Kalter Verrat, heiße Liebe?

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Er ist Vater von Zwillingen! Fassungslos erfährt der griechische Milliardär Sebastian Skalas, was seine ehemalige Geliebte Laila ihm drei lange Jahre verheimlicht hat. Auch wenn er glaubt, dass die sexy Wissenschaftlerin sich ihm damals bloß aus purer Berechnung hingegeben hat, um an wichtige Informationen zu gelangen, macht er ihr jetzt spontan einen Heiratsantrag. Natürlich nur, weil er so – anders als sein eigener Vater – immer für seine kleinen Söhne da sein kann. Und nicht, weil er Laila insgeheim sofort wieder hungrig begehrt …


  • Erscheinungstag 20.08.2024
  • Bandnummer 2662
  • ISBN / Artikelnummer 9783751524926
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Hat deine Ehe nach knapp drei Jahren schon ihren Glanz verloren, Ani?“, scherzte Sebastian Skalas bei dem Brunch, zu dem ihn seine Schwägerin Annika Skalas an diesem sonnigen Frühlingstag überredet hatte.

Allein die Erwähnung jenes schicksalhaften Hochzeitstags, an dem er seine beste Freundin Ani wegen einer anderen Frau im Stich gelassen hatte und einfach verschwunden war, weckte sein schlechtes Gewissen und machte ihn wütend. Zum Glück hatte das Ganze damit geendet, dass sein Zwillingsbruder vor dem Altar für ihn eingesprungen war.

„Es ist noch nicht zu spät, Alexandros abzuservieren und zu mir zurückzukommen“, fügte er mit einem Augenzwinkern hinzu.

Ani schüttelte nur stumm den Kopf, und dass sie so schweigsam war, beunruhigte Sebastian. Sie war schwanger und sollte doch eigentlich vor Glück strahlen, oder? Stattdessen war sie verschlossen, reizbar und ging ihm meistens sogar aus dem Weg. Und das, seit er vor zwei Tagen – übrigens auf ihre dringende Bitte hin – in der Skalas-Villa in der Nähe von Korfu eingetroffen war. So hatte er sie noch nie erlebt.

Schon als Kinder waren sie eng befreundet gewesen, seit Ani jeden Sommer auf dem Anwesen seiner Großmutter Thea, die gleichzeitig ihre Patentante war, ihre Ferien verbracht hatte.

Sebastian hatte angenommen, sein Zwillingsbruder Xander hätte übertrieben, als er ihn auf Anis Drängen hin bat, sofort vorbeizukommen. Immerhin besaß Xander einen ausgeprägten Beschützerinstinkt, wenn es um seine Frau ging. Doch jetzt erkannte Sebastian, dass Xanders Sorge durchaus berechtigt gewesen war.

Seit sie sich zu dritt an diesen Tisch gesetzt hatten, behielt Ani angespannt die Tore des Anwesens im Auge, als würde sie auf jemanden warten. Und die Tatsache, dass sie auf diesen gemeinsamen Brunch bestanden hatte, verriet Sebastian, dass sie über etwas Wichtiges reden wollte.

Plötzlich fuhr ein Auto langsam die breite Auffahrt empor, und Ani sprang so hastig auf, dass ihr Mann automatisch die Hand ausstreckte, um sie zu stützen.

„Ist etwas mit dem Baby?“, fragte er mit einem erschrockenen Blick, den Sebastian noch nie an ihm gesehen hatte.

Ani schüttelte den Kopf und griff gleichzeitig nach Sebastians Händen. Ihre Augen füllten sich mit Tränen.

Ein Hauch von Angst erfasste ihn, wie so oft, wenn ihm einer seiner unausweichlichen Migräneanfälle bevorstand. „Was ist denn auf einmal los?“, wollte er wissen.

Hinter ihr schoss Alexandros von seinem Stuhl hoch. „Was, zum Teufel, hast du getan, Sebastian?“, rief er barsch.

Wieder schüttelte Ani den Kopf, halb lächelnd, halb weinend. „Nein, Xander, er hat gar nichts gemacht. Es geht um etwas anderes.“ Auch Sebastian war inzwischen aufgestanden und sie schlang die Arme um seine Taille. „Bitte vergiss nicht: Ich habe nur versucht, das Richtige zu tun, okay? Für euch alle. Ich könnte es nicht ertragen, wenn ihr mich dafür hassen würdet.“

Sebastian nahm seine beste Freundin in die Arme und spürte, wie stark sie zitterte.

Über ihren Kopf hinweg begegnete er Xanders Blick. Sein Bruder zuckte mit den Schultern und sah genauso verwirrt und misstrauisch aus, wie Sebastian sich fühlte. Ani lehnte die Stirn an seine Brust und durchnässte sein Hemd mit ihren Tränen.

„Du warst immer mein engster Freund, Sebastian. Bitte, denk einfach daran! Aber ich musste es vor dir geheim halten.“

„Ani, du machst mir Angst“, erwiderte Sebastian, und die Anspannung ließ seine Worte schärfer klingen, als er es beabsichtigt hatte.

„Das kann weder für das Baby noch für dich gut sein, agapi“, mischte Xander sich ein. „Beruhig dich bitte! Worum auch immer es geht, ich werde es in Ordnung bringen“, versprach er mit schroffer Stimme und legte beide Hände auf die Schultern seiner Frau.

Ani nickte.

Hinter sich hörte Sebastian, wie das kleine Auto schließlich den Vorplatz erreichte – außerhalb der Sichtweite ihrer großzügigen Außenterrasse. Der Motor heulte einmal auf, als wolle der Fahrer den Wagen wenden und wieder verschwinden. Er fuhr noch ein paar Mal auf dem Vorplatz hin und her und die Reifen knirschten dabei lautstark über den Kies. Dann kam das Auto in sein Blickfeld und parkte.

Irritiert über das Verhalten des Fahrers blickte Sebastian seinen Bruder an. „Erwartet ihr noch Gäste?“

Xander schüttelte den Kopf, doch Ani sagte: „Ich habe sie hierher eingeladen.“

Schließlich wurde die Fahrertür geöffnet und eine Frau stieg aus. Sebastians Nacken begann zu kribbeln, während er sie von Weitem beobachtete. Sein Adrenalinspiegel schoss in die Höhe. Und als er die Fahrerin erkannte, traf ihn das wie ein Schlag in die Magengrube.

Die große, kurvige Frau war lässig gekleidet und trug eine weite Hose und ein Oversize-Shirt. Wilde Korkenzieherlocken umrahmten ihr schönes Gesicht. Die hohe Stirn, die Stupsnase und der breite Mund, die stolze Neigung ihres Kinns und die geraden, ausdrucksstarken Schultern … Er hätte sie überall wiedererkannt.

Nach ihr hatte er jahrelang vergeblich gesucht. Nur dass sie heute kein rotes Kleid trug, keine geglätteten Haare und stark geschminkten Lippen hatte. Und die wunderschönen bernsteinfarbenen Augen waren damals dunkel umrandet gewesen: Smokey Eyes.

Erinnerungen überfluteten Sebastian und sengende Hitze erfasste seinen Körper. Das Gefühl seidiger Haut, die er genüsslich geküsst und gestreichelt hatte. Der süße Geschmack ihrer leidenschaftlichen Küsse. Die seltsame Kombination aus Arglosigkeit und intensiver Lust, mit der sie um seine Liebkosungen gebettelt hatte.

Dies war die Frau, die er seit drei Jahren nicht vergessen konnte.

Nach einer gemeinsamen leidenschaftlichen Nacht war sie spurlos verschwunden. Obendrein hatte sie ihm das einzige Druckmittel geraubt, das er gegenüber dem alten Chauffeur Guido besessen hatte. Denn Guido war der Einzige, der wusste, wohin Sebastians Mutter vor zwei Jahrzehnten verschwunden war.

Endlich war er kurz davor gewesen, ihren Aufenthaltsort ausfindig zu machen, und dann hatte diese Frau ihm alles kaputt gemacht.

Was, zum Teufel, wollte sie hier? Ausgerechnet jetzt?

Er hatte keinen Zweifel daran, dass sie ihm nicht einmal ihren richtigen Namen verraten hatte. Doch bevor er Ani danach fragen konnte, ging diese schon auf den unerwarteten Gast zu.

Dachte seine Geliebte von damals etwa, er hätte vergessen, dass sie ihn bestohlen hatte? Dass sie ihn unter Druck gesetzt hatte, um ihn davon abzuhalten, sie zu verfolgen? Sie war klug genug gewesen, ihn zu überlisten und die nächsten drei Jahre unentdeckt zu bleiben. Weil sie sein Geheimnis gelüftet hatte: seine Identität als begnadeter Maler, der stets inkognito blieb.

„Ani, was ist hier los? Warum ist diese Frau hier?“ Er hasste es, dass er seine Anspannung nicht verbergen konnte.

Xander starrte die Fremde an, die sich ihm näherte, dann wieder seine Ehefrau und schließlich seinen Bruder. Er fluchte, als er bemerkte, wie wütend Sebastian war. „Ani, agapi, was hast du getan?“

Während sie Sebastian gegenüber fast in Tränen ausgebrochen war, starrte An- nika ihren Mann herausfordernd an. In letzter Zeit flammte ihr berüchtigtes Temperament schneller auf als sonst. „Ich habe getan, was ich tun musste, Xander. Ich würde gern sehen, wie du mit so einer Angelegenheit umgehst. Es ist nicht immer alles nur schwarz-weiß, weißt du, und ich wäre dir dankbar, wenn du das berücksichtigst, bevor du …“

Ergeben presste Xander die Lippen auf ihre Schläfe und unterbrach ihren Redefluss. „Atme mal durch, pethi mou. Ich würde niemals deine Absichten in Frage stellen.“

Die Frau, die sich ihnen in der Zwischenzeit auf Hörweite genähert hatte, zögerte. Aus der Nähe schimmerten ihre bernsteinfarbenen Augen – intelligent und scharfsinnig – wie kostbare Edelsteine im Sonnenlicht. Ebenso wie die goldenen Strähnen in ihrem Haar.

Obwohl sie nicht gerade modisch gekleidet war und sich in der Nähe ihrer Brust sogar ein undefinierbarer orangefarbener Fleck befand, strahlte sie dieselbe wilde Attraktivität aus, die Sebastian schon damals zu ihr hingezogen hatte.

Auf eine ursprüngliche, natürliche Art und Weise war sie unglaublich schön. Selbst jetzt, da die Wut in ihm hochkochte, konnte er ihre vielen Reize nicht ignorieren.

Ein zittriges Lächeln umspielte Anis Lippen. „Laila, willkommen in unserem Haus!“

Laila. Der Name hallte in Sebastians Ohren wie Musik.

Das aufgesetzte Lächeln der Fremden war eine Mischung aus unsicherer Grimasse und erzwungener Höflichkeit.

Ani streckte zur Begrüßung beide Hände aus, als hätte sie Angst, Laila könnte auf dem Absatz kehrtmachen, wenn sie sie nicht festhielt. „Es freut mich sehr, dass du gekommen bist.“

„Ich war mir nicht sicher, ob ich es wirklich tun sollte. Nicht bis zur letzten Minute“, entgegnete Laila und rieb sich nervös die Stirn. „Eigentlich treffe ich keine Entscheidungen aus dem Bauch heraus, aber in diesem Fall …“ Sie zuckte mit den Schultern. Dann machte sie einen Schritt nach vorn und küsste Ani auf die Wange. „Geht es dir gut? Ich habe unsere Gespräche vermisst.“

„Ja, danke. Mir wurde Bettruhe verordnet, darum habe ich das Grundstück seit drei Wochen nicht mehr verlassen.“ Anis Lächeln wurde breiter und ihre Zuneigung Laila gegenüber wirkte absolut echt. „Ich habe mich so darauf gefreut, dass du kommst.“

Xander nickte seinem Bruder bedeutungsvoll zu, bevor er seiner Ehefrau einen Stuhl zurechtrückte. Sebastian tat dasselbe für Laila, die seinen Blick kaum erwiderte und um den Tisch herumging, nur um nicht in seiner Nähe zu sein.

Es gab keinen Zweifel daran, dass ihr plötzliches Erscheinen mit ihm und ihrer Begegnung von damals zu tun hatte.

„Das ist Alexandros Skalas, mein Mann“, begann Ani.

Laila schüttelte Xanders Hand und strahlte ihn dabei an. Sebastian hatte das Gefühl, als hätte man ihm direkt ins Gesicht geschlagen. Seinem Bruder gegenüber gab sie sich entspannt und zugewandt, doch bei ihm selbst stellte sie die Stacheln auf!

„Ani hat mir verraten, dass nur wenige Leute euch auseinanderhalten können“, sagte Laila. „Vor allem wenn ihr nicht wollt, dass man es tut.“

„Kannst du es denn?“, fragte Alexandros belustigt.

Laila errötete, was Sebastian noch mehr ärgerte. „Oh, ich würde dich niemals mit … ihm da verwechseln. Du bist ernst und nachdenklich, ein Logiker, wie Ani mir erzählt hat. Genau wie ich. Dein Bruder hingegen hat eine ganz andere … Ausstrahlung.“ Dann wandte sie sich ab und wirkte ziemlich beschämt über das, was sie eigentlich sagen wollte.

„Du kennst Sebastian natürlich schon“, schaltete Ani sich ein und durchbrach damit diesen Moment der Unbehaglichkeit.

Endlich begegnete Laila seinem Blick. Panik, Nervosität und auch eine stählerne Entschlossenheit flackerten darin auf. „Hallo, Sebastian.“

Die Heiserkeit in ihrer Stimme ließ ihn innerlich nur noch mehr verkrampfen. „Komm schon, Ani, stell uns ruhig einander vor“, verlangte Sebastian. „Damit wir alle wissen, mit wem genau wir es hier zu tun haben.“

„Ja, also, das ist Dr. Laila Jaafri“, fuhr Ani fort. „Sie ist Wissenschaftlerin und beschäftigt sich mit Statistik. Bereits mit zwanzig Jahren hat sie promoviert und mittlerweile so viele Auszeichnungen in ihrem Fachgebiet erhalten, dass es den ganzen Tag dauern würde, sie alle aufzuzählen.“

„Und warum ist sie hier, in unserem Haus?“, erkundigte sich Sebastian bei seiner Schwägerin und betonte dabei, dass er dieses Anwesen ebenso wie sein Bruder sein Heim nannte.

„Das sollte sie dir lieber selbst erklären“, murmelte Ani und stand auf.

Für eine Sekunde verzog Laila das Gesicht, als müsste sie jetzt die Höhle des Löwen betreten.

„Ich glaube, deine kluge Freundin hier hat Angst vor mir, Ani“, bemerkte Sebastian amüsiert und beobachtete Laila. „Vielleicht solltest du bleiben, damit ich sie nicht bei lebendigem Leibe verschlinge.“

„Es ist lächerlich, zu glauben, dass ich Angst vor dir habe“, kommentierte Laila trocken und wandte sich ihm zu. „Ich bin bloß nicht an Situationen gewöhnt, in denen ich deutlich im Nachteil bin und es keinen gesellschaftlichen Präzedenzfall gibt, an den ich mich halten könnte.“

„Trotzdem siehst du so aus, als würdest du jeden Augenblick die Flucht ergreifen wollen.“

„Sebastian, bitte bleib höflich!“, mahnte Ani.

Er schoss von seinem Stuhl hoch. Es war äußerst selten, dass er die Kontrolle über sein Temperament verlor, aber allein der Anblick dieser Frau brachte ihn aus dem Gleichgewicht. „Offensichtlich bist du hier, um mir irgendwie zu schaden, und dabei versteckst du dich noch hinter meiner schwangeren, sehr netten und wahrscheinlich ausgesprochen naiven Schwägerin. Warum habe ich das Gefühl, dass du dich allein aus diesem Grund mit ihr angefreundet hast? Um mir eins auszuwischen? Was für eine Masche hast du bei Ani abgezogen?“ Je mehr er aufbrauste, desto sicherer war er, dass er recht hatte. „Alexandros, ruf den Sicherheitsdienst! Ani konnte nicht ahnen, dass diese Frau eine Diebin und Betrügerin ist und mir früher schon …“

„Hör auf!“, fuhr Ani ihn an. „Gib ihr doch eine Chance, sich zu erklären!“

„Du regst Ani unnötig auf“, sagte Laila zu Sebastian und goss ihrer Freundin ein Glas Wasser ein.

Alle Anwesenden warteten geduldig, dass Ani das Glas nahm und mehrere Schlucke daraus trank.

Danach sah Laila Sebastian an. „Ich bin hergekommen, um dir zu sagen, dass unsere … Begegnung vor drei Jahren, bei der ich dich – Zitat – verführt, bestohlen und erpresst haben soll – Zitat Ende –, nicht ohne Folgen geblieben ist.“ Herausfordernd reckte sie das Kinn und fixierte ihn mit ihren bernsteinfarbenen Augen. „Wir haben Zwillingssöhne. Und ich dachte, du hättest ein Recht darauf, von ihnen zu erfahren. Ich wollte dich fragen, ob du ein Teil ihres Lebens sein willst. Und falls du daran nicht interessiert bist, ob du einen finanziellen Beitrag zu ihrer Erziehung leisten würdest.“ Sie straffte die Schultern.

Folgen? Zwillingssöhne? Wollte sie damit etwa sagen, dass er Vater zweier Kinder war?

In Sebastians Ohren piepte es, als hätte gerade jemand eine Waffe neben seinem Kopf abgefeuert. Er fühlte sich schwindlig und orientierungslos wie bei einem seiner Migräneanfälle. Er hatte zwei Söhne! Mit dieser Frau, die sich ihm unter falschem Vorwand genähert, mit ihm geschlafen und ihm dann ein wichtiges Dokument gestohlen hatte.

Die Wahrheit lag direkt vor ihm, so echt und hell wie das Sonnenlicht, das die goldenen Strähnen in ihrem Haar schimmern ließ. Dennoch konnte er es kaum realisieren.

Seine Emotionen verwandelten sich in einen schwindelerregenden Strudel, in dem er zu ertrinken drohte. Als würde er von allen Seiten bedrängt werden. Es gab kein Entkommen.

Söhne. Er hatte zwei Kinder. Zweijährige Jungen. Zwillinge, so wie Alexandros und er.

Er starrte sie an. Welche Art von Mutter war Dr. Laila Jaafri? Welches neue Theater spielte sie ihm dieses Mal vor?

Tausend Fragen schwirrten in seinem Kopf herum, aber er weigerte sich, ihnen eine Stimme zu geben. Er weigerte sich, Laila sehen zu lassen, wie sehr sie sein Leben in seinen Grundfesten erschüttert hatte. Und wie unzulänglich er sich in diesem Moment fühlte.

Wie lauteten ihre Namen? Wie sahen sie aus? Waren sie lebhaft und lustig wie er oder ruhig wie Alexandros? Kamen sie miteinander aus? Konnten sie schon sprechen? Wie gut sprachen Zweijährige überhaupt?

Weitere Fragen schossen ihm durch den Kopf, doch seine Kehle war wie zugeschnürt. Eine instinktive Reaktion. Reine Selbsterhaltung.

Die Konditionierung aus seiner Kindheit, sich seine Gefühle nicht anmerken zu lassen, erwies sich als ziemlich nützlich. Denn das Letzte, was er wollte, war, Laila zu verschrecken, indem er seine ambivalenten Emotionen und seine Wut offen zeigte. Er hatte sich angewöhnt, niemals die Fassung zu verlieren. Nur so hatte er die Beschimpfungen seines Vaters und dessen wuchtige Fausthiebe überleben können.

Er wandte sich ab und sein Blick fiel auf Ani. Nun bekam seine Selbstkontrolle doch einen kleinen Riss. „Wie lange weißt du es schon?“

„Drei Monate“, antwortete sie und errötete voller Schuldbewusstsein.

Drei Monate … Seit einem Vierteljahr kannte sie die Wahrheit und hielt sie trotzdem vor ihm verborgen. Seine beste Freundin. Seine Schwester, auch wenn sie nicht blutsverwandt waren. Für ihn war sie viel mehr als nur seine Schwägerin.

Er ließ sie deutlich sehen, wie verraten er sich fühlte, und bemühte sich, die Tränen auf ihren Wangen zu ignorieren.

„Nimm es ihr nicht übel“, meldete sich Laila erneut zu Wort und trat einen Schritt zwischen die beiden, als wollte sie die hochschwangere Ani vor ihm schützen.

Cristos, was dachte diese Frau bloß von ihm?

„Wenn Annika mich nicht überredet hätte, dir endlich …“ Sie unterbrach sich und fuhr sich kurz mit der Zunge über die Lippen, was Sebastians Aufmerksamkeit auf ihren verführerischen Mund lenkte. „Jedenfalls hätte ich weitaus länger gebraucht, um mich dir anzuvertrauen.“

„Die Frage ist ja wohl, ob du mir überhaupt jemals reinen Wein eingeschenkt hättest“, fuhr Sebastian sie an. Seine Frustration war nicht zu überhören.

„Natürlich.“

„Das glaube ich dir nicht.“

„Du musst mir nicht glauben, und ich muss dir auch nichts beweisen, Sebastian. Die Entscheidung war auf jeden Fall nicht leicht für mich.“

„Auch das glaube ich dir nicht. Ich weiß, wie doppelzüngig du sein kannst, Dr. Jaafri“, fügte er süffisant hinzu. „Wie leicht es dir fällt, ein Lügennetz zu spinnen, Interesse zu heucheln und dich einem Opfer zu nähern, nur um es dann zu bestehlen.“

„Ich habe das nur getan, weil du einen unschuldigen Mann ruinieren wolltest!“, platzte sie heraus, als ihr eigenes Temperament endlich an die Oberfläche kam. „Und ich hatte nie die Absicht, mit dir zu schlafen. Es war … absolut ungeplant“, schloss sie und wurde hochrot im Gesicht.

„Ein echter Schub für mein männliches Ego, dass die brillante Dr. Laila Jaafri mit ihrem unendlich logischen Verstand meinem Charme erlegen ist“, stieß er hervor, wobei sein Sarkasmus in jedem einzelnen seiner Worte deutlich hervortrat. „Da wir nun endlich ehrlich zueinander sind, verrat mir doch bitte eins: War es die Strafe für meine Sünden, dass du mir meine Kinder vorenthalten hast?“

„Natürlich nicht. Mir wäre es lieber gewesen, den Kindsvater einfach zu vergessen, der mich hasst, weil ich ihn bestohlen habe. Doch es wäre meinen Kindern und dir gegenüber unfair, wenn ich euch keine Chance geben würde, einander kennenzulernen. Darum habe ich Unmengen von Daten gesammelt. Über deine Freunde und die Frau, von der ich dachte, dass du sie in der Nacht vor eurer Hochzeit mit mir betrogen hast. Ich wollte sichergehen, dass du dich nicht in ein Monster verwandeln würdest, das mir meine Kinder wegnimmt, wenn ich dir die Wahrheit sage. Es ist schwer, zwei kleine Jungen allein großzuziehen – in finanzieller, emotionaler und körperlicher Hinsicht. Außerdem wollte ich nicht zulassen, dass mein Stolz und meine Bedenken dir gegenüber verhindern, dass meine Kinder mit einem Vater in der Nähe aufwachsen können.“

All das sagte sie leise, in einem ruhigen Tonfall. Und doch überzeugte Sebastian gerade diese Emotionslosigkeit von der Wahrheit ihrer Worte.

„Du hast dich also mit der Absicht an Ani gewandt, mehr über mich herauszufinden? Wo hast du sie aufgespürt?“

„An der Schule, wo sie Musikunterricht nimmt. Schon bei unserem ersten Gespräch erzählte sie mir, dass eure Hochzeit nichts weiter als eine Abmachung unter Freunden gewesen war, um ihr aus der Patsche zu helfen. Und da habe ich ihr gleich meine eigene Situation geschildert.“ Ihre Brust, die sich selbst unter dem weiten T-Shirt deutlich abzeichnete, hob und senkte sich schneller.

Und Sebastian wurde eine Sache in Bezug auf Dr. Laila Jaafri klar: Trotz all der Spielchen, die sie mit ihm getrieben hatte, war sie ein rationaler Mensch. Man konnte vernünftig mit ihr reden.

Er wandte sich von ihr ab und sein Blick traf auf den von Alexandros. Sein Bruder wirkte absolut fassungslos. Ani war ihrer neuen Freundin gegenüber loyal gewesen und hatte nicht einmal ihren eigenen Ehemann ins Vertrauen gezogen.

So unterschiedlich sie auch waren, im Gesichtsausdruck seines Zwillingsbruders fand Sebastian die Antwort, die er sich nicht eingestehen wollte. Er war ein Skalas und hatte von Anfang an versucht, die erdrückenden Erwartungen, die mit dem Namen verbunden waren, abzuwehren. Und doch stand er hier an einer Kreuzung, von der er nie gedacht hätte, dass er einmal dort landen würde.

Eine Frau, der er nicht vertraute, war die Mutter seiner beiden Kinder. Ob er Laila in seinem Leben haben wollte oder nicht, spielte keine Rolle. Ob er sich in irgendeiner Weise gerüstet fühlte, Vater zu sein, war ebenfalls irrelevant. Diese Situation war jetzt seine neue Realität.

Der Sebastian Skalas, der die Misshandlungen durch seinen Vater überlebt hatte, ohne sein Selbstbewusstsein zu verlieren, der als kleiner Junge von einer liebevollen Familie geträumt hatte, der jahrelang nach einer Mutter gesucht hatte, die ihn und Alexandros verlassen hatte … Dieser Sebastian würde sich niemals von seinen eigenen Söhnen abwenden.

„Wo sind sie?“, fragte er mit erstaunlich fester Stimme.

„Bei ihrem Kindermädchen. Etwa zweieinhalb Stunden von hier entfernt“, antwortete Laila und sah ihn ernst an. „Annika hat für uns eine Luxussuite in einem Athener Hotel gebucht.“

Das war zwei Autostunden von hier entfernt …

Wenigstens hatte seine Schwägerin den gesunden Menschenverstand besessen, diese sture Frau davon zu überzeugen, in einem guten Hotel zu übernachten und nicht in irgendeiner schäbigen Absteige. Sebastian ahnte schon, dass dies keine leichte Aufgabe gewesen war. Laila besaß ihren Stolz, daran hatte er keinen Zweifel.

„Ich dachte, du würdest sie sehen wollen“, fuhr sie fort. „Sozusagen als Beweis für meine Behauptung – unabhängig von deiner Entscheidung.“

„Als Beweis?“

„Dafür, dass die beiden von dir sind.“ In ihrer klinisch kühlen Art starrte Laila ihn an, dann warf sie einen Seitenblick auf Alexandros. „Sie haben deine Nase und das pechschwarze Haar, aber meine Augen. Ich verstehe natürlich, dass du bestimmt einen Vaterschaftstest machen willst.“

Sebastian ärgerte sich über ihren sachlichen Ton, schaffte es aber, seine Reaktion im Zaum zu halten. „Wir werden sie hierherbringen. Sofort.“

„Ich würde das lieber allein tun. Die Kleinen sind erst zwei Jahre alt, Sebastian. Nikos ist drei Minuten älter als sein Bruder. Fröhlich, vertrauensvoll und sehr ausgeglichen. Zayn dagegen ist etwas launisch und sensibel. Und da kann ich dich ihnen nicht einfach so ohne Vorwarnung präsentieren. Das wird ein bisschen Zeit brauchen.“

„Nikos und Zayn“, wiederholte er und fühlte sich wie in Trance.

Vor seinem geistigen Auge verwandelten sich die beiden von abstrakten Zweijährigen in kleine, süße Jungs mit echten Persönlichkeiten. Nikos war also freundlich und eher angepasst? Und Zayn war das Sensibelchen? Ähnlich wie Sebastian es selbst einmal gewesen und dafür unbarmherzig bestraft worden war.

Er schluckte. „Du gehst nirgendwohin“, stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und nahm sein Telefon zur Hand. „In welchem Hotel seid ihr?“

Sie musterte ihn und seufzte dann. „Ihnen geht es gut, sie können noch ein paar Stunden lang warten. Wir sollten erst unsere Pläne besprechen, bevor wir an eine Zusammenführung denken.“

„Es sind meine Söhne. Ob sie es nun verstehen oder nicht, das bleibt eine Tatsache.“

„Sicher, aber ich möchte wissen, wie sehr du dich einbringen möchtest. Schließlich habe ich mir ein eigenes Leben aufgebaut, und wir müssen uns überlegen, wie wir das gemeinsame Sorgerecht ausüben werden.“

„Ah, da ist sie wieder, die organisierte Dr. Jaafri. Dann will ich dir mal etwas sagen: Ich werde mich nicht auf Wochenenden und Feiertage beschränken.“

„Was soll das bedeuten? Elternschaft ist anstrengend und man muss auf viel Freiheit und Unabhängigkeit verzichten.“

„Du meinst also, ich sollte meine Verabredung morgen Abend mit dem heißen Dessous-Model absagen?“, fragte er ironisch.

Sie blinzelte. „Nein, du musst nicht wie ein Mönch leben. Aber die Erziehung kleiner Kinder erfordert einige persönliche Opfer. Und ich erwarte nicht, dass du dein ganzes Leben umkrempelst.“

Hinter sich hörte er Annika seufzen, während Alexandros eisern schwieg.

Autor

Tara Pammi
<p>Tara schreibt sexy Romanzen mit anbetungswürdigen Helden und sexy Heldinnen. Ihre Heldinnen sind manchmal laut und rebellisch und manchmal schüchtern und nerdig, aber jede von ihnen findet ihren perfekten Helden. Denn jede Frau verdient eine Liebesgeschichte! Tara lebt in Texas mit ihrem ganz persönlichen Helden und zwei Heldinnen in der...
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