Julia Exklusiv Band 351

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SONNENGLUT DER LEIDENSCHAFT von PENNY JORDAN
Gwynneth hat ein Apartment geerbt. Als sie es betritt, steht sie einem attraktiven Fremden gegenüber. Ehe sie ihm erklären kann, dass er sich wohl in der Tür geirrt hat, liegt sie in seinen Armen. Sinnliche Gefühle überwältigen die sonst so kühle Finanzexpertin. Noch ahnt sie nicht, dass der Fremde Scheich Tariq ist und diese Begegnung nicht nur ihr Herz in Gefahr bringen wird ...

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  • Erscheinungstag 24.06.2022
  • Bandnummer 351
  • ISBN / Artikelnummer 9783751511964
  • Seitenanzahl 512
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Penny Jordan, Roberta Leigh, Marion Lennox

JULIA EXKLUSIV BAND 351

1. KAPITEL

Gwynneth bezahlte den Taxifahrer, stieg aus und betrachtete das Gebäude, vor dem sie stand. Hier lag also die Wohnung ihres Vaters. Oder vielmehr ihre, denn er hatte sie ihr vererbt.

Doch sie hatte nicht nur seinen Besitz geerbt, sondern auch seine Verpflichtungen. Zumindest fühlte sie sich verantwortlich, ihnen nachzukommen. Der plötzliche Herztod ihres Vaters hatte sie völlig unvorbereitet getroffen und setzte ihr sehr zu. Obwohl sie nicht gerade eine herkömmliche Vater-Tochter-Beziehung gepflegt hatten, mochte sie ihn doch sehr gern.

Nach der Scheidung ihrer Eltern war er verschwunden und hatte sie ihrer lieblosen Mutter überlassen, die bald wiedera heiratete. Ihr Vater gab sich ganz dem süßen Leben hin und reiste in der Welt umher. Ab und zu erinnerte er sich an seine Tochter und besuchte sie im Internat. Dort kümmerte sich zumindest eine warmherzige Direktorin um Gwynneth.

Im Gegensatz zu ihrem Stiefvater, der im Geld schwamm, hatte ihr Vater eigentlich nie über finanzielle Mittel verfügt. Und die im Königreich Zuran am Persischen Golf gelegene Eigentumswohnung verdankte er einzig und allein seiner charismatischen Ausstrahlung und Überzeugungskraft.

Lächelnd erinnerte Gwynneth sich an die Begeisterung, mit der ihr Vater von der Wohnung geschwärmt hatte.

Sie liegt direkt am neuen Jachthafen, Gwynneth. Ich hätte sie schon mindestens hundertmal zum doppelten Preis verkaufen können.

Gleich würde sie ihr neues Eigentum zum ersten Mal mit eigenen Augen sehen. Trotz der seidig warmen Nachtluft, die nun sinnlich ihren Körper umschmeichelte, fröstelte Gwynneth. An alles, was auch nur im Entferntesten mit Sinnlichkeit zusammenhing, wollte sie lieber keinen Gedanken verschwenden. Seit sie wusste, was für ein Erbe sie ihrem Vater in dieser Hinsicht verdankte, versuchte sie, jede erotische Empfindung im Keim zu ersticken.

Entschlossen schob sie sich eine Locke des langen rotgoldenen Haars aus dem Gesicht und schloss kurz die ausdrucksvollen grünen Augen. Haar- und Augenfarbe, die seidigen dunklen Wimpern und der helle Teint stammten von ihrer irischen Mutter, die Zartgliedrigkeit hingegen von der Großmutter ihres Vaters.

Da die Erinnerung an ihre Familie Gwynneth schmerzte, schlug sie die Augen wieder auf. Als Kind hatte sie sich immer wieder gefragt, warum ihre Eltern sie nicht liebten. Erst als Erwachsene erkannte sie, dass sie keine Schuld am Verhalten ihrer Eltern trug. Weil die beiden einander nicht geliebt hatten, konnten sie auch dem Kind keine Liebe entgegenbringen, das sie ungewollt miteinander verband.

Ein Jahr nach der Scheidung heiratete ihre Mutter zum zweiten Mal und zog mit ihrem Mann nach Australien, während ihr Vater sich Drogen, Alkohol und dem Glücksspiel hingab und gelegentlich in England auftauchte, um seine Tochter zu besuchen. Meistens stand er dann unter Drogen, war betrunken oder pleite. Sein Hippieleben, mit allem, was dazugehörte, führte dann wohl auch zu seinem frühen Tod. Ein Herzinfarkt riss ihn im Alter von Mitte vierzig aus dem Leben. Das erfuhr Gwynneth von dem Krankenhaus, das sie über den Tod ihres Vaters in Kenntnis setzte.

Nur wenige Tage zuvor hatte sie ihn noch nach ihrer Arbeit in einer exklusiven Hotelsuite besucht. Zu ihrer großen Überraschung bewohnte er sie nicht allein, sondern mit seiner philippinischen Freundin Teresa und dem gemeinsamen Baby. Von beiden erfuhr Gwynneth erst an diesem Tag.

„Teresa ist viel zu jung“, erklärte sie ungehalten. Was wollte so ein junges hübsches Mädchen mit einem Mann, dessen beste Zeit bereits hinter ihm lag?

„Sie ist zweiundzwanzig. Na und?“

„Vier Jahre jünger als ich!“

„Nun sei doch nicht so prüde! Was spricht dagegen, dass ich Spaß am Sex habe? Das ist völlig natürlich. Du solltest es auch mal ausprobieren, anstatt wie eine Nonne zu leben.“

„Darüber möchte ich jetzt nicht reden.“

Insgeheim wusste sie schon lange, dass sie einen ähnlichen Hunger in sich trug wie ihr Vater. Doch bisher gelang es ihr erfolgreich, ihn zu unterdrücken.

Nachdenklich betrachtete Gwynneth erneut das Gebäude und vergewisserte sich, dass sie vor dem richtigen Haus stand. Schon seltsam, dass ausgerechnet ihr Vater, der doch ständig pleite war, hier eine exklusive Luxuswohnung besessen hatte, die nun ihr gehörte.

Auf dem Wasser schaukelten etliche Luxusjachten leicht im Wind und glänzten im Mondschein. Etwas weiter entfernt, jenseits der Kliffkante, entdeckte sie ein Restaurant, das einem großen Wintergarten ähnelte. Die einzelnen Wohngebäude vor ihr waren durch verglaste Korridore und Gärten miteinander verbunden, die zu einem Hotel führten. Und die gesamte Landzunge umschloss zur einen Seite der Jachthafen und auf der anderen ein Privatstrand.

Zunächst hatte Gwynneth in London bei der Botschaft von Zuran die Wohnungseigentumsurkunde auf ihre Richtigkeit prüfen lassen. Dort erfuhr sie auch, wie sie die Wohnung ordnungsgemäß auf ihren Namen umschreiben konnte: Dafür musste sie persönlich nach Zuran fliegen oder jemanden in Zuran beauftragen, sie zu vertreten.

Da sie die Urkunde nicht aus der Hand geben wollte, beschloss sie, die Angelegenheit selbst in die Hand zu nehmen.

Energisch ging sie nun auf die Tür zu und steckte den Generalschlüssel ins Schloss. Die Glastür öffnete sich geräuschlos, als hätte jemand „Sesam, öffne dich!“ gerufen.

Der Schlüssel passte auch für den Fahrstuhl. Während sie zum Penthouse ihres Vaters fuhr, überlegte Gwynneth, wie viel sie für die Wohnung bekommen würde. Denn sie wollte sie so schnell wie möglich verkaufen. Schließlich brauchte sie das Geld, um die Hypothek für ihre kleine Wohnung in London abzuzahlen, in der sie Teresa und dem kleinen Anthony Unterschlupf gewährte. Aber auch die Beerdigung ihres Vaters und seine Hotelrechnung hatten ihr Konto über Gebühr belastet.

Oben angekommen, öffnete sie die Wohnungstür und atmete erleichtert auf. Eine Flügeltür gab den Weg zu einem Flur frei. Eine weitere führte in ein geräumiges Wohnzimmer, elegant eingerichtet mit modernen und stilvollen Möbeln. Ein Diwan lud mit seinen vielen bunten Seidenkissen zum Verweilen ein.

Ihr Vater hatte das Penthouse komplett möbliert erworben. Die luxuriöse Einrichtung stammte von einem bekannten Innenausstatter. Es duftete unaufdringlich nach Sandelholz. Das ganze Zimmer strahlte eine sehr erotische Atmosphäre aus.

Neben dem Wohnzimmer gab es eine kleine, aber feine Küche, deren Kühlschrank sogar einen Eiswasserspender besaß. Außerdem entdeckte Gwynneth eine Dachterrasse mit Tisch und Stühlen. Sie beschloss, sich am nächsten Morgen in aller Ruhe umzusehen. Jetzt sehnte sie sich nur noch nach Schlaf.

Das Schlafzimmer lag am anderen Ende des Flurs. Unvermittelt blieb sie auf der Türschwelle stehen. Die gesamte Einrichtung strahlte eine so sinnliche und opulente Atmosphäre aus, dass ein erregendes Prickeln Gwynneths Körper erschaudern ließ. Ein Traum in Elfenbeinfarben, Beige und Schwarz. Mit Spiegeln in Goldrahmen an den Wänden.

Hinter einer weiteren Tür stieß sie auf ein modern eingerichtetes Büro. Als sie nach dieser kurzen Besichtigung ihren Koffer von der Wohnungstür holte, fiel ihr auf, dass es keine Sicherheitskette gab. Aber wer sollte hier schon hereinkommen? Schließlich gelangte man nur mit einem Generalschlüssel ins Haus.

Um kurz vor eins stellte sie sich unter die Dusche des Marmorbadezimmers und dachte an den Termin am nächsten Morgen in der Behörde für Ausländer mit Grundbesitz in Zuran.

Eine Viertelstunde später lag sie im Bett und schlief fest.

„Wie schön, dich zu sehen, Tariq.“ Der Monarch von Zuran begrüßte seinen Lieblingsverwandten mit einem herzlichen Lächeln und umarmte ihn. Tariq herrschte über sein eigenes kleines Königreich, das in einem unzugänglichen Tal jenseits der Wüste lag. „Wie ich höre, planst du, bald mit der Ausgrabung der alten Stadt deiner Vorväter zu beginnen.“

Tariq bestätigte dies und lächelte ebenfalls. „Ja, wir wollen unmittelbar anfangen, nachdem die heißen Sommermonate vorüber sind.“

„Und du bist sicher, dass du wirklich lieber im Wüstensand herumkratzt, als bei mir am Hof ein entspanntes Leben zu führen?“

Beide Männer trugen ein traditionelles arabisches Gewand. Allerdings war Tariq im Gegensatz zum Herrscher von Zuran glatt rasiert und hatte graue statt braune Augen. Sein Teint sah eher sonnengebräunt als olivfarben aus. Aber beide besaßen ein markantes Profil, einen sinnlich geschwungenen Mund und hielten sich sehr stolz und aufrecht, ganz wie es ihrem Stand entsprach.

Tariq mochte den älteren Mann sehr. Er war nicht nur ein Ebenbürtiger, sondern auch ein guter Freund.

Nachdem seine inzwischen verstorbene Mutter von ihrem britischen Ehemann verlassen worden war, hatte sie gern das Angebot des damaligen Oberhaupts von Zuran angenommen, bei ihm am Hof zu wohnen, anstatt ihren kleinen Sohn allein und zurückgezogen großzuziehen. Daher wuchs Tariq im Palast auf und machte seine Ausbildung in England und Amerika – wie viele junge Männer aus Zuran.

„Was hast du denn inzwischen über die Grundstücke herausgefunden, die gleich zweimal verkauft worden sind, einmal an ausländische Käufer?“, fragte der Gastgeber interessiert.

Als eine Bedienstete ihnen eine Schale mit Süßigkeiten anbot, lehnte Tariq dankend ab, während der Herrscher es sich sichtlich schmecken ließ. Man sah seiner Figur die Vorliebe für Naschereien an.

„Der Anführer heißt Chad und ist Südafrikaner. Er hat mich kürzlich auf seiner Hochseejacht empfangen und mir anvertraut, dass er einen Kontakt in Regierungskreisen hat, der ihm die erforderlichen Dokumente zur Verfügung stellt, die er braucht, um das Eigentum an den Wohnungen zu belegen. Anschließend verkauft er die Wohnungen illegal und zu völlig überteuerten Preisen zweimal, also an zwei Interessenten. Dadurch verdoppelt er den Gewinn. Wenn die Käufer merken, dass die Wohnungen ihnen gar nicht rechtmäßig gehören, ist es zu spät: Das Geld ist weg.

Leider hat Chad mir den Namen des Regierungsmitglieds nicht anvertraut. Er ist zu gerissen, bisher kann man ihm nichts nachweisen. Alle seine Geschäfte erledigt er von der besagten Hochseejacht aus. Wie du ja weißt, habe ich mich ihm als entfernter geldgieriger Verwandter der Herrscherfamilie mit einem gewissen Einfluss vorgestellt. In der Hoffnung, dass er mir dann seinen Mittelsmann verrät. Aber Chad ist sehr vorsichtig und überaus misstrauisch. Es braucht wohl noch etwas mehr als die Tatsache, dass ich mich bereits von ihm habe bestechen lassen. Aber dafür gehört mir jetzt eine der Wohnungen, die sie mit meiner Hilfe in ihren Besitz gebracht haben.“

„Und hast du die Wohnung tatsächlich inzwischen bezogen?“

„Ja, denn das unterstreicht doch meine Geldgier und wiegt Chad in Sicherheit. Außerdem habe ich behauptet, im Moment nicht flüssig zu sein, weil du mir das Erbe meiner Mutter vorenthältst. Natürlich mit dem Hinweis, dass dieser Umstand nicht allgemein bekannt ist. Wir müssen ja davon ausgehen, dass das korrupte Regierungsmitglied mich und den finanziellen Hintergrund meiner Familie kennt. Deshalb musste ich Chad davon überzeugen, dass ich wütend auf dich bin und dringend Geld brauche.“

„Das ist sicher keine leichte Rolle, die du spielen musst“, sagte sein Verwandter mitfühlend. „Umso dankbarer bin ich dir, Tariq. Du gehörst zu den wenigen Menschen, denen ich vollkommen vertraue. Und dies ist wirklich eine sehr heikle Angelegenheit.“

„Allerdings. Bisher haben alle Opfer, von denen wir wissen, ausgesagt, sie hätten die Wohnungen von einem Makler gekauft. Da dieser ‚Makler‘ aber im traditionellen arabischen Gewand auftritt, einen Vollbart und eine übergroße Sonnenbrille trägt, wenn er seine Geschäfte tätigt, können wir ihn bisher nicht identifizieren. Wir müssen leider davon ausgehen, dass er mit dem korrupten Regierungsmitglied zusammenarbeitet. Wenn das herauskommt, ist Zurans Ruf auf dem internationalen Parkett geschädigt.“

„Genau das müssen wir unbedingt verhindern, indem wir den Mann umgehend enttarnen. Ich verlasse mich ganz auf dich, Tariq.“

In sicherem Abstand zur Wohnung stieg Tariq aus der Limousine und verabschiedete sich von seinem Fahrer. Warm und seidig umfing ihn die Nachtluft, und er sehnte sich nach seinem kleinen Königreich jenseits der Wüste. Stattdessen hielten ihn die Geschäfte in der Stadt gefangen.

Voller Abscheu dachte er an den kriminellen Haufen, mit dem er sich abgeben musste. Gestern Abend hatte ihr Anführer ihm die Dienste der spärlich bekleideten Prostituierten auf seiner Jacht angeboten – als kleine Entschädigung für seine Hilfe.

Natürlich gab er vor, sich geschmeichelt zu fühlen, obwohl er das Angebot schlichtweg widerlich fand. Er lehnte es dankend ab, mit der Begründung, dass er nichts riskieren wollte, was den Landesfürsten noch wütender machen würde. Dann sähe er nämlich nie etwas vom Erbe seiner Mutter.

Seit die Verbindung zu einer eleganten geschiedenen Französin vor eineinhalb Jahren in die Brüche gegangen war, hatte Tariq keine Frau mehr angerührt. Der gestrige Anblick der leicht bekleideten jungen Frauen mit ihren Silikonbrüsten hatte ihn abgestoßen. Wie vielen Mitgliedern der Gang mochten sie schon zu Diensten gewesen sein? Noch jetzt schüttelte es ihn bei dem Gedanken daran. Zum Abschied hatte Chad doch tatsächlich angeboten, ihm eins der Mädchen in die Wohnung zu schicken.

Auch dieses Angebot lehnte Tariq höflich, aber bestimmt ab. Nun stand er vor der Wohnungstür, schloss auf und ging direkt ins Schlafzimmer, ohne Licht zu machen. Dort zog er sich aus und betrat dann das Badezimmer, wo er sich unter dem warmen Duschstrahl entspannte.

Ganz plötzlich wachte Gwynneth auf. Ihr Gesicht brannte, heiße Wogen des Verlangens durchbrandeten ihren Körper. Wieso jetzt? Seit Jahren bekämpfte sie erfolgreich jede Regung von Lust, weil sie befürchtete, wie ihr Vater zu enden. Warum gewann das Begehren ausgerechnet jetzt die Oberhand? Ihr Körper pulsierte, und sie spürte die Erregung fast schmerzhaft. Das schockierte und verwirrte Gwynneth gleichermaßen.

Abrupt setzte sie sich auf, ausgerechnet in dem Moment, als Tariq aus dem Badezimmer kam.

Völlig fassungslos sah sie den nackten Mann an, der so unvermittelt vor dem Bett auftauchte. Mit seinem sonnengebräunten Körper, den breiten Schultern, dem dunklen Haar und dem flachen Bauch eindeutig ein Prachtexemplar von einem Mann. Groß, dunkel, sexy und mit dem gewissen Etwas, das jede Frau erregte. Wie, um alles in der Welt, war es ihr gelungen, diesen Apoll aus dem Hut zu zaubern? Gwynneth zwinkerte einige Male. Träumte sie?

Nein, er stand noch immer vor ihr – leibhaftig! Nachdem sie sich etwas gefasst hatte, wandte sie schnell den Blick ab und errötete heftig.

Diese vorgespielte Verwirrung und der betont abgewandte Blick ärgerten Tariq. „Wie sind Sie hier hereingekommen?“, fragte er wütend.

Die Frage hätte er sich jedoch sparen können. Er wusste ja nur zu gut, wer ihm die Frau ins Bett gelegt hatte.

Er kam näher. „Schon gut, ich weiß ja, woher Sie kommen und womit Sie Ihr Geld verdienen“, sagte er verächtlich und fest entschlossen, sie so schnell wie möglich loszuwerden, und wenn er sie höchstpersönlich anziehen und vor die Tür setzen musste.

Sie hatte sich den nackten Mann nicht eingebildet. Er war keine Wunschfigur aus einem Traum, sondern Realität.

Als er sie am Arm packte und aus dem Bett zog, protestierte Gwynneth heftig.

Wenigstens sind diese Brüste echt, dachte Tariq. Weich und rund und gerade die richtige Größe, um sie mit den Händen zu umschließen. Wie warm sie sich anfühlen und wie die Spitzen sich vor Erregung aufrichten würden, wenn er sie liebkoste. Dieser Gedanke weckte seine Lust …

Ungläubig sah Tariq an sich hinab. Es war doch nicht möglich, dass diese Frau ihn erregte!

„Was soll das? Lassen Sie mich sofort los!“ Gwynneth versuchte, ihn mit der freien Hand von sich zu stoßen.

„Wo sind Ihre Sachen?“

Was für Sachen? Verständnislos runzelte sie die Stirn.

Tariq spürte ihr seidiges Haar an seiner Brust, als Gwynneth versuchte, ihre Blöße zu bedecken. Wie hellhäutig sie war. Durch die Bewegung berührte seine Hand ihre samtene Brust. Er sah auf und blickte in jadegrüne Augen. Sah einen Mund so rosig wie das Innere einer Muschel. Und Brüste hell, wohlgeformt mit braunen Spitzen, die sich unter seinem Blick aufrichteten.

Gwynneth lauschte ihrem heftigen Atmen, spürte die heißen Wogen des Verlangens in ihrem Körper. Instinktiv senkte auch sie den Blick und konnte gerade noch ein sehnsüchtiges Stöhnen unterdrücken.

Tariq spürte den Zorn auf die Frau, die er noch immer festhielt, auf den Mann, der sie geschickt hatte, auf alles und jeden, jedoch besonders auf sich selbst. Er dachte nicht daran, der plötzlichen Erregung nachzugeben. Denn dass er Verlangen für so eine Frau empfand, dass er sie begehrte, sie berührte, passte nicht in sein Weltbild, mehr noch, es war unvorstellbar. Und doch tat er genau das.

2. KAPITEL

Das muss ein Traum sein, dachte Gwynneth. Wie sonst sollte sie sich erklären, nackt, Brust an Brust vor einem Mann zu stehen, den sie noch nie zuvor gesehen hatte, nach dem ihr Körper sich jedoch mit heißem Verlangen sehnte!

Und doch berührte sie behutsam sein Gesicht und erforschte es langsam. Der Fremde hatte Gesichtszüge wie von einem Bildhauer gemeißelt, in denen sich Macht und Arroganz widerspiegelten. Ein Schauer durchlief sie. Sie spürte seinen heißen Blick auf sich. Hingerissen betrachtete sie seine dichten schwarzen Wimpern. Inzwischen hielt er ihre Taille umfasst. Dann wanderten seine Hände langsam über ihren Po und zogen sie an sich, sodass sie seine Erregung spürte. Sehnsüchtig rieb sie sich an ihm und wartete darauf, dass er sie endlich küsste. Fordernd streichelte er ihren Po und entfesselte neue Wogen der Lust. Gwynneth drängte sich an ihn. Jetzt endlich küsste er sie.

Warum hatte sie nur all die Jahre auf diese aufregenden Empfindungen verzichtet? Damit war nun Schluss. Voller Hingabe überließ sie sich der Welt der Sinnlichkeit und verspürte weder den Wunsch noch die Kraft, ihre Gefühle zu unterdrücken.

Endlich erwachte Gwynneth zur Frau. Jetzt wollte sie mehr – viel mehr.

Dieses Gefühl, an der Brust eines Mannes zu lehnen, seine Erregung zu spüren, die ihrer in nichts nachstand, machte sie schwindlig. Sie verzehrte sich danach, seine Männlichkeit zu umfassen, zu liebkosen, zu schmecken. Mit allen Sinnen zu erleben, was es hieß, sich mit einem Mann zu vereinen. Mehr und mehr wuchs ihr Verlangen, ihn ganz tief in sich zu umfangen.

Tariq gab es auf, weiter gegen die gefährliche Sinnlichkeit dieser Schönheit anzukämpfen. Offensichtlich wusste Chad ganz genau, welche Frau er ihm schicken musste.

Im Zimmer, in dem es nach Sandelholz duftete, knisterte es nun vor Spannung. Sie umgab die beiden wie eine unsichtbare, doch spürbare Aura.

Immer schneller atmeten sie, längst gab es kein Zurück mehr. Die Küsse wurden leidenschaftlicher. Gwynneth stöhnte leise, und Tariq sehnte sich nach Erfüllung. Jetzt löste sie die Lippen von seinen und küsste seinen Hals, küsste die kleinen Perlen der Erregung von seinem erhitzten Körper. Dabei atmete sie genießerisch den anregend männlichen Duft ein, der ihr verriet, wie sehr er sie begehrte. Wieder stöhnte Gwynneth auf, als er ihren Po festhielt und sie an sich presste. Jetzt glitten seine Hände über ihre Taille, während er ein Bein zwischen ihre drängte und sie ihn spielerisch biss und sich ihm verlangend entgegenbog.

Tariq hob sie hoch. Im Mondschein betrachtete er die schlanke und doch sinnliche Figur, den aufregenden Venushügel und die erwartungsvoll aufgerichteten Brustspitzen.

Statt die Schönheit aufs Bett gleiten zu lassen, lehnte er sie gegen sein angewinkeltes Bein und betrachtete sie. Ihr Atem ging schnell; kleine Schauer der Erregung schüttelten ihren Körper.

Ganz langsam strichen Tariqs Fingerspitzen über ihren Hals, die Brüste, den flachen Bauch bis zum Venushügel. Dann liebkoste er ihren Hals mit der Zunge und ließ behutsam die Finger zwischen ihre Schenkel gleiten.

Seine erregenden Berührungen brachten Gwynneth an den Rand des Abgrunds. Sie atmete immer schneller und bog sich ihm sehnsüchtig, fast fordernd entgegen.

Als er sie schließlich aufs Bett legte, ohne die Zärtlichkeiten zu unterbrechen, zog sie ihn mit sich und flüsterte, wie wunderbar sie seine Liebkosungen fand. Als er begann, sich mit der freien Hand einer Brustspitze zu widmen, erschauerte die sinnliche Schönheit vor Lust.

Hingerissen versuchte sie, seine Männlichkeit zu umfassen, und bemerkte staunend, wie groß und stolz er sich ihr entgegenreckte. Instinktiv spürte sie, wie viel Freude der Fremde ihr damit bereiten würde. Tief in ihrem Innern wuchsen die Erregung und Sehnsucht, den Mann willkommen zu heißen. Voller Vorfreude stöhnte sie und bog sich ihm erneut ungeduldig entgegen, während sie ihn mit rhythmischen Bewegungen liebkoste. Fordernd schob sie sich Tariq entgegen, spreizte die Beine und gab sich ganz seinen geschickten Liebkosungen hin. Die Spannung steigerte sich ins Unerträgliche. Wann erlöst er mich denn endlich, dachte Gwynneth verzweifelt.

Diese Frau war absolut einzigartig. So erotisch, so sinnlich in ihrer selbstvergessenen Hingabe und unausgesprochenen, aber deutlichen Forderung nach den Freuden der Liebe, die er ihr spenden sollte. Sie machte ihn zu ihrem Untertan, ohne dass er selbst zu kurz kam. Tariq empfand unendlich tiefes Verlangen. Für andere Gefühle blieb kein Raum.

Die aufrecht stehenden Brustspitzen verlangten nach Aufmerksamkeit. Voller Hingabe widmete er sich ihnen mit Händen und Mund. Als er begann, an ihnen zu saugen, war es mit seiner Selbstbeherrschung fast vorbei.

Gwynneth stöhnte und bebte vor Lust. Immer schneller liebkoste sie seine pulsierende Männlichkeit in ihrer Hand, während Tariq sich ihrer Liebesknospe widmete. Die Spannung wuchs von Sekunde zu Sekunde an. Als Gwynneth den Höhepunkt erreichte, der sie völlig überwältigte, schrie sie auf. Sie hörte, wie auch der Mann schrie, doch das nahm sie nur am Rande wahr. Nur ganz langsam kam sie auf die Erde zurück. Einige Zeit bebte ihr Körper noch nach.

Wie hingegossen lag sie mit geschlossenen Augen auf dem Bett und genoss das Nachglühen. Tariq hatte sich endlich wieder unter Kontrolle. Er stand auf und ging noch einmal ins Badezimmer.

Als er fünf Minuten später zurückkehrte, schlief seine Gespielin fest. Nachdenklich betrachtete er sie. Warum hatte sie sich nicht angezogen und war verschwunden? Das wäre angemessen gewesen, oder? Schlaftrunken schlug sie die Augen auf, lächelte ihm zu und schlief sofort wieder ein.

Widerstrebend deckte er sie zu. Wenigstens war ihr verführerischer Körper jetzt bedeckt und stellte keine Versuchung mehr dar. Noch immer glaubte er kaum, dass er eine Frau begehrt hatte, die ihren Körper jedem Mann anbot, der dafür bezahlte. Sie hatte seine Selbstbeherrschung völlig außer Gefecht gesetzt. Aber wie? Er verstand es nicht. Ob sie wohl schon alle von Chads Männern derart verwöhnt hatte?

Gleich morgen früh wollte er dafür sorgen, dass sie umgehend das Land verließ. Prostituierte duldete man in Zuran nicht. Und er dachte gar nicht daran, eine weitere Nacht mit ihr zu verbringen. Auch heute Nacht teilte er nur ungern das Bett mit ihr. Doch er tröstete sich damit, dass sie fest schlief und das Bett groß genug war. Entschlossen schlüpfte er unter die Decke.

Gwynneth erwachte, als die ersten Sonnenstrahlen auf ihr Gesicht fielen. Nur sehr widerstrebend streckte sie sich. Was für ein wunderbarer Traum ihr den Schlaf versüßt hatte! Es war doch ein Traum gewesen, oder?

Vorsichtig öffnete sie die Augen und atmete erleichtert auf, weil sie in dem Bett lag, in das sie am Abend zuvor geschlüpft war. Allerdings sah das Kopfkissen neben ihr eingedrückt aus.

Sie schlug die Bettdecke zurück und stand auf. Die kleinen blauen Flecken an ihrem Körper bildete sie sich nicht ein. Auch ihre Brüste erschienen ihr schwerer, und die Spitzen waren empfindlicher. Tief im Inneren spürte sie einen unbekannten Schmerz. Die Sehnsucht nach etwas, was sie nicht bekommen hatte. Die Sehnsucht danach, wirklich eins mit einem Mann zu werden.

Sich von den Bildern zu lösen, die vor ihrem inneren Auge abliefen, gelang ihr leider nicht. Wie auch, solange sie noch den erregenden Duft des Mannes auf ihrer Haut trug?

Was mochte die völlige Abkehr von ihrer sonstigen Zurückhaltung ausgelöst haben? Jetlag? Eine verspätete Reaktion auf den Tod ihres Vaters?

Da Gwynneth es nicht wusste, hielt sie es für das Beste, das erotische Zwischenspiel einfach zu vergessen und sich auf den Grund ihres Aufenthalts in Zuran zu konzentrieren.

Trotzdem hätte sie zu gern gewusst, mit wem sie die wilde Leidenschaft der letzten Nacht geteilt hatte. Wer war der Mann? Und wie war er in ihre Wohnung gekommen? Offensichtlich besaß auch er einen Schlüssel. Vielleicht eine Art Hausmeister? Ob er sich öfter zu heißem Sex in eine Wohnung schlich? Dann dankte sie im Nachhinein ihrem Schöpfer, dass es nicht zum Äußersten gekommen war. Bei dem Gedanken an ungeschützten Sex lief ihr ein Schauer über den Rücken. Wieso hatte sie sich überhaupt auf das erotische Spiel eingelassen?

Seit Jahren unterdrückte sie jeden Gedanken an körperliche Liebe energisch. Dann flog sie in den Orient und landete schon in der ersten Nacht in den Armen eines Fremden!

Gwynneth fand keine Erklärung für ihr Verhalten. Ratlos ging sie ins Badezimmer, stellte sich unter die Dusche und beschloss, sich nun wirklich aufs Wesentliche zu konzentrieren. In drei Tagen würde sie wieder in London landen, nachdem die Wohnung auf ihren Namen eingetragen und zum Verkauf angeboten worden war.

Hoffentlich tauchte schnell ein Käufer auf. Dann konnte sie den Löwenanteil des Geldes in einem Treuhandfonds für Teresa und Anthony anlegen. Immerhin hatte ihr Vater die Verantwortung für die beiden. Teresa war selbst fast noch ein Kind, von Anthony gar nicht zu reden.

Sie trocknete sich ab und zuckte zusammen, als sie zu heftig über die blauen Flecken rubbelte. Auch der Körper des Fremden musste Spuren der stürmischen Liebesnacht aufweisen. Gwynneth erinnerte sich, wie sie ihn spielerisch gebissen und hart mit den Händen bearbeitet hatte. Schnell verscheuchte sie die Bilder und verließ das Badezimmer. Ob der Mann noch in der Wohnung war? Vielleicht wartete er nur darauf … Worauf? Auf eine weitere Nacht voller Leidenschaft? Sie spürte ein erregtes Ziehen tief im Bauch. Ihr wurde heiß. Nein, er ist fort, sagte sie sich.

Eine halbe Stunde später machte sie sich auf den Weg zu ihrem Termin. Da entdeckte sie, dass jemand ihr ein Bündel zuranischer Währung in den Reisepass gelegt hatte. Merkwürdig! Als Gwynneth das Geld herausnahm, entdeckte sie eine beigefügte Notiz. Für die Dienste in der vergangenen Nacht. Deutlicher ging es wohl kaum!

Die Notiz machte sie wütend. Gleichzeitig verletzte sie sie auch, was sie noch wütender machte. Wieso tat es ihr weh, wenn ein völlig fremder Mann sich in ihr irrte?

So eine Unverschämtheit! Schließlich war er ja in ihre Wohnung eingedrungen und nicht umgekehrt. Mit welchem Recht betrachtete er sie als Prostituierte? Wieso nahm er an, sie ließe sich für Sex bezahlen?

Der Mann hatte sie als Ware betrachtet, die er kaufte, benutzte und am Ende bezahlte.

Wütend und verletzt verließ Gwynneth die Wohnung.

3. KAPITEL

Bei seinem Besuch im Palast von Zuran hörte Tariq verstimmt vom Polizeichef, dass Chads Truppe nicht des Landes verwiesen werden konnte, bevor jemand die Identität ihres zuranischen Mittelsmanns aufgedeckt hatte.

Da es nun jedoch Zeit für die monatliche Audienz des Regierungsoberhauptes war, bei der er seine Untertanen mit Rat und Tat bei ihren Problemen und Sorgen unterstützte, stand Tariq auf und verbeugte sich zum Abschied höflich vor dem Monarchen. Der Polizeichef tat es ihm gleich.

Nach dem Behördentermin hielt Gwynneth auf dem Rückweg zur Wohnung in einem kleinen Supermarkt an und kaufte Lebensmittel. Während sie diese jetzt in der Küche verstaute, dachte sie über das Gespräch in der Behörde nach.

Dass es beim Überschreiben des Wohneigentums auf sie Probleme geben könnte, hatte sie nicht erwartet, zumal sie sich bislang strikt an die Empfehlungen der zuranischen Botschaft in London hielt. Sie hatte sämtliche Urkunden vorgelegt, die bewiesen, dass die Wohnung ihrem Vater gehörte, und sich natürlich ausgewiesen. Glücklicherweise wusste sie von ihrem Vater, dass er die entsprechenden Dokumente in seinem Bankschließfach in London aufbewahrte.

Jetzt stellte sich jedoch heraus, dass es keineswegs so einfach war, den Eigentumsnachweis zu erbringen. Der charmante junge Beamte hatte ihr ernst und gemessen erklärt, dass einige Wohnungen leider zweimal verkauft worden waren. Daher gab es nun zwei Eigentümer, die glaubten, ein und dieselbe Wohnung gehöre ihnen allein. Dieser Betrug war offenbar gerade erst ans Tageslicht gekommen. Der Beamte meinte, es würde einige Zeit dauern, bis man wüsste, wer denn nun der wahre Eigentümer und wer der Betrogene sei.

„Aber was soll ich denn jetzt tun?“, fragte Gwynneth verzweifelt.

„Bleiben Sie am besten so lange in Zuran, bis wir wissen, ob die Wohnung Ihrem Vater gehört“, erwiderte er.

„Ich bin dort vorübergehend eingezogen“, sagte sie. „Ein Hotelzimmer kann ich mir nicht leisten. Wenn es also noch einen möglichen Eigentümer gibt …“

„Ich mache mir einen Vermerk, dass Sie zurzeit in der Wohnung leben, aber wissen, dass die Eigentumsfrage ungeklärt ist“, sagte der junge Beamte.

Nachdem Gwynneth die Lebensmittel verstaut hatte, griff sie nach ihrem Handy, um Teresa zu erzählen, was passiert war. Doch davor wollte sie noch einen anderen Anruf erledigen.

Sie drückte die Kurzwahltaste für die Nummer ihres Chefs und sah auf die Uhr. In England war es gerade neun Uhr morgens. Als typischer Workaholic fing Piers spätestens um acht Uhr an zu arbeiten.

Er meldete sich beim zweiten Klingeln.

„Hallo, Piers. Hier ist Gwynneth.“

Sie arbeiteten seit über einem Jahr zusammen, und Piers hatte ihr deutlich gezeigt, dass er mehr von ihr wollte. Aber auch wenn sie ihn sehr mochte, konnte sie ihm nicht mehr als Freundschaft entgegenbringen. Daher lehnte sie seine Einladungen, sich besser kennenzulernen, stets diplomatisch ab.

In wenigen Sätzen berichtete sie ihm, welche Schwierigkeiten es in Zuran gab, und atmete erleichtert auf, als er sofort von sich aus sagte, sie sollte so lange dort bleiben, bis die Angelegenheit geklärt sei.

„Du hast gerade in letzter Zeit viele Überstunden gemacht, Gwynneth. Es ist also kein Problem, noch einige Tage zusätzlichen Urlaub dranzuhängen. Aber du fehlst mir“, fügte er leise hinzu. „Schade, dass ich nicht auch freinehmen kann. Sonst würde ich mich sofort auf den Weg zu dir machen.“

Lachend verabschiedete sie sich, beendete das Gespräch und überlegte, ob sie die britische Botschaft in Zuran um eine Einschätzung der Lage bitten sollte. Allerdings hatte der junge Beamte sie davor gewarnt, die Angelegenheit mit anderen Leuten zu diskutieren, weil die zuranischen Behörden es vorzogen, die Sachlage unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu klären. Das sollte verhindern, Zuran in ein schlechtes Licht zu rücken. Natürlich waren die Behörden für den Betrug nicht verantwortlich, doch sie wollten sich nach Kräften bemühen, die Opfer fair zu behandeln, solange sie Stillschweigen über die Angelegenheit bewahrten.

Wie lange ich wohl hierbleiben muss, überlegte Gwynneth. Lange genug für einen erneuten Besuch des Fremden? Warum dachte sie ständig an ihn? Sie hatte sich doch geschworen, die nächtliche Begegnung zu vergessen. Aber so einfach ließ sich eine so bedeutsame Episode nicht aus dem Gedächtnis streichen. Zumal sie liebend gern noch eine weitere berauschende Liebesnacht mit ihm erleben würde.

Bin ich jetzt völlig von Sinnen? Gwynneth rief sich energisch zur Ordnung. Ihr fiel ein, dass sie noch immer das Geld des Fremden besaß. Sehr viel Geld. Das könnten Teresa und Anthony gut gebrauchen, insbesondere wenn sich herausstellen sollte, dass die Wohnung doch nicht ihrem Vater gehörte und die zuranische Regierung ihr keine Entschädigung zahlte.

Wenn sich doch nur bald alles aufklären ließe! Sie ging in die Küche und setzte Wasser auf. Vor dem Gespräch mit Teresa wollte sie sich mit einer Tasse Kaffee stärken.

Tariq hoffte inständig, dass bald jemand die Identität des korrupten Regierungsbeamten aufdeckte. Erst dann konnte er sich wieder seinen eigenen Angelegenheiten widmen. Und für eine gewisse Gwynneth Talbot gab es in seinem Leben keinen Platz, beschloss er mürrisch, als er aus dem Fahrstuhl stieg und die Wohnungstür öffnete. Schließlich hatte er große Pläne mit seinem kleinen Wüstenkönigreich.

Die Entdeckung, dass es einer alten Legende zufolge im Königreich einmal hängende Gärten gegeben haben sollte, so prächtig, dass sie denen des alten Babylon in nichts nachstanden, hatte ihn beflügelt. Seither plante er, den ursprünglichen Palast und die Gärten auszugraben und – wenn möglich – originalgetreu wieder aufzubauen. Das war ein ehrgeiziges und langwieriges Vorhaben, aber auch ein sehr faszinierendes. Und Tariq wollte es so schnell wie möglich realisieren. Die ersten Arbeiten hatten schon begonnen und die Aufmerksamkeit von Touristen und Archäologen erregt.

Wenn Tariq Zuran besuchte, wohnte er entweder im Palast oder in seiner Suite in einem der beiden Hotels, an denen er Anteile besaß. Am liebsten jedoch lebte er in einem der schwarzen Zelte in der Wüste. Seine Mutter stammte von Beduinen ab. Noch heute zog der Stamm auf den uralten Pfaden durch die Wüste. Allerdings sank die Zahl der Stammesmitglieder kontinuierlich. Der Gedanke an die Wüste erfüllte ihn mit einer tiefen Sehnsucht danach, wieder auf einem Pferd zu sitzen, auf einem seiner leichtfüßigen Araber. Bei Tagesanbruch über den Wüstensand dem Sonnenaufgang entgegenzugaloppieren gehörte für ihn zu den schönsten Dingen der Welt. Genau dieses Bild entstand vor seinem inneren Auge. Er ritt Seite an Seite mit einer wunderschönen grünäugigen Frau, die ihn verträumt ansah und die die Wüste ebenso liebte wie er.

Sofort verscheuchte er das Bild. Diese Frau würde ganz sicher nicht sein Leben teilen. Die Frau von letzter Nacht – Gwynneth. Ihren Namen kannte er aus dem Reisepass, in den er heute Morgen Geld gelegt hatte.

Gwynneth! Als er die Wohnung betrat, hörte er ihre Stimme.

„Es sind Probleme aufgetreten, aber mach dir keine Sorgen. Ich tue alles nur Mögliche, um das Geld zu bekommen. Das habe ich dir doch versprochen. Egal, wie lange es dauert oder was ich dafür tun muss.“

Ihr Tonfall klang energisch, als müsste sie jemanden überzeugen. Sie saß am Küchentisch, mit dem Rücken zur Tür. Sein Geld lag neben ihr.

Sie zu sehen löste die widersprüchlichsten Gefühle in Tariq aus: Einerseits ärgerte es ihn, dass sie es wagte, in der Wohnung zu bleiben, obwohl er ihr doch deutlich genug zu verstehen gegeben hatte, dass sie verschwinden sollte. Wenigstens gab sie zu, dass sie nur an seinem Geld interessiert war. Andererseits bestürmten ihn die Bilder der vergangenen Nacht.

Missgestimmt beendete Gwynneth das Gespräch mit Teresa. Um das Mädchen nicht zu beunruhigen, hatte sie nicht zu viel erzählt, obwohl sie ihre Ängste gern mit jemandem geteilt hätte.

Auf einmal spürte sie, dass sie nicht mehr allein im Raum war. Mit zitternden Knien und geröteten Wangen stand sie auf und drehte sich um.

„Du bist zurück!“

„Sehr dramatisch. Aber nicht sehr wirkungsvoll. Du musst doch gewusst haben, dass ich zurückkomme.“

Tatsächlich? Weil er so viel Autorität ausstrahlte, war sie fast versucht, ihm zu glauben. Aber nur fast. „Wieso muss ich das gewusst haben?“, fragte sie herausfordernd.

„Weil es gar nicht anders geht.“

Seine Worte weckten heißes Verlangen in ihr. Kam er zurück, weil er mehr von ihr wollte? Ihr Körper vibrierte vor Freude. Doch das durfte nicht sein. Letzte Nacht mochte man noch mit Jetlag oder Ähnlichem entschuldigen, doch eine Wiederholung kam nicht infrage!

„Schließlich ist es ja meine Wohnung“, fügte Tariq hinzu.

Seine Wohnung? Gwynneth musterte ihn schockiert. Das konnte doch nicht wahr sein, oder? Dann wäre er gar nicht zurückgekehrt, um eine weitere Nacht voller Leidenschaft mit ihr zu verbringen. Wie … wie erniedrigend.

Nein, das konnte und durfte nicht wahr sein!

Doch es kam noch schlimmer.

„Ich verstehe allerdings nicht, was du noch hier machst. Ich habe dich für die vergangene Nacht doch gut bezahlt. Und in deinem Beruf bedeutet Zeit Geld, oder? Hast du vielleicht gehofft, mich zu überreden, deine Dienste eine weitere Nacht in Anspruch zu nehmen?“

„Hältst du mich für eine Prostituierte?“, fragte Gwynneth ungläubig.

„Willst du mir weismachen, das stimme nicht?“ Er sah sie verächtlich an. „Das wäre reine Zeitverschwendung. Ich weiß, was du bist, warum du in meinem Bett auf mich gewartet hast und wer dafür gesorgt hat.“

„Wie bitte? Das ist völlig absurd.“ Gwynneth war fassungslos. „Wer … Wer …?“

„Das reicht. Ich will nichts mehr hören. Nimm das Geld, und verschwinde“, herrschte Tariq sie barsch an. In diesem Moment klingelte das Handy, das er nur für die Anrufe von Chad und seinen Leuten nutzte. „Warte noch einen Augenblick“, sagte er zu Gwynneth, verließ die Küche und schloss die Tür hinter sich.

„Kommen Sie sofort zum Jachthafen. Chad will mit Ihnen reden.“ Die heisere Stimme gehörte einem Mitglied der Gang.

Bevor Tariq reagieren konnte, legte der Anrufer auf. Verärgert betrachtete er die geschlossene Küchentür. Die Situation war heikel. Gerade jetzt konnte er es sich nicht leisten, Chad gegen sich aufzubringen.

In was bin ich da nur hineingeraten, fragte sich Gwynneth besorgt. Plötzlich sah sie das gefährliche und verrückte erotische Abenteuer der vergangenen Nacht in einem ganz anderen Licht. Man hielt sie für eine Prostituierte und warf sie aus ihrer eigenen Wohnung! Etwas Schlimmeres war wohl kaum denkbar.

Die Küchentür ging auf.

Gwynneth atmete tief durch. „Du hast da etwas falsch verstanden. Ich bin keine Prostituierte“, erklärte sie.

Zumindest wirkt sie nicht so, dachte Tariq. Sie war nicht einmal geschminkt, kleidete sich wie fürs Büro und sah nicht nach einer Frau aus, die ihre Reize betonte. Außerdem hatte er ihr vergangene Nacht Vergnügen bereitet, nicht umgekehrt.

„Zugegeben, du bist nicht gerade ein Aushängeschild für deinen Berufsstand“, sagte er unfreundlich.

„Wieso glaubst du mir nicht? Ich bin keine Prostituierte. Ich bin …“

„Was? Eine Hostess?“ Gelangweilt zuckte er die Schultern. „Wie du es nennst, interessiert mich nicht. Tatsache ist, dass du deinen Körper verkaufst. Weiß deine Familie davon? Was sagt dein Vater dazu?“ Wieso er diese Fragen stellte, wusste er selbst nicht. Gwynneth konnte ihm doch völlig egal sein.

„Mein Vater ist tot.“

Genau wie seiner. Noch lange kein Grund, Mitleid zu empfinden.

„Meiner auch“, meinte er kühl. „Das ist keine Entschuldigung. Du wirst dir deinen Lebensunterhalt doch auch auf andere Weise verdienen können, oder? Hast du denn gar keinen Stolz?“

„Ich brauche mich nicht zu entschuldigen. Und da wir gerade dabei sind: Wie steht es denn mit deinem Stolz? Abgewiesen hast du mich jedenfalls nicht.“

Widerwillig gab Tariq ihr recht. Was ihm nicht leichtfiel.

Er spürte ihre Wut und Verletztheit. Aber dazu besaß sie als Vertreterin des horizontalen Gewerbes doch gar kein Recht. Wieso leugnete sie das? Und wieso zweifelte er plötzlich? Sollte er sich so in ihr getäuscht haben? Ihm blieb keine Zeit, darüber nachzudenken. Er musste auf die Jacht.

„Bleib, wo du bist“, sagte er und hielt sie am Arm fest.

Hatte er es sich anders überlegt? Wollte er sofort mit ihr ins Bett? Gwynneth schockierte es, wie aufregend sie diese Aussicht fand. Heiße Wogen des Verlangens durchströmten sie. Ihre Knie drohten nachzugeben. Halt suchend lehnte sie sich an den gebieterischen Fremden, die Brüste an seinen Arm gepresst. Sie schloss die Augen und gab sich ganz dem erregenden Gefühl hin, wieder an seiner Brust zu liegen. Die Bilder der leidenschaftlichen Nacht kamen ihr in den Sinn. Oh, es war so wunderschön gewesen. Sie sehnte sich nach mehr.

Tariq sah sie an – die Augen geschlossen, der sinnliche Mund leicht geöffnet. Sie verkörperte die personifizierte Versuchung. Ich habe mich geirrt, dachte er wütend, als er die Reaktion seines Körpers bemerkte. Diese Frau war nicht nur gut in ihrem Beruf, sondern sogar eine außergewöhnlich begabte Vertreterin ihrer Zunft. Noch nie hatte eine Frau ihn so schnell und so heftig erregt. Er wollte sie von sich stoßen, konnte jedoch den Blick nicht von diesem faszinierenden Gesicht abwenden. Ihr leicht geöffneter Mund war eine einzige Versuchung. Wie gern hätte er ihre Brüste berührt, die er an seinem Körper spürte. Die Szenen der heißen Liebesnacht liefen vor seinem geistigen Auge ab. Er sehnte sich danach, diese Nacht zu wiederholen.

Tariq wurde heiß. Dabei war es doch recht kühl in der Küche. Es kostete ihn große Mühe, sich zusammenzureißen.

„Vergiss es“, sagte er schließlich wütend und stieß sie von sich. Nur ihr Handgelenk hielt er noch umklammert.

Gwynneth schlug die Augen auf, zurück in der enttäuschenden Realität. „Was soll ich vergessen?“, fragte sie. „Dass du mich mit Worten, Taten und gefühlsmäßig beleidigt hast?“ Wie hatte sie sich nur schon wieder von seiner sinnlichen Ausstrahlung überrumpeln lassen können? Wie unglaublich und beschämend!

„Deine Pläne für heute Nacht sollst du vergessen“, erklärte er zornig. „Jedenfalls wirst du diese Nacht nicht in meinem Bett verbringen.“

Natürlich nicht. Schließlich gehörte das Bett ihr, das konnte sie auch beweisen. Jedenfalls hoffte sie das. Wo sollte sie denn hin? Außerdem kam es gar nicht infrage, sich von einem Mann aus der Wohnung vertreiben zu lassen, der sie für eine Prostituierte hielt!

„Ich muss jetzt los“, sagte er schließlich und ließ sie los. „Wenn ich zurückkomme, will ich dich hier nicht mehr sehen.“ Wenn er es sich leisten könnte, mit einer Frau ihres Schlags gesehen zu werden, hätte er sie eigenhändig auf die Straße gesetzt. Wahrscheinlich aber erst, nachdem er sich noch einmal mit ihr vergnügt hatte.

„Solltest du bei meiner Rückkehr trotzdem noch hier sein, werde ich die Polizei über dich und dein Gewerbe informieren. In Zuran ist Prostitution verboten. Man wird dich also des Landes verweisen und dir die Wiedereinreise verwehren.“

„Das kannst du doch nicht tun“, protestierte sie. „Du machst einen großen Fehler.“

Tariq presste die Lippen zusammen. „Der Fehler liegt ausschließlich bei dir.“

Damit er ihre Verzweiflung nicht sah, wandte Gwynneth sich schnell ab. Da er dachte, sie ließe ihn einfach so stehen, verstellte Tariq ihr den Weg. So standen sie Brust an Brust. Gebannt sah Gwynneth dem Mann in die Augen, der sie verzauberte. Sein Anblick genügte, um sie erneut vor Erregung beben zu lassen.

Tariq erging es ähnlich. Unglaublich, wie sie auf mich wirkt, dachte er fassungslos. Noch nie in seinem Leben hatte er sich so sehr danach gesehnt, eine Frau an sich zu reißen und sie zu küssen, bis sie nur noch seinen Namen flüsterte und um mehr bat.

Halt mich fest, berühr mich, ich will dein sein. Hatte sie die Worte ausgesprochen? Mit ihrem ganzen Körper sehnte Gwynneth sich nach diesem Mann. Sie konnte an nichts anderes mehr denken. Heiß und intensiv spürte sie das leidenschaftliche Verlangen, wieder in seinen Armen zu liegen, ihn zu küssen, endlich eins mit ihm zu werden. Sie fühlte, dass auch er mit sich kämpfte. Also sehnte auch er sich nach ihr. Gleich würde er sie an sich ziehen und …

Es klingelte. Ausgerechnet jetzt!

Tariq hielt das Handy ans Ohr und wandte sich ab. Wer mochte ihn anrufen? Eine Frau? Sofort regte sich Eifersucht in ihr.

„Wo bleiben Sie denn? Wir warten schon seit zehn Minuten am Jachthafen.“

„Ich bin aufgehalten worden“, erklärte Tariq, drehte sich schnell zu Gwynneth und überlegte, wie viel man ihr zahlte, damit sie ihn im Auge behielt und mit ihm ins Bett ging. Kühl fügte er hinzu: „Chad wird das schon verstehen, wenn ich ihm den Grund erzähle.“

„Na, das hoffe ich für Sie. Sonst bekommen Sie nämlich richtig Ärger. So, und jetzt bewegen Sie sich aber hierher! Und etwas plötzlich, wenn ich bitten darf.“

Nun blieb ihm wirklich keine Zeit mehr, um sich mit Gwynneth auseinanderzusetzen oder sonst wie mit ihr zu beschäftigen. Das ist auch gut so, redete er sich wider besseres Wissen ein. Im Gehen rief er ihr noch zu: „Wenn ich zurückkomme, bist du verschwunden. Haben wir uns verstanden?“ Ohne ihre Antwort abzuwarten, verließ er eilig die Wohnung.

4. KAPITEL

Mit letzter Kraft sank Gwynneth auf einen Küchenstuhl. Was, um alles in der Welt, war eigentlich mit ihr los? Ein fremder Mann marschierte nackt in ihr Schlafzimmer, und statt laut um Hilfe zu schreien, landete sie mit ihm im Bett.

Derselbe Mann bezeichnete sie als Prostituierte, und sie fühlte sich trotzdem zu ihm hingezogen.

Wieso hatte sie ihn nicht gezwungen, sie anzuhören? Sie hätte ihm erklären müssen, wie die Sache sich wirklich verhielt.

Auf alle Fälle musste sie dem jungen hilfsbereiten Beamten mitteilen, was geschehen war. Nicht alles natürlich, einiges würde sie lieber für sich behalten.

Zu dumm, sie kannte nicht einmal den Namen des angeblichen Mitbesitzers ihrer Wohnung. Sonst könnten die Behörden vielleicht gleich klären, wer der rechtmäßige Eigentümer war – sie oder er?

Suchend sah sie sich nach ihrer Handtasche um. Sie stand auf der Arbeitsplatte. Gwynneth holte sie, fand die Visitenkarte des Beamten und tippte seine Telefonnummer in ihr Handy.

Er meldete sich sofort. Sie nannte ihren Namen und fragte, ob er sich an ihr Gespräch erinnerte. Zu ihrer Erleichterung tat er das, und so erzählte sie ihm, was inzwischen passiert war.

„Der Mann behauptet also, ebenfalls Eigentümer der Wohnung zu sein?“, fragte der Beamte.

„Ja, genau.“

„Bei uns hat sich noch niemand gemeldet, der Ansprüche auf die Wohnung erhoben hat“, versicherte er ihr.

„Dann kann ich also hier wohnen bleiben?“, fragte Gwynneth und schöpfte neue Hoffnung.

„Selbstverständlich. Wir wissen, dass die Eigentumswohnungen in Ihrem Block von diesem unsäglichen Betrug betroffen sind. Aber wie ich gerade sagte, hat außer Ihnen noch niemand Anspruch auf die Wohnung erhoben. Das heißt natürlich nicht, dass dies nicht noch geschehen könnte.“

„Aber bis dahin bin ich wenigstens die nominelle Eigentümerin, oder?“

„Selbstverständlich können Sie die Wohnung nutzen, bis wir sicher sind, wem sie tatsächlich gehört.“ Der Beamte bemühte sich, die Sachlage möglichst genau und objektiv darzustellen.

Gwynneth bedankte sich und beendete das Telefongespräch. Wenigstens kann mich niemand aus der Wohnung vertreiben, dachte sie. Trotzdem war sie beunruhigt. Wie sollte es nun weitergehen?

Der verführerische Fremde dachte ja, er hätte sie mit seiner Drohung eingeschüchtert, sie des Landes verweisen zu lassen. Er würde ganz schön alt aussehen, wenn er die Tatsachen akzeptieren musste. Und ich werde schon dafür sorgen, dass er den Tatsachen ins Auge sieht, dachte sie entschlossen. Noch einmal lasse ich mich nicht von ihm beleidigen.

„Da sind Sie ja endlich, Tariq. Ich dachte schon, Sie hätten mich versetzt.“ Chad Rheinvelts Lächeln wirkte so glatt wie die seidige Haut des halb nackten Mädchens, das er abwesend streichelte.

In der weitläufigen Kabine der Luxusjacht hielten sich noch andere Klanmitglieder auf. Sie standen mit verschränkten Armen an den Wänden und beobachteten finster das Geschehen.

Typische Rausschmeißer, dachte Tariq.

„Ich habe einen Job für Sie“, sagte Chad. Seine Hand glitt in den Ausschnitt des Mädchens, wo er mit ihren Brüsten spielte – unter den Blicken seiner Männer. Das Mädchen tat, als erregte sie das Spiel.

Es könnte auch Gwynneth sein, überlegte Tariq, wobei ihn die Vorstellung unglaublich anwiderte. Diese Reaktion kam für ihn völlig überraschend. Was ging ihn ein Mädchen an, das sich an den Meistbietenden verkaufte?

„Sie haben uns erzählt, wie groß Ihr Einfluss in Zuran ist. Diese Behauptung können Sie jetzt unter Beweis stellen. Ich benötige eine offizielle Einreisegenehmigung für einige Freunde von mir, die einen längeren Aufenthalt in Zuran planen. Und ich brauche diese Genehmigung sofort.“

„Für einige Freunde?“, fragte Tariq.

Chad wandte sich dem Mädchen zu, das gerade die Innenseite seiner Schenkel streichelte und dabei einen wollüstigen Gesichtsausdruck zur Schau stellte. Bei dem Anblick drehte sich Tariq fast der Magen um.

„Besser gesagt, Freundinnen. Eine davon ist Jeni. Haben Sie Lust auf sie? Wahrscheinlich bedauern Sie es längst, mein Angebot, Ihnen ein Mädchen in die Wohnung zu schicken, abgelehnt zu haben. So ein Pech aber auch. Jeni macht ihre Sache wirklich gut. Die Mädchen, die für mich arbeiten, probieren wir zunächst alle selbst aus. Wenn sie sich besonders geschickt anstellen, dürfen sie uns allen zeigen, was sie draufhaben. Ist doch so, Jeni, oder?“ Lachend kniff er sie in eine Brustspitze. Unter seinen Shorts zeichnete sich deutlich ab, wie erregt er war.

Habe ich das eben richtig verstanden, fragte sich Tariq und dachte über Chads Worte nach, während er vorsichtig nach der richtigen Antwort suchte.

„Jeni hat viele Kolleginnen hier. Besser gesagt, sie wird viele Kolleginnen haben, sobald Sie diese kleine Gefälligkeit für mich erledigen. Vielleicht überlegen Sie es sich ja doch noch anders und machen Gebrauch von meinem Angebot, Ihnen ein Mädchen zu schicken. Wie lange braucht ein Mann in Ihrer Position, um die Genehmigungen zu beschaffen, Tariq?“

Es gelang Tariq nur mit Mühe, sich von der Ungeheuerlichkeit des soeben Gehörten zu erholen und möglichst gelassen zu wirken. Jetzt musste er sich auf diese Herausforderung konzentrieren. Wollte Chad ihn testen? Oder ihn in eine Falle locken?

„Keine Ahnung“, antwortete er. „Ich kann dafür sorgen, dass die Mädchen sofort einreisen dürfen.“ Das stimmte sogar. „Aber es könnte eine Weile dauern, bis ich das bewerkstelligen kann, ohne dass jemand Fragen stellt oder misstrauisch wird.“

Chad hörte sich das schweigend an. Ob er inzwischen die Wahrheit über Tariq kannte? Doch nach einer Pause, die Tariq unendlich lang vorkam, nickte er zustimmend.

„Okay, lassen Sie sich Zeit. Aber halten Sie mich auf dem Laufenden. Eins möchte ich Ihnen jedoch noch mit auf den Weg geben: In unserer Organisation ist kein Platz für Leute, die ihre Zusagen nicht einhalten.“

Sollte das eine Warnung sein? Oder eine Anspielung auf den zuranischen Regierungsbeamten, der in den Betrug mit den Wohnungen verwickelt war und sein Geld von Chad bekam? Außer Tariq gab es niemanden, der die Einreiseerlaubnis für Chads Prostituierte bekäme, ganz zu schweigen von einer Arbeitserlaubnis.

Am liebsten hätte er Chad gefragt, welcher andere Staatsbürger von Zuran auf seiner Gehaltsliste stand. Doch durch neugierige Fragen gefährdete er unter Umständen die gesamte Operation. Aber je eher er den Namen des korrupten Beamten erfuhr, desto schneller war diese ganze unappetitliche Affäre ausgestanden. Es fiel ihm schwer, sich in Geduld zu üben. Aber solange er nicht Chads volles Vertrauen genoss, konnte er sich keine neugierigen Fragen leisten.

Eine Sache wollte er aber gleich wissen. „Arbeitet schon eins Ihrer Mädchen in Zuran?“, fragte er so angelegentlich wie möglich.

„Halten Sie mich für verrückt? Ich habe viel Geld für sie bezahlt. Sie sind gesund, wissen, was sie zu tun haben, und sie sind wunderschön. Da werde ich doch nicht so blöd sein, dieses Kapital aufs Spiel zu setzen, indem ich die Mädchen illegal arbeiten lasse. Jeni und ihre Kolleginnen an Bord stehen nur Besuchern auf der Jacht zur Verfügung, die mein Vertrauen genießen. Diese Männer können sie schon mal im Voraus buchen. Ohne meine Zustimmung verlässt kein Mädchen die Jacht. Meine Männer haben sie gut im Griff und passen auf sie auf. Die anderen Mädchen sind an einem sicheren Ort, außerhalb von Zuran. Möchten Sie die Mädchen sehen, die auf der Jacht sind?“

Tariq nickte.

Fünf Minuten später standen sechs junge Schönheiten vor ihm, die er noch nie zuvor gesehen hatte. Gwynneth gehörte nicht zu ihnen. Und wenn eins seiner Mädchen verschwunden wäre, hätte Chad das garantiert bemerkt und Alarm geschlagen. Nein, alle seine Mädchen waren offensichtlich an Bord.

„Sie können Jeni gern mitnehmen. Ich lasse sie dann in zwei Stunden wieder abholen. Oder Sie können sich auch hier an Bord von ihr verwöhnen lassen.“

Tariq lehnte dankend ab. „Dazu habe ich keine Zeit. Ich muss mich jetzt um die Angelegenheit kümmern, die wir gerade besprochen haben.“

Gwynneth zuckte zusammen, als sie Tariq hereinkommen hörte, und blickte alarmiert auf die verschlossene Tür zum Büro. Ursprünglich war das Zimmer als Schlafzimmer gedacht, doch jemand hatte es als Arbeitszimmer mit Schreibtisch, Computer, einer Bettcouch und einem Bücherregal eingerichtet – vermutlich der angebliche Miteigentümer.

Ein Buch in dem Regal weckte sofort ihr Interesse, denn es erzählte die Geschichte Zurans. Unter anderen Umständen hätte sie es sich ausgeliehen und gelesen.

Sie war froh, dass die Bürotür abgeschlossen werden konnte, und hatte sich in dem Büro verbarrikadiert, damit Tariq sie nicht gewaltsam aus der Wohnung warf. Allerdings machte ihr die Enge des kleinen Zimmers mit dem angrenzenden Badezimmer bald zu schaffen.

Tariq sah sich in der Wohnung um. Offensichtlich hatte Gwynneth seine Drohung ernst genommen und war tatsächlich verschwunden. Was ihn allerdings sehr viel weniger freute, als er angenommen hatte. Denn nun machte er sich Gedanken, was einer so leichtsinnigen jungen Frau wie Gwynneth Talbot da draußen alles passieren konnte.

Ihr Duft hing noch in der Luft – leicht und unaufdringlich. In der Küche fiel sein erster Blick auf die Handtasche und das Handy. Erleichtert atmete er auf. Dann war sie also doch noch in der Wohnung. Neugierig warf er einen zweiten Blick in ihren Reisepass, als er ein leises Rascheln aus dem Arbeitszimmer hörte.

„Gwynneth?“

Angespannt horchte sie. Aber nicht aus Angst, sondern vor Vorfreude. Vor ihrem geistigen Auge sah sie ein großes Bett, in dem sie mit einem nackten Mann lag, der genau wusste, was ihr Vergnügen bereitete.

Tariq kam zur Tür und drückte die Klinke hinunter. Vergeblich, sie war abgeschlossen!

„Mach sofort die Tür auf!“, verlangte er gebieterisch.

„Du hast mir gar nichts zu sagen“, erwiderte Gwynneth. „Vielleicht glaubst du, diese Wohnung gehöre dir, aber ich kann beweisen, dass mein Vater sich für den Eigentümer hielt. Nach seinem Tod gehört sie jetzt mir. Ich denke also gar nicht daran, mich hinaussetzen zu lassen, damit du hier allein wohnen kannst. An dem Besitz dieser Wohnung hängt eine Stange Geld, und ich werde so lange hierbleiben, bis mir jemand beweist, dass mir die Wohnung nicht gehört. Sonst könnte sich hier ja in der Zwischenzeit jeder breitmachen.“

Das hatte sie doch gut gemacht, oder? Ich kann stolz auf mich sein, dachte Gwynneth. Denn endlich hatte sie ihren Standpunkt entschieden vertreten.

Okay, sie arbeitete also nicht als Prostituierte. Aber immerhin ging es ihr ums Geld. Daran schien ihr wirklich sehr viel zu liegen, sonst wäre sie doch bestimmt längst ausgezogen, nach allem, was er ihr an den Kopf geworfen hatte. Wie emotionslos sie über den Tod ihres Vaters gesprochen hat, dachte Tariq verächtlich.

„Wir sollten uns wie vernünftige Leute über diese Angelegenheit unterhalten“, schlug er schließlich vor.

„Das habe ich bereits versucht, aber du hast mir ja nicht einmal zugehört. Woher soll ich denn wissen, dass du mich nicht des Landes verweisen lässt, damit du deinen Anspruch auf diese Wohnung durchsetzen kannst?“

„Mach dich doch nicht lächerlich!“

„Mir erscheint das ganz logisch. Du hast einen Wohnungsschlüssel, genau wie ich. Offensichtlich bist du über diesen Immobilienbetrug informiert, hast deine Ansprüche bisher aber nicht bei den Behörden angemeldet, im Gegensatz zu mir. Kannst du mir erklären, warum du das nicht getan hast?“, fragte sie herausfordernd. „Wenn du dich für den rechtmäßigen Eigentümer hältst, dann sollte das doch wohl das Erste sein, was du tust. Ich halte dich für einen Opportunisten, der sich diese Wohnung einfach unter den Nagel reißen will. Wahrscheinlich hast du Purzelbäume geschlagen vor Glück, als du erfahren hast, dass ich deine einzige Konkurrenz im Streit um die Immobilie bin.“ Was für ein herrliches Gefühl, ihm einmal so richtig die Meinung zu sagen. Das hätte sie niemals gewagt, wenn er ihr gegenübergestanden hätte.

„Dann willst du dich also weiterhin einschließen und in deinem Zimmer verhungern?“, fragte Tariq ironisch. „Gerichtsverfahren in Zuran ziehen sich meistens endlos hin.“

„Ich brauche nichts zu essen, und Wasser habe ich hier ja.“

„Beduinen können vielleicht einige Wochen ohne Essen überleben, aber ich bezweifle, dass du das aushältst. Außerdem habe ich einen Ersatzschlüssel für die Bürotür.“

Entsetzt blickte Gwynneth zur Tür. „Ich bin keine Prostituierte“, sagte sie schließlich.

Tariq atmete ungeduldig aus. „Das weiß ich inzwischen.“

„Wieso denn das?“ Ach, so genau wollte sie das gar nicht wissen. „Ich könnte dich anzeigen für das, was du getan und gesagt hast.“

„Dazu müsstest du aber aus dem Arbeitszimmer kommen. Zu meinem PC bekommst du nämlich keinen Zugang, und dein Handy liegt in der Küche, neben deiner Handtasche.“

Während des durch die verschlossene Tür geführten Gesprächs hatte er auf seinem eigenen Handy die Nummer des Polizeipräsidenten gewählt, denn inzwischen lagen ihm genügend Informationen über Gwynneth vor, um die Polizei zu bitten, ein Dossier über sie für ihn anzulegen. Daher kehrte Tariq in die Küche zurück, steckte den Reisepass zurück in die Handtasche und schloss die Tür hinter sich, damit Gwynneth sein Gespräch mit dem Polizeipräsidenten nicht belauschen konnte.

Er instruierte ihn, alles über sie herauszufinden. „Ach ja, und noch etwas“, fügte er am Ende hinzu. „Erkundigen Sie sich doch bitte, ob ein Regierungsmitglied sich über die Möglichkeit informiert hat, etwa fünfzig junge Frauen ins Land zu bringen. Chad Rheinvelt hat mich gebeten, dafür zu sorgen, dass die Frauen in Zuran als Prostituierte arbeiten können. Ich musste darauf eingehen, aber ich habe ihm auch gesagt, dass es einige Zeit in Anspruch nehmen könnte, die Genehmigung zu bekommen.“

Gwynneth lauschte angestrengt, konnte aber nichts verstehen. Verzweifelt dachte sie über ihre Lage nach. Sie hatte nichts zu essen, kein Handy, keine Verbindung zur Außenwelt. Aber wenigstens sah ihr Mitbewohner inzwischen ein, dass sie keine Prostituierte war. Eigentlich könnte sie ihm dann doch auch wieder gegenübertreten, oder?

Tariq hörte, wie sie die Tür aufschloss. Reglos wartete er darauf, dass Gwynneth das Zimmer verließ.

So ein Pech, dass sie so fest entschlossen war, die Wohnung für sich zu beanspruchen. Er selbst legte keinen Wert auf die Immobilie, aber solange er vorgab, weitläufig mit der Herrscherfamilie von Zuran verwandt zu sein und sich vor allem für das schnelle Geld zu interessieren, musste er die Wohnung behalten. Chad war mit allen Wassern gewaschen. Den führte man nicht so leicht hinters Licht. Wenn ich plötzlich meine Adresse wechsle, wird er misstrauisch, dachte Tariq.

Allerdings konnte er auch nicht zur Behörde gehen und Eigentumsansprüche auf die Immobilie anmelden. Das machte die ganze Angelegenheit nur unnötig kompliziert und ließ möglicherweise auch seine Tarnung auffliegen. Gerade zum gegenwärtigen Zeitpunkt wäre das ausgesprochen ungünstig, denn Chad musste so lange in Sicherheit gewogen werden, bis die Identität des korrupten Regierungsbeamten feststand. Sonst erreichte er womöglich noch sein Ziel, Drogen und Prostituierte nach Zuran zu schmuggeln. Der dadurch entstehende Schaden wäre kaum auszudenken. Zurans Ruf als sicheres und gesetzestreues Land stand auf dem Spiel. Wenn dieser litt, würden mit Sicherheit die Touristen ausbleiben, auf die das Land so dringend hoffte.

Als Gwynneth schließlich zu ihm in die Küche kam, war Tariqs erster Gedanke, dass sie plötzlich kleiner und verletzlicher wirkte, als er sie in Erinnerung hatte.

Sie sah ihn ernst an.

„Ich würde gern wissen, ob ich dich vorhin richtig verstanden habe“, sagte er. „Du glaubst also, diese Wohnung hat deinem Vater gehört?“

„Nein, ich weiß, dass sie ihm gehört hat. Ich habe auch alle Dokumente dabei, die das belegen.“

Darüber ging Tariq zunächst hinweg. „Wann ist dein Vater gestorben?“

„Vor fast drei Wochen.“

„Du willst mir wirklich erzählen, du hättest drei Wochen gewartet, bevor du dich endlich entschließen konntest, herzukommen und deine Ansprüche anzumelden?“ Er musterte sie ungläubig.

Gerade als Gwynneth ihm von Teresa und Anthony und ihren Sorgen berichten wollte, klingelte Tariqs Handy. Schweigend wartete er auf ihre Antwort. Das klingelnde Handy ignorierte er. Schließlich senkte Gwynneth den Blick, und Tariq nahm den Anruf entgegen.

„Du wartest hier“, sagte er in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete, verließ die Küche und zog die Tür hinter sich zu.

Am anderen Ende informierte ihn der Polizeipräsident über Gwynneth. Sie habe Urlaub von ihrem Job bei einer Londoner Bank genommen, um nach Zuran zu fliegen, weil sie glaubte, hier eine Wohnung von ihrem Vater geerbt zu haben.

„Da die Wohnung von dem Immobilienbetrug betroffen ist, hat man ihr auf der Behörde mitgeteilt, es könnte einige Zeit dauern, bis die Eigentumsfrage geklärt ist. Offenbar möchte sie die Wohnung so schnell wie möglich auf ihren Namen eintragen lassen und umgehend verkaufen. Man hat sie natürlich auch über das Entschädigungsprogramm der zuranischen Regierung für die Opfer des Immobilienbetrugs informiert.“

„Und es besteht kein Zweifel daran, dass sie die Tochter und Erbin dieses Mannes ist?“, fragte Tariq, um ganz sicherzugehen.

„Ihre Papiere sind alle in Ordnung“, versicherte ihm der Polizeipräsident.

„Und was genau macht sie bei der Londoner Bank?“

„Sie arbeitet dort als Finanzanalystin.“

„Ist das ihre einzige Einkommensquelle?“

„Soweit wir wissen, ja.“

Tariq bedankte sich für die aufschlussreichen Informationen, beendete das Gespräch und blickte nachdenklich auf die geschlossene Tür.

Er hatte Gwynneth und die ganze Situation völlig falsch eingeschätzt. Dass ausgerechnet ihm das passiert war, ärgerte ihn maßlos, denn er war ein stolzer, ehrenwerter Mann. Außerdem hatte er sich von seinem Gefühl auf eine falsche Fährte locken lassen und beim Anblick einer nackten Frau in seinem Bett automatisch gedacht, sie läge dort, um ihm zu Diensten zu sein.

Allerdings traf ihn nicht die alleinige Schuld an dem Missverständnis. Gwynneth hatte ihn mit keinem Wort, keiner Geste zurückgewiesen – ganz im Gegenteil!

Wahrscheinlich gehörte sie zu den Frauen, die sich öfter mal einen One-Night-Stand gönnten. Nein, er hatte sich wirklich nichts vorzuwerfen!

5. KAPITEL

Tariq machte die Tür auf und kehrte zurück in die Küche.

Gwynneth verspürte ein aufregendes Prickeln, als er hereinkam. Dieser unglaublich beeindruckende Mann in dem weiten weißen Gewand rief die unterschiedlichsten Empfindungen in ihr hervor. In ihrem Bauch flatterten Schmetterlinge, außerdem liefen ihr heiße und kalte Schauer über den Rücken. Verzweifelt versuchte sie, die irritierenden Gefühle zu unterdrücken.

„Wenn du glaubst, dass deinem Vater diese Wohnung gehörte, warum hast du dann gestern Nacht kein Wort darüber verloren?“

Gwynneth riss sich zusammen und konzentrierte sich auf seine Frage. „Wann denn? Du hast mir ja keine Gelegenheit dazu geboten. Ich dachte, ich wäre allein in der Wohnung, und ich habe dich für einen Einbrecher gehalten. Und dann …“

Tariq sah sie nur höhnisch an.

„Es ging alles so schnell“, brachte sie zu ihrer Verteidigung hervor.

„Und du bist hinter Geld her und dachtest, es würde sich bestimmt auszahlen, wenn du mit mir ins Bett gehst. Vielleicht hast du dir ein wertvolles Geschenk erhofft?“

„Nein!“ Gwynneth funkelte ihn wütend an. Insgeheim musste sie ihm allerdings recht geben, denn sie hatte sich tatsächlich ein Geschenk von ihm erhofft: wilde, erfüllende Leidenschaft. „Ich war nur völlig überrumpelt“, behauptete sie.

„Warum hast du mich nicht gebeten aufzuhören, als du über den ersten Schock hinweg warst?“

„Das … das weiß ich auch nicht.“

Dabei wäre sie gar nicht imstande gewesen, ihn aufzuhalten. Und sie hatte es auch nicht gewollt. Völlig unmöglich, in einer solchen Situation einen klaren Gedanken zu fassen.

Er glaubte ihr kein Wort.

„Ich war schlaftrunken“, erklärte sie. „Ich habe kaum mitbekommen, was passiert oder wieso es passiert.“

Sie konnte ihm doch nicht verraten, dass er der Schlüssel gewesen war, der die Tore zu ihrer so lange unterdrückten Lust geöffnet hatte. Wie sollte sie ihm das erklären, wenn sie es nicht einmal selbst verstand? Außerdem deutete er eine solche Erklärung sicher als Zeichen, dass …

Dass was? Dass sie bei seinem Anblick dahinschmolz? Dass sie sich eine Wiederholung der leidenschaftlichen Nacht wünschte? Dass sie sich nach ihm sehnte? Nein, das kam überhaupt nicht infrage!

Jemand anders hätte ihr die Geschichte vielleicht abgekauft, aber nicht Tariq. Mich verkauft sie nicht für dumm, sagte er sich energisch.

Allerdings musste er zugeben, dass auch er nicht imstande gewesen war, seine Gefühle unter Kontrolle zu behalten. Weder in der Nacht noch am Morgen. Das ärgerte ihn maßlos. Sehr von oben herab fragte er: „Als du heute Morgen meine Nachricht und das Geld gefunden hast, da muss dir doch klar geworden sein …“

Die Verachtung in den grauen Augen, der zynische Zug um den Mund, der sie so leidenschaftlich geküsst hatte, erzürnten Gwynneth.

„Da ist mir lediglich klar geworden, dass du zu den Männern gehörst, die Frauen als Ware betrachten, die man kauft, gebraucht und wegwirft. Ich habe mir vorgenommen herauszufinden, wie du in die Wohnung gekommen bist. Zunächst wollte ich allerdings den notwendigen Papierkram für die Überschreibung auf meinen Namen erledigen.“ Sie musterte ihn verächtlich. „Ich weiß natürlich, dass es Männer gibt, die nicht imstande sind, eine normale Beziehung zu einer Frau aufzubauen. Unter normal verstehe ich wahre Gefühle und Respekt. Aber ich sinke ganz bestimmt nicht so tief, mich mit so einem Mann einzulassen.“

„Davon kann wohl auch kaum die Rede sein“, entgegnete Tariq in eisigem Tonfall. „Wir haben uns lediglich eine Nacht im Bett vergnügt.“

„Wir? Es gibt kein ‚wir‘.“ Gwynneth bebte nun fast vor Zorn. „Du hast meinen Körper für deine sexuellen Bedürfnisse benutzt, und dann hast du …“

„Willst du mir allen Ernstes weismachen, dass es dir keinen Spaß gemacht hat, was gestern Nacht passiert ist?“ Tariqs Tonfall klang bedrohlich.

„Es gefällt dir also, Frauen anzutörnen. Schön für dich. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass du dafür bezahlen musst.“

„Ich muss dafür bezahlen?“

Tariq geriet außer sich. Noch nie in seinem ganzen Leben hatte jemand, schon gar keine Frau, ihn so verächtlich angesehen und abgekanzelt. Er gehörte zur Herrscherfamilie von Zuran und galt als der einzige Nachkomme eines uralten Adelsgeschlechts. Um seinen Namen rankten sich Geheimnisse und Legenden. Er war unglaublich reich und es gewohnt, dass die Menschen ihm Respekt und Achtung entgegenbrachten. Er selbst war von seiner moralischen Integrität fest überzeugt. Hätte jemand ihm vor zwei Tagen prophezeit, dass die Lust ihn einmal so überwältigen würde, dass er mit einer Frau von zweifelhaftem Ruf ins Bett ging, hätte er so eine Vorstellung kategorisch ausgeschlossen.

Die Bezichtigungen und Vorhaltungen dieser Frau versetzten seinem Stolz daher einen empfindlichen Dämpfer.

Am liebsten hätte er sie sofort dafür bestraft.

„Ich musste noch nie dafür bezahlen, um mit einer Frau zusammen zu sein. Das kann ich dir auch gern sofort beweisen.“

Gwynneth wich zurück, als Tariq zielstrebig auf sie zukam. Allerdings mit zitternden Knien, jedoch nicht aus Furcht, sondern weil eine wilde Leidenschaft ihren Körper in Besitz nahm, die ihr fast den Atem raubte. In der kleinen Küche knisterte es vor erotischer Spannung.

Er begehrte sie! Wütend über sich selbst, blieb Tariq stehen und wandte sich halb ab, um seine Erregung zu verbergen. „Bestimmt hast du schon die Behörde davon in Kenntnis gesetzt, dass ich ebenfalls Anspruch auf diese Wohnung erhebe, oder?“, fragte er barsch.

Gwynneth befeuchtete sich die trockenen Lippen. „Nein, das musst du schon selbst tun. Ich habe ihnen nur gesagt, dass mir jemand die Wohnung streitig macht. Auf dem Amt wusste man nichts davon. Übrigens weiß ich nicht einmal, wie du heißt. Was hätte ich dem Beamten also sagen sollen?“

„Es freut dich sicher diebisch, dass ich meinen Anspruch noch nicht angemeldet habe, zumal der Wert der Wohnung gestiegen ist, seit dein Vater sie gekauft hat.“

„Na und?“

Als Tariq sich an den Türrahmen lehnte und die Arme verschränkte, entblößte er dabei einen sonnengebräunten Arm.

Wie stark er ist, dachte Gwynneth, die sich daran erinnerte, wie erregend es gewesen war, als er sie hochgehoben und an sich gepresst hatte. Schnell verscheuchte sie den Gedanken und riss sich zusammen. Kühl fragte sie: „Wie soll es denn jetzt weitergehen? Auf gar keinen Fall lasse ich mich von dir aus der Wohnung drängen. Bei uns in England heißt es: Das Recht steht auf der Seite der Besitzenden.“

„Das gilt auch hier.“

„Dann bleibst du auch hier?“, fragte sie entsetzt.

„Ich habe das gleiche Recht wie du.“

Das kam davon – wer viel fragte, bekam auch viele Antworten. Wenn sie beide auf so engem Raum zusammenlebten, würden sie unweigerlich wieder im Bett landen. Gwynneth wusste keinen Rat, aber sie konnte doch jetzt nicht aufgeben. Was sollte aus Teresa und dem kleinen Anthony werden? „Ich bleibe hier. Mein Vater hätte das so gewollt.“

„Offensichtlich hat er dir viel bedeutet. Sonst hättest du nicht drei Wochen lang um ihn getrauert, bevor du das Erbe angetreten hast.“ Tariq wartete auf ihren Widerspruch, wurde jedoch enttäuscht.

„Wir hatten kein sehr enges Verhältnis zueinander. Meine Eltern haben sich scheiden lassen, als ich acht war. Danach habe ich meinen Vater kaum noch gesehen. Erst seit ich fast erwachsen bin, hat er sich für mich interessiert. Ich war nicht gerade das, was man als Wunschkind bezeichnet. Eher das Gegenteil“, erklärte sie bedrückt.

Ob ihr deshalb so viel an materiellen Dingen lag? Oder wollte sie nur sein Mitleid erregen? „Und wo bist du dann aufgewachsen?“, fragte er schließlich.

Gwynneth lächelte traurig. „In einem sehr exklusiven Internat, finanziert von meinem Stiefvater. Weder er noch meine Mutter wollten täglich vor Augen geführt bekommen, dass sie einmal mit meinem Vater verheiratet gewesen war. Mein Stiefvater ist sehr wohlhabend. Als er mit meiner Mutter nach Australien zurückkehrte, blieb ich in England. Sie haben jemanden dafür bezahlt, die Verantwortung für mich zu übernehmen.“

Tariq sah zu Boden. Auch er hatte ein Internat in England besucht und wusste, wie einsam man sich dort fühlen konnte.

„Aber das liegt Jahre zurück“, sagte Gwynneth. „Jetzt geht es um die Gegenwart. Mein Vater war ein unruhiger Geist und Weltenbummler. Diese Wohnung ist der einzige materielle Wert, den er mir hinterlassen hat.“ Gerade als sie beschloss, keine weiteren Fragen zu beantworten, feuerte Tariq auch schon die nächste ab.

„Willst du deine Eltern für deine unglückliche Kindheit bestrafen, indem du mit Männern schläfst, die du kaum kennst?“

„Ich …“ Ich schlafe mit niemandem, hätte sie fast geantwortet. Diese Unterstellung war einfach empörend! „Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig“, sagte sie stattdessen. „Nur so viel: Ich bleibe hier, bis die Eigentumsfrage geklärt ist. Du kannst dir also die Mühe sparen, mich aus der Wohnung zu vertreiben. Das funktioniert nicht.“

Damit muss ich mich wohl abfinden, dachte Tariq. Wenn er an die vergangene Nacht dachte, fand er die Vorstellung gar nicht so unangenehm. Er meinte, die schöne Gwynneth noch in seinen Armen zu spüren und …

Energisch riss er sich zusammen. Mit seinen vierunddreißig Jahren hatte er schon einige Erfahrungen mit Frauen gesammelt. Sobald er merkte, dass sie es nur auf sein Geld abgesehen hatten, verschwand er.

Vielleicht sollte er langsam nach einer Frau Ausschau halten, mit der er sein Leben teilen konnte. Bisher hatte die gescheiterte Ehe seiner Eltern ihn davor abgeschreckt, sich zu binden. Obwohl sie behaupteten, einander zu lieben, ging die Beziehung in die Brüche, als Tariq vier Jahre alt war. Er hatte sich fast die Augen ausgeweint, als sein Vater auf und davon gegangen war. Seitdem erlaubte er sich kaum je Gefühle, und auch körperlich lebte er eher enthaltsam – vorwiegend aus Mangel an Gelegenheit. Aber so gefiel es ihm ganz gut.

„Wenn du bleiben willst …“, begann er.

„Ich möchte, dass du gehst. Je eher, desto besser. Schließlich können wir nicht beide hier wohnen. Zumal es nur ein Schlafzimmer gibt.“

„Und das gehört mir“, behauptete Tariq. „Oder hattest du gehofft, ich würde es mit dir teilen?“

„Nach letzter Nacht?“ Das hätte sie lieber nicht fragen sollen.

„Wieso nicht? Jedenfalls hast du dich nicht beklagt. Ganz im Gegenteil.“

„Das reicht jetzt.“ Wütend stürmte sie aus der Küche. Diese ganze Situation stresste sie einfach zu sehr. Gwynneth plagten heftige Kopfschmerzen. Frische Luft täte ihr sicher gut. Allerdings wagte sie nicht, die Wohnung zu verlassen. Nachher ließ dieser Schuft sie nicht wieder hinein.

Autor

Penny Jordan
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