wollte, zwinkerte Luca ihr noch einmal leicht zu. Und das allein genügte, dass ihre stets vernachlässigte leichtlebige Seite sich durchsetzte. Immerhin waren sie in Italien, ihrem Traumland, und sie flirtete mit dem atemberaubendsten Mann, den man sich vorstellen konnte.

Tief atmete sie ein. „Gern, vielen Dank“, nahm sie mit klopfendem Herzen an.

Luca konnte sich nicht daran erinnern, wann er das letzte Mal etwas so Verrücktes getan hatte. Plötzlich setzte er alles daran, etwas zu bekommen, das nicht von langer Dauer sein konnte. Aber es würde Spaß machen, und ein wenig Spaß hatte er wirklich verdient. Während der Ober den Wein holte, versuchte Luca sich zu ermahnen, dass One-Night-Stands letzten Endes nie so gut waren, wie man erwartete. Doch Tatsache war, dass er noch nie eine Frau so sehr gewollt hatte. Es war ein intuitives, heftiges Verlangen, das er in seinem ganzen angespannten Körper verspürte.

Er würde dafür sorgen, dass es geschah. Dennoch fiel es ihm schwer, sein Verlangen zu zügeln, wenn sie ihn mit ihren grünen Augen ansah, die herausfordernd funkelten und zugleich vorsichtig blickten.

„Was führt Sie nach Verona?“, fragte er.

„Wir sind auf dem Weg nach London“, antwortete Emilys Schwester. „Ich will dort singen.“

Er warf der hübschen Rothaarigen mit den hellblauen Augen einen kurzen Blick zu. „Sie haben genug Talent, um überall zu singen, wenn Sie zielstrebig genug sind.“

Sein Blick glitt wieder zu Emily. Gedankenverloren betrachtete er ihre zarten Sommersprossen, die er gern geküsst hätte – und ihren Mund, nach dem er sich noch mehr sehnte. Sie war nicht so mädchenhaft dünn wie ihre Schwester, sondern kurvig, aber schlank: gerundete Hüften, langes Haar, das er ihr aus dem Gesicht streichen würde, um ihre Haut vom Hals bis zu den Brüsten mit Küssen zu bedecken.

Während Kate von ihren Plänen erzählte, trank Luca seinen Wein und beobachtete, wie Emilys Gesicht von einer zarten Röte überzogen wurde. Auch ihm wurde heiß.

„Wenn Sie wirklich schick essen wollen, kenne ich genau das richtige Restaurant“, unterbrach er Kates nicht enden wollenden Redeschwall. „Ich schlage vor, dass Sie und Emily sich einfach morgen um eins hier mit mir treffen.“

Kate war sofort begeistert. „Meinen Sie das ernst?“

„Natürlich. Es wäre mir ein Vergnügen.“ Luca betonte das letzte Wort, das als leicht provokante Botschaft an Emily gerichtet war.

Mit ihren tiefgrünen Augen sah sie ihn nachdenklich und prüfend an. Luca erwiderte ihren Blick und wünschte, sie wären allein, doch hier musste er sich zurückhalten. Zum ersten Mal im Leben flehte er geradezu um etwas.

„Sie werden besser essen als je zuvor“, versprach er.

„Morgen Mittag?“, fragte Kate.

„Ja.“ Luca sah Emily weiterhin an, bis sich endlich ein feines Lächeln auf ihrem Gesicht ausbreitete.

„Morgen“, wiederholte er dann.

Als Emily und Kate am nächsten Tag auf die Piazza kamen, wartete Luca dort wie versprochen. Aber er war nicht allein: Rechts und links von ihm stand je eine wunderschöne Frau. Bei diesem Anblick wurde Emily eiskalt. Doch als sie sich näherte, sah er sie an und schien sie mit den Augen regelrecht auszuziehen. Sein Blick glitt über ihren Körper bis zu ihrem Gesicht, und Emily wurde erfüllt von Neugier, Verlangen und dem Wunsch nach zügelloser Leidenschaft.

Nach Lucas selbstzufriedenem Gesichtsausdruck zu schließen, war ihm nicht entgangen, dass ihr die Anwesenheit der beiden anderen Frauen nicht behagte. Er wandte sich an Kate und erklärte: „Kate, das sind Maria und Anne, Opernsängerinnen der Arena di Verona. Hätten Sie Lust, heute Nachmittag einen Blick hinter die Kulissen zu werfen und bei einer Probe dabei zu sein?“

„Na klar!“, rief Kate mit leuchtenden Augen.

„Es kommt noch besser“, sagte Luca leicht ironisch und reichte ihr einen Umschlag. „Hier ist die Adresse eines Mannes, mit dem Sie in London in Bezug auf Ihre Karriere Kontakt aufnehmen sollten. Maria und Anne werden dafür sorgen, dass Sie Mittagessen bekommen – wenn auch nicht unbedingt ein Fünf-Gänge-Menü in einem schicken Restaurant.“

„Ach, das macht nichts“, entgegnete Kate, die ihr Glück gar nicht fassen konnte.

„Kate, ist das wirklich in O…?“ Weiter kam Emily nicht, bevor Kate ihr ins Wort fiel.

„Em, nerv nicht. Ich bin doch schon fast neunzehn.“

Das wusste Emily natürlich, aber sie fühlte sich nach wie vor für ihre Schwester voll verantwortlich – die alles war, was sie noch hatte.

Doch Kate war bereits mit den beiden Sängerinnen losgegangen und bombardierte diese mit Fragen.

„Keine Sorge, Kate, ich kümmere mich um Emily“, rief Luca ihr vielsagend nach.

„Ich weiß!“, trällerte diese, ohne sich umzusehen.

Mit ihren vierundzwanzig Jahren brauchte Emily niemanden mehr, der sich um sie kümmerte. Aber sicher meinte Luca seine Bemerkung nicht im Sinne elterlicher Fürsorge …

Nach einem Moment des Schweigens hob er an: „Jetzt sind wir also allein, Emily.“

Sie neigte den Kopf und sah ihn leicht abschätzend an. Ja, Luca war ein Mann, der immer das bekam, was er wollte. Und wenn er sie wollte, dann würde er sie auch bekommen.

Emily war frei. Ihre Schwester war den Nachmittag über beschäftigt, sie machte Urlaub in einer wunderschönen Stadt, und sie wollte alles erkunden.

„Ich möchte dir das Beste und Schönste zeigen, was Verona zu bieten hat. Bist du bereit?“, fragte Luca, der wie selbstverständlich zur vertraulichen Anrede übergegangen war.

Ihr Gesichtsausdruck war Antwort genug. Jungenhaft lächelnd sagte er: „Dann lass uns losgehen.“

Unwillkürlich erwiderte Emily sein Lächeln und erbebte, als er sie bei der Hand nahm und in eine Seitenstraße führte.

„Ich werde dir einige Sehenswürdigkeiten der Stadt zeigen, und dann gehen wir zusammen Mittag essen. Kennst du das Casa di Giulietta schon?“

„Ja.“ Der Legende nach soll der Balkon dieses Hauses eine wichtige Rolle in der Geschichte von Julia und Romeo gespielt haben.

„Hast du dort eine Nachricht hinterlassen?“, fragte Luca, denn viele Besucher schrieben Nachrichten oder Bitten an die Mauer des Hauses.

Emily wich seinem durchdringenden Blick aus. „Nein, und du?“

„Nein, ich bin nicht romantisch veranlagt. Wie sieht es mit dem Castelvecchio und der Kirche San Zeno aus – hast du die auch schon gesehen?“

„Ja.“

„Und den Duomo?“

„Auch.“

Luca blieb stehen und fragte stirnrunzelnd: „Wie lange seid ihr schon in Verona?“

„Heute ist unser fünfter Tag hier“, erwiderte Emily. „An den ersten beiden Tagen bin ich mit Kate durch die Stadt marschiert. Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten habe ich wohl alle schon gesehen.“

„Dann war das gestern sicher auch nicht die erste Opernaufführung, die du besucht hast“, mutmaßte Luca.

„Doch. Wir können es uns leider nicht leisten, mehr als einmal zu gehen. Aber ich wollte unbedingt ein paar Tage in Italien verbringen.“

Luca zog an ihrer Hand und ging in die Richtung, aus der sie gekommen waren.

„Wohin gehen wir denn jetzt?“

„Direkt zum Mittagessen.“

Toll, dachte Emily, und das Gefühl von Freiheit wurde stärker, als Luca sie über eine Brücke auf die andere Seite des Flusses führte, wo sie nach einer Weile ein Tor erreichten.

Dort bliebt er stehen und sagte mit einem unwiderstehlich sinnlichen Funkeln in den Augen: „Komm mit mir in den Giardino Giusti, Emily.“

3. KAPITEL

Die Anlagen des Giardino Giusti stammten aus der Renaissance und waren wunderschön. Das üppige Grün ihrer Bäume bildete einen reizvollen Kontrast zu den grauen Steinbauten im Stadtzentrum.

Luca und Emily schlenderten durch den von Formschnitt geprägten Bereich, und obwohl hier eine ruhige, kühle Atmosphäre herrschte, war ihr heiß, und sie nahm jedes noch so leise Geräusch intensiv wahr: tröpfelndes Wasser, das Summen einer Biene, ihren eigenen, schnell gehenden Atem, Lucas Nähe …

Er führte sie einen Weg entlang zu einem Bereich, in dem die Pflanzen wilder wuchsen, höhere Bäume standen und in kurzer Entfernung eine Art Grotte zu sehen war.

Emily betrachtete den schattigen Platz. „Sieh mal, da picknickt jemand!“

„Ja, wir“, erwiderte Luca lächelnd und ging zu dem Mann im dunklen Anzug, der neben der Picknickdecke stand. Nach einem kurzen Wortwechsel entfernte sich dieser.

Luca winkte Emily heran. „Hast du Hunger?“

Sie nickte und spürte, wie es in ihrem Innern zu leuchten begann. „Und du behauptest, nicht romantisch veranlagt zu sein?“, neckte sie ihn, um ihre freudige Erregung zu verbergen.

„Es ist doch nur ein einfaches Picknick“, entgegnete er, doch „einfach“ war daran wirklich gar nichts: Auf einer großen roten Decke lagen runde Kissen aus rotem, golddurchwirktem Stoff, daneben zusammengefaltet eine weitere Decke. Für den Fall, dass wir uns verstecken wollen oder mehr Platz benötigen? dachte Emily mit klopfendem Herzen.

Als Luca sich neben den großen Picknickkorb kniete, eine Flasche Wein herausholte und zwei Gläser einschenkte, wähnte Emily sich im Paradies. Bereitwillig setzte sie sich auf die Decke, nahm ein Glas entgegen und ließ dann den Blick durch den sorgsam gepflegten Garten schweifen. Sie musste sich sammeln und wieder etwas zur Vernunft kommen, bevor sie alle Vorsicht vergessen würde.

„Unglaublich“, sagte sie nur.

„Das Schönste, was Italien zu bieten hat – für dich“, erwiderte Luca lächelnd. „Und damit meine ich nicht das Picknick.“

„Du scheinst dir deines Werts ja sehr sicher zu sein.“

„Oh ja, bis auf den letzten Euro“, bestätigte er. „Aber hier geht es nicht um Geld, sondern um Vergnügen. Und das ist unbezahlbar.“

Luca konnte den Blick einfach nicht von Emily abwenden. Ihre Freude war so echt, dass er ein schlechtes Gewissen bekam. „Ich habe das Picknick nicht selbst zusammengestellt“, gab er zu.

„Das habe ich mir gedacht“, erwiderte sie lachend. „Aber es war deine Idee.“

Das stimmte. Doch Lucas schlechtes Gewissen nahm immer mehr zu. Er wollte Emily mit gutem Essen verwöhnen und sie umwerben – nur einen Abend lang. Und er wusste, dass sie trotz ihrer funkelnden Augen und ihres koketten Lächelns keine weltgewandte, erfahrene Schönheit war, sondern eine sehr liebevolle und unschuldige junge Frau. Er hatte nicht das Recht, mit ihr Spielchen zu treiben, sofern sie es nicht auch wollte und die Spielregeln einer kurzen Urlaubsaffäre verstand.

„Das Hotel hat das Essen zusammengestellt“, erklärte Luca.

„Dann kriege ich also wirklich ein Fünf-Gänge-Menü“, stellte Emily fest. „Wie kommt es eigentlich, dass du Beziehungen zur Oper hast?“

„Mein Unternehmen ist Sponsor der Oper.“

„Dein Unternehmen?“, fragte sie.

„Ja, es gehört mir.“ Die Firma war sein ganzes Leben, ihr hatte Luca fast das gesamte letzte Jahrzehnt gewidmet: Er hatte studiert, Erfahrungen gesammelt und so das erfolgreiche private Finanzunternehmen aufgebaut. Hilfe von seinem gleichgültigen Vater hatte Luca dabei nicht angenommen, denn er konnte allein Geld verdienen und sich beweisen.

„Ich gehe oft mit wichtigen Kunden und deren Ehefrauen in die Oper.“

„Mit ihren Ehefrauen?“, wiederholte Emily, und Luca unterdrückte ein Lächeln.

„Sì.“ Sie hatte sich also tatsächlich gefragt, wer die Frau war, mit der sie ihn am vergangenen Abend gesehen hatte: die Ehefrau eines Kunden, an der er natürlich nicht interessiert war. Als er Emily vielsagend ansah, bemerkte er, dass sie seine linke Hand betrachtete.

Luca zuckte innerlich zusammen. Früher einmal hatte er dort einen Ring getragen. Auch später noch hatte er ihn eine ganze Weile nicht abgenommen. Der Ring war wie ein Talisman gewesen, mit dem er Frauen von sich ferngehalten hatte. Doch mit jedem Blick auf das Schmuckstück war die Erinnerung in ihm wieder wach geworden: Nikki war zu schwach gewesen, um ihm den Ring aufzusetzen, sodass er es selbst hatte tun müssen. Und trotz des geringen Durchmessers hatte ihr Ring sehr locker an ihrem knochigen Finger gesessen. Für einen Verlobungsring war gar keine Zeit gewesen.

Irgendwann hatte Luca den Ring abgenommen und die helle Stelle von der Sonne bräunen lassen. Doch noch immer ließ ihn die Erinnerung nicht los und schärfte ihm ein, dass er sich um keinen Preis an jemanden binden durfte.

„Was macht dein Unternehmen?“, wollte Emily wissen.

„Wir sind auf Hedge-Fonds spezialisiert“, erwiderte Luca, der sie nicht mit detaillierten Schilderungen langweilen wollte.

„Und du gehst gern in die Oper?“

„Natürlich – ich bin schließlich Italiener.“

„So italienisch klingst du gar nicht!“

„Das ist der Fluch meiner Schulbildung: Ich bin mit sieben auf ein Internat in England gekommen. Die Liebe zur Oper habe ich vermutlich von meiner Mutter.“ Da sich mit dieser weitere schmerzliche Erinnerungen verbanden, brachte Luca das Gespräch wieder auf Emily. „Gefällt dir Italien?“, erkundigte er sich und brauchte ihre Antwort gar nicht abzuwarten, so sehr strahlte sie. „Du bist das erste Mal hier, stimmt’s? Ist es so schön, wie du es dir erhofft hast?“

„Sogar noch schöner!“

Wieder strahlte sie diese aufrichtige, warme Begeisterung aus. Am Vorabend war sie zuerst verärgert gewesen, doch davon war nichts mehr zu spüren: Nun war da nur noch der Wunsch, den Moment zu genießen, auf den sie offenbar schon eine ganze Weile wartete. Luca fand Emilys unkomplizierte, frische Ausstrahlung äußerst verlockend.

„Schmeckt dir das italienische Essen?“

Sie nickte.

„Hast du schon ortstypische Spezialitäten probiert?“

Vermutlich nicht, dachte er, als sie ihn unsicher ansah. Sicher musste sie sehr aufs Geld achten. Doch in dieser Hinsicht konnte er ihr heute helfen. „Italienische Küche ist mehr als Büffelmilch-Mozzarella und getrocknete Tomaten.“

Emily zog einen Schmollmund. „Aber ich liebe das beides!“

Luca lachte leise. „Lass uns trotzdem ein paar andere Sachen zusammen probieren.“

Er nahm sich den Korb vor, der lauter kleine Gefäße mit unterschiedlichen Speisen enthielt: einfache Snacks wie Oliven, aber auch kleine Portionen aufwendiger Gerichte. Luca breitete das Essen vor Emily aus, erklärte ihr, woher das jeweilige Gericht stammte, und ließ sie die italienischen Namen nachsprechen. Dann sah er zu, wie sie alles probierte, bevor er sich selbst davon nahm. Und die ganze Zeit über wurde sein Appetit immer stärker.

Zufrieden leckte Emily sich nach den paradiesischen Köstlichkeiten das aromatische Öl von den Lippen. Normalerweise wäre sie nach einem solch üppigen Mahl im warmen Schatten der Bäume müde geworden, doch nun, da Luca so nahe neben ihr lag, war alles anders.

Er hatte sich auf der Decke ausgestreckt und stützte sich entspannt auf einen Ellenbogen. Emily betrachtete seinen athletischen Körper und hätte ihn am liebsten berührt. Um ihre Hände zu beschäftigen, nahm sie sich einen Grissino.

„Erzähl mir ein bisschen über dein Leben“, forderte Luca sie auf.

Emily kräuselte die Nase. „Da gibt es eigentlich nicht viel zu erzählen“, erwiderte sie. Zumindest nichts Glamouröses oder Spannendes.

„Wo wohnen deine Eltern?“

Der Schatten, der ihr Herz erfüllte, spiegelte sich wohl auch auf ihrem Gesicht, denn Luca sagte: „Es tut mir leid. Möchtest du mir erzählen, was passiert ist?“

„Natürlich“, erwiderte Emily und lächelte, um den Schmerz zu vertreiben. „Es ist schon lange her.“ Gedankenverloren brach sie den Grissino in der Mitte durch und zerbrach dann die beiden Hälften. „Mum kam bei einem Autounfall ums Leben, als ich fünfzehn war. Danach ging es mit Dad stetig bergab: Er fing an zu trinken, rauchte viel und aß nicht mehr.“ Sie ließ den Blick zu den Bäumen gleiten und fügte hinzu: „Ich glaube, dass ihm mit Mum auch jeglicher Lebenswille verloren gegangen war.“

„Obwohl er zwei wunderschöne Töchter hatte, um die er sich kümmern musste?“, fragte Luca.

Emily konnte den leichten Vorwurf gut nachvollziehen, der in seiner Stimme mitschwang, denn manchmal hatte sie ähnliche Gedanken gehabt. Doch sie kannte die ganze Wahrheit und wusste, dass die Dinge nie ganz schwarz oder weiß waren. Es gab immer auch unterschiedliche Grau-Schattierungen.

„Er hatte am Steuer gesessen, Luca. Und mit dieser Schuld ist er nie fertig geworden.“ Sie setzte sich auf ihre Hände und ließ den Blick die sanft abfallende Schräge hinunter zu den Zypressen gleiten. „Zwei Jahre später ist er gestorben.“

Zwei Jahre, in denen sie alles versucht hatte, damit er es schaffen würde. Doch die Last hatte ihren Vater so niedergedrückt, und das Trinken hatte seinen Körper und seinen Verstand zerstört. Er hatte sich nicht befreien können und es auch nicht gewollt.

„Was ist dann passiert?“

„Ich war bei seinem Tod achtzehn und Kate knapp dreizehn. Man ließ sie bei mir. Also bin ich von der Schule abgegangen und habe mir eine Arbeit gesucht.“

Eigentlich hatte Emily Klavier studieren wollen, doch stattdessen hatte sie alles Menschenmögliche getan, um Kate später eine Karriere als Sängerin zu ermöglichen. Ihre kleine Schwester hatte das Aussehen, das Talent und den Willen, um ihr Ziel zu erreichen. Und jetzt, mit fast neunzehn, war sie entschlossen, ins Ausland zu gehen und es zu schaffen. Emily begleitete sie – auf dem Klavier und mit jeglicher anderen Art von Unterstützung.

„Du hast also für Kate gesorgt“, stellte Luca fest.

„Wir haben füreinander gesorgt“, erwiderte Emily schulterzuckend.

Nach einem längeren Schweigen sah sie ihn an und bemerkte den Schatten, der seine Augen verdunkelte. Offenbar verstand Luca, wie einsam sie gewesen war und wie sie gekämpft hatte. Doch Mitleid brauchte sie nicht: Sie und Kate hatten alles überstanden, und jetzt fing für sie ein neues Leben an. Emily versuchte, die kalte Angst zu ignorieren, die sie beim Gedanken daran erfüllte. Sechs Jahre lang hatte sie in zwei Jobs gleichzeitig gearbeitet und den gesamten Haushalt allein bewältigt. Nun war die vertraute Routine plötzlich weg, alles war neu, und sie wusste nicht, was die Zukunft bringen würde. Doch eins war ihr klar: Sie wollte mehr als das, was ihr bisheriges Leben ihr geboten hatte. Eine Arbeit, die sie mehr erfüllte, und auch ein erfüllenderes Privatleben … Und jetzt, als sie mit diesem atemberaubenden Mann in diesem wunderschönen Park saß, schien ein neues Kapitel ihres Lebens zu beginnen.

„Und wie sieht es bei dir aus?“, fragte sie mit fröhlicherer Stimme. „Wo ist deine Familie?“

Lucas Gesichtsausdruck sagte ihr, dass er ähnlich Schlimmes erlebt hatte wie sie.

„Meine Mutter ist an Krebs gestorben, als ich sieben war“, erklärte er mit ausdrucksloser Stimme.

„Und dein Vater?“

„Ich kam danach aufs Internat. Wir sind uns nicht sonderlich nahe.“ Seine knappen Worte sprachen Bände.

Erschüttert blickte Emily ihn an. Der Vater hatte seinen kleinen Sohn einfach allein in ein fremdes Land geschickt, in dem man auch noch eine andere Sprache sprach?

„Ich bin meiner Mutter sehr ähnlich“, erläuterte Luca mit einem feinen ironischen Lächeln. „Mein Vater konnte es wohl nicht ertragen, durch meinen Anblick ständig an sie erinnert zu werden.“

Sie waren also beide in gewisser Hinsicht vom überlebenden Vater abgewiesen worden.

„Und wo ist dein Vater jetzt?“, fragte Emily.

„Er hat ein zweites Mal geheiratet und lebt mit seiner Frau in der Nähe von Rom.“

Ihre Blicke begegneten sich. Fühlten sie sich auch deshalb so zueinander hingezogen, weil sie beide eine schmerzliche Vergangenheit hatten? Emily hatte keine Gelegenheit, diesem Gedanken weiter nachzugehen, denn Luca setzte sich auf und sagte: „Genug Trübsal geblasen. Der Tag ist zu kurz.“ Er griff in den schier unerschöpflichen Picknickkorb und sagte: „Jetzt gibt es Nachtisch.“

Vielleicht hatte die starke Anziehung zwischen ihnen nichts mit ihrer Vergangenheit zu tun, sondern nur damit, dass Emily noch nie einen körperlich so dynamischen Mann kennengelernt hatte wie Luca. Und er hatte recht: Sie sollte nicht weiter über Düsteres reden, sondern den Urlaub und die Sonne genießen.

Luca lachte leise, als er ihr einen gehäuften Löffel hinhielt und Emily sich neugierig näher zu ihm neigte. Das cremige Dessert schmeckte unglaublich köstlich, geradezu dekadent.

„Lecker, nicht wahr?“, fragte er und hielt ihr erneut den gefüllten Löffel hin.

Sie nickte glücklich und ließ sich dann zufrieden aufs Kissen sinken. Mit geschlossenen Augen genoss sie den himmlischen Geschmack und die sie einhüllende Wärme. Sie wollte mehr davon – und auch mehr von ihm.

„Du hast dich die ganzen letzten Jahre um deine Schwester gekümmert“, hörte sie Luca leise sagen. „Jetzt brauchst du jemanden, der dafür sorgt, dass auch deine Bedürfnisse erfüllt werden.“

Emily öffnete die Augen und bemerkte, dass er den Kopf auf einem Kissen neben ihrem abgelegt hatte. „Woher willst du wissen, dass ich nicht schon jemanden habe?“

„Wenn das tatsächlich so wäre, würdest du mich nicht so sehnsuchtsvoll ansehen.“

„Völlig unerfahren bin ich auch nicht, Luca“, erwiderte Emily würdevoll und richtete sich etwas auf.

„Also nur relativ unerfahren, ?“ Er lachte. „Wer war es? Ein junger Dummkopf, der nicht einmal mit einer genauen Anleitung wüsste, wie man eine Frau glücklich macht?“

Errötend schloss Emily die Augen, denn genau so war ihr Exfreund gewesen.

„Ich kann dir nicht mehr bieten als eine Erinnerung, Emily“, sagte Luca mit leicht angespannter Stimme. „Aber ich glaube, es wäre eine ganz besondere Erinnerung.“

Unwillkürlich öffnete sie die Augen wieder und sah ihn an.

„Wann hast du das letzte Mal etwas getan, das du gern tun wolltest?“, fragte er.

Emily konnte sich nicht erinnern, und Luca schien das zu wissen.

„Was für ein großzügiges Angebot“, erwiderte sie mit sanftem Spott. „Als hättest du selbst rein gar nichts davon.“

„Ich hätte sogar sehr viel davon, das gebe ich zu“, erwiderte Luca, stützte sich auf einen Ellenbogen und sah sie an. „Aber findest du nicht, dass du dir eine Belohnung verdient hast?“

„Du bist also eine Belohnung?“

„Das musst du entscheiden.“ Er neigte sich näher zu ihr, nahm ihre Hand und legte sie an seine Brust. „Fühlst du, wie mein Herz schneller schlägt?“

Als Kate ihm die Finger auf die Brust legte und den Herzschlag spürte, hätte sie am liebsten direkt Lucas Haut berührt.

„Geht es dir genauso, wenn wir uns berühren? Wenn wir nebeneinander gehen und unsere Arme sich streifen – sehnt dein Körper sich dann nach mehr? Bei mir ist das so.“ Luca sprach leise, doch seine Worte schienen Emily zu durchdringen.

„Wenn ich dich so berühren würde, Emily, würde dein Herz dann auch so heftig klopfen?“

Das tat es bereits jetzt, und mit jedem Wort, das Luca sagte, schlug es noch stärker und schneller.

„Ich finde, das sollten wir herausfinden.“ Er ließ ihre Hand los, streckte den Arm aus und strich ihr übers Schlüsselbein.

„Luca …“ Emily schüttelte den Kopf, konnte jedoch nicht abstreiten, dass seine Berührung heißes Verlangen in ihr aufflammen ließ.

Er ließ die Hand hinuntergleiten und zog den Stoff ihres T-Shirts straff, sodass sich ihre Brust deutlich abzeichnete. Lächelnd betrachtete Luca die fest gewordenen Spitzen. Er brauchte Emilys Herzschlag gar nicht zu fühlen, um zu erfahren, was er in ihr auslöste.

Dann blickte er ihr ins Gesicht und sagte eindringlich: „Nur ein Kuss.“

Ein Nachmittag. Eine absolute Versuchung.

Luca brauchte sie nicht zu überreden, damit Emily die Lippen für ihn öffnete: Sie kam ihm entgegen, schloss die Augen und konzentrierte sich ganz auf ihn. Er presste die Lippen auf ihre und ließ die Zunge in ihren Mund gleiten. Schon bald wurde sein Kuss intensiver. Emily hob die Arme und strich ihm durchs Haar. Zuerst gab sie sich ganz seinen Liebkosungen hin, doch dann begann sie, selbst zu fordern.

Es war unbeschreiblich schön, und Emily wünschte sich, dass der Moment ewig dauern würde. Sie wollte jeden Augenblick auskosten. Doch schon bald sehnte sie sich nach mehr. Der Wunsch, Luca näher zu sein, wurde immer stärker: Sie wollte sein Gewicht auf sich spüren, seinen Körper …

Plötzlich löste er sich von ihr. „Emily.“

Als sie die Augen öffnete und ihn fragend ansah, hauchte er: „Ich würde dich gern mit in mein Hotel nehmen und dich so am ganzen Körper küssen. Möchtest du das?“

„Ist dein Hotel weit weg?“, fragte Emily nur, und er lachte laut auf.

„Ich meine es ernst“, beharrte sie. „Können wir nicht einfach hier bleiben und so weitermachen?“ Sie wollte nicht warten – sie wollte alles, und zwar hier und jetzt.

Luca schenkte ihr sein liebevolles, entspanntes Lächeln, neigte sich wieder über sie und küsste sie erneut voller Leidenschaft. Dann ließ er die Lippen über ihre Wangen und ihren Hals gleiten, während er ihr mit den Händen über die Brust strich. Emily lehnte sich ihm entgegen. Die Liebkosungen und Küsse waren berauschend und erfüllend, weckten in ihr jedoch ein solches Verlangen, dass ihr klar war, sie würde nicht Nein sagen können. Es würde weder ein Morgen noch ein Bereuen geben – es gab nur den Augenblick und eine schier überwältigende Sehnsucht.

Wie benommen nahm Emily das Blau des Himmels und das Grün der Zweige über sich wahr und spürte die Sommerhitze. Sie hatte das Gefühl, im Paradies zu sein. Und es würde noch schöner werden, das versprach Luca ihr wortlos mit jedem einzelnen Kuss. Zum ersten Mal erlebte sie, dass Verlangen auch schmerzlich sein konnte, wenn man sich zu sehr nach körperlicher Erfüllung sehnte.

Luca stöhnte, als würde auch er unter seiner ungestillten Begierde leiden. „Ich würde dich zu gern nackt unter diesen Bäumen liegen sehen, aber leider ist der Giardino Giusti ein öffentlicher Park. Und sofern du nicht von den Carabinieri festgenommen werden möchtest, sollten wir gehen. Sofort.“

Fast hätte Emily gesagt, dass ihr die Konsequenzen gleichgültig wären, so sehr sehnte sie sich nach Luca. Doch sie zwang sich, ihre Sehnsucht zu zügeln.

„Ja“, brachte sie mühsam heraus, denn von seinen betörenden Liebkosungen war ihr fast schwindelig geworden.

Er stand auf und streckte den Arm nach ihr aus. „Dann komm mit.“

Ihre Blicke begegneten sich und hielten einander einen bedeutungsschweren Moment lang gefangen. Dann lächelte Emily, wies auf Decke, Kissen und Essen und fragte: „Und was ist hiermit?“

Er schüttelte den Kopf. „Mach dir keine Gedanken, darum kümmert sich jemand.“

Luca nahm ihre Hand und führte sie aus dem Park, vor dessen Tor eine imposante graue Limousine wartete. Er öffnete ihr die hintere Wagentür und setzte sich dann neben Emily. Während der Chauffeur sie innerhalb weniger Minuten zu einem Hotel im Stadtzentrum fuhr, drehte Luca sanft Emilys Kopf zu sich herum und küsste sie. Sehnlichst wünschte sie, er würde niemals damit aufhören.

4. KAPITEL

Emily war wie benommen, als sie aus dem Wagen stieg und Luca ins Hotel folgte. Beinah wäre sie gestolpert, als sie endlich ihre Umgebung wieder wahrnahm. Denn diese als opulent und elegant zu beschreiben wäre stark untertrieben gewesen.

Plötzlich wurde sie von Angst erfüllt und fühlte sich mit ihrer leicht zerknitterten Kleidung fehl am Platze. Es war früher Nachmittag, und sie gingen in Lucas Hotel, um ein erotisches Stelldichein miteinander zu verbringen! Emily war so erregt, dass ihre Beine sie kaum zu tragen schienen, und sie befürchtete, dass alle Menschen es bemerkten, die sie sahen. Eine so heftige Sehnsucht konnte doch niemandem entgehen!

Emily wünschte sich zurück in den friedlichen, ruhigen Park, wo sie ganz für sich hatten sein können. An einen so vornehmen Ort wie diesen passte sie einfach nicht.

Luca schien ihr Unbehagen zu spüren. Er nahm sie beim Arm und schützte sie vor den Blicken der Menschen im Foyer, indem er sie gelassen, aber schnell zum Aufzug führte. Es war keine besitzergreifende Geste – er legte nicht den Arm um sie und zog sie eng an sich, sondern umfasste nur leicht ihren Ellenbogen. Diese einfache, höfliche Berührung ließ Emily all ihre Zweifel vergessen. Luca respektierte sie, ihr Wohlergehen war ihm wichtig. Und plötzlich zählte nur noch das.

Auch im Aufzug war er rücksichtsvoll und fiel nicht über sie her, sondern stand ruhig neben ihr. Oben angekommen, führte er sie zu seinem Zimmer, zog die Keycard durch den Schlitz und öffnete die Tür. Emily war erleichtert darüber, dass sie wieder unter sich waren. Doch als sie eintrat, blieb sie wie angewurzelt stehen: Denn Luca hatte kein Hotelzimmer, sondern eine riesige Suite. Ihr war nicht klar gewesen, dass er so wohlhabend war.

Sie wandte sich zu ihm um und sah ihn prüfend an.

„Hast du doch Bedenken? Es ist völlig in Ordnung, wenn du Nein sagst, Emily.“

Angesichts seines eindringlichen Blicks vergaß Emily ihre Umgebung völlig. Sie nahm nur noch Luca wahr und wäre erneut fast dahingeschmolzen.

„Nein“, sagte sie und lächelte frech, als es in seinen Augen funkelte. „Ich möchte nicht Nein sagen“, fügte sie hinzu.

„Gut.“

„Es wird doch wunderschön, oder, Luca?“, fragte sie, um dies noch ein letztes Mal bestätigt zu bekommen. Nachdem sie eben geradezu Himmlisches mit ihm erlebt hatte, wollte sie nicht enttäuscht werden. „Ich möchte nur das Allerbeste.“

Ja, Emily sehnte sich danach, ein paar magische Augenblicke lang sich selbst vergessen zu können. Nicht an die Vergangenheit zu denken oder sich über die Zukunft zu ängstigen, frei zu sein von Sorgen und Verantwortung und einfach nur zu genießen. Es wäre das allererste Mal – ein Erlebnis, auf das sie schon ewig wartete.

Mit langsamen, sicheren Schritten kam Luca zu ihr. Wie am Vorabend in der Oper strich er ihr mit dem Finger über die Unterlippe und versprach: „Daran solltest du nicht zweifeln.“

Emily senkte die Lider, als ihr Körper erneut schwer wurde. Es war, als würde sie nichts mehr wahrnehmen außer Luca: seine Berührungen, seine Stimme, seinen Duft und seine Entschlossenheit. Es würde kein Nein geben. Das kam für sie gar nicht infrage.

Dieser Zauber, dieser geheimnisvolle Mann, dessen Körper sie unbedingt besser kennenlernen wollte … schon bei ihrer allerersten Begegnung war innerhalb des Bruchteils einer Sekunde klar gewesen, dass ihr Körper und seiner zusammengehörten.

Emily glaubte nicht an Liebe auf den ersten Blick, doch nachdem sie diese heftige, plötzliche Sehnsucht kannte, glaubte sie nun sehr wohl an Lust auf den ersten Blick. Nie zuvor war ihr das passiert. Bei ihren wenigen Verabredungen oder ihrem Exfreund hatte sie kaum etwas empfunden. Aber nun hatte sie das Gefühl, mit einem glühenden Eisen ein Brandmal bekommen zu haben, das zeigte, dass sie Luca gehörte.

Noch immer konnte sie die Augen nicht von ihm abwenden. Unter halb geschlossenen Lidern hervor beobachtete sie, wie er konzentriert ganz langsam die Fingerspitzen von ihrem Mund nahm und sie über ihre Wange an ihrem Hals entlang und weiter bis zu ihrer Brust gleiten ließ. Emily hielt den Atem an, doch Luca berührte nicht ihre Brustspitzen, sondern umrundete sie. Heftig atmete sie aus.

Er strich ihr über die Seite und umfasste dann den Saum ihres T-Shirts. Sofort hob Emily die Arme, damit er es ihr abstreifen konnte, und Luca warf es achtlos zur Seite.

Wie gebannt blickte sie ihn an; schämte sich nicht, dass sich der Stoff ihres BHs über ihren runden Brüsten spannte und sich die fest gewordenen Spitzen daran rieben. Sie wollte einfach nur von ihm berührt werden.

Um Lucas Mund zuckte es, als er ihr die Fingerspitzen sanft über die Taille gleiten ließ und nach dem Reißverschluss ihres Rocks tastete.

Dann legte er die Arme um sie, löste den Verschluss ihres BHs und streifte ihn ebenfalls ab. Einen Moment lang betrachtete er sie nur eindringlich, bis Emily ihn fast angefleht hätte, sie zu berühren. Doch in diesem Augenblick umfasste er ihre Brüste und strich mit den Daumen sanft über die Spitzen.

Ohne es zu merken, öffnete Emily die Lippen. Genau das wünschte sie sich von Luca: dass er sie mit dem Mund liebkoste.

Er blickte in ihre Augen, las darin, was sie empfand, und war verloren: Er presste seinen Mund auf ihren und küsste sie heftig und fordernd. Sie erwiderte seinen Kuss mit derselben Leidenschaft, fuhr mit ihren Händen durch sein Haar und klammerte sich an ihn.

Luca ließ seine Lippen dort über Emilys Haut gleiten, wo er sie schon mit den Fingerspitzen berührt hatte: von ihrem Mund über die Wange und den Hals, bis er – endlich! – ihre Brüste erreichte, die er noch immer umfasst hielt. Dann nahm er eine der rosigen Knospen in den Mund.

Emily schien von einer unsichtbaren Macht zu ihm hingezogen zu werden. Doch bei ihrem ungehemmten Aufstöhnen löste Luca sich von ihr, um ihre fast schmerzliche Sehnsucht ein wenig zu besänftigen.

„Soll ich mir das Hemd ausziehen, oder willst du es tun?“, fragte er mit so atemloser Stimme, dass Emily sich noch heftiger nach ihm sehnte.

Auch sie atmete schwer, wollte jedoch nicht auf dieses genussvolle Privileg verzichten. „Lass mich das tun.“

Mit bebenden Fingern versuchte sie sich am ersten Knopf, beim zweiten gelang es ihr schon viel besser. Emily strecke die Hand aus und spürte seine Körperwärme, die festen Muskeln und die feinen, dunklen Härchen. Schließlich ließ sie die Finger zu seinem Herzen gleiten, wie er es im Giardino Giusti bei ihr getan hatte, und spürte seinen schnellen, starken Herzschlag.

Dann schob sie ihm das Hemd von den breiten, kräftigen Schultern, löste seinen Gürtel, sodass seine Hose zu Boden glitt. Nun stand Luca in seinen Boxershorts vor ihr.

Emily, die unbewusst den Atem angehalten hatte, atmete heftig aus. Mit zitternden Händen versuchte sie, Luca, dessen heftige Erregung nicht zu übersehen war, die Boxershorts abzustreifen. „Ich glaube, das … das solltest du lieber machen“, sagte sie errötend.

Lachend umfasste Luca ihre Handgelenke und zog sie an sich. „Aber ist das nicht der beste Teil von allem?“

Emily nickte. „Bestimmt. Ich muss mich nur erst daran gewöhnen.“

Wieder küsste er sie, lange und leidenschaftlich, um sie dann ohne Vorwarnung sanft aufs Bett zu drücken und sich auf sie zu legen. Emily bog sich ihm entgegen, überglücklich, ihm endlich so nah zu sein.

Luca hob den Kopf und sagte neckend: „Ich finde, wir sollten es sehr, sehr langsam angehen.“

Du meine Güte! Wenn das hier langsam war, wie würde es dann erst sein, wenn er das Tempo anzöge?

Doch Luca ging es tatsächlich langsam an. Wie versprochen streichelte und küsste er Emily am ganzen Körper. Als er den Slip abstreifte und an ihren Schenkeln nach oben glitt, erschauerte sie unwillkürlich, denn sie ahnte, was nun kommen würde.

„Du musst dich nicht schämen“, versuchte Luca sie zu beruhigen.

Emily atmete tief ein. Er hat recht, dachte sie. Dieser Nachmittag gehörte schließlich ihr! Also begann sie ihre Erkundungstour. Wie gut Luca sich anfühlte – und wie viel besser er wohl schmecken würde?

Noch nie hatte Emily einen so atemberaubenden Körper so ausgiebig genießen können. Jetzt verstand sie, warum Menschen Schönheit feierten und anbeteten.

Schönheit. Perfektion.

Luca sagte nichts, während er Emily freie Hand ließ, doch sie spürte, dass er sie beobachtete und dass seine Anspannung stetig wuchs, bis er sich schließlich ruckartig von ihr löste und die Schublade des Nachttisches so heftig aufzog, dass diese zu Boden fiel. Aber das machte nichts, denn er hatte, was er wollte. Lächelnd befreite er sich von den überflüssigen Shorts und streifte sich das Kondom über.

Dann übernahm er wieder die Führung und drückte sie mit dem Gewicht seines Körpers aufs Bett. Emily wartete ab, während sie sehnsüchtig wünschte, er würde endlich in sie eindringen.

Doch das tat er noch immer nicht. Stattdessen schenkte er ihr ein freches, jungenhaftes Lächeln und ließ sich an ihrem Körper hinuntergleiten, um sie noch einmal überall zu küssen. Nur dass er es diesmal tatsächlich überall tat. Dann liebkoste Luca sie mit den Fingern, bis Emily sich hilflos unter ihm wand und ihn anflehte, sie endlich zu nehmen. Sie schloss die Augen, krallte sich in das Laken und bäumte sich auf. Einerseits wollte sie nicht, dass es zu Ende ging, andererseits sehnte sie sich danach, Luca ganz in sich zu spüren. Sie konnte sich kaum noch beherrschen.

„Kämpf nicht dagegen an, Emily“, raunte Luca ihr zu.

Und das war auch nicht mehr möglich: Emily gab den fast schmerzlich erregenden Liebkosungen seines Mundes und seiner Finger nach und verlor mit einem leisen Aufschrei jegliche Kontrolle über ihren Körper.

Sie bebte noch immer, als Luca sich über sie beugte, ihren Bauchnabel küsste und ihre Brustspitzen mit der Zunge liebkoste.

Emily öffnete die Augen. „Du hattest recht“, sagte sie schwer atmend und lächelte. „Das war wirklich das Allerschönste.“

„Nein“, entgegnete Luca, ohne zu lächeln. „Das war erst der Anfang.“

Noch immer ein wenig benommen, schüttelte Emily den Kopf. „Ich glaube, ich kann n…“

In diesem Moment spürte sie ihn dicht an der heißen und pochenden Stelle zwischen ihren Beinen, und sofort brach das Feuer der Leidenschaft wieder in ihr aus.

Luca umfasste ihren Po und zog sie zu sich. Angesichts seiner spürbaren Entschlossenheit schrie sie leise auf. „Doch, du kannst“, ermutigte er sie, während sein Körper unnachgiebig forderte.

Doch eins konnte Emily nicht: sich länger zurückhalten. Schon eben hatte sie sich geradezu entfesselt gefühlt, doch jetzt war sie noch ungehemmter. Nichts hielt sie mehr zurück, weder Gedanken noch Schüchternheit oder Unsicherheit hemmten Emily, als sie unter ihm erschauerte und ihn ganz in sich aufnahm.

Vor lauter Wonne stöhnte sie auf, seufzte lauter, presste sich enger an ihn und konnte einfach nicht fassen, wie himmlisch es sich anfühlte, ganz von ihm ausgefüllt zu werden. Sie glitt mit den Fingern über seinen breiten, muskulösen Rücken, küsste Lucas Hals, schmeckte das Salz auf seiner Haut und genoss es, wie sein atemberaubender Körper sich so perfekt mit ihrem vereinte.

Emily folgte dem Rhythmus, den Luca vorgab und der immer schneller wurde, bis sie schließlich erneut aufschrie und den Gipfel der Lust erklomm.

„Mach die Augen auf.“

Emily gehorchte und sah über sich die Zimmerdecke. Die Welt existierte also noch.

„Sieh mich an.“

Luca hatte sich ein wenig nach unten geschoben, sodass das Gewicht seines Körpers nicht mehr auf ihr lastete. Noch immer leicht benommen, betrachtete sie ihn und stellte fest, wie sehr sich sein von der Sonne gebräunter olivfarbener Teint von ihrer blassen Haut abhob.

Mit undurchdringlicher Miene blickte Luca sie an. Dann umspielte ein leichtes Lächeln seine Lippen. „Du bist sehr schön, Emily.“

Fast hätte auch Emily gelächelt, doch die Nachwirkung des überwältigenden Liebesspiels ließen sie erbeben. „Ist es immer so?“

„Nein“, erwiderte Luca und gab ihr einen Kuss auf die Hüfte. „Nein, so ist es nie.“

Als er sprach, röteten sich seine Wangen, und Emily war sich plötzlich sicher, dass er die Wahrheit sagte. Sie schloss die Augen, weil sie sich dringend ausruhen, von der erotischen Reizüberflutung erholen und gegen das leise Bedauern kämpfen musste, dass es nie mehr als diesen Moment geben würde.

Luca ließ sich neben sie gleiten und zog die Decke über sie beide. Als er Emilys Kopf an seine Brust zog und seine starken Arme um sie legte, fühlte sie sich geborgen und sicher.

Emily wusste nicht, wie lange sie geschlafen hatte, doch die Sonne stand noch immer hoch am Himmel. Auch Luca war wach und beobachtete sie aufmerksam. Seine Augen waren so dunkel, dass sie fast schwarz wirkten. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, denn wie sollte sie derart intensive Empfindungen in Worte fassen?

Luca schüttelte den Kopf, als würde er sie verstehen. Sie sollten nicht sprechen, denn Worte konnten dem Erlebnis nicht gerecht werden.

„Komm, wir duschen zusammen“, schlug er vor. Als er aufstand und sie seinen atemberaubenden Körper betrachtete, flammte die heftige Sehnsucht wieder in ihr auf.

Offenbar spiegelte sich ihr Verlangen in ihren Augen, denn Luca lächelte. „Ich möchte das gern noch einmal erleben, Emily.“

Noch nie war Duschen ein so außergewöhnliches, sinnliches Erlebnis gewesen. Danach trug Luca Emily, ohne sich von ihr zu lösen, zurück ins Bett, wo er ein weiteres Mal jene heftige Leidenschaft in ihr erweckte, die Emily so neu war.

Danach lagen sie eine Weile erschöpft, erfüllt und eng umschlungen da. Überwältigt und glücklich blickte Emily aus dem Fenster und sah, wie das Blau des Himmels immer intensiver wurde. Schließlich sagte sie: „Ich muss zurück ins Hostel.“

Luca versuchte nicht, es ihr auszureden, und in geradezu einvernehmlichem Schweigen zogen sie sich an. Emily schwebte praktisch nach unten und verschwendete keinen Gedanken mehr daran, was einer der Anwesenden von ihr dachte. Denn angesichts des beglückenden Erlebnisses, das hinter ihr lag, war das nicht mehr wichtig.

Luca sprach erst, als sie das Hotel verließen. „Fliegst du morgen nach London?“

„Ja.“ Emily wollte ihm weder ins Gesicht sehen noch sich mit der drohenden Wirklichkeit befassen. Das Erlebnis mit Luca war geradezu bestürzend schön gewesen, und mehr gab es nicht zu sagen.

Luca begleitete Emily durch die Straßen und versuchte, seine Gefühle wieder unter Kontrolle zu bekommen. Denn sie hatte ihm gerade seine gesamte Selbstbeherrschung und Zurückhaltung genommen. Er hatte mit echter, einfacher Freude gerechnet – und eine heiße Leidenschaft bekommen, die ihn zutiefst erschütterte.

Er wollte mehr – und wie er das wollte! Es war also gut, dass Emily abreisen würde. Denn sie war jung und unerfahren, und er wäre ein Schuft, wenn er das noch mehr ausnutzen würde, als er es bisher schon getan hatte. Luca hatte zwar gelegentlich Affären, aber nur sehr kurze und ausschließlich mit Frauen, die das gewohnt waren. Doch Emily war anders.

Das sanfte Leuchten, das von ihr ausgegangen war, als sie an ihn geschmiegt dagelegen hatte, war wie ein weiches, schmeichelndes Licht gewesen. Genauso sollte sie aussehen: wunderschön und der sinnlichste Mensch, dem Luca je begegnet war – und zugleich der gefährlichste. Denn wenn Emily ihn innerhalb eines einzigen Nachmittags so tief im Inneren berühren konnte, was würde dann erst passieren, wenn er sie noch einmal sah? Seit fast zehn Jahren, seit jenem furchtbaren Verlust, hielt Luca seine Gefühle unter Verschluss und wollte um keinen Preis das Risiko eingehen, so etwas noch einmal zu erleben.

Vielleicht sollte er Gewissensbisse haben, doch Luca hatte in Emilys Augen gesehen, wie erfüllt sie gewesen war – durch ihn. Das war ein wundervolles und machtvolles Gefühl. Sie hatte ihn darum gebeten und es angenommen. Und sie hatte, ohne zu fragen, verstanden, dass es nur diesen einen Nachmittag würde geben können. Ironischerweise gefiel genau das Luca gar nicht. Warum wollte Emily nicht mehr?

Als sie am Hostel ankamen und sie sich zu ihm umwandte, strahlte sie noch immer jene tiefe Zufriedenheit aus. Er sah ihr Lächeln und wollte es sich für immer einprägen.

„Danke, Luca“, sagte sie. „Es war einmalig schön, stimmt’s?“

Luca, der kein Wort herausbrachte, nickte nur. Dann hob er sanft mit einem Finger ihr Kinn an und berührte ihre Lippen mit seinen. Eigentlich hatte er ihr nur einen kurzen Abschiedskuss geben wollen, als Abschluss eines wunderschönen Nachmittags. Doch als Emily die Lippen öffnete, konnte er sich nicht zurückhalten: Er umfasste ihren Kopf und zog sie noch ein wenig näher an sich, während er das samtige Innere ihres Mundes mit der Zunge liebkoste. Emilys leises Aufstöhnen hätte ihm fast den Verstand geraubt.

Schließlich zwang er sich, den Mund von ihrem zu lösen. Er sah ihr ein letztes Mal in die tiefgrünen Augen und sagte mit leicht erstickter Stimme: „Ciao, bella.“

Dann wandte er sich um und ging widerstrebend davon. Einem instinktiven Gefühl folgend, wäre er am liebsten wieder umgekehrt. Aber er riss sich mit genau der Willenskraft zusammen, mit der er sich auch im Geschäftsleben auf einem extrem umkämpften Markt durchgesetzt hatte. Noch beim Weggehen zog er seinen PDA heraus. Vielleicht würde er Emily nie wiedersehen, doch er wollte unbedingt sicherstellen, dass sie heil in London ankommen würde. Das Bedürfnis, sie in Sicherheit zu wissen, war übermächtig.

5. KAPITEL

Die Lichter Londons schienen sich unendlich weit dahinzuziehen. Emily hatte das Gefühl, sie würden schon seit Stunden über die Stadt fliegen. Ihr Herz schlug immer schneller – teils aus Angst, teils aus nervöser Vorfreude. Denn zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie keine Ahnung, was sie als Nächstes tun würde.

Und immer wieder musste sie an Luca denken. Bei jeder Bewegung erinnerte sie ihr Körper daran, was für einen leidenschaftlichen Nachmittag sie zusammen verbracht hatten. Aber sie bereute nichts, und sie schämte sich auch nicht. Wie sollte sie auch? Alles war gewesen, als hätte es so und nicht anders sein sollen. Doch etwas in ihr wünschte, das Erlebnis mit Luca hätte von Dauer sein und mehr werden können. Als er sie vor dem Hostel geküsst hatte, war Emilys Sehnsucht erneut angefacht worden. Sie konnte sich nicht vorstellen, auf einen anderen Mann jemals so heftig und so unmittelbar zu reagieren.

Verdammt, dachte sie. Denn Luca war in Italien, sie dagegen in England. Und sie würden sich nie wiedersehen.

Emily zwang sich, ihre Gedanken auf Kate zu richten. Schließlich war sie mit nach London gekommen, um Kate bei ihren Karriereplänen zu helfen. Sie hatte ihre Schwester beim Vorsingen auf dem Klavier begleitet, sie beim Üben unterstützt …

Seit Emily erwachsen war, hatte sich in ihrem Leben alles um andere Menschen gedreht. Doch sie wusste, sobald Kate versorgt wäre, würde sie, Emily, sich mit ihren eigenen Problemen befassen müssen. Und in ihrem Leben nach Luca würde nichts mehr so sein wie zuvor.

Als sie aus dem Flugzeug gestiegen waren, entdeckte Kate einen Mann mit einem Schild, auf dem ihre Namen standen. Mit klopfendem Herzen ging Emily zu ihm. Was für eine Nachricht er wohl für sie hatte?

Der Mann begrüßte sie mit einer angedeuteten Verbeugung und einem breiten Lächeln. „Ich habe die Anweisung, Sie hinzufahren, wo auch immer Sie hin möchten.“

Emily stockte der Atem, als sie den italienischen Akzent des Mannes bemerkte. „Wer hat Ihnen die Anweisung gegeben?“

„Luca Bianchi.“

„Grazie!“, erwiderte Emily schüchtern lächelnd. Wie hatte Luca das nur organisiert?

Der Chauffeur nahm ihr Gepäck und ging voran – und zwar nicht zu einem Taxi und auch nicht zu einem normalen Auto. Nein, er führte Emily und die vor Aufregung kichernde Kate zu einer eleganten Limousine.

Als er ihnen das Gepäck in die nicht gerade noble Unterkunft getragen hatte, fragte Emily sich, ob sie dem Chauffeur wohl ein Trinkgeld geben sollte. Doch als sie nach ihrer Brieftasche griff, schüttelte der Mann den Kopf.

„Luca ist wirklich ein toller Arbeitgeber, aber er wird mich auf der Stelle feuern, wenn ich Geld von Ihnen annehme.“

Sie wurde von einer so wilden Hoffnung erfüllt, dass ihr beinah schwindelig wurde. Wo war Luca? Und was wollte er?

Doch es gab keine Nachricht für sie, keine Notiz, keine einzige Zeile. Und dann stieg der Mann – ihre letzte Verbindung zu Luca – wieder in den Wagen und fuhr davon.

Als Emily mit schwerem Herzen oben in ihrem Zimmer angekommen war, hatte Kate bereits den oberen Teil des Etagenbetts mit Beschlag belegt und einen Zettel herausgezogen, den Emily schon viel zu oft gesehen hatte.

„Was meinst du: Ist es wohl schon zu spät, um den Typen anzurufen?“

„Was meinst du denn?“ Leicht gereizt wies Emily auf den dunklen Nachthimmel, den man durchs Fenster sehen konnte.

Aber Kate bemerkte das gar nicht. Sie las die kurze Notiz zum millionsten Mal vor und stellte dann fest: „Was für ein unglaubliches Glück, dass wir diesen Luca kennengelernt haben!“

Doch Emily war sich da nicht mehr so sicher. Sie betrachtete Lucas kräftige, markante Handschrift, mit der er die Kontaktdaten eines leitenden Mitarbeiters einer internationalen Plattenfirma notiert hatte. Dass er Kate zuliebe seine Beziehungen spielen ließ, jedoch keinen Versuch unternommen hatte, mit ihr selbst Kontakt aufzunehmen, schmerzte sie sehr.

Aber Luca hatte ja auch gesagt, dass er ihr nur eine Erinnerung bieten könne. Und während Emilys Vernunft das in Ordnung fand, gefiel es ihrem Herzen ganz und gar nicht. Immer wieder fragte sie sich, warum er ihnen seinen Chauffeur geschickt hatte – und vor allem, warum er ihr keine Nachricht hatte überbringen lassen … Es tat ihr weh, und dennoch konnte sie die Hoffnung nicht ganz aufgeben

„Du solltest jetzt schlafen, Kate“, sagte Emily. Sie ließ sich auf das untere Bett fallen, versuchte, nicht mehr an Luca zu denken, und wünschte, sie könnte den Tag mit ihm einfach als schöne Erinnerung abtun. Doch keins von beidem gelang ihr.

Als Emily drei Wochen später zu Fuß zur Herberge ging, war sie noch keinen Schritt weiter als bei ihrer Ankunft.

Eigentlich hätte sie ziemlich schnell Arbeit finden müssen. Schließlich arbeitete sie bereits seit vielen Jahren im Verkauf. Sie hatte sich zu einer leitenden Position hinaufgearbeitet und verfügte über ausgezeichnete Referenzen. Stattdessen hatte Kate einen Job in einem Fachgeschäft für Musik-CDs sowie ein Zimmer in einer WG gefunden. Außerdem hatte sie den leitenden Mitarbeiter der Plattenfirma angerufen, den Luca ihr genannt hatte. Der Mann hatte bereits auf ihren Anruf gewartet und sie zum Vorsingen eingeladen – und war von Kates Können begeistert gewesen.

Bei ihrer Schwester hatte sich in der kurzen Zeit sehr viel getan, bei Emily dagegen gar nichts. Doch daran war sie selbst nicht ganz unschuldig. Nach dem, was sie in Italien erlebt hatte – als sie eine ganz neue Welt des Vergnügens kennengelernt und eine Identität unabhängig von Kate entdeckt hatte –, war ihr klar geworden, was sie alles versäumt hatte. Nun wollte sie ein eigenes Leben führen. Dazu gehörte auch, dass sie nicht mehr im Verkauf tätig sein würde. Jetzt musste sie nur noch herausfinden, was für eine Arbeit sie stattdessen wollte, und das war nicht einfach. Doch da Emily Geld gespart hatte und sparsam leben konnte, konnte sie sich Zeit lassen und in Ruhe nachdenken.

Sie schlenderte durch die Straßen, betrachtete die Sehenswürdigkeiten und nahm einfach die Atmosphäre in sich auf. Ihr war klar, dass sie nicht nach Neuseeland zurückwollte, doch ob sie in London bleiben würde, wusste sie auch noch nicht genau. Also erkundete sie die Stadt, solange sie die Gelegenheit dazu hatte.

Es war ein merkwürdiges Gefühl, keinerlei Verantwortung zu tragen. Zum ersten Mal seit langer Zeit gab es niemanden, für den Emily zu kochen oder zu sorgen hatte. Sie musste sich weder an Termine halten, noch hatte sie sonstige Verpflichtungen. Niemand stellte Forderungen an sie. Und hatte sie nicht genau von dieser Freiheit so lange geträumt? Doch allein zu sein machte nicht so viel Spaß, wie Emily gedacht hätte.

Als sie eine Wagentür zuschlagen hörte, wandte sie den Kopf und erkannte die graue Limousine vom Flughafen. Emily versuchte sich zu konzentrieren, damit sie weiter geradeaus gehen konnte, doch schnell gab sie es wieder auf. Stattdessen blieb sie stehen und sah zu, wie Luca selbstbewusst die Straße überquerte und auf sie zukam.

„Emily.“

Sein markanter ausländischer Akzent war deutlich zu hören. Emily musste all ihre Kraft zusammennehmen, um nicht zu Luca zu eilen und ihn wissen zu lassen, wie sehr sie sich über das Wiedersehen freute.

„Was machst du hier?“ Emily erkannte kaum ihre eigene Stimme wieder.

„Ich wollte sehen, wie du zurechtkommst.“ Lucas Stimme stockte leicht, und er atmete tief ein. „Schließlich wohnst du anscheinend noch immer in dem Hostel.“

„Ja.“

„Aber warum ist Kate allein in eine WG gezogen?“, fragte er mit unverhohlenem Missfallen.

„Sie ist noch jung und genießt die Freiheit ihres neuen Erwachsenenlebens“, erklärte Emily. „Du solltest sie deswegen nicht verurteilen.“

Doch Luca kniff missbilligend die Augen zusammen.

„Und was ist mit deiner Freiheit? Was hast du gemacht, als du achtzehn warst?“

„Bei mir lagen die Dinge anders. Ich bin froh, dass Kate nicht die Probleme hatte, die sich mir damals stellten.“ Kate hatte schnell Freunde gefunden, arbeitete hart und genoss das Leben. Und warum auch nicht?

„Das mag sein. Aber sie zeigt sich dir gegenüber nicht gerade loyal“, stellte Luca fest.

„Ich habe ihr gesagt, dass sie gehen soll.“ Emilys Ziel hatte immer darin bestanden, der jüngeren Schwester zu helfen, das Nest zu verlassen und ein eigenständiges Leben zu führen. Nur war ihr nicht klar gewesen, wie bald dies geschehen würde.

Autor

Kelly Hunter
<p>Obwohl sie von Beruf Naturwissenschaftlerin ist, hatte Kelly Hunter schon immer eine Schwäche für Märchen und Fantasiewelten und findet nichts herrlicher, als sich in einem guten Buch zu verlieren. Sie ist glücklich verheiratet, hat zwei Kinder und drückt sich gerne davor, zu kochen und zu putzen. Trotz intensiver Bemühungen ihrer...
Mehr erfahren
Kate Hardy
Kate Hardy wuchs in einem viktorianischen Haus in Norfolk, England, auf und ist bis heute fest davon überzeugt, dass es darin gespukt hat. Vielleicht ist das der Grund, dass sie am liebsten Liebesromane schreibt, in denen es vor Leidenschaft, Dramatik und Gefahr knistert? Bereits vor ihrem ersten Schultag konnte Kate...
Mehr erfahren
Natalie Anderson
<p>Natalie Anderson nahm die endgültigen Korrekturen ihres ersten Buches ans Bett gefesselt im Krankenhaus vor. Direkt nach einem Notfall-Kaiserschnitt, bei dem gesunde Zwillinge das Licht der Welt erblickten, brachte ihr ihr Ehemann die E-Mail von ihrem Redakteur. Dem Verleger gefielen ihre früheren Korrekturen und da es gerade einen Mangel an...
Mehr erfahren