Julia Exklusiv Band 308

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HOCHZEIT IN NOTTING HILL von LYONS, MARY
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  • Erscheinungstag 01.03.2019
  • Bandnummer 0308
  • ISBN / Artikelnummer 9783733713201
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Mary Lyons, Penny Jordan, Melanie Milburne

JULIA EXKLUSIV BAND 308

1. KAPITEL

„Also, erzähl mir mehr über diese Party heute Abend.“

„Was gibt es da zu berichten?“ Finn Maclean riss das Steuer seines Mercedes herum, um einem Taxi auszuweichen, das entgegen der Verkehrsordnung versuchte, mitten auf der Notting Hill-Brücke zu wenden. „Es wird wie immer sein, eine Menge Champagner, laute Musik, nicht genügend zu essen und alle schreien gegen den Lärm an.“

„Wie steht es mit einigen hübschen Mädchen?“, fragte Tim.

„Kein Problem, glaub mir, es werden sogar eine ganze Menge sein.“ Finn sah seinen alten Freund mit einem breiten Grinsen an. „Aber ob sie auch etwas in ihrem niedlichen Köpfchen haben, außer einem gewissen Interesse an deiner Brieftasche natürlich, ist fraglich.“

„Das geht bei mir schon in Ordnung, ich bin überhaupt nicht empfindlich in dem Punkt“, lachte Tim, als Finn den Wagen mit Mühe in die Parklücke gesteuert hatte und dann den Motor abstellte.

„Nun, dann wünsche ich dir eine gute Jagd. Übrigens, du musst dich selbst um den Heimweg kümmern, denn ich werde nicht lange bleiben. Wenn ich hier nicht jemanden hätte treffen sollen, der mir ein Apartment vermietet, wäre ich wohl gar nicht erst erschienen.“

„Aber hast du nicht erst vor Kurzem dieses Mietshaus am Holland Park gekauft?“

„Doch, nur muss es zunächst gründlich renoviert werden“, sagte Finn und stieg aus. „Und wenn alle diese Handwerker aktiv werden, verschwindet man am besten.“

„Und wie lange dauert das Ganze?“

„Ungefähr ein halbes Jahr, und das ist genau das Problem“, erklärte Finn. „Ich muss in dieser Gegend bleiben, wenn auch nur, um hin und wieder die Handwerker zu beaufsichtigen. Unglücklicherweise ist kaum jemand bereit, mir für die kurze Zeit etwas zu vermieten. Deshalb habe ich dich zu dieser totlangweiligen Party mitgeschleppt. Sonst würden wir im Halcyon sitzen bei einem ruhigen Essen und einer Flasche guten Wein.“

„Also, ich werde Spaß haben“, versicherte Tim. Nur wie kommt es, dass du so gar nicht begeistert bist, angesichts der schönen Frauen, dem Wein und dem Gesang? „Und was ist eigentlich mit Linda?“

„Nun, sie wird noch immer so hübsch sein wie früher. Aber wir haben uns vor sechs Monaten getrennt.“

„Das tut mir wirklich leid. Wie kam das denn?“

„Sie wollte, dass wir heiraten und ich nicht, Ende der Geschichte.“

Tim stieg ebenfalls aus und wunderte sich, wieso sein Freund, der doch wirklich gut aussah, noch immer nicht die richtige Frau gefunden hatte. Aber vielleicht war ja das das Schicksal von Männern, die einfach zu gut aussahen. Er selbst wäre nie auf einen solchen Gedanken gekommen, wenn nicht seine Schwester Susie einmal eine der Ex-Freundinnen Finns zu trösten gehabt hätte. Damals schon hatte sie ihre Gedanken zu dem Problem ihrem Bruder mitgeteilt. „Dieser Mann ist einfach zu attraktiv. Das wird noch einmal zu seinem Schaden sein. Denn so wie ich das sehe, braucht er nur mit den blauen Augen zu funkeln, und jede Frau schmilzt dahin.“

Als Tim ihr dann geantwortet hatte, dass er gern Finns Vorzüge besäße, hatte seine Schwester nur kurz gelacht und ihm dann geraten, dankbar zu sein, dass es nicht so war.

„Mag sein, dass du ein wenig langweilig bist, Tim, aber du kannst wenigstens sicher sein, dass, wenn eine Frau auf dich zukommt, sie dann auch wirklich an dir interessiert ist und dich mag. Kannst du dir eigentlich vorstellen, wie langweilig es sein muss, wenn sich dir morgens, mittags und abends ständig Frauen an den Hals werfen?“

„Ich schätze, ich hätte nichts dagegen“, hatte er grinsend geantwortet, bevor er das Thema wechselte. Aber seit dem war ihm klar geworden, dass etwas Wahres dran sein mochte, an dem, was seine Schwester gesagt hatte.

Er war sich sicher, dass sein Freund ein netter Kerl war, der gut mit Kindern umgehen konnte und auch ältere Damen gebührend behandelte. Aber was jüngere Frauen anbelangte, war er mit Sicherheit zu verwöhnt.

Und auch jetzt, als sie die Bar und das Restaurant betraten, die die Filmgesellschaft angemietet hatte, löste Finns Auftreten bei den Frauen kleine Begeisterungsstürme aus.

Tim konnte nur mit dem Kopf schütteln, als Finn augenblicklich von mehreren Frauen umringt wurde, zum größten Teil von Blondinen. Tim musste sich deshalb allein bis zur Bar durchschlagen.

„Wieso habe ich mich nur von dir hierher schleppen lassen?“, murmelte Harriet, als sie die lange Schlange der Nobelkarosserien sah, die vor dem weißen Gebäude parkten. „Also, für mich ist dieser Lack nichts.“

„Nun stelle dich doch nicht so an. Außerdem ist diese Adresse momentan angesagt“, sagte Sophie, als sich die Glastüren vor ihnen automatisch öffneten.

„Aber ich gehöre nicht zu den Leuten, die immer in sein müssen“, protestierte Harriet. „Im Augenblick möchte ich viel lieber meine Ruhe haben und out sein.“

„Das liegt aber nur daran, weil du in letzter Zeit immer nur mit diesem langweiligen Finanzmenschen ausgehst“, sagte Sophie, bevor sich die beiden Frauen am Eingang anmeldeten.

„Er ist nicht langweilig!“

„O, doch, das ist er. Warum kannst du denn nicht sehen, dass er dein ganzes Liebesleben regelrecht abtötet? Und wenn du sowieso nicht mit ihm schläfst, warum verschwendest du deine Zeit mit ihm?“

„Also, mein Privatleben wollen wir heute Abend doch besser herauslassen“, sagte Harriet eine wenig wütend. Und nicht zum ersten Mal bereute sie es, dass sie Sophie bei einem Glas Wein ihre Beziehung mit George Harding geschildert hatte.

„Aber wenn du nur mit diesem George zusammen bist, wie willst du da Mr. Wundervoll treffen?“, fragte Sophie, die anscheinend nicht bereit war, das Thema so schnell fallen zu lassen. „Es ist wirklich höchste Zeit, dass du ihn gegen einen attraktiven Typ eintauscht, der auch sexuell ansprechend ist.“

„George ist sehr nett“, wehrte sich Harriet, während sie darauf warteten, dass ihre Namen in einer Gästeliste überprüft wurden. „Außerdem kenne ich ihn schon seit einer Ewigkeit.“

Sophie konnte darüber nur lachen. „Das ist genau der Grund, warum du dir einen neuen Freund suchen solltest. Jemanden, der gut aussieht, ein wenig Biss zeigt und Humor besitzt. Lass mich aussprechen“, sagte sie, als Harriet sie unterbrechen wollte. „Ich weiß, dass deine Eltern von ihm angetan sind. Glaub mir, ich habe nichts gegen reiche Bankleute, aber George ist wirklich eine Katastrophe. Und ein nettes Mädchen wie du, hat etwas Besseres verdient.“

Harriet sah auf ihre alte Schulfreundin herab. „Hast du was getrunken? Ich frage nur. Mir ist nämlich aufgefallen, dass du immer dann über George herziehst, wenn du in einem dieser Nobelrestaurants zum Mittagessen warst, um deine Klienten zu beeindrucken.“

„Ja, stimmt, heute war ich im 192“, gab Sophie glücklich zu. Es mochte stimmen, dass ein wenig zu viel Wein sie immer wieder auf das leidige Thema George brachte, aber wenn sie ihre wunderschöne Freundin mit dem roten Haar betrachtete, das die zarte Gesichtsfarbe unterstrich, dann konnte sie wütend werden bei der Vorstellung, dass Harriet so gar nichts für ihr Liebesleben tat. Sie schien außerdem gar nicht hinzuhören, wenn sie ihr diesbezüglich Ratschläge gab.

„Nun, ich denke, keiner von uns wird den Traummann finden auf dieser Art Party“, bemerkte Harriet, als sie den großen Raum betraten.

„Vielleicht, aber man kann ja nie wissen. Doch die Filmleute haben immer was los. Schätze, dass dies eine Dankeschön-Feier ist für alle die, die mitgeholfen haben, dass der letzte Film fertig gestellt werden konnte. Also entspann dich, okay?“

Harriet war alles andere als zufrieden. Während sie die Dekoration betrachtete, nahm sie aus dem Augenwinkel wahr, wie sich ihre Freundin allmählich zur Bar vorkämpfte. Es war ja ganz nett hier, dachte Harriet. Der Raum hatte das Aussehen einer Drogerie. Lieber hätte sie heute Abend allerdings mit ihrer Freundin geschwatzt bei einer Flasche Wein. Sie hatte einen anstrengenden Tag mit Handwerkern hinter sich und fühlte sich wenig motoviert, gegen die laute Musik anzuschreien, nur um sich unterhalten zu können.

Auch nach einer Stunde hatte sich Harriets Meinung nicht geändert. Sie stand in einer Ecke, von einem unattraktiven Mann in Beschlag genommen, und suchte verzweifelt nach einem Ausweg.

Natürlich war Sophie nirgends zu entdecken. Wahrscheinlich hatte sie einen Filmstar entdeckt, mit dem sie sich angeregt unterhielt, sagte sich Harriet. Momentan regte es sie auf, dass fast alle Blondinen im Saal wesentlich kleiner waren als sie. Wer scherte sich da schon um eine Frau über eins achtzig mit rotem Haar?

Sie achtete gar nicht auf das Glas in ihrer Hand, während sie einen Mann beobachtete, der in der gegenüberliegende Ecke des Saals von blonden Mädchen umlagert wurde. Es schien sehr lustig dort zuzugehen. Nun, da hatten zumindest einige Leute heute Abend ihren Spaß, dachte Harriet. Aber es war zu dunkel, um den anscheinend so begehrten Mann deutlich erkennen zu können. Wenn sie nur erst zu Hause wäre, wünschte sie sich.

„Ach, hier steckst du“, rief Sophie plötzlich. Sie schien aus dem Nichts aufgetaucht zu sein. „Komm mit, da ist jemand, den ich dir vorstellen möchte.“

„Das ist die beste Neuigkeit des Abends“, sagte Harriet dankbar und ließ sich von ihrer Freundin aus der Ecke ziehen. „Ich dachte schon, ich müsste hier versauern.“

„Ach, so schlimm ist es doch nicht. Der Mann, der vorhin bei dir stand, sah doch gar nicht so schlecht aus.“ Sophie ging an die Bar und bestellte zwei Gläser Champagner.

„Bist du verrückt“, entgegnete Harriet, „er hatte doch die Anziehungskraft eines toten Fisches!“

Sophie musste kichern. „Ich konnte zwei nette Typen ansprechen.“

„Wie schön für dich“, sagte Harriet beleidigt und nippte vom Champagner. „Soweit ich das erkennen kann, sind die meisten Männer hier entweder zu dick, zu reich, zu langweilig, oder sie sind dünn, schwul oder einfach unerreichbar.“

„Ich weiß, was du meinst, aber das ist im Showgeschäft wohl so. Aber der Mann, den ich dir vorstellen will, ist bei Frauen begehrt. Ja, wirklich, er sieht nicht nur gut aus und ist steinreich, sondern er ist auch noch unverheiratet. Wie findest du das?“

„Na ja, und was ist der springende Punkt dabei?“

„Es gibt keinen“, versicherte Sophie. „Er ist einfach perfekt.“

„Jetzt hör aber auf, so einen Mann gibt es nicht. Irgendwas muss nicht mit ihm stimmen.“

„Aber warum denn?“

„Nun sag schon …“

„Nein, wirklich, er ist einfach nur großartig.“

„Ach ja? Wenn das so ist, warum hast du ihn dir dann noch nicht geschnappt? Du bist doch sonst nicht so zurückhaltend.“

„Danke“, sagte Sophie beleidigt.

„Komm schon, sag, was los ist.“

„Vielleicht habe ich wirklich Chancen, denn er ist momentan frei. Die Situation wird für mich erst richtig interessant, sobald er bei dir die Wohnung im zweiten Stock bezogen hat.“

„Was …?“ Harriet sah ihre Freundin sprachlos an. „Du machst doch einen Scherz.“

„Nein, ganz und gar nicht. Ist das denn nicht eine großartige Idee?“

„Bist du vollkommen übergeschnappt? Die Handwerker sind doch gerade erst fertig geworden. Ich meine …“

„Aber ich habe schon alles geplant. O, mein Gott, das da vorn ist ja Declan Malone, der berühmte Fernsehreporter und seine neue Frau Olivia“, rief Sophie plötzlich. „Lass mich kurz mit ihm sprechen, okay Harriet.“ Damit glitt sie vom Barhocker. „Vielleicht kann ich sie dazu überreden, ihr Haus zu verkaufen. Ich habe mindestens zwei Käufer, die es sofort nehmen würden.“

Harriet konnte nur gequält zur Decke sehen und dann den Kopf schütteln. Sie hatte wirklich Schwierigkeiten damit, sich an die Planungswut ihrer Schulfreundin zu gewöhnen. Denn als sie dem Makler, der das Haus ihrer Tante in Landsdown Gardens verkaufen sollte, vorstellte, hatte sie keine Ahnung, wie erfolgreich ihre Freundin in ihrem neuen Beruf werden sollte, nachdem Sophie über Jahre nichts fand, was ihr als Job zusagte. Nun schien dieses Problem gelöst zu sein.

„Weißt du, es macht eigentlich keinen Unterschied, ob man Leute auf einer Party vorzustellen hat oder ein Haus möglichen Käufern.“

Harriet hatte sich damals mit größten Zweifeln dazu durchgerungen, Sophie die Wohnung im Souterrain ihres Wohnhauses zu vermieten, aber alles hatte sich positiv entwickelt. Denn Sophies Apartment hatte einen eigenen Hauseingang, sodass beide Freundinnen bleiben, aber jede ihr Leben leben konnte.

Das konnte sich jetzt dramatisch ändern, falls Sophie sich damit durchsetzte, dass Harriet den zweiten Stock vermietete, und das an einen wildfremden Mann.

„Schade“, sagte Sophie, als sie an die Bar zu Harriet zurückkehrte, „Declan und Olivia wollen ihr Haus nicht verkaufen. Trotzdem ist es immer wieder schön, neue Leute kennenzulernen. Vielleicht überlegen sie es sich ja noch einmal und rufen mich an.“

„Kannst du nicht einmal eine Pause machen mit dem ewigen Knüpfen von Verbindungen?“, fragte Harriet leicht erschöpft.

„Das ist unmöglich. Schließlich weiß man nie, wer die Krumen frisst, die du auf das Wasser wirfst. Es könnte eine schöne fette Ente sein, oder? Übrigens, das erinnert mich daran, dass wir über dein Apartment im zweiten Stock gesprochen haben.“

„Nein“, erwiderte Harriet und schüttelte den Kopf, „Du hast darüber geredet. Ich warte außerdem immer noch auf den Kühlschrank und den Herd. Sie sollen erst in der nächsten Woche geliefert werden. Also, vergiss deine verrückte Idee.“

„Jetzt entspann dich doch mal. Und glaub mir, dieser Typ sucht wirklich dringend eine Wohnung, wenn auch nur für ein halbes Jahr. Also, kein Grund, nervös zu werden.“

„Und warum nur für eine so kurze Zeit?“

„Weil er selbst ein großes Wohnhaus besitzt im Holland Park. Momentan wird da nur renoviert.“

„Ja, und …?“

„Ach, komm schon, Harriet. Gerade du solltest das doch verstehen. Denk an all den Schmutz, Staub und an das Durcheinander, wenn gebaut wird. Gib dem Mann eine Chance.“

Harriet nickte zögernd.

„So wird sein Haus wundervoll sein, wenn alle Arbeiten beendet sind. Und aus Dankbarkeit wird er natürlich mir das Geschäft übertragen, wenn er seine Apartments verkaufen will, oder?“

„Hat dich dein Chef auf ihn angesetzt?“

Sophie schüttelte ein wenig missmutig den Kopf. „Überhaupt nicht. Er ist vielmehr für ein paar Tage in Urlaub, so dass die ganze Verantwortung momentan bei mir liegt“

„Das kann ja heiter werden“, flüsterte Harriet. Zwar war Sophie ihre beste Freundin, doch Harriet wusste aus Erfahrung, dass jeder, der ihr die Geschäfte überließ, und sei es auch nur einen Fotokopierer, sich besser auf seinen Geisteszustand hin untersuchen lassen sollte.

„Okay, ich weiß nun, um was es geht. Aber warum gerade ich?“

„Weil ein solcher Vertrag uns allen drei nützen würde“, sagte Sophie gerade heraus. „Der Mann bekäme eine Wohnung. Du könntest das gerade renovierte Apartment vermieten, und ich hätte die Chance, den Mann meiner Träume jeden Tag zu sehen.“

„Hört sich vernünftig an, was dich und diesen Mann betrifft, aber welche Rolle soll ich in diesem Spiel übernehmen?“

„Nun, du bekommst die hohe Miete, die er bereit ist zu zahlen. Und es wird kein Problem sein, ihn in sechs Monaten wieder loszuwerden. Also wirklich, es ist die beste Übereinkunft aller Zeiten.“ Sophie schien mit sich äußerst zufrieden zu sein.

„Hm“, sagte Harriet nachdenklich. Wie auch immer die Situation sich entwickeln und wie sexy der Mann auch sein mochte, sie bezweifelte, ob Sophie ihr Interesse für ihn sechs Monate würde aufrechterhalten können. Anderseits war ein solches Angebot äußerst verlockend, da Harriets Kasse leer war, nachdem sie die Rechnungen der Handwerker beglichen hatte. Schließlich hatten ihre Eltern es nie gern gesehen, dass sie in das so plötzlich von ihrer Großtante Jane geerbte Haus in Lansdowne Gardens ihr ganzes Vermögen gesteckt hatte. Also, warum sollte sie dem Schicksal nicht vertrauen, das ihr so rasch einen zahlungskräftigen Mieter bescherte?

„Nun ja, dieser Mieter könnte in mein Konzept zur Sanierung meiner Finanzen hineinpassen“, gab Harriet schließlich zu. „Aber ich muss noch mehr über ihn erfahren, und der Vertrag muss einwandfrei sein.“

„Gar kein Problem“, versicherte Sophie, „du wirst zufrieden sein. Und da diesen Mann fast jeder zu kennen scheint, wird auch sein Leumund überprüfbar sein.“

„Wie heißt er denn und was ist er von Beruf?“ Harriet schien sich wirklich für den Plan ihrer Freundin zu erwärmen.

Sophie überlegte kurz. „Warte, ich habe seine Karte … offensichtlich im Büro gelassen. Ehrlich, als er heute zu uns kam, war ich so durcheinander, dass … Ich glaube, er ist auch beim Film, wahrscheinlich Produzent.“

Harriet zuckte nur mit der Schulter. „Wie auch immer, zumindest will ich ihn kennenlernen, wenn ich auch noch nichts versprechen kann. Sollte sich herausstellen, dass er schreibt, kannst du die Sache sowieso vergessen. Denn ich kann niemanden brauchen, der den ganzen Tag zu Hause ist und das Haus in Unordnung bringt.“

„Das wird schon klappen. Dass er dir nicht ständig vor der Nase hängt, dafür sorge ich schon.“

„Kann ich mir denken“, grinste Harriet.

„Warte nur, bis du diesen Mann selbst gesehen hast“, sagte Sophie und versuchte, sich mit ihrer Freundin einen Weg durch die Menschenmenge zu verschaffen zu der gegenüberliegenden Wand.

Sophie behielt recht.

Harriet traute ihren Augen kaum, als Sophie in eine Gruppe Frauen eindrang, die den großen, dunklen Mann umlagerte, den sie so zuvor schon bemerkt hatte.

„Nun, hier sind wir“, erklärte Sophie aufgeregt, während sie eine Blondine beiseite schuppste, um den Arm des Mannes zu ergreifen und ihn aus der Ecke zu ziehen.

Harriet war wie angewurzelt stehen geblieben und konnte nicht glauben, was sie sah.

„Ich weiß bereits, dass ihr beiden wundervollen Menschen gut miteinander auskommen werdet“, sagte Sophie. Sie hatte übersehen, wie Harriet für einen Augenblick errötete und der Mann für wenige Sekunden zögerte.

„Ich darf Ihnen meine Freundin Harriet Wentworth vorstellen, und …“

„Ich hatte bereits das Vergnügen diese Miss Wentworth zu treffen“, sagte er mit fast drohendem Blick. Mit zusammengepressten Lippen stellte er amüsiert fest, wie die rothaarige Frau erschrak und die Erinnerung ein nervöses Flackern in den grünen Augen auslöste.

„Das ist ja ausgezeichnet“, jubelte Sophie.

Nein, das ist es ganz und gar nicht, dachte Harriet, es war ein reines Disaster. Am liebsten hätte sie laut geschrien. Bei dem Lärm im Raum wäre das sicher nicht aufgefallen. Wieso musste das Leben immer wieder so unfair sein? Bei den vielen Männern in London, warum musste es gerade dieser sein, der in ihr Haus einziehen wollte? Harriet konnte es nicht glauben. Sie hätte ihn sehr gern zum Teufel geschickt, aber an einer Szene lag ihr auch nicht viel.

„Nun ja“, begann sie verlegen, „ich bin sicher, dass Mr. …“ Wie war doch gleich sein Name, überlegte sie.

„Ich heiße Finn Maclean“, unterbrach er sie.

„Ach, ja, entschuldigen Sie bitte“, brachte Harreit gereizt hervor. Denn auf einmal hasste sie beide, Sophie und diesen unausstehlichen Mann. Hätte sie doch niemals zugestimmt, zu dieser Party mitzukommen. „Tatsache ist …“

„Tatsache ist, dass Sie eine Wohnung vermieten wollen. Und ich brauche augenblicklich eine“, stellte er in einem Ton fest, der keinen Widerspruch duldete.

Harriet geriet nun innerlich in Rage. „Tut mir leid, aber die Handwerker sind gerade erst fertig geworden …“

Der Mann hörte gar nicht weiter zu, sondern zog Harriet mit festem Griff in einen hinteren Teil des Raumes, bevor er die Tür zu einem winzigen Büro öffnete.

„Moment mal!“, protestierte sie und massierte die Stelle des Armes, wo er sie gegriffen hatte.

„Das wollte ich nicht“, beschwichtigte er sie, „aber da drin konnte man ja nicht einmal sein eigenes Wort verstehen oder gar ein Gespräch führen.“ Er hatte sich auf die Schreibtischkante gesetzt und streckte die langen Beine aus. „Ich habe da diese neue Etagenwohnung im Holland Park gekauft. Aber in den nächsten sechs Monaten wird dort umgebaut. Deshalb brauche ich eine Bleibe für diese Zeit.“ Als Ihre Freundin mir dann von der fertiggestellten Wohnung in Ihrem Haus berichtete, schien das die Lösung für mich zu sein.

Harriet bewunderte Männer, die gerade auf ihr Ziel losgingen. Aber das letzte Zusammentreffen mit diesem Finn Maclean war alles andere als erfreulich gewesen. Es war also besser, ihn gar nicht erst seinen Charme entfalten zu lassen, den er ohne Zweifel in hohem Maße besaß. Nein, an einen solchen Mieter hatte sie wirklich nicht gedacht.

„Den Tag über hätte ich in der Stadt zu tun, und abends bin ich oft weg“, sagte er, als er ihren finsteren Blick bemerkte. „Sie würden mich also kaum wahrnehmen.“

„Was arbeiten Sie denn? Sophie glaubt, Sie wären beim Film.“

Er musste laut lachen. „Nein, tut mir leid, aber ich bin Rechtsanwalt. Mit dem Film hatte ich in letzter Zeit nur wegen eines Vertrages, den ich für diese Leute ausgearbeitet habe, zu tun.“

„In Ordnung“, sagte Harriet erleichtert. Denn wenn sie an diesen Mann vermieten würde, was ihr nicht im Traum einfiel zu tun, dann würden zumindest nicht ständig wilde Partys in ihrem Haus gefeiert, die bis zum Morgen gingen und eventuell die Nachbarn störten.

Er schien als Rechtsanwalt erfolgreich zu sein. Das zeigte schon seine elegante goldene Cartier-Uhr am Handgelenk. Es war also nicht nötig, ihn wissen zu lassen, dass auch sie Anwältin war.

„Kommen Sie schon, Sie hübsche Frau, geben Sie mir eine Chance. Ich suche wirklich ganz dringend eine Bleibe.“

Sein Charme war in der Tat umwerfend. Harriet konnte an keinen plausiblen Grund denken, seine Bitte abzuschlagen. Außerdem fiel es ihr äußerst schwer, sich in seiner Gegenwart auf das Problem, um das es ging, zu konzentrieren. Und das konnte nicht am Alkohol liegen, denn die meisten Cocktails mit ihren entsetzlichen Farben hatten sie nicht angesprochen. Das Blitzen in seinen blauen Augen taten das Übrige, dass sie allmählich den Boden unter den Füßen zu verlieren glaubte.

„Nun?“

„Ich weiß nicht …“ Harriet dachte in diesem Moment daran, wie sie Finn Maclean vor Monaten abgeschlagen hatte, ihm das Haus ihrer Tante zu verkaufen.

Er schien ihre Gedanken erraten zu können. „Nun, vielleicht mögen Sie nicht an mich vermieten. Aber durch Ihre Schuld habe ich damals viel Zeit und Geld verloren. Deshalb glaube ich, dass Sie mir einen Gefallen schulden. Es würde nicht zu viel verlangt sein, wenn Sie mir jetzt helfen würden.“

„Ja, also, nun ja, vielleicht …“

„Also abgemacht?“

Harriet zögerte, schließlich hatte Finn Maclean das renovierte Haus ja noch nicht gesehen. Für eine Entscheidung war es also noch viel zu früh. Aber er war damals ziemlich wütend weggegangen, als sie sich geweigert hatte, an ihn zu verkaufen. „Nun ja, also dann …“

„Das ist ja wunderbar“, rief Sophie dazwischen, die gerade rechtzeitig hereingekommen war, um die letzten Worte noch aufzuschnappen. „Und du musst dir keine Sorgen machen, Harriet. Ich werde meinen Chef dazu bringen, dass er einen lupenreinen Vertrag aufsetzt.“

„Na, gut“, seufzte Harriet hilflos. Sie hatte irgendwie das Gefühl, dass diese zwei Menschen sie einfach überrollt hatten mit ihren Wünschen. Und nichts schien gut zu werden mit diesem Finn Maclean, in dessen Augen sie diesen kühlen Blick bemerkte, der Triumph signalisierte.

Es war dieser Stein, den sie allmählich in der Magengegend verspürte und der ihr sagte, dass sie ihre Entscheidung später einmal bitter bereuen würde.

2. KAPITEL

Trotz der milden Brise des beginnenden Sommers, die durch die Vorhänge ihr Schlafzimmer erfrischten, fühlte sich Harriet erhitzt. Vergeblich versuchte sie, durch tiefen Schlaf Ruhe und Entspannung zu finden.

Schließlich gab sie den Kampf auf, schlug die Bettdecke zurück, stand auf und zog sich den Hausmantel an. Barfuß ging sie durch das große Wohnzimmer, bis sie am Fenster angekommen war.

War sie dabei durchzudrehen oder was war mit ihr los? Wie hatte sie nur so idiotisch entscheiden können? Das lag an dem Auftritt dieses Finn Maclean. Dabei war ihr dieser Mann von Anfang an unsympathisch gewesen, auch wenn sie sich nicht recht erklären konnte warum. Vielleicht überreagierte sie ja doch ein wenig.

Amüsiert musste sie über sich den Kopf schütteln, als sie begann, insgeheim ihrer Tante Jane die Schuld an dem ganzen Schlamassel zu geben. Nein, das waren Anzeichen großer Undankbarkeit, folgerte sie. Denn ohne dieses wundervolle Haus und den herrlichen Garten hätte sie diesen anstrengenden Mann nie kennengelernt. Hoffentlich wurde sie ihn nur bald wieder los. Woher kam nur diese Aggression und Ablehnung gegen ihn? Schon damals hatte sie darauf keine Antwort gefunden.

Verärgert öffnete sie die gläserne Schiebetür und ging auf den kleinen Balkon. Es tat gut, die kühle Nachtluft einzuatmen, die ein wenig nach Jasmin und Rose duftete. Das half ihr, sich zu entspannen.

Harriet setzte sich auf einen der weißgestrichenen Gartenstühle aus Gusseisen. Es war bezaubernd, so einfach in den Himmel zu starren und die Sterne zu betrachten. Dabei erfüllte es sie mit Stolz, dass ihr nun dieses Haus, der Garten, die Bäume und die Blumenbeete darin gehörten. Genau darüber hatten vorher schon ihre neuen Nachbarn mit ihr gesprochen.

Außerhalb der näheren Umgebung, Ladbroke Estate genannt, existierten noch sechzehn weitere dieser speziellen Gärten. Sie erstreckten sich über die Stadteile Notting Hill und Holland Park. Sie konnten eigentlich nur von den jeweiligen Besitzern betreten werden, und das machte sie so speziell. Erst nach dem Tod ihrer Tante war Harriet darauf aufmerksam geworden. Viele Londoner kannten diese Anlagen gar nicht.

„Das sind ja Top-Neuigkeiten, Harriet hat das große Los gezogen“, hatte ihr Cousin gesagt. „Letztes Jahr stand ich noch ganz oben auf der Liste. Ich muss wohl irgendwas falsch gemacht haben. Übrigens, es ist ein altes Haus, voller Katzen und staubiger Möbel. Was willst du damit eigentlich anfangen, verkaufen?“

Harriet hatte nur mit der Schulter gezuckt. Das Haus musste zunächst gereinigt werden, bevor sie es verkaufen konnte. Darüber war besonders ihre Mutter erfreut gewesen und riet ihrer Tochter, mit dem Erlös ein kleineres Haus in London zu kaufen. Doch unvorhersehbarerweise hatte sich dann dieser Stadtteil als gefragte Adresse Londons entwickelt. Zusammen mit dem schönen Garten war das wohl der Hauptgrund gewesen zu bleiben und nicht die Aussicht auf fast eine Million Pfund als Verkaufssumme, wie ihr ihr Makler gesagt hatte. „Wenn das Haus besser gepflegt wäre, könnten Sie sogar noch mehr verlangen.“

Völlig fassungslos war Harriet vom Makler in ihre Wohnung gefahren, denn so viel Geld konnte sie sich nicht vorstellen. Sie arbeitete für ein großes Anwaltsbüro nach ihrem Studium. Doch inzwischen war ihr nur allzu klar geworden, dass der trockene, graue Beruf der Rechtsanwältin nicht das Richtige für sie war. Zu kündigen war ihr nur deshalb noch nicht in den Sinn gekommen, weil sie keine Alternative wusste und sie doch Geld für einen gewissen Lebensstandard für sich brauchte.

Nach dem Besuch beim Makler hatte sie des öfteren daran gedacht, vom Verkauf des Hauses zu leben. Doch allmählich verschwand dieser Gedanke wieder aus ihren Vorstellungen. Nur in den Tag hineinzuleben, war einfach keine Perspektive für sie.

Ihre Eltern hatte sich über Harriets Erbschaft gefreut, und auch George schien damals so etwas wie aufgeregt zu sein. „Also Harriet, die Summe könnte sich sehen lassen. Denk darüber nach. Ich kenne einige Männer, die verstehen, wie man Geld anlegt.“

Ihr war es so vorgekommen, dass er wärmer gelacht hatte als sonst. Wie eilig es manche Menschen doch hatten, Geld anderer Leute auszugeben, hatte sie überlegt. Freunde hatten ihr geraten, eine Weltreise zu machen oder ein Restaurant zu eröffnen.

Doch als Harriet an einem Samstag begann, das Haus zu entrümpeln, kamen ihr plötzlich andere Gedanken. Sie und ihre Freundin Trish waren wirklich überrascht, wie groß das Haus eigentlich war.

„Das ist tatsächlich großartig“, war Sophies Kommentar gewesen, als sie später dazugekommen war.

„Ja, nachdem wir die alten, zerbrochenen Möbel herausgeschafft hatten, konnte man es schon sehen“, hatte Trish geantwortet und sich den Staub aus dem Gesicht gewischt. „Also, wenn es nach mir ginge, ich würde es nicht verkaufen, Harriet.“

„Selbst wenn ich es behielte, ich könnte es mir einfach nicht leisten, das ist der Punkt. Aber lasst uns erst ein Mal eine Teepause machen.“

Die Küche befand sich im Erdgeschoss, war etwas altertümlich eingerichtet aber gemütlich. Trish beschwerte sich immer noch darüber, dass Harriet auf den Verkauf eines solchen Zuhauses bestand, während Sophie sie auslachte. „Was soll Harriet denn allein in einem so großen Haus?“

„Aber wer spricht denn davon? Man könnte in jedem Stock eine Wohnung einrichten und sogar noch Einzelzimmer für Freunde übrig lassen.“

„Was, ein Hotel? Glaubst du denn, dass Harriet Zeit hat, für alle das Frühstück zu machen, bevor sie zur Arbeit hetzt?“

Harriet gab ihrer Freundin lachend recht. „Nein, ich habe wirklich Wichtigeres zu tun.“

Doch schon eine Wochen später, als sie und Trish auf den Makler und den ersten Käufer warteten, hatte Harriet ihre Meinung geändert. Wenn es nur eine Möglichkeit gab, das Haus zu halten und selbst hier zu leben, würde sie sehr damit einverstanden sein.

Als es an der Tür läutete, hatte Harriet rasch geöffnet. Der Makler und ein ihr als Mr. Maclean vorgestellter Käufer standen erwartungsvoll vor ihr.

Sie war zurückgetreten und hatte die Herren hereingebeten. In dem Dämmerlicht der Diele konnte sie den großen dunkelhaarigen Käufer kaum richtig erkennen. Erst im Wohnzimmer, wo helles Tageslicht die Interessenten begrüßte, nahm sie den Fremden in Augenschein. Er war nicht gerade schön, aber doch irgendwie anziehend.

Später, als sie die Männer durch das ganze Haus führte, hatte sie den Eindruck, dass dieser Mr. Maclean nicht wirklich an dem Haus interessiert war. Er trug legere Kleidung für das Wochenende. Was mochte er von ihrem langweiligen Outfit halten, dass sie am Morgen ausprobiert hatte, um seriös zu erscheinen? Aber schließlich hatte sie überhaupt keine Erfahrung im Verkauf eines Hauses. Und ihr Makler hatte darauf hingewiesen, wie wichtig der erste Eindruck war.

„Auch die Räume sollten so sauber wie möglich sein. Vielleicht könnten sie auch in einigen Zimmer frische Blumen stellen. Von Vorteil ist dazu gerade aufgebrühter Kaffee und der Duft von warmen Brot, der aus der Küche kommt.“

Da Harriet damit nicht dienen konnte, hatte sie darauf geachtete, dass die Räume in tadellosem Zustand waren, einschließlich der geputzten Fenster.

Ihre Kleidung hatte sie so ausgewählt, dass sie wie eine Person aussah, die gewöhnlich in Häusern dieser Größe lebte. Ein lederner Minirock kam schon wegen der Führungen nicht infrage. Am besten schien die dunkelblaue Jeans, ein neues weißes T-Shirt zu dem blauen Blazer zu passen. Doch jetzt, da dieser Mann in ihrem Haus war, erschien ihr plötzlich die Kleidung als äußerst wichtig. Darüber wunderte sie sich immer wieder.

Finn Maclean ging die ganze Zeit schweigend hinter ihr her. Noch nicht einmal den Ausblick auf den wundervollen Garten vom Balkon des ersten Stockes aus schien ihn zu berühren. Das Haus schien ihn gar nicht zu interessieren, dachte Harriet. Sie beobachtete ihn längere Zeit. Schön konnte man ihn nicht gerade nennen, aber er hatte etwas Anziehendes.

Am Ende der ganzen Besichtigung äußerte er nur ein kurzes „Ganz nett.“

Was für ein Idiot, hatte Harriet gedacht. Doch als sie sich vergeblich bemühte das eingerostete Schloss der Glastür zu schließen, kam er ihr sofort zu Hilfe. „Lassen Sie mich das machen“, sagte er und nahm den Schlüssel entgegen.

Als sich ihre Hände für kurze Zeit dabei berührten, glaubte Harriet, so etwas wie einen elektrischen Schlag bekommen zu haben. Sie schrie kurz auf und sprang zurück. Dabei fielen die Schlüssel mit lautem Knall zunächst zu Boden. Sie ärgerte sich, dass sie errötete, während er sich mit verschmitztem Lächeln bückte und die Schlüssel aufhob. Harriet achtete von da an darauf, dass sie stets genügend Abstand zu diesem Mr. Maclean hielt, während sie noch die Küche besichtigten.

Sie konnte sich nicht erklären, woher dieses mulmige Gefühl im Magen kam und war froh, dass es nun der Makler übernahm, die Vorteile des Hauses weiter auszuführen. Vor allem hob er die Bedeutung des Gartens für eine gehobene Lebensqualität erneut hervor. „… und sicher besteht auch die Möglichkeit, dieses Haus umzubauen in Einzelapartments, wie Sie es vorhaben“, sagte er, während sie in der Küche verweilten.

„Aber das können Sie doch nicht machen“, protestierte Harriet plötzlich. Sie war über sich selbst erstaunt, doch sie wollte auf keinen Fall, dass das Haus ihrer Tante auch nur geringfügig verändert wurde.

„Ach, wirklich nicht?“ Mr. Maclean hatte sich mit einem bittersüßem Lächeln zu ihr umgewandt. Er betrachtete sie, als ob er sie zum ersten Mal sah. Doch das Besondere ihrer Erscheinung kam durch das hereinströmende Sonnenlicht, das das rötliche Haar eigenartig zu glühen brachte.

Woher hatte sie nur den Mut gehabt zu widersprechen, fragte sie sich. Schon der Anblick dieses fremden Mannes versetzte sie in leichte Aufregung, doch nun ging er direkt auf sie zu. „Und was macht Sie da so sicher, dass ich das nicht kann?“ Der kühle Blick erschreckte sie, sodass ihr Atem stockte. Während der Führung hatte er sie doch fast ignoriert. Deshalb spürte sie nun die ganze Wucht seiner Aufmerksamkeit. Sein Blick schien sich in ihren Kopf hineinzubohren. Harriet war dadurch irritiert, vor allem als sie bemerkt, wie ihre Beine auf diesen streng musternden Blick reagierten. Harriet spürte sie nämlich kaum noch.

Er schien sie förmlich in sich aufzusaugen, als er so dicht vor ihr stand und jeden Zentimeter intensiv betrachtete.

Um ein wenig Halt zu finden, lehnte sich Harriet gegen das alte Spülbecken. Sie musste sich zusammennehmen, befahl sie sich. Wieso benahm sie sich nur so kindisch? Hatte sie nicht Hunderte vom Typ eines Finn Maclean kennen gelernt in ihrem Leben? Außerdem war es doch noch immer ihr Haus. Mochte er auch fast auf sie losgehen, ihre Meinung würde sie nicht ändern, überlegte sie, atmete tief ein und hob voller Aggressivität das Kinn, um ihn herausfordernd anzusehen.

„Ich verkaufe ein Haus, keinen Wohnblock“, sagte sie und wunderte sich, dass ihre Stimme so schrill und überdreht klang. „Meine Tante wäre sicher nicht damit einverstanden gewesen, hier Apartments einzurichten und so das Haus stückchenweise zu verkaufen.“

Ein langes Schweigen folgte. In dieser Zeit starrte er sie förmlich an. Doch sein Gesichtsausdruck verriet keinen seiner Gedanken.

„Entschuldigen Sie mich, Miss Wentworth, aber ich ahnte nicht, dass ich meine Pläne mit Ihnen zu diskutieren hätte“, sagte er endlich mit einem gewissen Sarkasmus.

„Kann ich mir denken, aber unter diesen Bedingungen bin ich nicht bereit zu verkaufen“, antwortete sie hartnäckig.

„Nun, ich wüsste nicht, was Sie dagegen unternehmen könnten“, sagte er sichtlich amüsiert. „Vor drei Jahren schon wurde dies Haus ausgewiesen als für einen Umbau freigegeben.“

„Was?“, schrie Harriet entsetzt und schaut aufgeregt zum Makler hinüber. „Dass meine Tante plante, das Haus umzubauen, wusste ich nicht.“

„Ich auch nicht“, meinte Mr. Evans. „Mir fiel es erst auf, als ich die Unterlagen noch einmal daraufhin überprüft habe. Aber es gibt überhaupt keinen Grund, nervös zu werden, denn alle Veränderungen werden den Verkaufswert des Hauses steigern.“

„Aber dies ist doch nicht nur irgendein, sondern ein richtiges Zuhause.“ Harriet war außer sich, und es war ihr egal, ob ihre Stimme schrill klang. „Ich dachte ja eher daran, dass hier eine Familie mit Kindern einzöge, die auch Spaß am Garten hätten.“ Erst allmählich wurde Harriet klar, dass sie im Begriff war, sich zu einer kompletten Idiotin zu machen.

Der Makler zuckte nur mit der Schulter, bevor er Mr. Maclean fragte, ob er sich die Räume noch einmal ansehen wollte.

Harriet blieb nichts anderes übrig, als missmutig den beiden zu folgen, um sich das bereits umgebaute Souterrain anzusehen. Danach überließ sie die Männer sich selbst, während es für sie nun ganz deutlich geworden war, dass sie das Haus unter keinen Umständen an diesen schrecklichen Mr. Maclean verkaufen würde. Wie sie seine Pläne vereiteln konnte, wusste sie noch nicht, aber es musste eine Lösung geben.

Unglücklicherweise kam sie jedoch in den nächsten zwei Wochen zu keinem Entschluss. Sie verwarf Hunderte von verrückten oder völlig unrealisierbaren Projekten. Ihre Tante hatte wohl deshalb an Umbau gedacht, weil sie sich in den letzten Lebensjahren ein wenig einsam gefühlt hatte.

Harriet wusste nur, dass sie nicht wollte, dass gewisse Profithaie sich einfach über das Haus ihre Tante hermachten. Ob dieser Mr. Maclean wirklich auch zu dieser Sorte Menschen gehörte?

In einer dieser unruhigen Nächte wachte sie plötzlich auf und schien einen Plan zu haben. Die Lösung war denkbar einfach: Sie würde selbst in dem Haus wohnen!

Rasch stand sie auf und ging ins Wohnzimmer, um sofort mit einer kleinen Skizze zu beginnen. Wenn sie das Erdgeschoss und den ersten Stock für sich als Wohnung einrichtete, würde das reichen. Außerdem hätte sie die Möglichkeit, den wundervollen Garten zu nutzen. Doch das wäre nur möglich, wenn sie das Souterrain und den zweiten bis vierten Stock in Apartments umbauen ließ.

Wie es aussah, tat sie nun genau dasselbe, was dieser fürchterliche Mr. Maclean geplant hatte. Aber der Unterschied war trotzdem erheblich, denn nun konnte sie selbst alle Vorzüge dieses Hauses nutzen und ein Auge auf das Ganze behalten. Die Frage war nur noch, ob sie genügend Geld würde auftreiben können, um den Umbau finanzieren zu können.

Sie rechnete ihre ersten Kalkulationen durch. Wenn sie sehr sparsam vorging und das geerbte Geld noch hinzunahm, müsste sie für den Anfang zurechtkommen.

Nachdem sie noch einige weitere Berechnungen angestellt hatte, stand ihr Plan fest. Sie musste nur wirklich auf jeden Pfennig achten, dann würde das Geld vielleicht sogar bis zum Abschluss des Umbaus reichen.

Allmählich gewann Harriet auch die Perspektive, dass sie ihren Job würde aufgeben können, wenn das restliche Haus vermietet war, und das zählte am meisten. Vielleicht würde es ja sogar möglich sein, dass die Mieten das Haus nicht nur trugen, sondern auch noch einen kleinen Gewinn abwarfen.

Am nächsten Tag besprach Harriet mit ihrer Freundin Sophie den Plan.

Sophie war völlig begeistert und überraschte Harriet mit der Frage, ob sie das Souterrain-Apartment beziehen könnte. „Du weißt, dass ich meine jetzige Wohnung leid bin. Ich muss hier endlich raus. Schon als wir neulich das Haus entrümpelt haben, kam mir der Gedanke. Die Räume sind hoch, groß und hell. Außerdem hätte ich einen eigenen Eingang. Das wäre doch perfekt.“

Sophies Begeisterung spornte Harriet an, sich mit ihrem Makler in Verbindung zu setzen. Zu ihrer Überraschung schien Mr. Evans sie sehr zu verstehen.

„Ich habe wohl bemerkt, wie sehr Sie das Haus lieben“, sagte er und seufzte dabei. „Wie auch immer, wenn Sie es schaffen, dass es sich selbst trägt, dann viel Glück dabei.“

Harriet fand es erstaunlich, wie gelassen Mr. Evans den Verlust der hohen Provision, die ihm durch den Verkauf zugestanden hatte, ertrug. Doch wenig später ärgerte sie sich mächtig über ihn, denn aus Gedankenlosigkeit hatte er ihre Telefonnummer an diesen grässlichen Mr. Maclean weitergegeben.

Der schien außer sich zu sein, als er von Harriets Entschluss erfuhr. „Sie verdammtes Mädchen“, schrie er in den Hörer. „Wie viel Zeit und Geld habe ich bereits in das Projekt gesteckt. Dabei hatte ich gar nicht vor, das Haus in einen Wohnblock zu verwandeln.“

„Aber natürlich wollten Sie das“, giftete sie ihn an. „Ich habe doch schließlich Ihre Gespräche mit dem Makler mit angehört.“

„Um Himmels willen! Da ging es doch nur darum, ein Apartment für meinen jüngeren Bruder Jack einzurichten, der im Ausland arbeitet und mich nur manchmal besucht. Das übrige Haus hätte ich für mich genutzt.“

„Nun, es tut mir leid, Sie zu enttäuschen …“

„Das hört sich aber gar nicht danach an“, knurrte er ärgerlich, denn er konnte sich ausmalen, dass sie über das ganze Gesicht grinste. „Ich bin sonst nicht für Gewalt, aber Ihnen möchte ich am liebsten den Hals umdrehen. Das Haus wollte ich wirklich gern kaufen.“

„Das ist Ihr Pech“, gab sie kurz zur Antwort, dann legte sie rasch den Hörer auf. Auf diese Art Unterhaltung hatte sie einfach keine Lust. Was sollte es für einen Sinn haben, den Kontakt zu diesem Mann noch weiter aufrechtzuhalten, fragte sie sich, während sie in den mondbeschienen Garten blickte. Es wäre ja noch schöner gewesen, einer Schlange wie Mr. Maclean den Garten Eden zu überlassen!

Und wie stand sie nun da? Sophie war es jedenfalls gelungen, genau dieser Schlange Einlass in den Garten Eden zu verschaffen.

Doch Harriet wusste, dass sie keine Wahl hatte. Bedrückt ging sie vom Wohnzimmer ins Schlafzimmer hinüber. Irgendwie würde sie die Situation durchstehen. Schließlich blieb Finn Maclean ja nur sechs Monate. Und ein sauber ausgearbeiteter Vertrag sollte dafür sorgen, dass sie möglichst wenig miteinander zu tun hatten.

3. KAPITEL

Falls sie geglaubt hatte, kaum etwas von Finn zu sehen, nachdem er in den zweiten Stock eingezogen war, so wurde Harriet bald eines Besseren belehrt.

Vielleicht lag es daran, dass Männer in gewisser Hinsicht drängender auftraten als Frauen. Aber mit Sophie hatte sie wirklich kaum Probleme, die nun im Souterrain wohnte.

Finn Maclean bereitete ihr täglich Kopfzerbrechen wegen irgendeiner Sache, die ihm im Haus nicht passte. Dabei hatte sich Harriet mit der Gestaltung des Stockwerks wirklich die größte Mühe gegeben. Sie war mittlerweile an einem Punkt angelangt, an dem es ihr reichte, ständig Beschwerden entgegenzunehmen von ihrem neuen Mieter. Einmal war es die Waschmaschine, die nicht funktionierte, das andere Mal der Geschirrspüler.

„Was meinen Sie damit, sie funktionieren nicht? Sie sind doch ganz neu!“

Finn hatte nur mit der Schulter gezuckt. „Das ist mir egal, Hauptsache, sie funktionieren!“

Harriet rief einen Klempner, der die Sache rasch aufklären könne. „Wenn Sie die Maschinen das nächste Mal benutzen wollen, dann vergessen Sie die Stecker und den Einschaltknopf nicht“, donnerte Harriet. Die Männer dagegen fanden die Situation lustig und schüttelten sich vor Lachen. „Es wäre vielleicht auch nützlich, die Gebrauchsanweisung vorher zu lesen“, fügte sie wütend hinzu, bevor sie die kleine Broschüre auf die Anrichte in der Küche warf und dem Klempner folgte, mit dem sie Mr. Macleans Wohnung verließ.

Diese Situation wiederholte sich, ein verstopfter Abfluss, eine zerbrochene Fensterscheibe: Das Ganze schien einem Albtraum gleich, als das Badezimmer überschwemmt war, weil Finn zu lange mit einer Frau telefoniert hatte, wie er grinsend gestand.

„Was geht mich Ihr Privatleben an“, donnerte sie. „Die Rechnungen für die Handwerker sind inzwischen so hoch wie ein Urlaub in der Karibik.“

„Das ist doch kein Problem“, sagte er und winkte beschwichtigend mit dem Arm. „Geben Sie mir einfach die Abrechnungen.“

Aber in Harriets Augen konnte das nicht die Umstände aufwiegen, die sie inzwischen gehabt hatte. Besonders die Lieferung an Champagnerflaschen, die eines Vormittags die Einfahrt blockierte, konnte ihren Ärger erregen. Und da der Lieferant über Rückenschmerzen klagte, war klar, wer die Flaschen in den zweiten Stock zu tragen hatte.

Doch alle diese Unannehmlichkeiten waren nichts im Vergleich zu dem ständigen Lärm, der durch den Besuch hübscher junger Damen verursacht wurde. Unablässig war Gelächter und Getuschel auf der Treppe zu hören.

Der letzte Vorfall ereignete sich an Finns Geburtstag vor einer Woche, als eine hübsche Blonde versehentlich an ihrer Tür geklingelt hatte.

„Du wirst mir eine Menge erklären müssen“, sagte Harriet zu ihrer Freundin Sophie, die sie und Trish am nächsten Sonntag zu einem Frühstück im Cullens in der Holland Park Avenue eingeladen hatte.

„Um Gottes willen, was habe ich denn angestellt?“, fragte Sophie lächelnd, während sie einen Cappuccino bestellte und ein pain au chocolat, bevor sie sich in den roten Lederstuhl neben Harriet fallen ließ.

„Nicht um dich geht es hierbei, sondern um deinen Freund, der mich zur Verzweiflung treibt.“

„Was?“, fragte Sophie erstaunt. „Ich wusste gar nicht, dass du Rodney inzwischen kennengelernt hast.“

„Rodney?“ Harriet runzelte verdutzt die Stirn. „Nein, ich spreche von Finn Maclean. Vorgestern war sein Geburtstag und ein Höllenlärm im Haus. Ich hätte ihn umbringen können. Er ist ein furchtbarer Mensch.“

„Aber ich bin schon länger nicht mehr an ihm interessiert“, lachte Sophie.

„Was?“

„Ja, das ist schon einige Zeit her, dass wir uns trennten“, erklärte Sophie leichthin, während sie an ihrem Kaffee nippte und in das Schokoladen-Croissant biss.

„Willst du damit sagen …?“

„Mein neuer Freund heißt Rodney Granger. Er hat ein Reisebüro und er versprach mir, dass wir in zwei Wochen nach Südfrankreich reisen. Wie findest du das?“

Harriet konnte sie nur sprachlos anstarren. „Das kann doch einfach nicht wahr sein“, entfuhr es ihr schließlich. „Soll das bedeuten, dass ich mir vergebens all die Mühe gemacht habe, den zweiten Stock einzurichten, damit dieser entsetzliche Finn Maclean einziehen kann und du hast bereits einen anderen Freund?“

„Aber Harriet, beruhige dich doch“, versuchte Sophie ihre Freundin zu beschwichtigen. „Mir ist bei Finn einfach schnell klar geworden, dass sich zu viele Frauen für ihn interessieren. Da ist doch ein Mann mit einer Jacht, der regelmäßig ins Mittelmeer segelt und sich nach mir umsieht, viel aufregender. Was meinst du, Trish?“

Trish hatte die ganze Zeit über in der Sonntagszeitung gelesen und murmelte irgendetwas. „Ich würde mich immer für die Jacht entscheiden“, sagte sie schließlich, bevor sie sich auf das Wochenhoroskop stürzte.

„Na, ihr seid mir ja eine feine Runde“, sagte Harriet verärgert und nahm sich eine Zigarette aus der Schachtel, die vor ihr auf dem Tisch lag. „Also, es läuft alles wunderbar, wirklich“, sagte sie voller Sarkasmus.

„Sag mal, seit wann rauchst du denn wieder?“, fragte Sophie verblüfft, „hast du nicht letztes Jahr damit aufgehört?“

„Ja, das stimmt. Aber jetzt brauche ich wirkliche eine Zigarette, okay?“

„Ja, natürlich. Und es tut mir leid, dass das mit Finn sich nicht so entwickelt hat, wie es damals zunächst den Anschein hatte. Aber ich hatte einfach keine Lust mehr, jeden Abend zu Hause zu sitzen und auf seinen Anruf zu warten.“

Harriet seufzte nur und drückte die Zigarette aus, die ihr überhaupt nicht mehr schmeckte. Es stimmte, sie konnte keinem anderen als sich selbst die Schuld an der ganzen Misere geben. Schließlich kannte sie ihre beste Freundin und ihre Sprunghaftigkeit, was Beziehungen anging. Diese hielten nie sehr lange.

„Also, erzähl schon! Was ist auf Finns Geburtstagsparty passiert?“

„Frag bloß nicht.“ Harriet vergrub vor Entsetzen das Gesicht in den Händen.

„Nun hör mal, so schlimm kann es doch gar nicht gewesen sein“, grinste Trish.

„Doch das war es. Eigentlich hätte mir das schon vorher klar sein können, nachdem er diese riesige Menge Champagner bestellt hatte.“

„Und was genau ist schief gelaufen?“, fragte Sophie, jetzt doch ziemlich gespannt.

„Nun, die neue Sicherheitsanlage.“ Harriet seufzte und erinnerte sich daran, dass sie an dem Abend im Gate-Kino gewesen war mit einigen Freunden. Danach waren sie noch Essen gegangen, und als sie dann um halb elf zu Hause ankam, brannten überall die Lichter und die Haustür stand weit offen.

„Ich bin fast wahnsinnig geworden. Schließlich hätte jeder Einbrecher einfach hineinspazieren können. Und das ganze Theater nur, um einen Kasten Champagner in den zweiten Stock zu holen.“

„Und was hast du dann gemacht?“

„Was jeder vernünftige Mensch in dieser Situation getan hätte“, sagte Harriett trotzig. „Ich bin nach oben gestürmt und habe diesem Finn Maclean die Meinung gesagt. Er hätte meine Hausratsversicherung in Verlegenheit bringen können.“

„Das ist ein guter Punkt“, sagte Trish zu Sophie. „Es kann schwierig werden, von der Versicherung Geld zu sehen, wenn man durch eigenen Leichtsinn Einbrechern Tor und Tür öffnet.“

„Ja, ich habe davon gehört“, sagte Sophie, „aber was ist als Nächstes passiert?“

„Nun, wie du dir vorstellen kannst, hatten dieser Finn und ich eine mächtige Aussprache“, gab Harriet zu und errötete ein wenig. Denn eigentlich mochte sie sie nicht erzählen, was anschließend in Finns Apartment geschehen war. Sie selber konnte es sich ja kaum erklären.

„Wie auch immer, Finn schwor mir, dass er unten jemanden einquartiert hatte, der die Gäste einlassen sollte, weil die Klingel kaputt war. Doch als ich nach Hause kam, war niemand da, um mir zu öffnen.“

„Und dann …?“

„Es musste zumindest eine Lösung dafür gefunden werden, wer denn den kommenden und gehenden Besuchern die Haustür öffnen sollte in der Nacht. Und dieser unverschämte Maclean hatte nichts Eiligeres zu tun, als darauf hinzuweisen, dass es schließlich nicht sein Fehler gewesen sei, dass die gesamte Sicherungsanlage ausgefallen war.“

„Ach, du meine Güte“, rief Sophie, bevor sie und Trish sich vor Lachen nicht mehr halten konnten.

„Was ist daran so lustig?“, wollte Harriet wissen. „Es blieb mir nichts anderes übrig, als die Nacht über in der Eingangshalle zu sitzen und zu versuchen, meine Augen irgendwie aufzuhalten. Und wann der letzte Gast kam oder ging, weiß ich nicht mehr. Dabei schienen Macleans Gäste vorher schon einige andere Partys besucht zu haben.“

„Arme Harriet“, sagte Trish und versuchte ein ernstes Gesicht zu behalten.

„Das kann man wohl sagen. Hätte dich gern gesehen, wenn in dein Haus diese merkwürdigen Leute gekommen wären. Es war der Albtraum.“

„Und funktioniert die Anlage inzwischen wieder?“, fragte Sophie. Sie war insgeheim dankbar dafür, dass sie ihren eigenen Hauseingang hatte.

„Ja, das war das Erste, was ich gestern Morgen gemacht habe. Die Leute von der Firma sagten mir, dass etwas mit der Verkabelung nicht gestimmt habe. Und ich habe ihnen klar gemacht, dass die Hölle losbricht, falls das noch ein Mal vorkommen sollte.“

„Übrigens, dieser Finn Maclean scheint Zwilling zu sein, wenn er im Juni Geburtstag hat, sehr interessant.“

„Glaub mir, Trish, es gibt keinen interessanten Aspekt an diesem Maclean“, versuchte Harriet ihre Freundin zu überzeugen. „Man kann schon eher an verrückt, hitzköpfig oder schwierig denken.“

„Aber wenn er Zwilling ist und du Wassermann, dann passt ihr doch gut zusammen. Würde mich jedenfalls nicht wundern, wenn es ein Happy End gäbe.“

Harriet lachte schrill auf. „Ich würde mich nie mit ihm einlassen, selbst wenn er der letzte Mann auf diesem Planeten wäre.“

„Hm“, murmelte Trish nur, während sie bemerkte, dass Harriet errötete. „Vielleicht sollte ich dir für einige Zeit meine Kristallkugel ausleihen. Sie bringe in der Regel Harmonie in eine Beziehung.“

„Mich interessiert dein New Age-Zeug nicht“, sagte Harriet fest. „Viel lieber hätte ich einen fähigen Rechtsanwalt, der eine Möglichkeit fände, diesen elenden Mietvertrag vorzeitig aufzulösen. Aber da besteht wohl kaum eine Chance.“

Sophie seufzte vor sich hin. „Es tut mir wirklich leid, dass alles in eine so negative Richtung geraten ist. Aber du wolltest den Vertrag so, wie er jetzt besteht.“

„Ja, ich weiß, es ist alles meine Schuld“, gab Harriet zu. „Es hängt nun also alles davon ab, dass ich in den nächsten fünf Monaten die Nerven behalte, ohne diesen verdammten Mann zu lynchen.“

Die Freundinnen verabschiedeten sich voneinander. Trish und Sophie hatten sich zum Tennis verabredet, und Harriete wusste, dass keine Kristallkugel, noch buddhistische Mantren ihre Situation würden verbessern können. Diese Beziehung war nicht zu harmonisieren.

Nachdenklich ging sie zurück nach Hause. Unterwegs ruhte sie sich auf einem Baumstamm aus, der unter einem Fliederstrauch lag. Sie sog den schweren Duft der weißen Blüten ein und versuchte, die dunklen Gedanken, wie Trish sie nennen würde, zu vertreiben.

Doch unglücklicherweise kehrten die Bilder, die vor zwei Tagen die nächtliche Szenerie in ihrem Haus bestimmten, in grellsten Farben immer wieder zurück, sobald sie zur Ruhe kam.

Nachdem sie in Finns Apartment gestürmt war, hatte sie ihn mit deutlichen Worten zur Rede gestellt. Mit lauter Stimme hatte sie ihn angebrüllt, wie er nur ein so dummer Mann sein könne, die Haustür für jeden Einbrecher weit aufstehen zu lassen.

Doch ehe sie begriff, was geschah, hatte er sie in die kleine Küche gezerrt und die Tür hinter ihnen geschlossen.

„Lassen Sie mich sofort los, Sie Idiot“, hatte sie ärgerlich gerufen.

Aber er hatte ihren Arm nur um so fester gehalten. „Das werde ich, sobald Sie aufhören, hier herumzuschreien wie ein Fischweib.“

„Schämen Sie sich nicht, mich so zu nennen?“

„Warum denn, es stimmt doch! Und nun halten Sie endlich den Schnabel“, sagte er ungeduldig und ließ sie los. „Außerdem lassen Sie mich erklären, warum die Haustür offen stand.“

„Ach, das wissen Sie?“ Sie war aufgebracht und rieb sich den Arm an der Stelle, die er so fest zusammengepresst hatte.

„Es tut mir leid, dass der Gast, den ich mit einer Flasche Wein in die Halle hinunter geschickt hatte, verschwunden ist. Zumindest habe ich doch alles versucht, oder?“

„Das war aber nicht gut genug“, gab sie schnippig zurück. „Ich muss wirklich verrückt gewesen sein, Sie hier überhaupt einziehen zu lassen und das mit einem Vertrag, aus dem ich nun selbst nicht herauskomme.“

„Was ist mit Ihnen los? Hassen Sie alle Männer? Oder können Sie nur mich nicht ausstehen?“

„Natürlich habe ich nichts gegen Männer“, sagte sie trocken.

„Ach, dann zielt das ganze Theater hier nur gegen mich persönlich?“

„Was denken Sie denn?“ Harriet begann sich unwohl zu fühlen, jetzt, wo sie mit diesem großen Mann allein in der engen Küche stand.

Schon bei ihrem ersten Zusammentreffen waren ihr seine langen Beine aufgefallen, die in abgewaschenen, eng sitzenden Jeans steckten. Die breiten Schultern fielen dadurch noch mehr auf. Das Jeanshemd unterstrich die Bräune seiner Haut.

Doch Harriet bereute es inzwischen, dass sie Finn Maclean derart angegriffen hatte, denn sie erinnerte sich an die Spannung, die sich zwischen ihnen aufgebaut hatte, als sie sich so dicht in der Küche gegenübergestanden hatten. Ihr war die Situation immer unheimlicher geworden, denn es war geradezu atemberaubend gewesen, wie sehr sie sich von ihm angezogen fühlte. Es fiel ihr schwer, die schrille Stimme beizubehalten wie auch ihre aggressive Haltung. Der intensive Blick seiner Augen machte sie fast willenlos. Wie konnte das nur möglich sein gegenüber einem Mann, den sie hasste?

„Was ich denke?“, fragte er und holte sie aus ihren Gedanken in die Wirklichkeit zurück. „Ich glaube, dass Sie eigentlich eine ganz attraktive Frau sind, die merkwürdigerweise etwas gegen Männer hat.“

„Das ist doch Unsinn!“

„Vielleicht haben Sie nur etwas gegen diejenigen, die Sie nicht herumkommandieren können.“

„Ach, was schwatzen Sie denn da? Falls es hier jemanden mit einem Problem gibt, so sind Sie das. Mag sein, dass Sie es einfach nicht glauben wollen oder können, dass irgendeine Frau Sie unattraktiv findet. Lassen Sie sich von mir sagen …“

Sie verstummte, denn was immer sie sagte, es schien zu verschwinden aus ihrem Kopf, sobald er den Arm um ihre Taille legte und sie an sich zog.

„Sie wissen, was Sie brauchen, oder?“, murmelte er nur.

„Nun hören Sie bloß mit diesem Klischee auf“, empörte sie sich. „Ich habe einen sehr guten Freund, vielen Dank.“

„Ach, wirklich?“, fragte er und zog eine Braue hoch, während er sie verführerisch anlächelte. „Warum zittern Sie denn dann so?“

„Stimmt ja gar nicht!“, protestierte sie sofort. „Und falls doch, dann nur …, äh, weil ich so wütend auf Sie bin.“ Sie wusste, dass sie unsicher klang und ihn nicht überzeugt hatte. Versuche, die Situation in den Griff zu bekommen, befahl sie sich. Denn darin war sie sich sicher, dass sie nicht neben den vielen anderen Frauen im Bett dieses Playboys landen wollte.

„Wir benehmen uns albern“, sagte sie, starrte aber gebannt auf den geöffneten Kragen seines Hemdes und versuchte, seinem verlangenden Blick auszuweichen.

„Hm, damit könnten Sie recht haben“, gab er amüsiert zu, „aber im Moment fällt mir nichts anderes ein.“

Harriet redete sich ein, dass sie jetzt äußert cool bleiben musste, sein aufregendes Aftershave nicht beachten durfte und ihm am besten weit von sich stoßen sollte. Doch seine Arme umschlangen ihren Körper, während seine Muskeln sich wie Stahl zu verhärten schienen. Sie musste jetzt überlegt reagieren. Mit Logik würde sie da wohl am weitesten kommen. „Was machen denn Ihre Gäste?“, fragte sie keck.

„Wie es scheint, amüsieren sie sich auch ohne mich ganz gut“, stellte er heiter fest, während Harriet das Gelächter aus dem Wohnzimmer vernahm.

„Aber Sie können sie sich doch nicht sich selbst überlassen. Außerdem ist das Problem mit der Haustür noch nicht gelöst. Wer soll die verspäteten Gäste einlassen? Sie würden uns beiden auch einen Gefallen tun, wenn Sie nun mit Ihrem Unsinn aufhören würden, um das Türproblem selbst in Angriff zu nehmen.“

Doch er schien ihr gar nicht zuzuhören. „Richtig, es ist mein Geburtstag. Wo bleibt Ihr Geschenk?“, fragte er stattdessen und zog sie dicht an sich.

Sie versuchte, nicht auf seine warme Stimme zu hören.

„Ja, Sie haben mir noch nicht einmal gratuliert.“ Sein Gesicht war nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt.

„Schon gut, schon gut, herzlichen Glückwunsch also“, wehrte sie ab, um ihm zu entkommen.

„Und wo ist nun das Geschenk?“ Er strich vorsichtig über ihr Haar und ihren Rücken.

Harriet fühlte sich augenblicklich wie elektrisiert und ihr Körper begann wieder zu zittern. „Auch noch ein Geschenk? Davon können Sie nur träumen.“

Er lachte heiser. „Keine schlechte Idee.“ Sanft hatte er sie auf den Mund geküsst, sodass sie nichts mehr erwidern konnte.

Harriet gab ihm nach, denn vom Küssen verstand dieser fürchterliche Finn Maclean wirklich etwas. Als er sie endlich losließ, war sie wie benommen. Ja, er hatte es fertig gebracht, dass sie wie orientierungslos in seinen Armen auf der Küchenbank lag.

Auch jetzt, wo Harriet sich an diesen Vorfall in der Küche erinnerte, trieb es ihr den Schweiß ins Gesicht. Am meisten ärgerte sie sich darüber, dass sie aber auch gar nichts gegen die Küsse dieses Mannes unternommen hatte. Er hatte sie einfach ganz und gar besessen.

„Hören Sie, es war doch nur ein Geburtstagsküsschen“, hatte er sie hinterher beruhigt.

Harriet hatte jedoch den Eindruck gehabt, dass er sich die ganze Zeit über nur auf ihre Kosten amüsierte. Und als er sie zum Abschied einfach auf die Nasenspitze tippte, war sie völlig aufgebracht.

„Nun seien Sie ein braves Mädchen und behalten die Haustür im Auge, hm …?“ Damit hatte er die Küche verlassen und war wieder zu seinen Freunden zurückgekehrt.

„Ich hasse ihn, ich hasse ihn wirklich, du unverschämter Finn Maclean“, hatte sie vor sich hingemurmelt, bevor sie sein Apartment verließ. Sie nahm sich vor, absolut niemanden mehr ins Haus zu lassen an diesem Abend.

Doch wenig später hörte sie schwere Schläge gegen die Tür hämmern und gab ihren gerade gefassten Vorsatz wieder auf. Trotzdem würde sie sich in Zukunft von ihrem Mieter fern halten. Und falls er die Unverfrorenheit besitzen sollte, noch einmal auf die Situation in der Küche zurückzukommen, würde sie ihn umbringen.

In den nächsten Wochen schien aber auch er ihr aus dem Weg zu gehen. Auch weitere Beschwerden aus dem zweiten Stock unterblieben und falls sie sich zufällig auf der Treppe trafen, nickte er ihr nur kühl zu und ging weiter.

Das half Harriet, Finns Äußerung ernst zu nehmen, dass es sich nur um ein Geburtstagsküsschen gehandelt hatte und ihm weiter nichts bedeutete. Schließlich befanden sich unter seinen Gästen ja auch viele gut aussehende junge Frauen, die sicher alles darum gegeben hätten, mit Finn Maclean ins Bett zu gehen.

Harriet hätte bestimmt den ganzen Vorfall noch rascher vergessen, wenn sie nicht täglich diesen riesigen, schwarzen Mercedes vor ihrem Haus hätte parken sehen. Deshalb versuchte sie, sich auf ihre Aufgabe zu konzentrieren. Schließlich musste der dritte Stock noch ausgebaut werden. Dazu kam es ihr gelegen, dass einige Handwerker frei waren, weil ein größeres Bauprojekt in der Nachbarschaft nun doch nicht in Angriff genommen wurde.

Es stellte sich heraus, dass die Umbauarbeiten mehr Bauschutt produzieren würden, als zunächst geplant. Deshalb schlug der Vorarbeiter vor, für einige Tage einen Förderkorb zu mieten.

Harriet stöhnte, als sie die Höhe der Kosten erfuhr.

„Ich weiß“, sagte der Vorarbeiter, „aber das geht viel schneller, als wenn wir alles zu Fuß mit Eimern hinunterschaffen müssen und in Säcke abfüllen, die dann irgendwann abgeholt werden.“

„Also gut“, gab Harriet nach und dachte nicht weiter daran, bis der Korb geliefert wurde und der Mercedes die Einfahrt blockierte.

„Also, es ist jetzt schon nach fünf und wir können hier nicht länger untätig herumstehen. Es bleibt Ihnen also nichts anderes übrig, als dieses Gefährt in Bewegung zu setzen, Miss. Der Korb soll nämlich so dicht wie möglich an die Haustür herangesetzt werden, verstehen Sie?“

Harriet verstand nur allzu gut, während sie die schwarze Karosserie anstarrte. Irgendjemand musste Finns Wagen auf die andere Straßenseite fahren. Und da sie seine Telefonnummer nicht kannte, blieb ihr nichts anderes übrig. Sie hoffte nur, dass Finn die Wagenschlüssel zu Hause gelassen hatte.

In die Wohnung eines anderen Menschen einfach einzudringen, ohne dessen Einverständnis, das lag Harriet gar nicht. Vorsichtig öffnete sie das Apartment mit einem Zweitschlüssel.

Da Harriets Budget begrenzt war, hatte sie sich bei der Einrichtung der Räume auf das Wesentliche konzentriert. So waren die Wände schlicht weiß gestrichen und weiße Baumwollgardinen hingen vor den Fenstern. Das Geld war eher in den hervorragenden Holzfußboden des Wohnzimmers geflossen, so wie auch in die gut verarbeitete Einbauküche. Als Möbel hatte sie eine beigefarbene Couch mit zwei Sesseln und dazu einen Tisch aus Pinienholz gewählt. Außerdem standen zwei Stühle am Fenster, das bis zum Boden reichte und auf einen Balkon führte.

Vorsichtig ging sie in die Wohnung, die sie seit dem Vorfall in der Küche nicht wieder betreten hatte. Sie bemerkte erstaunt, dass Finn offensichtlich kleine Veränderungen vorgenommen hatte im Vergleich zur ursprünglichen Einrichtung. Er selbst hatte beim Einzug nur wenige Möbel mitgebracht. Doch diese Kleinigkeiten und eine weiße Orchidee, die auf dem Tisch stand, hatte dem Ganzen eine persönliche Note gegeben.

Doch Harriet versuchte jetzt, sich auf ihre eigentliche Aufgabe zu konzentrieren, nämlich, den Autoschlüssel zu finden. In der Küche wollte sie mit der Suche beginnen und sie dann in die übrigen Räume ausdehnen.

Zum Glück schien Finn es auch vorzuziehen, alle Schlüssel an einem Bund zu lassen, denn Harriet entdeckte es auf dem Regal über dem Ofen. Und deutlich konnte sie den Stern auf dem Schlüsselanhänger entdecken.

Ermuntert von ihrem raschen Erfolg, eilte sie die Treppe hinunter ins Wohnzimmer, wo ihr die kostbaren Ölgemälde von David Hockney auffielen. Wie sonderbar die alten Bilder neben der modernen Einrichtung wirkten!

Dann musste sie sich zu ihrer Schande eingestehen, dass sie neugierig darauf geworden war, einen Blick in Finn Maclenas Schlafzimmer zu werfen. Hatte sie nicht den Raum in den typisch männlichen Farben marineblau und creme gestrichen?

Es fanden sich keine Hinweise auf den Besuch einer Frau, vielmehr staunte Harriet darüber, auf dem Nachttischchen eine benutzte Bibel zu finden, eine Biografie über einen bekannten Politiker und eine in Leder gebundene Ausgabe von Shakespeares Sonetten. Auf der Kommode entdeckte sie Familienfotos in Silberrahmen aufgestellt.

Harriet wunderte sich, wie sehr sie sich offensichtlich in Finn Maclean getäuscht haben musste. Er war Lichtjahre entfernt davon, ein oberflächlicher Lebemann zu sein. Vielmehr gehörte er zu den Menschen, die sich ernsthaft um einen tieferen Sinn des Lebens bemühten, sich selbstständig Gedanken machten.

Plötzlich wurde sie durch eine Autohupe aus ihren Träumen geweckt. Sie hatte den Handwerker mit dem Förderkorb völlig vergessen! Mit Riesenschritten eilte sie aus dem Apartment, schloss sorgfältig wieder ab und war Sekunden später auf der Straße.

Leicht nervös saß sie im Ledersitz hinter dem Steuer des Mercedes. Jetzt galt es, tief einzuatmen und Ruhe zu bewahren. Schließlich war es doch nur ein Auto, auch wenn es um einiges größer war als ihr eigenes. Schwierigkeiten konnten durch die Automatik entstehen, doch ein etwas längerer Blick genügte, um zu klären, wo der Vorwärtsgang lag.

Dass der Wagen zwischen zwei anderen eng eingeparkt war, erhöhte das Risiko bei dieser Aktion ein wenig. Doch Harriet startete den Motor, löste vorsichtig die Handbremse und gab etwas Gas. Langsam rollte der Wagen vorwärts. Sie war erstaunt, wie leicht das Auto reagierte. Es brauchte wirklich nicht viel, um aus der Ausfahrt herauszukommen, überlegte sie.

Doch plötzlich hörte sie eine völlig verärgerte Stimme und Schläge, die auf das Autodach niedertrommelten. Vor Schreck erwischte sie anstelle der Bremse das Gaspedal und der Wagen machte einen Satz nach hinten. Harriet hörte es krachen und dann Schmerzensschreie.

Ein Blick in den Rückspiegel zeigte ihr, dass eine Person zwischen dem Mercedes und dem Auto eingeklemmt war. Den Vorwärtsgang einlegen, befahl sie sich und befreite so die Person aus seiner misslichen Lage. Doch sie hatte zu viel Gas gegeben, sodass der Mercedes in das Auto vor ihr hineinfuhr. Geschockt darüber, dass sie jemanden hätte töten können, zog sie wie wild die Handbremse an und stellte sofort den Motor ab.

Harriet stürzte aus dem Wagen, stolperte aber bei dem Versuch, der verletzten Person zu Hilfe zu kommen und fiel hin.

„Es tut mir leid, wirklich“, schrie sie hilflos, bis sie die Person erkannte, die da mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Kühler des anderen Wagens lag.

Es dauerte lange, bis Finn Maclean ihr das Gesicht zuwandte. Dann starrte er auf seine Beine hinunter.

Harriet folgte seinem Blick und bemerkte, dass es an einer merkwürdigen Stelle abgewinkelt war. Sie geriet augenblicklich in Panik bei dem Anblick, denn es wurde ihr klar, dass sie diesen Unfall verursacht hatte und Finn Maclean schwer verletzt haben musste.

4. KAPITEL

„Nehmen Sie sich zusammen, augenblicklich, Harriet!“, schrie Finn sie an, während er bemerkte, dass sie leicht zu taumeln begann.

„Aber es tut mir leid“, brachte sie mühsam hervor und spürte, dass sie ohnmächtig zu werden drohte. „Es war doch meine Schuld …“

„Geben Sie nie zuerst sich die Schuld, das ist eine Regel bei Verkehrsunfällen“, sagte er giftig, „überlassen Sie das den Versicherungen und dem Gericht.“

„Sie meinen, dass es nicht meine Schuld war …?“

„Natürlich war es das. Stellen Sie sich nicht so dämlich an. Was haben Sie sich dabei gedacht, so mit meinem Auto umzugehen? Hatten Sie Lust auf ein Mühle-Spiel?“

„Nein, ich verstehe das auch nicht. Aber der Wagen musste weg, wegen des Förderkorbs.“

„Und …?“

„Und da Sie nicht da waren, holte ich die Wagenschlüssel …“

„Meine Autoschlüssel? Wollen Sie damit sagen, dass Sie einfach in mein Apartment eingebrochen sind? Na, großartig!“

„Hören Sie, ich bin nicht eingebrochen, sondern ich habe Ersatzschlüssel für den Notfall. Doch das ist doch jetzt ganz unwichtig“, sagte sie und fuhr sich nervös durchs Haar. „Sollten Sie nicht zu einem Arzt? Ich könnte Sie ins nächste Krankenhaus bringen.“

„Und womit, bitte schön? Die anderen Autos haben Sie ja auch gründlich demoliert.“

„Aber Sie brauchen ärztliche Hilfe, und das sofort!“ Sie beobachtete Finn, der wie benommen auf das verletzte Bein starrte. Durch die zerrissene Hose schien etwas Weißes hindurch, das wie ein Knochenstück herauszustehen schien. Harriet schloss rasch die Augen. Wenigstens einer musste die Fassung behalten, befahl sie sich und kämpfte gegen eine aufkommende Übelkeit an.

„Werden Sie mir jetzt bloß nicht ohnmächtig“, sagte er wütend.

„Nein, nein, es geht schon.“ Sie öffnete die Augen und sah ihm fest ins Gesicht. „Sind beide Beine verletzt?“

„Nein, das glaube ich nicht“, stöhnte er und sah angsterfüllt auf das gequetschte Bein. „Sieht ganz danach aus, als ob Sie nur eins erwischt hätten.“

„Oh, das ist gut“, sagte sie, biss sich dann aber auf die Lippe und bereute sofort ihre spontane Äußerung.

„Gut? Was zur Hölle meinen Sie damit. Ich kann nichts Gutes an dieser Situation finden“, stellte er sarkastisch fest.

„Nein, das haben Sie missverstanden. Ich meine …“

„Mich interessiert Ihre Meinung nicht. Aber besorgen Sie mir endlich einen Krankenwagen.“

„Okay, wird sofort erledigt. Ist es in Ordnung, wenn ich Sie hier allein lasse?“

„Gehen Sie schon!“, rief er ihr heiser nach, bevor er die Zähne vor Schmerz zusammenbiss.

Harriet raste ins Haus. Als sie zu Finn zurückkam, standen einige Menschen um ihn herum. Da war der Mann von der Baufirma, die ältere Nachbarin, zwei Häuser weiter und ein ihr völlig fremder Mann, der sie gleich ansprach.

„Ich habe alles genau gesehen von meinem Fenster aus dem Haus gegenüber und bin bereit vor Gericht zu beschwören, dass sie diesen Mann absichtlich umgefahren haben. So etwas habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen.“

„Sie irren sich, es war ein Unfall!“

„Nein, niemals!“

„Aber er ist doch so etwas wie ein Freund für mich“, protestierte sie hilflos.

„Wollen Sie mir allen Ernstes weismachen, dass Sie so rein zufällig einen Menschen über den Haufen fahren?“ Der Mann sah sie ungläubig an. „Das glaube ich nicht. Sie wollten diesen Mann umbringen.“

„Jetzt werden Sie aber langsam albern“, sagte Harriet energisch. „Ich habe den Wagen doch nur etwas hin und her bewegt. Und dann kommt er, schreit herum und schlägt auf das Wagendach und …“

„Warum wohl?“

Harriet zuckte nur mit der Schulter.

„Na, weil er Sie dabei erwischt hat …“

„Wie sie mein Auto stehlen wollte“, antwortete Finn mit schwacher Stimme.

„Da haben wir es“, stellte der Fremde fest. „Ich wusste es doch, eine kleine Diebin.“

Nun mischte sich einer der Bauarbeiter ein. „Beruhigen Sie sich, Mann, diese Frau wollte nur den Wagen wegfahren, damit wir den Förderkorb ans Haus bringen konnten, okay?“

Da der Krankenwagen mit lauter Sirene ankam, unterblieb jede weitere Diskussion. Die Sanitäter versuchten, die Situation zu beruhigen. Und nun traf auch die Polizei ein.

Harriet rannte zum Polizisten und berichtete kurz den Hergang. Als sie ihre Personalien angegeben hatte, rief Finn ihren Namen. Sie drehte sich um und war erleichtert, dass er gut versorgt auf der Bahre lag und in den Krankenwagen gehoben wurde.

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