Julia Extra Band 479

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SINNLICH VERZAUBERT VON DIR von LOUISE FULLER
Eine letzte Nacht der Lust, danach hat Hotelmagnat Aristo Leonidas seine berechnende Ex Teddie nie wiedergesehen. Als er sie jetzt zufällig in seinem New Yorker Luxushotel trifft, gerät er gegen jede Vernunft erneut in ihren sinnlichen Bann. Bis er Schockierendes entdeckt …

DAS VERFÜHRERISCHE SPIEL DES PRINZEN von LEAH ASHTON
Playboy-Prinz Marko gibt seine Personenschützerin Jasmine spontan als seine neue Verlobte aus. Natürlich nur, um seinem Land den Frieden zu sichern! Aber warum prickelt es dann plötzlich so verführerisch, als er Jasmine auf dem Ball in aller Öffentlichkeit küsst?

MIT DIR IM PALAZZO DER LEIDENSCHAFT von CAITLIN CREWS
Sarina soll ein Gutachten für Matteo Combes Firma erstellen, mehr nicht. Doch sie hat nicht mit dem erregenden Feuer gerechnet, das gleich bei der ersten Sitzung im Palazzo in Venedig zwischen ihnen entbrennt. Ehe sie sich versieht, steckt Sarina in einer Affäre, so heiß wie folgenreich!

LIEBESGLÜCK KANN MAN NICHT KAUFEN von DANI COLLINS
Allein in Singapur, ohne Pass und Geld, scheint Luli das unmoralische Angebot von Milliardär Gabriel Dean die perfekte Lösung: Sie heiratet ihn und schenkt ihm einen Erben - anschließend trennen sie sich! Doch schon nach ihrer ersten Liebesnacht ersehnt Luli etwas ganz anderes …


  • Erscheinungstag 04.02.2020
  • Bandnummer 479
  • ISBN / Artikelnummer 9783733714796
  • Seitenanzahl 448
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Louise Fuller, Leah Ashton, Caitlin Crews, Dani Collins

JULIA EXTRA BAND 479

LOUISE FULLER

Sinnlich verzaubert von dir

Teddies Puls rast, als ihr Ex Aristo in New York plötzlich vor ihr steht. Obwohl er ihr das Herz gebrochen hat, ist sie machtlos gegen seinen Sex-Appeal. Aber er darf ihr Geheimnis nicht entdecken!

LEAH ASHTON

Das verführerische Spiel des Prinzen

Personenschützerin Jasmine ist für Prinz Markos Sicherheit verantwortlich. Deshalb muss sie jetzt sogar als seine Verlobte einspringen. Ein gewagter Einsatz – mit ungeahnt leidenschaftlichen Folgen …

CAITLIN CREWS

Mit dir im Palazzo der Leidenschaft

Eine Herausforderung hat Unternehmer Matteo Combe noch nie gescheut: Nur weil Sarina so vehement auf Abstand bleibt, verführt er sie zu einem kurzen, heißen Flirt! Bis jäh sein Herz ins Spiel kommt …

DANI COLLINS

Liebesglück kann man nicht kaufen

Seine Zweckehe mit Luli ist für Gabriel ein reines Geschäft. Doch als er sie in seine Welt aus Luxus und Glamour entführt, sehnt er sich zum ersten Mal nach dem Einzigen, das man mit Geld nicht kaufen kann …

1. KAPITEL

Teddie Taylor legte die drei Spielkarten offen aus, drehte sie um und ordnete sie dann neu an. Erwartungsvoll blickte sie den Mann ihr gegenüber an, der nun auf die mittlere Karte deutete. Nachdem sie sie umgedreht hatte, stöhnte er auf.

„Unglaublich.“ Edward Claiborne erhob sich und streckte ihr lächelnd die Hand entgegen. „Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie glücklich ich darüber bin, Sie an Bord zu haben.“ Seine blauen Augen blickten warm. „Ich freue mich auf ein bisschen Magie in meinem Leben.“

Teddie lächelte. Claiborne war viel zu kultiviert, um mit einer Frau zu flirten, die etwa halb so alt war wie er und die er gerade für seinen exklusiven Privatklub engagiert hatte.

„Ich freue mich auch darauf, Mr. Claiborne … Nein, bitte“, fügte sie hinzu, als er seine Brieftasche zücken wollte. „Der Kaffee geht auf mich. Sie gehören jetzt schließlich zu meinen Kunden.“

Während er die Hotellobby durchquerte, um jemanden zu begrüßen, setzte Teddie sich wieder. Sie hatte es geschafft! Endlich hatte sie einen Kunden gewonnen, für den Magie mehr als nur eine nette Abwechslung auf einer Party war.

Ein Hochgefühl durchströmte sie. Genau dieses Ziel hatten Elliot und sie verfolgt, doch dieser neue Vertrag bedeutete für sie beide viel mehr als ein regelmäßiges Einkommen. Claiborne gehörte dem New Yorker Geldadel an, und wenn er sie weiterempfahl, wäre das die perfekte Werbung für sie.

Teddie nahm ihr Telefon aus ihrer Handtasche und wählte Elliots Nummer. Wie erwartet meldete er sich sofort.

„Das ging ja schnell. Wie ist es gelaufen?“, fragte er lässig mit dem für ihn typischen Westküstenakzent.

Doch Teddie, die ihn seit ihrem dreizehnten Lebensjahr kannte, hörte die Anspannung in seiner Stimme heraus. Ein Engagement für drei Nächte in der Woche in dem nagelneuen Castine Klub würde nicht nur Geld hereinbringen, sondern auch bedeuten, dass sie endlich jemanden für die Büroarbeit einstellen konnten.

„Wir haben den Auftrag!“, erwiderte sie.

„Dann lass uns surfen gehen, Baby!“, rief Elliot triumphierend, woraufhin Teddie lachte.

Dass er sich immer wieder auf seine kalifornischen Wurzeln bezog, war nur eine der Eigenarten, die sie an ihrem besten Freund und Geschäftspartner liebte. Da war zum Beispiel auch die Tatsache, dass er ihr bedingungslos vertraute, egal, ob es gerechtfertigt war oder nicht.

„Ich glaube, ich bin noch nie jemandem begegnet, der Magie so sehr liebt wie Edward Claiborne“, sagte Teddie. „Aber dass du mich mit dieser Vorstellung überrumpelt hast, verzeihe ich dir nicht.“

Nun lachte Elliot. „Was hältst du davon, wenn ich dich und George am Wochenende zu Pete’s Grill einlade? Um es wiedergutzumachen und zu feiern?“

„Okay.“ Sie runzelte die Stirn. „Wieso bist du überhaupt am Apparat? Ich dachte, ich hätte den Termin mit Mr. Claiborne übernommen, weil du eine Besprechung hast.“

„Stimmt. Ich muss jetzt auch rein. Aber ich komme später noch mal vorbei. Ich liebe diesen Job!“

Nachdem sie das Gespräch beendet hatte, lächelte Teddie. Sie liebte ihren Job auch, und Elliot hatte recht – sie sollten feiern. Außerdem aß George gern bei Pete’s Grill.

Als sie an ihren Sohn dachte, zog ihr Herz sich zusammen, denn sie liebte nichts und niemanden auf der Welt mehr als George. Und wenn dieser Job von Dauer sein würde, könnten sie vielleicht in einigen Jahren hier feiern.

Teddie lehnte sich in dem luxuriösen Ledersessel zurück und blickte sich in der Lobby um. Na ja, vielleicht nicht hier. Das Kildare Hotel war neu und lag weit außerhalb ihrer Gehaltsklasse, denn das Ambiente vereinte altmodische Behaglichkeit und avantgardistisches Design. Entsprechend war auch das Publikum – coole junge und wohlhabende ältere Leute.

Als sie den Blick zu Claiborne schweifen ließ, der immer noch mit einem Gast redete, beschleunigte sich ihr Puls. Als Geschäftsfrau sollte sie eigentlich Kontakte knüpfen. Wenn sie lächelnd an den beiden vorbeiging, würde ihr neuer Chef sie bestimmt zu sich rufen, um sie dem anderen Mann vorzustellen.

Sie konnte das Gesicht des Mannes nicht sehen, doch selbst aus der Entfernung merkte sie, wie selbstsicher und weltgewandt er wirkte. Nur seine Silhouette zeichnete sich gegen das Sonnenlicht ab, das durch das hohe Fenster hinter ihm fiel. Das Licht umstrahlte ihn förmlich – ein Bild, das sie magisch anzog, und den verstohlenen Blicken der anderen Gäste nach zu urteilen, wirkte er nicht nur auf sie so.

Ob er sich dessen bewusst war? Vielleicht sollte sie einfach hingehen und es herausfinden.

Als Teddie ihre Karten einzusammeln begann, stellte sie fest, dass Claiborne in ihre Richtung deutete. Automatisch lächelte sie, als sein Gesprächspartner sich zu ihr umwandte.

Prompt gefror ihr das Lächeln auf den Lippen. Ihr Herz setzte einen Schlag aus, und sie erstarrte. Ihre Euphorie war verflogen.

Nein, er kann nicht hier sein, nicht jetzt!

Doch er war es. Schlimmer noch, nachdem er Claiborne die Hand geschüttelt hatte, kam er lässig auf sie zu, wobei er sie unverwandt aus dunklen Augen ansah. Und obwohl Teddie in Alarmbereitschaft war, konnte sie den Blick nicht von seinem attraktiven Gesicht und dem muskulösen Körper abwenden.

Dann begann ihr Herz zu rasen. Sie wusste, dass sie vor ihm fliehen sollte. Ihr Ex-Mann Aristoteles Leonidas war der letzte Mensch auf Erden, dem sie begegnen wollte. Zwischen ihnen war zu viel vorgefallen – sie hatten eine gescheiterte Ehe hinter sich, und außerdem hatte sie einen dreijährigen Sohn, von dem er nichts wusste.

In zunehmender Panik versuchte Teddie, die Karten in das Kästchen zu schieben, doch sie glitten ihr aus den Händen und verteilten sich in allen Richtungen auf dem Fußboden.

„Darf ich?“

Hatte es sie schockiert, ihn auf sich zukommen zu sehen, fühlte sie sich nun, als er vor ihr stand, wie vom Blitz getroffen. Er war so attraktiv wie eh und je. Nicht, dass er sich um solche Dinge wie sein Aussehen Gedanken machte, so vermögend und einflussreich, wie er inzwischen war.

Auf sie hingegen wirkten seine markanten Züge und seine dunklen Augen immer noch überirdisch schön – fast zu perfekt, um menschlich zu sein.

Teddie wappnete sich dagegen, seinem Blick zu begegnen.

Vor vier Jahren hatte er ihr das Herz gebrochen und ihre Liebe verschmäht, doch sie hatte ihn nie vergessen. Und ihm nie verziehen, dass er sie – und unwissentlich auch George – einfach aus seinem Leben gestrichen hatte. Dass ihr Puls jetzt beim Klang seiner rauen, verführerischen Stimme raste, musste am Schock über die unerwartete Begegnung liegen.

Kühl sah sie ihn an. „Das schaffe ich allein.“

Ungerührt hockte Aristo sich hin, um die Karten einzusammeln. „Hier.“ Dann stand er wieder auf und hielt sie ihr entgegen, doch sie blickte ihn nur starr an, aus Angst, ihn versehentlich zu berühren.

Die irrationale Reaktion ihres Körpers hatte ihr klargemacht, dass trotz allem immer noch eine Verbindung zwischen ihnen bestand … Schnell verdrängte Teddie diesen beunruhigenden Gedanken und setzte sich wieder.

Nachdem Aristo sie einen Moment lang betrachtet hatte, nahm er auf dem Sessel Platz, auf dem Claiborne gesessen hatte.

„Was machst du hier?“, erkundigte sie sich steif.

Nach ihrer Trennung war er nach London gezogen – zumindest hatte man das Elliot gesagt, als er ihre Sachen geholt hatte. Da das Apartment nicht Teil der Scheidungsvereinbarung gewesen war, war sie immer davon ausgegangen, dass er es verkauft hatte. Allerdings hatte er sich fast nie dort aufgehalten, sodass es für ihn vermutlich nicht mit schlechten Erinnerungen verbunden war.

„In New York?“ Aristo zuckte die Schultern. „Ich wohne hier. Wieder“, fügte er leise hinzu.

Dass er in ihr Zuhause zurückgekehrt war und einfach dort weitergemacht hatte, wo er aufgehört hatte, versetzte Teddie einen Stich. Sie wünschte, sie könnte es ihm heimzahlen, doch das hätte nur bewiesen, dass er ihr noch etwas bedeutete – was natürlich nicht der Fall war.

Langsam schob er ihr die Karten hin und zog dabei die Brauen zusammen. „Ich weiß nicht, warum du mich so ansiehst“, sagte er kühl. „Ich bin hier derjenige, der sich Sorgen machen sollte.“

Zu ihrem Leidwesen musste sie sich eingestehen, dass sie selbst nach all den Jahren und allem, was zwischen ihnen vorgefallen war, immer noch stark auf ihn reagierte. Es ergab keinen Sinn, denn er hatte seitdem bestimmt keinen Gedanken an sie verschwendet.

Der Zorn, der in ihren wunderschönen grünen Augen aufblitzte, veranlasste Aristoteles Leonidas, die Lippen zusammenzupressen. Teddie war immer noch genauso dickköpfig wie damals, und ihre hartnäckige Ablehnung trieb seinen Puls in die Höhe.

Als er die Lobby betrat, hatte er sie unter anderem deshalb nicht bemerkt, weil sie das dunkelbraune Haar anders als damals nicht offen trug, sondern hochgesteckt. Hauptsächlich aber deswegen, weil er niemals damit gerechnet hätte, sie wiederzusehen. Er verspürte ein schmerzhaftes Ziehen in der Brust.

Aber warum?

Vor vier Jahren hatte Theodora Taylor ihn mit ihren grünen Augen, den langen Beinen und ihrer zurückhaltenden Art in ihren Bann gezogen. Aber sie war genauso schnell wieder aus seinem Leben verschwunden, wie sie aufgetaucht war, und die einzigen Erinnerungen an ihre sechsmonatige Ehe waren ein leeres Konto und sein gebrochenes Herz gewesen.

Einen Moment lang betrachtete er sie durchdringend. Teddie hatte mehr mitgenommen als nur sein Geld. Sie hatte sein Herz mit Füßen getreten und sein Vertrauen zu Frauen vollends zerstört. Zum ersten Mal war er unachtsam gewesen, hatte sich einer Frau geöffnet – hatte sie sogar geheiratet. Für sie hingegen war die Ehe nur Mittel zum Zweck gewesen, denn sie hatte sich durch sein Geld und seine Verbindungen ein besseres Leben erhofft.

Das war ihm allerdings erst klar geworden, als er von einer Geschäftsreise zurückgekehrt war und sie nicht mehr antraf. Er war verletzt gewesen und hatte sich erniedrigt gefühlt. Danach hatte er das Ganze zu vergessen versucht, indem er sich in seine Arbeit stürzte.

Bis er eben zufällig Edward Claiborne begegnet war. Er kannte ihn von diversen gesellschaftlichen Anlässen und mochte ihn wegen seiner ruhigen, höflichen Art. Aber erst nachdem Edward ihn zu seiner neuen, bald regelmäßig stattfindenden Zaubershow in seinem Klub eingeladen und anschließend erwähnt hatte, dass er gerade Kaffee mit der Magierin getrunken hatte, hatte er sich umgewandt und Teddie gesehen.

Ihr Anblick hatte eine Kettenreaktion in ihm ausgelöst, und sein Herz hatte derart gehämmert, dass ihm beinah schwindelig geworden war.

Nun, da er sie betrachtete, wusste Aristo allerdings, dass sie ihm seinen inneren Aufruhr nicht anmerkte. Sein Verstand riet ihm, sofort zu gehen, doch bei Theodora Taylor hatte er sich noch nie von Vernunft leiten lassen. In der Hinsicht hatte sich offenbar nichts geändert, denn obwohl sie der größte Fehler seines Lebens war, konnte er sich nicht überwinden, zu gehen. Stattdessen blieb er sitzen und sagte: „Vielleicht sollte ich Edward Claiborne anrufen, damit er sich vergewissert, ob er seine Brieftasche noch hat. Ich weiß ja aus Erfahrung, wie flink deine Finger sein können.“

Teddie spürte, wie ihr das Blut ins Gesicht stieg. Wie konnte Aristo es wagen, so mit ihr zu reden? Er war doch derjenige gewesen, der sie ohne ein Wort aus seinem Leben verbannt hatte.

Nicht, dass sie ihm je besonders wichtig gewesen wäre. In den sechs Monaten war ihr bewusst geworden, dass er überhaupt keine Zeit für eine Ehefrau hatte. Selbst als sie ausgezogen war und das Scheidungsverfahren begonnen hatte, hatte er weiter gearbeitet, als wäre nichts geschehen. Sein Verhalten zum Schluss hatte jedoch alles getoppt.

Es war ein Fehler gewesen, ein letztes Mal miteinander zu schlafen.

Sie hatten sich mit ihren Anwälten getroffen, um die Einzelheiten der Scheidung zu besprechen, und die Gefühle waren hochgekocht. Schließlich waren sie im Bett gelandet, und wenige Wochen später hatte sie festgestellt, dass sie schwanger war. Zu der Zeit hatte Aristo sich allerdings schon in Europa befunden, um auch dort sein Unternehmen aufzubauen.

Teddie verkrampfte sich bei der Erinnerung daran, wie sie wiederholt und zunehmend verzweifelter versucht hatte, sich mit ihm in Verbindung zu setzen. Sie hatte ihm von der Schwangerschaft erzählen wollen, aber sein Schweigen hatte ihr bewiesen, dass er keinen Kontakt mehr zu ihr wollte.

Nach einem weiteren erfolglosen Anruf in seiner Londoner Niederlassung hatte sie schließlich eingesehen, dass es nichts brachte, das Richtige zu tun.

Bei ihren Eltern hatte es auch nichts gebracht.

Aber es war schwer gewesen.

Aristo hatte ihr das Herz gebrochen, und sie hatte lange unter den Nachwirkungen ihrer ebenso kurzen wie unglücklichen Ehe gelitten. Noch immer war sie Männern gegenüber so misstrauisch, dass sie sich bisher nur wenige Male verabredet hatte. Und da nicht einmal ihr Vater sich sonderlich für Teddie interessiert hatte, fiel es ihr schwer zu glauben, dass sie einem Mann etwas bedeuten könnte.

Aristo war immer noch der einzige Mann, den sie je geliebt hatte. Er war ihre erste Liebe gewesen – nicht ihr erster Liebhaber, doch er hatte ihr gezeigt, was fantastischer Sex bedeutete.

Schließlich blickte Teddie auf, plötzlich froh, dass sie nicht die Flucht ergriffen hatte. Unwillkürlich ballte sie die Fäuste und funkelte ihn an. „Anscheinend trügt deine Erinnerung dich, Aristo. Und es geht dich zwar nichts an, aber Edward Claiborne ist ein sehr großzügiger Mann. Er hat die Rechnung gern übernommen.“ Das war keine richtige Lüge, denn Edward hatte es ja angeboten.

„Und das ist dir wichtig, stimmt’s, Theodora? Dass deine Rechnungen bezahlt werden, auch wenn du dafür nimmst, was dir nicht gehört.“

Aristo zog die Brauen hoch. Es ging ihm nicht ums Geld. Selbst vor seinem kometenhaften Aufstieg und seiner weltweiten Expansion war der Betrag, den sie an sich gerissen hatte, vergleichsweise niedrig gewesen. Damals hatte es ihn allerdings getroffen, vor allem weil es an seiner eigenen Dummheit gelegen hatte.

Aus irgendeinem Grund hatte er ihre gemeinsamen Konten nicht gesperrt, nachdem die Scheidung rechtskräftig gewesen war, und Teddie hatte keine Zeit vergeudet. Allerdings hätte es ihn nicht überraschen dürfen. Auch wenn man die Frauen verwöhnte, waren sie nie mit dem zufrieden, was sie hatten. Die Erfahrung hatte er schon mit sechs Jahren gemacht, als seine Mutter seinen Vater wegen eines wohlhabenderen Mannes verließ.

Nun kniff Teddie die Augen zusammen. „Es war mein Geld“, entgegnete sie hitzig. „Es war unseres. Das ist doch der Sinn einer Ehe – zu teilen.“

Verächtlich musterte Aristo sie. „Redest du dir das ein? Dass es ein gemeinsames Konto war, hat dir nicht das Recht gegeben, es leer zu räumen.“

„Wenn es dir so zu schaffen gemacht hat, hättest du mit mir reden können“, konterte sie wütend.

„Ich habe mit dir geredet“, erinnerte er sie scharf.

„Ja, über deine Arbeit. Aber nie über uns.“ Im Grunde waren sie zwei Fremde gewesen, die zwar ein Bett geteilt, aber keine einzige Mahlzeit zusammen eingenommen hatten. Doch es war vier Jahre zu spät, und so viel konnte ihre Ehe ihm nicht bedeutet haben, wenn Aristo jetzt nur über ihr Konto sprechen wollte. Andererseits hatte sein ganzes Leben sich nur ums Geldverdienen gedreht.

Teddie atmete tief durch. „Und was das Geld angeht, ich habe nur genommen, was ich zum Leben brauchte.“ Um unseren Sohn versorgen zu können, dachte sie, während Zorn in ihr aufflammte. „Dafür werde ich mich nicht entschuldigen, zumal du mir deutlich zu verstehen gegeben hast, dass du nicht mit mir reden willst.“

Zunehmend wütender starrte Aristo seine Ex-Frau an. Damals hatte er ihr Verhalten als weiteren Beweis für seine schlechte Menschenkenntnis betrachtet. Einen weiteren Beweis dafür, dass die Frauen in seinem Leben ihm irgendwann unweigerlich den Rücken kehrten.

Doch er würde ihr nicht erzählen, weshalb er geschwiegen hatte. Warum auch? Schließlich war er nicht derjenige gewesen, der gegangen war.

Sein Herz begann, schmerzhaft zu pochen, während ein vertrautes Gefühl ohnmächtigen Zorns von ihm Besitz ergriff. Teddie hatte recht. Er hätte sich schon vor Jahren damit auseinandersetzen sollen. Zwar hatte er es geschafft, sie aus seinem Herzen zu verbannen, aber er hatte nie vergessen können, dass sie ihn hintergangen hatte. Andererseits hatte er gar keine Gelegenheit mehr gehabt, sie zur Rede zu stellen.

Bis jetzt.

Während Aristo sich scheinbar entspannt zurücklehnte und die Beine ausstreckte, verspürte Teddie Panik bei der Vorstellung, dass sie eben kurz davor gewesen war, ihm von George zu erzählen.

„Dann lass uns jetzt reden“, schlug er unvermittelt vor, bevor er einem sich nähernden Ober zunickte.

Beinah hätte sie gelacht, denn er sagte das nur, um sie vom Gehen abzuhalten. Er hatte sich nicht geändert. Er wollte nur seinen Willen durchsetzen.

„Einen Espresso bitte, und einen Americano“, wandte Aristo sich an den Ober, ohne sie eines Blickes zu würdigen, und sie hätte am liebsten geschrien, weil er sich immer noch an ihr Lieblingsgetränk erinnerte und einfach für sie mitbestellte.

„Ich bleibe nicht“, erklärte sie eisig. „Und ich habe nicht das Bedürfnis, mit dir zu reden.“ Demonstrativ blickte sie an ihm vorbei, woraufhin er die Schultern zuckte und spöttisch lächelte.

„Dann rede ich, und du kannst zuhören.“

Mühsam beherrscht saß sie da, bis der Ober wieder erschien und ihnen sichtlich nervös die Getränke servierte.

Gereizt registrierte Teddie, dass Aristo immer noch dieselbe Wirkung auf seine Mitmenschen hatte wie früher. Damals war er zwar noch nicht so vermögend und einflussreich gewesen, hatte sich aber schon von anderen reichen Leuten abgehoben.

Offenbar merkte er ihr an, was sie dachte, denn nachdem er seine Tasse aufgenommen hatte, hielt er kurz inne. „Gibt es ein Problem?“

Sie zog die Brauen hoch. „Außer dir, meinst du?“ Verzweifelt schüttelte sie den Kopf. „Ich weiß, es fällt dir schwer, nicht an deine Arbeit zu denken, aber das hier ist keins deiner Hotels.“

Aristo lehnte sich zurück und führte die Tasse an die Lippen, ohne den Blickkontakt zu unterbrechen. „Doch, ist es“, meinte er. „Es ist das erste in einer neuen Kette, die wir planen – es vereint traditionelle Eleganz und Luxus mit Nachhaltigkeit.“

Entsetzt betrachtete sie ihn, während ihr das Herz bis zum Hals schlug. Sicher hatte er sie nur zum Bleiben überredet, um ihr zu zeigen, was für ein wichtiger Mann er inzwischen war.

„Setz dich“, wies er sie leise an, als sie aufstehen wollte.

Wütend funkelte sie ihn an. „Ich will aber nicht.“

„Warum? Hast du Angst?“

Habe ich Angst?

Plötzlich wurde ihr warm und schwindelig. Damals hatte sie völlig in seinem Bann gestanden. Aristo hatte alles verkörpert, was sie sich bei einem Mann wünschte, und ihr das Gefühl vermittelt, begehrt zu werden.

Und nun musste sie sich eingestehen, dass ihr Körper immer noch genauso auf ihn reagierte wie damals. Entsetzt über diese Erkenntnis hob sie das Kinn und kniff die Augen zusammen. „Nein. Aber du solltest Angst haben. Oder möchtest du Kaffeeflecken auf deinem Anzug haben?“

Jetzt funkelten seine Augen amüsiert. „Wenn du willst, dass ich mich ausziehe, sag es einfach.“

Trotz ihrer Wut spürte Teddie Verlangen in sich aufsteigen. Genau wie in jener Nacht vor vier Jahren, als ihr Körper sie verraten hatte. Wie hatte sie nur mit Aristo schlafen können, obwohl sie wusste, dass er sie nicht liebte?

Finster betrachtete sie ihn. „Ich will dich nicht“, log sie. „Und ich will mich auch nicht mit dir unterhalten.“

In gespielter Resignation hob er die Hände. „Okay, okay. Es ist für uns beide nicht leicht, aber wir haben eine gemeinsame Vergangenheit. Und wenn das Schicksal uns jetzt zusammenwirft, können wir unsere Differenzen um der alten Zeiten willen hinter uns lassen“, sagte er aalglatt. „Sicher hast du ein paar Minuten Zeit.“

Erneut pochte ihr Herz schneller. Leider hatten sie mehr als nur eine gemeinsame Vergangenheit, und ihm das weiter zu verschweigen erwies sich als schwieriger, als sie es je für möglich gehalten hätte.

Doch wie sollte sie ihm beibringen, dass er einen dreijährigen Sohn namens George hatte? Und, wichtiger noch, warum sollte sie es ihm sagen? Sie kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass in seinem Leben kein Platz für etwas anderes als seinen Job war. Außerdem sollte ihr Sohn nicht dasselbe Schicksal mit seinem Vater erleiden wie sie mit ihrem.

„Ich sagte doch gerade, ich will nicht bleiben.“ Als sie ihm in die dunklen Augen blickte und den eisigen Ausdruck darin bemerkte, verspürte sie allerdings einen Anflug von Panik.

„Ich habe dir eigentlich keine Wahl gelassen.“

Teddie spürte, wie ihr das Blut aus dem Gesicht wich. „Was soll das heißen?“ Kalte Wut verdrängte ihre Angst. „Du kannst dich nicht wie ein Tyrann aufführen, nur weil das hier dein Hotel ist, Aristo. Ich kann gehen, wann ich will.“

Schweigend betrachtete Aristo Teddie. Hatte er deshalb ihre Gesellschaft gesucht, statt sich einfach zurückzuziehen? Um eine Konfrontation herbeizuführen, damit er anders als damals bestimmen konnte, wann sie ging? Würde das die alten Wunden heilen? Seinen Verdacht widerlegen, dass sie sich mit ihm nur die Zeit vertrieben hatte, bis sie einem besseren Mann begegnete?

Abfällig zuckte er die Schultern. „Kommt drauf an. Es ist deinem Ruf bestimmt nicht zuträglich, wenn ich dich von meinen Sicherheitsleuten abführen lasse.“ Lässig lehnte er sich wieder zurück. „Was würde dein neuer Boss davon halten?“

„Das würdest du nicht wagen“, sagte sie leise.

„Wetten, doch?“

Er merkte ihr an, wie sie mit sich rang. Doch offenbar hatte er bereits gewonnen, sonst wäre sie längst aufgestanden. Obwohl es ihm nicht um Rache ging, konnte er sich ein triumphierendes Lächeln nicht verkneifen. Er deutete auf den Kartenstapel. „Du arbeitest also immer noch mit Kartentricks.“

Teddie senkte den Blick auf die Spielkarten. Sie hörte den Unmut aus seiner Stimme heraus, denn sie kannte den Tonfall bereits. Es erinnerte sie daran, warum ihre Ehe gescheitert war. Und warum sie sich gleich mit der Vergangenheit hätte auseinandersetzen sollen, statt so zu tun, als wäre sie nie mit Aristo verheiratet gewesen. Für ihren Sohn mochte sie stark sein, doch die Konfrontation mit seinem Vater hatte sie immer gescheut.

Allerdings hatte sie viele gute Gründe dafür gehabt. Nach ihrer Trennung hatte Aristo sich kühl und abweisend verhalten, in der Schwangerschaft hatte sie unter starker Übelkeit gelitten, und als es ihr besser ging, war da George gewesen, der sie brauchte und um den sie sich kümmern musste.

„Ja“, erwiderte sie. „Ich bin immer noch Magierin, Aristo. Und du bist immer noch Hotelier.“

Ihr Herz hämmerte. Wollte er wirklich hier mit ihr sitzen und höflich Konversation machen? Offenbar schon. Aber er musste ja auch kein Geheimnis bewahren.

Nun nickte Aristo. „In erster Linie, ja, aber ich habe meine Geschäfte ausgeweitet.“

Teddie presste die Lippen zusammen. Also hatte er noch weniger Zeit für ein Privatleben. Aus irgendeinem Grund machte sie das allerdings nicht wütend, sondern traurig. Schnell trank sie einen Schluck von ihrem Kaffee.

Ungerührt betrachtete er sie. „Du musst Edward Claiborne wirklich beeindruckt haben, denn er wagt selten etwas Neues. Wie habt ihr beide euch kennengelernt?“

Teddie zuckte die Schultern. „Elliot und ich hatten letztes Jahr einige Engagements auf Wohltätigkeitsbällen, auf denen er auch war.“

Kühl fixierte er sie. „Du arbeitest mit Elliot zusammen?“

Ihr trotziges Nicken ließ brennende Eifersucht in Aristo aufflammen. Bisher hatte er immer geglaubt, sie wäre allein und würde genauso leiden wie er.

„Wir haben zusammen eine Firma gegründet. Er macht die Verwaltung und die Buchhaltung. Ich trete auf.“

Nun verspürte Aristo einen beinah schmerzhaften Stich. Er wusste, dass ihr Verhältnis zu Elliot immer rein platonisch gewesen war. Ihr Freund hatte sie unterstützt, doch eine Zeit lang war das seine Aufgabe gewesen. Es war schlimm genug, dass seine Mutter seinen Halbbruder Oliver mehr liebte als ihn – nun schien es, als wäre für Teddie ebenfalls ein anderer Mann wichtiger als er.

„Wenn ich mich recht entsinne, ist er kein besonders guter Geschäftsmann“, erklärte Aristo kühl.

Zum ersten Mal, seit Aristo sich zu ihr gesetzt hatte, lächelte Teddie. „Das ist er auch nicht, aber er ist mein bester Freund, und ich vertraue ihm. Das ist alles, was zählt.“

Sie war versucht, zu behaupten, sie hätte bei Elliot Liebe und Leidenschaft gefunden, doch letztendlich hätte sie dadurch nur verzweifelt gewirkt.

Nun zog Aristo die Brauen hoch. „Was zählt, ist doch der Profit, oder?“

Obwohl seine Einstellung der Grund dafür war, dass ihr Sohn ohne Vater aufwuchs, verletzte seine Bemerkung sie mehr, als es der Fall hätte sein dürfen.

„Einige Dinge sind wichtiger als Geld, Aristo.“

„In der Geschäftswelt nicht“, entgegnete Aristo wegwerfend.

Zornig funkelte Teddie ihn an. „Aber das Leben besteht auch noch aus anderen Dingen: Gefühle und Menschen, Freunde, Familie …“ Sie verstummte, und als sie aufsah, stellte sie fest, dass er sie betrachtete.

„Du hast keine Familie“, erinnerte er sie.

Dass sie Waise war, war eins der wenigen Dinge, die sie ihm über ihr Leben verraten hatte. Gerade noch rechtzeitig konnte sie sich verkneifen, ihm von seinem Sohn zu erzählen. Doch hatte er nicht ein Recht darauf, von George zu erfahren?

Für einen Moment setzte ihr Herz einen Schlag aus, und das Atmen fiel ihr schwer. Aber sie zwang sich, ihn anzusehen. „Stimmt.“

Und plötzlich wurde ihr klar, dass sie nicht länger bleiben konnte, denn sie wollte nicht mehr lügen. Bis zu diesem Tag hatte sie sich eingeredet, dass sie mit Aristo abgeschlossen hatte. Doch nun, da sie ihm in die dunklen Augen sah, wurde sie eines Besseren belehrt.

Sie hatte schon einmal den Fehler gemacht, ihn wieder in ihr Leben zu lassen, weil sie ihrem Herzen gefolgt war. Und obwohl sie jenen One-Night-Stand nicht bereute, hatte sie sich danach damit abgefunden, dass ihre Ehe beendet und es so das Beste war.

Energisch hob sie das Kinn. Diese Begegnung würde ihre letzte sein.

Teddie ignorierte Aristos intensiven Blick und seine sinnlichen Lippen und räusperte sich. „Ich glaube, es hat keinen Sinn, diese Unterhaltung fortzusetzen, Aristo. Small Talk – oder Gespräche allgemein – waren noch nie deine Stärke, und wir sind nicht ohne Grund geschieden.“

Unverwandt sah Aristo ihr in die Augen. „Weigerst du dich etwa, mit mir zu reden?“

„Allerdings.“

Doch sie wollte ihm nicht erklären, warum. Teddie atmete tief durch, um die Fassung wiederzugewinnen. Dann nahm sie ihr Notizbuch und einen Stift aus ihrer Handtasche. Nachdem sie etwas aufgeschrieben hatte, riss sie die Seite heraus, faltete sie einmal und legte sie auf den Tisch.

„Ich rechne nicht damit, wieder von dir zu hören, aber falls du dich mit mir in Verbindung setzen musst, das hier ist die Nummer meiner Anwältin. Leb wohl, Aristoteles.“

Ehe er reagieren konnte, sprang sie auf und eilte aus der Lobby.

Aufgewühlt und mit klopfendem Herzen betrachtete Aristo den leeren Sessel. Er fühlte sich, als hätte Teddie ihm einen Fehdehandschuh hingeworfen. Und damit hatte sie ihr Schicksal besiegelt. Vor vier Jahren war sie aus seinem Leben verschwunden, und er hatte die Zeit seitdem damit verbracht, den Kummer und die Enttäuschung zu unterdrücken. Nun allerdings war er bereit, sich mit seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen – und mit seiner Ex-Frau.

Aber zu meinen Bedingungen, sagte er sich, bevor er sein Telefon aus der Jacketttasche nahm.

Drei Stunden später, nachdem sie für George das Essen gemacht und ihn gebadet hatte, lehnte Teddie sich auf ihrem zerschlissenen Sofa zurück und atmete tief durch. Sie fühlte sich völlig erschöpft. Nach ihrem Besuch im Kildare Hotel erschien ihr ihre gemütliche Wohnung mit den hellen Wänden und Holzfußböden ein wenig schäbig. Und George, der normalerweise sehr ausgeglichen und unkompliziert war, musste ihre Anspannung gespürt haben, denn heute Abend hatte er einen richtigen Wutanfall bekommen, als sie ihn aus der Wanne hob und er ihr sein Spielzeugboot aushändigen musste.

Nun schlief er, und als sie ihn betrachtete, empfand sie Stolz und gleichzeitig Panik, weil er seinem Vater so ähnelte. Einem Vater, den er niemals kennenlernen würde.

Schuldgefühle und Selbstmitleid erfüllten sie. Sie hätte ihrem Sohn eine heile Familie und finanzielle Sicherheit gewünscht, doch sie hatte es versucht, und ihre Ehe war eine Katastrophe gewesen.

Nur sieben Wochen nach ihrer ersten Begegnung hatten sie geheiratet. Vielleicht hätte ihre Ehe eine bessere Basis gehabt, wenn sie ihre Probleme zusammen angegangen wären. Im Grunde hatte sie beide nur die starke sexuelle Anziehungskraft verbunden. Aristo war in eine reiche Familie hineingeboren worden, sie hingegen war in einem Kinderheim aufgewachsen, weil ihre Mutter eine Drogenersatztherapie machte und ihr Vater im Gefängnis saß.

Sex war allerdings keine Basis für eine Ehe – nicht, wenn es kein Vertrauen, keine Offenheit und keine Zärtlichkeit gab.

Die Scheidung war also die einzige Möglichkeit gewesen. Und dennoch konnte sie sich immer noch nicht mit Aristo auseinandersetzen. Zum Glück würde sie ihn nie wiedersehen müssen. Noch immer konnte sie nicht fassen, dass sie es gewagt hatte, ihm zu sagen, er sollte sie über ihre Anwältin kontaktieren, falls nötig.

Teddie unterdrückte ein Gähnen, während sie auf das Display ihres Handys blickte. Sie wollte nur noch schlafen und alles um sich herum vergessen. Nur leider wollte Elliot noch auf einen Sprung vorbeikommen, um mit ihr über das Vorstellungsgespräch zu reden. Also stand sie auf und ging in die angrenzende kleine Küche.

In dem Moment klingelte es. Wenigstens erschien er pünktlich. Nachdem sie auf den Türöffner gedrückt hatte, nahm sie eine Flasche Wein und zwei Gläser aus dem Schrank.

„Glaub ja nicht, dass wir die austrinken …“, begann sie, während sie schwungvoll die Wohnungstür öffnete.

Vor ihr stand allerdings nicht Elliot, der sie wie gewohnt anlächelte, sondern Aristo. Und er lächelte nicht.

2. KAPITEL

„Mit dir Wein trinken? Das würde mir nicht im Traum einfallen“, sagte Aristo. Er streckte die Hand aus, wobei er ihr in die Augen sah, und dann lächelte er urplötzlich. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. „Die hast du vergessen, und da ich zufällig in der Nähe war …“

Es waren die Spielkarten, die sie in seinem Hotel zurückgelassen hatte.

Zuerst konnte Teddie nicht antworten, so schockiert war sie über den unerwarteten Anblick. „Du warst zufällig in der Nähe?“, brachte sie schließlich hervor.

Sie erschauerte, als er sie langsam von Kopf bis Fuß musterte. Sie trug einen Bademantel und darunter nur T-Shirt und Slip. Zudem war sie barfuß und ihr Haar noch nass vom Duschen.

„Willst du mich nicht reinbitten?“, fragte Aristo schließlich. „Oder empfängst du deine Gäste immer im Flur?“

„Du bist kein Gast, schließlich habe ich dich nicht eingeladen.“ Argwöhnisch sah sie ihn an. „Wie hast du mich überhaupt gefunden?“

Seine dunklen Augen funkelten amüsiert. „Im Telefonbuch – unter W wie wunderschöne Magierin.“

Ein Prickeln überlief sie, denn sie hatte ganz vergessen, wie oft er sie zum Lachen gebracht hatte. Da sie ihm allerdings auf keinen Fall zeigen wollte, wie verletzlich sie ihm gegenüber immer noch war, ignorierte sie ihren rasenden Puls und schüttelte den Kopf. „Aristo … Bist du mir gefolgt?“

Nun lächelte er noch breiter. „Klar. Ich habe einen Zweitjob als Privatdetektiv.“

Teddie widerstand dem Drang, ihm die Tür vor der Nase zuzuknallen. „Sehr witzig. Du hast also jemanden damit beauftragt, meine Adresse herauszufinden?“

„Du hast mir ja keine andere Wahl gelassen. Du bist gegangen, bevor unser Gespräch beendet war.“

„Für mich war das Gespräch beendet, Aristo“, entgegnete sie gereizt. „Deswegen habe ich dir auch die Nummer meiner Anwältin gegeben.“

„Ah ja, deine Anwältin.“ Dann blickte er über die Schulter. „Soll jeder hier unsere Unterhaltung mitbekommen?“

Hilflos betrachtete sie ihn. Offenbar würde er nicht gehen, und wenn er anfing mit ihr zu streiten, würde er womöglich George wecken. Also blieb ihr nichts anderes übrig, als entweder im Flur oder in ihrer Wohnung mit ihm zu reden. Ihr Herz krampfte sich zusammen. Ihr Verstand riet ihr, ihn auf keinen Fall hereinzubitten, doch was wäre, wenn einer ihrer Nachbarn auftauchte und ihren Sohn erwähnte?

Fieberhaft überlegte sie. Zum Glück hatte sie schon alle Spielsachen aufgeräumt, und die einzigen Fotos von George standen in ihrem Schlafzimmer.

„Also gut, komm rein“, forderte sie Aristo auf. „Aber du kannst nicht lange bleiben.“

Sie hoffte, Elliot würde heute ausnahmsweise nicht pünktlich erscheinen. Natürlich hatte sie ihm von ihrer gescheiterten Ehe erzählt, ihm aber verschwiegen, dass sie gefühlsmäßig noch nicht damit abgeschlossen hatte.

„Zehn Minuten, Aristo. Und du musst leise sein. Meine Nachbarn sind schon älter, und ich möchte sie nicht stören“, schwindelte sie.

Da er ihren Blick unbeirrt festhielt, verspürte sie einen Anflug von Panik. Es schien ihr, als würde er ihre Lügen nicht nur durchschauen, sondern auch den Grund dafür erraten.

„Ich kann sehr leise sein, Theodora. Oder hast du das vergessen?“

Ihr Puls flatterte, und ihr brannten die Wangen. Sie waren oft von ihrem Verlangen überwältigt worden und hatten es einmal im Park gestillt, nur durch Büsche vor neugierigen Blicken geschützt. Schnell verdrängte Teddie die Erinnerung daran, doch sie merkte, dass sie lustvoll erschauerte.

„Ach, das muss mir entfallen sein“, erwiderte sie leichthin, bevor sie die Tür hinter ihm ins Schloss fallen ließ und Aristo in sicherem Abstand ins Wohnzimmer folgte.

Dort blickte er sich neugierig um. Vermutlich verglich er die bescheidene Einrichtung mit dem Luxusapartment, in dem sie früher zusammengewohnt hatten. Aber was interessierte es sie, was er dachte?

„Ich habe dir die Nummer meiner Anwältin aus gutem Grund gegeben. Also, warum bist du hier?“, fragte sie gereizt.

Seine Nähe machte sie nervös. Er trug immer noch den Anzug, hatte allerdings die Krawatte abgenommen und den obersten Hemdknopf geöffnet. Seltsamerweise schien sein lässigeres Erscheinungsbild seine natürliche Autorität noch zu unterstreichen.

Als sie nun mit ihm allein war, wunderte es sie nicht, dass ihr beinah schwindelig wurde. Es gab jedoch noch einen anderen Grund für ihre Anspannung. Im Hotel war sie so darauf bedacht gewesen, nicht versehentlich etwas über George zu verraten, dass sie ihre Schuldgefühle problemlos hatte verdrängen können. In der ungewohnten Umgebung war es ihr fast wie das Leben einer anderen Frau erschienen.

Nun hingegen merkte Teddie, wie sie unsicher wurde. Konnte sie Aristo die Existenz seines Sohnes verschweigen? Sollte sie ihm nicht wenigstens die Chance geben, George kennenzulernen? Und was war mit ihrem Sohn? Er hatte sie bereits gefragt, warum er keinen Daddy hatte.

Irgendwann musste sie es ihm erzählen …

„Ich habe nicht mit ihr geredet.“

Es dauerte eine Weile, bis ihr bewusst wurde, dass Aristo von ihrer Anwältin sprach.

Er stand mit dem Rücken zu ihr und ließ den Blick über die Bücher in den Regalen schweifen. Als er sich umwandte, zuckte sie leicht zusammen und errötete unter seinem forschenden Blick.

„Ich habe keinen Sinn darin gesehen“, meinte er. „Warum solltest du das Honorar bezahlen, wenn wir umsonst reden können?“

Wäre sie nicht so verblüfft gewesen, hätte sie gelacht. „Willst du mich etwa in Finanzfragen beraten?“

Nachdem erneut kurz Schweigen geherrscht hatte, zuckte er die Schultern. „Irgendjemand muss es ja tun. Derjenige, der es bis jetzt gemacht hat, hatte wohl nicht viel Erfolg.“

Als Teddie ihn erschrocken ansah, verspürte Aristo eine gewisse Genugtuung, weil er offenbar ins Schwarze getroffen hatte. Dann bemerkte er jedoch die beiden Gläser, und sofort schlug seine Stimmung um. Anscheinend hatte sie den Abend nicht allein verbringen wollen.

Seit sie im Kildare Hotel mehr oder weniger vor ihm geflohen war, hatte er sich nach ihren Beweggründen gefragt. Obwohl er wusste, dass ihre Beziehung rein beruflich war, hatten Edward Claiborne und sie gut zusammen ausgesehen, und das hatte ihm zu schaffen gemacht. Genau wie seine Mutter war Teddie keine Frau, die fürs Alleinsein geschaffen war. Sicher gab es irgendwo in New York einen Mann, der den Platz an ihrer Seite eingenommen hatte.

Und genau deshalb hatte Aristo sich vor ihrer Tür wiedergefunden. Bei der Vorstellung, dass Teddie einen Neuen hatte, krampfte sein Magen sich zusammen, und die Tatsache, dass er immer noch so auf sie reagierte, brachte ihn umso mehr auf.

Unwillkürlich verspannte er sich. „Vielleicht verfolgt derjenige ja auch eigene Interessen.“

Teddie wurde wütend. „Niemand hat mich beraten. Ob du es glaubst oder nicht, ich treffe meine eigenen Entscheidungen.“ Mit wild klopfendem Herzen sah sie zu Aristo auf. „Dass ich unabhängig bin, konntest du dir immer schlecht vorstellen, stimmt’s, Aristo?“

„Wenn du mit unabhängig ichbezogen und geldgierig meinst, dann vermutlich schon.“

Sie atmete tief durch, denn plötzlich erschien ihr der Raum stickig. „Ausgerechnet du nennst mich ichbezogen und geldgierig?“ Diese Beleidigung war so ungerecht, dass Teddie die Fassung zu verlieren drohte. Wie konnte Aristo es wagen, hier aufzutauchen und ihr Vorwürfe zu machen?

Aber eigentlich überraschte es sie nicht. Damals hatte sie gewusst, dass er eine ziemlich einseitige Sichtweise hatte. In seiner Welt hatte er immer recht und immer das letzte Wort. Und dass sie nun nicht mit ihm reden wollte, kam einer Herausforderung gleich. Ihre Beweggründe, ihre Bedürfnisse interessierten ihn nicht.

Unbehaglich erinnerte sie sich an seine unverhohlene Feindseligkeit, als sie sich damals geweigert hatte, ihren Job aufzugeben. War das das Ende ihrer Ehe gewesen? Auf jeden Fall war sie in dem Moment gezwungen worden, den Tatsachen ins Auge zu sehen. Dass es ein Fehler gewesen war, Aristo zu heiraten, weil sie sich der Hoffnung hingegeben hatte, sie könnte einen Platz in seinem Leben und in seinem Herzen einnehmen.

Doch Aristo hatte kein Herz, und er war nicht hierhergekommen, um ihr die Karten zurückzubringen.

Abwehrend verschränkte Teddie die Arme vor der Brust und hob das Kinn. „Wenn du das glaubst, sollte ich dir vielleicht die Nummer meiner Ärztin geben, weil du offenbar unter Wahnvorstellungen leidest. Es war reine Selbsterhaltung, dass ich in einem Job weiter gearbeitet habe, den ich liebe.“

Aristo betrachtete sie aus schmalen Augen. „Selbsterhaltung!“, höhnte er. „Du hast in einem Penthouse in Manhattan mit Blick auf den Central Park gewohnt.“ Ungläubig schüttelte er den Kopf. „Genau das ist dein Problem, Teddie. Du bist so daran gewöhnt, vor einem Publikum aufzutreten, dass du alles in deinem Leben zu einer Showeinlage machst, sogar diese Unterhaltung.“

Inzwischen schrien sie beide fast.

Teddie zog die Brauen zusammen. „Du bist nicht gekommen, um dich mit mir zu unterhalten. Ich habe dich gekränkt, also wolltest du …“

„Mommy … Mommy!“

Die Kinderstimme erklang irgendwo hinter ihr und ließ sie verstummen. Sofort wandte Teddie sich um und räusperte sich.

„Oh, Schatz, alles ist gut.“

Im Pyjama und mit seinem Lieblingsspielzeug in der Hand stand George vor ihr und blinzelte sie an. Als sie ihm in die großen dunklen Augen sah, überkam sie eine tiefe Liebe für ihn.

„Du warst so laut …“, sagte er mit bebender Stimme.

Teddie beugte sich zu ihm hinunter, um ihn hochzuheben. „Tut mir leid, mein Schatz. Habe ich dich geweckt?“ Während sie ihn an sich drückte, nickte er schon wieder an ihrer Schulter ein.

Als Aristo beobachtete, wie Teddie die Wange an die des kleinen dunkelhaarigen Jungen schmiegte, wurde ihm eiskalt. Dass sie ein Kind hatte, verletzte ihn unerklärlicherweise.

Sein Puls raste, seine Gedanken überschlugen sich. Warum hatte Teddie ihm nicht erzählt, dass sie einen Sohn hatte?

Als er über ihr Gespräch im Hotel nachdachte, stieg kalter Zorn in ihm auf. Sie hatte ihm ins Gesicht gelogen, als er sie nach ihrer Familie gefragt hatte. Warum hatte sie ein Geheimnis daraus gemacht?

In dem Moment hob der kleine Junge den Kopf – und Aristo stockte der Atem. Aus den Augenwinkeln sah er, wie Teddie sich zu ihm umdrehte, und dann wusste er, warum sie gelogen hatte. Der Ausdruck in ihren grünen Augen verriet, was sie ihm verschwiegen hatte.

Dies war sein Sohn.

Wie ein Ertrinkender sah er ihr gemeinsames Leben im Zeitraffer vor seinem geistigen Auge ablaufen – wie er Teddie bei jenem Dinner kennengelernt hatte, wie leer das Penthouse nach ihrer Trennung gewesen war und wie er sie im Kildare entdeckt hatte …

Doch er ertrank nicht in Wasser, sondern in Lügen. In Teddies Lügen.

Die Wut und die Feindseligkeit, die er empfunden hatte, nachdem sie ihn verlassen hatte, der Schock über das unerwartete Wiedersehen heute – all diese Gefühle wichen einem eisigen Zorn, der so intensiv war, dass Aristo sich an einem Regal festhalten musste.

Allerdings musste er sich jetzt zusammenreißen, denn er wollte seinen Sohn begrüßen. „Es tut mir auch leid“, wandte er sich lächelnd an den Kleinen. „Aber du brauchst keine Angst zu haben.“ Er machte einen Schritt auf ihn zu. „Deine Mommy und ich wollen uns nur unterhalten, stimmt’s?“

Wütend funkelte er Teddie an, die daraufhin scharf einatmete. Mehr brauchte er nicht zu wissen.

Teddie zwang sich, seinem Blick zu begegnen, und nickte mechanisch. Er weiß Bescheid. Er weiß, dass George sein Sohn ist. Was soll ich jetzt bloß machen? Dann räusperte sie sich und lächelte. „Stimmt. Und dich bringe ich jetzt wieder ins Bett, junger Mann.“

Aristo bedachte sie mit einem eisigen Blick. „Aber erst nachdem du mich ihm vorgestellt hast.“

Trotzig hob sie das Kinn. „Das ist mein Sohn, George“, sagte sie steif.

„Hallo, George“, wandte er sich lächelnd an den Jungen. „Ich freue mich sehr, dich kennenzulernen. Ich bin Aristo Leonidas, ein alter Freund von deiner Mommy.“

Sein Magen krampfte sich zusammen, denn die Ähnlichkeit zwischen ihnen war frappierend. George hatte nicht nur seine dunklen Augen, sondern auch seine Züge geerbt.

Und während der Kleine sein Lächeln unsicher erwiderte, nahm Aristos Wut ihm fast den Atem. George musste ungefähr drei Jahre alt sein. Was hatte er in der Zeit alles verpasst? Den ersten Zahn. Die ersten Wörter. Die ersten Schritte. Geburtstage und Feiertage. Und was hätte er in Zukunft alles versäumt?

Aristo presste die Lippen zusammen.

Wie sollte er je wiedergutmachen, was er verpasst hatte? Nein, nicht verpasst, sagte er sich aufgebracht. Teddie hatte ihm drei Jahre im Leben seines Sohnes geraubt. Schlimmer noch, sie hatte ihm die Existenz seines Sohnes nicht nur bisher bewusst verschwiegen, sondern es offenbar auch in Zukunft tun wollen.

Als er den verwirrten Ausdruck in den Augen des Kleinen sah, verdrängte Aristo seinen Zorn. „Du willst mir bestimmt noch nicht die Hand schütteln, weil wir uns erst besser kennenlernen müssen, aber vielleicht magst du abklatschen.“ Dann hob er die Hand, woraufhin George vorsichtig dagegentippte.

„Dein Boot gefällt mir.“ Bewundernd betrachtete Aristo das Spielzeug. „Ich habe ein richtiges Boot, das so ähnlich aussieht. Hättest du Lust, mal zusammen mit deiner Mommy damit zu fahren?“

Als George nickte, spürte Teddie Panik in sich aufsteigen. Die Nähe – und die frappierende Ähnlichkeit – zwischen ihrem Ex-Mann und ihrem Sohn rührten und ängstigten sie gleichermaßen.

Sie rang sich ein Lächeln ab. „Das wäre schön, nicht wahr, George? Aber jetzt musst du zurück ins Bett.“

Sie brachte ihn in sein Zimmer und lauschte seinem Geplapper, bis ihm die Augen zufielen. Ihr Puls begann zu rasen bei der Erinnerung an Aristos Gesichtsausdruck, als ihm klar geworden war, dass George sein Sohn war. Er musste fuchsteufelswild sein. Allerdings konnte sie ihm keinen Vorwurf daraus machen, wie sie sich schuldbewusst eingestehen musste. Beinahe fühlte sie sich erleichtert, weil es ihr immer schwerer gefallen war, zu lügen.

Doch nun musste sie den Preis für diese Lügen zahlen und sich seinem Zorn stellen. Das war schlimm genug, aber noch mehr Angst machte ihr die Erkenntnis, dass er rechtliche Ansprüche geltend machen konnte. Bei der Vorstellung, ihm vor Gericht gegenübertreten zu müssen, wurde ihr übel.

Nachdem sie einmal tief durchgeatmet hatte, kehrte sie ins Wohnzimmer zurück. Als Aristo zu ihr herumwirbelte, schlug ihr das Herz bis zum Hals. In seine grenzenlose Wut hatte sich Verachtung gemischt, und wie erstarrt stand Teddie da, als er auf sie zukam.

„Ich wusste ja, dass du oberflächlich und gewissenlos bist“, sagte er. „Aber seit wann sind deine Moralvorstellungen so verzerrt, dass du beschlossen hast, mir die Existenz meines Sohnes zu verschweigen?“

„Das ist nicht fair …“

Sein Blick schien sie zu durchbohren. „Fair? Ich dachte, du hättest nur mein Geld genommen. Aber anscheinend hast du mir auch meinen Sohn gestohlen. Was hast du dir eingeredet? Was er nicht weiß, macht ihn nicht heiß? Es ist das Beste so?“

„Ich habe getan, was das Beste für mich war, Aristo, denn es gab nur noch mich“, erwiderte sie mit bebender Stimme.

„Du hattest noch einen Mann.“

„Ex-Mann“, verbesserte sie ihn scharf. „Zu dem Zeitpunkt waren wir schon geschieden. Nicht, dass es eine Rolle gespielt hätte. Du warst ja nie da.“

„Du kannst gar nichts anderes als lügen, stimmt’s?“

Teddie schluckte. Es stimmte, sie hatte wiederholt gelogen. Allerdings nicht mit böser Absicht und nicht über die Vergangenheit. Aristo mochte unter Schock stehen, aber sie hatte vor vier Jahren genauso unter Schock gestanden, als sie seinetwegen obdachlos und allein gewesen war.

„Ich wollte es dir ja sagen …“ Sie verstummte, als er bitter lachte. „Nicht heute. Irgendwann.“

„Und warum nicht heute? Warum hast du es mir nicht heute Morgen erzählt?“

„Es ging alles so schnell. Ich hatte nicht damit gerechnet, dir zu begegnen.“

Ungläubig betrachtete er sie. „Und das ist Grund genug, meinen Sohn ohne einen Vater aufwachsen zu lassen? Oder schwebt dir irgendein Ersatzvater vor? Bist du deshalb heute Morgen vor mir geflohen?“

Die Vorstellung machte Aristo zu schaffen. Natürlich hatte er in den letzten vier Jahren nicht enthaltsam gelebt, doch eine ernste Beziehung war das Letzte gewesen, was er im Sinn gehabt hatte. Die Expansion seines Unternehmens und der geplante Börsengang hatten fast seine ganze Zeit und Energie beansprucht.

Er kniff die Augen zusammen. „Das ist deine wahre Show, stimmt’s, Teddie? Nicht dieser Unfug.“ Er hielt den Kartenstapel hoch. „Du fädelst alles ein. Dann nimmst du dir, was du willst, und ziehst weiter.“

„Falls du von unserer Ehe sprichst, ich hatte genug Gründe zu gehen. Und ich habe nichts mitgenommen.“ Bei dem Gedanken an ihren – gemeinsamen – Sohn verspürte Teddie starke Schuldgefühle, doch dass Aristo ihre Arbeit als Unfug bezeichnet hatte, machte sie wütend. Energisch schüttelte sie den Kopf. „Nicht, dass es dich etwas angeht, aber es gibt keinen Mann in meinem Leben, geschweige denn einen Daddy für George.“

Zu gern hätte Aristo ihr geglaubt, doch das Lügen war Teddie schon zur zweiten Natur geworden. Plötzlich klopfte sein Herz schneller, und Schweißperlen traten ihm auf die Stirn. „Du wolltest mir also irgendwann von meinem Sohn erzählen?“

Teddie zögerte, bevor sie antwortete. „Ich weiß es nicht. Offen gestanden versuche ich an den meisten Tagen einfach nur, den Alltag zu bewältigen und George eine gute Mutter zu sein.“ Und ich trauere um den Mann, den ich geliebt und verloren habe.

Wieder räusperte sie sich. „Als ich herausgefunden habe, dass ich schwanger bin, waren wir schon geschieden. Wir hatten keinen Kontakt, und du warst nicht mal in den USA.“

Durchdringend betrachtete Aristo sie. „Und deshalb hast du einfach beschlossen, mit meinem Kind zu verschwinden? Er ist mein Sohn.“

Schockiert über seinen emotionalen Tonfall erwiderte sie: „Ich weiß, und es tut mir leid.“

Nun fluchte er leise. „Das genügt nicht, Teddie. Ich habe einen Sohn, und ich möchte ihn kennenlernen.“

Ein Schauder lief ihr über den Rücken. Damals hatte Aristo sie aus seinem Leben verstoßen und ihr damit bewiesen, wie unwichtig sie war. Doch vor vier Jahren war sie jung und verliebt gewesen und hatte ihren Platz in der Welt noch gesucht. Jetzt hingegen war sie eine erfolgreiche Geschäftsfrau und alleinerziehende Mutter – und vor allem war ihr klar, was sie damals in ihrer Naivität nicht erkannt hatte.

Aristo war einfach bindungsunfähig. Für ihn gab es nur seine Arbeit.

Wäre er ein anderer Mensch gewesen, hätte sie vielleicht nachgegeben, aber sie wusste, dass er irgendwann zwangsläufig das Interesse an seinem Sohn verlieren würde – genauso wie ihr Vater das Interesse an ihr verloren hatte. George sollte allerdings nicht so aufwachsen wie sie.

Unser Sohn ist keine Schachfigur, die du hin und her schieben kannst, Aristo. Er ist ein Mensch mit Gefühlen und Bedürfnissen …“

„Ja, das ist er, und er hat das Bedürfnis, mich zu sehen – seinen Vater“, fiel Aristo ihr ins Wort.

Teddie verschränkte die Arme, während sie ihn aufgebracht anfunkelte. „Er braucht Beständigkeit und Geborgenheit – keinen Vater, der ihm Spritztouren auf einem Boot verspricht und sich dann tagelang nicht blicken lässt.“

Abfällig schüttelte Aristo den Kopf. „Ich stehe doch hier, Teddie.“

„Für wie lange?“, konterte sie. „Ich meine, wann genau gehst du wieder auf Geschäftsreise?“

Kurz presste er die Lippen zusammen. „Das ist unwichtig.“

„Nein, ist es nicht.“ Die Vorstellung, dass Aristo nach Belieben in ihrem und Georges Leben auftauchte und wieder daraus verschwand, war unerträglich.

„Ich habe gewisse Rechte, Teddie“, sagte er eindringlich. „Und George auch. Und ich frage mich, was passiert, wenn ihm klar wird, dass er einen Vater hat – einen Vater, den du auf Abstand hältst. Kannst du damit leben?“

Mit klopfendem Herzen blickte sie ihn an. „Na gut“, sagte sie schließlich scharf, während sie die Fäuste ballte. „Du kannst ihn sehen. Ich schlage vor, dass wir uns auf einen neutralen Ort einigen.“

„Neutral – eine interessante Umschreibung.“

Plötzlich klang er amüsiert, und ihr Puls begann zu rasen, als ihr bewusst wurde, dass seine Wut verflogen schien und er sie nun mit einem unergründlichen Ausdruck in den Augen betrachtete.

„Falls du einen Ort suchst, an dem wir beide neutrale Gefühle füreinander hegen, brauchst du vielleicht einen größeren Planeten.“

Teddie schluckte. „Ich weiß nicht, wovon du redest.“ Ihr wurde heiß, als Aristo einen Schritt auf sie zumachte.

„Doch, das weißt du, Teddie. Ich rede von Sex. Und davon, dass du mich trotz allem immer noch willst und ich dich.“

Schockiert sah sie ihn an, während sie krampfhaft versuchte, das erregende Prickeln zu ignorieren, das sie in seiner Nähe durchfuhr.

„Willst du jetzt etwa wieder lügen?“ Erneut schüttelte er abfällig den Kopf. „Dann bist du auch noch feige.“

„Bin ich nicht“, entgegnete sie scharf.

„Oh doch. Du hast Angst vor dem, was du empfindest.“

Teddie atmete tief durch. Aristo stand jetzt so dicht vor ihr, dass sie die braunen und goldenen Sprenkel in seinen Augen erkennen und seinen maskulinen Duft wahrnehmen konnte. „Du bist so was von arrogant.“

Nun kam er noch näher und hob die Hand. Als er ihr sanft mit dem Daumen über die Wange strich, begann ihr Puls zu flattern.

„Und du bist so schön.“

Als sie zu ihm aufblickte, verriet der Ausdruck in seinen Augen ein Gefühl, das sie auch empfand.

„Ob es dir gefällt oder nicht, wir sehnen uns immer noch nacheinander. Zwischen uns besteht eine Verbindung.“

Wie gebannt von seinen Worten und dem heißen Verlangen, das sie durchflutete, blickte sie Aristo an. Und dann wurde ihr bewusst, worauf das hier hinauslief, und sie ärgerte sich gleichermaßen über seine Unverschämtheit, wie sie sich ihrer Schwäche schämte.

Unvermittelt wandte sie den Kopf und hob das Kinn. „Das bildest du dir alles nur ein, Aristo. Es ist nicht real.“

„Für mich sieht es aber ziemlich real aus“, meinte er sanft.

Ihr ganzer Körper bebte, und das Atmen fiel ihr schwer. Schließlich rang Teddie sich ein Lächeln ab. „Dass du Georges Vater bist, ändert nichts zwischen uns.“

Sein Gesichtsausdruck war unergründlich, doch als Aristo ihr in die Augen sah, wusste sie, dass sie weder ihm noch sich selbst etwas vormachen konnte – und das bewiesen auch seine nächsten Worte.

„Du hast recht. Also können wir von jetzt an vielleicht aufhören, Spielchen zu spielen.“ Er machte einen Schritt zurück. „Ich rufe dich an, aber wenn du dich in der Zwischenzeit verzweifelt nach mir sehnst …“ Seine Augen funkelten, als er in seine Jackentasche griff und ihr eine Visitenkarte reichte. „Das ist meine Nummer.“

„Ich rufe dich ganz bestimmt nicht an“, konterte sie. „Denn die Chancen, dass ich mich verzweifelt nach dir sehne, sind gleich null.“

„Ja, klar“, erwiderte er lächelnd.

Ehe sie etwas Beißendes entgegnen konnte, wandte er sich lässig ab und verließ den Raum. Mit wild pochendem Herzen wartete sie, bis er die Wohnung verlassen hatte, um die Tür zu schließen und zu verriegeln. Aber es ist zu spät, dachte sie, als sie mit zittrigen Beinen aufs Sofa sank. Sie hatte Aristo nicht nur in ihr Zuhause, sondern auch zurück in ihr Leben gelassen.

3. KAPITEL

Als Aristo sein Apartment betrat, registrierte er das moderne Ambiente kaum, so schwirrte ihm der Kopf. Auch während der einstündigen Fahrt von Teddies Wohnung hierher hatte er seine Umgebung nur flüchtig wahrgenommen, weil er noch ganz unter dem Eindruck der unterschwelligen Anziehungskraft zwischen ihnen stand.

Obwohl sie beide wahnsinnig wütend gewesen waren, hatte er das schwelende Verlangen gespürt. Es glomm zwischen ihnen, seit er Teddie heute Morgen im Kildare gesehen hatte. Bereits in dem Moment hatte er gewusst, dass ein Sturm aufzog.

Und genau das hatte er sich gewünscht – genauso wie Teddie –, bis sie ihm gesagt hatte, er würde es sich nur einbilden. Natürlich glaubte er ihr nicht, es war nur eine weitere von vielen Lügen gewesen.

Aristo atmete tief durch, während er sich ihre letzten bissigen Worte durch den Kopf gehen ließ.

„Dass du Georges Vater bist, ändert nichts zwischen uns.“

Falsch, sagte er sich gereizt. Es änderte alles.

So sehr sie es auch zu leugnen versuchte, zwischen ihnen bestand eine Verbindung – und die gründete nicht nur auf Sex.

Noch immer konnte Aristo es nicht fassen, dass er Vater war.

Er brauchte unbedingt einen Drink.

In der hochmodernen Küche, in der Edelstahl vorherrschte, schenkte er sich ein Glas Rotwein ein und ging dann durch den Wohnbereich auf die Dachterrasse, wo er auf einen Stuhl sank und auf die Skyline von New York blickte. Selbst in dieser Höhe spürte er die Energie der Stadt, aber diesmal übertrug sie sich nicht auf ihn.

Mit ihrem Erscheinen im Kildare Hotel hatte Teddie sein Leben völlig auf den Kopf gestellt. Und als wäre das noch nicht genug gewesen, hatte sie ihm danach seinen dreijährigen Sohn präsentiert, als hätte sie das sprichwörtliche Kaninchen aus dem Hut gezogen.

Aristo fuhr sich übers Gesicht. Allein die Vorstellung, Vater zu sein, erschien ihm völlig unwirklich. Nie hätte er für möglich gehalten, dass er je ein Kind haben würde, denn seine Arbeit beanspruchte all seine Energie und Aufmerksamkeit.

Nachdenklich runzelte er die Stirn. Gab es vielleicht auch noch andere Gründe dafür? Hatte er die Vaterrolle auch darum abgelehnt, weil sein Vater sich seiner Verantwortung entzogen hatte? Apostolos Leonidas war nur sporadisch in seinem Leben aufgetaucht, und vielleicht war er davon ausgegangen, dass er als Vater nicht besser sein würde.

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er das Verhalten seines Vaters nie infrage gestellt. Verständlicherweise hatte dieser nichts mit seiner untreuen Ehefrau zu tun haben wollen, und das hatte seinen Sohn mit eingeschlossen.

Aber trotz des Schocks und seiner Wut auf Teddie hatte er George gegenüber keinen Groll empfunden oder war in Panik geraten. Als er ihm in die dunklen Augen geblickt und in ihm seinen Sohn erkannt hatte, hatte er nur eine tiefe Liebe empfunden.

Aristo verspannte sich. Dieselbe Liebe, die Teddie offenbar für George empfand?

Er war immer noch wütend auf sie, doch sie nötigte ihm auch Bewunderung ab. Egal, was sie sonst sein mochte, sie war eine gute Mutter. George liebte sie offenbar über alles und sie ihn – seine Eltern hingegen hatten ihn nie wirklich geliebt.

Als er sich vorstellte, wie es wäre, so viel Zuneigung und Zärtlichkeit zu erfahren, fasste er einen Entschluss. Er würde dafür sorgen, dass sein Sohn die Liebe und Geborgenheit bekam, die man ihm als Kind verweigert hatte.

Die Scheidung seiner Eltern und die jeweiligen neuen Partner der beiden hatten bewirkt, dass er keine Wurzeln besaß, und er wusste instinktiv, dass George beide Eltern brauchte. Also musste er Teddie so schnell wie möglich klarmachen, dass sie nie mehr vor ihm weglaufen würde.

„Also wenn du mich fragst, es hätte viel schlimmer kommen können.“

Elliot hob die Ellbogen an, als Teddie die Überreste von Georges Müsli vom Frühstückstresen wischte. Am Vorabend war er nicht mehr aufgetaucht, doch er war zum Frühstück gekommen und hatte Donuts mitgebracht. Sie war dankbar und erleichtert über sein Erscheinen gewesen, denn in seiner Nähe war sie viel ruhiger und konnte eher einen klaren Gedanken fassen.

Für einen Moment schloss sie die Augen.

Genau das war das Problem. Vielleicht lag es daran, dass er rein äußerlich so maskulin war, aber bei Aristo fühlte sie sich wie eine Frau, denn er weckte heißes Verlangen in ihr. Es fühlte sich so richtig an, wenn sie beieinander waren. Und obwohl sie sich für ihre Oberflächlichkeit verachtete, konnte sie nicht so tun, als wäre es anders.

Plötzlich wurde ihr ganz heiß. Nachdem sie tief durchgeatmet hatte, öffnete sie die Augen wieder und schaute Elliot ungläubig an. „Inwiefern hätte es denn noch schlimmer kommen können?“

Mit Unschuldsmiene zuckte er die Schultern. „Er hätte dich küssen können.“

Als sie sich erinnerte, dass sie tatsächlich im Begriff gewesen war, Aristo zu küssen, verfinsterte sich ihre Miene. „Hat er aber nicht.“

„Oder du ihn. Hey, das war ein Witz.“ Grinsend fing Elliot das Tuch auf, als sie damit nach ihm warf. „Was ist mit deinem Humor?“

Teddie sank auf den Hocker neben ihn und schüttelte den Kopf. „Der ist mir nach Aristos Erscheinen vergangen.“ Sie verspürte einen Anflug von Panik. Auch wenn sie am Vorabend standhaft geblieben war, diese Verbindung zwischen ihnen würde nicht einfach verschwinden.

Aber sie konnte verschwinden.

Bevor sie Aristo begegnet war, hatte sie jahrelang aus dem Koffer gelebt, war in Motels und Hotels abgestiegen, immer auf dem Sprung. Immer wenn sie Probleme gehabt hatte oder es schwierig geworden war, war sie weggelaufen. Das war ein Vermächtnis ihres Vaters – nicht, dass sie ihn je als solchen betrachtet hatte. Ständig auf der Flucht vor dem Gerichtsvollzieher war Wyatt Taylor stets nur sporadisch aufgetaucht und nur so lange geblieben, um ihr einige Zaubertricks beizubringen und sie traurig zu machen, wenn er wieder ging.

Ihr Herz begann, schneller zu klopfen.

Wie sollte sie mit einem Kind weglaufen? George gehörte hierher, nach New York. Er ging hier in den Kindergarten, wo er Freunde hatte, und er brauchte einen geregelten Tagesablauf. Seinetwegen war sie sesshaft geworden.

Als würde er ihre Panik spüren, strich Elliot ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Komm, Teddie, ich weiß, dass er dich mies behandelt hat, und vielleicht war es nicht so toll, dass er hier einfach aufgetaucht ist, aber …“ Seine Miene wurde ungewohnt ernst. „Aber diesmal kannst du nicht weglaufen, Süße.“

Als sie ihn schuldbewusst ansah, lächelte er schief. „Ich kenne dich seit meinem zwölften Lebensjahr und brauche keine übernatürlichen Kräfte, um deine Gedanken zu lesen. Davor kannst du nicht weglaufen, und ich glaube, du willst es auch gar nicht.“

Teddie hob das Kinn und kniff die Augen zusammen. „Und trotzdem bin ich mir sicher, dass ich es will.“

„Nein, Teddie. Ich weiß, wie oft du damals versucht hast, ihn anzurufen, wie viele Nachrichten du ihm hinterlassen hast, wie schlecht es dir ging.“ Kurz presste Elliot die Lippen zusammen. „Ich bin kein Fan von Aristoteles Leonidas, aber …“ Dann runzelte er die Stirn. „Aber er ist immer noch Georges Vater und hat ein Recht darauf, seinen Sohn zu sehen. Sobald du den ersten Schock überwunden hast, wirst du dich an die Vorstellung gewöhnen.“

Angespannt lächelte sie. Natürlich behagte ihr die Vorstellung nicht, Aristo in Zukunft regelmäßig zu treffen und mit ihm zu reden. Doch sie konnte nicht länger vor der Wahrheit weglaufen.

Elliot stand auf. „Ich muss jetzt los, aber ich rufe dich später an.“ Nachdem er seine Jacke angezogen hatte, küsste er sie auf die Stirn. „Und mach dir keine allzu großen Sorgen. Nach allem, was du mir über deinen Ex erzählt hast, wird er wohl nicht lange genug bleiben, um ein Problem darzustellen.“

Er versucht mich nur zu beruhigen, dachte Teddie, während sie ihm nachblickte. Doch aus irgendeinem seltsamen Grund tröstete die Vorstellung, dass Aristo bald wieder aus ihrem Leben verschwand, sie nicht so, wie sie vermutet hätte.

Während George Mittagsschlaf machte, räumte Teddie seine Spielsachen weg, die überall verstreut lagen. Schließlich blieb sie neben ihrem Bett stehen, kniete sich hin und zog einen Karton darunter hervor.

Die Kehle schnürte sich ihr zu, und sie zögerte. Doch dann setzte sie sich auf den Boden, nahm den Deckel ab und betrachtete den Inhalt. War das alles, was von ihrer Ehe übrig geblieben war? Ein Schuhkarton unter dem Bett?

Nachdem sie die Briefe und Dokumente beiseitegelegt hatte, nahm sie eine kleine blaue Schatulle heraus. Mit wild pochendem Herzen öffnete sie sie nach kurzem Zögern, um den schlichten goldenen Ehering zu betrachten. Erst nachdem ihre Atmung sich normalisiert hatte, nahm Teddie ihn heraus und steckte ihn sich an.

Sie wusste nicht genau, warum sie ihn behalten hatte. Noch Wochen nachdem sie aus Aristos Apartment ausgezogen war – sie hatte es immer als sein Apartment betrachtet –, hatte sie den Ring getragen. Denn obwohl ihr inzwischen klar gewesen war, dass ihr Ehemann ein anderer Mensch war als der impulsive Liebhaber, dem sie ewige Treue geschworen hatte, war sie nicht bereit gewesen, ihre Ehe einfach aufzugeben.

Und später war es das Einzige gewesen, das er ihr geschenkt hatte und niemals wegnehmen konnte – bevor sie von George erfahren hatte.

Teddie erinnerte sich noch genau an den Moment, in dem sie schließlich beschlossen hatte, den Ring nicht mehr zu tragen. Es war auf der Taxifahrt nach Hause gewesen, nach jener Nacht, die sie in Aristos Armen verbracht hatte, in der Hoffnung, dass sie noch eine zweite Chance hatten.

Davor hatten sie eine Besprechung mit ihren Anwälten gehabt und sich gestritten. Als sie sich dann jedoch in die Augen sahen, hatte das Verlangen sie überwältigt, und sie hatten sich ein Hotelzimmer genommen und sich schon im Aufzug leidenschaftlich geküsst.

Und kaum hatten sie sich anschließend geliebt, war Teddie klar geworden, dass sie einen großen Fehler gemacht hatte.

Aristo hatte nicht eingeräumt, dass er ebenfalls zum Scheitern ihrer Ehe beigetragen hatte, und war auch nicht bereit gewesen, sich ihren Standpunkt anzuhören. Er hatte seinen Willen durchsetzen wollen und einfach seine Taktik geändert, nachdem er es mit Worten nicht geschafft hatte. Und sie war seinen Verführungskünsten erlegen.

Teddie atmete tief durch, als sie sich daran erinnerte, wie er ihr nach ihrem leidenschaftlichen Liebesakt mit harter Miene gesagt hatte, er würde das Hotelzimmer bezahlen, aber das wäre auch der letzte Dollar, den sie von seinem Geld sehen würde.

Das war allerdings nicht der Fall gewesen. Drei Wochen später hatte sie eins ihrer gemeinsamen Konten abgeräumt – das, auf dem sich die geringste Summe befunden hatte. Nicht aus Geldgier, sondern weil sie es gebraucht hatte – für sich und ihr ungeborenes Kind.

Sie nahm den Ring wieder ab, legte ihn zurück in die Schatulle und stand langsam auf. Elliot hatte recht. Sie musste sich den Tatsachen stellen, und das war einfacher, wenn sie alles im Griff hatte.

Also kehrte sie ins Wohnzimmer zurück und wählte die Nummer auf der Visitenkarte, die Aristo ihr am Vorabend gegeben hatte.

„Hallo, Teddie.“

Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er sich prompt melden würde oder wusste, dass sie es war. Das war allerdings nicht der Grund dafür, dass sie aufs Sofa sank. Seine Stimme zu hören erschien ihr seltsam intim, und flüchtig erinnerte sie sich an ihre Telefonate damals. Wie oft hatten sie nach ihren Auftritten in den frühen Morgenstunden miteinander gesprochen, wenn sie auf der anderen Seite der USA in irgendeinem Hotelzimmer saß. Egal, wann sie ihn angerufen hatte, Aristo hatte immer abgenommen, und manchmal hatten sie sich stundenlang unterhalten.

Unwillkürlich verstärkte Teddie den Griff ums Telefon und verdrängte die Erinnerungen. „Wir müssen reden“, kam sie gleich zur Sache. „Über George.“

„Dann schieß los.“

„Nein, nicht am Telefon. Wir müssen uns treffen.“

Es herrschte eine kleine Pause, und sie sah förmlich vor sich, wie Aristo sich zurücklehnte und ein triumphierendes Lächeln seine Lippen umspielte.

„Ich kann zu dir kommen.“

„Nein.“ Panik stieg in ihr auf. „Ich komme in dein Büro.“ Sie konnte George zu Elliot bringen und dann nach Manhattan fahren. „Sagen wir, um fünf?“

„Ich freue mich“, erwiderte Aristo leise.

Um Punkt fünf betrat Teddie durch die Drehtür das hohe Glasgebäude, in dem sich die Zentrale von Leonidas Holdings befand. Mit dem Aufzug fuhr sie nach oben und setzte ein Lächeln auf, sobald die Türen aufglitten.

„Ms. Taylor.“ Ein junger Assistent kam höflich lächelnd auf sie zu. „Würden Sie mich bitte zu Mr. Leonidas’ Büro begleiten?“

Aristo befand sich allerdings nicht in seinem Büro. Zweifellos versuchte er, sie nervös zu machen, indem er sie warten ließ. Langsam sah sie sich in dem Raum um, registrierte das beeindruckende Panorama von New York, als sie aus dem Fenster blickte, die Bauhausmöbel und das riesige abstrakte Gemälde, das hinter seinem Schreibtisch hing.

„Tut mir leid, dass du warten musstest.“

Teddie drehte sich um und verspannte sich automatisch, als Aristo den Raum betrat und anerkennend ihr Outfit musterte – eine weinrote Seidenbluse, eine schwarze Zigarettenhose und Pumps mit hohen Absätzen.

Er blieb vor ihr stehen, und ihr Magen zog sich zusammen. Aristo hatte sein Jackett ausgezogen und die Ärmel seines kornblumenblauen Hemds hochgekrempelt sowie den obersten Knopf geöffnet. Ihr Blick schweifte zu seinem gebräunten Hals und den starken Armen.

Ihr stockte der Atem, denn er wirkte sowohl unbesiegbar als auch sexy, und allein die Tatsache, dass sie sich mit ihm im selben Raum befand, ließ ihren Körper verrücktspielen. Ein heißes Prickeln überlief sie.

Falls Aristo sich genauso unbehaglich fühlte wie sie, ließ er es sich nicht anmerken. Allerdings hatte sie auch in den sechs Monaten ihrer Ehe nie wirklich gewusst, was in ihm vorging. Sie mochte auf der Bühne eine Meisterin der Illusion sein, doch er war ein Meister darin, seine Gefühle zu verbergen – falls er überhaupt welche hatte.

„Schon gut“, erwiderte Teddie steif. „Ich weiß, du bist ein viel beschäftigter Mann.“

Als er sie betrachtete, verfluchte sie sich im Stillen, denn sie wusste, was er dachte.

Seine Besessenheit für die Arbeit hatte sich damals schnell zu einem Problem für sie entwickelt. Sie hatte sich immer mehr aus seinem Leben ausgeschlossen gefühlt, weil er so viel Zeit im Büro verbrachte und sein Hauptinteresse seinem Unternehmen galt. Und sie hatte ihm nicht die Wahrheit sagen können – dass sie den Mann wollte, der sich wie verrückt und voller Leidenschaft nach ihr gesehnt hatte.

Teddie schluckte, während sie die plötzlich aufsteigende Traurigkeit zu unterdrücken versuchte. Es war einzig und allein ihre Schuld. Es hätte sie nicht wundern dürfen, nachdem er ihre Flitterwochen frühzeitig beendet hatte, um eine Hotelanlage zu kaufen, wofür er um die halbe Welt fliegen musste. Er hatte sie damals an sich gezogen und ihr versichert, es wäre eine Ausnahme, und sie hatte ihm geglaubt.

Allerdings wollte sie jetzt nicht über ihre kurze Ehe sprechen. Je weniger sie mit Aristo zu tun hatte, desto besser, und nach diesem Treffen würde sie ihn hoffentlich nur noch gelegentlich und für kurze Zeit sehen.

Frustriert verfolgte Aristo das Mienenspiel seiner Ex-Frau. Schon damals hatte sie kein Verständnis für sein berufliches Engagement aufgebracht, obwohl er doch nur versucht hatte, eine Existenz für sie beide aufzubauen.

Er zuckte die Schultern. „Ich bin wirklich sehr beschäftigt“, bestätigte er. „Aber du bist sicher nicht hier, um mit mir über meine Arbeit zu reden.“

Teddie lächelte angespannt. „Wir müssen einige Regelungen treffen – etwas Dauerhaftes und Unkompliziertes. Denn für mich ist am wichtigsten, dass George glücklich ist und sich geborgen fühlt.“

Aristo nickte. „Das möchte ich auch.“ Lächelnd deutete er auf die Sitzgruppe vor dem Fenster. „Warum setzen wir uns nicht, damit wir es besprechen können?“

Argwöhnisch betrachtete sie ihn. Bisher lief alles besser als erwartet. Allerdings wäre es ihr leichter gefallen, einen klaren Kopf zu behalten, wenn er sich kühl und abweisend gegeben hätte. Betont lässig durchquerte sie den Raum und nahm ganz bewusst nicht auf dem Sofa, sondern auf einem der Stühle Platz. Sie bereute es jedoch sofort, als er sich auf den Stuhl neben ihr setzte.

„Bevor wir anfangen, muss ich dir etwas sagen, Teddie.“ Ernst sah er sie an. „Ich weiß, es ist nicht leicht für dich, dass ich wieder in deinem Leben und jetzt auch in Georges Leben aufgetaucht bin. Aber ich werde versuchen, es für uns beide so schmerzlos und unproblematisch wie möglich zu machen. Ich möchte einfach nur ein guter Vater sein.“

Am liebsten hätte sie ihm gesagt, dass er nicht wieder in ihrem Leben war, aber es wäre kindisch gewesen, denn er kam ihr ja entgegen. Sie ließ den Blick zur Skyline der Stadt schweifen. „Das hoffe ich. Deshalb bin ich ja hier.“

Sie wollte ihm wirklich glauben, doch es fiel ihr sehr schwer, ihm zu vertrauen. Ihrem Sohn zuliebe musste sie allerdings die Vergangenheit hinter sich lassen und sich auf die Gegenwart konzentrieren.

Nachdem sie tief durchgeatmet hatte, erklärte sie schnell: „Für dich sieht es vielleicht nicht so aus, aber ich wünsche mir wirklich, dass George dich kennenlernt.“

Für einen Moment herrschte Stille, und als sie ihn wieder ansah, betrachtete Aristo sie so forschend, dass Teddie vorübergehend vergaß, wo sie sich befand. Er war ihr plötzlich viel zu nahe.

„Also, was schlägst du vor?“, fragte er mit Unschuldsmiene.

„Ich dachte, wir könnten uns vielleicht in einem Park treffen. George schaukelt für sein Leben gern, und bei uns in der Straße gibt es einen schönen Park.“ Ihr Puls begann zu rasen, als Aristo langsam den Kopf schüttelte.

„Ich hatte mir eigentlich etwas mehr vorgestellt. Was hältst du davon, wenn du George für ein Wochenende in mein Apartment bringst? Dann haben wir mehr Zeit und jede Menge Platz. Außerdem gibt es da den Pool. Er kann doch schwimmen?“

Aufgebracht funkelte sie ihn an. „Ja, natürlich. Aber …“

„Prima, abgemacht.“

„Wir haben gar nichts abgemacht, Aristo.“ Wie hatte sie je glauben können, dies würde einfach werden?

„Dann komme ich zu euch“, verkündete er kühl, woraufhin sie sich sofort verspannte.

„Ich halte das für keine gute Idee“, entgegnete sie betont geschäftsmäßig.

„Aber du wolltest doch Regelungen treffen, stimmt’s? Du wolltest etwas Dauerhaftes und Unkompliziertes. Dann ist das die offensichtliche Lösung.“

Der Klang seiner Stimme beruhigte und verstörte sie gleichermaßen. „Was meinst du damit?“, fragte sie heiser.

Nun lächelte Aristo. „Ist das nicht offensichtlich? Wir müssen heiraten.“

Fassungslos blickte Teddie ihn an, während ihr das Herz bis zum Hals pochte. Vor Schock verschlug es ihr die Sprache – nicht nur wegen seines anmaßenden Verhaltens, sondern auch wegen der Hitzewellen, die sie durchfluteten.

Schließlich zwang sie sich, seinem Blick zu begegnen. „Das ist nicht komisch, Aristo.“

„Das sollte es auch nicht sein.“ Ungerührt sah er sie an. „Falls ich eine dauerhafte Größe in Georges Leben sein soll, muss ich es auch in deinem sein. Eine Heirat ist die einfachste Lösung. Dann hat George beide Eltern um sich und ein stabiles, harmonisches Zuhause.“

„War unsere Ehe das deiner Meinung nach? Stabil und harmonisch?“ Fast hätte sie bitter gelacht. Hatten sie sich nicht genau deshalb scheiden lassen? Weil Aristo einfach seine Schlüsse gezogen hatte, ohne ihre Sichtweise oder ihre Gefühle in Betracht zu ziehen? „Ich heirate dich nicht“, erklärte sie.

„Warum nicht? Schließlich wäre es nicht das erste Mal.“

Sie konnte es nicht fassen. „Es hat schon damals nicht funktioniert.“

„Doch, das hat es.“

Ihr stockte der Atem. „Ich rede nicht vom Sex, sondern von allem anderen in unserer Ehe. Nichts hat funktioniert.“

„Beim letzten Mal.“ Lässig hob Aristo die Schultern. „Diesmal werden wir aus unseren Erfahrungen schöpfen und aus unseren Fehlern lernen.“

„Es geht hier nicht um irgendeine Managementstrategie“, sagte sie vernichtend. „Dies ist mein Leben, Aristo.“

Er zuckte nicht mit der Wimper, doch seine Anspannung nahm zu.

„Nein, Teddie. Es geht hier um das Leben unseres Sohnes. Eines Sohnes, der nicht weiß, wer ich bin, und den ich schon enttäuscht habe. Kein Kind sollte sich so fühlen.“

Seine Antwort ließ sie innerlich zusammenzucken, und ihr Zorn verflog ein wenig.

Aristo atmete tief durch. Als er an seine eigene Kindheit dachte, wurde ihm plötzlich übel. Egal, was passierte, sein Sohn sollte sich von beiden Eltern erwünscht fühlen.

„Du hast ihn nicht enttäuscht.“

Ihre Worte brachten ihn in die Gegenwart zurück. Teddie mochte seine Frau gewesen sein, doch er hatte mit ihr nie über seine Kindheit gesprochen. Aber die Vergangenheit war Geschichte. Wichtig war nur George.

„Ich war nicht für ihn da …“ Aristo verstummte und wandte den Blick ab. „Ich möchte nur die verlorene Zeit nachholen. Und das ist mit ein paar Ausflügen in den Park nicht getan.“

„Du hast recht. Es tut mir leid.“ Mit viel zu schnell klopfendem Herzen betrachtete Teddie sein Profil. Sie hörte den Schmerz aus seinen Worten heraus und schämte sich. Wie hätte sie sich an seiner Stelle gefühlt? „Vielleicht sollten wir irgendwohin fahren. Dann könntet ihr beide euch besser kennenlernen, und wir könnten anfangen, ehrlich zueinander zu sein, denn nur so wird es funktionieren.“

Zuerst konnte sie kaum glauben, dass sie das tatsächlich vorgeschlagen hatte. Aber sie musste jetzt wissen, ob Aristo wirklich der Vater sein konnte, der er angeblich sein wollte.

„Meinst du das ernst?“ Nachdenklich betrachtete er sie.

„Du willst mich wieder heiraten? Dann lass uns herausfinden, ob wir ein Wochenende zusammen verbringen können, ohne dass wir uns an die Gurgel gehen.“

„Oder uns gegenseitig die Sachen vom Leib reißen.“

Sofort begann ihr Puls zu rasen, und ein heißes Prickeln lief durch ihre Adern. Für einen Moment verschlug es ihr die Sprache. Schließlich hob sie das Kinn. „Dann müsstest du dir ja freinehmen.“

Aristo zögerte nur kurz. „Wie klingt nächste Woche?“, fragte er dann.

„Nächste Woche?“ Ihr wurde schwindelig, aber sie konnte jetzt schlecht einen Rückzieher machen. „Das klingt gut. Nur ist das nicht ein bisschen kurzfristig?“

Noch immer hielt er ihren Blick fest. „Überhaupt nicht. Ich besitze eine Insel vor der griechischen Küste und einen Privatjet, der uns hinbringt.“ Sein Lächeln raubte ihr den Atem. „Du musst nur packen.“

4. KAPITEL

„Guck mal, Mommy!“

Teddie blickte von der Zeitschrift auf und lächelte George an, der ihr gegenübersaß und ein Spielzeugauto hochhob.

„Oh, toll, Schatz!“

Sie gab sich beeindruckt, als er das Auto fliegen und schließlich auf der Kopfstütze seines Sitzes landen ließ. Über seinen dunklen Schopf hinweg begegnete sie Aristos Blick und sah schnell wieder weg.

Sie konnte es noch immer nicht fassen, dass sie gerade in einem Privatjet über den Atlantik flog. Abgesehen von ihren verkürzten Flitterwochen auf St. Barts war dies ihre erste größere Reise. Und nun befanden sie sich auf dem Weg nach Griechenland, zu Aristos Privatinsel.

Teddie warf ihm einen verstohlenen Blick zu. Aristo trug einen grauen Pullover und Jeans, doch selbst in diesem lässigen Outfit wirkte er selbstsicher und autoritär wie immer. Ihr Mund war trocken. Alles ging so schnell. Einerseits war sie froh darüber, andererseits verursachte es ihr Unbehagen.

Es hing auch damit zusammen, dass ihr plötzlich bewusst wurde, wie vermögend Aristo wirklich war. Vor vier Jahren hatte sein Unternehmen noch in den Kinderschuhen gesteckt, jetzt hingegen war sein Reichtum überall sichtbar – von der Limousine mit Chauffeur bis zu den Leibwächtern in dunklen Anzügen, die ihn an Bord begleitet hatten und nun hinten in der Kabine saßen.

Teddie blickte zu den beiden hinüber. Aristo hatte George eine Spielzeug-Autowerkstatt geschenkt, angeblich um ihn während des langen Flugs zu beschäftigen. Aber vermutlich wollte er dadurch eine Verbindung zu ihm aufbauen.

Die Kehle schnürte sich ihr zu. Was würde passieren, wenn George älter wurde? Was war, wenn er sich entschloss, bei seinem glamourösen Vater zu leben? Eines Tages würde er sich entscheiden müssen, denn sie beabsichtigte nicht, Aristo noch einmal zu heiraten.

Denk nicht daran, ermahnte sie sich, doch es war zu spät. Soeben war ihr klar geworden, warum dieser Spontantrip ihr derart zusetzte.

Aristo und sie hatten nach einer für sie besonders anstrengenden Woche zusammengefunden, auf der Eröffnungsfeier für eines seiner Hotels. Er hatte unter den geladenen Gästen an einem der Tische gesessen. Damals, mit zweiundzwanzig Jahren, hatte sie einige Beziehungen gehabt, sich allerdings noch nie verliebt.

Sie hatte ihn während ihres Auftritts zu sich auf die Bühne gebeten, ihn zu ihrem Assistenten ernannt, die Spielkarte, die er ausgesucht hatte, richtig bestimmt und ihm dann die Armbanduhr entwendet. Natürlich war er anschließend zur Bar gekommen, um sie zurückzubekommen. Und noch eine Weile geblieben. Kurz bevor die Bar schloss, hatte sie die Initiative ergriffen und ihn geküsst.

In ihrem Hotelzimmer hatten sie eine leidenschaftliche Nacht verbracht. Da war sie bereits im Begriff gewesen, sich in Aristo zu verlieben. Zu ihrer Überraschung hatten sie sich danach weiter getroffen, und zwar in Hotels überall in den USA, je nachdem, wo sie aufgetreten war. Weniger als zwei Monate nach ihrer ersten Begegnung hatte Aristo sie in Las Vegas überrascht und die Worte gesagt, die ihr Leben verändert hatten.

„Du kannst nicht weiter aus dem Koffer leben, und ich kann nicht mehr warten – darauf, dass du meine Frau wirst.“

Wenn sie an ihre Eltern dachte, war eine Heirat das Letzte gewesen, was sie im Sinn gehabt hatte, und dennoch hatte sie sofort Ja gesagt.

Und was war daraus geworden?

Zwei Stunden später lag George schlafend über zwei Sitze ausgestreckt da, ein Spielzeugauto umklammernd. Teddie ergriff die Gelegenheit, um sich in dem kleinen, aber luxuriösen Bad frisch zu machen und Elliot anschließend auf dem Weg zur Schlafkabine die versprochene Textnachricht zu schicken.

Natürlich würde er sich trotzdem Sorgen machen, doch momentan brauchte er nur zu wissen, dass sie alles im Griff hatte. Als sie sich auf den Stuhl neben dem Bett setzte, verspürte sie allerdings einen Anflug von Panik, denn auf der Schwelle stand Aristo, in jeder Hand einen Becher Kaffee.

„Ich dachte, du möchtest vielleicht einen Kaffee, weil wir so zeitig gestartet sind.“ Forschend betrachtete er sie. „Früher hast du es immer gehasst, früh aufzustehen.“

Ein heißes Prickeln überlief sie, als Teddie sich erinnerte, wie es war, in seinen Armen zu liegen und seinen braun gebrannten, muskulösen Körper über sich zu spüren. Schnell verdrängte sie das Bild und hob das Kinn. „Jetzt habe ich einen dreijährigen Sohn“, erwiderte sie kühl, atmete jedoch unwillkürlich schneller, als er einen Becher auf ihren Nachttisch stellte.

„Wie lange schläft er normalerweise?“

„Anderthalb Stunden – heute vielleicht zwei. Er war gestern Abend so aufgeregt, dass er nicht einschlafen konnte.“

Ein Lächeln umspielte Aristos Lippen. „Ich war früher genauso. Bringt die Reise seinen Tagesablauf sehr durcheinander?“

Teddie zuckte die Schultern. „Ein bisschen. Da er kaum gefrühstückt hat, wird er nachher wohl richtig Hunger haben.“

„Dann können wir zu Mittag essen, wenn er aufwacht.“

Ein Schauer rieselte ihr über den Rücken, als Aristo sich auf seine Seite des Betts fallen ließ. „Gute Idee.“

„Ich dachte, er isst vielleicht gern Pasta oder Pizza.“

Dass er unsicher klang, ließ die Anspannung ein wenig von ihr abfallen. Vielleicht würde es tatsächlich funktionieren. Teddie nickte und rang sich ein Lächeln ab. „Beides ist prima. Allerdings ist er überhaupt nicht wählerisch.“

„Kluger Junge“, bemerkte Aristo sanft und mit funkelnden Augen. „Offenbar kommt er nach seiner Mutter.“

Trotz des abgedroschenen Kompliments errötete sie unter seinem forschenden Blick.

„George scheint sich an mich zu gewöhnen“, brach Aristo schließlich das Schweigen.

„Er mag dich.“ Sie zog die Brauen hoch. „Aber das ändert sich bestimmt, wenn er dich besser kennenlernt.“

„Wir können das schaffen, Teddie.“

„Bestimmt“, erwiderte sie ruhig. „Schließlich machen wir Urlaub auf einer griechischen Insel.“ Um ihre Nervosität zu überspielen, nahm sie den Becher vom Nachttisch.

„Ich habe nicht vom Urlaub geredet.“

Er grinste schief, und prompt kam ihr Herz ins Stolpern. Natürlich hatte sie das gewusst, doch wenn er das Thema unbedingt anschneiden wollte, sollte es ihr recht sein.

Teddie atmete langsam aus. „Ich weiß, du willst mich mit dieser Reise umstimmen, damit ich dich doch heirate, aber deshalb bin ich nicht mitgekommen“, erklärte sie entschlossen. „Ich freue mich für dich, weil du jetzt an Georges Leben teilhaben kannst. Allerdings braucht es ein Wunder, bevor ich wieder deine Frau sein möchte. Also, können wir das Thema bitte fallen lassen?“

„Was für eine Alternative gibt es?“

Seine unverblümte Frage traf sie völlig unvorbereitet. „Vermutlich das Übliche. Gemeinsames Sorgerecht. Besuchszeiten in den Ferien und an den Wochenenden … Was?“ Als er den Kopf schüttelte, flammte Wut in ihr auf. „Wir beide passen nicht zusammen. Also tu nicht so, als würde eine Heirat infrage kommen.“

Nun trat ein harter Ausdruck in seine Augen. „Nur wenn du aufhörst, so stur zu sein, und ausnahmsweise versuchst, es von meinem Standpunkt aus zu betrachten.“

Aufgebracht starrte sie Aristo an. „Warum sollte ich dich je wieder heiraten wollen? Ja, warum solltest du mich je wieder heiraten wollen? Nein, bitte, Aristo – erklär mir nur, warum du etwas noch einmal tun willst, das dich so unglücklich und wütend gemacht hat.“

Aristo sah Teddie erstaunt an. Er spürte einen unerwarteten Stich, denn ihre Einschätzung ihrer Beziehung überraschte ihn. „Ich war nicht wütend“, entgegnete er schließlich. „Ich war durcheinander, weil du so unzufrieden warst.“

Sie schüttelte den Kopf. „Was spielt das überhaupt für eine Rolle? Wir waren beide unglücklich. Also, warum sollten wir es wieder tun?“

Ihm schnürte sich die Brust zusammen, und Zorn und Frust stiegen in ihm auf, weil Teddie ihn unter Druck setzte – und weil er geglaubt hatte, sie würde ihn verstehen. „Weil ich weiß, wie es ist, wenn der eigene Vater zu einem Fremden wird“, sagte er, ohne zu überlegen.

Panik stieg in ihm auf. Er sprach nie über seine Vergangenheit. Mit niemandem. Warum musste er nun ausgerechnet Teddie gegenüber seine Kindheit erwähnen?

„Ich dachte, du hättest die Firma von deinem Vater geerbt“, sagte sie nach einem Moment.

„Das habe ich auch“, bestätigte er schärfer als beabsichtigt, wobei er ihrem Blick auswich.

„Wann hat er dann …“ Sie verstummte und runzelte die Stirn, bevor sie erneut ansetzte. „Inwiefern ist er für dich ein Fremder? Habt ihr euch gestritten?“

Als er Teddie wieder ansah, fühlte Aristo sich für eine Sekunde wie vor den Kopf geschlagen. Schockiert stellte er fest, dass der Ausdruck in ihren großen grünen Augen nicht nur Verwirrung, sondern auch echte Sorge verriet.

Er zögerte, denn er wusste nicht, was er als Nächstes sagen sollte oder was sie hören wollte. Wahrscheinlich die Wahrheit. Doch die war weitaus vielschichtiger und aufschlussreicher, als er zugeben wollte.

„Nein, wir haben uns nicht gestritten“, erwiderte er schließlich energisch, damit Teddie nicht weiter nachhakte. „Vergiss es einfach.“

Unsicher betrachtete Teddie ihren Ex-Mann, während ihre Gedanken sich überschlugen. Dies war nicht der Aristo, den sie kannte.

Doch was wusste sie schon über ihren distanzierten, kompromisslosen Ex? Ihre Beziehung hatte nicht auf gemeinsamen Interessen oder Freunden gegründet. In den ersten Wochen hatten sie eine Fernbeziehung geführt und in ihren Telefonaten nur über alltägliche Dinge gesprochen und darüber, wie sehr sie einander vermissten.

Sie hatten nie über ihre Vergangenheit oder ihre Familien geredet. Sie hatte Aristo nicht gefragt, er hatte ihr freiwillig nichts erzählt – und war sie in gewisser Weise nicht dankbar dafür gewesen? Sie hatte es jedenfalls vermieden, über ihre Herkunft und ihre Eltern zu sprechen. Vielleicht hatte sie es insgeheim sogar romantisch gefunden, dass es ihm nur um sie beide ging.

Nun schien es Teddie allerdings, als hätte es viel ernstere Gründe für seine Zurückhaltung gegeben. Und plötzlich wusste sie, warum er darauf beharrte, dass sie wieder heirateten.

„Haben sie sich scheiden lassen?“ Die Frage klang lächerlich, aber Teddie wusste nicht, wo sie sonst anfangen sollte, selbst wenn sie dafür bei Aristo eine Grenze überschreiten musste.

Nach einer Weile nickte er. „Als ich sechs war.“

Seine Miene war ausdruckslos, aber sein Tonfall klang gequält. Offenbar hatte Aristo noch nie darüber gesprochen.

„Da warst du noch sehr jung“, bestätigte Teddie.

Nachdem er lange geschwiegen hatte, nickte er wieder. „Meine Mutter hat dann diesen englischen Lord geheiratet. Also haben sie das Haus in Griechenland verkauft, und ich bin mit ihr nach England gezogen, um bei ihr und meinem Stiefvater Peter zu wohnen.“

Autor

Leah Ashton

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