Kalter Schnee und heiße Küsse - 5 winterliche Liebesromane

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HEISSES WIEDERSEHEN IM SCHNEE von MELISSA MCCLONE

Caroline ist daran gewöhnt, ihre Träume zu begraben. Erst beendet ein Unfall ihre Sportkarriere, dann bricht Snowboard-Star Rex Billings ihr Herz. Fünf Jahre später ist er wieder da - immer noch gut aussehend, aber ernster, vernünftiger. Darf sie jetzt wieder träumen?

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  • Erscheinungstag 09.01.2025
  • ISBN / Artikelnummer 9783751536400
  • Seitenanzahl 720
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Melissa McClone

Heißes Wiedersehen im Schnee

1. KAPITEL

Auf dem höchsten Punkt des Sprungs ging Caroline Marsh in die Knie und hielt das Snowboard zusätzlich mit der Hand fest. Kalter Wind schlug ihr ins Gesicht, als sie durch den Timberlines-Geländepark flog. Weich kam sie wieder auf und wedelte den Hügel herunter.

Ihr Boss Sean Hughes hatte den Prototyp dieses Freestyle-Boards perfektioniert. Es war leicht. Schnittig. Und sie konnte den nächsten Sprung kaum erwarten.

Dieser Tag zeigte Caroline wieder einmal, warum ihr Job als Grafikdesignerin bei Hughes Snowboards der beste der Welt war. Sie konnte das ganze Jahr auf dem Mount Hood fahren. Und oft wurde sie sogar bezahlt dafür. So wie heute.

Jetzt setzte sie wieder zum Sprung an, erhob sich in die Luft und drehte sich um die eigene Achse. Sie fühlte sich leicht wie ein Vogel.

Aber bei der Landung blieb sie hängen und plumpste rückwärts in den Schnee. Sie rutschte den Abhang hinunter, bis sie zum Halten kam.

Verblüfft lag sie einen Moment da und stellte erleichtert fest, dass sie offensichtlich unverletzt geblieben war. Nachts war frischer Schnee gefallen, der den Aufprall gedämpft hatte.

Ihre Angeberei war schuld daran, dass sie falsch aufgekommen war, nicht das Snowboard.

Eine Hand, dick eingepackt in einem Handschuh, wurde ihr entgegengestreckt. Sie hielt sich daran fest und wurde von jemandem hochgezogen, der eine karierte Jacke trug, so wie die Trainer vom Hood Hamlet Snowboard Camp. Obwohl sie den Mann nicht erkannte, weil der größte Teil seines Gesichts hinter der großen Brille versteckt lag, glaubte sie, ihn schon einmal gesehen zu haben.

„Danke.“ Caroline wischte den Schnee von Hose und Jacke. „Suchst du nach deiner Crew?“

„Ich wollte nur sichergehen, dass die Landezone frei ist.“

Eine Gänsehaut lief ihr über den Rücken. Er klang wie Rex Billings, aber der Snowboard-Star würde wohl kaum das Scheinwerferlicht gegen einen Trainerjob eintauschen. Schnell verließ sie die Landezone.

Der Mann folgte ihr und gab den Snowboardern, die oben warteten, ein Zeichen. „Guter Absprung, aber du bist zu kurz aufgekommen“, meinte er dann zu ihr.

Sie verzog das Gesicht. „Klar, Mann. Ich weiß selbst, was ich falsch gemacht habe.“

„Du hast wirklich Talent.“

Caroline wusste nicht, ob sie verärgert oder amüsiert sein sollte. Im Jahr 2006 war sie als Favoritin für die Goldmedaille gehandelt worden. Stattdessen hatte sie sich die Winterspiele vom Krankenhausbett aus angesehen. „So so, ich habe also Talent?“

Er schob die Brille auf seinen Helm. „Definitiv.“

Scharf atmete sie die kalte Luft ein, als sie seine leuchtend blauen Augen sah.

Das darf doch nicht wahr sein! Caroline hatte schon einmal in diese Augen geblickt. Sie hatte diese Lippen geküsst. Ungewollt durchfuhr sie ein Prickeln.

Rex!

Er war es tatsächlich.

Vermutlich hatte er sie nicht erkannt. Okay, sie trug eine Brille und eine Skimaske, die ihr Gesicht verdeckten, aber er hatte schon vor Jahren bewiesen, dass ihre gemeinsame Zeit ihm nichts bedeutet hatte. Er vernaschte Frauen wie andere Popcorn. Und sie war nichts als ein weiteres Körnchen in seiner Popcorn-Tüte gewesen.

Ihre Freunde hatten sie zwar vor ihm gewarnt, aber sie war jung und dumm gewesen. Und sehr verliebt.

„Rex Billings.“

Er nickte lässig, als sei er es gewohnt, erkannt zu werden. Kein Wunder, bei all den Snowboard-Filmen, Medaillen und einer eigenen Kollektion für Sportbekleidung.

Rex starrte sie an. „Wir haben uns schon mal getroffen.“

Toller Typ, aber immer noch ein Aufreißer. „Ist schon Jahre her.“

„Du musst noch ein Kind gewesen sein.“

„Ich war alt genug.“ Jedenfalls für ihn, um sie zu küssen, bis sie keine Luft mehr bekam und nichts anderes mehr im Kopf hatte, als für immer mit ihm glücklich zu sein. Sie hatte geglaubt, dass sie beide etwas ganz Besonderes verband. Aber sie hatte sich geirrt.

Behutsam zog er ihre Skimaske hinunter und schob ihre Brille auf den Helm.

Seine blauen Augen weiteten sich. „Caroline.“ Rex stieß die Luft aus. „Ich bin doch ein Idiot!“

„Das hast du gesagt.“

Er lachte verhalten. „Ich habe dich nicht erkannt.“

„Sonst wärst du wohl auch nicht stehen geblieben.“

„Wie bitte?“

„Das US-Team trainiert jeden Sommer hier auf dem Mount Hood, aber wir sind uns noch nie über den Weg gelaufen“, sagte sie. „Und das soll was heißen.“

Wobei sie auch nicht nach ihm Ausschau gehalten hatte.

Ein umwerfendes Lächeln umspielte seine Lippen. „Aber es freut mich, dass ich dich jetzt getroffen habe.“

Caroline teilte seine Meinung ganz und gar nicht.

Sie wünschte, er wäre ihr gleichgültig, doch ihr Puls raste und Schmetterlinge flatterten in ihrem Bauch. „Ich dachte, du trainierst, stattdessen spielst du selbst den Trainer.“

„Ich bin für zwei Wochen als Gastcoach hier.“

Zwei Wochen waren wohl genug für jemanden, der sich nie länger auf irgendetwas – oder irgendjemanden – einließ.

Ein Teenager in limonengrüner Hose und bunter Jacke flog vom Absprung. Und kam zu kurz auf.

Sie zuckte zusammen. „Autsch.“

„Die Pflicht ruft“, meinte Rex. „Wir sehen uns später, Caroline.“

Angespannt stand sie da. Mit ähnlichen Worten hatte er sich auch am Mount Bachelor von ihr verabschiedet, kurz bevor der Unfall in der Halfpipe ihre Träume zerstört und ihr ganzes Leben verändert hatte. Sie hatte nie wieder von Rex gehört.

Wir sehen uns später, Caroline .

Nicht, wenn es nach ihr ginge.

„Gutes Tempo“, meinte Rex zu Liam. Der Junge hatte Talent, musste jedoch noch geduldiger werden. „Aber das kommt davon, wenn man das Versuchskaninchen spielt.“

„Versuchskaninchen? Wie meinst du das?“

„Wenn du als Erster springst“, erklärte Rex, „können die anderen sich nach dir richten und es besser machen. Nächstes Mal lässt du jemand anders zuerst springen.“

Er warf einen Blick zu der Stelle, wo er mit Caroline gestanden hatte. Nur Spuren im Schnee waren geblieben

Wobei Rex auch nicht erwartet hatte, dass sie blieb. Es hätte ihm auch gar nicht gepasst – sie würde ihn nur ablenken.

Rex machte es großen Spaß, die Kids zu trainieren. Es gefiel ihm, seine sportlichen Fähigkeiten weiterzugeben, die ihm selbst so viel eingebracht hatten.

Als Nächste war Becky an der Reihe. Sie machte eine halbe Drehung, landete aber nicht weich.

Er pfiff. „Zu hart aufgekommen.“

Sie grinste. „Klar, Mann.“

Klar, Mann, ich weiß, was ich weiß falsch gemacht habe .

Caroline. Sie war noch genauso hübsch wie früher. Und sie konnte immer noch sehr gut Snowboard fahren.

Er erinnerte sich gern daran, dass sie zusammen gefahren waren. Dass sie sich unterhalten und geküsst hatten. Echt heiße Küsse waren das damals gewesen.

Doch kaum hatte sie Rex gegenüber erwähnt, was sie für ihn empfand, hatte er gewusst, dass es nie funktionieren würde. Caroline wollte keine Affäre. Sie wollte etwas für immer – Heirat, ein Zuhause, Kinder –, und das hatte er eindeutig nicht auf dem Schirm. Er hätte ihr nur wehgetan, wenn er geblieben wäre. Deshalb war es ihm als das Beste erschienen zu gehen, bevor die Sache zu emotional wurde.

Nach seinem Auftritt am Mount Bachelor hatte Rex sie geküsst. Es war der süßeste, unvergesslichste Abschiedskuss seines Lebens gewesen. Dann war er zum Parkplatz gegangen, um fort zu sein, bevor sie ihren letzten Lauf beendet hatte. Als ein lautes entsetztes Aufkeuchen durch die Menge ging, drehte er sich noch einmal um. Er starrte auf den großen Bildschirm und sah Caroline im Schnee liegen. Reglos.

Ihm schnürte sich die Brust zusammen, und er hatte Mühe, Luft zu bekommen. Tränen brannten in seinen Augen.

Er raste zum Krankenhaus, aber sie war bewusstlos und sah entsetzlich hilflos aus. Da wurde ihm bewusst, dass er sehr viel tiefer für Caroline empfand, als er glaubte. Und das machte ihm Angst. Doch er konnte es nicht ertragen, sich so nutzlos, verloren und ohnmächtig zu fühlen. Er wollte davonlaufen, stattdessen blieb er. Für mehr als eine Woche. Dann musste er aufbrechen, um am letzten Qualifikationslauf für den Grand Prix teilzunehmen.

Er besänftigte sein schlechtes Gewissen, indem er sich einredete, es sei sicher auch Carolines Wunsch, dass er sich der Herausforderung am Mountain Creek stellte. Tatsächlich war sein Beweggrund ein anderer. Rex wollte nicht so viel für eine Frau empfinden. Eine ernsthafte Beziehung würde ihn nur ablenken von seiner Karriere. Deshalb hatte er Caroline verlassen und war ihr seitdem aus dem Weg gegangen

Aber auch fünf Grand Prixs später hatte Rex sie noch nicht vergessen. Und nun, da er sie wiedergetroffen hatte, fragte er sich …

Ob Caroline immer noch genauso gut küsste wie damals?

2. KAPITEL

Am darauffolgenden Nachmittag hatte Caroline beinahe schon verdrängt, dass sie Rex Billings getroffen hatte. Wobei die Betonung auf beinahe lag.

Sie konzentrierte sich auf ihre Arbeit – die graphische Darstellung eines Snowboards in Originalgröße, das sie kürzlich entworfen hatte. Der 3-D-Effekt kam besser zur Geltung, als sie gehofft hatte.

„Cooles Design.“ Ihr Kollege Taylor beugte sich über die bespannte Trennwand ihrer Arbeitsecke. „Der Boss will dich in seinem Büro sehen. Und zwar pronto .“

„Danke.“ Caroline verließ ihren Schreibtisch und schlenderte zu Seans Büro. Seine Tür stand einen Spalt offen. Er saß auf der Schreibtischkante und wirkte eher wie ein Männermodel aus einem Outdoor-Magazin als wie ein erfolgreicher Unternehmer und ehrenamtlicher Leiter der Rettungswacht.

Seine haselnussbraunen Augen, sein Lächeln und das dichte braune Haar hatten ihm den Ruf eines Herzensbrechers eingebracht. Doch Caroline würde ihm ihr Leben anvertrauen, was sie tatsächlich auch tat.

Sie klopfte leise. „Taylor meinte, du willst mich sehen, Boss.“

„Ja, komm rein.“ Sean erhob sich. „Ich möchte dir jemanden vorstellen.“

Jetzt sah sie, dass ein weiterer Mann im Büro saß. Und zwar nicht irgendein Mann, sondern ein ziemlich heißer Typ in langärmligem Hemd über einer verwaschenen Jeans. Sie stutzte. „Rex?“

„Caroline“, sagte er im gleichen Augenblick und klang genauso überrascht wie sie.

Gestern auf dem Hügel hatte Rex schon gut ausgesehen, aber heute …

Unwiderstehlich sexy.

Sie bezwang den Drang, sich Luft zuzufächeln.

Seine blonden Haare waren kürzer als früher, aber es gefiel ihr. Und die kleinen Fältchen um seine Augen gaben ihm zusätzliche Reife. Nicht dass er alt war. Mit einunddreißig Jahren war er nur sechs Jahre älter als sie selbst. Die vollen weichen Lippen nahmen seinem Gesicht mit den scharf geschnittenen Wangenknochen und der geraden Nase die Härte. Er sah ziemlich perfekt aus.

Falls man diesen Typ Mann mochte.

Und das tat sie.

Aber die bittere Erfahrung hatte sie immun gemacht gegen sein Aussehen, seinen Charme, seine Küsse …

Hör auf, an ihn zu denken. Du bekommst nur Kopfschmerzen, wenn du so weitermachst.

Sie sah zu ihrem Boss hinüber.

Sean lächelte. „Ihr beide habt euch wohl schon kennengelernt.“

Hitze färbte Carolines Wangen. „Ist schon Jahre her.“

„Auf der Piste“, fügte Rex hinzu.

„Das macht die Sache einfacher.“ Sean klang erfreut.

Während Caroline ernsthaft darüber nachgrübelte, ob sie verschwinden und erst wiederkommen sollte, wenn Rex gegangen war. „Einfacher? Was denn?“

Sean deutete auf den freien Stuhl neben Rex. „Setz dich. Ich erkläre es dir.“

Aber Caroline wollte sich nicht setzen. Sie wollte fort von Rex, damit ihr Herz nicht mehr so entsetzlich hämmerte.

Doch das wäre Sean gegenüber unfair gewesen. Er hatte ihr einen Job gegeben, obwohl sie über keinerlei Erfahrung verfügte. Er hatte ihr das Gefühl vermittelt, wertvoll zu sein, und das in einer Zeit, in der sie keine Ahnung hatte, was sie mit ihrem Leben anfangen sollte. Und das würde sie ihm sicher nicht damit vergelten, indem sie sich wie ein verzogenes Gör aufführte, das nur seinen eigenen Kopf durchsetzen wollte.

Deshalb setzte sie sich.

Sean überreichte ihr eine Mappe. „Wir sollen für das Hood Hamlet Snowboard Camp eine neue Snowboard-Ausrüstung gestalten.“

Caroline blätterte die Unterlagen durch. Entwürfe, Logos, Maskottchen und Farbmuster. „Hört sich an, als würde der Auftrag Spaß machen.“

Was Rex damit zu tun hatte, konnte sie sich jedoch nicht erklären, schließlich gehörte er nicht zum Personal. Sie klappte die Mappe wieder zu.

„Johnny hat darum gebeten, dass du bei dem Projekt mitmachst, Caroline“, sagte Sean.

Sie lächelte. „Für Johnny tue ich alles.“

Johnny Gearhart war der Besitzer des Trainingscamps. Er unterstütze Hughes Snowboards, wo er nur konnte, und hatte sie Sean vorgestellt, als sie auf Jobsuche gewesen war.

„Und Johnny möchte Rex gerne als Verbindungsmann des Camps dabeihaben“, fügte Sean hinzu.

Ach, Johnny. Du hättest es besser wissen müssen . Rex war nicht der Typ, der sich für längere Zeit auf etwas einließ. Caroline ließ die Schultern sinken. „Und was ist mit den anderen aus dem Camp?“

„Sie konzentrieren sich auf die neue Highschool-Akademie“, erklärte Rex. „Auch deshalb hat Johnny mich gebeten, hier als Gasttrainer zu arbeiten.“

„Rex kennt sich aus mit dem Entwerfen von Kleidung und Boards“, führte Sean aus. „Mit seiner Erfahrung kann er deine bestens ergänzen. Ihr würdet ein tolles Team abgeben.“

„Ich war noch nie ein großer Teamplayer“, räumte Rex ein. „Aber ich weiß, dass die Sache für Johnny und das Camp wichtig ist, und auch für dich, Sean. Deshalb werde ich alles geben, damit es ein Erfolg wird.“

„Ich auch.“ Wenn Rex meinte, er könne mit ihr zusammenarbeiten, würde sie es auch hinbekommen. Caroline richtete sich auf. „Wir werden dich und Johnny nicht hängen lassen.“

Sean warf einen Blick auf seine Uhr. „Ich muss in die Fertigungshalle. Ihr könnt gern bleiben und euch überlegen, wie ihr eure Zusammenarbeit gestalten wollt.“

Kaum war er gegangen, lag bleischweres Schweigen in der Luft.

Caroline war sich bewusst, dass sie ihre Ängste beiseiteschieben musste. Sie war nicht mehr die junge Anfängerin, die sich unsterblich in einen Superstar verliebt hatte. Inzwischen war sie selbst ein Profi und hegte keine romantischen Gefühle mehr für ihn.

Sie drehte sich im Stuhl, um Rex anzusehen. Dabei glitt die Mappe von ihrem Schoß und fiel zu Boden.

Caroline beugte sich im gleichen Augenblick vor wie er, um die Unterlagen aufzuheben. Ihre Hände berührten sich. Sie zuckte zurück, als hätte sie sich verbrannt. Aber es war zu spät, denn ihre Haut prickelte dort, wo sie sich berührt hatten.

Die Mappe blieb auf dem Boden liegen.

Erneut streckte sie den Arm aus. Und wieder strich seine Hand über ihre und sandte einen neuen Schauer über ihre Haut.

Sie nahm die Mappe und begegnete Rex’ Blick.

Carolines Herz schlug plötzlich bis zum Hals.

Dieser Mann gab ihr das Gefühl, die einzige Frau auf der Welt zu sein. Oder zumindest die Einzige in seiner Welt.

Schau weg . Aber sie konnte nicht.

Niemand hatte je derartige Gefühle in ihr geweckt.

Das Büro schien geladen vor Anspannung und Anziehungskraft. Ganz egal, was in der Vergangenheit vorgefallen war, die Chemie zwischen ihnen stimmte immer noch. Und das war gar nicht gut.

„Ich hatte nicht erwartet, dich hier anzutreffen“, meinte Rex schließlich.

Wie zum Schutz presste sie die Papiere an ihre Brust. „Ich dich auch nicht.“

„Es ist viel zu lange her, Caroline.“

Um genau zu sein fünf Jahre im Januar.

Anerkennend sah er sie an. „Du siehst … toll aus.“

Ihr Puls raste. „Du … auch.“

Was tat sie da eigentlich?

Das war Rex. Der Aufreißer, der gern flirtete. Sie griff nach einem Stift, der auf Seans Schreibtisch lag.

„Lass uns anfangen. Mit dem Projekt“, stellte sie klar, um ihn nicht auf falsche Gedanken zu bringen. „Wie sieht dein Tagesplan aus?“

„Ich bin bis halb drei mit den Kids beschäftigt.“

Die Begeisterung, die sich auf seiner Miene spiegelte, sandte ihr einen Schauer über den Rücken. Kindern hatte er bisher nie Beachtung geschenkt, außer sie waren seine Fans. Ob Rex sich verändert hatte?

„Ich hätte mir nie vorstellen können, dass du mal andere trainierst. Und auch noch Spaß daran hast.“

Er zuckte die Schultern. „Es hat mir jedenfalls gut genug gefallen, um meine Prüfung abzulegen. Und da ich mich aus dem aktiven Wettbewerb zurückgezogen habe …“

„Wie bitte?“ Diese Neuigkeit schockierte sie. „Du gehörst doch immer noch zu den Besten.“

„Also der beste Zeitpunkt, um auszusteigen“, erklärte Rex. „Mit der neuen Generation und deren Tricks mitzuhalten, ist nicht einfach für einen alten Mann.“

„Ja klar, du bist ja auch schon so alt.“

„Nach zwei Jahrzehnten Training und Wettbewerb fühle ich mich jedenfalls so. Und verspannt.“

„Genau dafür sind Massagen gut.“

Er hob eine Braue. „Soll das ein Angebot sein?“

„Träum weiter.“ Caroline musste das Gespräch unbedingt wieder auf die richtige Spur lenken. „Also das Projekt …“

Rex’ Blick schweifte durch Seans Büro. „Ich arbeite lieber an einem zwangloseren Ort.“

„Mein Schreibtisch …“

„Im Hood Hamlet Brewpub. Heute Abend, halb sechs.“

3. KAPITEL

Schnee wirbelte vom dunklen Himmel herab, als Rex draußen vor dem Hood Hamlet Brewpub stand. Es war sein Lieblingspub. Gutes Essen. Ausgezeichnetes Bier. Und die Leute waren sehr freundlich – sowohl das Personal als auch die Gäste.

Doch an diesem Abend sah er dem Besuch in dem Lokal mit gemischten Gefühlen entgegen. Sich hier mit Caroline zu verabreden, gehörte nicht unbedingt zu seinen cleversten Einfällen. Er wusste nicht, was ihn dazu getrieben hatte.

Falsch . Er kannte den Grund.

Caroline.

Entschlossen war sie in Seans Büro marschiert, ein Lächeln auf den Lippen, das ihr ganzes Gesicht zum Strahlen gebracht hatte. Waren ihre blonden Haare früher glatt gewesen, fielen sie ihr jetzt in weichen Locken über die Schultern. Ihr Anblick hatte sein Blut in Wallung und sein Hirn zum Stillstand gebracht.

Und er wollte nichts anderes, als Zeit mit ihr zu verbringen. Aber nicht, indem er in einem Büro mit ihr arbeitete. Er wollte mir ihr ausgehen und Spaß haben. Nur sie beide.

Was dumm von ihm war, wenn er bedachte, wie sehr sie sich damals in ihn verliebt hatte. Er wollte sie nicht noch einmal verletzen.

„Hey, Rex.“

Beim Klang von Carolines Stimme drehte er sich um. Sie überquerte gerade die Straße. Schneeflocken hingen an ihrer Jacke, der Mütze und in den langen Haaren.

Verdammt, sie sah gut aus. Er sah in ihre schokoladenbraunen Augen und öffnete den Mund. Doch er brachte kein Wort heraus.

„Rex?“ Fragend sah sie ihn an.

Was, zum Teufel, war nur los mit ihm? Er benahm sich wie ein Teenager, der sich zum ersten Mal verliebt hatte.

Caroline war gefährlich. Rex konnte sich nicht erinnern, dass eine Frau ihn je so stark angezogen hatte.

„Hey.“ Er zwang das Wort durch seine trockene Kehle. „Sieht so aus, als ob heute Nacht fast ein halber Meter Neuschnee fällt.“

Ein spöttisches Lächeln umspielte ihre Lippen. „Ich kann es kaum erwarten.“

Rex wäre gerne mit ihr zusammen gefahren, aber er befand sich an einem Wendepunkt in seinem Leben. Und jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, um sein Singledasein aufzugeben. Denn er musste sich erst im Klaren darüber sein, was er als Nächstes in Angriff nehmen würde – Sportactionfilme vielleicht, oder etwas völlig anderes.

Heute Abend musste er erst einmal Ideen entwickeln und dann wieder gehen. Sich zu überlegen, ob Carolines Lippen noch genauso süß schmeckten wie damals, würde ihm sicher nicht dabei helfen. „Bist du bereit für die Arbeit?“

Sie klopfte auf ihre Tasche. „Hier ist alles drin, was ich brauche.“

Er hielt ihr die Tür auf und folgte ihr in den Pub, in dem es nach Bier und Essen roch. Aus den Lautsprechern drang Rockmusik, und im Kamin prasselte ein gemütliches Feuer.

„Hey, Jake“, begrüßte Caroline den Besitzer, der hinter der Bar stand. „Wie geht’s Carly?“

„Sie ist dabei, das Kinderzimmer einzurichten.“ Jake Porter ließ Bier in einen Krug laufen. „Hinten sind noch freie Tische. Vielleicht lassen die Fans dich da in Ruhe, Rex.“

„Danke, Kumpel.“

Rex folgte Caroline. Ihm gefiel, wie ihre Hüften in der engen Jeans hin- und herschwangen. Was ihm nicht gefiel, war, dass das offensichtlich auch anderen Typen auffiel.

Caroline gehört dir nicht, rief er sich in Erinnerung. Also vergiss den Besitzanspruch.

Sie hängten ihre Jacken und Mützen an einer kleinen Garderobe auf. Caroline nahm Platz, und Rex setzte sich ihr gegenüber und versuchte nicht darauf zu achten, wie ihr Pulli sich über ihren Brüsten spannte.

Konzentrier dich, Billings. Nicht auf ihre Brüste . „Also …“

„Bist du bereit für einen Ritt auf dem Snowboard?“, riss ihn einen Männerstimme aus seinen Gedanken. Der Typ war ungefähr Ende zwanzig und starrte Caroline an, als wollte er sie reiten.

Rex’ Nervenenden schalteten sofort auf Alarm.

„Das weißt du doch, Bill“, entgegnete sie. „Sehen wir uns morgen am Hang?“

„Ich werde da sein.“ Breit grinsend stapfte der Kerl davon.

Rex’ Kiefermuskeln mahlten. Es ging ihn nichts an, mit wem Caroline sich herumtrieb. Trotzdem wanderte sein Blick immer wieder zu diesem Bill hinüber, der nun an der Bar lehnte. „Ein Freund von dir?“

„Bill arbeitet mit meiner Zimmernachbarin Leanne zusammen. Er ist bei der Feuerwehr, und sie Sanitäterin. Sie arbeiten beim Rettungsteam, genau wie Sean und Jake.“

Rex konnte seine Neugier nicht bezwingen. „Du triffst dich mit einem Feuerwehrmann?“

„Mit wem ich mich verabrede, ist für das Projekt nicht von Belang.“ Gedankenverloren warf sie einen Blick zur Bar. „Allerdings macht es ziemlich viel Spaß, mit Bill klettern zu gehen. Letztes Jahr mussten wir sogar in einer Schneehöhle übernachten und uns gegenseitig wärmen.“

Rex schluckte gegen einen dicken Kloß in seiner Kehle an. „Du … äh … kletterst?“

Sie nickte und beugte sich vor, wobei und der Ausschnitt ihres Pullis ihm einen Blick auf helle Haut und schwarze Spitze bot. „Ich mache vieles, was ich früher nicht getan habe.“

Caroline hatte nie übers Küssen hinausgehen wollen. Trotzdem stiegen Bilder in ihm auf, die sie beide zusammen in intimen Situationen zeigten. Unruhig rutschte er auf seinem Platz hin und her.

Eine Kellnerin kam und reichte ihnen eine Speisekarte. „Das Übliche, Caroline?“

Sie nickte. „Ja, zwei Bier, bitte. Und dann hätten wir gerne noch einen Teller Pommes und Brezeln.“

Rex starrte Caroline an. Sie schien so ganz anders als das Mädchen, das er von früher kannte. Damals war sie zwar überzeugt gewesen von ihren Fähigkeiten auf dem Snowboard, aber in anderen Belangen hatte es ihr eher an Selbstbewusstsein gefehlt. Und sie hatte ihn angehimmelt. Damals hatte es ihm gefallen, als Held verehrt zu werden, aber jetzt zog er ihre selbstbewusste Haltung vor. „Du hast dich verändert.“

„Seit Mount Bachelor ist viel passiert.“

Seit dem Unfall .

Das hatte sie zwar nicht gesagt, aber er hatte auch so verstanden.

„Und ich bin älter geworden“, meinte sie schließlich.

„Außer den Dauerwellen siehst du genauso aus wie früher.“

„Das sind keine Dauerwellen“, überraschte sie ihn. „Nachdem man mir im Krankenhaus den Kopf rasiert hatte, sind die Haare lockig nachgewachsen.“

Die Kellnerin stellte Gläser auf den Tisch und goss Soda ein. Den Krug mit Bier stellte sie mitten auf den Tisch. „Lasst es euch das Rootbeer schmecken.“

„Rootbeer?“ Rex lachte, als die Kellnerin gegangen war. „Vielleicht hast du dich doch nicht so sehr verändert.“

„Das hier ist ein Arbeitstreffen.“ Caroline hob ihr Glas. „Probier erst mal, bevor du noch ein Wort sagst. Jake braut köstliches Bier, aber sein selbstgemachtes RootBeer ist das allerbeste.“

Rex nahm einen Schluck. „Du hast recht.“

„Sag ich doch.“

Caroline hatte auf ihn immer angespannt gewirkt. Jetzt schien sie gelassener, zufriedener. Wüsste er, dass sie auf etwas Lockeres aus war, würde er sofort anspringen. Auf sie. „Du bist glücklich hier.“

„Stimmt.“ Ihr Lächeln spiegelte sich auch in ihren Augen. „Ich habe einen tollen Job, einen fantastischen Chef, gute Freunde und ich kann das ganze Jahr über Snowboard fahren.“

„Gestern warst du richtig gut.“

„Es hat eine Weile gedauert, aber inzwischen kann ich fast wieder alles. Na ja, außer in der Halfpipe.“

„Das fehlt dir.“

„Nicht so sehr, wie ich dachte.“ Ihre Stimme klang ernst. „Ich musste wieder lernen zu gehen. Und die Ärzte waren nicht sicher, ob ich überhaupt je wieder würde fahren können.“

Rex hatte großen Respekt vor dem, was sie auf ihrem Weg zur Besserung durchgemacht haben musste. Es erforderte Beharrlichkeit, Ausdauer und sehr, sehr viel Geduld. „Du bist weit gekommen.“

Sie nickte. „Aber es war trotzdem nett zu hören, dass ich Talent habe.“

Ihr unbeschwert heiterer Ton verriet Rex, dass sie ihn aufzog, aber er fühlte sich wie ein Idiot. Sein Schuldgefühl schmeckte bitter auf der Zunge. Er hätte ihr nicht all die Jahre aus dem Weg gehen sollen. „Caroline …“, begann er.

„War nur ein Scherz.“

„Ich weiß, aber …“ Er war es nicht gewohnt, sich zu entschuldigen. „Tut mir leid.“

„Du wusstest doch nicht, wer ich bin.“

„Nicht nur wegen gestern.“ Rex starrte in sein Glas. „Ich habe mich nicht einmal von dir verabschiedet am Mount Bachelor.“

„Ich lag im Koma und hätte es sowieso nicht gehört.“

„Du hast sehr viel mehr verdient als das, was ich dir geben konnte.“

„Stimmt, ja.“

Ihm zog sich der Magen zusammen. Damals hatte er nur an sich selbst gedacht. Vielleicht könnte er es wiedergutmachen. Vielleicht …

„Und deshalb habe ich mir folgende Frage gestellt.“ Ihr warmer, klarer Blick begegnete dem seinen. „Hättest du mich auch verlassen, wenn ich nicht gestürzt wäre?“

4. KAPITEL

Caroline wartete darauf, dass Rex ihr die Frage beantwortete, die ihr seit fast fünf Jahren nicht aus dem Kopf ging. Hättest du mich auch verlassen, wenn ich nicht gestürzt wäre? Sie nestelte an der Serviette, die auf ihrem Schoß lag.

Er hielt ihrem Blick stand. „Willst du wirklich die Wahrheit hören?“

Caroline hatte keinerlei Erinnerung an die Zeit direkt vor dem Unfall. Auch nicht an die danach. Sie wusste lediglich das, was Freunde ihr erzählt und was sie in ihrem Tagebuch über ihren Aufenthalt in Bend, Oregon, festgehalten hatte, wo am Mount Bachelor das dritte von fünf Qualifikationsrennen für den Grand Prix stattfand.

Ihren Worte von damals zufolge, die von schwärmerischen Gefühlen und Liebe sprachen, musste Rex ihr Märchenprinz gewesen sein. Doch als sie im Krankenhaus aufgewacht war, war er nicht da. Sie hatte auf seinen Anruf gewartet. Vergeblich. Das Gefühl, verlassen worden zu sein, hatte mindestens genauso wehgetan wie ihre Verletzungen.

Schließlich redete sie sich ein, Rex habe sie schon vor dem Unfall verlassen. Und dass er trotz seines Rufs niemals eine Frau im Stich lassen würde, die so schwer verletzt war.

Selbsterhaltungstrieb?

Definitiv. Dass sie sich in Rex geirrt haben könnte, wies sie von sich. Und dennoch waren ihre Zweifel gewachsen und hatten es ihr schwer gemacht, Vertrauen zu anderen aufzubauen.

Wollte sie wirklich die Wahrheit hören?

Ja. Wenn sie jemals das Risiko eingehen wollte, sich auf eine dauerhafte Beziehung einzulassen, musste sie die Wahrheit wissen. Ihr Herz hämmerte laut. „Ja, bitte.“

„Dein Unfall hat nichts verändert.“ Rex’ Stimme klang heiser. „Als ich dich vor deinem letzten Lauf geküsst habe … war das mein Lebwohl. Ich war gerade auf dem Weg zum Parkplatz, als du verunglückt bist.“

Sie hatte recht gehabt. Doch ihre Erleichterung wurde schnell von Groll überschattet. „Wahrscheinlich sollte ich mich glücklich schätzen, dass du die Freundschaft zu mir schon vorher beendet hast.“

„Ich wollte dir nie wehtun. Wir hatten eine Menge Spaß miteinander.“

Man hatte sie vor Rex, dem Schürzenjäger, gewarnt, aber sie hatte geglaubt, dass es mit ihr anders sei. Wie hatte sie nur so naiv sein können?

„Ich war gern mit dir zusammen, Caroline, aber du wolltest etwas Ernstes. Das Gegenteil von dem, wonach ich gesucht habe“, fuhr er fort. „Mein einziges Ziel war, es ins Nationalteam zu schaffen.“

„Das wollte ich auch.“ Aber sie konnte nicht leugnen, dass er mit seinen Worten richtig lag. Sie hatte „Mrs. Rex Billings“ in ihr Tagebuch gekritzelt. Und ihre Eintragungen klangen so, als hätte er ihr gegenüber genauso empfunden. Sie starrte in ihr Glas. „Ich dachte nur, dass uns …“

Etwas Besonderes verband. Etwas Dauerhaftes .

„Ist auch egal“, sagte sie stattdessen.

„Es war nicht richtig, dich ohne eine Erklärung zu verlassen. Aber ich war nicht erpicht auf eine dramatische Trennung, wo so viel auf dem Spiel stand.“

Sie hob den Blick zu ihm. „Die Goldmedaille.“

„Ja. Aber ich bin im Krankenhaus geblieben, bis ich wusste, dass du okay bist.“ Ein Muskel zuckte in seinem Kiefer. „Ich war dumm. Und es war egoistisch von mir, dir aus dem Weg zu gehen. Ich hoffe, du kannst mir verzeihen.“

Caroline durfte nicht vergessen, welche Rolle sie selbst bei der ganzen Sache spielte. Sie hatte die Warnung ihrer Freunde ignoriert. Also musste sie auch die Verantwortung dafür übernehmen, dass sie sich überhaupt auf ihn eingelassen hatte.

„Verzeihen, ja. Vergessen, unwahrscheinlich.“ Caroline reichte ihm die Speisekarte, obwohl ihr der Appetit vergangen war. „Die Vorspeise wird gleich kommen, dann kannst du den Hauptgang bestellen.“

„Ist das alles?“ Rex legte die Speisekarte auf den Tisch. „Du verfluchst oder schlägst mich nicht?“

Beleidigt lehnte sie sich zurück. „Was glaubst du wohl, mit was für einer Frau du ausgehst?“

Ehe er antworten konnte, erschien die Bedienung erneut. Sie stellte zwei kleine Teller, eine Platte mit Pommes und Brezeln auf den Tisch, dazu Senf und Käsedips. „Guten Appetit.“

„Ich dachte einfach, du wärst sauer auf mich. Was ja auch verständlich wäre, so wie ich dich behandelt habe“, fuhr er fort.

„Bin ich bin auch, aber das hier ist eine kleine Stadt.“ Caroline kannte mindestens die Hälfte der Leute im Pub. „Hier eine Szene zu machen ist auch keine Lösung. Aber wenn ich erst zu Hause bin, werde ich über dich schimpfen, und meine Zimmernachbarin wird mir zustimmen, was für ein Blödmann du bist.“

„War“, verbesserte er.

„Das bleibt noch abzuwarten.“ Lustlos warf sie einen Blick auf die Pommes. „Aber ich weiß deine Aufrichtigkeit zu schätzen.“

Rex beugte sich über den Tisch. „Caroline …“

„Keine Sorge. Ich hätte dich gefunden, wenn ich es wirklich gewollt hätte. Aber jetzt, da ich weiß, was passiert ist, werde ich in Zukunft vielleicht nicht mehr so zurückhaltend sein, was Beziehungen betrifft.“

„Gut und schön“, meinte Rex. „Aber gegen ein unverbindliches Date ab und zu ist doch auch nichts einzuwenden.“

„Natürlich nicht. Es ist nur so, dass ich gerne …“

Jemanden hätte für die Feiertage .

Doch sie wagte nicht, es laut auszusprechen.

Rex streckte den Arm aus und legte seine Hand auf ihre. „Erzähl es mir.“

Auch wenn es Caroline gefiel, seine warme Haut zu spüren, wusste sie, dass sie nicht so empfinden sollte. Schnell entzog sie ihm ihre Hand. „Es ist mir peinlich.“

Die Zärtlichkeit in seinem Blick nahm ihr den Atem. „Du kannst mir vertrauen. Wirklich.“

Mit Rex zu reden war immer einfach für sie gewesen, aber er war der Letzte, dem sie vertrauen würde.

„Vielleicht kann ich helfen“, bot er an.

„Du willst also den Kuppler spielen?“, witzelte sie.

„Wie bitte?“

„War nur ein Scherz.“ Sie konnte ihn ja schlecht darum bitten, ihr Männer vorzustellen. „Es ist nur so … Ende des Monats ist Thanksgiving, dann kommt Weihnachten. Ich möchte einfach während der Feiertage nicht gern allein sein.“

„Dann schaff dir eine Katze an. Oder besser einen Hund“, schlug Rex vor. „Hunde kommen besser im Schnee zurecht.“

Nur gut, dass sie ihn nicht ernsthaft um seine Hilfe gebeten hatte. „Mit Hunden kann man sich allerdings so schlecht unterhalten.“

„Nein, aber sie können deinen Rucksack tragen, mit Verpflegung und Wasser drin“, meinte er. „Sie halten dich warm und schenken dir Liebe.“

„Ein Freund kann das auch alles.“

„Ach ja, ein Freund?“

„Eigentlich brauche ich nicht wirklich einen.“ Obwohl es nett wäre. „Ich suche nur jemanden, mit dem ich die Feiertage verbringen kann.“

Er hob die Brauen. „Und was ist mit deinen Freunden?“

„Die sind wirklich toll, aber wenn man keinen Partner hat, können Feiertage ziemlich einsam sein.“

Rex legt den Kopf schief und sah sie verschmitzt an. „Wenn du dir nur die Zeit vertreiben willst, wüsste ich den perfekten Typen für dich.“

Sie hob ihr Glas ab die Lippen. „Und wen?“

„Mich.“

Fast hätte Caroline ihr Rootbeer ausgespuckt, würgte es jedoch schnell hinunter. „Sagt ausgerechnet ein Frauenheld.“

Er krauste die Stirn. „Das war ich einmal. Ich habe genug davon. Auch deshalb habe ich mich vom aktiven Geschäft zurückgezogen.“

Ihr Interesse war geweckt. „Du willst dich also häuslich niederlassen?“

„So weit würde ich nicht gehen“, schränkte er ein. „Mir ist was Lockeres immer noch lieber als etwas Ernstes, aber ich bin auch nicht komplett gegen Beziehungen.“

Vielleicht hatte Rex sich tatsächlich verändert, aber auf lange Sicht spielte das keine Rolle. „Du bist nur zwei Wochen hier.“

„Wenn ich einen Grund hätte zu bleiben und mit jemandem in Hood Hamlet die Feiertage verbringen könnte …“

Er lächelte.

Sie erwiderte sein Lächeln.

Und sie schienen durch ein unsichtbares Band verbunden. Es war … schön.

Caroline stellte sich vor, mit ihm vor einem funkelnden Weihnachtsbaum zu sitzen. Der Duft nach frischen Tannennadeln hing in der Luft, das Feuer im Kamin knisterte. Und sie hielt einen Mistelzweig über ihren Kopf …

Hör auf mit diesen Tagträumereien .

Wer mit dem Feuer spielt, kommt darin um. „Danke, nein.“

„Weißt du nicht mehr, wie viel Spaß wir auf dem Mount Bachelor und in Bend hatten?“

„Nein, das weiß ich tatsächlich nicht mehr“, gestand Caroline. „Meine Erinnerung hört ein paar Tage vor dem Unfall auf.“

Rex’ verteufelt charmantes Grinsen machte sie schwindlig. „Dann erlaube mir, deine Erinnerung aufzufrischen.“

5. KAPITEL

Es ist besser für alle, wenn wir die Dinge … auf der professionellen Ebene belassen.

Caroline hatte sofort dichtgemacht. Dabei hatte er ihr nicht einmal Avancen gemacht. Er wollte ihr lediglich während der Feiertage Gesellschaft leisten. Und ihr das zeigen, woran sie sich nicht mehr erinnerte.

Trotzdem hatte er zugestimmt und tauchte jeden Nachmittag bei Hughes Snowboards auf, um mit ihr zu arbeiten. Der Inbegriff von Professionalität. Vielleicht könnte er Caroline mit seinem guten Benehmen umstimmen.

Aber es verlangte ihm einiges ab, sich ausschließlich auf die Arbeit zu konzentrieren. Schließlich kamen sie sich dabei zwangsläufig auch körperlich näher. Er wollte sie in seine Arme nehmen und küssen. Und wenn er nicht mit ihr zusammen war, musste er unablässig an sie denken. Er träumte sogar von ihr.

Etwas musste sich ändern. Und zwar bald.

Am Donnerstagmorgen saß Rex mit zwei Kids im Sessellift. Ihnen taten zwar alle Muskeln weh und sie waren voller Schnee, wollten jedoch unbedingt weiterfahren.

„Hey, Leute, seht mal.“ Liam deutete nach unten. „Echt heiß, die Lady.“

Rex’ Blick folgte dem Fingerzeig. Er erkannte die Jacke. Caroline. Sein Herzschlag beschleunigte sich. Schick sah sie aus. Und obendrein war sie schön und clever. Sie hatten ein großartiges Konzept entwickelt, ihre Kreativität erstaunte ihn. Aus einer einfachen Skizze, hingeworfen auf eine Papierserviette in der Cafeteria, konnte sie ein Kunstwerk machen.

Caroline sah zum Lift hoch. Als sie Rex entdeckte, winkte sie und lächelte.

Ein seltsames Gefühl stieg in seinem Magen auf. Sie war wirklich eine außergewöhnliche Frau.

„Wow“, murmelten die beiden Jungen ehrfürchtig.

Rex zeigte ihr den erhobenen Daumen.

Sie lachte. Der Klang ihrer Stimme wurde über den Schnee hoch in die Luft getragen zu Rex und berührte ihn wie eine Liebkosung. Das Gefühl in seinem Bauch wurde stärker.

Ignorier es einfach .

Aber das wollte er gar nicht.

Am Abend räumte Caroline mit ihrer Zimmernachbarin die Einkäufe ein. Das wöchentliche Ritual gab den beiden die Gelegenheit, sich gegenseitig auf dem Laufenden zu halten.

Leanne hatte gerade lachend von einem lustigen Telefonat erzählt. „Und wie läuft es mit deinem neuen Projekt?“, wollte sie nun wissen.

„Wir kommen schneller voran als geplant.“ Caroline stellte die Gemüsebrühe in den Küchenschrank. „Rex ist voll auf die Arbeit konzentriert. Was mich überrascht hat, bis ich ihn als Trainer gesehen habe. Bei den Kids zeigt er die gleiche Begeisterung. Ich bin … beeindruckt.“

Leanne hob eine Braue. „Hat er noch mal einen Annäherungsversuch gestartet?“

„Nö.“

„Enttäuscht?“

„Sollte ich jedenfalls nicht sein. Rex tut genau das, worum ich ihn gebeten habe. Arbeiten.“ Er gab Caroline das Gefühl, intelligent, wichtig und kompetent zu sein. Dabei sehnte sie sich in seiner Gegenwart leider nach etwas anderem. Sie wollte sich attraktiv, weiblich und begehrenswert fühlen. „Ich wünschte nur, er wäre nicht so … ernst. Früher war er immer zu Scherzen aufgelegt.“

„Du magst ihn.“

Lässig zuckte sie mit den Schultern. „Er ist ein netter Kerl.“

„Du weißt, was ich meine.“

Ja, das wusste sie. Sie legte die Äpfel in eine Obstschale. „Hältst du es für möglich, dass Männer wie Rex sich ändern können?“

„Ich glaube, dass hängt von dem Typen ab.“ Leanne schloss den Kühlschrank. „Nimm Jake Porter. Er und Sean waren Herzensbrecher, bis Carly zurück nach Hood Hamlet kam. Jetzt ist Jake glücklich verheiratet, und die beiden erwarten ihr erstes Kind.“

„Das stimmt.“

„Und was Sean anbelangt“, fuhr Leanne fort. „Ich bezweifle, dass es überhaupt irgendeine Frau schafft, ihn an sich zu binden.“

„Oder bei seinem Hund Denali Gnade zu finden.“ Caroline griff nach einer Packung Kaffee. „Ich frage mich nur, wem Rex ähnlicher ist – Jake oder Sean?“

Am nächsten Morgen saß Caroline an ihrem Schreibtisch und starrte auf den Bildschirm. Sie konnte es gar nicht erwarten, Rex den Entwurf zu zeigen. Zu schade, dass er an diesem Nachmittag nicht kommen konnte, weil er im Camp zu tun hatte.

In diesem Moment klingelte das Telefon. Sie hob ab. „Caroline hier.“

„Rex.“

Ein Kribbeln durchfuhr sie, als sie seine Stimme hörte.

„Ich habe gerade an dich gedacht“, meinte sie. „Dein Vorschlag, ein Bild vom Mount Hood hinzuzufügen, war goldrichtig.“

„Muss ich mir unbedingt ansehen.“ Kurz hielt er inne. „Sollen wir uns heute Abend treffen?“

Verdammt, sie hätte gestern Abend länger arbeiten oder heute Morgen früher kommen sollen, um den Entwurf fertigzustellen. „Ich habe noch nicht alle Veränderungen eingearbeitet, über die wir gestern gesprochen haben.“

„Unser Treffen hat auch nichts mit Arbeit zu tun“, sagte er. „Ich wollte mich mit dir verabreden.“

Ihr Herz schien Purzelbäume zu schlagen.

„Soll ich dich um sieben abholen?“

Sag Nein . Mit ihm auszugehen war keine gute Idee. Trotzdem, sie wollte ihn sehen. „Okay.“

Im Pub war es gerammelt voll. Was Rex überhaupt nicht störte. Ganz im Gegenteil. Denn so mussten er und Caroline eng nebeneinander am sitzen. Und beim Dartsspielen stießen sie mehrfach aneinander. Es gefiel ihm, sie zu berühren, auch wenn es nur zufällig geschah. Ein Vorgeschmack auf das, was später kommen würde, wie er hoffte, als er ihr die Autotür aufhielt.

„Danke für diesen lustigen Abend“, sagte Caroline, als sie vom Parkplatz fuhren. „Du hast echt Talent für Darts.“ Dabei hatte sie jede Runde gewonnen.

„Also, ich könnte mich glatt in das Spiel verlieben“, erwiderte er lächelnd.

So wie er dabei war, sich in sie zu verlieben. Und es fühlte sich … gut an.

Rex wollte den Abend noch nicht beenden. Er parkte den Mietwagen vor dem zweistöckigen Haus, in dem sie wohnte, und hielt gespannt die Luft an.

„Möchtest du einen Kaffee?“, fragte sie.

Treffer! Als Nächstes könnte er sich einen Kuss stehlen. „Ja, gerne.“

Rex folgte ihr über den verschneiten Gehweg zum Haus. Nur das Licht auf der vorderen Veranda brannte. „Sieht so aus, als sei niemand daheim.“

„Leanne hat Nachtschicht.“

Das wurde ja immer besser.

In der Wohnung sah Rex sich um. Es sah sauber und gemütlich aus, mit Fotografien von den Bergen und verschiedenen Snowboards an den Wänden. „Hübsch habt ihr es hier.“

„Danke.“

Sie hatte den Kopf ein wenig schräg gelegt, den Mund leicht geöffnet. Der Wunsch, sie zu küssen, stieg in ihm auf, und er konnte sein Verlangen kaum noch unter Kontrolle halten.

„Willst du mit oder ohne Koffein?“, fragte sie.

„Lieber würde ich dich küssen.“

Caroline mied seinen Blick. „Besser nicht.“

„Wir haben uns schon einmal geküsst.“

„Denk dran, wohin das geführt hat.“

Langsam ging Rex auf sie zu. „Wir sind nicht mehr die Gleichen wie damals.“

Sie wich zurück, bis sie an den Schrank stieß. „Trotzdem könntest du mir das Herz brechen.“

„Ich will dich nicht verletzen.“ Stattdessen wollte er die Furcht in ihren dunkelbraunen Augen fortküssen. Rex trat noch näher. Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, sodass er vor Begierde erschauerte. „Ein Kuss, Caroline. Was meinst du?“

6. KAPITEL

Caroline schluckte schwer. Sie zitterte – es war eine Mischung aus Furcht und freudiger Erwartung.

Autor

Melissa Mc Clone
<p>Melissa war schon immer ein Fan von Märchen und Geschichten mit Happy End. Doch bis ihre Englischlehrerin Liebesromane im Unterricht thematisierte, hatte sie das Genre noch nicht für sich entdeckt. Aber danach hatte sie eine neue Leidenschaft. Überflüssig zu sagen, dass sie ihrer Lehrerin auf ewig dafür dankbar ist. Nach...
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<p>Brenda ist eine eingefleischte Romantikerin, die vor 30 Jahren ihre Sandkastenliebe geheiratet hat und immer noch stolz den Ring trägt, den ihr Freund ihr ansteckte, als sie 15 Jahre alt war. Weil sie sehr früh begann, an die Kraft von Liebe und Romantik zu glauben, verwendet sie ihre ganze Energie...
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Linda Castillo
<p>Linda Castillo wurde in Dayton/Ohio geboren und arbeitete lange Jahre als Finanzmanagerin, bevor sie sich der Schriftstellerei zuwandte. Sie lebt mit ihrem Ehemann, vier Hunden und einem Pferd auf einer Ranch in Texas.</p>
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Caroline Anderson
<p>Caroline Anderson ist eine bekannte britische Autorin, die über 80 Romane bei Mills &amp; Boon veröffentlicht hat. Ihre Vorliebe dabei sind Arztromane. Ihr Geburtsdatum ist unbekannt und sie lebte die meiste Zeit ihres Lebens in Suffolk, England.</p>
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