Julia HochzeitsBand Band 19

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TRAUMHOCHZEIT FÜR EINEN SINGLE von LEIGH, JO
Hauptgewinn New York! Trish kann es kaum fassen, dass sie den Schreibwettbewerb gewonnen hat: eine Woche in einem Luxus-Hotel und eine exklusive Hochzeitsfeier. Das einzige Problem: sie ist Single. Aber die junge Journalistin weiß sich zu helfen - ihre alte Highschool-Liebe Mark ist bereit, sie als Bräutigam nach Manhattan zu begleiten - und sich hinterher wieder von ihr zu trennen. Aber nach einer heißen Liebesnacht in der Hochzeits-Suite kommen Trish Zweifel an ihrem kühnen Plan: Würde sie für eine Karriere in der Stadt ihrer Träume wirklich alles aufgeben - auch ihre Liebe?

PER SEMPRE HEISST FÜR IMMER! von BRAUN, JACKIE
Verträumte Stunden auf dem Markusplatz, romantische Abende in einem kleinen Hotel am Canale Grande - so sollen die Flitterwochen in Venedig aussehen. Max Kinnick begleitet die attraktive Dayle in die Lagunenstadt, um letzte Vorbereitungen für die Hochzeit zu treffen: Er wird sie zum Altar führen - allerdings nur als Trauzeuge! Denn die beiden sind seit Jahren Geschäftspartner. Damals hatte Max den Beginn ihrer Geschäftsbeziehung mit einem spontanen Kuss besiegelt. Wie kann er ihr nun zeigen, dass er diesmal nicht nur ein berufliches Interesse an ihr hat?

SCHICKSALSNÄCHTE AUF HAWAII von LANDIS, JILL MARIE
"Ja, ich will!" - Nichts wünscht sich Carrie sehnlicher, als dem faszinierenden Künstler Kurt auf Hawaii die ewige Liebe zu versprechen. Monatelang hat sie die perfekte Hochzeit im Paradies geplant. Doch je näher der Tag kommt, desto mehr scheint sich die Welt gegen sie verschworen zu haben: Es regnet in Strömen, die Hochzeitsmanagerin ist unauffindbar, und am Horizont braut sich ein tropischer Sturm zusammen. Um das Unglück nicht weiter herauszufordern, trifft Carrie einen folgenschweren Entschluss: Keine gemeinsamen Nächte mehr vor der Ehe ...


  • Erscheinungstag 17.03.2009
  • Bandnummer 19
  • ISBN / Artikelnummer 9783862956456
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

JILL MARIE LANDIS

Schicksalsnächte auf Hawaii

Alles ist perfekt geplant: Der Traumhochzeit mit Kurt auf Hawaii steht nichts mehr im Wege. Aber die abergläubische Carrie ist sich sicher: die Inselgeister haben sich gegen sie verschworen! Um das Schicksal nicht weiter herauszufordern, fasst sie einen folgenschweren Entschluss ...

JO LEIGH

Traumhochzeit für einen Single

Ist es der Zauber der Lagunenstadt oder der Charme von Dayle Alexander, der Max in Venedig die Sinne raubt? Dabei wollte der erfolgreiche Manager seiner hübschen Geschäftspartnerin nur bei ihren Hochzeitsvorbereitungen in Venedig helfen – denn er soll ihr Trauzeuge sein!

JACKIE BRAUN

Per sempre heißt für immer!

Ist es der Zauber der Lagunenstadt oder der Charme von Dayle Alexander, der Max in Venedig die Sinne raubt? Dabei wollte der erfolgreiche Manager seiner hübschen Geschäftspartnerin nur bei ihren Hochzeitsvorbereitungen in Venedig helfen – denn er soll ihr Trauzeuge sein!

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JILL MARIE LANDIS

Schicksalsnächte
auf Hawai

„Meine Damen und Herren, wir werden in Kürze landen. Bitte schließen Sie die Sicherheitsgurte und bleiben Sie auf Ihren Plätzen, bis die Anzeige über Ihren Sitzen erloschen ist und wir unsere endgültige Parkposition erreicht haben.“

Carrie Evans klappte ihr Tablett hoch und ließ ihren Sitz in der aufrechten Position einrasten. Mit der Hand schob sie eine widerspenstige Locke in den lockeren Knoten zurück, den sie am Hinterkopf mit einem Kamm aufgesteckt hatte. Das handgearbeitete Stück aus emailliertem Rosenholz stammte aus ihrem Laden Time After Time, den sie gerade in einer exklusiven Gegend von Los Angeles eröffnet hatte.

Carrie vertiefte sich wieder in den spannenden Artikel in der Zeitschrift Spirit of Aloha, die im Flugzeug auslag.

Ho’ailona, las sie, nennt man auf Hawaii die Zeichen und Symbole, die die Geister aus der Unterwelt in die Welt der Lebenden senden. Man muss allerdings genau hinsehen, um zu begreifen, dass es sich bei diesen Zeichen keinesfalls um Naturerscheinungen handelt.

In Hawaii glaubt man, dass die Natur Zeichen aussendet, ein Omen, das vor Gefahren, vor Unglück oder vor Ärger warnen soll. Und Ärger wird unweigerlich kommen, wenn der Mensch seinen Weg unbeirrt weitergeht.

Zeichen. Böse Omen.

Wie gut, dass ich nicht an solchen Unsinn glaube, dachte Carrie. Denn andernfalls hätte sie es für ein sehr böses Omen halten müssen, dass ihr Verlobter Kurt Rowland nicht mit ihr zusammen auf ihre Hochzeitsinsel fliegen konnte.

Als sie sich von ihrem bequemen Platz in der ersten Klasse erhob und die Kabine verließ, hatte sie die bunte Zeitschrift in ihrem Handgepäck verstaut. Freundlich lächelnd verabschiedete sie sich von der hawaiianischen Flugbegleiterin an der Kabinentür. Das Make-up der jungen Frau war makellos. Sie hatte sich eine Orchidee ans Ohr gesteckt, und sowohl die Orchidee als auch die Flugbegleiterin wirkten so frisch und ausgeruht wie beim Start in Los Angeles vor fünf Stunden.

Insgeheim wünschte Carrie, das auch von sich behaupten zu können.

Die junge Frau lächelte. „Aloha und willkommen auf Hawaii“, sagte sie und überreichte Carrie eine Landkarte der Insel.

„Vielen Dank.“ Als ob sie es selbst noch nicht ganz glauben könnte, fügte Carrie hinzu: „Ich werde am Samstag heiraten. Am Strand. Bei Sonnenuntergang.“

„Herzlichen Glückwunsch.“ Die Flugbegleiterin wünschte ihr alles Gute.

Das südliche Kalifornien schien eine Ewigkeit entfernt, als Carrie die klimatisierte Wartezone des Flughafens in Lihue auf Hawaii betrat. Kurz nachdem sie den Ankunftsbereich verlassen hatte, stieß sie auf die Menge, die sich am Gepäckband versammelt hatte. Der schwere Duft der tropischen Blumen mischte sich unter die drückende Schwüle, die sich wie eine unsichtbare Decke über sie legte.

In der tropischen Hitze wurde Carrie schlagartig bewusst, was ihr bevorstand.

In vier Tagen ist es so weit. Ich werde heiraten …

Die Hochzeit würde mehrere tausend Kilometer von zu Hause entfernt stattfinden.

Und ihr Bräutigam, der eigentlich an ihrer Seite sein sollte, befand sich immer noch auf der anderen Seite des Pazifiks.

„Man hat nicht jeden Tag die Gelegenheit, auf der Titelseite der Sonntagsausgabe der Los Angeles Times zu erscheinen“, hatte Carrie ihn erinnert, als er sie zum Los Angeles International Airport gefahren hatte. Natürlich war sie enttäuscht, dass Kurt und sie nicht im selben Flugzeug sitzen konnten. Aber noch mehr war sie stolz und glücklich, dass ihrem Bräutigam die Ehre zuteilwurde, der Los Angeles Times ein Interview zu geben.

Nachdem er jahrelang als unbekannter Künstler hart gearbeitet hatte, standen seine gewagten Werke, die er den einfachen Formen der amerikanischen Ureinwohner nachempfunden hatte, plötzlich hoch im Kurs. Aber Carrie und Kurt waren beide realistisch genug, um zu wissen, dass der Ruhm sehr flüchtig sein konnte.

Wie dem auch sei, hatten sie gedacht, im Moment sind die Leute ganz heiß auf seine Kunst. Und ein Artikel in der Times würde ihn noch berühmter machen. Seine Bilder zierten exklusive Hotels und Büros überall in Los Angeles. Sogar hochrangige Persönlichkeiten hatten ihn beauftragt, die Wände in ihren Villen zu verzaubern.

Inzwischen war Carrie zum Gepäckband vorgedrungen und drängte sich nach vorn, um sich sofort den Griff des Koffers schnappen zu können, sobald er auf dem Laufband an ihr vorbeifahren würde.

Zehn Minuten später hatten fast alle Reisenden die Gepäckausgabe verlassen. Die vier Leute, die zurückgeblieben waren, blickten sich verloren um. Carries Koffer war weit und breit nicht zu sehen.

Es kam wie gerufen, als ihr Handy klingelte. Ein Blick auf das Display verriet ihr, dass Kurt anrief.

„Du hast es geschafft.“ Er klang, als würde er direkt neben ihr stehen und nicht auf der anderen Seite des Pazifiks.

Carrie schaute sich in der fast menschenleeren Gepäckhalle um. Auf der anderen Seite des Raumes standen ein paar blasse Touristen und schenkten sich heißen Kona-Kaffee ein, für den die Insel berühmt war.

„Der Flug war kein Problem. Ich habe ein bisschen geschlafen, Spiderman 3 angeschaut und die Mappe mit den Hochzeitsvorbereitungen noch mal durchgeblättert. Und jetzt bin ich hier.“

„Großartig. Der Assistent des Fotografen hat versprochen, dass ich den nächsten Flug nach Hawaii nehmen kann. Ich werde über Nacht fliegen und bereits morgen früh bei dir sein. Du kannst schon mal den Champagner kalt stellen. Wir werden Cocktails schlürfen und im Bett frühstücken.“

„Klingt fantastisch. Es gibt nur ein kleines Problem. Ich vermisse meinen Koffer.“ Carrie ließ den Blick über die Rampe schweifen, die kein Gepäck mehr ausspuckte.

„Er wird schon auftauchen.“ Kurts unerschütterlicher Optimismus gehörte zu den Eigenschaften, die sie am meisten an ihm liebte.

„Ich weiß.“ Wieder ließ Carrie den Blick durch die Gepäckhalle schweifen. Es war erst März. Aber auf Hawaii war es um diese Jahreszeit schon sehr heiß und stickig. Ein Wetter, das ihre Eltern überhaupt nicht vertrugen. „Langsam frage ich mich, ob die Idee wirklich so gut war“, murmelte sie.

Am anderen Ende der Leitung herrschte ein merkwürdiges Schweigen. „Soll das etwa heißen, dass dir plötzlich Zweifel gekommen sind? Sieh mal, Honey …“

Carrie begriff sofort, was ihm durch den Kopf gegangen war. „Oh nein. Nein! Ich wollte nicht sagen, dass wir nicht heiraten sollen. Ich habe mich nur gefragt, ob es wirklich eine gute Idee war, um die halbe Welt zu fliegen und hier zu feiern. In den letzten Jahren sind solche Hochzeiten in Mode gekommen. Aber ich fühle mich so weit weg von zu Hause!“

Es war alles vorbereitet. Die engste Familie, ihre besten Freundinnen und die Brautjungfer hatten das Flugticket bereits in der Tasche. Die Hotelzimmer waren reserviert. Aber trotzdem machte Carrie sich Sorgen.

„Was, wenn mein Gepäck nicht auftaucht? Mein Hochzeitskleid ist im Koffer.“ Es handelte sich um ein schlichtes elegantes Kleid aus elfenbeinfarbener Seide. Das Designermodell passte ihr wie angegossen. „Das gilt auch für die Platzkarten und für die Fotos, die ich dem Floristen zeigen will. Der Mann braucht etwas, woran er sich orientieren kann.“

„Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Dein Koffer wird schon auftauchen. Mach dir keine Sorgen. Du bist einfach übermüdet von dem langen Flug. Leg dich schlafen. Morgen sieht alles viel besser aus.“

Carrie seufzte. Er war wie immer: unerschütterlich optimistisch. Aus seinem Mund klang alles so einfach. „Du hast vollkommen recht. Kurt, ich liebe dich.“

„Ich dich auch, Honey. Du darfst dein Ziel nicht aus den Augen verlieren.“

Sie verabschiedeten sich, und Carrie legte auf. Sie war jetzt einfach nur übermüdet. Aber morgen mit einem frischen Kopf würde sich sicher alles klären.

Noch nie im Leben war Carrie irgendetwas misslungen. Und ausgerechnet bei ihrer Hochzeit sollte ihr das zum ersten Mal passieren? Eine Hochzeit im Sonnenuntergang an einem menschenleeren Strand, damit sollte das Fest beginnen. Alles würde reibungslos über die Bühne gehen. Im Internet hatte sie einen einheimischen Hochzeitsplaner gefunden, mit dem sie die gesamte Feier in allen Einzelheiten besprochen hatte.

Es war ihre Idee gewesen, die Hochzeit in einem anderen Land zu feiern. Kurts Vater und sein Bruder gehörten genau wie er zur Künstlerszene. Carries Eltern dagegen waren eher konservativ. Und es war vielleicht klüger, wenn Kurts Angehörige und ihre Eltern sich auf neutralem Terrain begegneten.

Carries Eltern hatten sich gewünscht, dass ihre Tochter den Hochzeitsempfang in ihrem Country Club in der Nähe von Chicago abhalten würde. Aber sie konnte sich lebhaft ausmalen, welche schrecklichen Szenen sich abspielen würden, wenn die Familien dort aufeinanderträfen.

Kurt Rowland war für Carrie wie ein Traum, der endlich wahr geworden war. Er war nicht nur ihr Verlobter, sondern auch ihr Liebhaber. Er war der Mann ihrer Träume und ihr bester Freund. Schon beim Klang seiner Stimme durch das Telefon fühlte sie sich wie verzaubert.

Beim Gedanken an Kurt beruhigte Carrie sich langsam. Sie konnte sich wieder konzentrieren. Alles würde gut werden.

Eigentlich hatte sie nie an die Liebe auf den ersten Blick geglaubt. Aber dann, auf einer überfüllten Gala in einem exklusiven Boutique Hotel in Los Angeles, war ihr Blick unwillkürlich auf Kurt gefallen. Der Hotelier hatte bei Time After Time Präsentkörbe für die prominenten Gäste bestellt, und so war Carrie an eine Einladung gekommen.

Kaum hatten sich an dem Abend die Automatiktüren der Hotellobby hinter ihr geschlossen, hatte sie Kurt erkannt, den Künstler, der die Wände gegenüber dem Empfangstresen von der Decke bis zum Fußboden gestaltet hatte. Sein Blick war so intensiv, so prickelnd gewesen und hatte ihr heiße Schauer über den Rücken gejagt. Sie fühlte sich so unsicher in ihren Highheels, dass sie es nicht wagte, auch nur einen einzigen Schritt zu machen.

Es vergingen ein paar Sekunden, bis Carrie merkte, dass sich auf jeder Seite eine Frau bei ihm untergehakt hatte. Eine Frau war auffallend brünett, die andere eine frostige Blondine. Später hatte Kurt ihr erklärt, dass es sich um Models handelte. Seine Agentur hatte auf der Anwesenheit der beiden bestanden, weil er damit auf dem Empfang einen bedeutenderen Eindruck erwecken konnte.

Atemlos beobachtete Carrie, wie er die zwei Frauen allein ließ, sich zwei Gläser Champagner vom Tablett des Kellners schnappte und quer durch die Lobby auf sie zu kam.

Kurt trug das dunkle, wellige Haar so lang, dass es ihm bis auf den Kragen seines schwarzen Hemdes reichte. Er war der einzige Mann auf der Gala, der Jeans trug, und er schien sich nicht im Geringsten unwohl zu fühlen. Kurt war so attraktiv wie ein männliches Model. Carrie fand schnell heraus, dass er gern lachte, ein hoffnungsloser Romantiker war und ein leidenschaftlicher Liebhaber.

Das Wandgemälde hinter ihm zeigte die Siedlungsgeschichte von Los Angeles von den frühesten Anfängen bis in die Gegenwart. Er hatte die verschiedenen ethnischen Gruppen gemalt, die die Stadt heute bewohnten, die grandiose Küste, die sich kilometerlang im Westen erstreckte, und die bläulichen schneebedeckten Berggipfel rund um die Senke, in der Los Angeles lag.

Carrie reichte ein Blick auf seine Arbeiten, und sie wusste, dass sie aus zwei verschiedenen Welten stammten. Sie war eher traditionell: klassische Weiß-, Vanille- und Cremetöne, äußerlich ruhig, aber innerlich ein Vulkan.

Kurt dagegen war vielseitig: kräftige Farben wie leuchtendes Blau, Rot, flammendes Orange und Purpur, ursprünglich und erdig. Er trug Schwarz, ging mit seiner Kunst Risiken ein. Und innerlich war er so ruhig wie ein Tropenstrand bei Sonnenuntergang.

Von diesem Abend an waren sie unzertrennlich, es sei denn, sie arbeiteten hart an ihrer Karriere. Carrie und Kurt hofften darauf, dass sie eine Beziehung schmiedeten, die ein Leben lang halten würde.

Sie hatte erfahren, dass seine Eltern früher der Hippie-Bewegung angehört hatten, die in den Bergen von Vermont im Einklang mit der Natur leben wollten. Vor vielen Jahren hatten sie sich in der Nacht der Sommersonnenwende nackt in das Mondlicht gestellt und sich ewige Liebe geschworen. Obwohl sie nie offiziell verheiratet gewesen waren, hatten Trini und Bogie sich aufopferungsvoll umeinander und um ihre Zwillingssöhne gekümmert. So lange, bis Kurts Mutter vor drei Jahren gestorben war.

Anders als seine Eltern glaubte Kurt an die Tradition, wenn es um die Ehe ging.

Carrie war die Frau, mit der er sein Leben teilen wollte. Das war ihm in der Sekunde bewusst geworden, als er sie in die Hotellobby hatte kommen sehen. Er wollte auch ganz offiziell eine dauerhafte Verbindung.

Zwei Wochen nach der Gala waren sie in eine gemeinsame Wohnung gezogen. Einen Monat später hatte Kurt ihr einen Heiratsantrag gemacht.

Carrie hatte beinahe zwei Jahre gebraucht, bis sie Ja gesagt hatte. Normalerweise hatte sie keine Angst, egal, wie groß das Problem war. Außer wenn es ums Heiraten ging. Ihre Eltern waren seit beinahe vierzig Jahren verheiratet. Aber nur, weil es ihr eiserner Wille war, sich niemals scheiden zu lassen.

Carrie hatte keine Angst vor der Liebe. Denn sie wusste, wie sehr Kurt sie liebte. Vielmehr hatte sie Angst davor, dass die Heirat ihre Beziehung irgendwie verändern könnte. Er hatte mehr als anderthalb Jahre gebraucht, um sie zu überzeugen, seinen Antrag anzunehmen und einen Termin zu festzulegen.

Für Außenstehende führten Carries Eltern Dorothy und Edward Evans eine Bilderbuchehe. Aber Carrie kannte die Wahrheit. Hinter verschlossenen Türen lebten die beiden in einem eisigen Kokon nebeneinander her. Jede Leidenschaft, das Lachen und die Liebe waren vor langer Zeit erstorben. So weit Carrie sich erinnerte, schliefen sie noch nicht einmal im selben Schlafzimmer.

Kurt hatte sie schließlich überzeugt, dass ihre Ehe nicht unbedingt ein Misserfolg werden musste, nur weil ihre Eltern keine liebevolle Beziehung pflegten. Schließlich waren sie bisher in ihrem Leben auch immer erfolgreich gewesen.

Carrie versuchte, nicht auf die drückende Hitze draußen vor dem Flughafen in Lihue zu achten, und stopfte das Handy in ihr Handgepäck. Am Ende dieser Woche werden wir uns am Strand dieser romantischen, zauberhaften Insel das Jawort geben, dachte sie, als sie sich umschaute.

Aber zuerst musste sie ihren Koffer ausfindig machen.

Der Mann hinter der durchsichtigen Tür zu dem Raum, in dem man sich um verlorenes Gepäck kümmerte, hatte eine gemütliche Miene aufgesetzt. Es schien, als interessierte es ihn nicht besonders, was sie zu sagen hatte. Offenbar hatte er schon zu viele Klagen gehört.

„Füllen Sie das aus“, murmelte er und schob ihr einen Antrag über den Tresen. „Unterschreiben Sie hier und hier.“

Auf dem Antrag waren Koffer und Taschen in verschiedenen Formen und Größen gezeichnet. Sie fand, dass einer aussah wie der andere. Aber schließlich kreuzte sie das Kästchen mit dem Koffer an, der ihrem hoffentlich ähnlich sah, unterschrieb und reichte den Antrag zurück.

Hinter dem Mann in der Tür saß eine korpulente Frau mit einem gelb und violett gemusterten Kleid. Sie hatte Carrie den Rücken zugekehrt und arbeitete an einem Computer. Der Monitor war übersät von Bildern mit Gepäckstücken.

„Mein Hochzeitskleid befindet sich in dem Koffer“, seufzte Carrie.

Die Frau im bunten Kleid wirbelte auf ihrem Drehstuhl herum. „Hochzeitskleid? Glückwunsch!“

„Vielen Dank. Was glauben Sie, wie lange wird es dauern, bis mein Koffer eintrifft?“

Die beiden Flughafenangestellten wechselten viel sagende Blicke und zuckten die Schultern.

„Ziemlich schnell. Spätestens morgen“, erklärte die Frau. „Im schlimmsten Fall ist der Koffer in Samoa gelandet. Dann kommt er erst nächste Woche.“

„Nächste Woche?“ Carrie schnappte entsetzt nach Luft. Ihre Hoffnung verflüchtigte sich in null Komma nichts. „Die Hochzeit ist Samstagabend.“

Der Dienstag war schon fast vorbei.

Plötzlich dämmerte Carrie, was die Frau gerade gesagt hatte.

„Nach Samoa?“

Die Frau brach in schallendes Gelächter aus und schlug sich auf die Knie. „Ich habe mir nur einen kleinen Scherz erlaubt. Ihr Koffer wird schon eintreffen. Vielleicht schon mit dem nächsten Flug. Wird schon klappen.“

„Aber er wird doch ganz bestimmt ankommen, oder?“ Carrie ließ den Blick zwischen den beiden hin und her schweifen. Sie brauchte Sicherheit.

„Am besten, Sie trinken erst mal einen Mai Tai. Wenn wir Ihr Gepäck gefunden haben, rufen wir Sie an. Wir werden jemanden beauftragen, den Koffer in das …“, der Mann schaute auf den Antrag, „… in das Hanalei Plantation Hotel zu bringen.“

„Vielen Dank“, murmelte Carrie. Auf keinen Fall würde sie jetzt einen Mai Tai trinken. Es war schon schlimm genug, dass Kurt nicht bei ihr war, und jetzt flog auch noch ihr Gepäck irgendwo in der Weltgeschichte umher. Da brauchte es schon mehr als einen rumgetränkten Schirmchendrink, um ihr Gleichgewicht wiederzufinden.

Vielleicht war ihr Hochzeitskleid wirklich auf dem Weg nach Samoa. Was der Himmel verhüten möge.

Carrie betrat das Gebäude des Autoverleihs. Aus den Lautsprechern rieselte typische Touristenmusik.

Die junge hawaiianische Angestellte am Tresen hätte nicht freundlicher lächeln und ihre Entschuldigungen hätten nicht wohlklingender sein können.

„Es tut mir leid, Ma’am“, sagte sie, „aber das Fahrzeug, das Sie reserviert haben, ist leider nicht verfügbar. Stattdessen können wir Ihnen einen hübschen Jeep anbieten. Einen Geländewagen. Wenn Sie bitte hier unterschreiben wollen. Brauchen Sie eine Zusatzversicherung?“

Geländewagen? Es gab hübsche Geländewagen?

Carrie schüttelte den Kopf. Es reichte ihr schon, dass die Frau sie „Ma’am“ genannt hatte.

„Ich brauche keine Extraversicherung. Ich brauche meinen Stadtwagen. Wir müssen unsere Familie abholen. Außerdem hat mein Verlobter eine alte Tante, die …“

„Die Touristen lieben unsere Jeeps. Die Wagen haben Allradantrieb und ein abnehmbares Verdeck.“

„Ich glaube wirklich nicht, dass …“

Die Angestellte lächelte immer noch, klapperte aber mit ihren langen Fingernägeln auf den Tresen. Das glänzend schwarze Haar hing ihr lose über den Rücken bis zur Hüfte. „Das ist der einzige Wagen, den wir Ihnen im Moment anbieten können. Wir sind komplett ausgebucht. Nehmen Sie den Jeep, und versuchen Sie es in ein paar Tagen noch mal.“

„Hat vielleicht ein anderer Verleih …“

Die junge Frau schüttelte den Kopf. „Die sind alle ebenfalls komplett ausgebucht.“

Carrie starrte sie an und war sich nicht sicher, ob sie richtig verstanden hatte. „Wirklich?“

„Ja. Auf der Insel finden mehrere große Veranstaltungen statt. Besser, Sie nehmen den Jeep. Dann haben Sie garantiert einen Wagen.“

Carrie seufzte.

Ihr Verlobter war nicht an ihrer Seite. Ihr Koffer trudelte irgendwo auf den Inseln umher. Das Kleid verschwunden. Der Stadtwagen nicht verfügbar.

Sie erinnerte sich an den Artikel in dem Magazin aus dem Flugzeug.

Bis jetzt gab es jedenfalls kein gutes Omen.

Es begann zu regnen, als Carrie den Parkplatz der Autovermietung mit einem hummelgelben Jeep verließ. Die Farbe war so auffällig, als wollte der Jeep gewissen Leuten förmlich entgegenschreien, dass eine Touristin in ihm saß und ausgeraubt werden wollte.

Carrie kurvte zweimal um den kleinen Flughafen, bevor sie die richtige Ausfahrt erwischte und auf den zweispurigen Highway einbog. Sie fuhr Richtung Norden nach Hanalei.

Inzwischen regnete es nicht mehr nur in feinen Tröpfchen, sondern es goss in Strömen. Carrie war gezwungen, auf den Seitenstreifen zu fahren, und sich um das Verdeck des Jeeps zu kümmern. Angestrengt versuchte sie, den Reißverschluss festzuzurren. Aber es kam ihr vor, als hätte sie sich auf einen Ringkampf mit einem Alligator aus Vinyl eingelassen.

Eine Viertelstunde später gab sie erschöpft auf. Nach wie vor schüttete es wie aus Eimern. Entnervt fädelte sie sich in den zähen Inselverkehr ein, der kaum schneller als fünfzig Kilometer pro Stunde vorwärts kroch. Schließlich parkte sie unter dem größten Baum, den sie finden konnte, und wartete, bis es vorüber war.

Gerade hatte sie geglaubt, dass das Schlimmste überstanden war, als es so heftig zu regnen begann, dass sie zu einem Stopp in der kleinen Stadt Kilauea gezwungen war. Sie flüchtete sich in eine alte Steinkirche aus der Zeit der Plantagenwirtschaft. Kaum hatte sie die gedämpfte Kirche betreten und betrachtete die Wände aus Lavagestein, als ihr Handy klingelte.

Auf dem Display erkannte sie die Nummer ihrer Mutter.

„Hi, Mom.“ Carrie hütete sich, sich an der Stimme anmerken zu lassen, wie frustriert sie war. Dorothy Evans hatte die Angewohnheit, aus einer Mücke einen Elefanten zu machen, und ganz bestimmt würde sie die Gelegenheit beim Schopf ergreifen ihr vorzuhalten, wie falsch ihre Entscheidung mit der Hochzeit auf Hawaii war.

Dorothy Evans machte sich als selbst ernannte Spendensammlerin für Wohltätigkeitsorganisationen nützlich. Es gelang ihr nicht, zu verbergen, wie enttäuscht sie war, dass Carrie sich gegen eine traditionelle Trauung in der Kirche und gegen ein Fünf-Gänge-Dinner im Willow Creek Country Club entschieden hatte. Die Evans-Familie war seit beinahe fünfundsiebzig Jahren Mitglied im Club.

Carries Vater Edward war ein konservativer Börsenmakler. Sein Vater wiederum hatte ihm die Clubmitgliedschaft zur Hochzeit geschenkt. Seit vier Jahren war Edward der Vorsitzende des Clubs.

„Wie geht es dir, Darling?“, wollte ihre Mutter wissen.

„Großartig.“ Carrie war bis auf die Knochen durchnässt. Ihr cremefarbenes Leinenkleid sah aus, als würde sie auf der Straße wohnen. Sie stand in der offenen Kirchentür und starrte hinaus in den strömenden Regen. Immerhin hatte sie keinen Koffer, der im Jeep klitschnass werden würde. „Ich bin auf dem Weg zur Hanalei Plantation.“

„Kurt ist bei dir, nicht wahr?“ Ihre Mutter klang beinahe so, als hoffte sie, dass Kurt nicht bei ihr sein möge. Seit Carrie mit ihm zusammen war, wartete die Frau darauf, dass die Beziehung in die Brüche ging.

„Die Los Angeles Times hat angerufen und kurzfristig um einen Termin gebeten. Für ein Interview und ein Fotoshooting. Er wird mit dem nächsten Flug eintreffen.“

„Tatsächlich?“

„Ja, tatsächlich. Es ist eine großartige Gelegenheit für ihn. Für uns“, behauptete Carrie.

„Immerhin heiratest du am Samstag einen Künstler. Du wirst dich an einen … flexiblen Lebensstil gewöhnen müssen.“

Ihre Eltern waren überzeugt, dass Carrie mit der Hochzeit die größte Dummheit ihres Lebens beging. Carrie hatte sich förmlich den Mund fusselig geredet, um den beiden zu erklären, dass Kurt kein verkrachter Künstler war. Er war ein Mann mit Visionen, der sich Ziele setzen konnte. Und diese Ziele verlor er nicht aus den Augen, bis er sie erfolgreich verwirklicht hatte. Aber ihre Eltern glaubten nur, was sie auch glauben wollten.

Carrie rief sich ins Gedächtnis, dass sie sich für ihn entschieden hatte und dass es ihre Hochzeit war. Ihre und Kurts. Auf keinen Fall durfte sie zulassen, dass ihre Mutter ihr die Laune verdarb. Mal davon abgesehen, dass der Regen ihr die Arbeit bereits abgenommen hatte.

„Weißt du“, fuhr ihre Mutter fort, „die Hochzeit der Arnolds im Club letzte Woche war einfach wundervoll. Sie haben den besten Lachs serviert, den ich je hatte. Mit Sahnesauce aus Artischocken. Die Braut hatte sich Karottenkuchen ausgesucht. Ich fand es nicht besonders traditionell, aber Mary Ellen Franks hat mir erklärt, dass man Karottenkuchen jetzt häufig auf Hochzeiten reicht. Gibt es bei euch auch Karottenkuchen? Kann man dort drüben überhaupt Karotten kaufen?“

Carrie beschloss, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt war, ihrer Mutter zu erklären, dass sie sich bei ihren Bestellungen strikt nach dem Empfehlungen ihres Hochzeitsmanagers gerichtet hatte. Sie hatte das genommen, was er als Spezialität der Insel ausgegeben hatte – eine Liliko’i-Torte, oder besser eine Torte aus Passionsfrucht mit weißem Zuckerguss und gerösteten Kokosnussraspeln.

„Carrie?“

„Ich bin hier, Mom.“

Am anderen Ende der Leitung wurde lang geseufzt. „Ich wünschte, du würdest hier heiraten“, meinte Dorothy Evans schließlich, „es wäre wirklich wundervoll gewesen. Dein Vater hat immer davon geträumt, dich an seinem Arm zum Altar zu führen. In der St. Augustinskirche, wo wir auch geheiratet haben.“

Carrie hatte ihre Zweifel, dass ihre Eltern noch wussten, wovon der jeweils andere träumte.

„Nun“, meinte sie und versuchte, sich die Laune nicht noch mehr verderben zu lassen, „in vier Tagen werden wir heiraten. Ich bin hier, um den Stein ins Rollen zu bringen. Ich mache mich jetzt besser wieder auf den Weg.“

„Ruf mich an, meine Liebe.“

Carrie versprach, sich wieder zu melden, bevor ihre Eltern Chicago verließen. Als es aufhörte zu regnen, rannte sie zu ihrem Wagen zurück. Sie gab sich alle Mühe, nicht darauf zu achten, wie das Leinenkleid auf dem nassen Sitz quietschte, als sie sich setzte.

Zwanzig Minuten später checkte sie im Hanalei Plantation Resort ein, das oben auf den Klippen des Hanalei River gelegen war. Die Aussicht war grandios. Trotzdem fühlte Carrie sich wie eine halb ertrunkene Maus, als der junge dunkeläugige Portier im Sarong sie zu ihrem persönlichen Honeymoon Hale Bungalow begleitete.

Offenbar sah er sich gezwungen, ihr zu erklären, wie man Hale korrekt aussprach.

„Hah-lay“, betonte er und zwinkerte ihr mit seinem Schlafzimmerblick zu.

„Ha, ha.“ Carrie verdrehte die Augen. Sie war zu erschöpft, um über den Witz lachen zu können.

Nachdem sie sich eingerichtet hatte, inspizierte sie den Willkommensgruß mit wohlriechendem Duschgel und kleinen Bodylotionfläschchen. Dann bestellte sie für den nächsten Vormittag ein Champagnerfrühstück und rief Kurt an, um ihm eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter zu hinterlassen.

„Aloha, Honey. Ich habe eine Flasche Champagner bestellt. Morgen früh sehen wir uns. Träum süß auf dem Flug.“

Carrie machte sich auf den Weg zum Café beim Pool und bestellte sich einen leichten Salat zum Dinner. Anschließend kaufte sie in der kleinen Boutique des Hotels ein schlichtes pinkfarbenes Top und braune Shorts, ein Paar Flipflops und Turnschuhe mit weicher Gummisohle. Für Kurt erstand sie ein extragroßes T-Shirt mit einem knallbunten Kauai-Hahn auf dem Rücken.

Gerade wollte sie den Laden verlassen, als sie aus den Augenwinkeln einen Blick auf einen Ständer mit Karten und Büchern über hawaiianische Sitten und Gebräuche erhaschte. Carrie erinnerte sich an den interessanten Artikel in der Zeitschrift und schnappte sich ein paar Bücher. Da es bei Kurts Kunst oft darum ging, die Gegenwart mit der Vergangenheit zu verbinden, hoffte sie, in den Büchern interessante Anregungen zu finden.

Kaum war Carrie wieder in ihrem Bungalow angekommen, schlüpfte sie in das übergroße T-Shirt und legte sich früh ins Bett. Irgendwann mitten in der Nacht klingelte ihr Handy. Die Leuchtziffern auf dem Radiowecker zeigten elf Uhr nachts an.

Es war Kurt. Eigentlich hätte er den Mitternachtsflug nehmen sollen.

„Wo steckst du? Ist alles in Ordnung?“ Ihr war heiß, und sie war ziemlich benommen, aber noch mehr machte sie sich Sorgen um ihn. Mit dem Handy in der Hand tappte sie im Dunkeln durch das Zimmer und tastete die Schiebetür zur Terrasse ab, bis sie den Riegel gefunden hatte.

„Mir geht es gut. Ich habe den Flug …“

„Kannst du ein bisschen lauter sprechen? Ich kann dich kaum verstehen.“

„Das traue ich mich nicht“, flüsterte er unterdrückt. „Seit zwei Stunden hängen wir auf der Startbahn fest …“

„Kurt!“ Carrie knipste das Licht an. Die Terrassentür hatte sie vollkommen vergessen. „Ihr seid doch nicht etwa entführt worden?“

„Natürlich nicht.“

„Warum flüsterst du dann?“

„Neben mir sitzt eine junge Frau mit einem kleinen Kind. Der Kleine hat vor wenigen Sekunden aufgehört zu schreien. Der Flughafen ist in dichten Nebel gehüllt. In der Wettervorhersage heißt es, dass der Nebel sich bald verziehen wird. Aber ich wollte dich wissen lassen, dass ich später komme. Wie läuft es?“

„Okay.“ Carrie erinnerte sich, wie sie in einem armseligen Jeep ohne Verdeck durch den strömenden Regen gefahren war.

Ohne Kurt. Ohne Gepäck. Ohne Stadtwagen. Ohne Verdeck. Ohne Sonne. Und der Nebel legte den Flugverkehr in Los Angeles lahm.

Böse Zeichen. Böse Omen.

„Honey? Carrie? Du klingst nicht gut.“

„Doch, alles in Ordnung.“ Es war unmöglich, fröhlich zu klingen, wenn es in ihrer früheren Zeitzone gerade zwei Uhr morgens war. „Ich werde mir den Wecker stellen und dich in Lihue abholen.“

„Ich kann dir leider nicht sagen, wann wir starten werden. Ich nehme mir ein Taxi, und dann werden wir uns im Hotel treffen.“ Kurt formte einen geräuschvollen Kuss durch das Telefon. „Schon besser?“

Carrie musste unwillkürlich lachen. Er war einfach unschlagbar.

„Ja. Danke, Honey. Ich freue mich auf morgen.“

Inzwischen war Carrie hellwach. Sie öffnete die Schiebetür. Die tropische Brise wehte ihr die schlichten weißen Gardinen um die nackten Beine. Von irgendwo weit weg drangen rhythmische Trommelschläge in der Dunkelheit dumpf an ihr Ohr.

Sie ging zum Bett zurück, schnappte sich die Zeitschrift aus dem Flugzeug und schlüpfte wieder unter die Laken. Insgeheim hoffte Carrie auf Hochglanzfotos von prächtigen Stränden und dem Meer, das sich endlos am Horizont erstreckte. Vielleicht würde sie dann wieder einschlafen können.

Wie von selbst blätterte sich die Seite mit dem Artikel über die geheimnisvollen Sitten und Gebräuche auf der Insel auf. Wieder las Carrie die ersten Zeilen, bevor sie sich ein paar Kissen in den Nacken schob, um sich bequemer aufzurichten. Ihr Blick fiel auf die weit geöffnete Schiebetür, und sie schaute den weißen Vorhängen zu, die in der nächtlichen Brise zu tanzen schienen. Dann konzentrierte sie sich wieder auf ihren Artikel.

In Hawaii glaubt man, dass die Natur Zeichen aussendet, ein Omen, das vor Gefahren, vor Unglück oder vor Ärger warnen soll. Und Ärger wird unweigerlich kommen, wenn der Mensch seinen Weg unbeirrt weitergeht.

Was genau ist damit gemeint, dass die Natur Zeichen und Omen schickt?, fragte Carrie sich.

Wirbelstürme und Vulkanausbrüche? Oder handelte es sich um alltägliche Missgeschicke wie Verspätungen in letzter Minute? Verlorenes Gepäck? Den falschen Wagen? Regen? Nebel? Verspätete Verlobte?

Carrie schlug die Zeitschrift zu und warf sie auf den Tisch. Sie knipste die Nachttischlampe aus und schloss die Augen. Draußen rauschte das Wasser den Wasserfall aus Lavagestein hinunter in den Pool. Eigentlich hätte das Geräusch sie beruhigen sollen. Aber die ganze Zeit kreisten ihre Gedanken darum, dass sie in den nächsten vier Tagen mit einem Jeep ohne Verdeck durch den Regen fahren sollte. Seufzend streckte sie die Hand zur leeren Seite des Bettes aus.

Kurt hätte bei ihr sein sollen. Schließlich waren sie auf Hochzeitsreise.

Na, und? Krampfhaft redete sie sich ein, sich nicht zu sehr aufzuregen.

Schließlich war sie eine tatkräftige Frau. Sie hatte sich immer zu helfen gewusst. Als das Los Angeles Magazin über die Eröffnung ihres Ladens berichtete, hatten sie sie „eine der cleversten, innovativsten und scharfsinnigsten Unternehmerinnen des letzten Jahrzehnts“ genannt.

Sie würde keine Probleme haben, ihre Traumhochzeit zu organisieren, und danach würden sie glücklich bis an ihr seliges Ende miteinander leben.

Aber tief im Innern dieser cleveren, innovativen und scharfsinnigen Frau nagten leise Zweifel daran, dass Liebe allen Prüfungen des Lebens standhalten würde. Sie wusste aus erster Hand, wie schnell Ehen heutzutage in die Brüche gingen, wusste, dass die Chancen für ein ewiges Happy End nicht gut standen. Der Zweifel in ihrem Innern nagte an ihr wie ein feines Staubkörnchen im Schuh, mit dem man sich nach und nach eine Blase lief.

Was, wenn die Insel versucht, mir eine Botschaft zu senden?

Als sie so in der Dunkelheit lag, eingelullt vom sanften Rauschen der Wellen und dem Duft der exotischen Blumen, wurden ihre Sorgen immer größer.

Was, wenn Kurts Verspätung ein Omen ist? Ganz zu schweigen von all den anderen Widrigkeiten, die mir bisher passiert sind. Sind das alles Zeichen für kommendes Unglück?

Lächerlich, schimpfte Carrie mit sich selbst und warf die Zeitschrift auf den Nachttisch. Völlig verrückt.

Sie schüttelte ihr Kissen auf, legte sich wieder hin und schloss die Augen.

Zehn Minuten später gab sie auf. Sie stand auf, ging zum Tisch, auf dem sie die Bücher über hawaiianische Weisheiten abgelegt hatte, schnappte sich den Stapel und ging zurück ins Bett. An Schlaf war jetzt nicht mehr zu denken.

„Aloha! Sie sind mit Happily Ever After verbunden. Mein Name ist Rainbow Roberts. Ich bin im Moment nicht am Telefon. Aber nach dem Pieps können Sie Ihre Nachricht hinterlassen. Ich werde Sie so schnell wie möglich zurückrufen. Ich wünsche Ihnen einen sonnigen Tag!“

Carrie wartete auf den Pieps. Und wartete. Schließlich ertönte eine weitere automatische Ansage: „Der Speicher ist voll.“

Bis zum Morgengrauen war sie in einen unruhigen Schlaf gefallen. Dann hatte sie es aufgegeben und war am Strand spazieren gegangen. Danach hatte sie den Geschenkeladen aufgesucht und sich noch ein paar Bücher über hawaiianische Mythen und Legenden gekauft, die sie beim Frühstück durchblätterte. Die Insel steckte offenbar voller Verbote und Geheimnisse. Nicht besonders vertrauenerweckend.

In ihrem Zimmer schaute sie nach, wann Kurts Flugzeug landen würde, und musste feststellen, dass er viel später als erwartet eintreffen würde. Aber immerhin war er auf dem Weg.

Sie hätte es in ihrem Leben nicht so weit gebracht, wenn sie immer angenommen hätte, dass schon alles richtig laufen würde. Also versuchte sie, den Catering Service zu erreichen, den Rainbow Roberts für sie gebucht hatte. Sie rief Island Grinds Kau Kau Katering an. Als sie niemanden erreichte, suchte sie die Adresse aus dem Telefonbuch heraus und beschloss, nach Anahola zu fahren. Der Ort lag ganz in der Nähe, und so könnte sie noch einmal persönlich einen Blick auf die Speisekarte werfen.

Knapp eine halbe Stunde später machte Carrie zum dritten Mal eine Kehrtwende in der kleinen Straße nahe dem Strand. Mit der Landkarte in der einen und dem Steuer in der anderen Hand versuchte sie, das Gebäude des Catering Service zu finden. Aber die bescheidenen Häuser rund um die Bucht gehörten eindeutig zu einem Wohngebiet. Schon zum vierten Mal fuhr sie an derselben Häuserreihe vorbei. Die Kinder in den Gärten starrten sie jedes Mal unverhohlen an.

Ganz offensichtlich gab es hier keine Läden, keine Restaurants und auch kein Gebäude, in dem Island Grinds Kau Kau Katering untergebracht sein könnte. Wieder schaute Carrie auf die Adresse, hob den Blick und entdeckte endlich ein kleines, verwittertes Holzschild, das gegen einen Fels im Vorgarten eines grün gestrichenen Hauses lehnte. Mit grelloranger Farbe war die Adresse auf das Schild gesprüht worden.

Carrie parkte den Wagen am Straßenrand. Der Karte nach zu urteilen, befand sie sich in Anahola, und das hier war die Adresse von Island Grinds. Sie schnappte sich ihre Tasche und stieg aus dem Jeep.

Die Veranda war sehr klein und übersät mit Flipflops, Arbeitsstiefeln und Tennisschuhen. Carrie trat auf die fadenscheinige Matte vor dem hängenden Fliegengitter an der Tür und klopfte.

Und wartete.

Bis sie drinnen schwere Schritte hörte. Eine dicke ältliche Frau in einem bunten Kleid, das aus Unmengen Stoff geschneidert war, kam an die Tür und öffnete. Schweigend ließ sie den Blick über Carrie schweifen. Im Hintergrund lief irgendeine Serie im Fernsehen.

„Tut mir leid, dass ich Sie störe.“ Carrie hob die Landkarte und winkte. „Aber ich suche …“ Sie stockte. „Ich bin auf der Suche nach Island Grinds …“ Sie brach ab.

Sofort lächelte die Frau. „Hier richtig.“

„Richtig?

„Richtig. Hier.“ Die Frau trat auf die Veranda. „Sie wollen mit meiner Tochter sprechen. Mit Leinani. Aber sie ist holoholo gegangen.“

Carrie hatte keine Ahnung, was „holoholo“ zu bedeuten hatte. Entweder war Leinani an einen Ort namens Holoholo gefahren. Oder sie war einfach verrückt geworden. Sozusagen plemplem.

„Ist sie schon lange holoholo?“ Carrie traute sich kaum zu fragen.

Die Frau lachte und schüttelte den Kopf. „Nein.

Seit gestern.“

„Ich hoffe, es ist alles in Ordnung mit ihr?“

„Sie wird in ein paar Tagen zurück sein. Dauert vielleicht auch länger. Vielleicht auch nicht.“

„Ist sie nicht hier?“

Wieder lachte die Frau und tätschelte Carrie die Schulter. „Nein. Sie ist nach Big Island gefahren, zu ihrem Cousin. Hat alle Keiki mitgenommen. Alle Kinder.“

Insgeheim zählte Carrie die Tage nach. Heute war Mittwoch. Blieben noch drei Tage bis zur Hochzeit. „Meine Hochzeit ist am Samstag. Rainbow Roberts hat mir versichert, dass alles vorbereitet ist …“

Die Frau unterbrach sie. „Bestimmt.“

„Ist Rainbow auch holoholo?“

„Nein, Rainbow ist lolo. Verrückt. Keine Ahnung, ob sie auch holoholo gegangen ist oder nicht.“

Plötzlich wurde Carrie klar, dass sie selbst auch holoholo oder lolo gehen würde, wenn sie die Veranda nicht innerhalb weniger Sekunden verließ. Sie zückte einen Stift und ein kleines Notizbuch, schrieb ihren Namen auf, den Namen ihres Hotels und ihre Handynummer.

„Bitte sorgen Sie dafür, dass Ihre Tochter mich sofort anruft, sobald sie nach Hause kommt, okay? Vielen, vielen Dank.“ Carrie zwang sich zu einem Lächeln, als sie der Frau den Zettel in die Hand drückte und sich verabschiedete. Sie hatte die Veranda schon verlassen, als die Frau ihr nachrief: „Eh, machen Sie sich bloß keine Sorgen, ja?“

Carrie wartete einen Moment, bevor sie wieder in ihren Jeep stieg, ihr Handy zückte und noch einmal Rainbows Nummer wählte.

Der Anrufbeantworter war immer noch zu voll, um eine Nachricht zu hinterlassen.

Carrie ließ den Motor an und fuhr über die Hügel in Richtung Highway.

Sobald sie im Hotel angekommen war, wollte sie sich ein hawaiianisches Wörterbuch kaufen.

„Elvis Presley hat drei Filme auf der Insel Hawaii gedreht. Blue Hawaii heißt der bekannteste Film. Als Nächstes legen wir einen Stopp am berühmten Hanalei Pier ein. Dort wurde nicht nur das Musical South Pacific gedreht, sondern auch King Kong. Wie wäre es, wenn wir alle einen Song aus Blue Hawaii anstimmen, während wir Richtung Norden an die üppige Küste fahren?“

Als Kurt mit vier Stunden Verspätung endlich gelandet war, hatte er kein Taxi auftreiben können. Sämtliche Leihwagen waren vermietet gewesen. Schließlich war er auf den Highway spaziert und hatte einen Minivan angehalten. An dem roten Schild mit der Aufschrift Movie Tours hatte er erkennen können, dass es sich um einen Touristenbus handelte.

Der einheimische Fahrer hieß Kimo. Zuerst hatte er Kurt grimmig angeblickt. Aber als Kurt ihm angeboten hatte, ihn und seinen Assistenten Danny zu bezahlen, hatte er das Gesicht zu einem Lächeln verzogen: Einhundertzehn Dollar für einen kleinen Abstecher nach Hanalei!

Kurt hatte sich gedacht, dass kein Betrag zu klein war für Carrie, die im Bett des Honeymoon Hale auf ihn wartete. Gestern Nacht am Telefon hatte sie ihm den Bungalow beschrieben. Er hätte sogar das Doppelte bezahlt – bis er sich durch den engen Gang des Luxusvans quälte, um sich auf den letzten freien Platz in der hintersten Sitzbank zu setzen.

Eine Gepäckablage gab es nicht, sodass Kurt gezwungen war, seinen Koffer auf den Schoß zu nehmen. Die Frau neben ihm hatte einen heftigen Sonnenbrand. Sie schloss beide Arme fest über der Tasche auf ihrem Schoß, warf ihm einen grimmigen Blick zu und drängte sich ans Fenster.

Er nickte in ihre Richtung. Ein verkniffenes Lächeln huschte über ihre Lippen.

So viel zu Aloha.

Das Schild draußen am Bus warb damit, dass es eine Klimaanlage gab. Aber trotzdem war die Fahrt kein Vergnügen, weil Danny in seinen kurzen Hosen und mit dem bunten Hemd sich gezwungen fühlte, abgedroschene Witze zu reißen.

Wenn er gerade mal den Mund hielt, zeigte er Ausschnitte aus Filmen, die auf Hawaii gedreht worden waren. Zwischen den Filmclips animierte er seine Gäste, die Melodien aus alten Filmen zu trällern. Im Moment schmetterten sie gerade einen Song aus Gilligan’s Island.

Kurt war sich sicher, dass er direkt in der Psychiatrie landen würde, wenn er tatsächlich die gesamte fünfstündige Tour gebucht hätte.

Er verlagerte das Gewicht des Koffers auf seinem Schoß und starrte aus dem Fenster. Krampfhaft ignorierte er die sechs Texaner, die nach dem Song aus Gilligan’s Island und Blue Hawaii inzwischen dazu übergegangen waren, Hound Dog zu schmettern. Die Sechs sangen aus voller Kehle und achteten nicht darauf, dass Danny sie verzweifelt anflehte, endlich aufzuhören.

Am Himmel zeigten sich vereinzelt blaue Löcher zwischen dem grauen Nebel, der sich in feinen Tröpfchen über die Landschaft legte. Kurt saß an der Seite des Busses, von der aus er auf das Meer schauen konnte. Auf der anderen Seite streckte sich das Land den grünen Berggipfeln entgegen, die sich in der Ferne erhoben.

Hawaii ist eine herrliche Insel, dachte er stumm, mit majestätischen Ausblicken und tropischer Vegetation. Wie leicht konnte man sich vorstellen, dass King Kong hier durch den feuchten Nebel trampelte, der die Berggipfel einhüllte. Die Texaner achteten nicht darauf, dass auf dem Bildschirm längst South Pacific gezeigt wurde, und schmetterten weiterhin Elvis-Songs. Kurts Aufmerksamkeit wurde auf einen hummelgelben Jeep gelenkt, der am Straßenrand unter dem Blätterdach eines großen Baumes parkte.

Er brauchte nur ein paar Sekunden, bis ihm klar wurde, dass Carrie am Steuer des Wagens saß. Um sich vor dem Regen zu schützen, hatte sie sich eine Landkarte über den Kopf gestülpt.

Kurt langte über den Schoß der Frau neben ihm und versuchte, das Fenster zu öffnen. Als es nicht funktionierte, stieß er einen gellenden Pfiff aus. Inständig hoffte er, dass Danny auf ihn aufmerksam wurde, obwohl es ihm nicht gelang, den Lärm der Texaner zu übertönen.

Es kam ihm vor, als wäre er in einem undurchdringlichen Albtraum gefangen. Kurt warf seinen Koffer in den schmalen Gang und stand auf. Die Frau neben ihm klammerte ihre Tasche vor dem Busen fest und drückte sich verängstigt in die Ecke.

„Sir, bitte setzen Sie sich!“, befahl der Leiter der Tour durch das Mikrofon.

Die Texaner hörten auf zu singen und drehten sich zu Kurt.

„Halten Sie an. Ich will aussteigen!“, rief Kurt dem Fahrer zu.

Der Van schaukelte weiter über den schmalen zweispurigen Highway. Kurt klammerte sich an die Haltegriffe an beiden Seiten, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.

„Meine Verlobte sitzt in dem gelben Jeep dort. Lassen Sie mich aussteigen. Ich gehe zu Fuß zurück!“ Er bückte sich, um aus dem hinteren Fenster nach draußen schauen zu können, während der Bus weiterfuhr.

„Wir dürfen nicht anhalten“, schnappte Danny.

Kimo wechselte einen viel sagenden Blick mit seinem Assistenten und stärkte ihm dann den Rücken.

„Keine außerplanmäßigen Stopps. Tut mir leid.“ Kimo zuckte die Schultern.

„Okay. Wie viel?“ Kurt rief sich ins Gedächtnis, dass es sich schließlich nur um Geld handelte.

Kimo und Danny wechselten wieder viel sagende Blicke.

„Fünfzig.“ Kimo hatte Schultern wie ein Preisboxer und war doppelt so kräftig wie Kurt.

„Okay, fünfzig.“ Kurt griff nach seinem Portemonnaie.

Oben auf dem Hügel steuerte Kimo eine Parkbucht an. Die Türen öffneten sich automatisch, und die dampfende Luft drang ins Innere des Wagens. Kurt schnappte sich den Koffer, zwängte sich durch den Gang und drückte Kimo fünfzig Dollar in die fleischige Hand.

„Tausend Dank“, murmelte der Mann.

„Auf Wiedersehen. Gönnen Sie sich jeden Tag ein bisschen Kino!“ Theatralisch fuchtelte Danny mit dem linken Arm durch die Gegend.

Kurt sprang aus dem Bus und eilte zu Fuß über die Straße zurück. Der Regen rieselte wieder wie ein feiner Nebel aus den Wolken. Die Luft war warm geworden. Es störte ihn nicht, dass er nass wurde. In ein paar Minuten würde es ganz aufgehört haben zu regnen. Er sah, wie der gelbe Jeep auf den Highway einbog. Entsetzt stellte er den Koffer auf die Straße, kreuzte die Arme über den Kopf und winkte wie verrückt.

Endlich hatte es aufgehört zu regnen. Carrie strich sich die nassen Haare aus der Stirn, startete den Jeep und verließ den schützenden Platz unter dem großen Baum mit den roten Blüten. Bis jetzt hatte sie noch nichts von Kurt gehört. Aber sie hoffte, dass er bei ihrer Rückkehr im Hotel auf sie warten würde.

Ihr Handy hatte keinen Empfang mehr gehabt, seit sie in die Gegend von Anahola eingebogen war, wo Leinani holoholo gegangen war.

Carrie war bis auf die Haut durchnässt. Das Top klebte ihr am Körper, als hätte sie an einem Miss Wet-T-Shirt-Wettbewerb teilgenommen. Die Landkarte, die sie in Alamo gekauft hatte, war praktisch nicht mehr zu gebrauchen. Sie fummelte gerade am Knopf für die Klimaanlage herum, als sie den Mann im schwarzen T-Shirt in der Kurve stehen sah.

Er winkte wie verrückt mit den Armen und stieß gellende Pfiffe aus. Carrie fuhr los. „Carrie! Halt an!“, schrie der Mann.

Ihr Herz machte einen Hüpfer. Wie immer, wenn sie Kurt sah.

Carrie schaute in den Rückspiegel. Hinter ihr befanden sich keine Fahrzeuge, sodass sie bremste und an die Seite fuhr. Kurt kam zur Fahrerseite und griff nach der Tür, lachte und küsste sie gleichzeitig.

„Ich hatte schon befürchtet, dass du mich nicht siehst.“ Kurt wischte ihr einen Regentropfen von der Nase.

„Was machst du hier draußen? Wie bist du hierher gekommen?“ Carrie warf wieder einen Blick in den Spiegel und bemerkte seinen Koffer neben dem Highway.

„Wie soll ich sagen … ich glaube, Elvis lebt! Oder besser, um ein Haar hätte ich an seiner Auferstehung teilgenommen. Zum Glück hat man mich verschont.“

Er musterte den nassen Innenraum des Jeeps. „Warum hast du das Verdeck nicht zugezogen?“

„Ich habe es versucht. Aber das Vinyl führt ein Eigenleben.“ Carrie bemerkte, dass sein Blick an ihren harten Knospen hängen geblieben war, und zog das nasse Top von ihren Brüsten weg.

„Nass steht dir gut.“ Kurt zwinkerte ihr zu. „Vielleicht sollten wir uns einfach irgendwo in die Büsche schlagen und unsere Zeit nicht damit verschwenden, erst ins Hotel zurückzufahren.“

„Soll das ein Scherz sein? Man muss biegsam sein wie ein Schlangenmensch, wenn man in diesem Gefährt Sex haben will.“

„Ich werde mein Bestes geben.“ Nach einem Blick in ihr Gesicht fügte er hinzu: „Lass uns ins Hotel zurückfahren. Du musst unbedingt aus diesen nassen Klamotten raus. Was meinst du?“

„Ich meine, dass ich wirklich glücklich bin, dich endlich zu sehen. Es spielt keine Rolle mehr, wie du hergekommen bist.“

„Dann lass mich schnell den Koffer holen. Ich fahre uns nach Hanalei.“

Carrie beobachtete ihn, wie er die Straße ein paar Meter zurückrannte, sich seinen Koffer schnappte und wieder zum Jeep lief. Er warf das Gepäck nach hinten und machte sich am Verdeck zu schaffen.

Carrie hatte den Eindruck, als würde er es tagtäglich mit Alligatoren aus Vinyl aufnehmen, so schnell hatte er den Reißverschluss zugezogen. Zufrieden rutschte sie auf den Beifahrersitz und überließ ihm das Steuer.

„Hast du auf dem Flug schlafen können? Bist du wach genug, um Auto zu fahren?“ Carrie streckte die Hand aus und fuhr mit ihren Fingern durch sein nasses Haar, das sich über dem Kragen des Poloshirts kringelte.

„Ich bin hellwach. Nachdem der kleine Trotzkopf neben mir endlich Ruhe gegeben hatte, konnte ich auch noch ein bisschen schlafen.“ Kurt streichelte mit der Handfläche besitzergreifend über ihren Schenkel und berührte zart den Saum ihrer Shorts. Carrie zitterte leicht.

„Aber warum kutschierst du eigentlich im strömenden Regen herum? Ich dachte, du wartest im Hotel auf mich.“

„Es hat nicht geregnet, als ich mich auf den Weg gemacht habe.“ Carrie schaute seufzend aus dem Fenster und ließ den Blick über den endlosen Ozean schweifen. „Wo soll ich nur anfangen?“

„Am besten bei diesem Jeep.“

„Es gibt mehrere große Veranstaltungen auf der Insel. Die Autoverleihe sind komplett ausgebucht.“

„Komplett ausgebucht?“ Kurt lachte und stellte den Rückspiegel neu ein.

„Unwichtig.“ Carrie wischte seinen Einwand fort. „Der Stadtwagen, den wir bestellt hatten, war nicht verfügbar. Rainbows Anrufbeantworter ist so voll, dass er keine Nachrichten mehr aufnimmt. Anstatt sinnlos herumzusitzen, habe ich beschlossen, nach Anahola zu fahren und selbst mit dem Catering Service zu sprechen.“

„Was hat er gesagt?“

„Sie. Und sie war nicht zu Hause. Ist nach Big Island gefahren. Um genau zu sein“, Carrie lächelte, „sie heißt Leinani, und ihre Mutter hat mir erzählt, dass sie holoholo gegangen ist. Erst war ich überzeugt, dass sie plemplem geworden ist. Aber dann habe ich erfahren, dass plemplem lolo heißt.“ Sie atmete tief durch und fuhr dann fort: „Sag mal, glaubst du eigentlich an Zeichen?“

„Wie bitte? Meinst du Stoppschilder oder so?“

„Nein, ich meine Vorzeichen. Omen. Warnungen.“

Kurt starrte sie an, als zweifelte er ernsthaft an ihrer geistigen Gesundheit.

Dann streckte er die Hand aus und drückte seine Handfläche gegen ihre Stirn.

„Was machst du da?“, wollte Carrie wissen.

„Ich prüfe, ob du Fieber hast. Du klingst wie im Fieberwahn.“

Carrie wünschte sich inständig, dass nun, wo Kurt endlich bei ihr war, ihre Angst verschwinden würde wie der Regen. Sie fühlte sich immer noch unbehaglich und hatte kaum geschlafen, weil sie die ganze Nacht über in ihren Büchern über alte hawaiianische Mythen und Legenden gelesen hatte.

„Es wird mir bald besser gehen, jetzt wo du bei mir bist“, dachte sie laut nach.

Kurt drückte ihren Oberschenkel. „Vielleicht sollte ich dich noch mal gründlicher untersuchen.“ Ohne Vorwarnung bog er auf eine gewundene Schotterstraße ein, die zu einem verlassenen Stückchen Strand führte.

„Was machst du da?“ Carrie klammerte sich am Haltegriff über ihr fest, als sie durch ein Schlagloch rumpelten. Auf der rechten Seite entdeckte sie einen kleinen Bach, der die Hügel hinunter zum Strand plätscherte.

„Ich lasse einen Traum wahr werden“, erklärte Kurt. „Was würdest du sagen, wenn wir an dem kleinen Bach irgendwo eine Stelle finden, an der wir baden können?“ Sein heißer Blick gab ihr zu verstehen, dass sie nicht lange baden würden.

Sofort fielen Carrie tausend Dinge ein, die sie für die Hochzeit noch zu erledigen hatten. Aber Kurt lächelte sie so zauberhaft an, dass ihr Puls raste und ihre Nerven vibrierten. Er fuhr, bis sie ein kleines leeres Gelände erreicht hatten, das offenbar als Parkplatz diente. Außer dem gelben Jeep parkte dort kein Fahrzeug.

„Bilde dir einfach ein, es wäre das Vorspiel zu unserer Hochzeitsnacht.“ Kurt öffnete die Tür, umrundete das Auto und ergriff ihre Hand.

Er führte sie durch das Gras zu einem Dickicht aus mehreren Bäumen, Farnen und Kletterpflanzen, das den Bach vor neugierigen Blicken verbarg. Sie folgten dem sanft plätschernden Wasser, bis sie den Parkplatz nicht mehr sehen konnten. Obwohl das Meer immer noch außer Sicht war, hörten sie, wie die Wellen an der Mündung des Bachs auf den Strand rauschten.

„Da drüben.“ Lächelnd zeigte Kurt auf eine Stelle, wo mehrere Felsbrocken einen natürlichen Pool bildeten. Obwohl der Himmel bewölkt war, war die Luft warm. „Jede Wette, dass die Touristen sich an sonnigen Tagen hier gegenseitig auf die Füße treten“, meinte er. „Was für ein Glück, dass der Himmel noch bedeckt ist.“

Er zog seine Badeschuhe aus und das Poloshirt über den Kopf. Mit den Fingern am Reißverschluss seiner Jeans hielt er plötzlich inne. „Zieh dich aus, Carrie. Lass uns nackt baden.“

„Aber …“ Carrie ließ den Blick über das üppig wuchernde Gebüsch schweifen. „Was, wenn jemand vorbeikommt?“

Kurt kam zu ihr und fuhr mit den Händen an ihren Armen auf und ab, bevor er den Saum ihres Tops anfasste und es ihr über den Kopf zog. „Wenn wir erst mal im Wasser sind, wird nur das zu sehen sein, was wir zeigen wollen“, flüsterte er.

„Aber …“

„Außerdem habe ich im Moment nur deinen Hintern im Kopf.“ Kurt strich mit der Hand über ihre linke Wange und zog sie dicht zu sich heran. Carrie konnte seine harten Muskeln spüren, konnte spüren, dass er für sie bereit war. Obwohl jeden Augenblick jemand vorbeikommen konnte, fühlte sie, wie sie innerlich weich und nachgiebig wurde. Es schmerzte sie, so sehr sehnte sie sich nach Erfüllung.

Es dauerte nur Sekunden, bis er ihr aus den Shorts geholfen hatte. Kurz darauf flogen seine Hose und der Slip zu Boden. Sie brauchten ein paar Sekunden, um über die bemoosten Felsen am Ufer des Bachs zu klettern. Das Wasser, das in kleinen Kaskaden in Richtung Meer plätscherte, war viel kälter, als sie erwartet hatte. Auf ihrer überhitzten Haut fühlte es sich regelrecht frostig an.

Kreischend sprang Carrie ins Wasser, das ihr bis zum Hals reichte. Wenige Augenblicke später nahm Kurt sie in die Arme, und Haut an Haut schmiegten sie sich unter der Wasseroberfläche aneinander. Mit den Händen glitt er über die Kurven und die kleinen Mulden ihres Körpers, über ihre Schultern und ihre Brüste hinunter über ihre Hüfte und streichelte zart ihren Po.

Kurt genoss das Gefühl ihrer Haut, die sich durch das kühle Wasser noch glatter anfühlte. Mit den Fingerspitzen fuhr er über ihren Rücken nach oben und machte einen winzigen Schritt rückwärts, weil er merkte, dass sie versuchte, ihn zu berühren.

Carrie wusste, an welchen Stellen er es besonders genoss, ihre Hände zu spüren. Es fiel ihren Händen nicht schwer, ihn genau dort zu liebkosen, während sie mit den Brüsten hauchzart über seinen Oberkörper strich. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis seine Muskeln sich verhärteten. Sie spürte in der Handfläche, wie ihm das Blut heiß und pulsierend durch die Adern schoss.

Kurt umfasste sie an den Hüften und hob sie im Wasser ein kleines Stückchen hoch. In einem alle ihre Nerven reizenden Rhythmus ließ er sie an seinem harten Körper auf und abgleiten, bis Carrie schließlich ihre Beine um seine Mitte schlang und ihn mit einer fließenden Bewegung in sich aufnahm.

Die feuchte Luft, das kühle Wasser, das aus den Bergen in den felsigen Pool plätscherte, die Blätter, die im Wind zu seufzen schienen, und die zwitschernden Vögel in den Bäumen, all das verwirrte ihre Sinne und trieb ihre Lust in ungeahnte Höhen.

Carrie vergaß die ganze Welt um sich herum, streifte alle Zwänge ab und verlor sich in ihrer rhythmischen Bewegung, während Kurt ihre Hüften umschlungen hielt. Sie legte die Arme um seinen Nacken, schmiegte sich eng an ihn und verteilte tausend kleine Küsse auf seiner Schulter, als sie langsam den Verstand zu verlieren drohte. Sie flehte ihn förmlich an, nicht lockerzulassen, und machte immer weiter, bis er kurz vor dem Höhepunkt stand.

Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt, und sie konnte es kaum länger aushalten. Sie musste dem heißen Drängen in ihrem Innern nachgeben und sich Erleichterung verschaffen. Carrie presste die Lippen auf sein Ohr. „Komm mit mir, Kurt“, flüsterte sie stockend, „komm mit mir. Jetzt …“

Er drückte seine Lippen auf ihren Mund und küsste sie so leidenschaftlich, dass er ihren Lustschrei erstickte. Die Welt um sie herum schien im Nebel zu versinken, als Kurt und Carrie sich im Wasser dem Höhepunkt überließen und keuchten, seufzten und stöhnten, als wären sie direkt der grauen Vorzeit entstiegen.

Erschöpft lehnte Carrie den Kopf an seine Schulter. Langsam beruhigte sich ihr Herzschlag wieder.

„Das war wundervoll“, seufzte sie und strich mit der Wange zärtlich über seine Schulter. Mit der gekrümmten Hand schöpfte Carrie klares Wasser aus dem Pool und ließ es sich genüsslich den Nacken hinunterrinnen. Wie dumm ich mich gestern Abend angestellt habe, dachte sie insgeheim, ich habe ernsthaft an böse Vorzeichen geglaubt!

Aber jetzt war Kurt bei ihr. Sie schmiegte sich wieder in seine Arme, und es gab keinen Zweifel daran, wohin sie gehörte.

„Carrie?“

Autor

Jo Leigh
<p>Seit Jo Leigh 1975 bei der großen Filmgesellschaft 20-Century-Fox als Lektorin in der Abteilung für Comedys einstieg, ist sie im Filmgeschäft zu Hause. Sie war für die Mediengesellschaften CBS, NBC und verschiedene andere große Produktionsfirmen tätig, wobei sie zunehmend Drehbücher konzeptionierte und bearbeitete. Kein Wunder, dass bei so viel Sachkenntnis...
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