Julia Extra Band 503

– oder –

Im Abonnement bestellen
 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

LIEBESKÜSSE IN BUENOS AIRES? von MICHELLE SMART
In den Armen von Emiliano Delgado erlebt Becky Stunden, so heiß wie das feurige Temperament des Polospielers. Sie weiß, nach dieser sinnlichen Nacht wird sie ihn nie wiedersehen. Doch als ihre Blitzaffäre süße Folgen hat, macht der stolze Argentinier ihr ein unfassbares Angebot …

VERFÜHRT MIT ALLEN SINNEN von MICHELLE DOUGLAS
Als Mode-Zar James Cooper-Ford sie in Singapur empfängt, geht Fashionista Christy sofort auf Distanz. Schließlich denkt sie im Traum nicht daran, dem skrupellosen Milliardär ihr hippes Mode-Label zu verkaufen. Doch warum lässt sie dann zu, dass er sie mit allen Sinnen verführt?

SÜßE LEIDENSCHAFT IN DER TOSKANA von LYNNE GRAHAM
Nie wird sie Raffaele Manzini heiraten! Maya ist entsetzt über den Deal, den der arrogante Womanizer ihr vorschlägt: Er rettet ihre Familie vor dem Ruin, dafür bekommt sie ein Kind von ihm? Natürlich sagt Maya Nein! Doch ein Kuss von Raffaele und ihre Welt gerät aus den Fugen …

MASKENBALL DER SEHNSUCHT von TARA PAMMI
Als der attraktive Bollywood-Star Vikram Raawal sie auf einem Maskenball verlangend küsst, fühlt sich Naina so begehrt wie eine Prinzessin. Zum ersten Mal blickt ein Mann tief in ihre Seele. Fatal, denn Naina weiß, wie im Märchen muss sie um Mitternacht ihren Prinzen verlassen …


  • Erscheinungstag 20.07.2021
  • Bandnummer 503
  • ISBN / Artikelnummer 9783751500630
  • Seitenanzahl 450
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Michelle Smart, Michelle Douglas, Lynne Graham, Tara Pammi

JULIA EXTRA BAND 503

MICHELLE SMART

Liebesküsse in Buenos Aires?

Ihr Charme ist einzigartig, ihr Sex-Appeal überwältigend. Polo-Spieler Emiliano Delgado legt Becky die Welt zu Füßen. Für ihn wird es keine andere mehr geben. Warum nur will sie trotzdem nicht bleiben?

MICHELLE DOUGLAS

Verführt mit allen Sinnen

Mode-Mogul James Cooper-Ford ist von der aparten Christy fasziniert. Schon bald reizt es ihn mehr, sie zu küssen, als der Designerin ihr profitables Label abzuluchsen. Doch warum belügt er sie dann?

LYNNE GRAHAM

Süße Leidenschaft in der Toskana

Die hinreißende Maya verführen, um eine Firma zu erben? Für Raffaele Manzini ein perfekt kalkulierter Deal. Aber nicht ohne Risiko, denn in der Nähe der kühlen Blondine kann er nicht mehr klar denken …

TARA PAMMI

Maskenball der Sehnsucht

Für Filmproduzent Vikram Raawal existiert Liebe nur im Kino. Bis er auf einem Maskenball einer geheimnisvollen Fremden in die Augen sieht. Er muss sie wiedersehen – aber wer ist die Schönheit?

1. KAPITEL

Die Zuschauer brachen in ohrenbetäubenden Jubel aus. Becky Aldridge war gerade dabei, die Tische im verlassenen Festzelt abzuwischen. Sie vermutete, dass Emiliano Delgado, Eigentümer und Mitspieler des Delgado-Teams, ein Tor erzielt hatte. Immer wenn diese Mannschaft in den vergangenen drei Wochen ein Pokalspiel bestritten hatte, hatte sich die Zuschauerzahl verdreifacht.

Als Becky den Job angenommen hatte, war Polo noch ein Fremdwort für sie gewesen. Mit dem Spiel kannte sie sich zwar noch immer nicht aus, dafür wusste sie, dass alle Frauen hinter dem Starspieler her waren.

Sie brachte gerade die letzten schmutzigen Gläser zur Bar, als ihr zwei Hunde auffielen, die sich munter Chips und andere auf den Rasen gefallene Essensreste schmecken ließen. Lachend beobachtete Becky die beiden vierbeinigen Staubsauger einen kurzen Moment lang.

„Jenna?“ Suchend sah sie sich um, war jedoch wenig überrascht, keine Antwort zu bekommen. Statt sich mit Becky um die Bar zu kümmern, hatte sie sich mal wieder aus dem Staub gemacht, um das Halbfinale zu verfolgen. Sie war ein begeistertes Groupie von Emiliano Delgado. Alles, was Becky über den sexy spanisch-argentinischen Milliardär wusste, hatte sie von Jenna erfahren.

Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass die Hunde zu keinem der vor dem Zelt herumstehenden Leute gehörten, lockte Becky die beiden mit Würstchenstücken an.

Das funktionierte. Einen Moment später fraßen die Tiere ihr schon arglos und freudig aus der Hand. Becky stellte ihnen einen Wassernapf hin, setzte sich an einen der Tische vor dem Zelt und wählte die Nummer, die sie auf den Hundehalsbändern entdeckt hatte. Eine automatische Ansage bat, eine Nachricht zu hinterlassen.

„Hallo, hier ist Becky. Sie brauchen sich keine Sorgen mehr um Ihre Hunde zu machen. Sie sind bei mir. Ich arbeite in dem Festzelt mit dem rosa Dach und kümmere mich um die Tiere, bis Sie sie abholen. Bis dann.“

Die beiden Hunde hatten ihr aufmerksam zugehört. Der größere war ein bezaubernder Golden Retriever mit treuherzigem Blick, der kleinere eine hübsche Promenadenmischung.

„Keine Sorge.“ Beruhigend strich sie ihnen über die Köpfe. „Euer Frauchen oder Herrchen holt euch sicher bald ab.“

Ein durstiger Besucher verschwand im Zelt. Sie musste ihn bedienen. Nach einem besorgten Blick auf die Hunde ging sie hinein und stellte erleichtert fest, dass die beiden ihr hinter den Tresen folgten und sich dort gehorsam ausstreckten, wobei sie sie keine Sekunde lang aus den Augen ließen.

Eine halbe Stunde später tauchte Jenna wieder auf, dicht gefolgt von neuen Gästen. Das Delgado-Team hatte das Halbfinale mit 6:5 für sich entschieden. Die ausgelassene Menge wollte feiern. Bald herrschte so ein Andrang im Zelt, dass Becky kaum Zeit blieb, den Hunden einen beruhigenden Klaps zu geben und sie mit Würstchen zu füttern.

„Was, zur Hölle, haben die hier zu suchen?“

Becky zapfte gerade fünf Gläser Lager für eine grölende Gruppe junger Männer, die ihr lüstern auf den Busen starrten, als Mark, der Manager, zurückkehrte und die Hunde voller Abscheu betrachtete.

„Sie waren vorhin einfach da“, erklärte sie. „Ich habe dem Besitzer schon eine Sprachnachricht geschickt.“

„Die müssen weg.“

„Wieso? Wir bereiten hier doch kein Essen zu.“

„Wir sind aber keine dämliche Hundehüteanstalt. Bring sie weg!“

Becky schob das dritte Glas Bier Richtung Gast und platzierte das vierte unterm Zapfhahn. „Sie haben ihr Herrchen verloren.“

„Das interessiert mich nicht. Bring sie weg!“

„Gut, ich erledige noch schnell diese Runde, dann warte ich draußen mit ihnen.“

„Nein! Du schaffst die Flohschleudern fort und gehst wieder an die Arbeit!“

„Nun sei doch nicht so“, flehte Becky, musste aber einsehen, dass sie sich den Atem hätte sparen können.

Wütend griff Mark nach ihrem Arm und fuhr sie an: „Wenn du deinen Job behalten willst, dann tust du gefälligst, was …“

Ein tiefes Knurren ließ ihn erschrocken verstummen. Der kleinere Hund saß mit gefletschten Zähnen neben Becky und starrte den Manager an.

Mark versetzte dem kleinen Hund einen Tritt. Ob es Reflex oder Absicht war, wusste Becky später nicht zu sagen. Das Tier winselte. Empört über diese Grausamkeit, griff Becky nach dem vollen Glas und schüttete ihrem Boss das Bier ins Gesicht.

Plötzlich herrschte Totenstille im Festzelt.

Das Bier tropfte vom knallroten Gesicht des Managers. „Blöde Zicke“, zischte er zornentbrannt.

Bevor noch mehr passieren konnte, nahm Becky den winselnden Hund schnell auf den Arm. „Du Monster! Was fällt dir ein, einen wehrlosen Hund zu treten!“ Aufgebracht funkelte sie den Mann an.

„Du bist gefeuert.“

„Ist mir egal. Dein Verhalten ist abscheulich. Ich werde dich anzeigen.“ In ihrer Empörung hatte Becky gar nicht bemerkt, wieso die Gäste plötzlich verstummt waren.

Ein großer, schlanker Typ im mit Schlamm bespritzten grün-weißen Polohemd des Delgado-Teams hatte sich einen Weg zum Tresen gebahnt und starrte Mark mit unverhohlenem Hass an. „Sie haben meinen Hund getreten?“

Mark hatte ihn sofort erkannt und wurde kreidebleich. „Es war nur ein kleiner Stups“, erwiderte er kleinlaut.

Becky war zu wütend und aufgewühlt, um dem großartigen Emiliano Delgado besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Das erledigte die neben ihr stehende Jenna bereits. „Er hat ihn getreten“, bestätigte sie daher nur und wischte sich verstohlen eine Träne von der Wange. „Nachdem er mich angebrüllt und dieser hinreißende kleine Kerl versucht hat, mich zu beschützen.“ Liebevoll platzierte sie einen Kuss auf dem wuscheligen Hundekopf.

Einen Moment lang ließ Emiliano den Blick von Becky und dem Hund auf ihrem Arm zu dem sich duckenden Mark wandern. Dann kam Leben in ihn. Mit einer bei seiner Größe kaum vorstellbaren Agilität setzte er über den Tresen, packte Mark am Schlafittchen und schleifte den Mann aus dem Partyzelt.

Der Golden Retriever beschloss, seinem Herrchen zu folgen, Becky eilte hinterher und gebot dem großen Hund, bei Fuß zu bleiben.

Mark wurde zu Boden geworfen. „Ich sollte dir auch einen Tritt versetzen, damit du weißt, wie sich das anfühlt“, stieß Emiliano wütend aus. „Aber ich mache mir nicht gern die Füße schmutzig. Hau ab, bevor ich es mir anders überlege! Du bist übrigens gefeuert.“

„Sie können nicht …“, setzte der Manager an, doch ein Blick auf Emilianos zornige Miene ließ ihn verstummen. Entsetzt schlug er sich die Hände vors Gesicht.

Der Polostar lachte nur abfällig und wandte sich einer zu stark geschminkten jungen Frau in Hotpants und dünnem Hemdchen zu, die völlig außer Atem war. „Du bist auch gefeuert. Ich bezahle dich dafür, auf Rufus und Barney aufzupassen. Aber sie sind dir entwischt.“

Die Frau wurde kreidebleich. „Es war ein Versehen“, versuchte sie sich zu entschuldigen.

„Genau.“ Emiliano lachte höhnisch. „Du warst abgelenkt, weil du zu beschäftigt warst, mit Juan rumzumachen. Verschwinde!“

Jetzt drehte er sich zu Becky um, die das Schauspiel fasziniert beobachtet hatte.

Der Golden Retriever schmiegte sich an ihr Bein, die Promenadenmischung leckte ihr übers Gesicht. Becky stählte sich innerlich für ein Donnerwetter. Sie selbst hätte ja auch besser auf die Hunde achtgeben sollen.

Mit klaren braunen Augen schaute Emiliano sie forschend an. Dann erhellte ein strahlendes Lächeln das eben noch finstere Gesicht.

Jetzt konnte sie nachvollziehen, warum Jenna und Tausende anderer Groupies so verschossen in den Mann waren.

„Was haben Sie heute noch vor?“, fragte er und nahm ihr etwas umständlich den Hund ab, weil sie gut dreißig Zentimeter kleiner war als er.

„Arbeiten.“ Der Duft von Aftershave und Schweiß stieg ihr in die Nase. „Zumindest hatte ich das vor. Aber Mark hat mich ja gerade gefeuert.“

„Ich zahle Ihnen fünfhundert Pfund, wenn Sie auf meine beiden Lieblinge hier aufpassen.“

„Wie bitte?“

Emiliano lächelte schief. „In drei Stunden findet das Finale statt, und ich habe gerade meinen Hundesitter an die Luft gesetzt.“

Zwei Monate später

Drei Mal überflog Emiliano den schwer zu entziffernden handschriftlichen Brief. Dann zerknüllte er ihn, schob ihn in die Hosentasche und stürmte aus seinem Haus in England. Die Frau, die ihm gerade den Tag verdorben hatte, nahm seinen Anruf nicht entgegen. Nach einem unwirschen Blick auf den wolkenverhangenen Himmel – das nannte sich in England Sommer? – verschwendete er eine halbe Stunde mit der Suche nach ihr. Zuerst sah er in den Stallungen nach, dann auf den Koppeln.

Dabei hatte er eigentlich schon genug Stress. Am Wochenende stand der Besuch bei seiner herrschsüchtigen Mutter in Monte Cleure an, wo er zu allem Überfluss auch noch auf seinen Halbbruder Damián treffen würde. Er hatte ihn zuletzt vor knapp sechs Monaten auf der Beerdigung seines Vaters getroffen und hätte gern auf ein Wiedersehen verzichtet.

Mürrisch zog er das klingelnde Handy aus der Hosentasche. Seine Miene verfinsterte sich noch mehr, als er statt Beckys Namen den des Tierarztes auf dem Display las. Nicht einmal die fantastische Neuigkeit, dass seine Stute Matilde, die keine Rennen mehr laufen konnte, trächtig war, konnte ein Lächeln auf sein Gesicht zaubern.

Er sah auf und nahm in einiger Entfernung eine Person wahr, die übers Weideland spazierte. Zwei kleinere Vierbeiner, die um sie herumsprangen, bestätigten seine Vermutung, dass es sich um Becky handelte. Eilig marschierte er ihr entgegen.

Als die Hunde ihn entdeckten, rannten sie auf ihn zu, um sich streicheln zu lassen.

„Was hat das zu bedeuten?“, fragte Emiliano barsch und hielt ihr das Papierknäuel vor die Nase.

Becky verdrehte die Augen und nahm den Ball der Hunde mit dem Schläger auf. „Das ist meine Kündigung.“

„Die akzeptiere ich nicht.“

Schwungvoll schleuderte sie den Ball durch die Luft. Begeistert setzten die Hunde ihm nach. „Ich gehe trotzdem.“ Ruhig sah sie Emiliano an.

„Aber das können Sie den Hunden doch nicht antun! Die beiden beten Sie an.“

„Ich habe sie auch sehr gern. Dass ich nicht lange bleiben kann, habe ich Ihnen von Anfang an gesagt.“

„Wie soll ich denn so schnell einen Ersatz finden?“

Sie verschränkte die Arme vor ihrem beachtlichen Busen und sah Emiliano mit einer Mischung aus Geduld und Verzweiflung an. Diesen Blick kannte er nur zu gut. „Immerhin haben Sie vier Wochen Zeit. Sie wissen seit zwei Monaten, dass ich den Job in einem Monat beenden muss. Die Kündigung habe ich nur aus Höflichkeit geschrieben, um Sie noch mal daran zu erinnern, sich rechtzeitig um einen Ersatz zu kümmern.“

„Ich will aber keinen Ersatz.“ Seit sie vor zwei Monaten als Hundesitter bei ihm eingezogen war, hatte er sich keine Sekunde lang Sorgen um seine Lieblinge machen müssen. „Ich verdoppele Ihr Gehalt.“

Rufus legte den Ball zu ihren Füßen ab. Sie nahm ihn auf und schleuderte ihn erneut durch die Luft. Dann blitzte das strahlende Lächeln auf, bei dem Emilianos Herz sofort schneller klopfte und heiße Lust in seinen Lenden pulsierte.

Auf den ersten Blick wirkte Becky eher durchschnittlich. Bei der ersten Begegnung hatte sie eine Art Uniform aus schwarzer Bluse und weiter Hose getragen, das lange dunkle Haar zum Pferdeschwanz gebunden, das Gesicht ungeschminkt. Hätten seine beiden Hunde nicht bei ihr Zuflucht gefunden, nachdem sie Greta entwischt waren, hätte er keinen zweiten Blick an sie verschwendet. Er hatte ihr Gretas Job bereits angeboten, als Becky strahlend gelächelt und ihn verzaubert hatte. Sie war bildhübsch, hatte große grüne Augen, eine süße Stupsnase und volle Lippen. Seitdem sehnte er sich danach, sie zu küssen. Er musste wissen, ob ihre Lippen so weich und nachgiebig waren, wie er es sich vorstellte.

Tage später hatte sie ihr Haar offen getragen. Es schimmerte kastanienbraun und reichte ihr fast bis zur Taille.

Sie hatte ein freundliches Wesen, konnte aber auch mal böse werden, war schlagfertig und teilte seine Liebe zu Hunden. Wäre Becky Aldridge nicht eine seiner Angestellten gewesen und somit tabu, hätte er sie längst flachgelegt.

„Ich habe nichts dagegen, dass Sie mein Gehalt verdoppeln. Aber in vier Wochen bin ich weg. Mein neuer Job beginnt in sechs Wochen.“

„Ach ja?“ Konsterniert musterte er sie. „Und warum gehen Sie dann schon in vier Wochen?“

„Weil ich noch eine Menge zu erledigen habe, bevor ich meine neue Stelle antrete.“ Sie musste schließlich irgendwo wohnen und hatte schon im Internet nach einem Apartment in der Nähe des Labors gesucht, wo sie bald arbeiten würde. Eine war in der engeren Auswahl. Möbel brauchte sie auch noch.

„Teilen Sie Ihrem neuen Arbeitgeber mit, Sie hätten es sich anders überlegt.“

Becky lächelte mitleidig. Der arme Emiliano war mit einem goldenen Löffel im Mund zur Welt gekommen und bildete sich ein, dass ihm jeder Wunsch erfüllt wurde. Als sie sich bereit erklärt hatte, den Job bei ihm vorübergehend anzunehmen, hatte er offensichtlich gehofft, sie mit seinem Charme zum Bleiben zu bewegen.

„Nein!“ Sie hatte sich nicht jahrelang mit Wissen vollgestopft, um es jetzt einfach wegzuwerfen.

Bevor er sie wegen der Abfuhr anbrüllen konnte, klingelte sein Handy, das er sofort mit einem zornigen Blick bedachte, ehe er den Anruf annahm.

Während er sich munter auf Spanisch unterhielt, rutschte ihm das Kündigungsschreiben aus der Hand. Boshaft grinsend trat er mit dem Stiefelabsatz darauf.

Sie verdrehte die Augen wegen dieser kindischen Geste.

Da sie vor Aufnahme des Forschungsprojekts im September vier freie Monate zur Verfügung gehabt hatte, war Becky auf die Idee gekommen, die Zeit mit einem Job zu überbrücken, der ihre kleinen grauen Zellen nicht zu sehr anstrengte. Ihr Hirn brauchte einfach mal eine Pause. Also hatte sie im Poloclub in der Gastronomie gearbeitet. Der Job war eher langweilig, daher hatte sie begeistert zugesagt, als Emiliano sie als Hundesitterin auf seinem Anwesen anheuern wollte, ihn aber auch gleich darauf hingewiesen, dass sie nur bis Mitte September bleiben konnte.

Becky liebte Hunde. Sie war mit ihnen aufgewachsen. Im Gegensatz zu Menschen waren Hunde treu. Rufus und Barney ließen keine Gelegenheit aus, sich von ihr streicheln zu lassen, und Becky ging dabei jedes Mal das Herz auf.

Es machte großen Spaß, für Emiliano zu arbeiten. Als Arbeit konnte man das sowieso kaum bezeichnen. Auch mit den gradlinigen Pferdepflegern kam sie gut aus.

Eins hatte Becky schnell gelernt: Emiliano verstand keinen Spaß, wenn es um seine Tiere ging. Erst vor einer Woche hatte er einem der Pferdepfleger fristlos gekündigt, weil der es mit den hohen Standards nicht so genau genommen hatte, die Emiliano bei der Pflege seiner wertvollen Pferde aufstellte.

Mit dem Polospiel hatte sie sich inzwischen vertraut gemacht. Es gefiel ihr sogar. Da sie immer eine Sonnenbrille trug, konnte niemand wissen, dass sie Emiliano kaum aus den Augen ließ, wenn er spielte. Er schien mit dem Pferd verwachsen zu sein, so mühelos und elegant fegte er übers Spielfeld.

Er war groß, sehnig, breitschultrig. Sein Gesicht wirkte wie von Michelangelo gemeißelt: große, klare braune Augen, hohe Wangenknochen, geschwungene Lippen. Ein dunkelbrauner Schopf, der nur an den Seiten gestutzt war, rundete das verführerische Bild ab. Becky konnte durchaus nachvollziehen, warum er die Herzen so vieler Frauen schneller schlagen ließ. Sie selbst versuchte, ihre Gefühle für ihn unter Kontrolle zu halten. Trotzdem war sie ziemlich eifersüchtig auf die Groupies, die ihn ständig umschwärmten.

Flirten lag Emiliano im Blut. Er vermittelte jeder Frau den Eindruck, sie allein wäre seine Auserwählte. Das durfte Becky nicht vergessen, wenn er sie mit diesem Schlafzimmerblick und dem frechen, lässigen Lächeln bedachte. Für Emiliano war das ganz normal. Ihre Reaktion auch.

Ihre heißen Träume, aus denen sie stets mit pulsierendem Verlangen erwachte, sprachen allerdings eine andere Sprache. Nach einem solchen Traum Emilianos Blick zu begegnen wäre sehr verräterisch gewesen. Becky fiel es immer schwerer, ihre wahren Gefühle zu verbergen. Je schneller sie das Anwesen verließ, desto besser. Wenn sie erst einmal ihre neue Stelle angetreten hatte, würde sie keine Zeit mehr haben, an Emiliano zu denken.

Nach dem Telefongespräch war er sichtlich besserer Laune. „Ich habe doch von dem Picasso erzählt, der angeblich nicht verkäuflich ist. Jetzt gehört er mir“, erzählte er triumphierend.

„Herzlichen Glückwunsch.“

Einer der erfolgreichsten Pferdezüchter und Polospieler der Welt war auch ein großer Kunstliebhaber mit eigenen Galerien in London, New York, Madrid und Buenos Aires, in denen die Öffentlichkeit sich an den exquisiten Kunstwerken erfreuen konnte, die Emiliano erworben hatte.

„Wenn Sie eine Galerie in Oxford eröffnen, komme ich gern mal vorbei, um sie mir anzusehen, wenn ich Zeit habe.“

„Wieso Oxford?“

„Haben Sie meinen Lebenslauf etwa nicht gelesen?“ Sie hatte ihn seiner Assistentin gemailt und angenommen, Emiliano würde ihn lesen, weil er bestimmt wissen wollte, wer die Frau war, die sich um seine kleinen Lieblinge kümmerte.

Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Wozu? Ich besitze eine ausgezeichnete Menschenkenntnis“, behauptete er selbstzufrieden.

Erneut verdrehte Becky die Augen himmelwärts. Ein erster Regentropfen landete auf ihrer Nase. Schnell klopfte sie sich auf die Schenkel, um die Hunde auf sich aufmerksam zu machen. Sie wollte mit ihnen im Haus sein, bevor es anfing zu gießen. „Ihnen bleiben noch vier Wochen. Ich schlage vor, Sie geben eine Stellenanzeige auf.“

„Nicht nötig“, rief er ihr nach, als sie mit den Hunden aufs Haus zustrebte. „Sie bleiben.“

Becky wandte sich um und ging rückwärts weiter. „Da befinden Sie sich im Irrtum“, rief sie.

„Wissen Sie denn nicht, dass ich immer bekomme, was ich will, bomboncita?“

„Dann wird es höchste Zeit, dass Ihr Ego mal einen Dämpfer bekommt.“ Sie winkte ihm frech zu und joggte mit den Hunden zu dem Cottage, in dem sie untergebracht war.

2. KAPITEL

Jeder sollte mal im Privatjet fliegen, dachte Becky am nächsten Tag. Allerdings nicht mit einem mürrischen Milliardär. Selbst Rufus und Barney gelang es nicht, Emiliano ein Lächeln zu entlocken.

Wieso ein Besuch in der Villa seiner Mutter so ein Stimmungskiller war, wollte Becky lieber nicht wissen. Sie hatte genug damit zu tun, gegen Emilianos Anziehungskraft anzukämpfen.

Entschlossen steckte sie sich Stöpsel in die Ohren, schloss die Augen und gab vor, den Flug zu verschlafen. Dabei spürte sie die ganze Zeit die Anspannung ihres Chefs.

Der stampfte nach der Landung die Metallstufen der Gangway hinunter, als wollte er sie durchbrechen. Nun hätte Becky ihn doch gern gefragt, welche Laus ihm über die Leber gelaufen war. Normalerweise hielt seine schlechte Laune nie lange an.

In einer auf Hochglanz polierten schwarzen Limousine wurden sie durch Monte Cleure gefahren. Angestrengt blickte Becky durch die getönten Scheiben und kam zu dem Schluss, dass das zwischen Frankreich und Spanien gelegene kleine Fürstentum mit der Limousine um die Wette glänzte.

Nach kurzer Fahrt bogen sie ab auf ein weitläufiges Anwesen mit einer parkähnlichen Gartenanlage. Staunend betrachtete Becky das große hellgelb verputzte Landhaus mit Terrakottaziegeln.

„Zuerst setzen wir Sie und die Hunde vor Ihrer Unterkunft ab“, teilte Emiliano ihr gepresst mit, als sie vor einem hellgelben Bungalow hielten. Davon gab es ein ganzes Dutzend. Hier waren die Beschäftigten des Anwesens untergebracht.

„Hübsch“, fand sie.

„Sollten Sie irgendetwas brauchen, wenden Sie sich an mich“, fügte Emiliano hinzu.

Lächelnd strich sie Rufus über den Kopf. „Wir kommen schon klar.“

„Die Hunde haben auf dem gesamten Gelände freien Auslauf.“ Im Landhaus selbst waren keine Hunde erlaubt.

Bestimmt kommt Emiliano bei jeder sich bietenden Gelegenheit herüber, um selbst mit seinen Lieblingen zu gehen, vermutete Becky.

„Sie müssen Ihren Pass bei sich haben, wenn Sie das Haus verlassen. Hier wimmelt es nur so von Wachpersonal.“

„Sind die Sicherheitskräfte bewaffnet?“

„Ja.“

Höflich öffnete der Chauffeur ihr den Wagenschlag. „Dann sollte ich mich wohl vor ihren Kugeln hüten“, witzelte sie und entlockte Emiliano ein Lächeln. Zufrieden schwang sie die Beine aus dem Wagen. Rufus und Barney sprangen hinterher und warteten gehorsam, bis sie sich von ihrem Herrchen verabschiedet hatte.

„Chau, bomboncita!“

„Hasta luego.“ Bis später. Eigentlich lächelte er immer, wenn sie eine spanische Redewendung anbrachte, die sie von ihm gelernt hatte. Heute verzog er jedoch nur gequält das Gesicht.

Nachdenklich sah sie der Limousine nach. Die Aussicht, ein Wochenende bei seiner Mutter zu verbringen, hatte Emiliano die gute Laune verdorben. Warum?

Emiliano begrüßte seine Mutter Celeste, die lustige Witwe, mit Luftküssen, wie sie es ihm beigebracht hatte, als er ein kleiner Junge gewesen war.

„Hast du keine Freundin mitgebracht?“ Celeste hakte sich bei ihm ein.

Sofort dachte er an seine Hundesitterin. „Nein, dieses Mal nicht.“

„Das sieht dir aber gar nicht ähnlich, mojito. Ich bin immer sehr gespannt auf die Schönheit, die dich zu meiner alljährlichen Sommerparty begleitet. Meine Gäste übrigens auch.“

„Zum Daten hatte ich keine Zeit“, behauptete er. Tatsächlich hatte er seit zwei Monaten kein Date mehr gehabt. Die Frauen, die ihn überall umschwärmten wie Wespen ein offenes Marmeladenglas, interessierten ihn aus irgendeinem unerfindlichen Grund nicht mehr.

„Bereitest du dich innerlich schon auf die Übernahme des Delgado-Konzerns vor?“

„Warum sollte ich? Möglicherweise findet sich Vaters Testament ja doch noch ein.“ Sein Adoptivvater Eduardo war vor sechs Monaten gestorben. Am Tag der Bestattung hatte Emilianos Halbbruder Damián festgestellt, dass das Testament aus dem Safe verschwunden war. Da Eduardo verfügt hatte, der Konzern sollte an Damián gehen, war für Damián klar, dass Emiliano das Testament hatte verschwinden lassen. Sollte es nicht innerhalb der nächsten drei Wochen auftauchen, fiele nach der archaischen Gesetzgebung von Monte Cleure nämlich das gesamte Erbe dem ältesten Sohn zu. Mit einem Schlag wäre Emiliano dann um einen milliardenschweren Finanzdienstleistungskonzern reicher, der eigentlich seinem Halbbruder hätte zufallen sollen – und zwar zu Recht, wie Emiliano ehrlicherweise zugeben musste.

„Vielleicht“, räumte Celeste ein. „Aber wenn nicht, gehört das Imperium deines Vaters dir.“

Er war nicht mein Vater, dachte Emiliano. Sein leiblicher Vater war ein argentinischer Polospieler gewesen, der zehn Wochen nach seiner Geburt zu Tode gekommen war. Ein Jahr später hatte Celeste Eduardo geheiratet. Der adoptierte das Baby, konnte es aber nicht lieben. Emiliano hatte ihm lediglich als Beweis für Celestes Fruchtbarkeit gedient. Eduardo brauchte einen Erben, der einmal den Konzern übernehmen würde, und so ließ Damián nicht lange auf sich warten.

Es wäre schon Ironie des Schicksals, wenn der ungeliebte Adoptivsohn nun Eduardos gesamtes Vermögen erben würde. Vor zehn Jahren hatte Emiliano einige Monate im Delgado-Konzern gearbeitet – mit katastrophalen Folgen. Nur Celeste zuliebe hatte er den Job angenommen, denn eigentlich hatte er überhaupt kein Faible für Zahlen. Das war aber auch das letzte Mal gewesen, dass er ihr einen Gefallen getan hatte. Als Kind hatte er seine Mutter vergöttert. Inzwischen hatte er sie durchschaut: Celeste war ein narzisstisches Miststück.

Aber sie war nun mal seine Mutter.

„Ich will es nicht haben“, sagte Emiliano.

„Willst du es etwa Damián überlassen?“ Seine Mutter lachte schrill.

Emiliano lächelte grimmig. Sein Verhältnis zu Celeste war kompliziert. Das zu seinem Halbbruder dagegen ganz einfach: Er hasste ihn. Und das beruhte auf Gegenseitigkeit. Zwar hatten sie seit zehn Jahren kein einziges Wort miteinander gewechselt, aber zweimal im Jahr waren sie gezwungen zusammenzukommen.

Mit einer leicht bekleideten Schönheit am Arm auf dem Sommerfest zu erscheinen hatte Emiliano stets eine klammheimliche Freude bereitet, weil er damit Damiáns sichtliches Missfallen erregte. Vater und Sohn hatten immer nur schlecht von Emiliano gedacht. Es machte Spaß, sie in diesem Glauben zu bestärken.

„Ich weiß nicht, was ich tun werde.“ Vielleicht sollte er das Anwesen in Schutt und Asche legen.

„Mir ist klar, dass du mit Zucht und Pferdesport voll ausgelastet bist.“

Allerdings. Es war ein Vollzeitjob, die strategisch rund um den Globus platzierten Stallungen zu leiten, wo er Pferdezucht betrieb und Renn-, Polo- und Dressurpferde trainierte.

„Zudem bist du noch Kapitän einer erfolgreichen Polomannschaft. Natürlich willst du das nicht aufgeben. Ich kenne mich mit allen Aspekten des Delgado-Konzerns bestens aus und wäre bereit, ihn zu leiten – selbstverständlich in deinem Interesse.“

„Selbstverständlich.“ Emiliano lächelte wissend. Auf dieses Gespräch hatte er nur gewartet. Celeste war unglaublich machthungrig. Er traute ihr durchaus zu, Testament und Geschäftsunterlagen selbst entwendet zu haben. Wenn diese Dokumente auftauchten, hätte sie keinerlei Einfluss mehr auf den Konzernbetrieb. Damián würde die Leitung niemals aus der Hand geben. „Aber wir sollten darüber sprechen, wenn es so weit ist. Sag mal, wann trifft Damián denn ein?“

„Seine Maschine ist gerade gelandet. Er wird also bald hier sein. Übrigens bringt er eine Freundin mit.“

„Dann muss es was Ernstes sein“, vermutete Emiliano. Sein Halbbruder hatte noch nie eine Freundin zur Familienfeier mitgebracht. Vermutlich fürchtete er, Celeste würde sie wegekeln.

„Sei nett zu ihr“, mahnte Celeste.

Doch er lachte nur harsch. „Ich werde mich jetzt etwas frisch machen. Wir sehen uns beim Mittagessen.“

„Wir essen draußen. Untersteh dich, deine Köter mitzubringen!“

Sie wagte, seine Lieblinge als Köter zu bezeichnen. Das würde sie ihm büßen …

Kritisch betrachtete Emiliano sein Spiegelbild. Er hasste es, einen Smoking zu tragen. Doch Celeste bestand darauf.

Eigentlich amüsierte er sich immer gut auf ihren Sommerfesten. Hunderte illustre Gäste – reich, berühmt, exzentrisch – ließen sich volllaufen und stolperten schließlich zurück zu den wartenden Limousinen und Hubschraubern, Taschen mit erlesenen Präsenten in der Hand.

Wieso sollte es dieses Mal anders sein? Celeste schlüpfte in die Rolle der Hohepriesterin, Damián brütete vor sich hin, er selbst amüsierte sich darüber, die Brüder ignorierten einander und machten keinen Hehl daraus, dass sie einander hassten. Allerdings waren die Spannungen zwischen ihnen noch ausgeprägter. Misstrauisch ließen sie einander keine Sekunde lang aus den Augen. Emiliano spürte einen bitteren Geschmack auf der Zunge.

Aus einem Impuls heraus zückte er das Handy und rief Becky an.

Sie meldete sich nach dem dritten Klingeln.

„Wo sind Sie gerade?“

„Ich gehe mit den Hunden spazieren und versuche, den Kugeln der Sicherheitsleute auszuweichen.“

Emiliano lächelte amüsiert. Ein Gespräch mit Becky hellte seine Stimmung sofort auf. „Seid ihr bald zurück?“

„Eher nicht. Wir sind gut drei Kilometer entfernt im Wald. Wieso? Ist alles in Ordnung?“

Nein, nichts war in Ordnung. Ein ganz mulmiges Gefühl hatte ihn beschlichen. Das behielt er aber lieber für sich. „Ja, ich wollte nur mal kurz nach meinen Lieblingen sehen, bevor ich mich nachher danebenbenehme.“

Beckys fröhliches Lachen klang wie Musik in seinen Ohren.

„Wir müssten in etwa einer halben Stunde zurück sein.“

„Nicht nötig. Wir sehen uns … ich meine, ich sehe die Hunde dann morgen früh. Schönen Abend, Becky.“

„Danke. Amüsieren Sie sich gut auf der Party.“

„Ich werd’s versuchen.“

Er schob das Handy zurück in die Tasche und trank nachdenklich einen Schluck Scotch, den er sich eingeschenkt hatte. Er stellte sich Becky an seiner Seite vor, in einem atemberaubenden Abendkleid. Bisher hatte er sie noch nie in einem Kleid oder Rock gesehen. Sie trug ständig Jeans, wenn sie mit den Hunden herumtollte. Daher hatte er noch nie ihre nackten Beine gesehen. Er wusste nur, dass sie eine fabelhafte Figur hatte: voller Busen, schmale Taille und runder Po.

Die meisten weiblichen Partygäste mussten da passen. Wahrscheinlich waren sie auf Dauerdiät oder hatten sich das Fett absaugen lassen. Dafür waren die Gesichter umso praller und vollkommen faltenlos. Wohingegen bei Becky wohl bald Lachfältchen um Augen und Mund zu sehen sein würden.

Wenn es nach ihm ginge, würde er sich persönlich davon überzeugen. Sie sollte bei ihm … bei seinen Hunden bleiben. Gleich nach dem Wochenende wollte er sie dazu überreden. Er liebte seine Hunde, und Becky konnte er sie blind anvertrauen.

Zwar schien sie sich nichts aus Geld zu machen, aber jeder Mensch hatte seinen Preis.

„Emiliano!“ Die schrille Stimme ließ ihn zusammenzucken. Er wandte sich um. Kylie, eine verwöhnte englische Erbin, stolzierte auf ihn zu. Einen Moment später legte sie ihm die knochigen Arme um den Nacken. Der widerlich süße Duft ihres Parfüms stieg ihm in die Nase.

„Du schlimmer Junge.“ Kylie zog einen Schmollmund. „Du wolltest mich doch anrufen.“

Schuldbewusst grinsend befreite er sich aus ihrem Griff. „Entschuldige. Ich hatte zu viel um die Ohren.“

Kylie war Zuschauerin beim Poloturnier gewesen, auf dem Rufus und Barney ausgerissen waren. Nach dem Halbfinalsieg des Delgado-Teams hatte sie mitgefeiert. Er erinnerte sich vage an sein Versprechen, sie nach Ende des Turniers mal zum Abendessen auszuführen. Dann hatte er Kylie prompt vergessen. Seltsam, eigentlich passte sie genau in sein Beuteschema: bildhübsch, blond, langbeinig und nicht gerade mit einem hohen IQ gesegnet. Vor zehn Jahren war er mit einer superintelligenten Frau zusammen gewesen, die sich im Nachhinein auch als hinterhältig und kriminell entpuppt hatte. Leider hatte Emiliano das viel zu spät gemerkt. Seine Welt war buchstäblich zusammengebrochen.

Aus dem Augenwinkel sah er seinen Bruder näher kommen. Irgendetwas stimmte nicht mit Damián. Wieso hatte er diese Mia mitgebracht? Sie war Britin und hatte gestern mit der Familie zu Mittag gegessen. Am Abend hatten sie alle gemeinsam das Spielkasino besucht. Mia war humorvoll und das genaue Gegenteil von der langweiligen Frau, die Damián seiner Familie zuletzt vorgestellt hatte.

Emiliano spürte, dass mit der Beziehung zwischen den beiden irgendetwas nicht stimmte, und sein mulmiges Gefühl verstärkte sich.

Becky schlief tief und fest, schreckte aber auf, als die Hunde anfingen zu bellen. Erst dann hörte sie, dass jemand an die Haustür klopfte.

Schlaftrunken stand sie auf, zog sich einen Bademantel über und stolperte zur Tür. „Ich komm ja schon“, rief sie ungehalten. Das konnte nur Emiliano sein. Wahrscheinlich war er betrunken und wollte die Hunde sehen. Sie kannte diese Angewohnheit von ihm bereits aus England.

Wenig erfreut öffnete sie die Tür und wollte ihm ihre Meinung sagen, weil er sie zu so später Stunde geweckt hatte. Doch beim Anblick seines zutiefst verstörten Gesichtsausdrucks blieben ihr die Worte im Hals stecken.

„Was ist passiert?“, erkundigte sie sich besorgt.

Wortlos schwankte er an ihr vorbei und ließ sich schwer aufs Sofa im Wohnzimmer fallen. Kraftlos strich er den Hunden über die Köpfe.

„Emiliano?“

Er sah gequält auf, blieb aber stumm.

Impulsiv hockte sie sich neben ihn und umfasste seine freie Hand. Sie war eiskalt. Sein Smoking fühlte sich feucht an und stank nach Chlor. War Emiliano bekleidet im Pool gelandet? Jetzt bemerkte sie die zerschundenen Handknöchel. Er musste sich geprügelt haben.

Sofort zog sich ihr Herz schmerzhaft zusammen. Etwas Schreckliches musste geschehen sein.

„Geh unter die Dusche, damit dir wieder warm wird.“

Emiliano schloss die Augen. Er musste vollkommen erledigt sein. Wie gern hätte sie die eiskalte Hand mit ihrem Atem gewärmt, wie ihre Mutter es getan hatte, als sie noch klein und ihre Mutter noch mütterlich gewesen war. Stattdessen stand sie auf. „Ich bringe dir was Heißes zu trinken.“

In der Küche setzte sie Wasser auf und bereitete einen Kakao zu. Ein Hubschrauber flog übers Haus. Noch nicht einmal Mitternacht, und die Gäste verließen schon die Party? Was war nur geschehen?

Das Wohnzimmer war leer, als sie mit dem Kakao zurückkam. Im Badezimmer rauschte Wasser. Offensichtlich hatte Emiliano sich aufgerafft zu duschen. Und was soll er anziehen? dachte Becky. Nur der Bademantel würde ihm passen. Entschlossen zog sie ihn aus, klopfte an die Badezimmertür und rief ihm zu, sie habe einen Bademantel für ihn auf den Boden gelegt.

Dann beruhigte sie die Hunde, die natürlich spürten, dass es ihrem Herrchen schlecht ging, und wartete im Wohnzimmer auf Emiliano.

Er ließ nicht lange auf sich warten. Der Bademantel, der Becky bis zur Wade reichte, bedeckte kaum Emilianos Oberschenkel. Schnell wandte sie den Blick ab. Dieser Mann hatte selbst in ihrem Bademantel eine unglaublich sexy Ausstrahlung …

„Kann ich hier übernachten?“

Die sonst voller Lebensfreude vibrierende Stimme klang seltsam monoton.

Becky stutzte. Etwas Gravierendes musste vorgefallen sein. „Selbstverständlich“, antwortete sie dann. „Ich mache das Bett im Gästezimmer fertig. In der Zwischenzeit kannst du deinen Kakao trinken.“

„Danke. Ich brauche nur etwas Schlaf.“

In einem Wandschrank fand sie Bettzeug. Da kein Kopfkissen dabei war, holte sie eins aus ihrem Zimmer.

Als sie ins Wohnzimmer zurückkehrte, stand Emiliano am Fenster, den Kakaobecher in der Hand. „Das Bett ist gemacht. Ich gehe jetzt auch wieder schlafen. Brauchst du noch etwas?“

Er wandte sich um und blinzelte. Offenbar war er mit seinen Gedanken sehr weit weg gewesen. Dankend hob er den Becher.

Am liebsten hätte Becky ihn tröstend in die Arme genommen. Er wirkte so schrecklich verstört. Schnell riss sie sich zusammen. „Versuch zu schlafen“, sagte sie nur leise und ging hinaus. Dabei spürte sie seinen Blick im Rücken.

Als sie kurz darauf im dunklen Schlafzimmer im Bett lag, fragte sie sich, wie sie und Emiliano bei dem Hubschrauberlärm einschlafen sollten.

Schließlich übermannte sie die Müdigkeit. Ihr letzter Gedanke galt Emiliano – wie jede Nacht, seit sie ihn kennengelernt hatte.

Doch einige Zeit später wurde sie von lauten Schreien erneut aus dem Schlaf gerissen.

3. KAPITEL

Emiliano spürte eine Hand am Kopf. „Emiliano, wach auf!“

Erschrocken schlug er die Augen auf. Ein heftiger Schüttelfrost hatte ihn fest im Griff. Eine in der Dunkelheit nur schemenhaft auszumachende Gestalt kauerte auf der Bettkante. Ach, es war Becky …

Er fuhr sich durchs Haar, versuchte, sich zu sammeln. Seit seiner Kindheit war er nicht mehr von einem so abscheulichen Albtraum geschüttelt worden. Nun war er darin gefangen. Die grausame Hexe seiner Kindertage. Seine eigene Mutter. Eine Mörderin.

Behutsam griff Becky nach seiner Hand. „Du bist immer noch eiskalt.“ Sie stand auf. „Ich hole mein Federbett.“

Zitternd und zähneklappernd lag er in der Dunkelheit, wagte nicht, die Augen wieder zu schließen, aus Angst vor dem nächsten Albtraum.

Behutsam breitete Becky das Federbett über ihm aus, schob sich auch darunter, schlang die Arme um ihn und rieb ihm den Rücken. Ihr warmer Atem an seiner Brust taute ihn langsam auf. Emiliano schmiegte sich an sie und umarmte sie fest. Der Shampooduft ihres seidigen Haars wirkte entspannend auf ihn.

In Beckys zärtlicher Umarmung wurde ihm wieder warm. Auch die Benommenheit legte sich. Er erinnerte sich, wie er sich angestrengt hatte, in Partystimmung zu kommen. Sogar in den Swimmingpool hatte er sich in voller Montur gestürzt. Als er sich in seinem Zimmer umziehen wollte, hatte Damián ihn abgefangen und ihm eindeutige Beweise für die Straftat ihrer Mutter gezeigt. Als er ihm dann auch noch eine Mittäterschaft unterstellte, hatte Emiliano voller Entsetzen auf eine Wand eingeboxt. Kein Wunder also, dass seine Knöchel schmerzten.

Dann hatten sie sich zum ersten Mal in ihrem Leben gegen ihre teuflische Mutter verbrüdert. Mitten im Partytrubel hatten Damián und er die Bombe platzen lassen, bevor sie verschwunden waren. Wie er zu Beckys Bungalow gelangt war, wusste er nicht mehr so genau.

Ihre wärmenden Hände berührten gerade die Kuhle über dem Po, wurden dann hastig zurückgezogen. „Bist du nackt?“

„Entschuldigung“, stieß er heiser hervor. Er war sich seiner Nacktheit gar nicht bewusst gewesen. Jetzt spürte er plötzlich, wie erregt sein Körper auf die wunderschöne Frau reagierte, an die er sich geschmiegt hatte.

„Schon gut“, keuchte Becky schockiert. War sie denn vollkommen verrückt geworden, zu diesem sexy Mann unter die Decke zu kriechen? Wohin das führen könnte, hatte sie nicht bedacht, weil sie nur von dem Impuls beseelt gewesen war, den von Schüttelfrost und Albträumen gepeinigten Mann zu wärmen und zu trösten. Sein männlich-sinnlicher Duft stieg ihr in die Nase und weckte ungeahnte Gefühle. Hitze wallte durch ihren Körper – erregende Hitze. Die an Emilianos Oberkörper gepressten Brüste prickelten.

„Entschuldigung“, sagte er erneut und rollte sich auf den Rücken.

Becky fiel das Atmen schwer. Auch sie drehte sich auf den Rücken und schob sich hoch, sodass ihr Kopf auf dem Kissen lag. Viel brachte das allerdings auch nicht, da sich ihre Körper in dem schmalen Bett noch immer berührten. Emilianos Haar kitzelte ihre Stirn.

Wäre ihm nicht ganz offensichtlich etwas Schreckliches zugestoßen, hätte sie sich spätestens jetzt in ihr eigenes Zimmer verzogen und sich notfalls mit Badelaken zugedeckt. Doch in diesem Zustand konnte sie ihn nicht allein lassen. Seine markerschütternden Schreie hallten noch immer in ihrem Kopf wider.

Gleichzeitig drehten sie nun einander den Rücken zu. Becky zog das Federbett über die Schultern und schloss die Augen. Trotz des klitzekleinen Abstands zwischen ihr und Emiliano raste ihr Herz, ihr Körper prickelte. Die Atmosphäre schien förmlich zu knistern.

Stocksteif lag Becky einfach nur da. Bei der geringsten Berührung könnte die heiße Erregung übersprudeln. Aber Becky wollte keins seiner unzähligen Betthäschen werden.

Seit der ersten Begegnung hatte es zwischen ihnen geprickelt. Deshalb hatte sie stets darauf geachtet, Distanz zu wahren, genau wie Emiliano. Damit war es nun vorbei. Die Situation nahm ihr den Atem. Ihre Brüste fühlten sich plötzlich schwer an. Das heftige Pulsieren im Schoß wurde fast unerträglich …

Entschlossen versuchte Emiliano, Schlaf zu finden. Becky hatte den Albtraum erfolgreich bekämpft und die Erinnerung an die Ereignisse der Nacht ausgelöscht. Nun spürte er nur noch die Nähe der so dicht neben ihm liegenden Frau. Wieso lag er eigentlich nackt mit Becky im Bett? Er fing nichts mit seinen Angestellten an, ganz egal, wie sexy sie waren oder wie heftig ihre Flirtversuche waren. Zehn Jahre lang hatte er sich eisern an diese goldene Regel gehalten. Aber bei Becky geriet sein Vorsatz ins Wanken. Dabei machte sie ihm nicht einmal Avancen. Es genügte schon, sie jeden Tag zu sehen – in ihren hautengen Jeans, die den sexy Po umschmeichelten, besonders wenn Becky sich nach einem Ball bückte. Und ihre Brüste hüpften provozierend auf und ab, wenn sie den Ball warf. Selbst einen Heiligen hätte dieser Anblick in Versuchung geführt.

Nackt neben ihr zu liegen war unbeschreiblich erregend. Seine Erektion pulsierte schmerzhaft. Beckys seidiges Haar kitzelte seinen Rücken. Dios, das war die reinste Folter.

Nichts wie weg, dachte Emiliano. Dann musste er eben die nassen Klamotten wieder anziehen. Er würde die Hunde mit zur Villa nehmen. Jetzt konnten sie sich dort ja nach Herzenslust austoben.

Er biss die Zähne zusammen, richtete sich auf und warf die Bettdecke zurück. „Ich muss los.“

Erschrocken fuhr Becky hoch. Selbst im Dunkeln konnte sie sehen, wie steif Emilianos Rücken war. Schnell krallte sie die Finger ins Federbett, bevor sie die Hände nach ihm ausstrecken konnte. Es war vernünftiger, ihn gehen zu lassen und zu schlafen.

Allerdings war sie zum Schlafen viel zu erregt. Heißes Verlangen durchströmte ihren Körper – zum allerersten Mal …

Sie hörte, wie Emiliano mehrmals tief einatmete, und rückte instinktiv näher. „Emiliano?“ So angespannt hatte sie ihn noch nie gesehen. Und wie er sie anschaute …

Nach einer gefühlten Ewigkeit wirkte sein Gesicht kurz schmerzverzerrt, dann beugte er sich herunter, umfasste ihr Gesicht und küsste sie heftig.

Völlig überrumpelt erwiderte sie seinen Kuss, und ihr wurde glühend heiß. Immer wilder küssten sie sich. Der Geschmack auf Beckys Zunge war berauschend. Jetzt aufzuhören war undenkbar.

Innerhalb von Sekunden hatte Emiliano sich auf sie geschoben. Einen Moment lang verschmolzen ihre Blicke, dann konzentrierten sie sich wieder aufs Küssen, wild, leidenschaftlich, fordernd. Becky gab sich ganz den überwältigenden Gefühlen hin, ließ die Hände durch Emilianos Haar gleiten, über den Hals, über seinen Körper.

Auch Emiliano ging auf erotische Entdeckungsreise, zog Becky das T-Shirt aus und widmete sich ihren Brüsten. Wie lange hatte er den Impuls unterdrückt, sie zu berühren. Nun liebkoste er sie, reizte die empfindsamen Brustknospen, bis Becky vor Lust stöhnte. Schon schob er die Hand in ihre Shorts. Noch nie hatte ein Mann sie so intim berührt.

Mit jedem Kuss, jeder Liebkosung loderte das Feuer in ihr heftiger, brachte sie förmlich zum Schmelzen. Das Pulsieren in ihrem Schoß, das sie häufig gespürt hatte, wenn sie heimlich von diesem Mann geträumt hatte, wurde immer drängender. Die Erektion berührte ihren Oberschenkel, und Becky hob instinktiv den Po an, um dem Objekt ihrer Begierde noch näher zu sein. Sie war wie berauscht. Im nächsten Moment lagen die Shorts am Boden. Wieder bog Becky sich Emiliano entgegen. Sie sehnte sich so sehr nach ihm. Wieder küssten sie sich, die Zungen verschmolzen zu einem sinnlichen Tanz. Fordernd spreizte sie die Beine, keine Sekunde länger wollte sie warten.

Mit einem einzigen Stoß drang Emiliano in sie ein. Sie schrie auf. Nicht vor Schmerz, sondern vor Lust, denn sie spürte Emiliano nun ganz tief im Innern. Ein unbeschreibliches Gefühl – offenbar auch für ihn, denn er stöhnte lustvoll an ihrem Mund.

Becky schlang die Beine um seine Taille, schloss die Augen und überließ sich ganz dem himmlischen Liebesspiel. Immer heftiger, immer schneller bewegte er sich in ihr, und sie passte sich seinem Rhythmus an, empfand immer größere Lust, heftigeres, schnelleres Pulsieren …

Und dann spürte sie, wie etwas sich unaufhaltsam Bahn brach und unvorstellbare Lust durch ihren Körper raste. Laut schreiend bäumte sie sich auf, klammerte sich an Emiliano und ließ sich von den Wellen hinfortreißen. Gleichzeitig wurde ihr bewusst, dass er das Tempo verschärfte und nun härter und drängender zustieß. Dann rief er ihren Namen, schrie auf und verlor sich tief in ihrem Körper, der noch immer mit seinem verschmolzen war.

Sein Herz schlug zum Zerspringen. Das war Emilianos erste bewusste Wahrnehmung. Dann bemerkte er, dass Beckys Herz ebenso galoppierte. Sie war auch so außer Atem wie er. Und er steckte noch tief in ihr.

Der erdige Geruch des Liebesaktes stieg ihm in die Nase. Sein außergewöhnlich heftiger Höhepunkt wirkte noch nach.

Was habe ich getan? Blitzschnell löste er sich von Becky, schwang die Beine aus dem Bett und fluchte in sämtlichen Sprachen, die er beherrschte. „Das hätte nicht passieren dürfen“, keuchte er.

Die Frau, die er gerade geliebt hatte, antwortete nicht. Er wagte nicht, sie anzuschauen. Was war nur in ihn gefahren? War er vollkommen verrückt geworden?

Was hatte er hier überhaupt zu suchen? Hatte er unbewusst Zuflucht bei seinen Hunden gesucht? Er hätte sie einfach mit zur Villa nehmen können. Seine Mutter war ja im Hubschrauber eines Freundes geflohen.

Ihm wurde übel. Was hatte er getan?

Entsetzt fuhr er sich durchs Haar. „Sag mir bitte, dass du die Pille nimmst.“

Beredtes Schweigen.

Verdammt! Noch nie zuvor hatte er Sex gehabt, ohne ein Kondom zu benutzen. Nie zuvor hatte er derartig die Kontrolle verloren.

In diesem Moment hasste er sich selbst.

„Wann hattest du deine letzte Periode?“, fragte er barsch und wusste selbst, dass er sich unmöglich benahm. Aber er hatte das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren.

Becky richtete sich auf. „Du gehst jetzt besser“, sagte sie so schroff, wie er es ihr niemals zugetraut hätte.

„Ja, gleich. Erst muss ich wissen, ob wir uns Sorgen machen müssen.“

Starr blickte sie seinen erneut verspannten Rücken an. Am liebsten hätte sie sich zusammengerollt und sich die Augen ausgeheult.

Himmelhochjauchzend, zu Tode betrübt. So fühlte sie sich. Die fantastischste Erfahrung ihres Lebens war durch Emilianos krudes Verhalten ruiniert worden. Damit hatte sie am allerwenigsten gerechnet. Der Feigling traute sich nicht einmal, ihr ins Gesicht zu sehen. „Du brauchst dir keine Sorgen zu machen“, sagte sie, bückte sich und griff nach ihrem T-Shirt.

„Keine Spielchen! Wenn du ein Baby bekommst, weil ich kein Kondom benutzt habe, dann ist das mein Problem. Also, wie besorgt muss ich sein?“

Sie wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Ihre Periode setzte immer pünktlich ein. Der Zyklus war genau halb rum. Während der fruchtbaren Tage stieg die Körpertemperatur leicht an, und sie spürte ein Ziehen in den Brüsten. Vielleicht hatte sie deswegen so empfänglich auf Emiliano reagiert. Es war der Urinstinkt, sich fortzupflanzen, der sie angetrieben hatte, gar nicht so sehr ihr sexy Boss.

„Sehr besorgt.“ Sie zog sich das T-Shirt über, stand auf und ging Richtung Badezimmer. „Ich gehe jetzt duschen. Du findest wohl selbst hinaus.“

Im Badezimmer wäre sie fast über Emilianos nasse Klamotten gestolpert. Schnell raffte sie die Kleidungsstücke zusammen, warf sie in den Flur und verschloss die Tür hinter sich, bevor sie wieder aus dem T-Shirt schlüpfte und sich unter die Dusche stellte.

Heftige Schuldgefühle plagten Emiliano. Am liebsten hätte er ein Jahr geschlafen, um dann unbeschadet aus diesem Albtraum zu erwachen.

Er sah auf. Im Flur brannte Licht. Schnell stand er auf. Er wollte verschwunden sein, bevor Becky aus dem Badezimmer kam. Verdammt, seine Klamotten lagen noch dort. Dann würde er den Rückweg zur Villa eben in einem Bettlaken zurücklegen.

Bei einem letzten Blick aufs Bett stutzte er. Was war das da auf dem Laken? Er rieb sich das Kinn und sah genauer hin.

Blankes Entsetzen packte ihn, als er erkannte, worum es sich handelte und was das bedeutete.

Auf dem Laken war ein Blutfleck.

4. KAPITEL

Becky trank gerade ihren dritten Kaffee, die Sachen für den Rückflug nach England waren gepackt, als es laut klopfte. Das konnte nur Emiliano sein.

Sie hatte mit dem Gedanken gespielt, sich aus dem Staub zu machen, bevor er wieder auftauchen konnte. Ihn nach dieser Nacht im gleißend hellen Tageslicht wiederzusehen war ihr ein Gräuel. Dann wäre sie aber ebenso feige gewesen wie ihr Vater nach der Scheidung vor einem Jahr. Weder er noch ihre Mutter waren Vorbilder für sie. Außerdem musste sie sich von Rufus und Barney verabschieden. Sie konnte die Hunde nicht einfach im Stich lassen, und Emiliano hatte ja noch keinen neuen Hundesitter.

Da muss ich jetzt durch, dachte Becky entschlossen. Es waren ja nur noch dreieinhalb Wochen. Also riss sie sich zusammen, erhob sich vom Sofa und ging zur Tür.

Emiliano sah völlig fertig aus: unrasiert, geschwollene Augen, feuchtes Haar. Aber die schwarze Jeans und das weiße T-Shirt saßen perfekt.

Becky ärgerte sich, dass ihr Herz sofort aufgeregt klopfte und neues Verlangen in ihr aufstieg.

Zum Glück lenkten Barney und Rufus sie ab. Die beiden rannten aufgeregt ins Haus, froh, bei ihren Lieblingsmenschen zu sein.

Wortlos ließ sie Emiliano ins Haus.

„Fahren wir gleich los?“, fragte sie dann doch.

„Nein.“ Er schob die Hände in die Hosentaschen. „Wir müssen noch einige Tage bleiben. Wahrscheinlich sogar eine Woche.“

Das nahm sie mal so zur Kenntnis.

„Darf ich?“ Er zeigte auf die Kaffeekanne.

„Bedien dich.“ Sie griff nach ihrem Becher, öffnete die Verandatür und ging hinaus in den Garten. In der frischen Luft fiel ihr das Atmen leichter. Drinnen war ihr der Duft von Emilianos Duschgel in die Nase gestiegen und drohte ihr die Sinne zu vernebeln.

Begleitet von den Hunden folgte Emiliano ihr und setzte sich zu ihr an den Gartentisch.

Um neun Uhr morgens waren die Temperaturen noch erträglich. Das würde sich jedoch schnell ändern, wenn die Sonne weiter so vom wolkenlosen Himmel brannte.

„Wegen gestern …“

Becky unterbrach ihn sofort. „Darüber möchte ich nicht reden. Es ist passiert und wird sich nicht wiederholen.“ Sie wagte nicht, ihm in die Augen zu schauen, weil sie fürchtete, ein intensiver Blick von ihm könnte sie erneut schwach werden lassen. Noch immer meinte sie, seine Hände auf ihrem Körper zu spüren.

„Vielleicht haben wir ein Kind gezeugt“, sagte er leise.

Genau dieses Thema wollte sie vermeiden. Sie schluckte die aufsteigenden Tränen hinunter. Ihr erstes Mal hatte sie sich romantischer vorgestellt. Es hatte sie so unvorbereitet getroffen, dass sie sich nicht einmal geschützt hatte. „Dann bete mal, dass es nicht so ist“, stieß sie schließlich heiser hervor.

„Ach, bomboncita.“

„Nenn mich nie wieder so!“ Wahrscheinlich war das sein Kosename für alle Frauen. Bisher hatte sie sich eingebildet, er sei für sie reserviert gewesen. Wie dumm sie gewesen war …

„Ich muss mich entschuldigen, weil mein Verhalten danach unverzeihlich war.“

„Das war es allerdings.“

Bom… Becky, es tut mir so leid.“

„Ich will nicht darüber reden.“ Verzweifelt blinzelte sie die Tränen weg. „Ich habe es schon vergessen. Das empfehle ich dir auch. Sollte ich tatsächlich schwanger sein, besprechen wir das. Im Moment wäre ich dir aber dankbar, wenn du das Thema nicht mehr anschneiden würdest.“

„Warst du Jungfrau?“

Das war so demütigend! Wütend sprang sie auf. „Ich sagte gerade, ich will nicht mehr darüber sprechen.“

„Beantworte meine Frage!“

„Wozu? Es ändert doch nichts“, antwortete sie trotzig.

Emiliano schlug auf den Tisch. „Doch, es ändert alles.“

„Wieso?“ Verzweifelt versuchte Becky, ihre Emotionen im Zaum zu halten. Angst, Wut, Scham, Verzweiflung und – noch schlimmer – Verlangen waren eine gefährliche Mischung. Hätte Emiliano sie jetzt an sich gezogen, sie wäre dahingeschmolzen, statt ihn von sich zu stoßen. Das nächtliche Liebesspiel schien sie verändert zu haben. Wohingegen Emiliano sich vermutlich nicht mal an ihren Namen erinnern würde, sobald sie den Job bei ihm aufgegeben hatte.

„Wirst du plötzlich ritterlich?“, fragte sie schrill. „Welchen Unterschied sollte es machen, ob ich Jungfrau war oder nicht? Du schläfst mit einer Frau, dann lässt du sie fallen. So ist es doch immer.“

Wütend sprang jetzt auch Emiliano auf. Die Erinnerungen an das leidenschaftliche Liebesspiel mit Becky hatten ihn um den Schlaf gebracht, ebenso wie die Verzweiflung über die Taten seiner Mutter. Am meisten setzte ihm jedoch zu, dass Becky offensichtlich noch Jungfrau gewesen war. Er machte sich schreckliche Vorwürfe. Hatte er ihr wehgetan? Das wäre unverzeihlich. Aber woher hätte er wissen sollen, dass sie mit fünfundzwanzig Jahren noch unberührt gewesen war? Hätte er doch nur nie an ihre Tür geklopft!

Noch immer empfand er heftiges Verlangen nach ihr. Es ärgerte ihn, dass er das nicht abstellen konnte. Aber er sehnte sich so sehr danach, sie wieder zu küssen, von ihr zu kosten. Dazu war er gar nicht gekommen, weil die Leidenschaft sie beide überwältigt hatte.

„Ich bin zwar kein Heiliger, Becky, aber deine Wahrnehmung, wie ich Frauen behandle, ist völlig falsch.“

„Unsinn! Du bist respektlos Frauen gegenüber. Wir sind für dich eine Ware, die du benutzt und am nächsten Tag wegwirfst.“

Diese scharfe Beobachtung traf ihn. Trotzdem zog er sich diesen Schuh nicht an. Er hatte keine Frau darüber im Zweifel gelassen, dass er nur auf unverbindlichen Sex aus war. Die einzige Ausnahme in zehn Jahren war Becky.

„Wenn du mit deiner Behauptung recht hättest, wäre ich jetzt wohl kaum hier, Becky.“

„Vermutlich befürchtest du, deine Rücksichtslosigkeit könnte Folgen haben“, schleuderte sie ihm ins Gesicht.

„Rücksichtslosigkeit?“

„Genau.“

„Du warst eine äußerst willige Partnerin, bomboncita.“ Er hörte noch ihr atemloses Stöhnen, spürte die leidenschaftlichen Küsse … Heißes Verlangen pulsierte in seinen Lenden. „Versuch also bitte nicht, mir die Schuld zuzuschieben. Wir waren beide daran beteiligt. Du solltest also akzeptieren, dass auch du verantwortlich für etwaige Konsequenzen bist.“

„Wenn ich schwanger bin, trage ich die Verantwortung bis an mein Lebensende.“

„Ich auch.“

„Ach? Dann läufst du mit dem Babybauch herum, bringst das Kind zur Welt und gibst alle deine Träume auf?“ Sie lachte leicht hysterisch. „Ich sage dir, was du tun wirst: Du wirst mich finanziell unterstützen und weiterhin Frauen auf der ganzen Welt vernaschen, als wäre nichts geschehen.“

„Wir wissen noch nicht einmal, ob du schwanger bist, und du entscheidest schon über meine Zukunft? Das Bild, das du von mir hast, ist noch schlimmer, als ich befürchtet hatte.“

„Wenn dir dein Ruf als Playboy missfällt, hättest du wählerischer sein sollen, mit wem du das Bett teilst.“

„Ich habe gestern Nacht keine Klagen gehört.“ Er kam näher, als zöge sie ihn magnetisch an.

„Dafür hatte ich gar keine Zeit.“

Emiliano lachte. „Dann schlage ich vor, das Ganze zu wiederholen, damit du ein Urteil fällen kannst.“

Ihre grünen Augen sprühten wütende Funken. Herausfordernd reckte sie das Kinn. „Danke, aber wenn das gestern die Norm war, dann verzichte ich lieber.“

„Schwindlerin.“ Er schlang den Arm um ihre Taille, zog Becky entschlossen an sich und küsste sie. Ihre Reaktion war so spontan wie in der vergangenen Nacht. Willig schmiegte sie sich an ihn und erwiderte leidenschaftlich seine heißen Küsse.

Dios! Sie schmeckte noch süßer als in seiner Erinnerung. Als er ihren Po umfasste, um sie noch enger an sich zu ziehen, damit sie keinen Zweifel hatte, wie erregt er war, stöhnte sie verlangend. Seine Erektion wurde noch größer.

Er drängte sie gegen den Tisch, schob die Hand unter ihr T-Shirt und stöhnte vor Lust an ihrem Mund, als er die seidige Haut streichelte. Dann stieß er auf ein Hindernis. Gestern hatte Becky keinen BH getragen.

Aber er hatte sie im Dunkeln auch nicht in ihrer ganzen nackten Pracht bewundert. Dazu war keine Zeit gewesen. Er hatte es nicht abwarten können, eins mit ihr zu werden. So überwältigend war dieser Drang noch bei keiner Frau gewesen. Jungfrau oder nicht, Becky war genauso ungeduldig gewesen wie er. Das Liebesspiel war unglaublich heiß und unvergleichlich gewesen. Auch jetzt wurde sie von wilder Leidenschaft gepackt, spreizte verlangend die Schenkel, schob die Hand unter sein T-Shirt und krallte ihm die Finger in den Rücken.

Später überlegte Emiliano, wie weit sie wohl am helllichten Tag auf der für jedermann einsehbaren Terrasse gegangen wären, wenn Rufus nicht beschlossen hätte, an dem lustigen Spiel der beiden Menschen teilzunehmen, und an ihnen hochgesprungen wäre.

Sofort fuhren sie auseinander.

Mit bebenden Händen versuchte Becky, das T-Shirt zu richten, während ihre Beine den Dienst versagten. Sie schaffte es gerade noch, sich auf einen Stuhl zu setzen. Beschämt über ihr Verhalten schlug sie die Hände vors Gesicht. Was war nur in sie gefahren? Hatte sie mit ihrer Unschuld auch jede Moral verloren?

Emiliano ließ sich schwer auf den Stuhl neben Beckys fallen.

„Bitte geh jetzt“, bat sie leise. „Und finde schnell einen Ersatz für mich. Bis dahin kümmere ich mich natürlich um Rufus und Barney. Ab sofort kommuniziere ich nur noch telefonisch mit dir.“

Zögernd kam er ihrer Bitte nach und entfernte sich widerstrebend.

Becky nahm die Hände erst vom Gesicht, als sie sicher war, dass Emiliano gegangen war. Die Hunde saßen neben ihr und sahen sie traurig an.

Emiliano kauerte auf dem Sofa im Arbeitszimmer seines verstorbenen Vaters und sah müde auf, als sein Bruder sich schwankend erhob. Sechs Stunden lang hatten sie in Erinnerung an ihn getrunken.

„Wir m…üssen w…as essen“, lallte Damián.

Emiliano hatte Schluckauf. „Essen wird überbewertet.“

„Was?“ Verständnislos sah sein Bruder ihn an.

„Das sagen die Briten.“

„Ach so.“ Damián ließ sich wieder aufs Sofa fallen und nahm noch einen Schluck Scotch aus der Flasche, bevor er sie Emiliano reichte.

„Wo ist eigentlich deine Freundin?“ Die hatte...

Autor

Tara Pammi
<p>Tara schreibt sexy Romanzen mit anbetungswürdigen Helden und sexy Heldinnen. Ihre Heldinnen sind manchmal laut und rebellisch und manchmal schüchtern und nerdig, aber jede von ihnen findet ihren perfekten Helden. Denn jede Frau verdient eine Liebesgeschichte! Tara lebt in Texas mit ihrem ganz persönlichen Helden und zwei Heldinnen in der...
Mehr erfahren
Lynne Graham
<p>Lynne Graham ist eine populäre Autorin aus Nord-Irland. Seit 1987 hat sie über 60 Romances geschrieben, die auf vielen Bestseller-Listen stehen. Bereits im Alter von 15 Jahren schrieb sie ihren ersten Liebesroman, leider wurde er abgelehnt. Nachdem sie wegen ihres Babys zu Hause blieb, begann sie erneut mit dem Schreiben....
Mehr erfahren
Michelle Douglas
Das Erfinden von Geschichten war schon immer eine Leidenschaft von Michelle Douglas. Obwohl sie in ihrer Heimat Australien bereits mit acht Jahren das erste Mal die Enttäuschung eines abgelehnten Manuskripts verkraften musste, hörte sie nie auf, daran zu arbeiten, Schriftstellerin zu werden. Ihr Literaturstudium war der erste Schritt dahin, der...
Mehr erfahren
Michelle Smart
Michelle Smart ist ihrer eigenen Aussage zufolge ein kaffeesüchtiger Bücherwurm! Sie hat einen ganz abwechslungsreichen Büchergeschmack, sie liest zum Beispiel Stephen King und Karin Slaughters Werke ebenso gerne wie die von Marian Keyes und Jilly Cooper. Im ländlichen Northamptonshire, mitten in England, leben ihr Mann, ihre beiden Kinder und sie...
Mehr erfahren