Kopf oder Herz? - 4 Liebesromane aus der Welt der Wissenschaft

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DAS 1 X 1 DER LEIDENSCHAFT von DAY LECLAIRE
Justice St. John beschließt, die perfekte Ehefrau zu finden: per Computerprogramm! Doch keine Kandidatin gefällt dem Forscher. Stattdessen lenkt die aufregende Daisy seine Wünsche in gänzlich unwissenschaftliche Bahnen die einzige Frau, die er nicht lieben sollte.

HEISSE LUST AM STRAND von TAWNY WEBER
Hemmungslos genießt Cilla ihren Flirt mit dem sexy Surflehrer Alex. Eine Woche der Lust am Strand von Mexiko. Dann reist die erfolgreiche Wissenschaftlerin zurück nach Hause, um ihren neuen Boss kennenzulernen. Schockiert muss sie entdecken: Er ist ihr Strandlover …

VERLIEBT, VERLOBT, VERHEI... von BRENDA HARLEN
Schwungvoll biegt Megan um die Ecke - und rennt genau in die Arme von Gary Richmond! Nicht nur der Schreck über den Zusammenprall lässt ihr die Knie weich werden: Gary ist der jüngste Sohns ihres Chefs und ganz nebenbei der heißeste Mann, den Megan jemals getroffen hat. Natürlich hat sie sich nie anmerken lassen, wie hingerissen sie von ihm ist. Gary ist ein Playboy und flattert von Frau zu Frau - so einen braucht Megan nicht! Und doch: Seine goldbraunen Augen rauben ihr den Atem -hat das Schicksal vielleicht Amor gespielt und sie in Richtung Liebe geschubst?

NUR DU STILLST MEINE SEHNSUCHT von KRISTIN HARDY
Sie ist klein, zierlich und hat einen ausgesprochenen Dickkopf: Celie Favreau! Der raue Farmer findet die süsse Forstwissenschaftlerin hinrei§end - trotzdem bleibt er kühl. Er hat für die Liebe keine Zeit! Bei seinem Beruf kann er keine Frau an seiner Seite gebrauchen, aber Celie ignoriert frech seine Einwände. Und wenn sie ihn so herausfordernd ansieht, kann Jacob ihrem Kussmund nicht widerstehen. Doch dann überbringt Celie ihm eine Nachricht, die seine Existenz bedroht …


  • Erscheinungstag 06.02.2025
  • ISBN / Artikelnummer 9783751536882
  • Seitenanzahl 576
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Day Leclaire

Das 1 x 1 der Leidenschaft

PROLOG

„Können Sie mich hören, Sir? Wie heißen Sie?“

Alles tat ihm weh. Sein Kopf, seine Arme und seine Brust. Irgendetwas war mit ihm geschehen, aber was? Um sich herum hörte er Stimmen. Außerdem eine Sirene. Was, zum Teufel, war passiert? War er etwa in einem Krankenwagen?

„Sir? Wie heißen Sie?“, fragte ein Mann, „Ihr Name!“

„St. John. Jus… Jus…“ Aus irgendeinem Grund konnte er seinen Vornamen nicht aussprechen. Seine Zunge fühlte sich taub an.

„Sie hatten einen Autounfall“, erwiderte der Mann. „Ich bin Sanitäter. Wir bringen Sie gerade ins Krankenhaus, wo Ihre Verletzungen behandelt werden.“

„Moment“, sagte jemand. Eine Frau diesmal. Eine sehr beruhigende Stimme. „Hat er gerade St. John gesagt? Justice St. John?“

„Kennst du den Mann?“

„Ich habe von ihm gehört. Berühmter Erfinder. Roboter. Er leitet eine Firma namens Sinjin, die Milliarden wert ist.“

Der Sanitäter fluchte. „Das bedeutet: Wenn er es nicht schafft, schiebt man uns den Schwarzen Peter zu. Am besten rufen wir unsere Einsatzleiterin an und sagen ihr, dass wir einen VIP haben. Sie kann sich dann gerne um den Presserummel kümmern.“

Wieder stellte jemand Justice eine Frage. Warum ließen sie ihn nicht einfach in Ruhe?

„Haben Sie Allergien?“, fragte der Sanitäter. „Mr St. John, gibt es etwas, das wir über ihren allgemeinen Gesundheitszustand wissen sollten?“

„Ich kann mich nicht bewegen“, antwortete Justice mit schmerverzerrtem Gesicht.

„Wir haben Sie aus Sicherheitsgründen festgeschnallt.“

„Sein Blutdruck sinkt, wir müssen ihn stabilisieren“, sagte die Frau zu dem Sanitäter und wandte sich dann an Justice. „Mr St. John, wissen Sie, wie es zu dem Unfall gekommen ist?“

Natürlich erinnerte er sich daran. Irgend so ein Idiot hatte beim Fahren telefoniert, die Kontrolle über seinen Wagen verloren und war dann in Justice hineingefahren. Plötzlich wurde er durch eine helle Lampe geblendet.

„Verdammt!“, stieß er hervor.

„Pupillen reagieren“, stellte der Sanitäter fest. „Sag der Einsatzleiterin, dass wir einen Neurologen brauchen. Nur zur Sicherheit. Sie soll Forrest anfragen. Er ist der Beste auf diesem Gebiet. Mr St. John, können Sie mich hören?“

Erneut fluchte Justice. „Schreien Sie nicht so!“

„Wir bringen Sie ins Lost-Valley-Memorial-Krankenhaus. Sollen wir einen Angehörigen kontaktieren?“

Sofort dachte Justice an seinen Onkel Pretorius. Im Geiste sah er den bulligen Mann vor sich, wie er am Computer saß – was er meistens tat. Doch im Moment fiel Justice die Telefonnummer seines Onkels nicht ein. Das musste am Schock liegen.

Er wollte den Sanitätern erklären, worin sein Problem bestand. Allerdings ließ er es sein, da er sicher war, dass Pretorius eh nicht kommen würde. Auch wenn er es wollte. Das war nicht das Problem. Aber genauso, wie Justice sich nicht erklären konnte, warum ihm die Telefonnummer nicht einfiel, wusste sein Onkel nicht, woher die Angst kam, das Haus zu verlassen.

In diesem Moment begriff Justice, dass er niemanden hatte. Niemanden interessierte es, ob er am Leben war oder starb. Niemand würde sich um seinen Onkel kümmern, wenn Justice tot war. All sein Wissen würde er mit ins Grab nehmen.

Er fragte sich, wie es so weit hatte kommen können. Wann hatte er begonnen, sich von der Außenwelt abzuschotten?

In den letzten Jahren hatte er in fast vollständiger Isolation gelebt. Emotionale Bindungen waren ihm in dieser Zeit fremd gewesen. Jetzt würde er einsam sterben. Kein Angehöriger oder Freund würde ihn betrauern. Das hatte er nun davon, dass er vor der Realität geflüchtet war. Der Preis dafür war hoch.

Vor langer Zeit einmal hatte er eine Frau sehr nah an sich herangelassen. Frau? Eher ein junges Mädchen. Obwohl er versucht hatte, sie aus seiner Erinnerung zu löschen, konnte er ihren Namen bis heute nicht vergessen.

Daisy.

Sie hatte ihn gelehrt, dass es zu riskant war, einem Menschen seine Gefühle zu offenbaren. Die Erfahrung mit ihr war so einschneidend gewesen, dass er sich geschworen hatte, nie wieder einem Menschen bedingungslos zu vertrauen. Und was war nun aus ihm geworden?

„Mr St. John?“, fragte der Sanitäter. „Sollen wir jemanden kontaktieren?“

„Nein“, erwiderte Justice seufzend. Er hatte niemanden. Wenige Sekunden später verlor er das Bewusstsein.

1. KAPITEL

„Wie ist das Ergebnis des letzten Durchlaufs?“, erkundigte sich Justice.

Pretorius starrte auf den Bildschirm des Computers und verzog das Gesicht. „Basierend auf den Daten, die du mir gegeben hast, zähle ich zwölf Treffer, die eine Wahrscheinlichkeit von achtzig Prozent oder höher aufweisen.“

„Das ist alles?“

„Wenn man deine unzähligen Wünsche betrachtet, wundert es mich, dass der Computer überhaupt so viele Frauen gefunden hat. Ich frage mich noch immer, warum du Schwarzhaarige ausgeschlossen hast.“

Justice dachte gar nicht daran, sich zu rechtfertigen. „Wenn am Ende nur sechs Frauen zur Wahl stehen, muss ich mich eben damit begnügen.“

„Begnügen?“ Pretorius drehte sich mit seinem Stuhl zu Justice um und sah ihn verwundert an. „Bist du verrückt geworden? Immerhin geht es hier um deine Zukunft – und um die deiner Firma.“

Justice winkte ab. „Mach dir keine Sorgen.“

„Bist du sicher, dass du das durchziehen möchtest?“

„Ja.“

„Irgendwie bist du seit dem Unfall anders. Er hat nicht nur dein Gedächtnis geschädigt, er hat auch deinen Charakter verändert. Deine Ziele sind ganz andere als früher.“

Schnell sah Justice zu Boden. Er wollte nicht darüber sprechen. Es war ihm unangenehm.

Schweigend durchquerte er den Computerraum und nahm eine silberne, aus mehreren Teilen bestehende Kugel in die Hand. In jedem Teil war ein mathematisches Symbol eingraviert. Es handelte sich dabei um eine seiner Erfindungen, die er noch nicht veröffentlich hatte. Er nannte sie Problemator, weil er immer damit spielte, wenn er ein Problem lösen musste – was die meiste Zeit der Fall war.

Seufzend stand Pretorius auf. „Du kannst dich nicht ewig um dieses Thema drücken. Wenn wir deinen Plan in die Tat umsetzen wollen, musst du ehrlich zu mir sein.“

„Ich weiß.“ Geschickt bewegte Justice die Teile der Kugel, bis sie einen Zylinder ergaben. Doch leider hatte er es seit einem Jahr nicht mehr geschafft, einen gleichmäßigen Zylinder zu formen. Sein Unfall war nicht schuld daran. Der lag erst ein halbes Jahr zurück.

Schnell wechselte er das Thema. „Werden all diese Frauen am Symposium ‚Technik des nächsten Jahrtausends‘ teilnehmen?“

„Was für ein lächerlicher Titel“, brummte Pretorius.

„Du hast recht. Aber du hast meine Frage nicht beantwortet. Werden sie anwesend sein?“

„Dafür habe ich gesorgt. Zwei wollten nicht kommen, aber ich …“ Sein Onkel zögerte. „Sagen wir, ich habe ihre Meinung geändert.“

Justice konnte sich vorstellen, wie sein Onkel das geschafft hatte. „Großartig.“

„Warum sagst du mir nicht, warum du das alles tust?“

Seufzend schüttelte Justice den Kopf. Er wusste es selbst nicht genau. Verzweifelt versuchte er, den Zylinder zu einer Spirale zu formen. Es war ihm ein Rätsel, wie sein Leben so leer hatte werden können. Er konnte sich nicht einmal daran erinnern, wann er das letzte Mal so etwas wie Gefühle wahrgenommen hatte.

Mit jedem Tag war die Leere in ihm größer geworden. Sein Ehrgeiz, neue Dinge zu erfinden, war kaum mehr vorhanden. Er lebte nur noch in den Tag hinein. Frustriert legte er den Problemator beiseite. Er brachte sowieso nichts zustande.

„Du musst es einfach akzeptieren“, erwiderte er schließlich. „Tu es für mich.“

„Sag das Symposium ab – bevor wir beide es bereuen.“

„Das kann ich nicht. Ich bin der Hauptredner.“

Sein Onkel schüttelte den Kopf. „Was, zur Hölle, willst du denn über die Technik des nächsten Jahrtausends erzählen? Man weiß nicht einmal, ob in tausend Jahren überhaupt noch jemand auf der Erde leben wird.“

„Ich dachte, dir macht es mehr Sorgen, dass ich ständig fluche.“

„Was soll ich sagen? Das ist eine deiner Macken. Du hast seit fünf Ewigkeiten keine Rede mehr gehalten. Ich weiß nicht, ob du es schaffst, dich zusammenzureißen.“

„Ich habe nur so lange keine Rede mehr gehalten, weil ich nichts zu sagen hatte. Das bedeutet aber nicht, dass dieses läppische Symposium ein Problem für mich darstellt.“

„Da dein Name im Spiel ist, wird die Presse sich auf die Veranstaltung stürzen. Nachdem du dich so lange nicht in der Öffentlichkeit gezeigt hast, werden alle gespannt sein, was du zu sagen hast. Ich glaube allerdings nicht, dass es etwas Bedeutendes sein wird.“

Justice winkte ab. „Mach dir keine Sorgen. Ich lasse mir etwas einfallen. Das Ironische an der Sache ist: Wenn ich eine Theorie aufstelle, greift irgendein Irrer sie auf und setzt sie in die Tat um. Ich kann nicht verlieren.“

„Nenn mir nur einen guten Grund, warum du das machst.“

Seufzend legte Justice seinem Onkel eine Hand auf die Schulter. Er wusste, dass es nicht leicht werden würde, Pretorius von seiner Idee zu überzeugen. Doch er musste etwas an seinem Leben ändern, bevor es zu spät war. „Seit einem Jahr habe ich nichts mehr erfunden.“

„Du hast eine Kreativitätsblockade. Es gibt andere Wege, dieses Problem zu lösen.“

„Das kann nicht sein. Ich besitze nämlich gar keine Kreativität. Ich bin Ingenieur.“

Pretorius stieß einen tiefen Seufzer hervor. „Erfinder sind kreative Menschen, Justice.“

„Das ist eine Lüge. Und das weißt du auch.“

„Ich verstehe, dass du eine Frau brauchst. Geh aus und lern auf normalem Weg eine kennen.“

„So simpel ist das nicht. Ich brauche …“ Es war wirklich nicht so leicht zu erklären. Seit dem Unfall vor sechs Monaten sehnte er sich nach einer dauerhaften Beziehung. Er brauchte eine Frau, mit der er durch dick und dünn gehen konnte. Eine Frau, die er anrufen konnte, wenn …

Mr St. John, sollen wir jemanden kontaktieren?

Diese Worte gingen ihm nicht aus dem Kopf. Jeden Tag musste er an die Antwort denken, die er damals gegeben hatte.

Nein. Es gab niemanden.

„Schränk die Auswahl ein, verflucht noch mal“, flüsterte er.

Sein Onkel starrte ihn an und nickte schließlich. Er schien zu verstehen, was Justice meinte – obwohl er nicht bereit war, dessen Vorhaben gutzuheißen. „Du wirst aufhören müssen, so viel zu fluchen. Es wird dir bei der Frauensuche helfen.“

„Ich arbeite daran.“

„Wenn eine Frau bei uns einzieht, gibt es wenigstens anständiges Essen. Und das Haus ist sauber.“

„Ich glaube nicht, dass die Frau, die ich heirate, hier die Haushälterin spielen wird.“ Justice beugte sich nach vorn und schaltete den Drucker ein, der sofort eine Seite nach der anderen ausspuckte. „Das erinnert mich an meine größte Sorge: Wenn ich heirate, musst auch du mit meiner Frau zurechtkommen. Du hast die Informationen über die Damen gelesen. Könntest du mit einer von denen zusammenleben?“

Pretorius runzelte die Stirn. „Hast du deshalb bisher nicht geheiratet? Weil du Angst davor hattest, wie ich auf die Invasion deiner Auserwählten reagieren könnte?“

Invasion? Justice beherrschte sich. Das würde ein harter Brocken werden. „Nein. Ich habe bisher nicht geheiratet, weil ich es mit keiner Frau länger ausgehalten habe als eine Woche.“

Sein Onkel nickte verdrießlich. „Und an diesem Punkt kommt mein Computerprogramm ins Spiel, richtig? Es hat mich viel Arbeit gekostet, es an deine Bedürfnisse anzupassen. Eigentlich wird es bei der Personalauswahl in Firmen genutzt. Aber die unterscheidet sich gar nicht so sehr von der Suche nach der perfekten Frau.“

„Genau. Man muss nur andere Daten eingeben.“ Er zählte seine Anforderungen auf: „Ingenieurin – demnach rational. Intelligent – ich kann keine Frauen leiden, die schwer von Begriff sind. Gutes Aussehen wäre ein Bonus. Hauptsache, sie denkt logisch und ist einigermaßen nett. Ich will keine Frau, die mir Probleme bereitet. Außerdem sollte sie nicht klammern und sich allein beschäftigen können.“

„Ich dachte, wir reden von einer Frau.“

„Wenn sie Ingenieurin ist, stehen die Chancen nicht schlecht, dass sie diese Eigenschaften besitzt.“

„In Ordnung.“ Pretorius streckte seine Gliedmaßen von sich. „Wenn du das wirklich durchziehen möchtest, sollten wir es so professionell wie möglich angehen. Ich habe die Auswahl auf sechs Frauen beschränkt. Sie alle werden am Symposium teilnehmen.“

„Dank deines Einsatzes.“

„Das war der leichte Teil“, erwiderte Pretorius missmutig. Er nahm das Papier aus dem Drucker und blätterte die Seiten durch.

Justice erkannte darauf Tabellen, Grafiken und Fotos – und Berichte, die von einem Privatdetektiv zu stammen schienen. Eines konnte man seinem Onkel nicht nachsagen: dass er nicht sorgfältig war.

„Und was ist der schwere Teil?“, wollte Justice wissen.

„Frauen sind unberechenbar. Sie tendieren dazu, abweisend zu reagieren, wenn man sie zu einem Kaffee einlädt und ihnen im selben Atemzug erzählt, dass man eine Frau zum Heiraten sucht.“

„Meinst du?“

„Du könntest dir eine Geschichte einfallen lassen. Bestimmt kauft jede Frau sie dir ab. Immerhin bist du der berühmte Justice St. John. Das behaupten jedenfalls die Wissenschaftsmagazine.“

„Ich …“

„Dabei habe ich dich längst durchschaut. Du suchst keine Frau, sondern so etwas wie eine kumpelhafte Geliebte.“

Sein Onkel überraschte ihn. Wie kam er bloß darauf? „Ich brauche keine Geliebte.“

„Doch. Das wirst du der Frau jedenfalls erzählen. Es ist die einzige Möglichkeit, mit der du sie überzeugen kannst. Nach einem Monat bringst du sie dazu, dass sie sich in dich verliebt. Danach heiratest du sie. Wenn du es so machst, denkt sie nicht, dass du verrückt bist. Und falls sie es doch merkt, ist es mit Glück schon zu spät. Sie heiratet dich und wird schwanger. Vielleicht kocht und putzt sie sogar für dich. Manche Frauen machen das sehr gern für ihren Mann.“

Pretorius reichte ihm die Blätter. „In der Zwischenzeit solltest du das lesen. Das Symposium dauert drei Tage. Das heißt, du kannst zwei Frauen pro Tag treffen. Mehr Zeit hast du nicht, um eine Frau oder eine Geliebte zu finden, mit der wir beide leben können.“

„Und wenn es nicht klappt?“

Sein Onkel verschränkte die Arme vor der Brust. „Das wollen wir nicht hoffen. Obwohl ich nicht möchte, dass eine Fremde durchs Haus läuft, habe ich etwas begriffen.“

„Was denn?“

Im nächsten Moment deutete Pretorius mit einem Finger auf ihn. „Dein Wissen und Talent werden verloren gehen, wenn du sie mit niemandem teilst. Du hast eine Verpflichtung. Selbst wenn du nicht die perfekte Frau findest, ist es von großer Bedeutung, dass du dein Wissen weitergibst – oder vielleicht sogar deine Gene.“

„So kann man es auch sehen.“

„Vergiss nicht, dass es deine Idee war. Außerdem sollte dir bewusst sein, dass man dem Universum etwas schuldet, wenn man ein Genie ist.“

„Hat das Universum schon eine Rechnung geschickt?“, zog Justice ihn auf.

„Du hast sie bisher jedenfalls nicht bezahlt. Deshalb hast du die Blockade. Anstatt dein Wissen weiterzugeben, hast du es für dich behalten. Falls es mit der Frau nicht klappt, kannst du wenigstens deine Schuld begleichen, indem du dein Wissen mit ihr teilst.“

„Und was ist, wenn sie sich in mich verliebt?“

Pretorius kniff die Augen zusammen. „Willst du dich etwa nicht in sie verlieben?“

Justice bezweifelte, dass er in der Lage war, intensiv für jemanden zu empfinden. „Ich glaube nicht.“

„In diesem Fall kann das Abendessen um achtzehn Uhr serviert werden.“

Justice St. John.

Als Daisy Marcellus den vertrauten Namen auf dem Plakat im Coronation Hotel las, blieb sie überrascht stehen. Der Mann auf dem Schwarz-Weiß-Foto sah unglaublich gut aus. So gut, dass sie ihre Tasche fallen ließ und alle ihre Sachen herausfielen.

Er musste es sein.

Natürlich hatte er sich verändert. Immerhin hatte sie ihn das letzte Mal vor beinahe zwölf Jahren gesehen. Aber seine Augen waren unverwechselbar. Früher hatte er immer einen argwöhnischen Blick gehabt. Auf dem Foto machte er allerdings eher einen arroganten Eindruck.

Sie musterte das Bild und versuchte, weitere Veränderungen zu finden. Natürlich hatte die Zeit ihre Spuren in seinem Gesicht hinterlassen. Irgendwie wirkte er unnahbar und humorlos. Doch vielleicht lag das nur am Foto.

Trotz dieser Veränderungen freute sie sich auf das Wiedersehen. Nach all der Zeit hatten sie sich wiedergefunden. Na ja, eigentlich hatte sie ihn gefunden. Aber das war nicht so wichtig.

Sie fragte sich, ob er sich auch freuen würde, sie wiederzusehen. Würde er sich überhaupt an sie erinnern? Sie selbst würde niemals die drei leidenschaftlichen Monate vergessen, die sie damals zusammen verbracht hatten.

Rasch sammelte sie ihre Sachen ein und warf sie in die Tasche. Anschließend las sie den Text, der unter dem Foto stand. Aha! Er hatte sich also einen Namen als Ingenieur und Erfinder gemacht. Schön für ihn. Er war sogar der Hauptredner der Veranstaltung. In fünf Minuten begann seine Rede. Wunderbar! Daisy hatte an diesem Nachmittag noch nichts vor. Bestimmt würde es niemanden stören, wenn sie sich die Rede anhörte. Immerhin waren Justice und sie alte Freunde – sogar mehr als das.

Um ehrlich zu sein, war er nicht nur ihr erster, sondern auch ihr bester Liebhaber gewesen. In all den Jahren hatte sie immer wieder an ihn denken müssen. Nie wieder hatte sie eine so erfüllende Beziehung mit einem Mann gehabt. Justice war großzügig, geduldig und höflich gewesen. Er hatte das Beste aus seinem Leben gemacht – und das trotz seiner Vergangenheit.

Sie konnte es wirklich kaum erwarten, ihn wiederzusehen.

Vor dem Konferenzsaal standen zwei Männer, die die Besucherausweise kontrollierten. Daisy wartete den richtigen Moment ab und huschte an den Männern vorbei, als sie abgelenkt waren. Der Raum war bereits so voll, dass viele Gäste stehen mussten. Nach kurzem Suchen fand Daisy allerdings noch einen Platz in der zweiten Reihe. Zwar wollte sie nicht so weit vorn sitzen, aber es war besser als ein Stehplatz.

Sie merkte schnell, dass sie hier so gar nicht hineinpasste. Eigentlich war sie wegen einer Buchlesung hier und trug deshalb im Gegensatz zu den sonstigen Teilnehmern keine Business-Kleidung. Sie musste wie eine Außerirdische auf die anderen wirken.

Bisher hatte sie kein Wort von dem verstanden, was sie von den Gesprächen um sich herum aufgeschnappt hatte. Diese Wissenschaftssprache war ihr fremd – obwohl Justice damals versucht hatte, sie ihr beizubringen.

Das Schlimmste jedoch war, dass sich hier so gut wie keine andere Frau befand. Der Raum war voller Testosteron. Nicht, dass Daisy etwas gegen Männer hatte. Aber die Überzahl, die hier herrschte, gab ihr das Gefühl, eine Maus in einem Käfig voller Katzen zu sein.

Als sie Platz nahm, lächelte sie die Männer neben sich an. Anstatt zurückzulächeln, sahen sie Daisy nur verdutzt an. Es schien, als wäre sie eine mathematische Gleichung, die sie nicht lösen konnten.

Gerade als sie Reißaus nehmen wollte, wurde das Licht gedimmt, und ein Mann betrat das Podium. Er kam gleich zur Sache und kündigte Justice St. John an. Ausführlich listete er dessen Referenzen und Erfindungen auf. Zwischendurch ließ er immer wieder Bemerkungen fallen, die wohl humorvoll gemeint waren. Jedenfalls kicherten viele im Raum – obwohl Daisy keinen Grund dafür erkennen konnte. Vielleicht war das wieder so eine Wissenschaftlersache.

Schließlich beendete der Mann seine Laudatio und sah zur linken Seite des Raums.

Schweigend warteten alle auf den Auftritt des Hauptredners. Als Justice endlich das Podium betrat, tat er es so anmutig, dass er Daisy sofort an den Mann erinnerte, in den sie sich damals verliebt hatte.

Sie musste an den Tag denken, an dem sie ihn kennengelernt hatte. Und an die aufregende Nacht am See. Damals hatte Daisy ihre Unschuld verloren und war von ihm in die Kunst der Liebe eingeweiht worden.

Justice sah gelangweilt in die Menge und begann seine Rede, die mit unzähligen Fachausdrücken gespickt war. Obwohl Daisy kaum einen Satz verstand, fesselte seine Stimme sie ebenso wie jeden anderen im Raum.

Justice hatte sich sehr verändert. Wahrscheinlich hätte sie ihn nicht erkannt, wenn er auf der Straße an ihr vorbeigelaufen wäre.

Sie runzelte die Stirn. Wenn sie aber ganz genau hinsah, sah sie den Mann von damals.

„Warum ist mir das nicht selbst eingefallen?“, murmelte der Mann neben ihr.

„Was meinen Sie?“, fragte Daisy.

Missmutig sah er sie durch seine dicken Brillengläser an. „Seine Idee für diese Erfindung. Haben Sie nicht zugehört?“

„Nein“, gab sie zu. „Ich war abgelenkt.“

Hinter ihr kicherte jemand.

„Ich sage Ihnen, wenn es um Sensoren für Roboter geht, schlägt keiner St. John“, flüsterte ihr jemand aus der ersten Reihe zu.

„Vor allem, wenn es um Roboter geht, die mit Menschen interagieren“, fügte jemand hinter Daisy begeistert hinzu.

Interessant. Daisy wandte ihre Aufmerksamkeit wieder Justice zu. Obwohl sie nicht verstand, worüber alle redeten, beeindruckte sie, dass er offensichtlich einen guten Ruf genoss. Doch was war der Preis dafür? Sorgfältig musterte sie ihn.

Seine Gesichtszüge waren viel strenger als früher. Seine goldbraunen Augen funkelten fast gefährlich. Sein schwarzes Haar war genauso lang wie damals. Anstelle eines Anzugs trug er eine Stoffhose und ein schwarzes Hemd.

Sein Aussehen und sein Auftreten hatten etwas Bedrohliches an sich. Und genau das zog Daisy in den Bann.

Sie fragte sich, was mit dem Mann passiert war, an den sie sich erinnerte. Er war auch damals schon diszipliniert und selbstbewusst gewesen. Doch hatte er nicht so kühl gewirkt wie heute. Sie hatte immer seine Offenheit und seinen erfrischenden Humor geschätzt. Damals hatten sie viel miteinander gelacht. In jenem Sommer war alles so einfach und ungezwungen gewesen. Diese Monate würde sie niemals vergessen.

Der Mann, der jetzt vor ihr stand, war ein vollkommen anderer Mensch. Es erschreckte sie, wie ernst und humorlos er wirkte.

In diesem Moment fiel sein Blick auf sie. Irgendetwas passierte in diesem Augenblick zwischen ihnen. Erkannte er sie etwa? Das glaubte sie nicht, denn sie hatte auch sich sehr verändert. Trotzdem wandte er den Blick nicht von ihr. Bestimmt irrte sie sich nur, aber sie meinte, in seinen Augen Begierde zu erkennen.

Sie beschloss herauszufinden, was mit Justice passiert war. Er war immer die Messlatte für alle ihre Beziehungen gewesen. Jetzt zweifelte sie allerdings daran, dass die Zeit mit ihm wirklich so besonders gewesen war. Vielleicht war sie damals schlichtweg nur naiv gewesen. Jedenfalls war er nicht mehr der Mensch, den sie damals kennengelernt hatte.

Nach einem Gespräch mit ihm würde sie ihn bestimmt endlich vergessen können.

Justice wollte sich am liebsten in Luft auflösen. Er hatte keine Lust auf diese Rede. Er erzählte hier den größten Unsinn, den er bisher verzapft hatte. Weniger als einen Tag war er nun in Miami. Jetzt schon war er der Meinung, dass er hier nur seine Zeit verschwendete.

Nachdem er sein Zimmer bezogen hatte, war er sofort an die Arbeit gegangen. Der erste Name auf seiner Liste war Dorothy Salyer. Sie war recht attraktiv und nur wenige Zentimeter kleiner als er. Intelligent war sie auch. Dank der Software seines Onkels konnte es nicht passieren, dass eine ungebildete Frau auf der Liste stand. Nur leider war Dorothy bei ihrem Treffen viel zu schüchtern gewesen. Mehr als sechs Worte am Stück hatte sie nicht gesprochen.

Die erste Frau kam demnach nicht infrage.

Die zweite Frau auf der Liste war weder groß noch attraktiv. Dafür redete sie am laufenden Band. Vor allem, wenn es um ihre Bewunderung für den einzigartigen Justice St. John ging. Sie nannte seinen Namen in jedem zweiten Satz. Nach zehn Minuten konnte er sich das nicht mehr anhören. Bevor er den Kaffee ausgetrunken hatte, war das Treffen zu Ende.

Zweite Frau: durchgefallen!

Da er keine weitere Zeit hatte verschwenden wollen, hatte er sich gleich mit der dritten getroffen. Glücklicherweise war sie sehr humorvoll (eine willkommene Abwechslung), attraktiv (ein Bonus), normal (ein großer Bonus) und intelligent (was eine Voraussetzung war).

Wenn sie nicht erwähnt hätte, dass sie in der Stadt leben wollte, wo sie immer Fast Food bestellen konnte, da sie als Köchin eine Null war, hätte er sie gefragt, ob sie seine Geliebte werden wollte.

Nach der dritten Pleite hatte er aufgeben wollen. Das hätte er auch getan, wenn ihn nicht folgende Punkte davon abgehalten hätten:

1. Er mochte Frauen.

2. Er genoss es, ein intelligentes Gespräch mit einer Frau zu führen.

3. Sein Onkel hatte recht. Anstatt sein Wissen zu teilen, hatte Justice es für sich behalten. Noch schlimmer war, dass seine Abschottung zu einer Blockade geführt hatte. Deshalb konnte er nicht mehr arbeiten und neue Dinge erfinden.

4. Das Computerprogramm funktionierte nicht.

Außerdem gab es noch den fünften Punkt. Seit dem Unfall sehnte er sich nach einer festen Beziehung. Er wollte ein normales Leben führen und wieder etwas empfinden. Er wünschte sich eine Familie und Kinder.

Was ihn zu der Frau in der roten Bluse brachte. Aus einem unerklärlichen Grund zog sie ihn in den Bann. Irgendwie rief sie Erinnerungen in ihm hervor, die er nicht zuordnen konnte. Er wusste nur, dass sie ihn unglaublich antörnte. Nie zuvor hatte er sich so spontan zu einer Frau hingezogen gefühlt. Und das warf eine dringliche Frage auf:

Warum war sie nicht auf der Liste?

Vielleicht stimmte etwas nicht mit der Frau. Möglicherweise hatte der Computer sie deshalb ausgeschlossen. An ihrem Aussehen lag es sicherlich nicht. Sie war schlank und entsprach genau seinem Typ. Ihr blondes Haar machte sie noch attraktiver. Ihre Gesichtszüge waren sehr fein. Außer ihren Lippen. Die waren voll und äußerst einladend. Ihr Aussehen war definitiv ein Plus. Woran lag es dann?

War sie vielleicht nicht intelligent genug? Vielleicht hatte er den Mindest-IQ zu hoch angesetzt. In Gedanken ging er seine Kriterien durch. Aussehen: sehr gut. Ingenieurin: Musste sie ja sein, sonst wäre sie nicht hier. Jetzt musste sie nur noch rational und nett sein und nichts dagegen haben, dass er ein Typ war, der es vorzog, sich abzuschotten.

Vielleicht war sie im Computer nicht aufgelistet, weil sie in puncto rationales Verhalten keinen Treffer gelandet hatte. Justices Meinung nach sah die Frau allerdings sehr vernünftig aus. Ob sie sympathisch war, konnte er im Moment nicht sagen. Das würde sich später klären. Blieb noch der Wille zur Zurückgezogenheit. Falls sie dieser Punkt störte, könnte man sich bestimmt einigen. Und wenn sie später einen Aufstand deswegen machte, würde er sie einfach ignorieren.

Zufrieden lächelte Justice. Mit etwas Glück hatte er gerade seine zukünftige Geliebte gefunden. Und das sogar ohne Hilfe des Computers. Sein Intellekt war dem Computer eben um Meilen voraus. Er freute sich schon darauf, es seinem Onkel unter die Nase zu reiben.

2. KAPITEL

Daisy wartete, bis sich die Schlange der zum Podium strömenden Teilnehmer lichtete. Jeder schien dem Star-Ingenieur möglichst nahe sein zu wollen. Aber warum? Was hatte er getan, um so eine Begeisterung in der Welt der Wissenschaft auszulösen? Vielleicht sollte sie Recherchen über ihn anstellen, wenn sie wieder zu Hause war. Einige Dinge aus dem Leben ihres Exliebhabers bedurften einer Erklärung.

Als ihm der Letzte gratuliert hatte, verließ Justice das Podium und ging direkt auf sie zu. Das überraschte sie nicht. Als er sie vorhin angestarrt hatte, war ihr klar gewesen, dass er sie ansprechen würde.

„Möchten Sie einen Kaffee mit mir trinken?“, fragte er und streckte die Hand aus.

Verwundert zog sie die Brauen hoch. Aha! Er verschwendete keine Zeit. „Hallo.“ Sie schüttelte ihm die Hand. „Daisy Marcellus. Es freut mich, Sie wiederzusehen.“

„Wir kennen uns“, stellte er nach kurzem Zögern fest.

Es war wohl eher eine Frage. Seine Reaktion enttäuschte sie. Er schien sich nicht an ihre gemeinsame Zeit zu erinnern.

„Sagt Ihnen mein Name gar nichts?“, wollte sie wissen.

„Nein.“

Das war der Justice, an den sie sich erinnerte. Er war immer direkt und geradeheraus gewesen.

„Vielleicht fällt es Ihnen bei einem Kaffee wieder ein“, erwiderte sie.

Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Warum sparen wir uns nicht die Zeit, und Sie frischen meine Erinnerung ein wenig auf?“

„Sie sollen selbst darauf kommen. Das macht mehr Spaß.“

„Spaß …“ Es klang so, als würde er mit dem Wort nichts anfangen können.

Sie stand auf und stellte fest, dass er einige Zentimeter gewachsen war. „Ja. Freude. Vergnügen, das man bei bestimmten Tätigkeiten empfindet. Oder auch eine scherzhafte Äußerung oder Handlung, die auf Heiterkeit, Gelächter abzielt.“ Sie lächelte.

Endlich entspannte er sich und ließ sich ebenfalls zu einem Lächeln hinreißen. „Danke für die Erklärung. Das Wort war mir unbekannt.“

„Was ist mit Arbeit? Kennen Sie dieses Wort?“

Als sie ihm erneut die Definition herunterbeten wollte, hielt er die Hand hoch. „Das wiederum ist mir bestens bekannt.“

„Das ist keine Überraschung.“

„Überraschung. Etwas Schönes, womit jemand nicht gerechnet hat.“

Sie lachte. „Wollten Sie nicht einen Kaffee mit mir trinken?“, fragte sie.

Als er sie eindringlich ansah, erkannte sie Begierde in seinen Augen. Sie spürte, wie ein Kribbeln ihren ganzen Körper durchfuhr. Auch damals hatte Justice diese Wirkung auf sie gehabt. Er hatte ihr nur einmal tief in die Augen sehen müssen, und schon war sie ihm ausgeliefert gewesen. Wenigstens das hatte sich nicht geändert.

„Ein Kaffee wäre ein guter Beginn“, meinte er.

Ein guter Beginn? „Und was ist mit dem Ende?“, fragte sie unverblümt.

„Ich denke, wir beide kennen die Antwort auf diese Frage.“

Er hatte recht. Sie würden zusammen im Bett landen – so wie das letzte Mal, als sie sich gesehen hatten.

In der Hoffnung, dass sie nicht von anderen Teilnehmern des Symposiums gestört wurden, fragte Justice nach einem Tisch weiter hinten im Café. Von hier aus konnte man die Bucht von Biscayne und die Innenstadt von Miami überblicken. Draußen dämmerte es langsam. In den meisten Straßen leuchteten bereits die Laternen.

Nachdem sich Daisy ihm gegenübergesetzt hatte, musterte er sie einen Moment lang. Soweit er beurteilen konnte, war sie eine klassische Schönheit. Ihr blondes Haar war schulterlang. Als sie ihn aus ihren grünen Augen ansah, erkannte er Aufgeschlossenheit und Neugier darin. Das wunderte ihn, denn normalerweise waren Ingenieurinnen eher reserviert – wahrscheinlich waren sie durch die vielen Männer in ihrem Beruf eingeschüchtert.

Weiter ging die Begutachtung: Ihre Nase sah relativ normal aus. Sie war gerade und weder zu schmal noch zu breit. Ihre Wangenknochen waren recht hoch, was ihr eine gewisse Eleganz verlieh. Ihre Lippen gefielen ihm am besten. Sie passten ganz und gar nicht zu einer klassischen Schönheit, denn sie waren voll und sinnlich. Am liebsten wollte er sie küssen.

Er räusperte sich. „Möchten Sie mir nicht wenigstens einen Hinweis geben?“

Sie schüttelte den Kopf und lächelte. Wusste sie überhaupt, was sie mit ihrem Lächeln anstellte? Das Bedürfnis, ihre Lippen zu kosten, wurde immer größer.

„Denken Sie nach“, antwortete sie. „Sie kommen darauf.“

„Ich bin mir nicht sicher.“ Als die Kellnerin die Karte brachte, warf er kurz einen Blick hinein und legte sie schnell zur Seite. Wie immer, wenn es um etwas Persönliches ging, kam der Wissenschaftler in ihm zum Vorschein. Das hatte er sich so angewöhnt, weil es sicherer war. „Vor sechs Monaten, drei Tagen und acht Stunden hatte ich einen Unfall. Seitdem habe ich Probleme, mich an Namen und Erlebnisse aus meiner Vergangenheit zu erinnern.“

Schockiert starrte sie ihn an. „Oh! Tut mir leid. Das wusste ich nicht.“

„Das ist kein Wunder, denn ich habe alles getan, damit es nicht an die Öffentlichkeit gelangt.“ Er zögerte. Vielleicht sollte er sich genauer ausdrücken. Manche Frauen schätzten das an einem Mann. „Der Unfall hat sich allerdings nicht negativ auf meine Intelligenz ausgewirkt – falls Sie sich Sorgen deswegen machen.“

Sie ergriff seine Hand und drückte sie. „Machen Sie sich nicht lächerlich. Das ist meine geringste Sorge.“

Sie schien nicht gerade kontaktscheu zu sein. Ungewöhnlich für eine Ingenieurin. Doch es gefiel ihm. „Ich muss mit meinen Narben leben.“

„Machen Sie sich nichts draus“, meinte sie. „Die machen Sie nur stärker.“

„Falls Sie die Narben stören, können wir auch im Dunkeln miteinander schlafen.“

Zu seiner Überraschung brach sie in lautes Gelächter aus. „Und ich dachte schon, du hast dich verändert. Zum Glück hast du deinen Sinn für Humor behalten.“

Dachte sie etwa, dass er Spaß machte? Er hatte es ernst gemeint. „Heißt das, du möchtest nicht mit mir schlafen?“ Vielleicht hätte er mit dieser Frage warten sollen. „Wir haben keine Eile. Uns bleiben noch einundsechzig Stunden und vierunddreißig Minuten.“

Erneut lachte sie und löste ein Kribbeln in seinem Bauch aus. Seit Jahren empfand er zum ersten Mal so etwas wie eine Emotion. Vielleicht war er ja doch kein hoffnungsloser Fall. Möglicherweise konnte Daisy ihn zu dem Menschen machen, der er einst gewesen war.

„Ich habe große Lust darauf, mit dir zu schlafen“, versicherte sie und fixierte ihn dabei mit hungrigem Blick. „Es ist so lange her, Justice. Ich wünschte, wir hätten uns schon vorher wiedergefunden.“

„Du hättest mich nicht gefunden. Pretorius hält uns gut versteckt.“

„Pretorius?“

„Mein Onkel. Er ist ein Computerexperte. Er hilft mir dabei, anonym zu bleiben.“

„Interessant.“ Fasziniert sah sie ihn an. „Ich wusste gar nicht, dass du einen Onkel hast. Das hast du jedenfalls nie erwähnt.“

So, wie sie das sagte, mussten sie sich recht nahegekommen sein. Dieser verflixte Unfall! Wie hatte Justice nur eine wunderschöne Frau wie sie vergessen können? „Woher kennen wir uns?“

Sie lächelte. „Weißt du was? Ich gebe dir einen Hinweis. Mein Aussehen hat sich sehr verändert, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben.“

Warum mussten Frauen das einem Mann antun? Normalerweise fiel Justice alles auf. Doch wenn eine Frau ihr Aussehen veränderte, entging ihm das meistens. „Zum Beispiel?“

„Mein Haar.“

„Ist es länger oder kürzer?“

Sie schüttelte den Kopf. „Heller. Damals war es viel dunkler. Ich habe wieder meine natürliche Haarfarbe.“

„Ich könnte mit dunklem Haar leben“, erwiderte er. Vor allem, wenn es bedeutete, dass Daisy seine Frau wurde.

Verwundert blickte sie ihn an. „Wirklich?“

Vielleicht war er jetzt doch zu schnell. Pretorius hatte ihn davor gewarnt, schon beim Kaffeetrinken gleich zur Sache zu kommen. Es könnte die Frau verschrecken. Wenn er sich nicht irrte, war Daisy an ihm interessiert. Er musste es jetzt nur etwas langsamer angehen lassen – dann würde alles klappen. Und wenn sie nicht gleich mit ihm ins Bett gehen wollte, würde er sich mit einem Kuss auf ihre heißen Lippen zufriedengeben.

„Haben wir uns auf einer anderen Konferenz getroffen?“, fragte er.

„Nein, nein. Ich bin keine …“

In diesem Moment kam die Kellnerin an den Tisch und strahlte sie an. „Guten Tag. Meine Name ist Anita. Ich bin heute Ihre Kellnerin.“

Darauf wäre Justice auch selbst gekommen.

„Möchten Sie einen Drink bestellen?“, erkundigte sich Anita.

„Nein danke“, lehnte Daisy ab. „Bitte bringen Sie mir einen Eistee mit Limone.“

Eistee mit Limone? Irgendwie kam ihm diese Kombination bekannt vor. Doch er konnte sich nicht daran erinnern. Seit seinem Unfall ging es ihm ständig so. Manchmal kamen die Erinnerungen wie aus dem Nichts. Er freute sich dann, dass er wieder ein Stück Vergangenheit zurückgewonnen hatte. Leider war es in diesem Fall nicht so. Obwohl er sich konzentrierte, kam er kein Stück weiter.

Wie immer akzeptierte er sein Dilemma mit Gleichmut. „Einen schwarzen Kaffee, bitte.“

„Ich bin sofort mit Ihren Getränken zurück und nehme Ihre Essensbestellung auf.“

Gleich nachdem Anita gegangen war, wandte sich Justice wieder Daisy zu. „Willst du mir nicht noch einen Tipp geben?“

Sie winkte ab. „Ich habe eine bessere Idee. Warum erzählst du mir nicht, was du in den letzten Jahren gemacht hast? Ich habe gehört, dass du dich mit Robotersensoren und Elektroantrieben beschäftigst.“

Auf diesem Gebiet kannte er sich aus. „Das stimmt.“

Sie lachte. „Keine falsche Bescheidenheit.“

„Warum sagst du das?“ Nie zuvor hatte er eine Frau getroffen, die so oft und so herzlich lachte. Am meisten wunderte ihn, dass es ihn nicht einmal störte. Vielmehr fand er es sehr erregend.

„Du bist ein Rätsel für mich, Justice. Du solltest versuchen, nicht immer so pragmatisch zu sein.“

Er zögerte. „Was ist falsch daran?“

„Gar nichts – solange man nicht vergisst zu fühlen.“

Fühlen? Er wusste nicht, was er darauf antworten sollte. In diesem Moment vermisste er seinen Problemator. Er brauchte etwas, mit dem er sich ablenken konnte. Daisy hatte ihn in eine missliche Lage gebracht.

Normalerweise liefen alle Unterhaltungen mit Ingenieuren auf die gleichen Themen hinaus. Doch diese Frau brachte alles durcheinander. Selbst ihr Name passte nicht in die Wissenschaftswelt. Trotzdem gefiel ihm ihre Art. Sie war erfrischend und zwanglos.

Aber das war nicht alles. Daisy weckte Gefühle in ihm, die er lange nicht mehr empfunden hatte. In diesem Moment interessierte ihn nicht, dass er im letzten Jahr keine Erfindung zustande gebracht hatte. Es war ihm auch egal, ob Daisy als Geliebte für ihn infrage kam. Er wollte nur, dass sie ihm etwas von ihrer Lebensfreude abgab und wieder einen Mann mit Gefühlen aus ihm machte.

Sie war die Richtige für ihn. Tief in seinem Inneren wusste er das.

Geduldig wartete sie darauf, dass er etwas sagte. Er schätzte es, dass sie nicht ununterbrochen schwatzte. Stattdessen lächelte sie ihn an und stützte den Kopf auf ihre schönen Hände.

Einen Moment lang stellte er sich vor, wie sie ihn mit diesen Händen streichelte. Schnell verdrängte er den Gedanken. Es war nicht seine Art, so vor sich hin zu träumen. Doch diese eine Fantasie reichte aus, ihn vollkommen durcheinanderzubringen. Wahrscheinlich lag es daran, dass er so lange nicht mehr mit einer Frau zusammen gewesen war.

Sie schien ihm anzumerken, wie aufgewühlt er war. „Justice? Alles in Ordnung?“

Er räusperte sich. „Entschuldigung. Seit ich ein Teenager war, ist mir das nicht mehr passiert. Ich erhalte gerade einen Überschuss an visueller Stimulanz. Damit kommt mein Nervensystem offenbar nicht zurecht. Wenn du mich etwas weniger stimulieren würdest, könnte mein Körper die richtige Menge Stickstoffmonoxid zu meinen corpora cavernosa leiten, sodass sich meine Muskeln entspannen.“ Du meine Güte! Er musste sich wie ein Dummschwätzer anhören.

Sie blinzelte. „Wie bitte?“

„Ich habe einen Ständer wegen dir.“

In diesem Moment kam die Kellnerin mit den Getränken an den Tisch. Sie wirkte plötzlich etwas zurückhaltend, und Justice hoffte, dass sie seinen letzten Satz nicht gehört hatte.

„Möchten Sie etwas zu essen bestellen?“, fragte Anita, ganz offensichtlich um Gelassenheit bemüht.

Justice sah nur einen Ausweg. „Nein danke. Die Rechnung, bitte.“

Anita reichte sie ihm und warf Daisy einen skeptischen Blick zu. Aus irgendeinem Grund wollte er sie in diesem Moment beschützen. Wahrscheinlich war das der angeborene Beschützerinstinkt, den jeder Mann besaß.

Daisy schien gar nicht mitzubekommen, wie die Kellnerin sie ansah. Wahrscheinlich war sie zu schockiert von dem, was er gesagt hatte.

Rasch zahlte er die Rechnung und schlug ein großzügiges Trinkgeld auf. Als er aufstand, war er froh, dass das Stickstoffmonoxid seine Arbeit getan hatte.

Daisy erhob sich ebenfalls von ihrem Stuhl und lächelte. „Ich nehme an, wir gehen?“

„Ja.“

Sie zuckte mit den Schultern. „In Ordnung.“ Sogleich griff sie nach ihrer Tasche und verließ mit Justice das Café. Ihm fiel auf, dass ihre Bluse den gleichen Farbton besaß wie der Himmel, an dem gerade ein wunderschöner Sonnenuntergang zu beobachten war.

Interessant. Vielleicht sollte er recherchieren, wie sich die Kleidungswahl von Frauen auf die Libido von Männern auswirkte. Er wusste nicht, wie er die Ergebnisse dieser Studie für seine Roboter nutzen konnte, aber es würde ihm bestimmt etwas einfallen. Bis dahin würde er erst einmal seine eigene Libido analysieren. Und das ging am besten, wenn Daisy nackt war.

Bevor sie das Café verließen, kam ein alter Mann auf sie zu. „Eine exzellente Rede, Mr St. John“, sagte er. „Vor allem ihre Theorie über die zukünftige Interaktion von Robotern und Menschen hat mich fasziniert.“

Justice blieb stehen und schüttelte ihm die Hand. „Danke. Wenn Sie uns entschuldigen würden, wir …“

„Er ist der Beste auf diesem Gebiet“, schaltete sich Daisy ein.

„Dem kann ich nur zustimmen, junge Frau“, sagte der Mann und wandte sich wieder Justice zu. „Ich würde mich freuen, wenn ich Ihnen eine Idee von mir vorstellen könnte.“

Justice wusste genau, was passierte, wenn er sich einverstanden erklärte. Es war immer das Gleiche mit den Ingenieuren. Sie redeten den ganzen Abend über ein und dasselbe Thema. Normalerweise tat er das gern. Allerdings nicht heute. Er hoffte darauf, dass er diese Nacht mit seiner zukünftigen Frau verbrachte – auch wenn die Versuchung groß war, sich einen ganzen Abend lang über sein Lieblingsthema Roboter zu unterhalten.

„In genau drei Minuten und zweiundvierzig Sekunden habe ich einen Termin“, sagte er. „Und ich brauche genau drei Minuten und dreiunddreißig Sekunden, um dorthin zu kommen. Bitte entschuldigen Sie mich.“

„Natürlich“, entgegnete der Mann enttäuscht und wich zur Seite.

Justice ergriff Daisys Hand und zog sie aus dem Café. Als sie es verlassen hatten, drehte sie sich zu ihm um, sah ihn an und legte ihm eine Hand auf die Brust. „Was ist hier los?“

Hatte er etwa einen Schritt übersprungen? „Ich dachte, du hättest verstanden, worauf ich hinauswill. Oder gibt es ein Missverständnis?“

„So könnte man es sagen. Man könnte auch meinen, dass unsere Drähte nicht miteinander verkabelt sind.“ Sie verzog die Nase. „Auch wenn sich das fast nach Ingenieur-Slang anhört.“

Ingenieur-Slang? Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Wäre es dir lieber, wenn ich direkter bin?“

„Nein, du bist direkt genug. Ich dachte, du hättest mich auf einen Kaffee eingeladen. Was hast du jetzt vor?“

Er seufzte. „Wahrscheinlich hätte ich warten sollen, bis du den Eistee ausgetrunken hast, bevor wir zum nächsten Schritt übergehen.“

„Wenigstens einen Schluck hättest du mich trinken lassen können“, zog sie ihn auf und streichelte seine Brust. Sie machte ihn vollkommen verrückt damit. Wenn sie nicht bald aufhörte, würde sein Stickstoffmonoxid aufgebraucht sein.

„Ich weiß, dass wir uns gegenseitig anziehen“, meinte sie. „Das ist immer so gewesen.“

Wieder ein Hinweis darauf, dass sie sich von früher kannten! „Hast du kein Interesse mehr?“

„Mit dir zu schlafen? Doch, doch. Ich dachte nur, wir sollten es etwas langsamer angehen.“

„Ich weiß nicht, ob ich das kann“, gestand er zu. Es war ungewohnt für ihn, dass er sich nicht unter Kontrolle hatte. Normalerweise war er gelassen und souverän. Doch diese Frau brachte ihn um den Verstand.

„Ich kann auf den Eistee verzichten“, sagte sie ernst. „Wie viel Zeit bleibt uns bis zu deinem nächsten Termin?“

„Vierundneunzig Sekunden. Allerdings habe ich den Termin nur erfunden.“

„Das war auch nur Spaß. Du weißt schon: eine lustige Äußerung oder Handlung, die auf Heiterkeit und Gelächter abzielt.“

„Mir ist nicht nach Heiterkeit oder Gelächter.“

„Nein? Was empfindest du dann?“

Was er empfand? Panisch schloss er die Augen. Sie hatte recht. Er empfand etwas. Endlich war er wieder dazu imstande.

„Ich bin voller Hoffnung“, flüsterte er. „Hoffnung: eine positive Erwartung, die jemand in jemanden oder etwas setzt.“

Daisy starrte ihn an und fragte sich, ob er überhaupt eine Ahnung hatte, was er mit seinen Worten anstellte. Sie konnte kaum noch einen klaren Gedanken fassen. „Bring mich in dein Zimmer, Justice.“

Es machte keinen Unterschied, ob sie jetzt noch warteten oder sich direkt liebten. Seit sie ihn wiedergesehen hatte, war ihr klar, dass sie mit ihm schlafen wollte. Natürlich konnten sie auch ein Glas Wein trinken und den wunderschönen Sonnenuntergang genießen. Doch es würde nur das Unvermeidbare hinausschieben.

Sie verzehrte sich nach ihm. Schon immer war sie verrückt nach ihm gewesen. Und obwohl ihm der Unfall einen Teil seiner Erinnerungen geraubt hatte, spürte sie, dass er sie nicht vergessen hatte. Er begehrte sie ebenfalls.

Rasch zog sie ihn zum Fahrstuhl.

„Ich nehme an, wir gehen?“, fragte er heiser.

„Ja.“

Er zuckte mit den Schultern. „Einverstanden. Aber nur damit du es weißt: Der Fahrstuhl zu meinem Zimmer befindet sich auf der anderen Seite.“

Sofort zog sie ihn zum richtigen Aufzug. Über seine Lippen schien so etwas wie ein Lächeln zu huschen.

„Und es hat nicht einmal wehgetan, oder?“, fragte sie.

„Wie bitte?“

„Das Lächeln.“ Sie freute sich, als er erneut lächelte.

Die Aufzugtüren öffneten sich. Daisy und Justice stiegen ein und fuhren schweigend nach oben. Sie spürte, wie die Spannung zwischen ihnen immer größer wurde. Kaum noch konnte sie sich zurückhalten. Sie begehrte ihn unglaublich.

Als sich die Türen öffneten, sagte Justice: „Fünfundzwanzig, null, eins.“

Schweigend gingen sie zu seiner Zimmertür.

„Wow!“, staunte sie, als er sie in seine luxuriöse Suite eintreten ließ.

„Ich brauche viel Platz und Komfort. Da ich als Kind viel entbehren musste, will ich es mir jetzt so gut wie möglich gehen lassen.“

„Das überrascht mich nicht.“ Daisy durchquerte den Wohnbereich, der einen atemberaubenden Blick auf den Strand und das Meer bot. „Wer hätte gedacht, dass du einmal in so einem Luxus leben würdest?“

„Ich. Mir war früh klar, dass mich mein Talent einmal reich machen würde. Ich habe mein Leben geplant.“

„Im Planen warst du immer gut.“

„Man braucht nur Entschlossenheit und ein gewisses Gespür.“

Sie lächelte. „Man braucht vor allem Glück.“

Er schüttelte den Kopf. „Ich glaube nicht an Glück. Ich bin der Meinung, dass man zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sein muss.“

„In anderen Worten: Man braucht … Glück.“

Er hob die Brauen. „Ist es Glück, dass du heute hier bist?“

„Natürlich. Wenn ich deinen Namen nicht auf dem Plakat gelesen hätte, wäre ich jetzt nicht hier.“

„Du warst zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort.“ Er kam näher und brachte ihr Herz dazu, schneller zu schlagen. „Siehst du?“

„Ich kann von Glück reden.“ Sie seufzte. „Und was hast du jetzt vor?“

Er zögerte und blickte sie eindringlich an. Schließlich kam er noch näher und legte ihr die Arme um die Hüften. „Zuerst ziehe ich dich aus. Anschließend schlafe ich mit dir.“

Und dann presste er heiß und gierig seine Lippen auf ihren Mund.

3. KAPITEL

Sogleich schlang Daisy die Arme um Justices Nacken und vertiefte den Kuss. Seine Methoden waren ungewöhnlich, aber sie gefielen ihr.

Seine Lippen waren so schön warm und weich. Sie genoss das erotische Spiel seiner Zunge und stöhnte leise.

„Du weißt nicht, wie lange ich das schon tun wollte“, murmelte er.

„Nein. Aber wahrscheinlich kannst du es mir auf die Minute genau sagen.“

„Auf die Nanosekunde genau.“ Er küsste sie zärtlich. „Sag mir, was du dir wünschst. Ich möchte dich die ganze Nacht verwöhnen.“

„Ich habe gehofft, dass du das sagen würdest.“

Er lächelte. „Sollen wir das Licht ausmachen, wenn ich dich ausziehe? Dann wirst du nur noch vom Licht der untergehenden Sonne angestrahlt.“

Das war das Schönste, das er heute zu ihr gesagt hatte. Er schien nicht nur die Wissenschaftssprache zu beherrschen.

„Du solltest dich beeilen“, erwiderte Daisy. „Die Sonne ist fast untergegangen.“

„Ich habe keine Eile. Nicht, wenn es sich um etwas so Bedeutendes handelt.“

Seine Worte fachten ihre Lust noch weiter an. „Oh Justice! Ich habe solche Angst gehabt.“

„Wovor?“ Er runzelte die Stirn. „Doch nicht etwa vor mir, oder?“

„Teilweise schon. Ich hatte Angst davor, dass du dich verändert hast. Zuerst dachte ich, dass du ein anderer Mensch geworden bist. Das ist ja auch normal. Jeder verändert sich mit der Zeit.“

„Sehr scharfsinnig von dir.“

Sie musste lachen. „Trotzdem bist du irgendwie noch der Alte. Obwohl du unnahbar wirkst und dich ständig deines Fachjargons bedienst, sehe ich den Justice von damals vor mir.“

„Das ist gut, nehme ich an.“

„Es ist …“ Plötzlich stiegen ihr Tränen in die Augen. Sie wandte sich ab, um sie sich wegzuwischen, und hoffte, dass er sie nicht bemerkt hatte. Geistesabwesend öffnete sie die Knöpfe seines Hemds. „Es ist … wunderbar.“

„Vielleicht wird es sogar noch besser“, erwiderte er rau und beschäftigte sich mit ihrer Bluse, die er ihr im Nu zusammen mit dem BH auszog.

Tatsächlich wurde ihr nackter Oberkörper in das lilafarbene Licht der untergehenden Sonne getaucht. Zärtlich umfasste Justice ihre Brüste und reizte ihre Brustwarzen mit den Daumen. Daisy stöhnte und spürte, dass ihre Beine unter ihr nachgaben.

...

Autor

Day Leclaire
<p>Day Leclaire lebt auf der Insel Hatteras Island vor der Küste North Carolinas. Zwar toben alljährlich heftige Stürme über die Insel, sodass für Stunden die Stromzufuhr unterbrochen ist, aber das ansonsten sehr milde Klima, der Fischreichtum und der wundervolle Seeblick entschädigen sie dafür mehr als genug. Day interessiert sich seit...
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Tawny Weber
<p>Schon immer liebte Tawny Weber Liebesromane, vor allem seit sie auf ein paar Geschichten in ihrer Grundschulbibliothek stieß, die sie sofort fesselten. Was gibt es Besseres als Romane mit spannenden Wendungen und einem Happy End – oder noch besser – mit erotischen Liebeszenen zu lesen? Nichts, denn das sind die...
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Brenda Harlen
<p>Brenda ist eine ehemalige Rechtsanwältin, die einst das Privileg hatte vor dem obersten Gerichtshof von Kanada vorzusprechen. Vor fünf Jahren gab sie ihre Anwaltskanzlei auf um sich um ihre Kinder zu kümmern und insgeheim ihren Traum von einem selbst geschriebenen Buch zu verwirklichen. Sie schrieb sich in einem Liebesroman Schreibkurs...
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Kristin Hardy
Kristin Hardy studierte Geologie und Physik und arbeitete nach ihrem Abschluss in Connecticut im Auftrag der NASA an der Entwicklung eines Telekops mit, dass mittlerweile die Erde umkreist. Doch der Drang zu schreiben wuchs.
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