Julia Extra Band 471

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ROTE ROSEN FÜR UNS ZWEI von MILBURNE, MELANIE
Holly spielt die Verlobte von Staranwalt Zack Knight - natürlich nur als Werbung für ihren Job als Hochzeitsfloristin, denn sie ist wie er überzeugter Single. Dumm nur, dass Zack trotz allem einfach unwiderstehlich sexy ist und sie ihn gegen jede Vernunft bald heiß begehrt …

DAS SUPERMODEL UND DER PRINZ von MILNE, NINA
"Ich habe einen Sohn?" Schockiert erfährt Fürst Frederick von den süßen Folgen seiner Liebesnacht mit Supermodel Sunita. Um einen Skandal zu vermeiden und seinem Sohn das Thronerbe zu sichern, verlangt er eine Vernunftehe. Aber warum prickelt es dabei so erregend?

DEINE KÜSSE SCHMECKEN SO SÜß von COLTER, CARA
Brees Herz schlägt höher, als sie ihren Jugendschwarm Brand Wallace trifft. Damals hat er ihr die kalte Schulter gezeigt, jetzt verführt der attraktive Milliardär sie zu sinnlichen Küssen. Doch kaum beginnt sie von mehr zu träumen, entdeckt sie sein dunkles Geheimnis …

WIEDERSEHEN AUF DEN BAHAMAS von HAYWARD, JENNIFER
Auf einer exklusiven Party auf den Bahamas sieht Unternehmer Santo Di Fiore überraschend die betörende Gia wieder. Warum hat sie ihn nach einer verbotenen Nacht der Leidenschaft ohne ein Wort des Abschieds verlassen? Gias unerwartetes Geständnis stellt Santos Leben auf den Kopf …


  • Erscheinungstag 20.08.2019
  • Bandnummer 0471
  • ISBN / Artikelnummer 9783733712969
  • Seitenanzahl 450
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Melanie Milburne, Nina Milne, Cara Colter, Jennifer Hayward

JULIA EXTRA BAND 471

MELANIE MILBURNE

Rote Rosen für uns zwei

Scheidungsanwalt Zack begehrt Holly auf den ersten Blick. Dass sie ihn ignoriert, fordert ihn erst recht heraus, sie zu verführen – aber nur zu einer Affäre, schließlich hat er der Liebe abgeschworen!

NINA MILNE

Das Supermodel und der Prinz

Soll sie Prinz Frederick heiraten, um ihrem Sohn das Thronerbe zu sichern? Supermodel Sunita ist hin- und hergerissen. Denn Frederick besteht auf einer Vernunftehe, und das ist ihr nicht genug …

CARA COLTER

Deine Küsse schmecken so süß

Tycoon Brand Wallace ist fasziniert von der süßen Bree. Doch auch wenn ihre Küsse unwiderstehlich verlockend sind, fürchtet er, dass er ihr auf Dauer nicht geben kann, was sie ersehnt …

JENNIFER HAYWARD

Wiedersehen auf den Bahamas

Gias einzige Liebesnacht mit Santo hat eine Kette unvorhersehbarer Ereignisse ausgelöst … und ihr zugleich das Kostbarste beschert, das sie besitzt. Hat er sie jetzt aufgespürt, um es ihr zu nehmen?

1. KAPITEL

Jedes Mal, wenn Holly Frost die Einladung zur Verlobungsfeier ihrer jüngeren Schwester las, wäre sie am liebsten nach Sibirien ausgewandert. Natürlich liebte sie Belinda, genau wie sie auch Katy und Meg liebte. Sie hätte sich keine besseren Schwestern und auch keine besseren Eltern und Großeltern wünschen können. Im Gegensatz zu einigen ihrer Freundinnen konnte sie sich wirklich glücklich schätzen, denn alle in ihrer Familie waren liebevoll und fürsorglich. Katy und Meg waren bereits glücklich verheiratet, und nun würde Belinda auch vor den Altar treten. Nur Holly war mal wieder das Sorgenkind!

Jetzt würden alle aufs Neue fragen, wann sie sich denn endlich einen Mann suchen würde. Als ob Holly das überhaupt wollte! Immerhin war sie nicht nur einmal, sondern gleich zweimal sitzen gelassen worden …

Ein weiteres Familienfest ohne einen Partner im Schlepptau war jedoch eine grauenhafte Vorstellung! Wie sollte sie die Blicke ertragen, die Fragen über ihr Liebesleben? Ihre Familie vertrat die Ansicht, dass jede Frau, die auf die dreißig zusteuerte, zumindest Heiratspläne haben sollte. Vor allem wenn es sich um eine junge Frau handelte, die ständig von glücklichen Bräuten umgeben war.

Verflixt!

Holly war die begehrteste Hochzeitsfloristin in London. Sie lieferte zwar auch Sträuße und Gestecke für Beerdigungen, Partys und Firmenfeiern, aber Blumenarrangements für Hochzeiten waren ihre Spezialität. Schon als Kind war sie geradezu besessen von allem gewesen, was mit Heiraten zu tun hatte. Und vor vier Jahren war ihr mit dem Blumenschmuck für eine Promihochzeit der Durchbruch gelungen. Es war ein Auftrag für den Star einer beliebten Realityshow gewesen, und die Bilder in den sozialen Medien hatten Hollys Blumenladen über Nacht bekannt gemacht.

Ihr Geschäft war ihr Leben. Holly hatte keine Zeit für andere Dinge, und ihr beruflicher Erfolg entschädigte sie für ihr wenig erfolgreiches Privatleben. Trotzdem litt sie unter ihren gescheiterten Beziehungen, schließlich standen sie für zerschlagene Hoffnungen und zerbrochene Träume.

Dass ihre Familie glaubte, sie könnte als Single nicht glücklich sein, frustrierte Holly allerdings. Nicht alle wollten das Märchen. Es erwies sich spätestens dann als Illusion, wenn der Prinz eine Woche vor der Hochzeit mit einer anderen Frau durchbrannte. Und allerspätestens, wenn der zweite Prinz ebenfalls das Weite suchte, diesmal am Tag vor der Hochzeit mit seiner Fitnesstrainerin.

Vom Märchenprinzenvirus war Holly für alle Zeiten kuriert.

„Machst du auch die Deko für die Hochzeit deiner Schwester?“, fragte ihre Assistentin Jane, die gerade mit einem Armvoll weißer Rosen aus dem Kühlraum kam.

Holly machte ihr auf der Arbeitsplatte Platz. „Ja. Und ich bin die erste Brautjungfer. Wieder einmal.“

„Dreimal Brautjungfer …“ Jane wich einen Schritt zurück, als wäre das eine ansteckende Krankheit. „Hast du keine Angst, dass du dir damit deine Chancen …?“

„Nein.“ Holly nahm eine Rose von der Arbeitsplatte und knipste den Stiel ab. „Ich will nämlich nicht heiraten.“

„Willst du es nicht noch einmal probieren? Herausfinden, ob es diesmal …“

„Nein.“ Holly nahm eine weitere Rose und verfuhr damit genauso.

Jane warf einen Blick auf die Einladung. „Und wen nimmst du als Begleitung mit auf die Verlobungsfeier?“

Holly biss die Zähne zusammen und wickelte grünen Draht um den Stiel einer Rose. „Niemanden.“

„Du gehst allein auf eine eurer Familienfeiern? Ist das nach dem letzten Mal nicht ein bisschen … riskant?“

Ein entschlossenes Glitzern trat in Hollys Augen. „Ich habe meiner Mutter klipp und klar gesagt, dass sie aufhören soll, mich mit irgendwelchen Nerds zu verkuppeln. Ich bin gern Single.“ Dann nahm sie eine weitere Rose, um deren Stiel sie ebenfalls Draht wickelte. „Nur weil alle in meiner Familie einen Partner haben, muss ich mich nicht zwangsläufig auch binden.“

„Apropos kein Partner …“ Jane reichte ihr einen neuen Auftrag, der in der Nacht per Mail eingegangen war. „Jemand möchte dich für eine Scheidungsparty buchen. Das hattest du noch nie, oder?“

Stirnrunzelnd warf Holly einen Blick auf das Formular. „Das kommt von Kendra Hutchinson. Ich habe vor ungefähr vier Jahren die Deko für ihre Hochzeit gemacht, das war vor deiner Zeit. Es war eine große Feier. Mir war damals schon klar, dass dieser Typ und sie überhaupt nicht zusammenpassen. Sie wusste, dass er etwas mit einer der Brautjungfern hatte, hat ihn aber trotzdem geheiratet.“

„Hochzeiten sind einfach zu teuer, um sie in letzter Minute abzusagen.“

„Was du nicht sagst.“ Holly schnitt ein Gesicht, während sie eine weitere Rose kürzte. Und es ist furchtbar peinlich.

„Weißt du, wer Kendra vor Gericht vertreten hat?“, hakte Jane fröhlich nach. „Zack Knight, der Promianwalt, der Millionen mit den Scheidungen anderer verdient hat. Vielleicht lernst du ihn ja auf dieser Party kennen.“

Holly verzog die Lippen zu einem verbitterten Lächeln. „Ich freue mich darauf.“

Janes guter Laune tat die Einsilbigkeit ihrer Chefin keinen Abbruch. Aber als sie das Auftragsformular erneut betrachtete, verfinsterte sich ihre Miene ein wenig. „Ich hoffe, wir machen jetzt nicht nur noch Scheidungspartys und Beerdigungen …“

Hollys Magen krampfte sich zusammen. In der letzten Woche hatten drei Kunden ohne Angabe eines Grundes ihre Hochzeitsaufträge abgesagt. Das war noch nie passiert, und sie versuchte, sich keine Sorgen zu machen. Doch sie musste die Hypothek für ihr Haus begleichen. Die Renovierungskosten waren auch nicht ohne. Und ihre Angestellten brauchten ihr Gehalt … „Alle Unternehmen machen mal schwere Zeiten durch. Jetzt im Frühling wird es bestimmt besser, auch wenn das Wetter noch nicht besonders frühlingshaft ist.“

Jane biss sich auf die Lippe. „Die Therapie für meinen Neffen ist so teuer, dass ich auf keinen Fall weniger arbeiten kann. Ich kann es mir nicht leisten, meinen Job zu verlieren!“

Eher hätte Holly auf der Straße gelebt, als dafür verantwortlich zu sein, dass Jane das Geld für die Therapie für ihren kleinen Neffen, der Autist war, nicht mehr aufbringen konnte. Sie nahm ihre Hand. „Du wirst deinen Job nicht verlieren. Ich kann das Geschäft nicht ohne dich führen.“ Dann ließ sie ihre Hand wieder los. „Außerdem habe ich gehört, dass Scheidungspartys ganz groß im Kommen sind.“

„Aber Hochzeiten sind deine Spezialität“, erinnerte Jane sie. „Glaubst du, die Flaute ist darauf zurückzuführen, dass du so männerfeindlich geworden bist?“

„Was hat das damit zu tun?“

„Du machst nicht gerade ein Geheimnis daraus, dass du alle Männer für Mistkerle hältst. Einige deiner Postings in den sozialen Medien waren etwas negativ, und du hattest seit … zweieinhalb Jahren kein Rendezvous mehr. Schreckst du damit vielleicht potenzielle Kunden ab?“

Holly knipste den Stiel einer weiteren Rose ab. „Was ich von Männern halte, hat doch nichts mit meinem geschäftlichen Erfolg zu tun. Ich brauche keinen Mann in meinem Leben. Es geht mir prima.“

„Wenn du nicht mehr Aufträge für Hochzeiten bekommst, bist du am Ende“, erklärte Jane grimmig. „Es gibt noch mehr Hochzeitsfloristen in London, und der Wettbewerb ist hart. Du brauchst ein anderes Image. Oder einen Mann. Oder beides.“

Holly legte frustriert die Rosenschere weg. „Warum sind alle so versessen darauf, dass ich einen Partner finde? Warum denken alle, einer Frau würde etwas fehlen, wenn es in ihrem Leben keinen Mann gibt?“

Der Computer signalisierte den Eingang einer Mail. Jane ging hin, um sie zu lesen, und seufzte dann. „Und noch eine. Alexandra Mackie hat den Auftrag für ihre Hochzeit storniert.“

Holly ging zu ihr, um die Mail ebenfalls zu lesen. Wieder krampfte ihr Magen sich zusammen. Wie bei den anderen drei Stornierungen gab es keine Erklärung. War es ihre Schuld? Hatte sie sich zu drastisch über ihre männerfreie Phase geäußert? Sie richtete sich wieder auf. „Okay. Dann werde ich eben nicht mehr in den sozialen Medien verkünden, wie sehr ich Männer verabscheue, die fremdgehen.“

Nachdenklich trommelte Jane auf die Arbeitsplatte. „He, ich habe eine Idee. Bitte Kendra, auf der Party ein Foto zu schießen, auf dem du neben Zack Knight stehst. Sie hat Unmengen von Followern. Ein Schnappschuss, auf dem ihr beide miteinander flirtet, sollte sich schnell verbreiten. Damit wäre dein Problem gelöst.“

„Genialer Vorschlag, Jane, aber für mich ist schon das Wort Flirten ein Albtraum!“ Holly griff wieder zu der Rosenschere und wünschte, sie könnte ihren Ex-Freunden damit zu Leibe rücken. „Außerdem habe ich es völlig verlernt.“

Und selbst wenn das nicht der Fall wäre, würde ich es nicht tun.

Die Scheidungsparty fand in einem exklusiven Hotel im Zentrum von London statt. Der Champagner floss in Strömen, doch die Partystimmung übertrug sich nicht auf Holly. In einem Anflug von Panik fragte sie sich, was wäre, wenn sie ihren finanziellen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen könnte. Wenn sie schließen musste.

Was, wenn sie scheiterte?

Holly aß gerade ihr zweites Stück Käsekuchen, als Zack Knight eintraf. Sie wusste, dass er es war, weil die Mehrzahl der weiblichen Gäste bei seinem Anblick in eine Art kollektives Seufzen verfiel. Und sie hätte auch geseufzt, hätte sie nicht gerade gegessen. Käsekuchen hatte sie noch nie widerstehen können. Das war eine ihrer Schwächen …

Sie hatte schon Fotos von Zack auf den Klatschseiten gesehen, aber die waren ihm nicht gerecht geworden. War sie je einem attraktiveren Mann begegnet?

Er überragte alle anderen Gäste. Das lässig zerzauste schwarze Haar verlieh ihm etwas Verwegenes, als wäre er gerade erst nach wildem Sex aus dem Bett gestiegen. Er war glatt rasiert, doch ein dunkler Schatten ließ auf einen starken Bartwuchs schließen. Und auf viele, viele männliche Hormone … Seine Haut hatte einen bronzenen Schimmer und passte perfekt zu der vitalen, energischen Ausstrahlung, die ihn wie eine Aura umgab.

Holly konnte die Energie spüren, die er in den Raum brachte. Ein Schauer rieselte ihr über den Rücken, und längst verschüttete Empfindungen erwachten in ihr.

Ihr Blick fiel auf seinen Mund. Intuitiv wusste Holly, dass dieser Mann ein wunderbares Lächeln haben musste: ein Lächeln, das auch den frostigsten Widerstand hinwegschmelzen konnte.

Plötzlich begegneten sich ihre Blicke. Unmerklich zog er die Brauen hoch, als fragte er sich, ob er sie kannte. Das Prickeln verstärkte sich, und Hitzewellen durchfluteten ihren Schoß. Nach einem langen Blick auf ihren Mund musterte Zack Knight sie nun von Kopf bis Fuß, woraufhin sie erneut erschauerte, als hätte er sie berührt.

Holly konnte nicht verstehen, warum ihr Herz wie wild pochte und sie plötzlich schneller atmete. Ihr wurde immer heißer, und ihre Sinne schienen unnatürlich geschärft zu sein.

Sie mochte den Männern abgeschworen haben, doch selbst sie war nicht immun gegen diesen Traum von einem Mann. Sein muskulöser Körper verriet regelmäßiges Krafttraining – oder gute Gene. Oder beides. Jedenfalls konnte sie nachvollziehen, warum die Frauen Zack unwiderstehlich fanden. Obwohl sie weit von ihm entfernt stand, spürte sie seine überwältigende Anziehungskraft mit all ihren Sinnen.

Als Zack ihr selbstbewusst zulächelte, beschleunigte ihr Puls sich noch mehr. Dann kam er auf sie zu. Er hatte einen entschlossenen Gang, der genau zu dem passte, was sie über diesen Mann wusste. Vor Gericht war er ein unerbittlicher Gegner, der sich voll und ganz für seine Mandanten einsetzte. Er hatte einige der schmutzigsten Scheidungen im Land durchgefochten und immer dafür gesorgt, dass seine Klienten triumphierend den Gerichtssaal verließen.

Dass sie den Atem anhielt, wurde Holly erst bewusst, als sie bemerkte, wie leicht sich ihr Kopf anfühlte. Vielleicht lag es aber auch an den zwei Gläsern Champagner, die sie getrunken hatte. Champagner war eine weitere Schwäche von ihr. Das Getränk zum Feiern! Auch wenn sie im Augenblick nichts zu feiern hatte und niemanden, mit dem sie feiern konnte. Dann blieb Zack Knight schließlich einen halben Meter vor ihr stehen – und ihre Hormone schienen vor Begeisterung Samba zu tanzen.

„Soweit ich weiß, sind Sie für den Blumenschmuck hier verantwortlich“, sagte er mit tiefer, wohlklingender Stimme, während er sie bewundernd musterte. „Schön.“

Holly war so fasziniert von der ungewöhnlichen Farbe seiner Augen, dass es ihr zunächst die Sprache verschlug. Zacks Augen waren rauchblau mit vereinzelten marineblauen Sprenkeln, und jede Iris war umgeben von einem präzisen marineblauen Rand … Holly hob das Kinn. „Sie sind bestimmt kein Mann, der stehen bleibt, um den Duft der Rosen auf sich wirken zu lassen.“

Nun funkelten seine Augen, und er lachte. „Ich liebe nichts mehr als eine dornige Rose. Je stacheliger, desto besser.“

Holly versuchte, nicht zu auffällig seinen Mund zu betrachten, doch sein Lächeln weckte Fantasien in ihr. Wie würden sich diese festen und doch sinnlichen Lippen wohl auf ihren anfühlen? Sie fühlte das wilde Pochen ihres Herzens. Es war über zwei Jahre her, dass sie das Gesicht eines Mannes berührt hatte. Und sie konnte sich kaum noch erinnern, wie es war, von einem Mann geküsst zu werden.

Zack streckte ihr die Hand entgegen. „Zack Knight.“

Als sie ihre Hand in seine legte, elektrisierte die Berührung sie förmlich. Du musst wirklich öfter ausgehen, sagte Holly sich streng. Sie verhielt sich wie eine sexhungrige alte Jungfer! Was gewissermaßen auch stimmte, aber trotzdem … Als er ihre Hand drückte, stellte sie sich unwillkürlich vor, wie er mit seinen starken Händen über ihre nackte Haut strich. Über ihre Brüste, ihren Bauch und …

„Holly Frost“, erwiderte sie kühl, doch sein Lächeln wirkte nun spöttisch, als wüsste er ganz genau, wie er auf sie wirkte.

Und er ließ ihre Hand zuerst los, was sie ärgerte. Dann beobachtete sie jedoch, wie er seine Hand unwillkürlich öffnete und wieder schloss, als hätte ihr kurzer Händedruck ähnlich intensiv auf ihn gewirkt wie auf sie. In seinen Augen flackerte etwas auf – Verblüffung? Faszination? Jedenfalls konnte Holly den Blickkontakt nicht unterbrechen. Der herbe Duft seines Aftershaves verwirrte sie. Seine Nähe verwirrte sie.

Der kluge Blick seiner blauen Augen war unwiderstehlich. Dass Zack einen maßgeschneiderten Anzug trug, der seinen sexy Körper betonte, machte die Sache nicht leichter. Darunter trug er ein lässig geknöpftes weißes Hemd, das den Blick freigab auf seinen kräftigen sonnengebräunten Hals …

„Möchten Sie etwas trinken?“, fragte er.

„Nein danke. Ich hatte schon zwei Gläser.“

Erneut funkelten seine Augen. „Sind Sie mit dem Wagen da?“

„Nein. Mit dem Taxi.“

„Und ich kann Sie nicht in Versuchung führen, sodass Sie mit Ihrer Regel, nur zwei Gläser zu trinken, brechen?“

Holly hob das Kinn und schlug ihren Gouvernantentonfall an. „Nein, Mr. Knight. Sie können mich nicht in Versuchung führen.“

Zack lächelte wissend, und prompt hatte sie Schmetterlinge im Bauch. „Sind Sie in Begleitung hier?“

„Nein, ich bin allein gekommen.“

„Ist das normal bei Ihnen?“

Sein Tonfall veranlasste sie, sich zu fragen, ob sie gerade über ihren Beziehungsstatus oder über etwas viel Intimeres sprachen. In der Nähe eines so maskulinen Mannes wie Zack Knight an Sex zu denken, war, als würde man mit einem brennenden Streichholz vor einem Benzinkanister stehen.

Gefährlich.

Holly spürte, wie ihr das Blut ins Gesicht stieg und ihr Widerstand dahinschmolz. Angestrengt lächelte sie. „Ich möchte Sie nicht davon abhalten, mit den anderen Gästen zu plaudern.“

„Ich interessiere mich nicht für die anderen Gäste. Ich interessiere mich für Sie.“ Ruhig sah Zack ihr in die Augen.

„Ich wüsste nicht, warum Sie sich für mich interessieren sollten.“ Verdammt, sie klang, als würde sie flirten!

„Zack!“, rief Kendra Hutchinson schrill, während sie auf ihren schwindelerregend hohen Absätzen auf sie zukam. „Klasse, Sie haben Holly gefunden.“ Sie strahlte Holly an. „Ich habe ihm alles über Sie erzählt. Ich hoffe, es stört Sie nicht.“

Holly lächelte höflich. „Warum sollte es? Falls Mr. Knight Blumen für eine Hochzeit braucht, muss er mich nur anrufen.“

Kendra lachte, bevor sie sich lächelnd an Zack wandte. „Ist sie nicht toll? Ich wusste, dass Sie beide sich auf Anhieb verstehen würden.“

„Ja, das ist sie.“ Er blickte Holly an, und der Ausdruck in seinen Augen erinnerte sie an den eines Jägers, der gerade seine Beute gefunden hatte.

„Holly hatte schon seit zweieinhalb Jahren kein Date mehr“, sagte Kendra nun zu Zack. „Finden Sie das nicht erstaunlich?“

Holly fand es erstaunlich, dass sie sich nicht einen von Kendras Stilettos schnappte und ihr den Absatz in die mit Kollagen aufgepolsterte Wange rammte. Sicher, sie mochte auf Facebook gelegentlich gegen die Männer gewettert haben, doch sie hatte kein Wort darüber verloren, wie lange sie nun schon enthaltsam lebte. Das ging niemanden etwas an. Hatte Kendra etwa mit Jane darüber geredet? Oder mit Sabrina, ihrer besten Freundin, die das Brautmodengeschäft leitete, zu dem Holly eine offizielle Geschäftspartnerschaft unterhielt?

„Mal sehen, ob ich sie in der Hinsicht umstimmen kann“, erwiderte Zack mit einem siegessicheren Lächeln, woraufhin Holly erneut das Kinn hob und ihn von oben herab ansah.

„Vergeuden Sie nicht Ihre Zeit, Mr. Knight.“

„Es ist ja meine Zeit“, konterte er.

Nun zückte Kendra ihr Mobiltelefon und hielt es hoch. „Beide mal lächeln.“

Holly krauste die Stirn. „Nein, warten Sie, ich will nicht …“ Zu spät. Es klickte. Schon jetzt konnte sie sich lebhaft vorstellen, wie dieses Foto im Internet unzählige Male geteilt wurde.

Nachdem Kendra einen Blick aufs Display geworfen hatte, lächelte sie selbstzufrieden. Dann winkte sie ihnen zu und wandte sich ab.

Holly funkelte Zack an. „Sie hätten sie aufhalten sollen. Gleich erscheint das Foto auf Instagram oder Twitter, und in Nullkommanichts sind wir verlobt.“

Lässig zuckte er die Schultern. „Und wer würde das glauben? Ich bin nicht der Typ für eine langfristige Beziehung.“

Sie fragte sich, was er gegen feste Beziehungen hatte. Gab es einen Grund dafür? Hatte ihn irgendwann eine Frau verletzt?

Nun nahm er zwei Gläser vom Tablett einer Kellnerin und drehte sich wieder zu ihr um. „Und, wollen Sie immer noch nicht in Versuchung geführt werden?“

Holly nahm das Glas entgegen und versuchte dabei nicht seine Finger zu streifen. „Ich bin auch nicht der Typ, der heiratet und eine Familie gründet, aber das hat Kendra Ihnen sicher schon erzählt?“

Er trank einen Schluck, bevor er sie wieder anblickte. „Sie hat mir erzählt, dass man Ihnen schon ein paarmal das Herz gebrochen hat.“

Auch das noch! „Das stimmt nicht ganz. Ich würde eher sagen, man hat mich verletzt.“

„Das tut auch weh.“

„Sprechen Sie aus Erfahrung?“

Nun hob er sein Glas. „Es ist schwierig, vierunddreißig zu werden, ohne ein paar Kollateralschäden erlitten zu haben.“

Bildete sie es sich ein, oder war plötzlich ein zynisches Glitzern in seine Augen getreten?

„Warum haben Sie sich auf Familienrecht spezialisiert und nicht auf Wirtschafts- oder Strafrecht?“

Ruhig erwiderte er ihren Blick. „Warum sind Sie Floristin?“

„Ich liebe Blumen.“

„Aber warum haben Sie sich auf Hochzeitsschmuck spezialisiert?“

Holly spürte wieder, wie ihr das Blut ins Gesicht stieg, als sie daran dachte, wie besessen sie früher von Hochzeiten gewesen war. „Vielleicht möchte ich persönlich nicht mehr heiraten, aber das heißt nicht, dass ich Hochzeiten nicht liebe. Es sind fröhliche Feiern, auf denen die Familien zusammenkommen, um das Versprechen eines Paares zu feiern, das sie lieben. Ich bin gern ein Teil davon. Ich helfe der Braut dabei, ihre Vorstellungen umzusetzen. Ich freue mich immer wieder, wenn ich den Hochzeitsort mit meinem Blumenschmuck sehe, egal ob es eine Kirche ist oder ein Garten. Und es ist wirklich beglückend, die Braut mit einem Strauß zu sehen, den ich ganz individuell für sie zusammengestellt habe.“ Sie atmete tief durch und merkte plötzlich, wie viel sie ihm erzählt hatte. Und was für ein guter Zuhörer er war. „Aber Sie haben meine Frage nicht beantwortet. Warum Familienrecht?“

„Damit kann ich meine Rechnungen bezahlen.“

Holly betrachtete seinen perfekt sitzenden Anzug. „Und anscheinend auch hohe Rechnungen.“

Sein jungenhaftes Lächeln verursachte ihr wieder Schmetterlinge im Bauch. „Wenn man im Beruf erfolgreich sein will, lautet die goldene Regel, dass man sich niemals unter Wert verkaufen darf. Ist man gut in seinem Job, sollte das Honorar entsprechend sein.“

„Ist das nicht ein schmaler Grat, ob man ein angemessenes Honorar für eine Dienstleistung bekommt oder Menschen in einer schwierigen Zeit ausbeutet?“, hakte sie mit einem missbilligenden Unterton nach.

„Ich beute meine Klienten nicht aus. Sie bekommen, wofür sie bezahlen – hervorragende Leistung.“

„Falls ich mich scheiden lassen sollte, sind Sie offenbar mein Mann.“

Erneut funkelten seine Augen. „Und Sie meine Frau, falls ich Blumen für eine Hochzeit brauche.“

Du flirtest mit ihm.

Tue ich nicht.

Doch. Und du genießt es.

Holly trank einen Schluck Champagner. „Ich möchte Sie nicht abhalten.“

„Wovon?“

Sie deutete auf die Gäste. „Eine Frau für einen heißen One-Night-Stand aufzureißen.“

Und wieder funkelten seine Augen. „Sie mögen also keine heißen One-Night-Stands, Miss Frost?“

Nun brannten ihr die Wangen. Hätte sie bloß nicht damit angefangen! Doch in seiner Nähe musste sie permanent an Sex denken. Sie konnte seine Lippen nicht betrachten, ohne sich vorzustellen, wie Zack sie auf ihre presste. Sie konnte seine Hände nicht ansehen, ohne sich auszumalen, wie er sie überall berührte. Sie konnte seinen Körper nicht ansehen, ohne sich danach zu sehnen, wie Zack sie auf der nächstbesten Oberfläche nahm.

Und sie konnte beim besten Willen nicht nachvollziehen, warum sie so stark auf ihn reagierte. Schon seit Jahren hatte sie nicht mehr an Sex gedacht. Aber ein Blick auf Zack Knight hatte genügt, und sie war schwach geworden.

Holly zwang sich, seinen siegessicheren Blick zu erwidern. „Ich weiß nicht, warum ich so empfänglich für Ihren routinierten Charme bin. Und ich entschuldige mich, falls es Ihr ausgeprägtes Ego ankratzt, aber ich möchte dieses Gespräch nicht weiterführen. Habe ich mich klar ausgedrückt?“

Zack schauderte demonstrativ. „Ich liebe es, wenn eine Frau mir gegenüber die strenge Lehrerin herauskehrt.“

Ihre Mundwinkel zuckten, und sie hasste ihn dafür, dass er sie zum Lächeln brachte. Sie würde sich von keinem Mann mehr einwickeln lassen! „Sie sind unmöglich. Ich bin noch nie einem Mann begegnet, der mich so auf die Palme bringt.“

„Und ich bin noch nie einer so faszinierenden Frau begegnet.“

„Weil ich die einzige Frau bin, die Ihnen widerstehen kann?“

„Bisher.“ Sein Tonfall erinnerte an einen Jäger, der seine Beute in die Enge getrieben hatte.

Holly ärgerte sich über sich selbst, weil sie so leicht zu durchschauen war. „Ich kann Ihnen versichern, dass ich nicht das geringste körperliche Interesse an Ihnen habe, Mr. Knight.“ Sie versuchte, den Blick von seinem Mund abzuwenden – vergeblich.

Lachend prostete Zack ihr zu. „Wir sehen uns. Ciao.“

Holly suchte immer noch nach einer scharfen Entgegnung, als er sich abwandte und ging. Sie war wütend, weil er das letzte Wort gehabt hatte. Wütend, weil er unerwünschte Empfindungen in ihr geweckt hatte. Zum ersten Mal seit zweieinhalb Jahren hatte sie sich wieder lebendig gefühlt. Und sie war wütend, weil ausgerechnet er das bei ihr bewirkt hatte.

Schließlich atmete sie tief durch und riss sich zusammen. Zack Knight konnte so attraktiv und charmant sein, wie er wollte – sie würde weiter enthaltsam leben.

Zack lauschte nur mit halbem Ohr der Unterhaltung um sich herum, während er Holly beobachtete. Er merkte, dass sie nur so tat, als würde sie sich auf das angeregte Geplauder konzentrieren.

Er konnte sich nicht entsinnen, je so von einer Frau fasziniert gewesen zu sein. Kendra hatte ihn vor Hollys selbst auferlegter Enthaltsamkeit gewarnt. Das hatte sein Interesse geweckt, denn seit seiner Teenagerzeit hatte keine Frau ihn mehr abgewiesen. Dass Holly so kühl auf ihn reagierte, machte ihn an. Seine Dates waren inzwischen ausnahmslos zu vorhersehbar und langweilig. Es war Zeit, einen Gang höher zu schalten.

Und jetzt wollte er Holly Frost mit ihren braunen Augen, die so faszinierend verächtlich blicken konnten. Wunderbare karamellfarbene Augen, umkränzt von unglaublich dichten und langen schwarzen Wimpern. Immer wieder stellte er sich vor, wie ihr welliges rotes Haar auf seinem Kissen ausgebreitet lag. Oder auf seiner Brust. Ein Hauch ihres frischen, blumigen Dufts war ihm in die Nase gestiegen, und er hatte sich danach gesehnt, sich zu ihr hinunterzubeugen, um ganz tief einzuatmen.

Immer wieder hatte Zack ihre weichen, sanft geschwungenen Lippen betrachtet und sich vorgestellt, sie zu küssen. Holly hatte eine atemberaubende Figur, schlank und doch sinnlich, und er konnte es nicht erwarten, ihre Rundungen mit Händen, Lippen und Zunge zu erforschen. Ihre Haut war hell und zart, mit einem betörenden Perlenschimmer, nur auf der Stupsnase zeigten sich einige niedliche Sommersprossen.

Als ihre Blicke sich jetzt begegneten, presste sie die Lippen zusammen und blitzte ihn an. Dann befeuchtete sie sich jedoch unwillkürlich die Lippen, ließ den Blick zu seinem Mund schweifen und schluckte.

Ja. Zack war lange genug dabei, um es zu merken, wenn eine Frau sich zu ihm hingezogen fühlte. Er hatte das Knistern zwischen ihnen wahrgenommen, sobald ihre Hände sich berührten, und es hatte ihn heiß durchzuckt. Noch immer verspürte er dieses Verlangen.

Er wusste, dass einige der besten Dinge im Leben es wert waren, dass man darauf wartete. Ihr kleines Katz-und-Maus-Spiel amüsierte ihn, aber es würde nicht lange dauern, bis Holly in seinem Bett landete.

Und genau dort wollte er sie haben.

2. KAPITEL

Normalerweise traf Holly als Erste im Geschäft ein, doch an diesem Morgen hielt ihre Vermieterin Mrs. Fry sie auf, weil sie ihr unbedingt erzählen musste, dass die Nachbarin zur Linken die Mülltonnen falsch hingestellt hatte. Die alte Dame war eine richtige Wichtigtuerin.

Holly hatte sich nur deswegen in der winzigen Einzimmerwohnung eingemietet, weil die Renovierungsarbeiten in ihrem neuen Haus länger als erwartet dauerten. Und teurer als geplant wurden sie auch. Aber es würde sich lohnen! Seit Holly nach London gezogen war, hatte sie davon geträumt, endlich etwas Eigenes zu haben, denn sie hatte lange genug in möblierten Zimmern und hellhörigen Wohnungen gehaust. Ein eigenes Zuhause! Sogar ein Haustier würde sie sich zulegen können. Am liebsten einen Hund, treuer und liebenswerter als jeder Mann …

Als Holly im Geschäft eintraf, drehte Jane den Bildschirm zu ihr, damit sie den Auftrag sehen konnte, der an diesem Morgen eingegangen war. „Du musst gestern Abend einen guten Eindruck bei Zack Knight hinterlassen haben. Er hat Blumen für seine Kanzlei bestellt, und zwar per Dauerauftrag. Jede Woche zwei Dutzend Rosen in wechselnden Farben.“

Holly beugte sich vor, und ihr Herz setzte einen Schlag aus, als sie seinen Namen las. Dann richtete sie sich wieder auf und hoffte, ihre Wangen glühten nicht so erhitzt, wie sie sich anfühlten. „Ich will seine Aufträge nicht. Er war mir auf Anhieb unsympathisch. Er ist ein egoistischer Idiot, der glaubt, er müsste eine Frau nur anlächeln, um sie ins Bett zu bekommen.“

Janes Augen funkelten. „Und das ist noch nicht alles.“ Sie deutete auf die letzten Zeilen. „Du sollst sie persönlich liefern.“

Flüchtig presste Holly die Lippen zusammen. „Ich bin doch kein Kurier. Außerdem habe ich gar keine Zeit, um selbst zu liefern.“

„Seine Kanzlei ist nur wenige Minuten von hier entfernt. Und falls du sie nicht lieferst, will er sie selbst abholen.“ Jane lächelte zuckersüß. „Das wäre doch witzig, oder?“

Wütend riss Holly ihre Schürze vom Haken und band sie sich um. „Der soll sich seine unverschämten Wünsche sonst wohin stecken.“

„Vielleicht mag er dich.“ Plötzlich wirkte Jane ganz verträumt. „Wie cool wäre es denn, von einem so attraktiven Mann wie ihm umworben und erobert zu werden?“

„Du siehst zu viel fern“, konterte Holly. „Ich will von niemandem umworben oder erobert werden, schon gar nicht von einem Mann, der kein Nein versteht.“

„Denk darüber nach, Holly.“ Plötzlich wurde Jane ernst. „Dass er sich für dich interessiert, könnte gut fürs Geschäft sein. Hast du dich mit ihm fotografieren lassen? In den sozialen Medien habe ich nichts gefunden.“

„Kendra hat ein Foto gemacht, aber anscheinend doch nicht hochgeladen.“ Zum Glück!

„Ich sehe die Schlagzeile schon vor mir: Staranwalt verliebt sich in Hochzeitsfloristin.“ Jane lächelte. „Wenn bekannt wird, dass der begehrteste Junggeselle in London sich für dich interessiert, werden die Bräute bei dir Schlange stehen.“

Holly verdrehte die Augen. Doch insgeheim überlegte sie, wie lange es dauern würde, bis ihr Geschäft wieder florierte, wenn alle glaubten, dass sie mit Zack Knight angebandelt hatte. Klatsch und Tratsch hatten ihrem Geschäft in letzter Zeit offenbar ziemlich geschadet. Warum sollte sie den Klatsch diesmal nicht zu ihrem Vorteil nutzen?

Weil es gefährlich wäre, sich mit Zack Knight zu verabreden.

Sehr gefährlich sogar.

Holly legte gerade letzte Hand an einen Strauß für eine frischgebackene Mutter, als das Klingeln einen Kunden signalisierte. Normalerweise kümmerten Jane oder eine ihrer anderen Aushilfen sich darum, wenn sie gerade im Arbeitsraum stand. Doch alle drei waren momentan nicht da – Jane machte Frühstückspause, und Taylor und Leanne waren krank. Als Holly den Arbeitsraum verließ, sah sie Zack Knight lächelnd vor sich stehen, und prompt stockte ihr der Atem.

Unwillkürlich umklammerte sie den Tresen. „Was kann ich für Sie tun?“

„Haben Sie meinen Auftrag bekommen?“ Seine tiefblauen Augen funkelten amüsiert – oder spöttisch?

Sie zwang sich, seinem Blick standzuhalten. „Solche Aufträge nehme ich nicht an. Falls Sie Blumen wünschen, müssen Sie sich damit abfinden, dass sie per Kurier geliefert werden.“

„Ich zahle Ihnen das Doppelte, wenn Sie sie persönlich liefern.“

Hatte er von ihren finanziellen Schwierigkeiten erfahren? Hatte es sich womöglich herumgesprochen? Unwillkürlich verstärkte sie ihren Griff um den Tresen. „Mr. Knight, ich bin vielleicht nicht so reich wie Sie, aber so schlecht geht es mir nicht, dass ich mich von Ihnen bestechen lassen würde.“

Nun kam er näher, so nahe, dass der Duft seines Aftershaves ihr in die Nase stieg. So nahe, dass ihr Widerstand dahinschmolz. „Vergessen Sie die Blumen. Essen Sie stattdessen mit mir zu Abend.“ Das war keine Bitte, sondern ein Befehl, und sein Tonfall machte sie ganz schwach.

Als Zack lächelte, schluckte Holly. Ihr Herz pochte wie wild. Sie war versucht, seine Einladung anzunehmen, denn sie war es leid, allein in ihrer Wohnung zu sitzen. Und sie wollte ihm beweisen, dass sie nicht so leicht zu haben war, wie er offenbar glaubte. Nur zu gern wollte sie ihm eine Lektion erteilen. Sie würde mit ihm essen gehen und ihm zeigen, dass er sie nicht mit seinem routinierten Charme herumbekam. Und falls irgendjemand sie beide sah, würde es sich positiv auf ihren Umsatz auswirken.

Holly ließ den Tresen los und seufzte demonstrativ. „Na gut, ich gehe mit Ihnen essen. Sagen Sie mir, wo und wann wir uns treffen.“

Unbeirrt lächelte er weiter, doch der Ausdruck in seinen Augen verriet einen Anflug von Zynismus. „Ich habe eine Regel. Wenn ich mich mit einer Frau verabrede, hole ich sie grundsätzlich ab und bringe sie auch wieder nach Hause.“

Sie überlegte, wie ihre Vermieterin Mrs. Fry wohl reagieren würde, wenn der attraktive Staranwalt sie abholte. „Ich habe auch eine Regel. Nur Abendessen. Nichts anderes. Verstanden?“

„Nur Abendessen.“ Zack sah ihr in die Augen. „Ich freue mich darauf.“ Dann zückte er sein Telefon, fragte sie nach ihrer Nummer und Adresse und fügte diese zu seinen Kontakten hinzu. Nachdem er das Handy wieder eingesteckt hatte, schenkte er ihr ein weiteres unglaubliches Lächeln. „Wir sehen uns um sieben.“

Er hatte noch einige wichtige Termine und musste einen Berg Akten bearbeiten. Zack lehnte sich auf seinem Schreibtischstuhl zurück, spielte mit seinem Füller und fragte sich erneut, warum Holly seine Einladung schließlich angenommen hatte. Eigentlich hatte sie nichts mit ihm zu tun haben wollen. Er hätte es gern seiner Überzeugungskraft zugeschrieben, doch er argwöhnte, dass sie aus einem anderen Grund kapituliert hatte.

Offenbar wollte sie etwas beweisen, aber das wollte er auch.

Er begehrte sie.

Er konnte sich nicht entsinnen, dass die Aussicht auf ein Rendezvous ihn je so angeturnt hatte, geschweige denn die Aussicht auf das, was vielleicht danach passierte. Holly war ebenso kühl wie streitlustig, aber er würde ihren Widerstand bald brechen, und dann würde Miss Frost sich als Miss Feuersbrunst entpuppen. Er erkannte das Verlangen in ihren Augen, das seins noch verstärkte. Schon lange hatte keine Frau ihn mehr so herausgefordert. Dass ihm alle zu Füßen lagen, langweilte ihn schon fast. Es beschwingte ihn regelrecht, dass er sich so viel Mühe geben musste, um Holly umzustimmen, zumal er wusste, dass sie eher gegen sich selbst als gegen ihn kämpfte.

Im nächsten Moment klingelte sein Telefon. Als die Nummer seines Vaters auf dem Display erschien, krampfte sein Magen sich wie immer zusammen. Sein Vater war nie darüber hinweggekommen, dass seine Frau ihn wegen eines anderen verlassen hatte, als Zack erst zehn Jahre alt gewesen war. Seitdem waren vierundzwanzig Jahre vergangen, und sein Dad hoffte immer noch, sie würde zu ihm zurückkehren. Sein Vater hatte danach einige Beziehungen gehabt, doch diese waren immer nach dem gleichen Muster verlaufen: erst die Flitterwochenphase und dann die Hölle-auf-Erden-Phase. Nach seiner letzten Trennung vor einigen Monaten befand sein Dad sich momentan in der zweiten Phase. Mit Zurückweisung konnte er nicht gut umgehen. Es konnte Monate dauern, bis er sein Leben wieder in den Griff bekam, und das nur mit viel Unterstützung seines Sohnes. Und dann würde alles wieder von vorn anfangen.

Im Job hatte Zack es so oft miterlebt, dass er es nicht mehr zählen konnte. Männer oder Frauen, die eine verlorene Liebe nicht loslassen konnten. Wenn man den Schmerz nicht richtig verarbeitete, vergiftete er jede neue Beziehung!

Das alles bestärkte ihn in seinem Entschluss, sich nie zu verlieben. Er wollte nicht zu diesen Menschen gehören, denen man das Herz gebrochen hatte und die ohne ihren Partner nicht mehr funktionierten.

Wie konnte die Liebe zu einem Menschen es wert sein, dass man so litt?

Zack warf seinen Füller auf den Schreibtisch und nahm den Hörer ab. „Hallo, Dad, wie geht es dir?“

„Ganz gut …“, erwiderte sein Vater ausdruckslos, und Zack fragte sich, ob er wieder getrunken hatte. „Was machst du heute Abend? Ich dachte, wir könnten zusammen etwas essen und dann fernsehen.“

Verdammt! Zack fuhr sich übers Gesicht. Er hatte ganz vergessen, dass heute der Hochzeitstag seiner Eltern war. Der erste April war immer ein schlimmer Tag für seinen Dad. Normalerweise hielt er ihn sich frei, damit er mit seinem Vater ausgehen und ihn ablenken konnte, aber aus irgendeinem Grund hatte er es diesmal vergessen. Sollte er ihm sagen, dass er schon verabredet war?

Doch wenn er ihn sich selbst überließ, wer wusste, was passieren könnte? Sein Vater hatte seit Monaten nichts mehr getrunken, aber Zack wusste aus Erfahrung, dass es jederzeit wieder losgehen konnte. An Jahrestagen, Geburtstagen und Weihnachten musste er sich um seinen Dad kümmern, so gut er konnte, vor allem wenn dieser gerade keine Beziehung hatte.

„Wenn du zu viel zu tun hast …“

„Nein, das bekomme ich hin.“ Zack bemühte sich um einen begeisterten Tonfall. „Ich hole dich um sieben ab.“

Nachdem er das Gespräch beendet hatte, rief er Hollys Nummer auf. Es gab nur wenige Menschen in seinem Leben, die von den Problemen seines Vaters wussten, und deshalb würde er Holly nicht davon erzählen. Er hatte den größten Teil seines Lebens damit verbracht, auf seinen Dad aufzupassen, und niemand sollte erfahren, wie schwer es manchmal sein konnte.

Es würde ja doch nichts ändern.

Zack wählte und war enttäuscht, als nur die Mailbox ansprang. Nachdem er eine kurze Nachricht hinterlassen hatte, schaltete er sein Telefon aus. Unter normalen Umständen hätte er einen Blumenstrauß als Entschuldigung geschickt, doch in diesem Fall hätte es seltsam angemutet. Deshalb bestellte er eine große Schachtel Pralinen und ließ den Kurier in sein Büro kommen, damit er eine handgeschriebene Nachricht beifügen konnte. Er wusste, dass Holly gern naschte, denn er hatte sie auf der Scheidungsparty am Desserttisch beobachtet. Sie hatte so entzückend ausgesehen …

Ja, Holly Frost war es wert, dass er sich um sie bemühte.

Am späten Nachmittag traf Holly sich mit Sabrina. Sie setzten sich mindestens einmal pro Woche bei einem Kaffee oder Abendessen zusammen, um Geschäftliches zu besprechen und sich über die neuesten Trends im Hochzeitsbusiness auszutauschen. Heute fand das Treffen in Sabrinas Atelier für Brautkleider statt, das nur wenige Straßen von Hollys Geschäft entfernt lag.

„Und, läuft es inzwischen besser?“, erkundigte sich Sabrina, während sie ihr einen Teller mit einem Stück Karottenkuchen reichte.

Abwehrend hob Holly die Hand. „Nicht für mich. Ich habe gestern Abend auf Kendras Party schon zwei Stück Käsekuchen gegessen. Und nein, es läuft nicht besser. Gestern hat wieder jemand einen Auftrag storniert.“

„Oh nein, nicht schon wieder!“

„Ich weiß auch nicht, was los ist. Normalerweise habe ich zu dieser Jahreszeit einen vollen Terminkalender. Warum bekomme ich keine Aufträge mehr? Jetzt muss ich schon Scheidungspartys ausstatten.“

„Und, wie war deine erste?“

„Interessant.“ Holly betrachtete den Karottenkuchen. „Ich habe Zack Knight kennengelernt, Kendras Scheidungsanwalt. Sie hat ein Foto von uns beiden gemacht. Ich hatte schon befürchtet, es würde in den sozialen Medien erscheinen, aber bis jetzt war es nicht der Fall, was mich allerdings noch nervöser macht. Du kennst Kendra ja. Sie will ständig andere miteinander verkuppeln.“

„Ich habe kürzlich ein Foto von ihm in einem Klatschmagazin gesehen“, berichtete Sabrina. „Wie ist er denn so? Er sieht jedenfalls fantastisch aus. Ist er in natura noch attraktiver?“

Holly spürte, wie ihr das Blut ins Gesicht stieg. Verdammt! Sie konnte nicht einmal seinen Namen hören, ohne zu erröten. „Er war genauso, wie ich erwartet hatte. Sehr charmant und mit einem stark ausgeprägten Ego.“

Nachdenklich betrachtete Sabrina sie. „Und?“

„Und … ich gehe heute Abend mit ihm essen.“

„Was? Du hast doch gesagt, du willst nie …“

„Es ist ja nur ein Abendessen.“ Holly pickte einen Kuchenkrümel vom Teller. „Ich habe die Einladung nur angenommen, um ihm eine Lektion zu erteilen. Er glaubt offenbar, ich würde anschließend gleich in sein Bett fallen. Und ich werde ihm zeigen, dass es tatsächlich noch eine Frau auf dem Planeten gibt, die immun gegen ihn ist.“

„Ich weiß nicht, Holly. Vielleicht bist du ihm nicht gewachsen.“

„Keine Angst.“ Holly leckte etwas Glasur von ihrem Finger. „Ich weiß, was ich tue. Außerdem ist es gut für meinen Ruf, wenn ich mich in der Öffentlichkeit mit einem Mann blicken lasse. Jane glaubt, es liegt an meinen Äußerungen über Männer in den sozialen Medien, dass so viele ihre Aufträge stornieren.“

„Du bist wirklich ziemlich negativ. Das kann deinem Unternehmen Schaden zufügen.“ Sabrina biss sich auf die Lippe. „Unseren Unternehmen.“

Hollys Magen krampfte sich zusammen. „Hattest du auch schon Stornierungen?“

„Erst eine.“

Erst eine?“ Holly war entsetzt. Vielleicht hatte Jane recht. Sie brauchte ein neues Image. Sie brauchte einen Mann. „Das tut mir so leid. Ich hatte ja keine Ahnung, dass du darunter leiden könntest.“

„Vielleicht hat es gar nichts mit dir zu tun.“

„Und wenn doch? Ich muss den Schaden unbedingt begrenzen, und zwar so schnell wie möglich.“ Holly nahm ihr Telefon in die Hand, um auf die Uhr zu blicken, und stellte fest, dass inzwischen ein Anruf eingegangen war. Sie kannte die Nummer nicht, doch der Anrufer hatte eine Nachricht hinterlassen.

„Entschuldige mich kurz“, bat sie. Die Nachricht war von Zack. Hingerissen lauschte Holly dem verführerischen Klang seiner Stimme, und erst nach einem Moment wurde ihr bewusst, dass er ihre Verabredung absagte. Sie war furchtbar enttäuscht. Hatte er ein besseres Angebot? Mit einer Frau, die seine Einladung begeistert angenommen hatte? Die schöner war als sie? Kultivierter und glamouröser?

Nachdem Holly das Telefon ausgeschaltet hatte, tat sie es wieder in ihre Handtasche. „Anscheinend hat Zack schon etwas vor.“

„Er hat abgesagt?“, fragte Sabrina entgeistert.

Seufzend zog Holly den Teller mit dem Karottenkuchen wieder zu sich heran. „Man hat mich versetzt. So etwas passiert mir immer.“ Grimmig steckte sie sich ein Stück Kuchen in den Mund. „Was machst du heute Abend? Hast du Lust, etwas mit mir zu essen und danach ins Kino zu gehen?“

„Ich habe eine bessere Idee.“ Sabrina bückte sich, um einen Flyer aus ihrer Handtasche zu nehmen. „Die Schwester einer meiner Kundinnen ist Darstellerin in einem Musical im Westend. Ich rufe sie an und frage sie, ob es noch Restkarten gibt. Wir machen uns schick und gönnen uns einen Mädchenabend. Klingt das gut?“

„Klingt perfekt.“

Mit seinem Vater auszugehen machte Zack nur selten Spaß, weil er sich dabei eher wie ein Betreuer als wie sein Sohn fühlte. Nach einem Abendessen in einem lächerlich teuren Restaurant, währenddessen sein Vater sich in epischer Breite darüber ausgelassen hatte, wie einsam er war, hätte Zack sich am liebsten betrunken. Zum Glück hatte er noch zwei Karten für ein Musical im Westend bekommen, denn der traurige Film, den sein Vater ausgesucht hatte, würde dessen Stimmung sicher nicht verbessern.

Doch trotz der fröhlichen Songs wurde sein Vater im Laufe des Abends immer gefühlsduseliger. Zack versuchte, nicht daran zu denken, wie der Abend mit Holly verlaufen wäre. In der Pause bemühte er sich, zumindest dann und wann zuzuhören, während sein Vater die Gründe aufzählte, warum es seit seiner Scheidung vor vierundzwanzig Jahren mit seinem Leben bergab ging.

Gegen dreiundzwanzig Uhr war die Vorstellung beendet. Während sein Dad zur Toilette ging, wartete Zack im Foyer und rief seine Nachrichten auf. Darunter war auch eine von Holly. Als er ihre Verabredung abgesagt hatte, hatte er ihr vorgeschlagen, das Treffen nachzuholen, und nun hatte sie ihm geantwortet.

Nein danke!

Dass er darüber so enttäuscht war, überraschte ihn. Aber es war ihm auch ein Ansporn. Er musste sich wohl mehr Mühe geben, um diese Frau für sich zu gewinnen. Lächelnd steckte er das Telefon wieder in die Tasche. Im nächsten Moment sah er Holly nur wenige Meter entfernt in Begleitung einer attraktiven dunkelhaarigen jungen Frau aus dem gegenüberliegenden Gang kommen. Doch er hatte nur Augen für Holly.

Das smaragdfarbene Kleid betonte ihre weiblichen Kurven, die hochhackigen Pumps mit den Fesselriemchen lenkten den Blick auf ihre schlanken Beine. Unwillkürlich stellte er sich vor, wie sie diese wunderbaren Beine um seine Taille schlang. Mit der eleganten Hochfrisur und dem dezenten Make-up verkörperte sie die perfekte Mischung aus dem netten Mädchen von nebenan und dem verführerischen Supermodel. Nun lachte sie über etwas, das ihre Freundin gesagt hatte, und etwas in ihm schnürte sich zusammen. Gleichzeitig erwachte heißes Verlangen in ihm, und ihm stockte der Atem.

Plötzlich wandte Holly den Kopf. Als sie ihn entdeckte, funkelte sie ihn wütend an. Dann verstärkte sie den Griff um ihre Clutch und kam auf ihn zu.

„Na, genießen Sie Ihre Verabredung, die Sie ganz vergessen hatten, Mr. Knight?“, fragte sie eisig und sah sich dabei um, offenbar Ausschau nach seiner vermeintlichen Begleiterin haltend.

Unter normalen Umständen hätte er niemals verraten, dass er mit seinem Vater unterwegs war. Doch Holly verdiente eine Erklärung. „Tut mir leid, dass ich absagen musste. Ich hatte ganz vergessen, dass ich meinem Vater versprochen hatte, den Abend mit ihm zu verbringen.“

Einen Moment lang wirkte sie irritiert. „Ihrem … Vater?“

„Ja.“ Mit einem Nicken deutete Zack in Richtung Toiletten. „Er kommt gleich.“

„Gleich?“, hakte sie mit einem zynischen Unterton nach.

Er ließ den Blick zu ihrer Freundin schweifen, die sie beide aus einiger Entfernung beobachtete. „Wahrscheinlich steht er Schlange.“

„Normalerweise gibt es nur vor den Damentoiletten Schlangen.“ Hollys Augen blitzten verächtlich.

Tatsächlich blieb sein Vater so lange weg, dass Zack sich allmählich Sorgen machte. War dieser womöglich durch den Hinterausgang verschwunden und saß schon im nächsten Pub, um seinen Kummer im Whisky zu ertränken? „Holly, ich kann es Ihnen erklären …“

„Bitte machen Sie sich nicht die Mühe.“ Holly hob das Kinn und bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick.

Sollte er ihr von seinen Sorgen über seinen Vater erzählen? Bisher hatte er noch nie mit jemandem darüber gesprochen. Es war zu persönlich. Zu schmerzlich.

Sein Magen krampfte sich zusammen bei der Vorstellung, gleich alle Pubs in der Gegend absuchen zu müssen. Um dann seinen Vater wie so oft in irgendeiner dunklen Ecke vor einem Glas anzutreffen …

Zack atmete tief durch, um die aufsteigende Panik zu unterdrücken. „Mein Vater macht gerade eine schwere Zeit durch, und ich …“

„Mir blutet das Herz.“

Ihr Sarkasmus wirkte wie eine Ohrfeige auf ihn. Als Holly zu ihrer Freundin zurückkehrte, war er hin- und hergerissen zwischen dem Bedürfnis, ihr zu folgen, und dem, seinen Vater zu finden. Nein, er konnte es nicht riskieren. Diesmal hatte sein Vater gewonnen.

Aber tat er das nicht jedes Mal?

„Das war Zack Knight, stimmt’s?“, erkundigte sich Sabrina. „Was hast du zu ihm gesagt? Du hast gewirkt, als würdest du ihm gleich eine Ohrfeige verpassen.“

„Dieser Mistkerl.“ Holly umfasste ihren Arm und führte Sabrina auf die Straße. „Genau deshalb verabrede ich mich nicht mehr mit Männern. Er hat behauptet, er wäre mit seinem Vater hier. Wer geht denn mit seinem Vater ins Musical? Ich glaube, mir wird schlecht. Hält er mich wirklich für so naiv?“

„Nicht alle Männer sind verlogen. Vielleicht ist er wirklich mit seinem Vater hier. Oder mit seiner Mutter.“

Holly warf ihr einen Seitenblick zu. „Oder mit seiner Schwester? Mit seiner Cousine zweiten Grades, die zufällig seine Fitnesstrainerin ist?“

Sabrina schnitt ein Gesicht. „Okay, lass gut sein.“

Holly warf noch einen Blick zurück, um sich zu vergewissern, ob sein Vater sich inzwischen zu Zack gesellt hatte, doch sie konnte niemanden entdecken. Wahrscheinlich befand Zack sich schon mit seiner Begleiterin auf dem Weg zu seinem luxuriösen Penthouse. Sie wünschte, sie hätte etwas lässiger auf seine Absage reagiert. Was interessierte es sie überhaupt, wenn er mit einer anderen Frau ausgegangen war? Sie hatte seine Einladung doch gar nicht annehmen wollen, oder?

„Er ist sehr attraktiv, nicht?“ Sabrina klang ein wenig schwärmerisch. „Wie diese Models, die für Duftwässer werben. Kein Wunder, dass du enttäuscht bist.“

„Ich bin nicht enttäuscht. Ich wollte nur mit ihm ausgehen, um ihm eine Lektion zu erteilen. Und um meinen Ruf aufzupolieren. Aber in der Hinsicht werde ich mir etwas anderes einfallen lassen.“ Holly atmete tief durch. „Mist, dass ich seine Begleiterin nicht gesehen habe! Ich frage mich, wo er gesessen hat. Ich verschaffe mir gern einen Überblick über die Konkurrenz.“

„Ich wüsste nicht, wer mit dir konkurrieren könnte, wenn du dieses Kleid trägst“, bemerkte Sabrina. „Du siehst atemberaubend aus.“

Holly strich sich eine Strähne aus dem Gesicht, die sich aus ihrer Hochfrisur gelöst hatte. „Hm. Ich wusste gar nicht, dass man einen Mann so verabscheuen kann.“

Und dass man sich trotzdem zu ihm hingezogen fühlen kann.

Als Holly kurz darauf zu ihrer Wohnung zurückkehrte, fand sie auf dem kleinen Tisch neben ihrer Tür, auf den Mrs. Fry immer ihre Sendungen stellte, ein in Geschenkpapier eingewickeltes Päckchen mit einem kleinen Umschlag daran vor. In ihrer Wohnung zog sie die Karte aus dem Umschlag und las die Nachricht:

Tut mir leid, dass ich so kurzfristig absagen musste. Ich hoffe, ich kann es damit wiedergutmachen.

Zack Knight

Nachdem Holly eine Weile seine markante Handschrift betrachtet hatte, legte sie die Karte weg und wickelte das Päckchen aus. Es handelte sich um handgefertigte Pralinen aus einem exklusiven Geschäft in der Nähe. Woher hatte Zack gewusst, dass Pralinen eine ihrer Schwächen waren?

Sie wollte eine herausnehmen, hielt allerdings in letzter Sekunde inne. Nein, sie würde sich nicht in Versuchung führen lassen. Sollte Zack ihr doch ganze Wagenladungen von Pralinen schicken, sie würde nicht eine davon essen.

Zack suchte in vier Pubs, bevor er seinen Vater endlich fand. Dieser saß ganz hinten in einer Nische, ein Glas zwischen den Händen, das zum Glück unberührt wirkte.

Er blickte auf, als Zack sich ihm gegenübersetzte. „Ich weiß, was du sagen willst, also fang gar nicht erst an. Du verstehst es nicht. Du warst noch nie länger als ein paar Wochen mit einer Frau zusammen.“

„Dad …“ Zack schob das Glas aus seiner Reichweite. „Ich weiß, dass es schwer ist. Es ist immer schwer für dich gewesen, aber du musst dich damit abfinden, dass einige Beziehungen irgendwann enden, und dann weitermachen.“

„Wie stellst du dir das vor?“ Sein Dad stützte die Ellbogen auf den Tisch und legte den Kopf in die Hände. „All meine Beziehungen scheitern. Es liegt daran, dass ich keine Frau so lieben kann, wie ich deine Mutter geliebt habe. Ich habe es versucht, aber es ist mir nie gelungen.“

Zack fragte sich, ob sein Vater seine Mutter wirklich immer noch liebte oder sich nur nach dem Leben sehnte, das sie einmal geführt hatten. Die beiden hatten sehr schnell geheiratet, nicht zuletzt weil seine Mutter schon mit ihm schwanger gewesen war. In den ersten Jahren waren die beiden meistens glücklich gewesen – oder er war zu jung gewesen, um es besser zu wissen –, doch schon bald hatte seine Mutter sich anderweitig umgesehen. Sein Vater hatte ihr die Affäre mit dem Gärtner und eine weitere mit dem Mann, der den Pool reinigte, verziehen. Aber im darauffolgenden Jahr hatte sie ihn für den Pfarrer verlassen und damit einen Skandal verursacht, über den die Dorfbewohner noch heute redeten.

Zack legte ihm die Hand auf die Schulter. „Es ist vierundzwanzig Jahre her, Dad. Das ist doch bestimmt lange genug …“

Nun hob sein Dad den Kopf und blickte ihn an. „Du bist doch genauso in deinem Verhaltensmuster gefangen wie ich. Ich gebe mir die Schuld daran, dass du dich nicht binden willst.“

„Ich bin glücklich damit. Ich brauche keine feste Partnerin.“

„Ich habe immer versucht, ein guter Vater zu sein, aber es ist mir nicht gelungen.“

„Du bist ein toller Vater. Sei nicht so selbstkritisch.“

„Aber du bist ein Playboy geworden.“ Sein Vater klang so enttäuscht, als hätte er ihm gerade vorgeworfen, dass er mit Kokain dealen würde.

Zack lachte, doch es klang selbst in seinen Ohren nicht besonders überzeugend. „He, ich dachte, du würdest meinen Lebensstil bewundern.“

„Weißt du, wie ich mich fühle? Wie ein Versager. Ich kann keine gute Beziehung führen, und du kannst es auch nicht. Du hast mein Verhaltensmuster übernommen.“

Dass sein Vater sich die Schuld an seinem Lebensstil gab, schockierte Zack. Das war doch Unsinn! Er hatte sich aus reinen Vernunftgründen dafür entschieden, sich nicht zu binden. Es hatte nichts mit seiner Kindheit zu tun. „Das ist verrückt, Dad. Man ist kein Versager, wenn man Single ist.“

„Du begreifst es nicht.“ Mit Tränen in den Augen sah sein Vater ihn an. „Deine Mutter und ich hatten zehn gemeinsame Jahre. Zehn Jahre, in denen alles gut war. Du hast noch nie eine Frau geliebt. Du weißt nicht, wie wundervoll es ist, jemandem so nahe zu sein. Du bist der Richtigen noch nicht begegnet.“

Und ich hoffe, ich werde es auch nicht. Auf keinen Fall wollte er so enden wie sein Vater. Er wollte nicht für das Glück eines anderen Menschen verantwortlich sein. Für ihn war es schwer genug gewesen, seinen Vater all die Jahre seelisch zu unterstützen. Doch er musste etwas unternehmen, um diesem die Schuldgefühle zu nehmen. Und er wusste genau, wie er das anstellen sollte: Er musste Holly ins Spiel bringen.

„Dad, es gibt da eine junge Frau, die ich kennengelernt habe. Sie ist etwas ganz Besonderes. Ich glaube, du würdest sie auch mögen.“

Überrascht umfasste sein Vater sein Handgelenk. „Wirklich? Inwiefern ist sie etwas Besonderes?“

„Eigentlich ist es noch zu früh, aber ich habe noch nie so für eine Frau empfunden.“ Das war nicht gelogen, denn nie zuvor hatte er sich derart stark zu einer Frau hingezogen gefühlt. Zack musste sich nur Hollys blitzende Augen und sinnliche Lippen vorstellen, und sofort durchflutete ihn heißes Verlangen.

Die Miene seines Vaters hellte sich auf. „Es würde mich wirklich glücklich machen, wenn du eine nette Freundin hättest. Und mir vielleicht ein paar Enkelkinder schenken würdest …“

„He, langsam, Dad.“ Zack lachte und stand auf. Dann nahm er den Mantel seines Vaters und reichte ihn ihm. „Komm, ich fahre dich nach Hause.“

3. KAPITEL

Am nächsten Morgen musste Holly früh aufstehen, weil sie zum Großmarkt fahren wollte. Wenn sie unter Zeitdruck stand, ließ sie sich Blumen liefern, doch mindestens zweimal pro Woche suchte sie selbst welche aus, vor allem wenn viele Hochzeiten anstanden. Momentan war dies zwar nicht der Fall, aber sie konnte ja zumindest träumen. Beim Anblick der vielfältigen Farben und Formen hob sich ihre Stimmung jedes Mal.

Holly konnte sich noch genau an ihren ersten Besuch hier erinnern. Sie hatte den süßen Duft eingeatmet und die Farben auf sich wirken lassen und sich wie im Himmel gefühlt. Im Laufe der Jahre hatte sie viele der Händler besser kennengelernt und plauderte immer kurz mit ihnen, wenn sie ihre Auswahl traf.

„Morgen, Holly“, rief Katharina, eine ihrer Lieblingsverkäuferinnen, als Holly sich ihrem Stand näherte. „Dein Posting über untreue Männer hat mir gefallen. Ich bin ganz deiner Meinung.“

Ach du meine Güte! Den ganzen Stornierungen nach zu urteilen, hatte sie wohl tatsächlich zu viele dieser Postings verfasst. Holly lächelte verkrampft. „Ich glaube, nicht alle Männer sind so.“

Katharina verdrehte die Augen. „Stimmt – nur die, mit denen wir beide zusammen waren.“

Auf dem Rückweg dachte Holly daran, dass sie bald nicht mehr zum Großmarkt fahren würde, wenn sich an der aktuellen Situation nichts änderte. Sie hatte auch viel Laufkundschaft, doch den größten Umsatz machte sie mit Hochzeiten. Einige Bräute wollten nur Sträuße, andere auch die Dekoration für die Kirche und die Feier. Nichts machte ihr mehr Spaß als ein großes Projekt, bei dem sie stundenlang kreativ arbeiten musste. Die Vorstellung, diesen Geschäftszweig zu verlieren, war unerträglich für sie.

Als Holly zum Geschäft zurückkehrte und ihre Käufe aus dem Minivan lud, war Jane eingetroffen. Sie hatte ihr aus ihrem Lieblingscafé einen Kaffee und einen Schokoladenmuffin mitgebracht, die sie ihr nun reichte.

„Den Kaffee nehme ich gern, aber auf den Muffin verzichte ich lieber. Tut mir leid.“

Erstaunt zog Jane die Brauen hoch. „Wenn du vom Großmarkt kommst, isst du doch immer einen Muffin.“

„Ich weiß, aber ich habe gestern Abend zu viel Schokolade gegessen.“ Tatsächlich hatte sie etwa zwei Drittel der Pralinen vernichtet. Und wenn sie schon seinen Pralinen nicht widerstehen konnte, wie sollte sie dann Zack widerstehen, falls er sie noch einmal einlud?

„Wie war überhaupt deine Verabredung mit Zack?“

„Er hat abgesagt, aber ich habe ihn zufällig im Theater getroffen, wo ich gestern mit Sabrina war“, erzählte Holly. „Als Wiedergutmachung hat er mir Pralinen nach Hause geschickt. Hätte ich ihm bloß nicht meine Adresse gegeben!“

Jane krauste die Stirn. „War er in Begleitung?“

Holly verdrehte die Augen. „Angeblich war er mit seinem Vater da. Wirklich originell. Owen, mein erster Ex, hat mal behauptet, er würde seine Großmutter besuchen. Später habe ich erfahren, dass die schon seit fünf Jahren tot war. Peter, mein zweiter Ex, hat mal gesagt, er würde bei seiner Cousine übernachten. Er hatte nur nicht erwähnt, dass es eine Cousine zweiten Grades und außerdem seine Fitnesstrainerin war.“

„Ist das die, mit der er jetzt verheiratet ist?“

„Genau. Und diesen Sommer bekommt sie Zwillinge.“ Holly seufzte. „Was Beziehungen angeht, bin ich eine Versagerin.“

„Sei nicht so streng mit dir. Hast du denn Zack Knights Begleitung gesehen? Vielleicht hat er ja die Wahrheit gesagt.“

Finster blickte Holly in ihren Kaffee. „Wohl kaum.“

Einige Tage später kam Kendra ins Geschäft. „Und, wie läuft es mit Ihnen und Zack?“, fragte sie lächelnd. „Haben Sie sich schon ineinander verliebt?“

Holly rang sich ebenfalls ein Lächeln ab. „Anscheinend steht er doch nicht so auf mich. Er wollte mit mir essen gehen und hat mich dann versetzt. Er trifft sich mit einer anderen Frau.“

Kendra runzelte die Stirn. „Das kann nicht sein. Ich weiß, dass er schon seit Wochen solo ist. Auf meiner Party hatte er doch nur Augen für Sie. Später hat er mir erzählt, wie sehr es ihn gefreut hat, Sie kennenzulernen. Ich habe noch nie erlebt, dass er so von einer Frau fasziniert ist.“

Wenn Zack so fasziniert von ihr war, warum war er dann mit einer anderen Frau ins Musical gegangen? Holly hob ein Blütenblatt auf und tat es in den Mülleimer unter dem Tresen. „Er wollte es wiedergutmachen und hat mich noch einmal eingeladen, aber ich habe dankend abgelehnt.“

„Ich glaube, Sie beide brauchen nur einen kleinen Schubs in die richtige Richtung.“ Verschwörerisch lächelnd nahm Kendra ihr Smartphone heraus und begann zu tippen. „Ich wette, dass er schneller hier erscheint, als Sie Brautstrauß sagen können.“

Holly versuchte, zu erkennen, was Kendra schrieb. „Ist das das Foto, das Sie von uns gemacht haben? Bitte stellen Sie es nicht auf Twitter ein. Ich sehe darauf wie ein gestrandeter Fisch aus.“

Ungerührt sendete Kendra das Foto trotzdem. „Fertig. Ich habe es für die richtige Gelegenheit aufgehoben. Aber keine Angst, ich habe es bearbeitet. Sie sehen darauf aus, als wären Sie ganz vernarrt in ihn. Es wird zumindest Ihren Umsatz steigern. Ich habe gehört, dass es momentan nicht so gut läuft.“

Hollys Magen krampfte sich zusammen. „Wo haben Sie das gehört?“

„Ich kenne Alexandra Mackie. Ich habe sie gestern getroffen, und sie hat mir erzählt, dass sie ihren Auftrag storniert hat.“

„Hat sie auch gesagt, warum?“

Irgendwie schaffte Kendra es, gleichzeitig verlegen und durchtrieben zu wirken. „Vielleicht habe ich Ihre männerhassenden Postings ein wenig zu oft mit meinen Followern geteilt. Tut mir leid. Aber ich kann es wiedergutmachen.“

Holly hörte, wie Kendras Telefon plötzlich pausenlos zu piepen begann. „Und, wie sind die Reaktionen?“

Kendra lächelte. „Glückwunsch, Holly. Sie haben sich gerade mit Londons begehrtestem Junggesellen verlobt.“

Schockiert blickte Holly sie an, während ihr Herz zu rasen begann. Wie sollte sie Zack nun gegenübertreten? „Hat er dazu denn gar nichts zu sagen?“

„Er hat Sinn für Humor.“ Gleichgültig zuckte Kendra die Schultern. „Und wenn wir ihm erzählen, wie es bei Ihnen geschäftlich läuft, wird er uns gern helfen. Er hasst Ungerechtigkeit – deshalb ist er auch so ein hervorragender Anwalt.“

„Er ist Beziehungsphobiker“, erinnerte Holly sie. „Das ist eins der ersten Dinge, die er mir erzählt hat. Wer soll das mit der Verlobung denn glauben?“

„Vielleicht sind Sie ja die Frau, die ihn bekehrt hat.“

Zack beschloss, noch einige Tage zu warten, bevor er sich wieder bei Holly meldete. Wahrscheinlich brauchte sie Zeit, um ihm zu verzeihen.

Sein Vater war inzwischen viel besser drauf und hatte ihm erzählt, dass er mit dem Gedanken spielte, sich in einem Fitnessstudio anzumelden, um etwas für seine Gesundheit zu tun und unter Leute zu kommen. Er hoffte nur, dieser Zustand würde anhalten. Vor allem aber hoffte Zack, dass Holly doch noch mit ihm ausging. Nur zu gern hätte er seinem Vater bewiesen, dass eine Beziehung bei ihm länger dauern konnte als eine Woche.

Zack versuchte, Holly noch einen Auftrag per Mail zu schicken, doch offenbar hatte sie ihn blockiert. Er wollte sie gerade anrufen, als er sah, dass er eine SMS von einem Kollegen aus einer anderen Kanzlei bekommen hatte.

Seit wann bist Du verlobt?

Noch während er die Nachricht starr betrachtete, ging eine weitere von einem anderen Bekannten ein, der etwas von seiner vermeintlichen Verlobung schrieb, von der er auf Twitter erfahren hätte. Als Zack seinen Account aufrief, stellte er verblüfft fest, dass Kendra es zusammen mit dem Foto von Holly und ihm gepostet hatte.

Aller guten Dinge sind drei. Londons beliebteste Hochzeitsfloristin verlobt sich mit Staranwalt Zack Knight.

Sein Herz begann zu rasen. Er war alarmiert. Was war hier los? Wer hatte sich das ausgedacht? Kendra? Oder hatte Holly etwas damit zu tun? Wollte sie sich an ihm rächen, weil er abgesagt hatte? Er hatte ja Sinn für Humor, aber eine Verlobung? Auf keinen Fall würde er irgendeiner Frau einen Ring kaufen, nur damit sie ihn verließ, sobald sie einen anderen fand.

Nicht einmal der heißen Holly Frost.

Dann erinnerte er sich allerdings an die Worte seines Vaters über seinen Lebensstil. Vielleicht konnte er das Ganze zu seinem Vorteil nutzen.

Mit einer zeitlich begrenzten „Verlobung“ konnte er seinen Vater vielleicht überzeugen, dass die Scheidung seiner Eltern keine dauerhaften Narben bei ihm hinterlassen hatte, und diesen vielleicht dazu bewegen, endlich wieder nach vorn zu blicken. Seinen Dad anzulügen fiel ihm zwar nicht leicht, wäre aber wohl verzeihlich, wenn er ihm damit seine Schuldgefühle nahm. Er würde ihm beweisen, dass er nicht vor einer Bindung zurückschreckte! Und er würde eine Affäre mit der faszinierendsten Frau beginnen, der er je begegnet war …

Als Zack einige Stunden später den Blumenladen betrat, stand Holly hinter dem Tresen und blickte gerade auf den Monitor. Beim Klingeln der Glocke blickte sie lächelnd auf, wurde aber sofort wieder ernst, sobald sie ihn bemerkte.

„Ach, Sie sind es. Tut mir leid, ich wollte gleich schließen“, sagte sie eisig.

„Haben Sie schon von unserer Verlobung gehört?“

Prompt errötete sie. „Damit habe ich nichts zu tun. Kendra hat das gepostet, bevor ich sie daran hindern konnte.“ Dann biss sie sich auf die Lippe. „Wenn wir es ignorieren, wird das Interesse daran bald nachlassen.“

Zack beugte sich vor, um an den Rosen zu schnuppern, die in einer Vase auf dem Tresen standen. Schließlich richtete er sich wieder auf und lächelte gewinnend. „Und wenn es mir recht wäre, für eine Weile verlobt zu sein?“

Regungslos stand sie da. „Mir ist es aber nicht recht.“

„Sie waren doch schon mal verlobt. Zweimal, stimmt’s? Auf einmal mehr kommt es dann doch nicht an.“

Holly kniff die Augen zusammen und deutete auf die Tür. „Verschwinden Sie.“

Doch so leicht ließ er sich nicht einschüchtern. Er liebte Herausforderungen. „Ich versuche die ganze Zeit, Blumen über Ihre Webseite zu bestellen, aber es klappt nicht. Wollen Sie nicht verkaufen?“

„Ich will nicht an Sie verkaufen, Mr. Knight. Und Ihre dämlichen Pralinen will ich auch nicht.“

„Hören Sie, wir haben keinen guten Start erwischt, aber …“

„Haben Sie mir nicht zugehört?“ Zorn blitzte aus ihren braunen Augen. „Bitte verlassen Sie mein Geschäft, sonst rufe ich die Polizei.“

Zack atmete tief durch. „Wahrscheinlich habe ich das verdient.“

„Allerdings.“ Sie verschränkte die Arme und funkelte ihn an.

Er betrachtete ihre zusammengepressten Lippen. Die ganze letzte Woche hatte er von ihnen geträumt und sich gefragt, wie sie sich wohl anfühlen, wie sie schmecken würden. Noch nie war er so auf eine Frau fixiert gewesen. Weil sie ihn hatte abblitzen lassen? Vielleicht ähnelte er seinem Dad doch mehr, als er dachte. Beängstigende Vorstellung. „Kann ich noch Blumen kaufen, bevor ich gehe?“ Er deutete auf eine Vase mit weißen und gelben Freesien im Schaufenster.

Demonstrativ zog Holly die Brauen hoch. „Für Ihren Vater?“

„Für eine meiner Sekretärinnen. Sie liegt mit einer Lungenentzündung im Krankenhaus.“

Sie schien mit sich zu ringen. „Soll ich sie liefern lassen?“, fragte sie schließlich.

„Nein, ich nehme sie mit. Ich habe ihr versprochen, sie nach Feierabend zu besuchen.“

Vorsichtig kam sie hinter dem Tresen hervor, als würde sie sich einem gefährlichen Tier nähern. „Nur Freesien? Oder soll ich einen großen Strauß mit anderen Blumen binden?“

„Wie Sie meinen.“ Zack lächelte schief. „Sie sind die Fachfrau.“

Nachdem sie ihn mit einem argwöhnischen Blick bedacht hatte, nahm sie etwa fünfzehn Freesien heraus und ging damit in den Arbeitsraum. Er beobachtete, wie sie die Blumen zusammen mit grazilem Blattwerk zu einem wunderschönen Strauß aufband und diesen anschließend in weißes Seidenpapier wickelte, um das sie eine gelbe Schleife band.

Schließlich kam sie heraus und reichte ihm den fertigen Strauß. „Bitte.“

„Wunderschön.“ Unverwandt betrachtete er Holly. Ihre Wangen waren immer noch leicht gerötet, und er überlegte, ob er je einer Frau begegnet war, die so fantastisch aussah. Vermutlich musste er etwas Überzeugungsarbeit leisten, damit sie so tat, als wäre sie mit ihm verlobt, doch so schnell gab er nicht auf. Er wusste, dass sie sich zu ihm hingezogen fühlte. Es knisterte förmlich zwischen ihnen. Sie kämpfte nur dagegen an, weil sie entweder zu stolz war oder ihn in seine Schranken weisen wollte.

Zack bezahlte mit Kreditkarte, und als Holly sie ihm zusammen mit der Quittung zurückgab, streiften ihre Finger seine. Prompt durchzuckte es ihn heiß. Sie blinzelte und wandte schnell den Blick ab. Für eine Weile herrschte Stille.

„Also, was machen wir jetzt mit unserer Verlobung?“, fragte Zack.

Holly schluckte. „Sie müssen Kendra sagen, dass sie den Tweet löschen soll. Auf mich hat sie ja nicht gehört. Anscheinend hat sie einige meiner negativen Postings über Männer in den sozialen Medien geteilt. Sie hat unzählige Follower. Deshalb wundert mich nicht, dass meine Geschäfte in letzter Zeit nicht so gut laufen. Ich habe vier große Aufträge für Hochzeiten in diesem Sommer verloren. Kendra glaubt, sie würde mir helfen, indem sie mir eine Verlobung mit Ihnen andichtet, aber auf diese Art von Hilfe kann ich verzichten.“ Vorwurfsvoll blickte sie ihn an. „Tja, und anders als Sie mir auf der Party erzählt haben, glauben die Leute sehr wohl, dass Sie sich verlobt haben.“

„Wenn Ihre Geschäfte nicht so gut laufen, könnte es Ihnen zum Vorteil gereichen, wenn wir verlobt sind.“ Es schockierte ihn ein wenig, dass er so scharf darauf war, bei dieser Farce mitzumachen. „Brauchen Sie finanzielle Hilfe …?“

„Nein“, fiel Holly ihm ins Wort. „Ich komme schon klar.“

Zack trommelte mit den Fingern auf den Tresen. „Wir müssen Ihnen einen Ring besorgen.“

Nun zuckte sie förmlich zurück. „Haben Sie den Verstand verloren? Wir brauchen keinen Ring, weil wir auch nicht verlobt sind.“

„Denken Sie darüber nach, Holly.“ Eindringlich sah er sie an. „Wir könnten beide davon profitieren. Ihre Geschäfte würden wieder besser laufen, und ich kann meinen Ruf als unbelehrbarer Playboy loswerden.“

Holly biss sich auf die Lippe. Sie war immer noch skeptisch. „Und warum sollten Sie das wollen? Ich dachte, Sie wären nicht der Typ, der heiratet und eine Familie gründet?“

„Das bin ich auch nicht. Trotzdem kann ich doch für eine Weile so tun, als wäre ich verlobt.“

„Was verstehen Sie unter einer Weile?“

Zack zuckte die Schultern. „Ein paar Wochen? Ein paar Monate?“

Völlig entgeistert betrachtete Holly ihn. „Ein paar Monate?!“

Zack lächelte entwaffnend. „Okay, das ist vielleicht etwas übertrieben, aber was glauben Sie, wie lange es dauert, bis Sie sich wieder erholt haben?“

„Normalerweise bekommen wir ab Anfang April dauernd Buchungen für Frühling und Sommer nächsten Jahres, manchmal auch kurzfristig für das laufende Jahr.“ Sie krauste die Stirn. „Aber Sie haben mir immer noch nicht gesagt, warum Sie das machen wollen. Es geht doch sicher nicht nur um Ihren Ruf.“

Er sah ihr in die Augen. „Können Sie es sich nicht denken?“

Holly befeuchtete sich die Lippen. „Es heißt nicht, dass ich mit Ihnen schlafe.“

„Aber Sie wollen es.“

Wieder errötete sie. „Ich muss ein paar Tage darüber nachdenken. Vielen Dank übrigens für die Pralinen.“

„Ich wollte Ihnen Blumen schicken, aber es hätte vielleicht etwas seltsam angemutet.“

Seufzend ließ sie die Schultern sinken. „Niemand schenkt mir Blumen, obwohl sie mein Liebstes überhaupt sind.“

„Sie bekommen wirklich nie Blumen?“

Holly schüttelte den Kopf. „Nein.“

Daraufhin deutete Zack auf die Pfingstrosen im Schaufenster. „Kann ich bitte fünf davon haben?“

„Fünf?“ Mit argwöhnischer Miene kam sie hinter dem Tresen hervor.

„Sie erinnern mich an die Farbe Ihrer Wangen, wenn ich Sie zum Erröten bringe.“

„Ich werde nicht rot“, widersprach sie, errötete allerdings prompt wieder. „Wollen Sie sie liefern lassen?“

„Nein, ich nehme sie mit.“

Im Arbeitsraum band sie die Pfingstrosen zu einem Strauß, wickelte sie in Seidenpapier und band eine Schleife darum, diesmal allerdings eine grüne. Nachdem er bezahlt hatte, reichte sie ihm die Blumen und die Kreditkarte mit der Quittung. „Ich hoffe, es geht Ihrer Sekretärin bald besser.“

Zack steckte die Kreditkarte und die Quittung ein und nahm die beiden Sträuße vom Tresen. „Danke. Die Blumen werden sie bestimmt aufheitern.“ Er lächelte sie an. „Schönen Abend noch.“

„Danke.“ Nach kurzem Zögern fügte sie hinzu: „Grüßen Sie Ihren Vater von mir.“

„Vielleicht stelle ich Sie ihm eines Tages vor.“ Noch nie hatte er seinem Dad eine seiner Geliebten vorgestellt. Doch er hatte das Gefühl, dass sein Vater Holly mögen würde.

„Das wäre … interessant.“ Holly ließ den Blick zu seinem Mund schweifen, bevor sie ihm wieder in die Augen sah. „Vorausgesetzt, ich würde mich auf diese Farce einlassen … Wären Sie dann bereit, mich zur Verlobungsfeier meiner Schwester zu begleiten?“

Es schien ihm, als wäre da mehr im Spiel. „Ich war noch nie auf einer Verlobungsfeier.“ Er lächelte schief. „Meine Spezialität sind Scheidungspartys.“

Sie wirkte skeptisch. „Also, begleiten Sie mich?“

„Wo findet die Feier denn statt?“

„Im Haus meiner Eltern in der Nähe von Bath.“ Nun atmete sie tief durch. „Und ich muss mich jetzt schon für meine Familie entschuldigen. Manchmal ist sie etwas nervig.“

„Das werde ich wohl überleben. Wann findet sie statt?“

„Nächsten Monat.“

„Klar, ich fahre mit Ihnen hin“, erwiderte Zack. „Allerdings müssen Sie dann auch einige Veranstaltungen mit mir besuchen. Einverstanden?“

Holly leckte sich nervös über die Lippen. „Okay …“

„Prima.“ Und nun sollte er am besten ganz schnell gehen, bevor er doch noch der Versuchung nachgab und sie küsste.

Verdammt, es hatte ihn wirklich schlimm erwischt!

Kurz nachdem Zack das Geschäft verlassen hatte, erhielt Holly einen Anruf per Konferenzschaltung von ihrer Mutter und zwei ihrer Schwestern.

„Ist das wirklich wahr?“, fragte ihre Mutter aufgeregt. „Hast du dich mit dem Zack Knight verlobt?“

Holly hasste es, ihre Mutter anzulügen, doch im Augenblick sah sie keinen anderen Ausweg. „Wir haben uns durch eine gemeinsame Freundin kennengelernt. Ich weiß, es kommt sehr plötzlich, aber ich habe noch nie so empfunden.“ Das stimmte sogar. Noch nie hatte sie so stark auf einen Mann reagiert. „Und es tut mir leid, dass ihr es über Twitter erfahren musstet. Ich wusste nicht, dass Kendra es verbreitet, bevor ich es meiner Familie und meinen engsten Freundinnen erzähle.“

„Ich habe mich schon gewundert, warum du es uns nicht gesagt hast, aber wir freuen uns so für dich, dass du jemanden gefunden hast, Schatz“, erwiderte ihre Mutter. „Ich habe mir solche Sorgen gemacht, weil du so lange unglücklich warst.“

Unglücklich war sie in den vergangenen Jahren nicht gewesen. Sie hatte einfach nur die Nase von den Männern voll gehabt. „Danke, Mum. Ich bin wirklich glücklich. Du wirst Zack lieben.“

„Was du nicht sagst“, warf Katy ein. „Er ist wahnsinnig attraktiv. Kein Wunder, dass du dich so schnell in ihn verliebt hast. Wann wollt ihr denn heiraten?“

„Wir wollen nichts überstürzen“, erklärte Holly. „Außerdem möchte ich Belinda nicht die Show stehlen.“ Nie hätte sie gedacht, dass sie so gut lügen konnte. Allmählich glaubte sie fast selbst, sie wäre tatsächlich mit Zack verlobt.

„Oh, danke, Holly“, sagte Belinda. „Du denkst immer an andere. Aber lass nicht so viel Zeit vergehen wie bei den anderen beiden, ja?“

„Zack ist ganz anders als Peter und Owen, das sieht man“, verkündete Katy überzeugt.

„Du bringst ihn doch nächsten Monat mit zu Belindas Feier, ja?“, fragte ihre Mutter. „Ich kann es gar nicht erwarten, ihn kennenzulernen. Dad und ich haben uns solche Sorgen gemacht, und jetzt bist du mit Londons begehrtestem Junggesellen verlobt.“

„Ja, es ging ziemlich schnell, aber ich bin mir sicher“, erwiderte Holly.

„Bei Owen und Peter hatte ich immer das Gefühl, dass du es nicht bist“, gestand ihre Mutter. „Zwischen euch hat es einfach nicht geknistert.“

Seit sie erwachsen war, hatten ihre Eltern ihr immer wieder gesagt, wie wichtig das wäre. Bisher hatte Holly geglaubt, sie wäre einfach kein sinnlicher Mensch, doch seit sie Zack kannte, fragte sie sich, ob das tatsächlich stimmte. Wenn er in ihrer Nähe war, spielten ihre Sinne verrückt. Er musste sie nur mit seinen faszinierenden blauen Augen ansehen, und sie schmolz dahin. Wie sollte sie ihm widerstehen, wenn er es ernsthaft darauf anlegte, sie zu verführen?

Verdammt, sie wollte verführt werden! Allerdings fürchtete sie, die Machtverhältnisse könnten sich in dem Fall verschieben. Dann wäre sie nur eine weitere Geliebte, die er irgendwann fallen lassen würde. Und für sie gab es nur alles oder nichts. Deshalb hatte sie sich wohl auch zweimal mit Männern verlobt, die im Grunde gar nicht zu ihr gepasst hatten …

Kaum hatte Holly das Telefonat beendet, als Sabrina ins Geschäft kam. „Ich habe gerade diesen Tweet auf Twitter gelesen … Du bist doch nicht … oder etwa doch?“

Holly, die spürte, wie ihre Wangen glühten, atmete tief durch. „Nein, aber du musst so tun, als wäre ich tatsächlich mit ihm verlobt. Niemand darf wissen, dass es nicht stimmt.“

„Und warum?“

„Ich möchte mein Image aufpolieren. Es wird sich positiv aufs Geschäft auswirken, wenn ich nicht mehr als Männerhasserin gelte.“

Völlig entgeistert betrachtete Sabrina sie. „Da fallen mir viele andere Möglichkeiten ein, als so zu tun, als wärst du mit einem Mann verlobt, den du noch vor einer Woche angeblich gehasst hast. Bist du völlig verrückt geworden? Und warum sollte er sich auf so etwas einlassen?“

„Keine Ahnung, aber einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul.“

„Weißt du wirklich, was du da tust, Holly?“

„Mach dir keine Sorgen“, wehrte Holly ab. „Ich habe alles unter Kontrolle. Er hat sich bereit erklärt, mich nächsten Monat auf Belindas Verlobungsfeier zu begleiten. Meine Mutter wird also zumindest nicht mehr versuchen, mich zu verkuppeln.“

„Ja, das hat etwas.“ Sabrina krauste die Stirn. „Ich muss da auch immer durch, wenn meine Eltern Max Firbank einladen. Keine Ahnung, warum sie glauben, wir beide wären das perfekte Paar. Wir können uns überhaupt nicht ausstehen. Er hält mich für unreif und chaotisch, und ich halte ihn für einen eingebildeten Kontrollfreak.“

Da er das Patenkind von Sabrinas Eltern war und Sabrina das Patenkind seiner Eltern, war Max Firbank eine konstante Größe in Sabrinas Leben. Ein attraktiver, erfolgreicher Architekt, der weltweit Häuser für die Reichen und Berühmten entwarf.

Holly lächelte schalkhaft. „Manchmal frage ich mich, ob du Max wirklich so hasst, wie du behauptest.“

Sabrinas Lachen klang etwas verkrampft. „Fang bloß nicht auch noch damit an. Es reicht mir schon, dass meine Eltern und meine Brüder sich ständig einmischen.“

„Liegen sie dir auch immer noch damit in den Ohren, dass du dich für Brautkleider statt für Medizin entschlossen hast?“

„Ständig“, erwiderte Sabrina und seufzte. „Das ist das Problem, wenn man aus einer Arztfamilie kommt. Sie glauben, ich habe es irgendwann satt und nehme mein Medizinstudium wieder auf. Und wenn unsere Bräute weiterhin so viele Aufträge stornieren, muss ich das vielleicht auch.“

Und genau das würde Holly verhindern.

Holly war erst seit etwa einer Stunde wieder in ihrer Wohnung, als es klingelte. Als sie durch den Spion blickte, sah sie Zack im Flur stehen, den Strauß Pfingstrosen in der Hand. Noch immer zerbrach sie sich den Kopf darüber, warum er sich so bereitwillig auf ihre vorgetäuschte Verlobung eingelassen hatte.

Weil ihm jedes Mittel recht ist, um dich ins Bett zu bekommen.

Bei der Vorstellung erschauerte sie. Sie begehrte ihn so sehr, dass es ihr Angst machte. Und nun, da er vor ihrer Tür stand, bebte sie am ganzen Körper.

In diesem Moment öffnete ihre Vermieterin Mrs. Fry ihre Wohnungstür und blickte neugierig in den Flur. Auch das noch!

„Schon gut, Mrs. Fry“, sagte Holly schnell. „Es ist für mich.“

„Sind Sie ein Manager?“, fragte Mrs. Fry unbekümmert, während sie Zack von Kopf bis Fuß musterte.

„Nein, ich bin Anwalt.“ Er lächelte charmant. „Holly und ich sind … verlobt.“

Erstaunt blickte ihre Vermieterin sie an. „Stimmt das?“

„Ja“, erwiderte Holly nach kurzem Zögern.

Sichtlich erfreut nickte Mrs. Fry. „Es wird höchste Zeit, dass diese junge Lady einen Mann in ihrem Leben hat. Sie wohnt schon seit Monaten hier und hatte noch nie Männerbesuch. Ich habe mich schon gefragt, ob sie …“

„Würden Sie uns bitte entschuldigen, Mrs. Fry?“, fiel Holly ihr ins Wort. „Wir möchten heute Abend unsere Verlobung feiern.“

Mrs. Fry wandte sich wieder an Zack. „Normalerweise gestatte ich keinen Übernachtungsbesuch, aber in diesem Fall mache ich eine Ausnahme.“ Sie ließ den Blick zu dem Strauß schweifen, bevor sie wieder Holly ansah. „Den müssen Sie sich warmhalten. Welche Frau bekommt nicht gern Blumen von einem Mann?“

Holly glühten die Wangen. Sie wartete, bis ihre Vermieterin die Tür geschlossen hatte, bevor sie Zack hereinbat. „Tut mir leid“, entschuldigte sie sich, nachdem sie die Tür geschlossen hatte. „Meine Vermieterin ist etwas gewöhnungsbedürftig.“

Sichtlich amüsiert überreichte Zack ihr den Strauß. „Für dich. Um glaubwürdig zu wirken, sollten wir uns von jetzt an duzen“, fügte er hinzu.

Holly nahm den Strauß entgegen und roch an den zart duftenden Pfingstrosen. „Danke, aber warum haben Sie … Warum hast du sie mir nicht gleich im Laden gegeben?“

Er lächelte schief. „Ich dachte, vielleicht freust du dich mehr darüber, wenn du darauf warten musst.“

Gespielt verärgert verzog sie das Gesicht. „Mistkerl.“ Für einen Moment herrschte Stille. „Möchtest du etwas trinken?“, fuhr sie dann fort. „Setz dich doch. Ich stelle nur schnell die Blumen ins Wasser.“

Zack folgte ihr in die Küche, die ihr plötzlich noch kleiner erschien, vor allem als er sich an den schmalen Tisch setzte. Er trug noch immer den Anzug, hatte allerdings die Krawatte abgenommen und die obersten Hemdknöpfe geöffnet. Auf seinen Wangen war ein Bartschatten zu sehen, und unwillkürlich fragte sie sich, wie die Stoppeln sich auf ihrer Haut anfühlen würden.

„Wie lange wohnst du schon hier?“, erkundigte er sich.

Holly öffnete den Schrank, um eine Vase herauszunehmen. „Zu lange. Ich habe ein Haus gekauft, aber das muss erst noch renoviert werden. Leider dauern die Arbeiten jetzt schon doppelt so lange wie geplant.“ Sie stellte die Vase auf die Arbeitsplatte. „Und die Kosten haben sich auch verdoppelt.“

„Weißt du schon, wann du einziehen kannst?“

„Noch nicht.“ Holly seufzte, bevor sie die Blumen auswickelte. „Ich bezahle einfach nur die Rechnungen und bete, dass es nicht mehr lange dauert.“ Nachdem sie sie in die Vase getan hatte, stellte sie diese auf den Tisch. „Danke für die Blumen.“

„Gern geschehen.“ Er sah ihr in die Augen, und prompt begann ihr Herz, wie wild zu pochen.

Sie befeuchtete sich nervös die Lippen mit ihrer Zunge. „Möchtest du ein Glas Wein oder lieber einen Tee oder …?“

Nun stand er auf und kam zu ihr. „Mache ich dich nervös?“

„Ich … bin nicht nervös“, erwiderte sie stockend, woraufhin er eine ihrer Strähnen nahm und sie sich um den Finger wickelte.

„Du hast so schönes Haar.“ Dann ließ er die Strähne wieder los und strich sie ihr hinters Ohr. „Ich würde dich gern küssen, aber ich bin mir nicht sicher, was du davon hältst.“

Unwillkürlich ließ sie den Blick zu seinem Mund schweifen. Hatte sie sich je mehr danach gesehnt, von einem Mann geküsst zu werden? „Warum willst du mich denn küssen?“, brachte sie hervor.

Als Zack sanft mit einem Finger über ihre Lippen fuhr, spielten ihre Sinne verrückt. Sie sehnte sich nicht nur nach seinem Kuss, sondern nach mehr.

„Ich möchte wissen, ob dein Mund so weich und sexy ist, wie er aussieht“, gestand er rau.

Holly unterdrückte einen Schauer. Ob sie sich beherrschen und rechtzeitig aufhören konnte? „Ich denke, ein Kuss wäre okay … Schließlich sind wir verlobt.“

Seine Augen funkelten. „Du machst also für eine Weile mit?“

Sie schluckte. „Sieht so aus, als hätte ich keine Wahl. Twitter ist nichts im Vergleich zu Mrs. Fry. Es wird sich in Windeseile herumsprechen.“ Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: „Und ich habe es meiner Familie erzählt.“

„Ach ja?“ Ein Lächeln umspielte seine Lippen. „Haben sie sich für dich gefreut?“

„Und wie! Als hätte ich im Lotto gewonnen.“

Als Zack nun ihr Gesicht umfasste, machte sie einen Schritt auf ihn zu, bis sie seine Brust und seine Schenkel spürte. Seit Jahren war sie keinem Mann mehr so nahe gekommen.

Dies war allerdings ganz anders als mit ihren Ex-Freunden.

Zacks Berührungen elektrisierten sie, ließen ihr Herz wild pochen, sodass ihr das Blut in den Adern rauschte. Wie gebannt beobachtete sie, wie sein Mund sich ihrem langsam näherte.

„Bist du dir wirklich sicher, Holly?“

Natürlich war sie das nicht. Schließlich hatte man sie schon zweimal gedemütigt, und dies würde das dritte Mal sein. Spätestens dann, wenn es endete. Doch sie musste die Verlobungsfeier ihrer Schwester überstehen und ihr Geschäft vor der Pleite retten. Ein zeitlich begrenzter Flirt mit dem verführerischsten Mann der Welt war zu verlockend und würde zumindest ihr angeschlagenes Selbstwertgefühl stärken. „Ja, das bin ich“, schwindelte sie deshalb. „Ich habe dir ja nicht versprochen, dich zu heiraten.“

Zack lachte leise. „Freut mich zu hören.“ Als er den Blick zu ihren Lippen senkte, knisterte es noch mehr zwischen ihnen als zuvor. Dann berührte er sie mit seinen Lippen – zuerst federleicht, doch dann verstärkte er den Druck und begann ein lockendes Spiel mit der Zunge.

Holly stellte sich auf die Zehenspitzen und legte ihm die Arme auf den Nacken, spürte seine wachsende Erregung. Heiße Begierde flammte in ihr auf und durchflutete ihren Schoß. Ihre Sinne spielten verrückt, während sie das leidenschaftliche Spiel seiner Zunge erwiderte.

Schließlich biss er ihr spielerisch in die Lippe. Pures Verlangen loderte in ihr auf, und Holly musste sich eingestehen, dass sie ihren Körper nicht mehr unter Kontrolle hatte und die Beine ihr den Dienst zu versagen drohten. Ein Schauer rieselte ihr über den Rücken, als Zack ihr wieder in die Lippe biss und anschließend mit der Zunge darüberstrich. Sie stöhnte leise, bevor sie dasselbe bei ihm machte. Daraufhin küsste er sie noch fordernder.

Fast schien es ihr vertraut, als hätten sie sich früher schon einmal geküsst und nun endlich wieder zueinander gefunden. Es war beinahe magisch. Holly konnte nicht genug von Zack bekommen. Nach einer Weile legte er die Hände auf ihre Hüften und hob sie hoch. Sie spürte seine Erregung und überlegte, ob er ihre auch wahrnahm. Noch nie hatte sie so empfunden. Sie stand in Flammen und bebte vor Begierde.

Sacht strich er mit seinen Lippen über ihren Hals und küsste genießerisch die empfindsame Stelle unter ihrem Ohr. Noch nie hatte ein Kuss, hatten solche Zärtlichkeiten sie so erregt. Bei keinem der kurzen Vorspiele, zu denen ihre Ex-Freunde sich herabgelassen hatten, hatte sie auch nur annähernd so empfunden. Und ihr Verlangen wuchs.

Zack liebkoste jetzt mit Lippen und Zunge ihre Schulter. Nie hätte sie für möglich gehalten, dass sie das erregen könnte. Unwillkürlich stellte sie sich vor, wie es wäre, ihn ebenfalls mit Lippen und Zunge zu verwöhnen, allerdings intim. Bei ihren Ex-Freunden hatte sie sich nicht dazu überwinden können, bei ihm hingegen konnte sie es sich vorstellen.

„Du riechst so gut“, sagte er leise. „Nach Frühlingsblumen.“

„Ich bin ja auch Floristin.“

Sie spürte, wie er lächelte, bevor er sich von ihr löste und ihr in die Augen sah. „Willst du, dass ich aufhöre?“

Betont gleichgültig zuckte Holly die Schultern. „Es ist eine Weile her, seit ich das letzte Mal einen Mann geküsst habe. Und mehr tun wir ja auch nicht, oder?“

Zack ließ den Blick zu ihrem Mund schweifen. „Für mich fühlt es sich so an, als wäre es mehr.“

„Du bist ein guter Küsser.“ Schon jetzt sehnte sie sich wieder nach ihm. „Ich kann verstehen, dass die Frauen sich überschlagen, um mit dir ins Bett zu kommen.“

Wieder umfasste er ihr Gesicht und sah ihr in die Augen. „Ich will dich, aber das weißt du, stimmt’s?“

Holly atmete tief durch. Sie begehrte ihn auch. So sehr, dass es schmerzte. Doch sie musste ihm widerstehen. „Manchmal bekommen wir nicht das, was wir wollen.“

Seine Augen funkelten mutwillig. „Du willst mich.“

Holly löste sich von ihm und ging etwas auf Abstand, was sich in der kleinen Küche allerdings ziemlich schwierig gestaltete. „Momentan bin ich nicht an einer Affäre interessiert. Ich habe andere Prioritäten.“

Wider Erwarten verriet der Ausdruck in seinen Augen keinen Zorn, sondern Mitgefühl. „Was ist zwischen dir und deinen Verlobten vorgefallen?“

Holly verzog das Gesicht. Warum wussten eigentlich alle über ihre schrecklichen Verlobten Bescheid?! „Beide haben mich kurz vor der Hochzeit sitzenlassen, der erste eine Woche vorher, der andere am Tag davor.“

Autor

Nina Milne
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