Julia Extra Band 417

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DIE GELIEBTE DES GRIECHISCHEN MILLIARDÄRS von GRAHAM, LYNNE
"Ich bekomme immer, was ich will. Und ich will dich." Der griechische Milliardär Bastien Zikos hat Lilah nie verziehen, dass sie ihn einst abwies. Aber jetzt hat er die widerspenstige Schönheit in der Hand. Er wird die Firma ihrer Familie nur retten, wenn sie seine Geliebte wird!

EIN BRÄUTIGAM ZUM KÜSSEN von MARINELLI, CAROL
Schöner Schein - oder tatsächlich Liebe? Als Sophie ihren Jugendfreund Luka Cavaliere bittet, sich als ihr Bräutigam auszugeben, hat sie nur eins im Sinn: den letzten Wunsch ihres Vaters zu erfüllen. Bis Luka sie in Rom mit einem ungeahnt leidenschaftlichen Kuss überrascht …

WIE ZÄHMT MAN EINEN PLAYBOY-SCHEICH? von SHAW, CHANTELLE
Verlangen gegen jede Vernunft: Lexi erschauert sinnlich unter Kadirs glühenden, begehrlichen Blicken. Obwohl der attraktive Wüstenprinz als notorischer Playboy gilt, kann sie seinem verführerischen Charme einfach nicht widerstehen. Da macht er ihr ein schockierendes Geständnis …

NUR EIN TRAUM VOM GROßEN GLÜCK? von BRAUN, JACKIE
Als Brigit ihre Hotelsuite unerwartet mit ihrem Boss Kellen Faust teilen muss, kommt sie ihm schnell näher - verheißungsvolle, sinnliche Küsse inklusive. Doch kaum beginnt sie, romantische Zukunftsträume zu hegen, erfährt sie: Für Kellan ist ihre Beziehung rein geschäftlich …


  • Erscheinungstag 28.06.2016
  • Bandnummer 0417
  • ISBN / Artikelnummer 9783733707934
  • Seitenanzahl 448
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Lynne Graham, Carol Marinelli, Chantalle Shaw, Jackie Braun

JULIA EXTRA BAND 417

LYNNE GRAHAM

Die Geliebte des griechischen Milliardärs

Lilah kann nicht fassen, was der griechische Milliardär Bastien Zikos verlangt: „Du wirst meine Geliebte, solange ich dich will.“ Doch wenn sie die Firma ihrer Familie retten will, hat sie keine Wahl …

CAROL MARINELLI

Ein Bräutigam zum Küssen

Entweder ganz – oder gar nicht! Wenn der Hotelmagnat Luka Cavaliere sich schon als Sophies Bräutigam ausgibt, will er sie auch küssen! Ein sinnliches Spiel mit ungeahnten Folgen beginnt …

CHANTALLE SHAW

Wie zähmt man einen Playboy-Scheich?

Gerade erst hat Prinz Kadir sein Playboyleben beendet und einer arrangierten Ehe zum Wohl seines Landes zugestimmt, da stellt die Begegnung mit der betörenden Lexi seine Pläne komplett auf den Kopf …

JACKIE BRAUN

Nur ein Traum vom großen Glück?

Die hübsche, zurückhaltende Brigit ist ganz anders als die auffälligen Models, die Kellen Faust normalerweise bevorzugt. Warum fühlt er sich ausgerechnet zu ihr so hingezogen wie zu keiner Frau zuvor?

1. KAPITEL

„Es ist vorbei, Reba“, erklärte Bastien entschieden.

Die atemberaubende Blondine ihm gegenüber zog einen Schmollmund. „Aber wir waren doch so fantastisch zusammen.“

„Ich habe dir nie versprochen, dass mehr daraus wird als Sex. Und jetzt ist es aus.“

Reba blinzelte, als kämpfte sie mit den Tränen, aber Bastien kannte sie zu gut. Das Einzige, was Reba zum Weinen gebracht hätte, wäre, wenn er sie kleinlich abgefunden hätte. Sie war hart wie Stahl … ganz wie er. Was Frauen betraf, war er sogar eiskalt. Schon seine Mutter, ein männermordendes, berechnendes Biest, hatte ihm von klein auf beigebracht, dem so genannten „schönen Geschlecht“ zu misstrauen.

„Man hatte mich gewarnt, dass du dich schnell langweilst“, sagte Reba spitz. „Ich hätte darauf hören sollen.“

Bastiens Ungeduld wuchs. Reba war eine Weile seine Geliebte und recht unterhaltsam im Bett gewesen, doch nun war Schluss. Schon jetzt hatte er ihr im Gegenzug ein kleines Vermögen an Schmuck geschenkt. Bastien Zikos nahm von einer Frau nichts geschenkt … weder Sex noch irgendetwas anderes.

Brüsk wandte er sich von ihr ab. „Einer meiner Buchhalter wird sich mit dir in Verbindung setzen.“

„Du hast eine andere, stimmt’s?“, spekulierte die Blondine gekränkt.

„Wenn es so wäre, ginge es dich nichts an.“ Er warf ihr noch einen letzten, warnenden Blick zu, bevor er ging. Seine Augen funkelten eisig, die markanten, attraktiven Züge waren wie in Stein gemeißelt.

Die Limousine mit Chauffeur stand bereit, um ihn zum Flughafen zu fahren, wo er seinen Privatjet zum Weiterflug nach Norden bestieg. Eine andere? Vielleicht … vielleicht auch nicht.

Richard James, sein Finanzdirektor, erwartete ihn bereits in der luxuriösen Kabine. „Darf ich fragen, welchen besonderen, offenbar nur Ihnen bekannten Reiz diese langweilige Kleinstadt im Norden besitzt, beziehungsweise dieses noch langweiligere, gescheiterte Unternehmen dort, das Sie kürzlich erworben haben?“

„Sie dürfen fragen. Aber ich verspreche Ihnen keine Antwort.“ Bastien studierte auf seinem Laptop die aktuellsten Börsentabellen.

„Dann bietet Moore Components doch etwas, das mir entgangen ist?“, meinte sein untersetzter blonder Mitarbeiter geknickt. „Ein Patent? Eine neue Erfindung?“

Bastien warf ihm einen amüsierten Blick zu. „Die Fabrik steht auf Land, das Millionen wert ist. Ein erstklassiges Entwicklungsgebiet in der Nähe des Stadtzentrums.“

„Ihre Jahre als Heuschrecken-Investor, der Firmen aufkauft und auschlachtet, sind doch eigentlich lange her“, bemerkte Richard James überrascht.

In seinen Anfangsjahren hatte Bastien Unternehmen aufgekauft und zum größtmöglichen Profit abgewickelt. In geschäftlichen Dingen kannte er kein Gewissen, sondern hielt sich ausschließlich an die Gesetzmäßigkeiten von Gewinn und Verlust. Angetrieben vom Ehrgeiz eines Mannes, der kein reiches Familienerbe im Rücken hatte, war er stolz auf seine Unabhängigkeit und darauf, dass er längst Selfmade-Milliardär war.

Aber in diesem Moment dachte Bastien Zikos nicht ans Geschäft. Nein, er dachte an Delilah Moore … die einzige Frau, die ihn je abgewiesen und damit über alle Maßen frustriert und verärgert hatte. Sein Ego hätte den Dämpfer wegstecken können, wenn sie wirklich nicht an ihm interessiert gewesen wäre. Aber er hatte das Verlangen in ihren Augen gesehen und ihre unmissverständliche Reaktion gespürt, wenn sie ihm nahe war.

Es war ihre heuchlerische Behauptung, sie wolle ihn nicht, die er ihr nicht verzeihen konnte. Furchtlos und abwertend hatte sie ihm seinen Ruf als Frauenheld vorgeworfen und sich als feine Lady aufgespielt, die voller Verachtung die Annäherungsversuche eines Straßenrowdys abwehrt. Der Zorn über ihre Respektlosigkeit, ganz zu schweigen von ihren Lügen und ihrer Frechheit, ihn derart anzugreifen, brannte jetzt, zwei Jahre später, immer noch unvermindert in seinem Inneren.

Und nun hatte das Schicksal den Spieß umgedreht. Bastien nahm es mit Genugtuung zur Kenntnis. Er glaubte nicht, dass Delilah Moore ihn diesmal trotzig abspeisen würde.

„Wie geht es ihm?“, fragte Lilah ihre Stiefmutter gedämpft, als sie ihren Vater im Hinterhof ihres kleinen Reihenhauses stehen sah.

„Unverändert.“ Vickie, eine kleine üppige Blondine von Mitte dreißig, seufzte. Sie stand an der Spüle, bemüht, den Abwasch zu erledigen, während sich ein Kleinkind an ihrem Bein festklammerte. „Er ist natürlich deprimiert. Schließlich war die Firma sein Lebenswerk – und nun ist es zerstört. Er fühlt sich als Versager. Und dass er noch keinen neuen Job finden konnte, ist auch nicht gerade hilfreich.“

„Bestimmt findet sich bald etwas“, erklärte Lilah betont optimistisch, nahm ihre zweieinhalbjährige Halbschwester Clara hoch und suchte für sie ein Spielzeug, um sie zu beschäftigen.

Lilah war ein positiver Mensch. In schwierigen Zeiten hielt sie Ausschau nach dem Silberstreif am Horizont. Sicher, ihr Vater hatte seine Firma und sein Haus verloren, aber er hatte immer noch seine Familie, und sie waren alle gesund.

Gelegentlich staunte sie selber, wie gut sie sich mit ihrer Stiefmutter angefreundet hatte. Ursprünglich hatte sie ja angenommen, Vickie wäre auch nur eins von diesen oberflächlichen jungen Dingern, mit denen sich ihr Vater eine Weile vergnügt hatte, bis sie irgendwann begriffen hatte, dass sich die beiden trotz des Altersunterschieds von zwanzig Jahren wirklich liebten. Vor vier Jahren hatten ihr Vater und Vickie geheiratet, und inzwischen hatte Lilah zwei Halbgeschwister, die sie nicht mehr missen wollte: den fast vierjährigen Ben und die kleine Clara.

Augenblicklich wohnten sie alle mit Lilah in dem kleinen Reihenhaus, das sie eigentlich für sich gemietet hatte. Drei Zimmer, Küche, Bad waren für drei Erwachsene und zwei Kleinkinder natürlich sehr beengt, aber bis die Stadt der Familie eine bezahlbare Sozialwohnung anbieten konnte oder ihr Vater einen neuen Job fand, blieb ihnen gar keine andere Wahl. Die repräsentative Villa, die ihr Vater noch vor Kurzem mit seiner Familie bewohnt hatte, war zusammen mit seinem restlichen Vermögen bei dem vergeblichen Versuch draufgegangen, Moore Components vor der Pleite zu retten.

„Ich klammere mich immer noch an die Hoffnung, dass Bastien Zikos deinem Vater einen Rettungsanker zuwirft“, gestand Vickie. „Ich meine, wer kennt das Geschäft besser als Robert? Es wird doch in seiner alten Firma einen Platz für ihn geben, wo er sich nützlich machen kann, oder?“

Lilah verkniff sich die Antwort, dass Bastien ihrem Vater wohl eher einen Betonklotz an die Füße binden würde, um sicherzugehen, dass er wirklich unterging. Schließlich hatte der griechische Milliardär Moore Components bereits vor zwei Jahren kaufen wollen, und rückblickend hätte ihr Vater das Angebot besser angenommen. Aber damals waren die Geschäfte noch gut gelaufen, auch wenn Bastien selber warnend darauf hingewiesen hatte, dass das Wohl und Wehe der Firma viel zu sehr von einem Großauftrag abhängig war. Als dann dieser Auftrag tatsächlich verloren ging, taumelte Moore Components innerhalb weniger Wochen dem Bankrott entgegen.

„Ich gehe jetzt besser in die Firma.“ Lilah bückte sich und tätschelte schuldbewusst ihren Zwergdackel Skippy, der ihr um die Füße wuselte, um ihre Aufmerksamkeit zu erlangen. Seit ihre Familie bei ihr eingezogen war, hatte sie Skippy ziemlich vernachlässigt. Jetzt ließ ihr die Vorstellung, dass ihre Stiefmutter sich ausgerechnet von Bastien Zikos Hilfe erhoffte, keine Ruhe. Rasch zog sie ihren Regenmantel an und band sich den Gürtel um die schmale Taille. Vickie hatte Ben schon seine Jacke angezogen, weil Lilah den Kleinen auf dem Weg zur Arbeit in den Kindergarten brachte.

Sie war eine kleine, zierliche Frau mit langem schwarzen Haar und strahlend blauen Augen und gehörte zu den wenigen Angestellten bei Moore Components, die noch arbeiteten. Für die Abwicklung hatte der Konkursverwalter die Dienste der Personalabteilung noch gebraucht, aber in zwei Tagen würde Lilah ebenfalls arbeitslos sein.

Seit sie erfahren hatte, dass Bastien Zikos die insolvente Firma ihres Vaters aufgekauft hatte, wurde sie, entgegen ihrer sonst so positiven Einstellung, von bösen Vorahnungen geplagt. Allerdings stand sie mit ihren Ängsten ganz allein da. Der Insolvenzverwalter war hoch erfreut gewesen, einen Käufer gefunden zu haben, und ihr Vater war sich mit den ortsansässigen Honoratioren in der Hoffnung einig, dass der neue Eigentümer wenigsten einige der Leute wieder einstellen würde, die mit der Pleite von Moore Components ihre Arbeit verloren hatten. Nur Lilah, die zuvor einmal einen Blick auf Bastiens Skrupellosigkeit erhascht hatte, hielt es für höchst unwahrscheinlich, dass der griechische Milliardär mit guten Neuigkeiten in die Gemeinde kommen würde.

Wenn es je einem Mann gelungen war, Lilah das Fürchten zu lehren, dann Bastien Zikos. Der große, unglaublich attraktive Grieche hatte bei ihr sämtliche Alarmglocken schrillen lassen. Wie er aussah, wie er sprach, sein dominantes Gebaren … seine ganze Haltung hatte sie abgeschreckt und instinktiv zurückweichen lassen. Leider hatte das nur Bastien Zikos’ Jagdinstinkt geweckt.

Trotz ihrer erst dreiundzwanzig Jahre brachte Lilah arroganten, gut aussehenden Männern mit aufgeblasenem Ego seit jeher tiefes Misstrauen entgegen. Nach ihrer Erfahrung handelte es sich meist um verlogene Spieler. Ihr eigener Vater war früher so gewesen und hatte ihre verstorbene Mutter mit seinen ständigen Affären todunglücklich gemacht. Lilah dachte nicht gern an jene schlimme Zeit zurück, als sie ihren Vater gehasst hatte, weil scheinbar keine Frau vor ihm sicher gewesen war … weder die Angestellten in seiner Firma noch die Freundinnen ihrer Mutter. Erst als er Vickie kennengelernt hatte, war damit Schluss gewesen und ihr Vater hatte sich zu einem richtigen Familienmenschen entwickelt. Was Lilah die Möglichkeit gab, ihn wieder zu respektieren und ihm zu verzeihen.

Bastien Zikos wiederum war alles andere als ein Familientyp – ganz im Gegenteil, ihm eilte ein Ruf als Frauenheld voraus. Er war es zweifellos gewohnt, sich jede Frau, die er gerade wollte, zu nehmen. Reich, erfolgreich und unglaublich attraktiv, brauchte er in der Regel nur mit den Fingern zu schnippen, und die Frauen flogen ihm zu. Lilah allerdings hatte auf dem Absatz kehrtgemacht und war in die entgegengesetzte Richtung geflohen, weil sie sich nicht von einem Mann, der nur Sex von ihr wollte, das Herz brechen und die Selbstachtung rauben lassen wollte.

Es war für sie eine albtraumhafte Erfahrung gewesen, sich zu einem Mann wie Bastien Zikos derart hingezogen zu fühlen. Standhaft hatte sie sich geweigert, es sich auch nur einzugestehen, geschweige denn, der Versuchung nachzugeben. Trotzdem erinnerte sie sich jetzt, zwei Jahre später, immer noch ganz genau, wie sie ihn inmitten der Menschenmenge in einem Auktionssaal zum ersten Mal gesehen hatte. Bastien … groß, dunkel und so umwerfend sexy mit seinen faszinierenden goldbraunen Augen.

Sie war wegen eines Schmuckanhängers dort gewesen, der ihrer Mutter gehört und den Vickie zum Verkauf weggegeben hatte, weil sie nicht wusste, wie viel er Lilah bedeutete. Lilah hatte vor, den Anhänger ohne Aufsehen bei der Auktion zurückzuersteigern, denn sie wollte nicht daran rühren, wie sehr es sie gekränkt hatte, dass ihr Vater praktisch allen Schmuck ihrer verstorbenen Mutter seiner neuen Lebensgefährtin geschenkt hatte.

Das Erste, was ihr an diesem Tag ins Auge fiel, war das markante Profil von Bastien, wie er intensiv einen kleinen Gegenstand in seiner Hand betrachtete, den ihm eine Auktionsassistentin aus einer Vitrine geholt hatte. Lilah hatte man auf Nachfrage zu derselben Vitrine geschickt, und im Näherkommen stellte sie überrascht fest, dass Bastien ausgerechnet den schlichten silbernen Seepferdchen-Anhänger ihrer Mutter zwischen den schlanken Fingern drehte.

„Was haben Sie damit vor?“, fragte sie unwillkürlich.

„Warum interessiert Sie das?“, erwiderte er genauso direkt, wobei er aufsah und sie mit dem Blick seiner betörend leuchtenden Augen bannte.

Lilah verschlug es buchstäblich den Atem. Ihr Herz pochte, als wollte es zerspringen … so unfassbar, so sündhaft attraktiv war dieser Mann. „Er … hat meiner Mutter gehört.“

„Und woher hatte sie ihn?“, fragte Bastien wie aus der Pistole geschossen.

„Sie hat ihn vor fast zwanzig Jahren auf einem Flohmarkt gekauft. Ich war dabei“, antwortete Lilah aufrichtig, obwohl sie sein forschender Blick nervös machte.

„Ungefähr um die Zeit hatte meine Mutter ihn in London verloren“, meinte Bastien vielsagend und drehte den Anhänger herum, um ihr eine Gravur auf der Rückseite zu zeigen: zweimal der Buchstabe A, umrahmt von einem Herzen. „Mein Vater Anatole schenkte den Anhänger meiner Mutter Athene. Was für ein außerordentlicher Zufall, dass er offenbar unseren beiden Müttern gehört hat.“

„Wirklich … außerordentlich“, pflichtete sie ihm angespannt bei, wobei seine Nähe sie mindestens genauso sehr irritierte wie seine unerwartete Eröffnung. Der Duft seines exklusiven Aftershaves benebelte ihren Verstand, sodass sie Mühe hatte, klar zu denken. Ein wenig zu hastig wich sie einen Schritt zurück und prallte mit jemandem hinter ihr zusammen.

Bastien fasste sie mit einer Hand, um zu verhindern, dass sie stolperte. Bei der Berührung durchzuckte es Lilah wie elektrisiert, und sie blickte atemlos zu ihm auf. Es kostete sie einige Willenskraft, sich seiner Hand zu entziehen.

„Darf ich mir den Anhänger ansehen, bevor er wieder in die Vitrine gelegt wird?“, fragte sie betont kühl.

„Das hat nicht viel Sinn, weil ich vorhabe, ihn zu ersteigern“, entgegnete er unverblümt.

„Ich auch“, erklärte sie prompt.

Sichtlich widerstrebend legte Bastien ihr den Schmuck in die Hand. Für Lilah war es ein besonderer Moment, denn ihre Mutter hatte den hübschen Anhänger geliebt und im Sommer gern getragen. Lilah verband ihn mit den wenigen glücklicheren Erinnerungen an ihre Kindheit.

„Leisten Sie mir bei einer Tasse Kaffee Gesellschaft?“ Bastien, der sie ungeduldig beobachtet hatte, nahm ihr den Schmuck wieder ab und reichte ihn der Auktionsassistentin.

Lilah sah ihn überrascht an. „Das wäre kaum angemessen, da wir beide auf dasselbe Stück bieten wollen.“

„Nennen Sie es sentimental, aber ich würde gern erfahren, wo der Anhänger all die Jahre gewesen ist.“

So unwahrscheinlich diese Erklärung auch war, Lilah fühlte sich daraufhin gezwungen, die Einladung zum Kaffee anzunehmen, weil alles andere kleinlich und unhöflich ausgesehen hätte. So hatte ihre kurze Bekanntschaft mit Bastien Zikos begonnen.

Rasch verdrängte sie die Erinnerung. Es hatte sie zu viel Kraft gekostet, diesen Mann zu vergessen. Allerdings hatte sie nie bereut, ihn zurückgewiesen zu haben … auch wenn oder gerade weil sie in der Presse und im Internet immer mal wieder auf seinen Namen stieß, meist im Zusammenhang mit wechselnden Schönheiten an seiner Seite. Quantität statt Qualität schien seine unveränderte Devise in Bezug auf Frauen. Sie hatte damals die einzig richtige Entscheidung getroffen, auch wenn er sie immer noch dafür hasste.

Als Lilah durch die Fabriktore schritt und den einst so belebten Hof überquerte, der jetzt bis auf wenige Fahrzeuge trostlos und verlassen wirkte, klingelte ihr Handy. Es war Josh, mit dem sie studiert hatte, und er schlug vor, am nächsten Abend mit einigen anderen Freunden auszugehen. Alle paar Wochen trafen sie sich in dieser Runde aus Pärchen und Singles, um essen oder ins Kino zu gehen. Joshs Verlobung hatte sich gerade aufgelöst, und Lilahs letzter Freund hatte sich verabschiedet, als die Firma ihres Vaters pleitegegangen war.

„Morgen Abend?“ Lilah gefiel die Idee, denn die Abende in ihrem überfüllten kleinen Haus waren in letzter Zeit etwas stressig, und außerdem würde es sie wenigstens für kurze Zeit von den drückenden Problemen ablenken. „Ja, gern. Um wie viel Uhr?“

Aus dem Chefbüro im obersten Stock beobachtete Bastien Zikos aufmerksam, wie Delilah Moore über den Parkplatz von Moore Components kam. Immer noch fand er sie unvergleichlich schön … ein Eingeständnis, das ihn ärgerte. Denn seit er Robert Moores Tochter begegnet war, hatten viele schöne Frauen sein Bett geteilt – nur hatte ihn keine davon lange interessiert.

Delilahs Anblick aber schlug ihn jetzt wieder genauso in Bann wie damals, als er sie zum ersten Mal gesehen hatte: langes schwarzes Haar, das ihr in seidigen Kaskaden fast bis zur Taille herabfiel, ein zartes Gesicht mit makellosem Alabasterteint und klaren saphirblauen Augen. Egal was sie trug, sie strahlte immer eine lässige Eleganz aus, wie sie manchen Frauen einfach angeboren war.

Und wieder sagte er sich, dass sie doch eigentlich überhaupt nicht sein Typ war. Denn mit einer einzigen Ausnahme waren seine Frauen immer üppige Blondinen gewesen. Delilah war klein und sehr zierlich … umso unerklärlicher, dass er sich so von ihr angezogen fühlte. Und alles, was Bastien nicht erklären oder kontrollieren konnte, irritierte ihn.

Diesmal aber, so hatte er sich geschworen, würde er der schönen Delilah nahe genug kommen, um all ihre Makel aufzudecken.

„Der neue Boss ist im Haus“, empfing Julie, Lilahs Kollegin, sie, sobald sie das gemeinsame Büro betrat.

Lilah zog sich den Regenmantel aus. „Wann ist er eingetroffen?“

„Laut Pförtner war es noch nicht einmal sieben Uhr. Scheint ein Frühaufsteher zu sein“, plapperte Julie drauflos. „Und Mr. Zikos hat sein ganzes Team mitgebracht. Das ist doch sicher ein gutes Zeichen, meinen Sie nicht? Außerdem sieht er wahnsinnig gut aus.“

„Ach ja?“ Lilah wandte sich ab, um ihren Mantel aufzuhängen.

„Absolut traumhaft, wie ein männliches Supermodel. Sogar Maggie fand das … sie hat ihm Kaffee gebracht.“ Maggie, Mädchen für alles und die gute Seele des Büros, stand in dem Ruf, eine Männerfeindin und schwer zu beeindrucken zu sein. „Aber Maggie hat auch gesagt, sie hätte ihn nicht zum ersten Mal gesehen, sondern er wäre vor Jahren schon einmal hier gewesen. Wissen Sie etwas davon?“

„Ja, das stimmt. Er war damals am Kauf der Firma interessiert.“

„Dann haben Sie ihn auch schon vorher getroffen?“, rief Julie konsterniert aus. „Warum haben Sie nichts davon gesagt?“

„Es schien mir nicht wichtig“, sagte Lilah so beiläufig wie möglich, setzte sich an ihren Schreibtisch und versuchte sich, so gut es ging, abzulenken. Eine Stunde später kam ein junger Mann mit gepflegtem Vollbart in das Büro der beiden.

„Miss Moore?“ Er blieb vor Lilahs Schreibtisch stehen. „Ich bin Andreas Theodakis und gehöre zu Mr. Zikos’ Team. Mr. Zikos bittet Sie in sein Büro.“

Lilah fühlte, wie sie blass wurde. Aber wovor sollte sie Angst haben? Was sollte Bastien Zikos ihr schon anhaben? Trotzdem erfüllte sie allein die Tatsache, dass er sie zu sich rief, mit Panik.

Sie nahm die Treppe nach oben und nutzte den Weg, um sich zu fassen. Sicher wollte er sich nur ein wenig vor ihr brüsten, denn immerhin war die Firma pleitegegangen, wie er vorhergesagt hatte, und er hatte sie für einen Spottpreis erstanden, wohingegen ihre Familie alles verloren hatte.

Es war ein seltsames Gefühl, das ihr so vertraute Büro ihres Vaters zu betreten und an seiner Stelle jetzt Bastien Zikos dort vorzufinden. Lilah gönnte ihm nur einen flüchtigen Blick und stellte fest, dass außer ihnen beiden niemand anwesend war. War das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen?

„Mr. Zikos“, begrüßte sie ihn förmlich.

„Oh, ich denke, wir bleiben bei Bastien“, verbesserte er sie arrogant, wobei er sich unwillkürlich fragte, wie sie in einem schlichten schwarzen Rock und einem unauffälligen kamelhaarfarbenen Pullover so gut aussehen konnte.

Ihr schwarzes, lockiges Haar umschmeichelte ihr zartes Gesicht und war immer noch so wundervoll seidig und lang, dass es ihn in den Fingern kribbelte, es zu berühren. Ebenso unvermindert war die Faszination, die ihre ausdrucksvollen blauen Augen in Kontrast zu ihrem hellen Porzellanteint auf ihn ausübten.

Lilah wiederum kostete es große Mühe, sich nicht anmerken zu lassen, welche Wirkung sein Anblick auf sie hatte. Denn Julie hatte nicht übertrieben, er sah tatsächlich aus wie ein männliches Supermodel. Groß, athletisch mit dichtem schwarzem Haar, goldbraunen Augen, markanten Zügen und einem unglaublich sinnlichen Mund … Sehr zu ihrem Leidwesen fühlte Lilah, wie sie errötete. Sie wandte den Kopf ab, denn sie fürchtete, dass Bastien Zikos’ Scharfblick nichts entging.

„Nimm Platz. Delilah.“ Er deutete auf einen der Sessel, die in einer Ecke des großen holzvertäfelten Raumes einen Couchtisch flankierten.

„Lilah“, verbesserte sie ihn nicht zum ersten Mal, denn auch damals hatte er darauf bestanden, sie mit ihrem vollen Namen anzureden. Delilah, ein Name, dessen biblischer Hintergrund ihr in der Schule einige Hänseleien eingebracht hatte.

„Ich ziehe Delilah vor“, meinte Bastien nun geradezu genüsslich.

Resigniert setzte sich Lilah und riss sich zusammen, um seinem leicht spöttischen Blick standzuhalten. Was ein gefährliches Unterfangen war, denn wie schon vor zwei Jahren drohte sie, sich immer wieder in den Tiefen seiner atemberaubenden braunen Augen zu verlieren, in denen es golden funkelte.

„Ich kann mir nicht vorstellen, warum du mich sprechen willst“, sagte sie so ruhig wie möglich, als die Tür aufging und Maggie ein Tablett mit Kaffee und Gebäck hereintrug.

Sofort sprang Lilah auf, um der älteren Frau das schwere Tablett abzunehmen. Die gute Maggie war schon weit über das Rentenalter hinaus und hatte Mühe mit schweren Lasten, auch wenn sie das niemals eingestanden hätte. Auch jetzt protestierte sie, aber Lilah schickte sie mit einigen begütigenden Worten hinaus, bevor sie sich selbst darum kümmerte, den Kaffee einzuschenken. Ohne zu überlegen, gab sie Zucker in Bastiens Tasse.

„So, du kannst es dir also nicht vorstellen?“, knüpfte Bastien an ihre Bemerkung an. „Wie bescheiden du doch bist.“

Errötend reichte sie ihm seine Tasse. Bastien probierte und lächelte zufrieden, weil sie den Kaffee genauso gesüßt hatte, wie er es am liebsten mochte. Und Lilah, die sich so sehr bemühte, kühl und distanziert zu bleiben, vergaß alle guten Vorsätze angesichts dieses Lächelns, das ihn so unwiderstehlich jungenhaft wirken ließ.

„Tatsächlich bist du heute eine höchst einflussreiche Frau“, fuhr Bastien langsam fort, wobei er jedes Wort zu genießen schien, „denn es liegt allein in deiner Macht zu entscheiden, wie es mit Moore Components weitergeht.“

Lilah sah ihn mit großen Augen an. „Was, in aller Welt, willst du damit sagen?“

2. KAPITEL

Bastien betrachtete sie voller Zufriedenheit. Er hatte so lange auf diesen Moment gewartet, und sein Triumph war noch größer, als er gehofft hatte.

„Ich habe dir mehrere Optionen anzubieten. Das Schicksal von Moore Components liegt ganz in deiner Hand.“

Lilah setzte ihre Kaffeetasse scheppernd auf die Untertasse und sprang auf. „Warum solltest du so etwas behaupten?“

„Weil es die Wahrheit ist. Ich lüge nicht und ziehe einmal gegebene Versprechen nicht zurück“, erklärte er gelassen. „Und ich versichere dir hiermit, dass allein du dafür verantwortlich bist, was letztendlich mit dieser Firma geschieht.“

„Wie soll ich das verstehen?“

„So naiv bist du doch nicht“, spottete Bastien. „Du weißt, dass ich dich will.“

„Immer noch?“, sagte sie erstaunt, denn immerhin waren zwei Jahre vergangen, seit sie sich zuletzt gesehen hatten.

Seine goldbraunen Augen blitzten auf. „Immer noch“, bestätigte er nachdrücklich.

Wie war das möglich nach all den tollen Frauen, mit denen er seit ihrer letzten Begegnung zweifellos zusammen gewesen war? Für Lilah ergab es keinen Sinn. Die Frauen im Dunstkreis eines Bastien Zikos spielten in einer ganz anderen Liga als sie, wie konnte er sie überhaupt attraktiv finden? Lag es einfach nur daran, dass sie ihn einmal abgewiesen hatte? War es möglich, dass ein so intelligenter und erfolgreicher Mann wie er in diesem Punkt derart schlicht gestrickt war?

Lilah sank in den Sessel zurück. Ihr schwirrte der Kopf. Was hatte die Tatsache, dass Bastien offenbar immer noch scharf auf sie war, mit der Zukunft der Firma zu tun?

„Ich möchte dich nicht den ganzen Vormittag von der Arbeit abhalten. Deshalb werde ich dir die drei Alternativen kurz erläutern.“

„Drei … Alternativen?“, wiederholte sie nervös.

„Nummer eins: Du entscheidest dich, mich abzuweisen.“ Sein warnender Blick ließ sie erblassen. „In dem Fall wickle ich das gesamte Inventar der Firma ab und verkaufe das Grundstück an einen Immobilienentwickler. Mir liegt bereits ein sehr gutes Angebot vor, das mir einen beträchtlichen Profit einbringen würde.“

Lilah senkte entsetzt den Kopf. Sie wusste, wie sehr die Stadt die Fabrik als Arbeitgeber brauchte. Durch die Schließung von Moore Components war die gesamte Wirtschaftslage der Stadt in Gefahr geraten. Zulieferer, Einzelhandel, aber auch Restaurants und Kinos litten unter den Einbußen, und da es nur wenige andere Arbeitgeber in der Region gab, mussten die ersten der arbeitslos gewordenen Einwohner schon ihre Häuser verkaufen, weil sie sich die Hypothekenraten nicht mehr leisten konnten.

„Nummer zwei: Du entscheidest dich, nur eine Nacht mit mir zu verbringen“, fuhr Bastien fort, wobei er ignorierte, wie sie ungläubig nach Luft schnappte. „Dann werde ich dafür sorgen, dass die Geschäfte für ein weiteres Jahr wieder laufen. Das wäre zwar eine Verschwendung von Zeit und Geld, denn für eine dauerhafte Sanierung der Firma wären große Investitionen erforderlich, um langfristige neue Aufträge zu gewinnen. Aber wenn ich nicht mehr von dir bekommen kann, bin ich dazu bereit.“

Sie sah ihn verwundert an. „Lass mich eins klarstellen: Du benutzt Moore Components als Druckmittel, um Sex von mir zu bekommen? Bist du verrückt?“

„Du solltest mir dankbar sein. Wenn du nicht wärst, hätte ich mich nicht einmal persönlich herbemüht. Ich hätte meine Leute einfach das Land verkaufen lassen“, informierte er sie ungerührt.

Lilah schluckte. Es dauerte einen Moment, ehe sie ihre Sprache wiederfand. „Du kannst mich unmöglich so sehr wollen. Das wäre doch verrückt!“

„Nun, wie es aussieht, bin ich verrückt.“ Sein Blick schweifte bewundernd über ihr zartes Gesicht, verweilte kurz auf ihren sinnlichen Lippen, glitt dann weiter hinab über die reizvolle Rundung ihrer hohen, straffen Brüste, die schmale Taille, die wohlgeformten Knie bis hinunter zu den zierlichen Fesseln. „Du hast hinreißende Beine“, schwärmte er, wobei ihn heftiges Verlangen durchzuckte.

Vor zwei Jahren war er so verrückt nach Delilah Moore gewesen, dass es ihn schlaflose Nächte und etliche kalte Duschen gekostet hatte. So etwas würde er auf keinen Fall noch einmal zulassen, das hatte er sich geschworen. Er wollte sie, ja … aber nur zu seinen Bedingungen. Weshalb die zweite Alternative vermutlich die klügste für ihn wäre, denn er war sich ziemlich sicher, dass er wie bei allen anderen Frauen ziemlich schnell das Interesse an ihr verlieren würde, wenn er erst mit ihr geschlafen hatte. Dennoch wollte er sich nicht gern von vornherein auf diese Möglichkeit einschränken lassen.

Lilah wiederum zog sich hastig den Rocksaum über die Knie, denn bei Bastiens Worten und Blicken jagte ihr ein heißer Schauer über den Rücken. Dieser Mann war so sexy … die Luft zwischen ihnen schien zu knistern, und Lilah fühlte, wie die Brustwarzen unter ihrem feinen Kaschmirpullover hart wurden. Schon damals hatte sie genauso unwillkürlich und heftig auf Bastiens Nähe reagiert und war einfach hilflos dagegen gewesen.

„Ich weigere mich zu glauben, dass du das ernst meinst, Bastien“, sagte sie bemüht sachlich. „Ein so attraktiver, stolzer und reicher Mann wie du kann unmöglich eine Frau so sehr wollen, dass er zu so einem Handel bereit wäre.“

„Was weißt du schon davon?“, erwiderte Bastien schroff. „Außerdem habe ich dir ja noch gar nicht die dritte Alternative präsentiert.“

Empört stand sie auf. „Und ich will von diesem Unsinn nichts mehr hören!“

„Dann verkaufe ich die ganze Anlage noch heute“, rief Bastien ihr nach, als sie zur Tür ging. „Es ist allein deine Entscheidung, Delilah. Du hast Glück, dass ich dir überhaupt eine Wahl lasse.“

Sie blieb stehen und drehte sich um. Die langen schwarzen Locken fielen ihr in seidigen Kaskaden über eine Schulter. „Glück?“ Wie konnte er es wagen, ihr überhaupt so ein ungeheuerliches Angebot zu machen? Das zeigte nur, dass Bastien Zikos zu so ziemlich allem bereit war, um sie ins Bett zu bekommen.

„Mit meinem Segen kannst du hier den Zauberstab schwingen und für die Belegschaft dieser Firma als Heldin dastehen, wenn du nur willst“, fuhr Bastien fort, als sie sich wieder abwenden wollte. „Alternative Nummer drei: Ich tue fast alles, was du willst, einschließlich der Einstellung deines Vaters als Berater und Manager.“

Lilah erstarrte wie vom Donner gerührt. Plötzlich purzelten die Gedanken in ihrem Kopf wild durcheinander, während sie die Möglichkeit vor sich sah, dass ihr verzweifelter, niedergedrückter Vater wieder zu altem Selbstbewusstsein erwachen würde, wenn er seinen Status zurückgewann und wieder für seine Familie sorgen konnte.

„Das ist also das Zauberwort. Du bist ein echtes Papakind“, bemerkte Bastien spöttisch. „Bist du jetzt bereit, mir ruhig zuzuhören, anstatt dich dramatisch aufzuspielen und mich zu fragen, ob ich verrückt bin? Denn wenn ich verrückt bin, dann nur nach dir.“

Sie errötete tief angesichts seines ungenierten Eingeständnisses, riss sich aber zusammen. „Also gut … meinem Vater zuliebe höre ich mir deinen Vorschlag zu Ende an“, räumte sie widerstrebend ein.

„Setz dich.“ Bastien deutete auf den Sessel.

Ihr kam in den Sinn, dass er in dem gleichen Ton mit ihr sprach wie sie mit Skippy, wenn der kleine Hund wieder mal über die Stränge schlug. Eine Vorstellung, die einer gewissen Komik nicht entbehrte. Lilah unterdrückte ein Lächeln, als sie sich wieder setzte. „Vorschlag Nummer drei?“, sagte sie spitz.

„Du wirst meine Geliebte und bleibst bei mir, solange ich dich will.“

„Sich eine Geliebte zu halten, ist eigentlich ein erstaunlich altmodisches Konzept“, meinte Lilah, um die Tatsache zu überspielen, dass sie sein ungeheuerlicher Vorschlag völlig aus dem Gleichgewicht brachte.

„In meinen Kreisen ist es normal.“

„Und ich dachte, diese Form der Sexsklaverei wäre schon vor mindestens einem Jahrhundert abgeschafft worden.“

„Weil du keine Ahnung hast, was diese Rolle alles mit sich bringt“, erwiderte Bastien, der sie sich schon ganz zu seinem Privatvergnügen in Seide und Spitze gehüllt und mit funkelnden Diamanten geschmückt vorstellte. Er konnte es kaum erwarten.

„Wenn du einwilligst, meine Geliebte zu werden, baue ich als Gegenleistung diese Firma wieder auf und investiere im großen Stil. Mit Hilfe meines internationalen Netzwerks kann ich der Fabrik auf Jahre hinaus eine ausreichende Auslastung sichern. Dein Vater kann die entlassenen Mitarbeiter wieder einstellen. Mit anderen Worten, durch meine finanzielle Unterstützung wird alles wieder auf den Stand zurückgestellt, bevor Moore Components den alles entscheidenden Großauftrag verlor.“

Lilah war sprachlos. Erst jetzt begriff sie wirklich, was Bastien mit seiner Anspielung gemeint hatte, sie könne den Zauberstab schwingen und zur Heldin werden. Alles würde wieder sein wie zuvor! Wie oft hatte sie sich in den vergangenen Monaten genau das gewünscht?

Bastien Zikos war ein sehr reicher und sehr mächtiger Mann. Vielleicht zum ersten Mal ahnte Lilah, wie reich und wie mächtig. Denn es würde große Summen erfordern, um der Firma wieder auf die Beine zu helfen, geschweige denn, ihr Überleben für die Zukunft zu sichern. Eine gewaltige Herausforderung und von so entscheidender Bedeutung für das Leben zahlreicher Menschen in der Region, wie Lilah bedrückt erkannte.

„So ein Zauberstab ist reizvoll, nicht wahr?“, meinte Bastien, der sie aufmerksam beobachtete, spöttisch. „Ich nehme an, deine Antwort hängt davon ab, wie sehr du in deinem Inneren eine Wohltäterin bist. Im Moment rangierst du auf der Skala der guten Taten ziemlich weit oben in Anbetracht der Tatsache, dass du deine ganze Familie bei dir aufgenommen hast. Du kommst auch für ihren Lebensunterhalt auf, richtig?“

„Ich bin keine Wohltäterin!“, wehrte sie empört ab, weil es aus seinem Mund fast wie eine Beleidigung klang.

„Meiner Einschätzung nach schon“, widersprach er ungerührt. „Du hast die böse Stiefmutter davor gerettet, in einer Notunterkunft zu landen, und engagierst dich für ausgesetzte Hunde und Not leidende Kinder.“

„Woher, in aller Welt, weißt du so viel über mich?“

„Ganz offensichtlich habe ich die Dinge hier im Auge behalten.“

„Meine Stiefmutter ist nicht böse“, sagte sie ein wenig trotzig. „Und woher weißt du, dass meine Familie bei mir wohnt? Oder von meinem ehrenamtlichen Engagement für das Tierheim?“

„Ich musste doch Erkundigungen über dich einholen, bevor ich hierhergekommen bin. Wenn du inzwischen geheiratet hättest oder in einer festen Beziehung leben würdest, hätte mein Angebot keinen Sinn gemacht. Ich verschwende nicht gern meine Zeit.“

„Ich hatte aber einen festen Freund!“, protestierte Lilah.

„Nicht sehr lange. Sobald die Firma deines Vaters den Bach runtergegangen ist, hat er dich fallen lassen.“

Sie schluckte ihren Widerspruch hinunter, denn es war unklug, sich auf eine Auseinandersetzung mit Bastien einzulassen. Schon gar nicht, um jemanden zu verteidigen, der es so wenig verdiente wie Steve, ihr Exfreund. Denn ironischerweise stimmte ihr eigenes Urteil über Steves Charakter mit dem von Bastien überein. Es hatte sie sehr verletzt, als sie rückblickend feststellen musste, dass Steve sich nur an sie herangemacht hatte, weil er sich die Stellung eines Junior Partners in der Firma ihres Vaters erhofft hatte. Umso demütigender, dass ausgerechnet Bastien davon wusste, wie schnell sich Steve nach der Pleite von Moore Components von ihr abgewandt hatte.

Äußerlich unbewegt, hielt Lilah Bastiens forschendem Blick stand. „Ich kann nicht glauben, dass du diese drei Alternativen ernst meinst. Sie sind unmoralisch.“

„Tja, offenbar halte ich nicht viel von Moral“, bekannte er freimütig. „Ich entschuldige mich bei niemandem für das, was ich will … und ich bekomme immer, was ich will. Und ich will dich. Du solltest dich geschmeichelt fühlen.“

„Ich fühle mich aber nicht geschmeichelt. Ich bin entsetzt über deine Skrupellosigkeit!“, entgegnete sie zornig und stand erneut auf. Sie hatte genug gehört. „Du versuchst, die gegenwärtige Situation auszunutzen und mich mit meiner Zuneigung für meine Familie unter Druck zu setzen.“

„Ich werde jeden Vorteil ausnutzen, der sich mir bietet, und alles tun, um dich zu gewinnen. Wobei es selbstverständlich allein deine Entscheidung ist, ob du eine der beiden von mir bevorzugten Alternativen annimmst.“ Bastien erhob sich ebenfalls, kam zu ihr und blickte auf sie herunter. „Du bist in diesem Spiel die funkelnde Trophäe, Delilah. Findest du das nicht aufregend?“

„Nein, ganz sicher nicht!“

„Die meisten Frauen fänden es aufregend.“ Sein glühender Blick bannte sie, wo sie stand. „Denn den meisten Frauen gefällt es, mehr als jede andere begehrt zu werden.“

„Ich bezweifle sehr, dass du überhaupt fähig bist, eine Frau mehr als alle anderen zu begehren“, entgegnete sie mutig. „Frauen scheinen für dich ein austauschbares Gut zu sein. Weshalb ich auch überhaupt nicht verstehe, warum du so auf mich fixiert bist.“

„Es hat nichts mit Fixierung zu tun!“, widersprach er ungehalten, bevor er unerwartet sanft, fast verführerisch, hinzufügte: „Delilah … ich würde dich sehr gut behandeln.“

„Was du vorschlägst ist … indiskutabel. Unmöglich!“, stieß sie frustriert aus. „Man könnte es sogar als richtig schmierig bezeichnen!“

Bastien legte ihr in gespieltem Tadel einen Finger auf den sinnlichen Mund. „Ich bin nie und nimmer schmierig … du musst noch viel über mich lernen.“

Obwohl es nur eine ganz zarte Berührung war, durchzuckte es Lilah heiß. Hastig wich sie einen Schritt zurück. „Was ich heute über dich gelernt habe, nur indem ich dir zugehört habe, reicht mir“, sagte sie abweisend. „Du redest, als wäre es ein amüsantes Spiel, das du da mit mir vorhast, dabei ist dein Vorschlag beleidigend, anmaßend und unvorstellbar. Außerdem würde sich mein Vater durch nichts überreden lassen, einen Job anzunehmen, bei dem ich buchstäblich der Preis für den Höchstbietenden wäre!“

„Wer wäre so dumm, deinem Vater die ganze Wahrheit zu sagen?“, entgegnete Bastien unbeeindruckt. „Deiner Familie müsstest du nur erzählen, dass ich dir einen Traumjob angeboten habe, der für dich mit vielen Reisen und einem Leben in beneidenswertem Luxus verbunden ist.“

„Wie es aussieht, hast du wirklich alles bedacht!“

„Bleibt die Frage, schluckst du den Köder?“ Bastien sah sie durchdringend an. „Du hast bist morgen früh zehn Uhr Zeit, dich für eine der Alternativen zu entscheiden.“

„Keine davon ist vernünftig oder fair!“, wandte sie verbittert ein.

„Wenn ich deine Antwort nicht pünktlich erhalte, werde ich verkaufen“, warnte er sie kalt.

In hilfloser Wut ballte Lilah die Hände. Was sollte sie darauf noch erwidern?

Als sich das angespannte Schweigen immer länger hinzog, atmete Bastien tief ein. „Es ist doch nicht nötig, dass wir aufeinander losgehen, Delilah. Wir könnten heute Abend beim Dinner in aller Ruhe darüber reden.“

Sie wandte sich ab und griff nach dem Türknauf. „Dinner? Du machst wohl Witze! Außerdem bin ich schon verabredet“, schwindelte sie, denn er sollte nicht denken, dass sie jeden Abend zu Hause hockte.

„Mit wem?“ Bastien drückte eine Hand gegen die Tür, um sie am Gehen zu hindern.

„Das geht dich nichts an.“ Lilah wich zurück und verschränkte die Arme. Sie hatte nicht vor, sich körperlich mit ihm anzulegen. „Was immer ich tue, es geht dich nichts an. Moore Components mag dir jetzt gehören, aber ansonsten gehört dir hier nichts.“

Seine Augen funkelten wütend, als er die Tür für sie weit aufriss. „Da wäre ich mir nicht so sicher, koukla mou.“

Lilah eilte die Treppe hinunter und suchte erst einmal im Waschraum Zuflucht. Bevor sie bereit war, Julies neugierigen Fragen zu begegnen, musste sie sich fassen. Lange ließ sie kühles Wasser über ihre zitternden Hände laufen.

Unglücklicherweise hatte Bastien Zikos sie an ihrem wundesten Punkt getroffen. Allein die Vorstellung, dass sie es in der Hand hatte, ihre Familie aus ihrer gegenwärtigen Notlage zu befreien … ganz zu schweigen vom Schicksal der vielen anderen Menschen aus der Region, die durch ihr Handeln ihre Jobs zurückbekämen! Sie alle würden jubeln, sollte die Fabrik die Produktion wieder aufnehmen.

Der Preis aber, den Lilah für dieses Wunder zahlen sollte, war sehr persönlich und unglaublich hoch. Wie konnte Bastien ihr das antun? Wie konnte er sie ungerührt vor die Wahl stellen … ein One-Night-Stand oder eine Affäre, die andauerte, bis er sie leid war? Was für eine Wahl! Was hatte sie Bastien getan, um das zu verdienen?

Ihr Kopf schmerzte, sie war kaum fähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Hatte sie sich nicht ganz ähnlich gefühlt, als sie damals vor zwei Jahren zum ersten Mal der geballten Ladung von Bastiens Charme ausgesetzt gewesen war? Denn anders als nun im Büro ihres Vaters, hatte Bastien sich bei ihrer ersten Begegnung sehr viel Mühe gegeben, sie zu umgarnen, als er sie bei der Auktion zum Kaffee eingeladen hatte.

Nachdem er ihr das zwanglose Du vorgeschlagen hatte, zückte er seine Visitenkarten, um Lilah zu zeigen, dass sein Firmenlogo tatsächlich ein Seepferdchen war. Für Lilah war dieser Beweis, dass auch er mit dem kleinen Schmuckanhänger sehr starke familiäre Erinnerungen verband, gewissermaßen ein Trost. Denn sein eleganter Maßanzug und die goldene Rolex am Handgelenk ließen ahnen, dass sie kaum eine Chance hatte, ihn bei der Auktion zu überbieten.

Schon damals fiel ihr auf, wie viel Zucker er sich in den Kaffee löffelte, und als sie ihn deswegen neckte, lächelte er so gewinnend, dass ihr Herz schneller schlug. Oh ja, auf den ersten Blick hatte sie sich sehr zu Bastien Zikos hingezogen gefühlt und förmlich an seinen Lippen gehangen.

„Eines musst du mir noch erklären“, sagte er nachdenklich. „Wenn dir der Anhänger so viel bedeutet, wieso steht er dann hier zum Verkauf?“

Bereitwillig erzählte sie ihm vom Schmuck ihrer verstorbenen Mutter, den ihr Vater ihrer Stiefmutter geschenkt hatte. „Und Vickie hat sich jetzt einfach entschlossen, alles Mögliche auszusortieren. Wenn ich ihr gestanden hätte, wie ich an dem Schmuck hänge, hätte ich sie womöglich in Bedrängnis gebracht.“

„Wer nicht fragt, bekommt nicht, was er will“, tadelte Bastien. „Wobei ich mich nicht beklagen möchte. Dein diplomatisches Feingefühl hat sich schließlich zu meinen Gunsten ausgewirkt. Denn wenn die Kette nicht Teil der Auktion wäre, hätte ich nie erfahren, wo sie sich befindet. Ich versuche seit Jahren, sie ausfindig zu machen.“

„Sicher erinnerst du dich daran, wie deine Mutter sie getragen hat?“

„Nein, aber ich erinnere mich, wie mein Vater ihr den Anhänger geschenkt hat.“ Plötzlich verschwand sein Lächeln und sein Gesicht wurde ernst. „Da muss ich ungefähr vier gewesen sein und habe ernsthaft geglaubt, wir wären die perfekte Familie.“

„Das ist doch völlig normal“, sagte sie verständnisvoll lächelnd, wobei sie sich unwillkürlich vorstellte, was für ein niedlicher kleiner Junge er gewesen sein musste, mit dichtem schwarzem Haarschopf und großen braunen Augen.

Doch Bastien hatte es eilig, die Erinnerungen abzuschütteln, und wandte sich lieber der Gegenwart zu. „Versprich mir, dass ich dich, egal wie die Auktion verläuft, morgen Abend zum Dinner einladen darf“, drängte er.

„Ich habe trotz allem vor mitzubieten“, warnte sie ihn.

„Und ich kann es mir leisten, so ziemlich jeden zu überbieten“, meinte er unbeeindruckt. „Also, Dinner in meinem Hotel?“

Und sie hatte natürlich nachgegeben, weil sie dem Ansturm seines Charmes nicht gewachsen gewesen war.

Nachdem die Auktion dann für Lilah erfolglos verlaufen war, waren sie beide doch sehr überrascht, als sie sich am Morgen darauf unerwartet im Büro von Lilahs Vater wiedersahen, denn auch Bastien war ihre Verbindung mit Moore Components nicht bewusst gewesen. Aus dem Dinner in seinem Hotel wurde so ein Abendessen im Haus ihres Vaters, zu dem Lilah natürlich eingeladen war. Robert Moore bat dann seine Tochter, Bastien zu seinem Wagen hinauszubegleiten, weil er ein dringendes Telefonat annehmen musste.

„Wenn du erwartest, dass ich dich zu deinem gestrigen Erfolg beglückwünsche, muss ich dich enttäuschen“, bemerkte sie auf dem Weg hinaus. „Du hast einen geradezu lächerlich hohen Preis für den Anhänger bezahlt.“

Bastien lachte laut. „Sagt die Frau, die bis zu diesem lächerlich hohen Preis mitgeboten hat.“

Lilah errötete. „Nun, ich musste es ja wenigstens versuchen. Warum warst du bei meinem Vater?“

„Ich bin daran interessiert, sein Unternehmen zu kaufen. Er will die Sache überdenken. Du arbeitest hier? Dann könnte ich dich gleich mit erwerben“, meinte Bastien mit einem unmissverständlich erotischen Unterton.

Lilah jagte ein heißer Schauer über den Rücken, doch sie riss sich zusammen. „Das glaube ich nicht. Genauso wenig, wie ich glaube, dass mein Vater verkauft, jetzt, wo seine Firma so gut dasteht wie nie.“

„Das ist der beste Zeitpunkt.“

Angesichts der beeindruckenden Limousine, die vorfuhr, um ihn abzuholen, nahm Lilah sich vor, sich genauer über ihn zu informieren. Obwohl ihr Vater keineswegs arm war, trennten sie offensichtlich Welten.

„Ich wünschte, dein Vater hätte uns nicht zum Dinner eingeladen“, gestand Bastien ihr freimütig zum Abschied. „Ich hatte mich darauf gefreut, dich im Hotel ganz für mich allein zu haben.“

Hatte die Direktheit, mit der er sie umwarb, ihr anfangs geschmeichelt, so machte sie Lilah zunehmend nervös, schien er doch zu erwarten, dass sie womöglich die Nacht mit ihm verbringen würde. Sie war ganz und gar nicht der Typ für einen spontanen One-Night-Stand. Andererseits hatte sie auch nicht geplant, mit einundzwanzig noch Jungfrau zu sein, sondern einfach nur noch nicht den Richtigen getroffen, dem sie sich ganz anvertrauen wollte.

„Bastien ist ganz vernarrt in dich“, hatte Vickie nach dem Dinner im Haus ihres Vaters amüsiert bemerkt. „Er hatte nur Augen für dich. Und obwohl ich persönlich ja auf etwas ältere Männer stehe, muss ich zugeben, dass er ein tolles Exemplar ist.“

Bevor Lilah sich an diesem Abend ein Taxi rufen konnte, bot Bastien sich an, sie nach Hause zu fahren. Kaum saßen sie in der großen Limousine, zog er sie in seine Arme und küsste sie so leidenschaftlich, dass sie auf der Stelle Feuer fing. Es kostete sie alle Willenskraft, sich seiner Umarmung zu entziehen, doch Bastien war nicht bereit, so schnell aufzugeben.

„Bleib heute Nacht bei mir“, drängte er, wobei er mit dem Daumen zärtlich ihr Handgelenk streichelte und fühlen musste, wie ihr Puls raste.

„Ich kenne dich doch kaum“, wandte sie ein.

„Du kannst mich im Bett kennenlernen.“

„Das ist nicht meine Art, Bastien“, wehrte sie errötend ab. „Ich müsste dich schon richtig gut kennen, bevor ich mit dir schlafe.“

„Verdammt … ich bin nur noch achtundvierzig Stunden hier!“ Bastien sah sie ungläubig an. Ihre Weigerung schien ihm unbegreiflich.

„Es tut mir leid. So bin ich nun mal“, beharrte Lilah, als die Limousine vor ihrem gemieteten Reihenhäuschen vorfuhr.

„Offensichtlich das genaue Gegenteil von mir. Ich weiß nicht viel über Frauen, weil ich, ehrlich gesagt, nichts anderes als Sex von ihnen will oder brauche“, gestand Bastien brutal ehrlich.

„Wir sind wohl wie Feuer und Wasser“, meinte Lilah noch, bevor sie hastig den Wagen verließ und ins Haus lief. Als sich die Tür hinter ihr schloss, atmete sie erleichtert auf.

Tränen brannten ihr in den Augen. Sie schämte sich der romantischen Träume, die sie um Bastien Zikos gesponnen hatte. Soeben hatte sie die gerechte Strafe für ihre Naivität erhalten. Er war nur an Sex, an einem One-Night-Stand mit ihr interessiert, mehr nicht. Nein, das war kein Kompliment, sondern eher schon eine Ohrfeige … gerade rechtzeitig, um sie zur Vernunft zu bringen.

In jener Nacht war Lilah lange aufgeblieben und hatte im Internet über Bastien Zikos nachgeforscht. Unzählige Fotos zeigten ihn in Begleitung wechselnder Schönheiten und unterstrichen seinen Ruf als treuloser Weiberheld. Einerseits entsetzt, hatte es sie auch auf merkwürdige Weise getröstet, denn es bestätigte nur, dass es für sie nie infrage gekommen wäre, sich mit Bastien einzulassen. Eine echte Beziehung war genauso wenig seine Sache wie ein One-Night-Stand ihre war.

Lilah zwang sich in die Gegenwart zurück und stellte betroffen fest, dass sie Tränen in den Augen hatte. Sie blinzelte sie fort. Die Begegnung mit Bastien hatte sie mehr aufgewühlt, als ihr lieb war. Er besaß eine Art, sie stets bis ins Mark zu treffen.

„Sie waren aber sehr lang oben beim Boss“, bemerkte Julie, als sie wieder an ihren Schreibtisch zurückkehrte.

„Mr. Zikos wollte mit mir seine weiteren Pläne für die Firma besprechen“, antwortete Lilah eine Spur zu schnell.

„Wow!“ Julie sah sie gespannt an. „Heißt das, er will Moore Components doch weiterbetreiben? Nicht einfach alles verkaufen?“

Lilah verwünschte ihre Voreiligkeit. „Nein, nein, es ist durchaus möglich, dass er die Firma abwickelt“, verbesserte sie sich rasch, weil sie auf keinen Fall irgendwelche Gerüchte in die Welt setzen wollte, die nur falsche Hoffnungen wecken würden. „Ich glaube, er hat noch keine endgültige Entscheidung getroffen.“

Julie seufzte enttäuscht und wandte sich wieder ihrer Arbeit zu, aber Lilah konnte sich nicht konzentrieren. Ihre Gedanken drehten sich immer wieder um Bastiens ebenso unfassbaren wie unverfrorenen Vorschlag. Ebenso gut hätte er ihr den Mond vom Himmel holen und als Geschenk anbieten können! Ihre Familie litt ebenso wie all die anderen, die durch den Bankrott von Moore Components arbeitslos geworden waren.

Erneut blinzelte Lilah gegen Tränen an. Trotz allem, was sie in ihrer Kindheit durch die unglückliche Ehe ihrer Eltern hatte erdulden müssen, liebte sie ihren Vater sehr. Sie war erst elf Jahre alt gewesen, als ihre Mutter völlig unerwartet an einem Aneurysma gestorben war, und ihr Vater war damals in ihrer Trauer für sie da gewesen. Alle übrige Energie hatte er in sein Unternehmen gesteckt und dafür geschuftet, es zum Erfolg zu führen. Nun aber, seiner Firma und seines einstigen Wohlstands beraubt, fühlte er sich als Versager. Und wer würde einen gescheiterten Unternehmer wie ihn noch einstellen? Obwohl sie sich solche Gedanken eigentlich streng verboten hatte, malte sie sich unwillkürlich aus, wie ihr Vater mit neuem Mut und Selbstbewusstsein in seine Firma zurückkehren würde.

War sie wirklich bereit, Bastiens Geliebte zu werden? Seine Sexsklavin?

Zugegeben, wider Willen erregte sie diese Vorstellung. Andererseits war sie sich ziemlich sicher, dass Bastien nicht damit rechnete, dass sie noch Jungfrau war. Aber was spielte das für eine Rolle? Sie überlegte doch nicht im Ernst, eines seiner unverschämten Angebote anzunehmen, oder?

Noch einmal erinnerte sie sich an die Zeit vor zwei Jahren und an den riesigen Blumenstrauß, den er ihr an dem Morgen geschickt hatte, nachdem sie seinen Vorschlag, die Nacht mit ihm zu verbringen, zurückgewiesen hatte. Abends hatte er dann wieder vor ihrer Tür gestanden und ihre Geduld mit seiner Hartnäckigkeit wirklich auf eine harte Probe gestellt. Als er versucht hatte, sie zu einem gemeinsamen Dinner zu überreden, hatte sie die Beherrschung verloren. Warum?

Sie errötete angesichts dieser Erinnerung. Gerade weil die Anziehung so stark gewesen war, hatte sie die Erkenntnis, was für ein Weiberheld er war und dass er nur Sex von ihr wollte, tief gekränkt und gedemütigt. Deshalb hatte sie die Beherrschung verloren. Sie war vor allem auf sich selbst wütend gewesen, weil Bastien Zikos es mit einem einzigen, zugegeben großartigen Kuss geschafft hatte, dass sie fast ihre eigenen Werte infrage gestellt hätte. Aus Wut und Verzweiflung darüber, welche Macht er über sie besaß, hatte sie ihm wütend seinen miserablen Ruf vorgehalten und ihn als männliche Hure beschimpft.

Die Erinnerung daran quälte sie noch, als sie schon auf dem Weg von der Arbeit nach Hause war. Es war falsch gewesen, Bastien damals so anzugreifen. Er war nun mal der, der er war – genau wie sie nun mal war, wie sie war. Und sie beide tickten völlig unterschiedlich. Doch es war ebenso unhöflich wie sinnlos und unreif gewesen, ihn so zu beleidigen. Das eisige Funkeln in seinen Augen hatte ihr Angst gemacht. Aber er hatte ihr nur wortlos den Rücken zugekehrt, war in seine Luxuslimousine gestiegen und davongerauscht.

Einige Wochen später wurde ihr auf der Arbeit ein unerwartetes Geschenk zugestellt: eine fast identische Kopie des silbernen Seepferdchen-Anhängers, wie ihn Bastien auf der Auktion ersteigert hatte. Der einzige Unterschied zum Original bestand darin, dass die beiden eingravierten As auf der Rückseite fehlten. Obwohl keine Karte dabeilag, konnte das Geschenk nur von Bastien stammen. Diese Großzügigkeit, obwohl sie ihn so beschimpft hatte, ließ Lilah plötzlich zweifeln, ob sie ihn richtig eingeschätzt hatte. Hatte sie sich den flammenden Zorn in seinem Blick vielleicht nur eingebildet?

Nun aber wusste sie, dass sie sich nicht geirrt hatte. Bastien Zikos war zurückgekommen, um sie bezahlen zu lassen.

3. KAPITEL

Nachdem sich Lilah stundenlang schlaflos im Bett hin und her gewälzt hatte, stand sie schließlich auf und ging nach unten in die Küche, um sich einen Tee zu machen.

Vickie saß bereits am Küchentisch, einen dampfenden Becher vor sich.

„Konntest du auch nicht schlafen?“, sprach Lilah das Offensichtliche aus.

„Die ständigen Sorgen halten mich wach“, gestand ihre junge Stiefmutter, während Lilah den Wasserkocher wieder einschaltete. „Ich habe mit einigen Eltern in Bens Kindergarten gesprochen. Sie sagten, Bastien Zikos sei heute bei Moore Components gewesen. Es hat mich überrascht, dass du nichts davon erzählt hast.“

„Ich … habe keinen Grund dafür gesehen“, verteidigte sich Lilah.

„Weißt du, ich bitte dich wirklich nicht gern darum … Aber falls sich die Gelegenheit ergibt, könntest du Bastien fragen, ob er nicht irgendwo eine Verwendung für deinen Vater hat?“, erkundigte sich Vickie hoffnungsvoll.

Lilah errötete schuldbewusst. „Wenn sich die Gelegenheit ergibt.“ Sie kam um vor Gewissensbissen, weil sie Vickie nicht die Wahrheit sagte.

Doch Bastien hatte in diesem Punkt recht. Niemand würde es ihr danken, dass sie eine Wahrheit erzählte, die niemand hören wollte. Und die Wahrheit war ja, dass sie tatsächlich den Zauberstab schwingen und alles wieder in Ordnung bringen könnte. Wie sollte sie damit leben, dass ihr Vater für den Rest seines Lebens in einem Sessel saß und trostlos vor sich hinstarrte? Es war ihr gutes Recht, wütend und empört zu sein und Bastien mit seinem Vorschlag auflaufen zu lassen, aber letztendlich musste sie auch praktisch denken. Er hatte ihr ein Wunder angeboten, nicht mehr und nicht weniger.

Alles würde wieder so sein wie zuvor.

Unter diesen Umständen kam es ihr etwas armselig vor, um jeden Preis an ihrer Jungfräulichkeit festzuhalten. Noch dazu hatte sie sich von Anfang an zu Bastien hingezogen gefühlt, ob es ihr gefiel oder nicht. Wie sollte sie ihre Weigerung vor sich selbst rechtfertigen, wenn sie mit einem Ja so viel Gutes bewirken könnte? Außerdem würde Bastien sowieso bald das Interesse an ihr verlieren. Die lange Reihe seiner kurzen Affären sprach Bände. Im Nu würde er sie wieder leid sein. Sie würde sich in London einen Job suchen und einen neuen Anfang machen. Denn nach Hause würde sie wohl kaum zurückkehren können, wie sie sich unglücklich eingestand.

Am Morgen machte Lilah sich mit besonderer Sorgfalt zurecht. Ihre lange schwarze Lockenmähne flocht sie zu einem dicken Zopf und wählte aus ihrer Garderobe einen engen schwarzen Rock und eine cremefarbene Seidenbluse.

Allein bei dem Gedanken, mit Bastien Zikos das Bett zu teilen, wurden ihr vor Nervosität die Knie weich. Sie sagte zu sich selbst, dass Sex etwas ganz Natürliches sei und sie sich wie alle Frauen daran gewöhnen würde. Und da Bastien in diesem Punkt zweifellos sehr erfahren war, würde es bestimmt nicht zu unangenehm sein, mit ihm zu schlafen. Was natürlich nicht bedeutete, dass es ihr Spaß machen würde. Denn Sex ohne tiefere Gefühle war doch wohl eher eine rein körperliche Übung, was ihr sicher helfen würde, die Sache mit der nötigen Distanz zu betrachten.

Nein, Distanz war bestimmt kein Problem, in Anbetracht der Tatsache, dass sie Bastien von ganzem Herzen hasste, seit er sie gestern vor diese ungeheuerliche Wahl gestellt hatte. Bis dahin war er lediglich ein Frauenheld gewesen, an den sie ihr zartes Herz verloren hatte und mit dem es für sie keine glückliche Zukunft geben konnte. Jetzt aber war er ein skrupelloser Schuft, der sie dazu zwang, einen Handel zu besiegeln – der Preis: ihr Körper. Als sei sie käuflich.

Ein Gedanke, der sie erschaudern ließ. Lilah atmete tief ein, um sich gegen das, was vor ihr lag, zu wappnen. Es war ein Pakt mit dem Teufel, aber sie war fest entschlossen, vor Bastien keinerlei Schwäche zu zeigen.

Als sie das Büro betrat, begegnete ihr Julies neugieriger Blick. „Mr. Zikos hat schon angerufen und nach Ihnen gefragt. Ich habe ihm erklärt, dass Sie nie vor neun hier sind, weil Sie Ihren kleinen Bruder auf dem Weg zur Arbeit im Kindergarten abliefern.“

„Danke.“ Lilah hängte unnötig umständlich ihren Mantel auf.

Bastien hatte von zehn Uhr gesprochen, aber offenbar konnte er es nicht erwarten. Nervös strich sie ihren Rock glatt und nahm wieder die Treppe, um noch etwas Zeit zu schinden und sich zu sammeln. Warum machte sie sich so verrückt? War sie nicht bereits zu dem Schluss gelangt, dass das bisschen Sex es nicht wert war, sich deswegen den Kopf zu zerbrechen? Schließlich würde Bastien sie nicht gleich hier und jetzt auf dem Schreibtisch vernaschen wollen, oder?

Unwillkürlich tauchten vor ihrem geistigen Auge heiße Bilder auf, sodass sie fühlte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss. Nein, sie hoffte, dass Bastien es mit ihr im Dunkeln unter der Bettdecke machen würde … Lieber Himmel, sie wünschte sich, es gäbe eine Möglichkeit, Sex zu haben, ohne sich nahe kommen zu müssen … Mit diesem verrückten Gedanken im Kopf betrat sie das Büro, das einmal ihrem Vater gehört hatte.

Bei ihrem Eintreten schickte Bastien seinen Mitarbeiterstab sofort hinaus und legte seinen Tablet-PC beiseite.

„Du hast nach mir gefragt, aber es ist erst zehn nach neun“, sagte sie anstelle einer Begrüßung.

Er sah sie herausfordernd an. „Meine innere Uhr sagt mir, dass es zehn ist.“

„Dann geht deine Uhr falsch.“

„Ich irre mich nie, Delilah“, erwiderte er nachdrücklich. „Lektion eins für die perfekte Geliebte: Ich will dich um mich haben, damit du meinem Ego schmeichelst.“

Lilah erstarrte. Ungewollt glitt ihr Blick bewundernd über Bastiens markante Züge und seine athletische Figur, die der elegante Maßanzug erahnen ließ. Ihr stockte der Atem, als sie spürte, wie ihre Brustwarzen hart wurden. „Ich bin nicht sehr gut darin, dem Ego anderer Menschen zu schmeicheln“, warnte sie heiser.

Er lächelte ungerührt. „Mein Ego ist stark genug, um ein paar Dämpfer zu ertragen. Wo, meinst du denn, liegen deine wahren Talente?“

„Du bist dir total sicher, wie meine Antwort lautet, stimmt’s?“, rief sie empört aus.

„Und? Irre ich mich?“

Sie presste die Lippen zusammen. „Nein.“

„Schön. Ist es Vorschlag zwei oder drei, für den du dich entschieden hast?“, fragte er, wobei er sich aufreizend lässig an den Schreibtisch lehnte.

Vorschlag drei, Vorschlag drei, drängte er sie insgeheim, denn das würde ihm den größtmöglichen Gewinn einbringen. Er würde das Grundstück, auf dem die Fabrik stand, mit gewaltigem Profit verkaufen, den Standort der Fabrik in ein Gewerbegelände am Stadtrand verlegen und dafür auch noch eine beträchtliche staatliche Förderung erhalten, weil er in einer Gegend mit hoher Arbeitslosigkeit langfristig Arbeitsplätze sicherte. Für Bastien also eine absolute Win-win-Situation, weil er – sozusagen als Sahnehäubchen – auch noch Lilah bekam.

„Du kennst keine Skrupel, oder?“, sagte sie in hilflosem Zorn.

„Nicht, was dich betrifft“, räumte er ein. „Schließlich bist du so eigensinnig, widerspenstig und engstirnig, dass ich dich nur so bekommen kann.“

„Ich bin nichts dergleichen!“, widersprach sie hitzig.

„Eigensinnig, weil wir vom ersten Moment an füreinander bestimmt waren, du aber sofort dagegen angekämpft hast. Widerspenstig, weil du mich auf Anhieb genauso wolltest wie ich dich, es aber abstreitest. Engstirnig, weil du dir einredest, dass deine Enthaltsamkeit, mit der du dir deine tiefsten Wünsche verweigerst, meiner genussvollen Art zu leben überlegen ist.“ Er grinste genüsslich. „Ich kann den Moment kaum erwarten, in dem dir klar wird, dass du die Finger nicht von mir lassen kannst!“

Sie warf ihm einen verächtlichen Blick zu. „Da kannst du warten, bis du alt und grau bist.“

Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf und kam langsam auf sie zu. „Also … spann mich nicht länger auf die Folter. Vorschlag zwei? Oder Vorschlag drei?“

„Drei … obwohl ich dich warne, dass du dir die falsche Frau ausgesucht hast.“

„Drei“, wiederholte er voller Genugtuung. „In welcher Hinsicht die falsche Frau?“

Sie räusperte sich befangen. „Ich … besitze nicht die Erfahrung, die du vermutlich von mir erwartest.“ Je näher er ihr kam, desto nervöser wurde sie.

„Kein Problem, meine Erfahrung reicht für uns beide.“ Seine goldbraunen Augen blitzten vielsagend auf. „Willst du mir damit zu verstehen geben, dass du dieser Seite deiner Natur noch nicht sehr oft nachgegeben hast?“

„Noch nie“, entgegnete sie kurz entschlossen und blickte ihn herausfordernd an. „Ich bin noch Jungfrau.“

Bastien wich einen Schritt zurück. „Willst du mich auf den Arm nehmen?“

„Nein. Ich dachte nur, ich warne dich lieber, falls das für dich ein Grund ist, von unserer Abmachung zurückzutreten.“

„Ist das wirklich wahr?“ Er umkreiste sie langsam wie ein Raubtier seine Beute. „Du bist noch Jungfrau?“

Sie errötete, hielt seinem Blick aber trotzig stand. „Ja.“

„Wenn das stimmt, ist es kein Grund, die Abmachung aufzukündigen, sondern die denkbar größte Anmache für mich“, gestand er mit schockierender Offenheit.

Es war nicht einfach so dahergesagt. Er hatte noch nie mit einer Jungfrau geschlafen, nicht zuletzt, weil er sich nie zu jungen, unerfahrenen Mädchen hingezogen gefühlt hatte. Eher im Gegenteil, er liebte erfahrene Frauen, die im Bett genauso frei und ungehemmt waren wie er. Aber bei Delilah Moore schien alles anders … die Vorstellung, ihr erster Liebhaber zu sein, reizte ihn ungemein. Er verstand es selbst nicht, denn er war, was Frauen und Sex betraf, noch nie altmodisch oder besitzergreifend gewesen.

Irritiert fragte er sich, was der Grund für seine untypische Reaktion sein mochte … und gelangte zu einer ziemlich naheliegenden Erklärung: Was ihn so reizte, war das absolut Neue an dieser Erfahrung!

„Hast du gar kein Benehmen? Wie kannst du so etwas laut aussprechen!“, entgegnete sie pikiert.

Am liebsten hätte er sie einfach an sich gepresst und ihr gezeigt, was er fühlte. Aber er wusste, dass es nicht der geeignete Zeitpunkt dafür war. Ihre angespannte Haltung verriet ihm, dass sie sofort in Panik die Flucht ergreifen würde, wenn er ihr auch nur den geringsten Anlass gab.

„Ich möchte, dass du eine Verschwiegenheitserklärung unterschreibst“, konzentrierte er sich stattdessen lieber auf das Sachliche. „Eine Standardprozedur. Mit deiner Unterschrift versicherst du, dass du zu keinem Zeitpunkt zu niemandem weder öffentlich noch privat etwas über unsere Vereinbarung verlauten lässt.“

„Als ob ich mit irgendjemandem darüber reden wollte!“, entgegnete sie verächtlich.

„Als Gegenleistung werde ich für deinen Vater und seine Familie ein repräsentatives Haus erwerben.“

Lilah schüttelte stolz den Kopf. „Das kommt nicht infrage. Wenn du so mit dem Geld um dich wirfst, wird meine Familie Verdacht schöpfen, und das will ich auf keinen Fall. Gib meinem Vater eine gut bezahlte Anstellung, und er wird selbst für seine Familie sorgen … ohne weitere Hilfe von dir.“

Er nahm ihren Wunsch mit einem Nicken zur Kenntnis. „Ich erwarte, dass du morgen mit mir nach London fliegst.“

„Morgen schon?“, erwiderte sie überrascht.

„Ja, ich bitte deinen Vater heute noch zu mir, um ihm die guten Neuigkeiten mitzuteilen. Dabei werde ich ihn auch darüber informieren, dass du ab sofort zu meinem persönlichen Mitarbeiterstab gehörst. Mach früher Feierabend, um zu packen, und dann treffen wir uns zum Dinner in meinem Hotel.“

„Ich habe bereits eine Verabredung mit Freunden.“

„Wozu?“, erkundigte er sich gereizt.

„Wir wollen essen und ins Kino gehen.“

Bastien presste unwillig die Lippen zusammen. Am liebsten hätte er ihr gesagt, dass sie in naher Zukunft nichts mehr ohne seine Zustimmung unternehmen würde. Ein Gedanke, der ihm erstaunliches Vergnügen bereitete. Aber er musste ja nicht sofort die Peitsche auspacken, oder? Delilah Moore würde früh genug ihm gehören, und dann würde er sie mit niemandem mehr teilen.

Musste man solche Gedanken nicht „besitzergreifend“ nennen? Er erstarrte. Aber nein, diese Überlegungen waren lediglich der Tatsache geschuldet, dass er so lange auf Delilah gewartet hatte, dass er nun ihre einhundertprozentige Aufmerksamkeit für sich allein einforderte. Er würde in Bezug auf Frauen niemals besitzergreifend sein. Aber da Delilah nun für eine Weile Teil seines Lebens sein würde, wollte er auch für ihren Schutz sorgen, indem er einen Mann aus seinem Sicherheitsteam dafür abstellte, diskret ein Auge auf sie zu haben.

Kurz entschlossen zückte er sein Handy, gab eine Nummer ein und erteilte auf Griechisch einige Anweisungen, bevor er sich wieder Lilah zuwandte. „Mein Chauffeur fährt dich jetzt nach Hause und holt deinen Vater ab, um ihn zu mir zu bringen.“

Lilah zögerte unschlüssig. Das alles kam ihr so kalt und unpersönlich vor. Egal, was sie gesagt hatte, Bastien schien nicht bereit, sein Handeln infrage zu stellen, geschweige denn, Reue zu zeigen. Er wollte sie und schien zu allem bereit, um sie zu bekommen. Die unbändige Leidenschaft, mit der er sie begehren musste, machte ihr Angst.

Unvermittelt griff er nach ihrer Hand und hielt sie fest. „Wie es aussieht, werde ich dich erst morgen in meinem Jet sehen. Vielleicht ist es ja ganz gut, dass du dich heute Abend mit Freunden triffst, das lenkt die Aufmerksamkeit weg von uns. Vermutlich ist es so für alle Seiten angenehmer.“

„Für dich ganz bestimmt … Besonders damit mein Vater keinen Verdacht schöpft“, meinte sie spöttisch.

„Glaubst du wirklich, es wäre mir wichtig, was er über uns denkt? Wir sind erwachsen und ungebunden. Was wir privat tun, ist allein unsere Sache.“ Wie zum Beweis, ergriff er auch ihre andere Hand und zog sie in seine Arme. „Ganz allein unsere Sache.“ Er beugte sich herab und strich ungeniert mit der Zungenspitze über ihre Lippen.

Wider Willen durchzuckte Lilah heißes Verlangen. „Meine Güte, wir sind im Büro!“, protestierte sie, doch es klang selbst in ihren Ohren halbherzig.

„Es ist doch nur ein Kuss“, entgegnete Bastien, bevor er wild und leidenschaftlich von ihren Lippen Besitz nahm.

Überwältigt vom Ansturm ihrer Gefühle, griff Lilah Halt suchend nach dem Revers seines Jacketts. Nur ein Kuss. Schon bald würde sie viel mehr als das geben müssen … Ohne darüber nachzudenken, kam sie ihm entgegen, öffnete ihre Lippen und fühlte eine Sehnsucht in sich aufwallen, die sie alles andere vergessen ließ. Wie war es möglich, dass Bastien derart unbändige Gefühle in ihr entfesselte, gegen die sie völlig machtlos zu sein schien?

Er umfasste ihre Hüften und presste sie an sich, sodass sie fühlen konnte, wie sehr er sie begehrte. Lustvoll schmiegte sie sich an ihn. In diesem Moment wäre sie bereit gewesen, sich ihm auf der Stelle hinzugeben, aber Bastien schob sie plötzlich entschieden von sich.

„Ich sollte nicht etwas anfangen, das ich nicht zu Ende bringen kann“, sagte er.

Errötend wandte sie sich ab und ging zur Tür. „Kann ich morgen meinen Hund mitbringen?“, fragte sie, nur um irgendetwas Unverfängliches zu sagen. „Er ist ganz klein, du wirst ihn kaum bemerken.“ Was eine freche Lüge war, denn Skippy wusste sich sehr wohl bemerkbar zu machen, wenn er erst mit den Menschen in seiner Umgebung vertraut war.

Bastien zögerte. „Wenn es unbedingt sein muss. Schreib die nötigen Details auf, dann sorge ich für den Transport. Aber wenn wir erst in Frankreich sind, möchte ich nicht von ihm belästigt werden.“

„In Frankreich?“, wiederholte sie aufhorchend.

„Ja, wir werden übermorgen nach Frankreich fliegen“, erklärte er und schien nicht bereit, noch etwas hinzuzufügen.

Benommen verließ Lilah das Büro, entsetzt über ihre eigene Schwäche. Sie war nicht darauf vorbereitet gewesen, dass sie sich immer noch so stark zu Bastien Zikos hingezogen fühlte. Naiverweise hatte sie wohl angenommen, ihre gerechte Empörung über den unmoralischen Handel würde wie eine Schutzmauer wirken.

Bastien hatte sich ihre Einwilligung erkauft, indem er ihr die Wiedereröffnung und den erfolgreichen Weiterbetrieb der Fabrik unter der Leitung ihres Vaters versprochen hatte. Begriff er denn gar nicht, wie falsch ein solcher Handel war? Dass sie ihn hassen musste, weil er ihren Körper zu einer Ware herabwürdigte? War ihm das völlig gleichgültig?

Bastien wollte Sex. Ihn interessierte nicht, was sie dachte oder ihm gegenüber empfand. Und genauso wenig sollte es sie interessieren! Zu viel Empfindsamkeit im Umgang mit Bastien Zikos würde ihr nur Herzschmerz einbringen. Denn sie konnte natürlich nicht erwarten, dass er den aufmerksamen, romantischen Liebhaber mimen würde, um ihr zu helfen, ihr Gesicht zu wahren.

Zu Hause wurden ihre guten Neuigkeiten mit solchem Enthusiasmus aufgenommen, dass niemand ihr schlechtes Gewissen angesichts ihrer geschwindelten Erklärungen bemerkte und Verdacht schöpfte. Den restlichen Nachmittag verbrachte Lilah mit Packen, um dann abends zu dem Treffen mit ihren Freunden zu gehen. Ann und Jack, Dana und George waren gekommen … und natürlich Josh, groß, gut aussehend, Ende zwanzig, mit braunem Haar und grünen Augen. Als sie schließlich lachend das Kino verließen, musste Lilah zugeben, dass der kultige Horrorfilm, den sie sich angesehen hatten, sie wenigstens für eine Weile von ihren persönlichen Problemen abgelenkt hatte.

„Du machst genau das Richtige für deine Karriere“, meinte Josh, der noch bei ihr stehen blieb, als sie sich verabschiedeten. „Die Arbeit bei Moore Components hat dich nicht genug gefordert. Wenn du für einen internationalen Geschäftsmann von Zikos’ Format arbeitest, wirst du ganz andere Erfahrungen sammeln.“

„Wahrscheinlich“, antwortete Lilah schuldbewusst, weil ihre Freunde ihre Lügen über ihren neuen Job bei Bastien genauso bereitwillig geschluckt hatten wie ihre Familie.

„Für mich hätte es allerdings zu keinem schlechteren Zeitpunkt kommen können“, gestand Josh unerwartet und nahm sie bei den Händen. „Gerade als ich dich um ein richtiges Rendezvous bitten will, reist du ab.“

„Was sagst du da?“, fragte sie überrascht.

Josh aber grinste ungeniert. „Na, du hast dich doch ganz bestimmt auch schon einmal gefragt, ob wir es nicht miteinander versuchen sollten.“

Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, denn tatsächlich war es ihr nie in den Sinn gekommen.

Ehe sie sich’s versah, drückte Josh sie sacht gegen eine Wand und beugte sich herab. „Komm, nur einen Kuss …“

Unwillkürlich erstarrte sie und wusste selbst nicht, warum sie das Gefühl hatte, Josh würde zu Unrecht in das von Bastien Zikos abgesteckte Terrain eindringen. „Nein, Josh …“ Sie schob ihn mit beiden Händen von sich. Aber da es nur halbherzig geschah, küsste er sie trotzdem. Lilah empfand absolut nichts dabei … weil sie Josh zwar als Freund mochte, aber nie in ihn verliebt gewesen war.

„Denk über uns nach, wenn du im Ausland bist“, drängte er, als er sie zu seinem Wagen führte.

„Josh … ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist“, erwiderte sie ehrlich. Gab es einen Weg, einem netten Mann zu verstehen zu geben, dass man einfach nicht auf ihn flog, ohne seine Gefühle zu verletzen? Wahrscheinlich war es das Beste, so zu tun, als wäre nichts geschehen.

Als sie nach Hause zurückkam, traf sie im Wohnzimmer ihren Vater an, der anscheinend auf sie gewartet hatte. Er sah so glücklich und zufrieden aus wie lange nicht mehr. Den ganzen Nachmittag war er zu einer Besprechung mit Bastien in der Firma gewesen.

„Alles in Ordnung, Dad?“, erkundigte sie sich vorsichtig.

„Bestens“, versicherte er und erzählte ihr voller Freude, dass Bastien ihn als Geschäftsführer für Moore Components eingestellt hatte. „Allmählich begreife ich, wie er so schnell so reich geworden ist. Ich habe selten einen so fähigen Geschäftsmann erlebt. Selbst für Moore Components hat er einen Kniff entdeckt, auf den niemand sonst gekommen ist.“

„Einen Kniff?“ Lilah sah ihren Vater verständnislos an.

„Ja, die Stadt hat kürzlich neues Bauland ausgewiesen, um Entwicklungsmöglichkeiten zu eröffnen. Bastien hat sofort begriffen, wie er das gewinnbringend nutzen kann. Er verkauft das jetzige Fabrikgelände zu einem gewaltigen Profit an eine Entwicklungsgesellschaft und verlegt den Standort der Firma an die Moat Road, wofür er auch noch lukrative Fördergelder kassiert, sobald die Fabrik wieder eröffnet. Besser kann man nicht taktieren.“

„Lieber Himmel!“, flüsterte Lilah empört, denn sie begriff plötzlich, was für ein gutes Geschäft Bastien in jeder Hinsicht gemacht hatte. Er bekam nicht nur sie, sondern verdiente auch noch gewaltig daran!

4. KAPITEL

Lilah bestieg Bastiens Privatjet mit hoch erhobenem Kopf. Nein, sie war niemandes Opfer, schon gar nicht Bastiens. Mochte er es auch gewesen sein, der ihr fragwürdige Vorschläge präsentiert hatte – sie war es, die die Wahl getroffen hatte … und sie war immer noch froh, was sie für ihre Familie damit erreicht hatte.

Ihr Vater leitete wieder das Unternehmen, das ihm so viel bedeutete. Fürs Erste blieben er und Vickie mit den Kindern in Lilahs kleinem Reihenhaus, weil es in der Nähe von Bens Kindergarten lag … und weil es bezahlbar war. Lilah hegte den Verdacht, dass ihr Vater und ihre Stiefmutter ihrem neu gewonnenen Glück noch nicht ganz trauten, nachdem sie gerade erst alles verloren hatten.

Bastien beobachtete spöttisch lächelnd, wie Lilah die Kabine betrat. Sie trug einen schwarzen Hosenanzug, der wenig preisgab, und hatte sich die schwarze Lockenmähne wieder zu einem Zopf geflochten, als wollte sie ihre Reize so gut wie möglich herunterspielen. Doch nichts konnte die Anmut und Eleganz ihrer zierlichen Figur verbergen, genauso wenig wie den seidigen Schimmer ihres makellosen Porzellanteints oder das Leuchten ihrer klaren blauen Augen. Und unter der schwarzen Jacke ließ die schlichte weiße Bluse die sanfte Rundung ihrer festen, hohen Brüste ahnen … ein Anblick, bei dem es Bastien sofort heiß durchzuckte.

Heute Abend würde er diesem Zustand, der ihn unangenehm an seine Teenagerzeit erinnerte, endlich ein Ende bereiten. Sie würde ihm gehören. Allerdings, wenn es stimmte, dass sie noch Jungfrau war … Sollte das nicht angemessen inszeniert werden?

Seit wann war er so rücksichtsvoll? Irritiert beobachtete er, wie Lilah an ihm vorbei auf den hinteren Teil der Kabine zusteuerte, wo seine Mitarbeiter saßen. Sofort packte er sie am Handgelenk und hielt sie zurück.

„Du sitzt bei mir.“

Sie nahm es schweigend zur Kenntnis.

„Zieh diese Jacke aus, und löse dein Haar.“

„Und was, wenn ich mich weigere?“, entgegnete sie trotzig.

„Dann reiße ich dir die Jacke vom Leib und zerre das Band aus deinem Zopf“, erwiderte er, ohne zu zögern.

Errötend bemerkte Lilah, dass Bastiens Mitarbeiterstab sie vom Ende der Kabine aus neugierig beobachtete. Man fragte sich natürlich, was sie an Bord machte, und würde nun die Antwort erhalten. Äußerlich ruhig und gefasst, zog sie sich die Jacke aus, löste ihr Haar und setzte sich neben Bastien, aber ihre Hände zitterten vor Empörung.

Bastien betrachtete sie zufrieden. Ihre schwarzen Locken umschmeichelten ihr zartes Gesicht und fielen weit über ihre zierlichen Schultern hinab. „Und schon siehst du wieder hinreißend aus, koukla mou.“

„Wird das so weitergehen? Bestehst du immer auf dem, was du willst?“

„Was meinst du?“

„Ich habe einmal geglaubt, du wärst Manns genug und hättest es nicht nötig, eine Frau zu kontrollieren.“

Er lächelte ungerührt. „Das Problem ist … es macht mir Spaß, dich zu kontrollieren.“

Lilah verschlug es für einen Moment die Sprache. Sie hatte sich nie für jähzornig gehalten, aber Bastien hatte eine Art, sie mit fast allem, was er sagte, bis aufs Blut zu reizen. „Warum solltest du überhaupt eine Frau wollen, die dich nicht will?“, fragte sie schließlich. „Oder brauchst du das, weil es dich anmacht?“

Eine beleidigende Unterstellung. Bastien wandte sich Lilah zu und fasste in ihr Haar, sodass sie ihn ansehen musste. „Nein, dein Lächeln reicht völlig, um mich anzumachen … aber glaub mir, du kannst mich auch sehr wütend machen.“

„Wirklich?“, flüsterte sie herausfordernd.

Das Aufblitzen in ihren blauen Augen ließ ihn für einen Moment alle Beherrschung vergessen. Ehe sie sich’s versah, küsste er sie so leidenschaftlich, dass sie nicht einmal mehr atmen konnte. Überwältig, gab sie sich ganz dem Rausch der Gefühle hin, die Bastiens Kuss in ihr entfachte.

Genau zehn Sekunden lang überlegte Bastien, sie in die Schlafkabine des Jets zu tragen und auf der Stelle zu nehmen. Unter Aufbietung all seiner Willenskraft löste er sich von ihr. „Du willst mich doch auch“, sagte er rau, wobei sein Blick befriedigt über ihre geröteten Wangen und die bebenden Lippen glitt. „Du hast mich von Anfang an gewollt, koukla mou.“

Sie wandte das Gesicht ab und blickte starr geradeaus. Selbst schuld, dachte sie ärgerlich. Warum musste sie Bastien auch immer provozieren? Es brachte doch eh nichts, er schien aus all ihren Wortgefechten letztendlich als Sieger hervorzugehen.

Doch in einem Punkt hatte er recht, so gern sie es verleugnet hätte: Sie hatte sich tatsächlich vom ersten Augenblick an unwiderstehlich zu ihm hingezogen gefühlt, und die Gefühle, die er in ihr weckte, waren ebenso übermächtig wie erschreckend. Ihr Körper reagierte in seiner Nähe wie ferngesteuert, drängte zu ihm, während ihre Fantasie die erotischsten Bilder beschwor.

Nie hätte sie gedacht, dass man sich derart ummittelbar und stark von jemand angezogen fühlen konnte, wider alle Hemmungen und Vernunft. Schlimmer noch, ihr war bewusst, dass Bastien vermutlich wenig Mühe gehabt hätte, sie ins Bett zu bekommen, wenn er nur etwas feinfühliger vorgegangen wäre.

„Wo wollen wir eigentlich hin?“, fragte sie, als der Jet schon bald darauf landete.

„Heute werde ich mit dir shoppen gehen, und morgen fliegen wir weiter nach Paris, wo ich ein Meeting habe.“

„Shoppen?“, wiederholte sie überrascht.

Bastien nickte wortlos, und Lilah bemerkte den unverhohlen neidischen Blick der hübschen blonden Stewardess. Wenn sie die Wahrheit wüsste!

Doch wie sieht die Wahrheit aus? fragte sich Lilah, als Bastien und sie kurz darauf in einer Limousine mit Chauffeur durch London fuhren. Sie hatte Bastien ihr Wort gegeben, und er hatte bereits einige seiner Versprechen eingelöst. Was bedeutete, dass sie für die absehbare Zukunft mit Leib und Seele ihm gehörte. So betrachtet, war sie das Opfer eines unmoralischen Handels … doch ein Blick auf Bastien genügte, und sie verging vor Verlangen. Er war so unglaublich attraktiv und sexy … und in Anbetracht seines legendären Rufs als Frauenheld stimmten offensichtlich sehr viele Frauen in diesem Urteil mit ihr überein.

Sie wurden bereits in einem weltberühmten Modehaus von einem persönlichen Empfangskomitee – bestehend aus einer Stylistin, einer Shopping-Assistentin und verschiedenen Verkäuferinnen – erwartet und nach oben geleitet. Offensichtlich hatte Bastien seine Wünsche schon vorab mitgeteilt, denn man bat ihn, in einem privaten Vorführzimmer Platz zu nehmen, und ließ ein Tablett mit Champagner und Gläsern bringen. Lilah, die sich etwas unschlüssig im Hintergrund gehalten hatte, wurde in einen Ankleideraum geführt, wo sie eine erstaunliche Auswahl an exklusiver Mode erwartete.

Natürlich gab es Schlimmeres als für Bastien einen Berg von Luxus-Outfits anzuprobieren. Aber wenn er sie bewusst ärgern wollte, indem er sie zwang, Kleider vorzuführen, die er an ihr sehen wollte, würde sie ihm einen Strich durch die Rechnung machen. Sie hatte nicht vor, bereitwillig die Modepuppe für ihn zu spielen!

Bekleidet mit einem hautengen blauen Seidenkleid, trat sie herausfordernd hervor, die Wangen vor Ärger gerötet.

Bastien saß bequem zurückgelehnt in einem Sessel, bereit sich zu amüsieren. Zufrieden glitt sein Blick über Lilah, die auf den ungewohnt hohen High Heels noch ein wenig wackelig ging. Aber das Kleid war nichts, viel zu aufreizend. So etwas sollte sie allenfalls in seinem Schlafzimmer tragen und nirgendwo sonst. Deshalb winkte er geringschätzig ab und wartete auf das nächste Outfit.

Schon viel besser. Das blassrosa Kostüm brachte ihre schwarze Lockenmähne und die klaren blauen Augen hinreißend zur Geltung. Ihre zierliche Figur besaß einfach Klasse und Eleganz. Bei ihrer ersten Begegnung hatte Bastien beim Anblick von Delilah Moore an eine kostbare, makellose Porzellanpuppe gedacht … mit dem entscheidenden Unterschied, dass ihr zartes Gesicht so ausdrucksvoll war, dass er darin lesen konnte wie in einem Buch.

„Ich werde aber keine Dessous für dich vorführen“, zischte sie ihm jetzt warnend zu.

Erst da bemerkte er das Funkeln in ihren Augen und ahnte, wie wütend sie war. „Kein Problem“, erwiderte er lässig. „Das heben wir uns fürs Schlafzimmer auf, glikia mou.“

Ihre Wangen färbten sich noch dunkler. „Nein, das ist nicht meine Art. Wenn du so etwas willst, hast du dir die Falsche ausgesucht!“

„Du bist perfekt für mich“, versicherte er ihr gelassen.

„Ein Kompliment, das ich leider nicht erwidern kann“, entgegnete sie spitz. „Es ist doch offensichtlich, dass wir überhaupt nicht zusammenpassen. Du willst eine Anziehpuppe, die genau das tut, was man ihr sagt. Und so bin ich nicht.“

Bastien stand auf und sah mit unergründlichem Blick auf sie nieder. „Das will ich gar nicht.“

Sie machte eine ungeduldige Geste. „Du willst alles, was nicht perfekt ist, übertünchen. Du willst absoluten Gehorsam. Du willst eine Frau mit einer gewissen Unterwürfigkeit, und ich bin alles andere als unterwürfig. Im Gegenteil, ich streite mit jedem, der unvernünftige Forderungen stellt. Und du bist der König der unvernünftigen Forderungen, Bastien. Was willst du also mit mir?“

„Du interpretierst alles falsch, was ich je zu dir gesagt habe“, meinte Bastien.

„Wirklich? Du bist doch so ein Kontrollfreak, dass du sogar bestimmen willst, welche Kleider ich trage.“

„Das stimmt so nicht. Ich sehe dich eher wie einen Edelstein, den ich polieren und in die angemessene Fassung bringen möchte. Du sollst strahlen …“

„Bastien!“, fiel sie ihm verwirrt ins Wort. Sie verstand überhaupt nichts mehr. Er hatte doch sehr deutlich gesagt, dass er nur Sex von ihr wollte. Warum sollte es ihm dann wichtig sein, was für Kleider sie trug? Trotzdem hatte er für sie eine erstaunlich umfangreiche Garderobe auswählen lassen. Wie sollte sie in der Zeit, die sie bei ihm sein würde, auch nur einen Bruchteil dieser Kleider anziehen? Liebe Güte, er stand in dem Ruf, dass er die Frauen wie seine Hemden wechselte! Und doch wurde es Abend, ehe dieser umfangreiche Einkaufstrip zu Ende war.

„Wir gehen jetzt zum Dinner ins Hotel“, entschied Bastien.

Ein letztes Mal verschwand Lilah in der Umkleidekabine und suchte sich einen Rock und ein Top aus, um es für den Abend zu tragen. Sie fühlte sich innerlich zerrissen. Einerseits wollte sie sich gegen Bastien zur Wehr setzen, andererseits wollte sie ihm geben, was er wollte, und ihn zufriedenstellen. Wie viel war ihr Stolz wert, wenn sie ihn gegen das Glück ihres Vaters und seiner Familie aufwog? Was Bastien gegeben hatte, konnte er auch genauso schnell wieder nehmen. Sie sollte wirklich dankbar sein. Nur leider war sie zu idealistisch, um so zu denken. Anders als Bastien wünschte sie sich Sex nur zusammen mit Liebe und einer ernsthaften Beziehung.

Ihre Hotelsuite in dem Luxushotel war sehr groß und besaß zwei Schlafzimmer. Bastien blieb auf der Schwelle zum ersten stehen und sagte: „Das ist dein Zimmer. Ich habe gern mein eigenes.“

Lilah war erleichtert, dass sie nicht mit ihm ein Schlafzimmer teilen und auf jegliche Privatsphäre verzichten musste. Während sie wartete, dass Hotelpagen ihr Gepäck und ihre in unzählige Schachteln und Taschen verpackte neue Garderobe hereintrugen, hatte Bastien sich dem Schreibtisch in dem großen Salon zugewandt, wo bereits ein Laptop bereitstand. Er zückte sein Handy und telefonierte im nächsten Moment in fließendem Französisch, während er seinen Mitarbeiterstab herbeiwinkte. Im Nu waren sie in eine geschäftliche Besprechung vertieft, bei der immer wieder der Name Dufort Pharmaceuticals fiel, und Bastien schien Lilah völlig vergessen zu haben.

Also zog sie sich ans andere Ende des Salons zurück, streifte die neuen High Heels ab und schaltete den Fernseher ein. Anstelle des erwarteten feinen Dinners im Restaurant schob etwa eine Stunde später eine ganze Riege von Zimmerkellnern Teewagen herein, auf denen ein Büffet angerichtet war. Bastien und seine Mitarbeiter griffen sofort mit Appetit zu und aßen im Stehen.

„Delilah“, rief er ihr zu. „Komm, iss etwas. Du musst Hunger haben.“

„Ich verhungere“, gestand sie und kam barfuß zu ihm, um den Teller zu nehmen, den er ihr reichte. Als sie ohne ihre Pumps neben ihm stand, kam er ihr noch größer und imposanter vor.

„Es hat sich ein vielversprechendes Geschäft ergeben, um das wir uns kümmern müssen“, erklärte er ihr. Sein Blick glitt von ihren zerzausten Locken bis hinunter zu ihren niedlichen Zehen. Eitelkeit schien ihr fremd, und sie legte es auch nicht darauf an, ihn zu beeindrucken, wie er bewundernd zur Kenntnis nahm.

„Das dachte ich mir schon“, erwiderte sie trocken. Eigentlich war sie ganz froh, dass sie nicht im Zentrum seiner Aufmerksamkeit stand.

Nachdenklich sah er zu, wie sie es sich wieder auf dem Sofa vor dem Fernseher bequem machte. Offensichtlich akzeptierte sie, dass für ihn das Geschäft an erster Stelle stand, und nahm es ihm nicht übel. Umgekehrt fragte er sich plötzlich, ob er nicht gerade daran Anstoß nehmen sollte, weil es wohl kaum ein Kompliment für ihn war, wenn sie sich so wenig nach seiner Aufmerksamkeit sehnte.

Eine weitere Stunde später schaltete Lilah den Fernseher aus, zog ihre High Heels wieder an und stand auf. Das Fernsehen langweilte sie, aber es war noch zu früh, um ins Bett zu gehen.

„Was hast du vor?“, fragte Bastien sofort, als sie zur Tür ging.

„Ich fahre nach unten und sehe mich etwas im Hotel um.“

Als sie jedoch den Lift betrat, folgte ihr zu ihrem Erstaunen einer von Bastiens Leibwächtern.

„Hat Bastien Angst, dass ich weglaufe?“, fragte sie irritiert.

„Ich fürchte, Sie müssen sich an mich gewöhnen“, erwiderte der junge Mann. „Ich habe Anweisung, Sie nicht aus den Augen zu lassen.“

„Und wie heißen Sie?“

„Ciro.“

„Ich bin Lilah“, entgegnete sie lächelnd, denn es wäre nicht fair gewesen, ihren Frust an ihm auszulassen. Er machte ja nur seinen Job.

Dezente Pianomusik drang aus der gedämpft beleuchteten Bar im Erdgeschoss. Lilah suchte sich einen Platz und bestellte einen Drink, Ciro zog sich an einen Tisch in einer Ecke zurück und ließ sie in Frieden. Da sie nicht daran gedacht hatte, ein Buch mitzunehmen, entschied sie sich, ein paar Anrufe zu machen.

Als Erstes wählte sie die Nummer ihres Vater, der ihr begeistert von Bastiens Plänen für die Firma vorschwärmte. Danach rief sie Vickie an und erfuhr, dass Skippy, wie vereinbart, am Morgen von der Hundetransportfirma abgeholt und zum Flughafen gebracht worden war.

Kaum hatte sie ihr Handy wieder verstaut, setzte sich ungefragt eine blonde Frau zu ihr an den Tisch. Lilah blickte irritiert auf.

„Sie sind zusammen mit Bastien Zikos hier, richtig?“, erkundigte sich die Frau lächelnd.

„Warum fragen Sie?“, entgegnete Lilah abweisend.

„Ich bin Jenny Gower, und ich schreibe für die Frauenseite des Daily Pageant“, erklärte die Blondine im Plauderton und reichte Lilah eine Visitenkarte. „Das ist meine Nummer. Rufen Sie mich jederzeit an, wenn Sie ein wenig plaudern möchten. Unsere Leserinnen lieben Bastien, und wir sind bei seinen Damenbekanntschaften gern auf dem neuesten Stand.“

Die Frau war also Reporterin – wie unangenehm. „Ich habe Ihnen nichts zu sagen.“

„Nur nicht so schüchtern. Wir zahlen großzügig, auch für die kleinste Neuigkeit.“

Wie aus dem Nichts tauchte Ciro neben Lilah auf. „Sie unterhalten sich mit einer Journalistin, Lilah.“

„Nun, eigentlich haben wir uns gar nicht unterhalten. Ich wollte gerade aufbrechen.“ Lilah trank ihren Drink aus, stand auf und ging.

„Mr. Zikos hasst Klatschreporter“, warnte Ciro sie auf dem Weg zum Lift. „Wenn es sich vermeiden lässt, werde ich ihm nicht erzählen, dass Sie angesprochen wurden.“

Bastien hatte seine Mitarbeiter in den Feierabend verabschiedet. „Ich wollte gerade hinunterfahren und dir Gesellschaft leisten“, sagte er, als Lilah die Suite betrat.

Sie zuckte sichtlich zusammen und errötete. Irritiert bemerkte Bastien die Besorgnis in ihrem Blick. Frauen schreckten normalerweise nicht vor ihm zurück, sondern sanken ihm zu Füßen! Anscheinend hatte sie nicht übertrieben, was ihre Unerfahrenheit anging. Höchste Zeit, ihr zu zeigen, dass sie keine Angst vor ihm haben musste.

„Möchtest du einen Drink?“, erkundigte er sich und kam langsam auf sie zu.

„Nein, danke.“

Ohne Vorwarnung nahm Bastien sie bei den Händen und zog sie zu sich heran. Lilah erstarrte und versuchte, sich aus seiner Umarmung herauszuwinden.

„Entspann dich.“

„Machst du Witze?“, rief sie aus.

„He, du hast mir zwar gesagt, dass du noch Jungfrau bist, aber nicht, dass du auch hysterisch bist“, spottete er.

Seine Worte trafen sie bis ins Mark. Sofort hielt sie ganz still. Sie hatte wirklich überreagiert. Natürlich war es Teil ihres Handels, dass Bastien sie berührte, und es war lächerlich, deshalb in Panik zu geraten.

„Ich bin nicht hysterisch“, sagte sie deshalb so stolz wie möglich.

Autor

Chantelle Shaw
<p>Chantelle Shaw ist in London aufgewachsen. Mit 20 Jahren heiratete sie ihre Jugendliebe. Mit der Geburt des ersten Kindes widmete sie sich ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter, ein Vollzeitjob, da die Familie bald auf sechs Kinder und verschiedene Haustiere anwuchs. Chantelle Shaw entdeckte die Liebesromane von Mills &amp; Boon,...
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