Kommt die Liebe ins Spiel
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Als Hadley Stone in dem romantischen Berghotel eintrifft, wei
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Kommt die Liebe ins Spiel?
Das ist dem Hotelmanager Gabe Trask noch nie passiert: Sein neuer Gast, eine elegante Blondine, fasziniert ihn so sehr, dass er all seine Prinzipien vergisst. Wange an Wange tanzt er die ganze Nacht mit dieser zauberhaften Frau. Eng kuschelt sie sich an ihn, so dass er genau spürt, auch sie hat sich auf den ersten Blick verliebt. Doch als er sie am nächsten Morgen wiedersieht, muss er mit einer tiefen Enttäuschung fertig werden: Hadley Stone ist kein Gast, sondern hat einen ganz besonderen Auftrag ...
BIANCA erscheint 14-täglich im CORA Verlag GmbH & Co. KG, 20354 Hamburg, Valentinskamp 24
Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Tel.: +49 (040) 60 09 09 – 361 Fax: +49 (040) 60 09 09 – 469 E-Mail: info@cora.de |
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Thomas Beckmann |
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Ilse Bröhl (verantw. f. d. Inhalt i. S. d. P.) |
Lektorat/Textredaktion: |
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© 2005 by Chez Hardy LLC
Originaltitel: „Under The Mistletoe“
erschienen bei: Silhouette Books, Toronto
in der Reihe: SPECIAL EDITION
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V., Amsterdam
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BIANCA
Band 1552 (1/1) 2007 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg
Übersetzung: Michaela Rabe
Fotos: gettyimages
Veröffentlicht als eBook in 07/2011 - die elektronische Version stimmt mit der Printversion überein.
ISBN: 978-3-86295-871-9
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
eBook-Herstellung und Auslieferung:
readbox publishing, Dortmund
Der Verkaufspreis dieses Bandes versteht sich einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
JULIA, ROMANA, BACCARA, MYSTERY, MYLADY, HISTORICAL
Manhattan, August 2006
„Nur weil ich die Wall Street enttäuscht habe?“ Ungläubig sah Hadley ihren Vater an.
Robert Stone bedachte sie mit tadelndem Blick. „Der Aktienkurs von Stone Enterprises ist seit der Ergebnismeldung für Becheron Minerals um zwei Dollar gesunken. Mit dem Kauf dieses Konzerns haben wir großes Aufsehen erregt. Dein Job war es, ihn zu retten.“
„Aber das habe ich getan! Die Gewinne sind höher als firmenintern prognostiziert.“
„An der Börse hat man mehr erwartet.“
Was weiß ein Haufen Wall-Street-Analysten schon von betriebsinternen Abläufen? Hadley kochte. Unzählige Stunden hatte sie im Flugzeug gesessen, war durch die halbe Welt geflogen zu den einzelnen Becheron-Betrieben, nur um jetlag-geplagt eine Konferenz nach der anderen durchzustehen, ein einziges Ziel vor Augen: die vom Bankrott bedrohte Minengesellschaft in ein hoch profitables Unternehmen zu verwandeln. Und mit welchem Ergebnis? Man entzog ihr die Verantwortung, weil sie die aufgeblähten Erwartungen von Börsenanalysten nicht erfüllt hatte!
Sie schluckte den Frust hinunter. Gefühle zu zeigen galt bei Robert Stone als unverzeihliche Schwäche. „Ich kenne Becheron in- und auswendig“, sagte sie. „Wenn du jemand anderen einsetzt, braucht er einen Monat, um sich einzuarbeiten.“
„Eliot Ketchum übernimmt den Posten. Ich halte ihn für fähig.“
„Das heißt, ich werde degradiert?“
„Betrachte es als Neuordnung. Es war mein Fehler, zu schnell zu viel von dir zu erwarten.“
Protest würde auf taube Ohren stoßen. Das wusste sie aus Erfahrung. Becheron Minerals war ihre große Chance gewesen, und sie hatte die Früchte ihrer Arbeit abgeliefert. Der Dank war eine Ohrfeige.
Die Stirnfalten ihres Vaters glätteten sich. „Es ist nicht deine letzte Chance gewesen, Hadley. Du weißt, ich habe große Pläne mit dir bei Stone. Schon immer.“
Genau genommen seit frühester Kindheit. Sie konnte sich an keine Zeit erinnern, in der ihr Vater nicht ihr Leben bestimmt hätte. Ob in der Schule, bei der Auswahl ihrer Freunde oder bei ihrer Karriere. Hohe Anforderungen, strenge Disziplin und gelegentlich ein unerwartetes Lob war die Mischung, die Hadley immer wieder angespornt hatte, ihr Bestes zu geben. Ein anderes Kind hätte vielleicht rebelliert. Sie verausgabte sich bis zur Erschöpfung, um den Ansprüchen ihres Vaters zu genügen. Der Erbe zu sein, ein würdiger Ersatz für den Sohn, den er nie gehabt hatte.
Nicht zum ersten Mal fragte sie sich, ob sie es ihm überhaupt je recht machen könnte. Und nicht zum ersten Mal verdrängte sie die Antwort. Nein, sie wollte sich nicht näher damit beschäftigen. Nicht, nachdem sie achtundzwanzig Jahre lang dafür gelebt hatte, ihrem Vater zu gefallen.
Die Wechselsprechanlage summte.
„Was gibt es, Ruth?“
„Justin Palmer ist hier, Mr. Stone, um die Neustrukturierung von W. S. Industries zu besprechen.“
„Schicken Sie ihn herein.“ Robert wandte sich an Hadley. „Wir reden gleich weiter. WSI hat Vorrang.“
Sicher. Bei Stone Enterprises wollte jeder wissen, was Robert Stone mit Whit Stones Konzern vorhatte. Whit Stone, Robert Stones Vater, der vor allem sein ärgster Konkurrent und erst an zweiter Stelle sein Vater gewesen war. Robert hatte alles versucht, um Whit auszustechen und in den finanziellen Ruin zu treiben. Am Ende war er gescheitert. Bei seinem Tod hinterließ Whit ein florierendes Unternehmen. Dass er das gesamte Konglomerat seinem Sohn vererbte, musste für ihren Vater doppelte Schmach bedeuten. Davon war Hadley überzeugt.
Nicht dass sie es gewagt hätte, ihn danach zu fragen.
Der grauhaarige Firmenanwalt überreichte Robert den gebundenen Bericht und nahm in einem der massigen Ledersessel Platz.
„WSI in Kurzform. Die vorläufige Bewertung der Holdings, Beteiligungen, Aktienkapital und so weiter. Sie deckt sich mit der Nachlassaufstellung, auch wenn letztere meiner Einschätzung nach etwas höher angesetzt ist.“ Er lächelte schwach.
„Irgendwelche Überraschungen?“
„Im Grunde nicht.“
Robert nickte. „Verkaufen Sie.“
„Gut, ich werde bekannt geben, dass der Weg für Fusionen und Übernahmen frei ist.“
„Sie haben mich missverstanden. Reißen Sie sie auseinander und veräußern Sie sie häppchenweise.“
Palmer traute offenbar seinen Ohren nicht. „Robert, über siebzig Prozent der Firmen auf dieser Liste schreiben schwarze Zahlen, und weitere zwanzig werden innerhalb der nächsten fünf Jahre üppige Gewinne abwerfen. Wenn Sie sie ausschlachten, werfen Sie einen Haufen Geld zum Fenster hinaus.“
„Und spare einen Großteil der Erbschaftssteuer.“ Stone schlug den Bericht zu. „Setzen Sie Ihre Verwertungsspezialisten darauf an. Ich will, dass diese Unternehmen in einem Monat Geschichte sind.“
„Die Sache hat einen Haken.“
Robert zog die Augenbrauen zusammen. „Ich will kein Aber hören, Justin, sondern ein Ja“, sagte er schneidend.
„Und wenn das Testament es nicht zulässt?“
„Erklären Sie es mir.“
„Ihr Vater hat eine Beteiligung genannt, die weder verkauft noch aufgelöst werden darf. Sie soll in der Familie Stone verbleiben, nach Treu und Glauben geführt. Sonst geht das gesamte Erbe an eine Wohltätigkeitsorganisation.“
Fasziniert beobachtete Hadley ihren Vater. Jahrelang hatte er die Fäden gezogen, nun war er selbst die Marionette. Selbst er würde seinen Prinzipien keine dreißig Milliarden Dollar opfern.
„Welche Beteiligung?“
„Ein altes Hotel oben in New Hampshire.“
„Was zum Teufel will er mit einem Hotel? Er hatte sich auf Hochtechnologie und Industrieproduktion spezialisiert, nicht auf Bettenwirtschaft!“
„Mein Eindruck ist, dass er getan hat, was er wollte.“
„Und Stone Enterprises tut, was ich will“, kam die eisige Antwort. „Finden Sie einen Weg, die Klausel zu umgehen.“
Palmer schüttelte den Kopf. „Wir haben sie von allen Seiten abgeklopft. Nichts zu machen. Mit dem Rest können Sie verfahren, wie es Ihnen beliebt, Robert, aber das Hotel bleibt in der Familie.“
Die Sekunden tickten dahin. Hadley wartete auf die Explosion. Doch Robert gewann den Kampf um Kontrolle. „Na schön. Wenn wir es nicht loswerden können, sehen wir zu, dass wir den Gewinn maximieren. Ich will nicht, dass ein solcher Betrieb mir die Bilanzen verdirbt.“
„Das heißt, es muss sich jemand so schnell wie möglich darum kümmern.“
„Ich weiß.“ Robert wandte sich Hadley zu. „Wie es aussieht, ergibt sich für dich eher als erwartet eine neue Gelegenheit. Vergiss Becheron. Du fährst nach New Hampshire.“
New Hampshire, Dezember 2006
Eine neue Gelegenheit, hatte ihr Vater gesagt. Verbannung passt besser, dachte Hadley, als sie auf der schmalen Straße in den White Mountains in die nächste Kurve fuhr. Von der stellvertretenden Geschäftsführerin eines hoch gehandelten Unternehmensbereichs zur Notfallschwester eines antiquierten Hotels in den Bergen herabgestuft. Hier, wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagten.
Aus und vorbei mit den Flügen nach Zürich, Kapstadt und Buenos Aires. Die einzige Stadt weit und breit war Montpelier im Bundesstaat Vermont, und auch die lag gute anderthalb Stunden vom Hotel entfernt. Da es keine Direktflüge gab, hatte sie eine Weile in Boston warten müssen, ehe sie einen Anschlussflug bekam.
Degradierten Geschäftsführern stand der Firmenjet natürlich nicht zur Verfügung.
Ihr Handy klingelte.
„Hallo?“, meldete sie sich geistesabwesend.
„Guten Morgen, mein Schatz.“ Die Stimme beschwor Erinnerungen an Parfum, Gardenien und zarte Küsse herauf.
„Hallo, Mutter.“
„Kommst du vorbei, bevor du abreist, damit wir über die Ferien reden können?“
Hadley verdrehte die Augen. „Leider zu spät, ich bin bereits angekommen.“
„New Hampshire.“
„Aha. Und wie ist New Hampshire?“
„Kalt“, antwortete sie. „Viele Bäume, viel Schnee.“
„Hört sich bezaubernd rustikal an. Dein Vater geht davon aus, dass du eine Weile fort sein wirst.“
Wie schön, das zu wissen. „Mal sehen, wie es sich entwickelt. Über Weihnachten müsste ich mir aber ein, zwei Tage freinehmen können.“
„Genau deswegen rufe ich an.“ Irene zögerte. „Weißt du, wir fliegen über die Feiertage nach Gstaad. Die Zwillinge können es kaum erwarten.“
Acht Stunden hin, acht Stunden zurück allein für die Reisezeit. „Hört sich toll an“, sagte Hadley langsam, „aber ich glaube nicht, dass ich gerade jetzt so lange abkömmlich sein kann. Wäre es möglich, dass ihr den Trip auf nach Weihnachten verschiebt?“
„Nun, die Zwillinge wollen unbedingt während der Feiertage dort sein. Ein paar Freunde von ihnen planen eine große Party, die sie natürlich nicht verpassen möchten. Und nächstes Jahr ist ihre Debütantenzeit. Also geht es nur in diesem Jahr.“
Debütantenzeit? Parties, Einladungen zum Tee, festliche Bälle, um die Töchter der High Society in die Gesellschaft einzuführen – diese Tradition stammte aus dem 18. Jahrhundert! „Sicher, die Debütantenzeit.“ Hadley unterdrückte einen Seufzer.
„Ach ja, falls du für die beiden noch nichts zu Weihnachten hast, sie sind ganz verrückt nach diesen neuen Louis-Vuitton-Taschen. Die mit den Kirschen.“
Hadley schaute auf die fichtenbedeckten Berge rundherum. „Ich werde sehen, was ich finde.“
„Wunderbar. So, jetzt sollte ich dich in Ruhe lassen, ich weiß, du bist beschäftigt.“
„Alles Liebe, Mom.“
„Dir auch, mein Schatz.“
Die Leitung war tot. Hadley fühlte sich wieder einmal daran erinnert, dass nie von den drei Töchtern der Familie Stone die Rede war, sondern dass es immer die Zwillinge ihrer Mutter und die Tochter ihres Vaters gegeben hatte. Alle drei hatten die gleichen weizenblonden Haare, graue Augen und ähnliche feine Züge. Alle drei waren im selben Haushalt aufgewachsen.
Und doch völlig unterschiedlich. Robert Stone fing früh an, das Leben seiner Ältesten zu bestimmen. Vielleicht war es nur natürlich, dass Irene sich auf die Erziehung der Zwillinge gestürzt hatte. Jedes Mal, wenn Hadley ihre Schwestern und ihre Mutter zusammen sah, wurde ihr stärker bewusst, dass sie in einer völlig anderen Welt lebten. Ihr Alltag drehte sich um Einkäufe, Frisuren, Mode und Parties, Dinge, für die Hadley nie Zeit hatte.
Und sie wurde das Gefühl nicht los, dass sie sich mehr und mehr von ihnen und ihrer Welt entfernte.
Sie bog auf die Straße ein, die zum Hotel führte. Nicht dass die pockennarbige Asphaltdecke diese Bezeichnung verdient hätte. Der Wald wurde dichter. Hadley war schon jetzt klar, an welchem Problem das Hotel Mount Jefferson in erster Linie krankte. Der Standort war falsch. Skiläufer und Wanderer, also die Zielgruppe, die sich zur Erholung in dieser Gegend aufhielt, waren sicher nicht bereit, einen Haufen Geld für die Unterbringung in einer pompösen Frühstückspension zu zahlen. Entweder übernachteten sie in Zelten oder, falls sie es sich leisten konnten, in einer der schicken Ferienhütten, an denen sie vorbeigefahren war.
Wie sollte sie die hochgesteckten Forderungen ihres Vaters erfüllen?
Hadley umklammerte das Lenkrad fester. Anstatt einen Unternehmensbereich mit sieben Niederlassungen und mehr als zweitausend Mitarbeitern zu führen, sollte sie nun ein verstaubtes altes Hotel mit ein paar hundert Angestellten auf Vordermann bringen, von denen die meisten wahrscheinlich keine Zähne mehr hatten.
Bewerte den Laden, entwickle eine Strategie und setze sie um, hatte ihr Vater verlangt. In sechs Monaten musst du den Gewinn verdoppelt, in einem Jahr vervierfacht haben.
Geh wohin der Pfeffer wächst, wäre die richtige Antwort gewesen. Leider hatte sie keine andere Wahl, als sich zu fügen. Natürlich könnte sie sich um eine andere Stellung bewerben. Aber wer würde sie einstellen, ohne zu befürchten, dass sie für Stone Enterprises spionierte? Außerdem würde ihr Vater ihr das nie verzeihen und dafür sorgen, dass sie ihm nicht ungestraft den Rücken kehrte. Ihr Zuhause wäre nicht länger ein Zuhause für sie. Wollte sie das? Wollte sie alles, wirklich alles aufgeben?
Hadley seufzte. Sie wollte nicht in diesem Wagen sitzen, sie wollte nicht auf dieser Straße sein. Aber ihr blieb nichts anderes übrig. Sie musste tun, was Robert Stone sagte. Also setzte sie ihre Fahrt fort zu einem Hotel, in das sich bestimmt wenige Menschen verirrten, außer den armen Seelen, die dort arbeiteten.
Die armen Seelen, auf die eine gewaltige Überraschung wartete.
„Das ist nicht Ihr Ernst.“ Gabriel Trask, von allen nur Gabe genannt, sah seine Wirtschaftsleiterin ungläubig an. „In der gesamten Wäscherei gibt es kein Wasser?“
Die stämmige Mona Landry warf ihm einen finsteren Blick zu. „Ein Rohrbruch. Die Wäscherei war offenbar nicht wichtig, als im letzten Frühjahr die Rohrleitungen erneuert wurden.“
„Burke?“ Gabe wandte sich an den Haustechniker.
Der spreizte beide Hände. „Wir mussten Prioritäten setzen. Die Gäste stehen an erster Stelle. Ich hatte geplant, im Frühjahr auch die restlichen Leitungen zu verlegen.“
„Und was werden die Gäste sagen, wenn sie auf saubere Bettwäsche und Handtücher verzichten müssen?“, meinte Mona grantig.
„Mona.“ Gabe hob die Hand. „Wir haben ein Problem, und wir müssen es lösen. Burke, haben Sie das Leck gefunden?“
„Möglicherweise ist das Rohr draußen geborsten. Vermutlich Frostschaden.“
„Wir haben an einigen Stellen aufgegraben, um es herauszufinden.“
Gabe runzelte die Stirn. „Das dürfte nicht so schwer sein, oder?“
„Der Boden ist gefroren. Es sind zehn Grad minus, und die Temperatur fällt. Das heißt, die Männer können nur für kurze Zeit draußen arbeiten.“
„Was schätzen Sie, wie lange es dauern wird?“
„Wir tun, was wir können. Morgen Nachmittag spätestens sollten wir fertig sein. Ich möchte die gesamte Leitung neu legen, wenn wir schon mal dabei sind. Sonst ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie an anderer Stelle platzt.“
Auch das noch. „Mona, wie sehen Ihre Wäschevorräte aus?“
„Für heute habe ich genug, und für morgen vielleicht für die Hälfte der Zimmer. Danach …“ Sie zuckte mit den Schultern. „Ich habe Ihnen schon oft gesagt, dass wir mehr Wäsche brauchen.“
Neue Wäsche, neue Leitungen, neue Teppiche für den Ballsaal.
Dieses Hotel verschlang Unsummen. Wenn sein rabenschwarzes Haar eines Tages weiß war, wusste er, wem er das zu verdanken hatte. Gabe unterdrückte einen Seufzer. „Also gut, wir fahren zur Wäscherei in Montpelier. Mona, lassen Sie sich von Susan die Telefonnummer geben. Einer der Gartenarbeiter kann die Ladung hinfahren.“
„Nicht, wenn Sie das Rohr repariert haben wollen“, gab Burke zu bedenken.
Sekundenlang schloss er die Augen. „Okay, nehmen Sie sich einen der Pagen. Er soll sofort starten.“ Natürlich würde der Mann am Empfang fehlen, aber sie würden schon klarkommen.
Notfalls würde er die verdammte Wäsche selbst hinbringen.
Bäume. Überall nichts als Bäume. Hadley gähnte. Den ersten Flug zu nehmen, hatte sich noch gut angehört, als sie das Ticket buchte. Erst als heute Morgen um fünf ihr Wecker klingelte, war ihr klar geworden, welcher Schnapsidee sie da aufgesessen war. Wenn sie im Hotel ankam, konnte sie die Belegschaft einem ersten Test unterziehen – wie geht sie mit mies gelaunten Frühaufstehern um?
Sie lenkte den schnittigen Mietwagen in eine Kurve. Plötzlich waren keine Bäume mehr vor ihr, der Blick aufs Tal frei.
Hadley hielt den Atem an.
Wie ein weiß getünchtes Schloss schmiegte sich das Hotel Mount Jefferson an den Berghang, ein traumhafter lang gestreckter Bau mit Türmchen und Säulengängen. Die roten Dächer glühten im Schein der Wintersonne. Auf den Türmen flatterten Fahnen im Wind. Bilder von Frauen in pastellfarbenen viktorianischen Gewändern tauchten vor Hadleys geistigem Auge auf. Wie sie, einen Sonnenschirm in der Hand, anmutig auf der Vorderveranda lustwandelten. Die sanften Hügel, die die Hotelanlage umgaben, waren mit Schnee bedeckt. Im Sommer wären sie grün, ein zauberhafter Anblick.
Die Fotos wurden dem Hotel nicht gerecht. Natürlich hatte sie ihre Hausaufgaben gemacht, kannte die Betriebszahlen und wusste, dass es sich nicht um ein kleines Berghotel handelte. Aber sie hatte nicht diesen verwunschenen Ort erwartet. Ihr war, als hätte sie eine Zeitreise angetreten, um in einem vergangenen Jahrhundert zu landen. In einer Umgebung, die sie an Ballkleider, Nachmittagstee mit hauchfeinem Porzellan und wärmenden Grog vor dem Kaminfeuer denken ließ.
Sie hätte nicht damit gerechnet, entzückt zu sein.
Hier geht es nicht um Entzücken, sondern ums Geschäft, hörte sie ihren Vater buchstäblich sagen.
Die Begeisterung schwand. Schon fragte sie sich, wie die zahlreichen Räume wohl beheizt würden. Zugige Räume, die schon an die hundert Winter hatten überstehen müssen. Sicher von einer Heizanlage, die von Bürgerkriegsveteranen installiert worden war. Wie oft gab diese Heizanlage den Geist auf? Hadley seufzte. So bezaubernd das Hotel von außen wirkte, sie musste die Vorgaben erfüllen, sonst würde ihr Vater sie länger ins Exil schicken, als ihr lieb war.
Weiße, aus dem viktorianischen Zeitalter stammende Lampen säumten die breite Zufahrt. Aus der Nähe betrachtet wirkte das Hotel Mount Jefferson noch beeindruckender. Die großen Fenster glänzten. Marmorstufen führten auf die mit grünem Teppich ausgelegte Veranda. Für die Koffer der Abreisenden standen zierliche, auf Hochglanz polierte Messinggepäckständer bereit. An der anderen Seite entdeckte Hadley, passend zur Vorweihnachtszeit, einen leuchtend rot gestrichenen antiken Schlitten.
Ein Page vom Parkservice öffnete ihr die Tür, sobald sie angehalten hatte. „Willkommen im Hotel Mount Jefferson. Darf ich Ihr Gepäck nehmen?“
„Im Kofferraum.“
„Sehr gut.“ Er reichte ihr eine grüne Marke im Austausch für die Wagenschlüssel. „Rufen Sie bitte diese Nummer an, sobald Sie in Ihrem Zimmer sind. Man wird Ihnen umgehend das Gepäck bringen.“
Hadley schritt die Stufen hinauf und trat zu dem Pferdeschlitten. Die geschliffenen Glasscheiben der Lampen reflektierten das Tageslicht, die Messingfassungen schimmerten. Hier achtet jemand aufs Detail, dachte sie, während sie über das glatte gebogene Holz strich. Jemand, der genau weiß, wie wichtig die kleinen Dinge im Leben sind.
Der Hoteldiener begrüßte sie lächelnd und öffnete die weiße Eingangstür mit den verschnörkelten Messinggriffen. „Willkommen, Miss.“ Er tippte sich an die Kappe, Hadley betrat das Haus – und landete in einer vollkommen anderen Welt.
Fasziniert blieb sie stehen, angekommen in einer Zeit, in der die Uhren langsamer tickten, in der Anmut und Schönheit ihren festen Platz hatten. 1903. Diese Jahreszahl jedenfalls hatten ihre Recherchen ergeben.
Von ihrem Platz aus betrachtet schien die Eingangshalle sich bis in den Ostflügel hin auszudehnen. Licht und Luft, viel Raum, war ihr Eindruck. Weiße Säulen mit Goldmalerei und verschnörkelten Kapitellen stützten die an die sechs Meter hohe Kassettendecke. Mächtige Kristalllüster verströmten ein warmes Licht, das sich mit den Sonnenstrahlen mischte, die durch die riesigen Sprossenfenster hereindrangen.
Und tatsächlich, da war auch der Kamin aus behauenem Granit, in dem dicke Holzscheite mit knisternden Flammen brannten. Jetzt fehlten Hadley nur noch ein elegantes Abendkleid und ein Grog vor dem Zubettgehen, und das Bild wäre komplett.
Sie schüttelte rasch den Kopf und strebte zur Rezeption.
„Willkommen im Hotel Mount Jefferson.“ Die freundliche junge Angestellte hatte kastanienrotes Haar und war hochschwanger. Ihr Namensschild wies sie als Angie aus.
„Ein Zimmer, bestellt auf den Namen Stone.“ Hadley schob ihre Kreditkarte über den polierten Tresen. „Ich weiß, ich bin zu früh hier, aber ich dachte, Sie hätten vielleicht etwas fertig.“
Angie sah sie entschuldigend an. „Ich checke Sie gern ein, aber vor halb drei kann ich Ihnen nichts anbieten. Tut mir leid, gerade erst ist eine große Gruppe abgereist. Gestern Nacht waren wir voll ausgebucht.“
Gegen ihren Willen beeindruckt wiederholte Hadley: „Voll?“
„Oh ja, eine Firmenkonferenz.“
Zu hundert Prozent belegt, sinnierte sie. Vielleicht war die Angelegenheit nicht so hoffnungslos wie befürchtet.
„So, ich habe Sie eingetragen.“ Angie gab ihr die Karte zurück. „Kommen Sie gegen halb drei wieder, dann müsste etwas frei sein. Falls Sie etwas essen möchten, unser Restaurant Cortland’s bietet Mittagessen an, und um zwei gibt es freien Nachmittagstee für unsere Gäste. Außerdem können wir Ihnen Umkleideräume zur Verfügung stellen, wenn Sie Ski laufen möchten. Der Zubringer zu den Pisten fährt alle fünfzehn Minuten.“
„Vielen Dank“, sagte Hadley. „Das hört sich großartig an.“
Der Tee wurde im Wintergarten, der sich halbkreisförmig an die Lobby anschloss, gereicht. Weiße Korbmöbel und üppige Grünpflanzen belebten den Raum. Hadley schenkte sich eine Tasse Earl Grey ein und wählte zwei köstlich aussehende Sandwichhäppchen aus: Gorgonzola und Birne auf Roggen-, Brunnenkresse auf Weißbrot.
In einer Hand Tasse und Untertasse, in der anderen den Teller, steuerte sie auf einen Stuhl am Fenster zu. Die Scheiben reichten vom Boden bis zur Decke und boten einen atemberaubenden Blick auf die schneebedeckten Berge am Ende des Tals.
Gelächter ließ sie aufsehen. Auf einem zierlichen Korbsofa saßen ein Mann und eine Frau dicht aneinandergeschmiegt. Plötzlich stellte sie sich vor, wie sie anstelle der hübschen Blondine dort säße, während der gut aussehende Mann neben ihr sie voller Liebe anblickte.
Augenblicklich schlich sich Misstrauen in ihre Gedanken. Waren die beiden wirklich glücklich? Wie lange würde die Beziehung halten?
Du hast zu viel Geld, hörte sie ihren Vater sagen, du musst vorsichtig sein. Es fiel ihr nicht schwer. Die Männer, denen sie begegnet war, ließen sich in zwei Kategorien einteilen: die einen, die sie wegen ihrer Verbindung zu Robert Stone fürchteten, und die anderen, die ihr Avancen machten, weil sie eine Stone war.
Außerdem, was verpasste sie schon? Eine unterkühlte Partnerschaft wie die Ehe ihrer Eltern? Den Gang zum Scheidungsrichter, den einige Verwandte und Bekannte zurückgelegt hatten? Freunde hatte sie nicht. Ihre Schulkameraden waren in alle Himmelsrichtungen verstreut. Um neue Freundschaften aufzubauen, war nie Zeit gewesen. Wie sollte sie eine Verabredung zum Dinner planen, wenn sie ständig im Flugzeug oder spätabends im Büro saß, um an einer Telefonkonferenz mit Tokio teilzunehmen?
Hier, in einer Umgebung wie aus einem Märchen, war es leicht, in die Falle zu tappen und sich nach Liebe zu sehnen. Aber war Liebe nicht genau das – ein Märchen? Im richtigen Leben schwand die Verliebtheit rasch, und Liebe wurde stets an Bedingungen geknüpft und war nicht so selbstlos wie in romantischen Spielfilmen. Diese Lektion hatte sie vor langer Zeit gelernt. Es erschien ihr sicherer, allein zu bleiben.