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Luke ist Callies großer Schwarm - obwohl ihre Familien seit Jahrzehnten verfeindet sind. Doch als er sie zu verführen versucht, gibt sie sich unnahbar. Wie kann sie sicher sein, dass er es ernst mit ihr meint? Den Heiratsantrag hat er ihr schließlich nur gemacht, um seinen Vater zu ärgern, oder?


  • Erscheinungstag 28.03.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733756314
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Lucky war wieder da!

Die Nachricht schlug in Mamie’s Frisiersalon an der Hauptstraße der Kleinstadt Latour wie eine Bombe ein. An einem Dienstag herrschte dort stets Hochbetrieb, doch Callianne Magruder brauchte gar nicht erst zu hören, was die Kundinnen redeten. Bei Lucky Parker entwickelte sie stets einen sechsten Sinn, auch wenn er ihr nichts wie Ärger einbrachte.

Während sie sich um Mrs. Pendergasts dünnes graues Haar bemühte, gab sie sich völlig gelassen. Dabei blickte sie immer wieder auf die Straße, wo Lucky soeben aus seinem teuren Wagen stieg.

Callie blieb fast das Herz stehen. Er kam zu ihr in den Salon!

Am frühen Nachmittag herrschte in diesem Teil Louisianas eine fast unerträgliche Hitze. Trotzdem bewegte Lucky sich genauso lässig wie damals vor zehn Jahren, als er fortging. Das blonde Haar war unverändert ziemlich lang, die athletische Figur hatte auf dem Footballfeld noch zugelegt – ja, er war der Goldjunge von Latour, der Held dieser Stadt, der nach Hause kam.

Bei seinem Anblick versetzte es Callie wie früher einen Stich ins Herz. Hastig konzentrierte sie sich darauf, die Lockenwickler aus Mrs. Pendergasts Haar zu entfernen. Es war vernünftiger, auf ein gutes Trinkgeld der reichsten Kundin hinzuarbeiten, als an diesen Mann zu denken. Das brachte ihr ohnedies nur Kummer und Sorgen, wie schon ihr Großvater stets behauptet hatte. Und wegen der Feindschaft zwischen den beiden Familien konnte es gar nicht anders sein.

Vor langer Zeit war ihr Großvater mit der Frau durchgebrannt, die Ben Parker heiraten wollte, und hatte den Streit entfacht, der bereits fast vierzig Jahre andauerte. In einer Stadt wie Latour durfte sich kein Magruder mit einem Parker anlegen und glauben, damit durchzukommen.

Callie wusste aus eigener bitterer Erfahrung, dass es falsch war, sich Hoffnungen auf Bens einzigen Nachkommen zu machen. Ein Mal war sie dumm genug gewesen, diesen Fehler zu begehen, aber sicher kein zweites Mal.

Trotzdem blickte sie wieder mit Hoffen und Bangen auf die Hauptstraße hinaus. Wenn er wirklich in Mamie’s Salon kam, gab es jedenfalls jede Menge Gerede. Bei der Vorstellung wurde ihr jetzt schon übel.

Schlimmer noch – was sollte sie zu Lucky sagen? In einer so kleinen Stadt wie Latour blieb nichts verborgen. Sie hatte zehn Jahre Zeit gehabt, sich auf diesen Moment vorzubereiten. Je näher Lucky ihr jedoch kam, desto deutlicher merkte sie, dass sie überhaupt nicht vorbereitet war. Wieso wurde sie nicht zornig? Wieso vergaß sie beim Anblick dieses Mannes alles andere?

Nein, diesmal sollte es anders laufen. Wenn er dachte, ein Lächeln würde genügen, hatte er sich getäuscht. Im Gegensatz zu früher ließ sich Callie Magruder nicht mehr als Fußabstreifer benützen.

Er ging einfach am Friseursalon vorbei …

Callie sah ihm verwirrt nach. Aber das war typisch. Ein Parker lachte immer zuletzt. Da ging er hin, als wäre alles in schönster Ordnung, und sie hatte sich aufgeregt und fand für den Zorn nun kein Ventil. Von wegen sechster Sinn!

Erst als Mrs. Pendergast kurz stöhnte, merkte Callie, dass sie das Haar der armen Frau viel zu rau bürstete. Hastig brachte sie die grauen Löckchen in Form, benützte jede Menge Haarspray und entließ die Kundin, bevor noch Schlimmeres passierte.

Sie musste sich zusammennehmen, sonst blieb sie nicht mehr lange Friseurin. Dabei hatte sie sich diesen Beruf gar nicht ausgesucht, sondern etwas Höheres angestrebt. Callianne Magruder war eine hervorragende Schülerin gewesen, der alle Möglichkeiten offen standen. Das war allerdings vor der Zeit mit Lucky Parker gewesen.

Während sie den Boden fegte, redete sie sich ein, dass es besser war, wenn sie Lucky nicht zu Gesicht bekam. Sie musste sich nichts mehr beweisen. Es reichte, dass sie die Schulden bezahlen und ihrem Sohn ein Dach über dem Kopf bieten konnte. Was war dagegen schon eine heiße Liebesaffäre in jungen Jahren, die viel zu schnell und vor allem schmerzlich geendet hatte!

Vater und Sohn Parker hatten ihr bisher nur Leid und Kummer bereitet. Das rief sie sich ins Gedächtnis, während sie das abgeschnittene graue Haar in den Abfalleimer warf. Hoffentlich hatte sie nie wieder mit einem der beiden Kontakt. Gegenwart und Zukunft brachten genug Probleme. Da brauchte sie sich nicht auch noch mit der Vergangenheit zu beschäftigen.

Sollte Lucky doch an ihr vorbeigehen und sich bis in alle Ewigkeit von ihr fernhalten. Sie verschwendete bestimmt keinen einzigen Gedanken mehr an ihn.

Luke Parker blieb stehen und drehte sich zu Mamie’s Salon um. Wem wollte er denn etwas vormachen? Er schob doch nur das Unvermeidliche hinaus.

Es hieß, man sollte nie nach hinten blicken, und wenn er die schäbigen Läden in seiner Heimatstadt sah, war er genau dieser Meinung. Er hätte nicht zurückkehren sollen. Für andere Menschen mochten vertraute Namen und Orte schön sein. Ihm brachten sie nur unangenehme Erinnerungen.

Trotzdem war er nun in Latour, und er hatte gar keine andere Wahl, als zu Mamie’s Salon zu gehen. Es gefiel ihm nicht, aber es musste sein. Der Zweck heiligt die Mittel, wie es so schön heißt. In diesem Fall ging es eigentlich nur darum, den Schaden so weit wie möglich zu begrenzen.

Sein Vater war Meister darin, andere Menschen zu benützen. Luke lehnte das ab, doch in einem Punkt hatte der alte Herr recht. Jeder Mann kam irgendwann in seinem Leben an einen Scheideweg und musste die weitere Richtung wählen.

Nach zweiunddreißig Lebensjahren, in denen er hauptsächlich an sich gedacht hatte, war es nun für ihn so weit. Und diesmal würde er sich richtig entscheiden.

Ungewollt erinnerte er sich an Callie Magruder, wie er sie das letzte Mal gesehen hatte – jung, unschuldig und den Tränen nahe, als er die Stadt verließ.

Entschlossen öffnete Luke die Tür des Salons. Sein Vater war ihm kein Vorbild, aber einen guten Grundsatz hatte er doch: Unangenehme Aufgaben bringt man so schnell wie möglich hinter sich.

Sieben Sessel standen vor der Spiegelwand. Sechs davon waren besetzt, und die Kundinnen wirbelten geradezu herum, als er eintrat. Luke achtete nicht auf sie, sondern sah direkt zu Callie, die gerade den Boden fegte. An ihren Bewegungen war leicht zu erkennen, wie zornig sie war.

Luke ließ sich nichts anmerken, sondern ging zu Mamie Saunders, die er wegen ihrer schrillen Stimme und der Klatschsucht nicht sonderlich mochte. Wie die meisten Frauen in der Stadt schmolz sie jedoch bei dem berühmten Parkerlächeln dahin.

Mamie war zwar sichtlich überrascht, als er sie bat, Callie eine Pause zu geben, doch sie war sofort einverstanden.

Hinter ihm wisperten und raunten die Kundinnen. Er achtete nicht darauf, sondern sah sich Callie genauer an, die Frau, die er verlassen hatte.

Sie hatte an den richtigen Stellen zugelegt und war in den letzten zehn Jahren weiblicher geworden. In New York hatte er mit Models und Filmstars zu tun gehabt, aber sie zählten nicht mehr.

„Callie“, sagte er leise, um sie nicht zu erschrecken.

Sie zuckte zusammen und drehte sich langsam um. Dabei wurde sie blass, als würde sie ein Gespenst sehen. Das braune Haar war noch immer lang und glatt, die Jeans schmiegte sich um die Hüften, die ärmellose Bluse hatte bessere Zeiten gesehen.

„Hast du einen Moment Zeit?“, fragte er.

„Lass mich in Ruhe, Lucky Parker“, erwiderte sie eisig. „Bleib du lieber in deinen Kreisen.“

Das war kein guter Anfang, doch so leicht gab er nicht auf. „Luke“, verbesserte er sie. „Die Leute nennen mich endlich bei meinem richtigen Namen. Schließlich bin ich zweiunddreißig. Lucky gehört der Vergangenheit an, findest du nicht?“

Callie schwieg und hielt sich am Besen fest, damit niemand merkte, dass sie zitterte. Fast eins neunzig groß, breitschulterig, athletisch, das war Lucky … Verzeihung, Luke Parker höchstpersönlich, und er stand direkt vor ihr.

Du darfst keinen Menschen nach dem Aussehen beurteilen, hatte Großvater ihr stets eingeschärft. Nur nach seinen Taten!

„Callie“, drängte er, „könnten wir irgendwo ungestört miteinander reden?“

Sämtliche Blicke waren auf sie beide gerichtet. Die Gespräche waren verstummt. Keine Kundin wollte sich auch nur ein Wort entgehen lassen. Natürlich wussten alle, wer Luke war, aber niemand ahnte, was er von Callie wollte. Damals waren sie nur kurz zusammen gewesen, ohne dass es an die Öffentlichkeit gedrungen war.

„Ich will von dir nichts hören“, wehrte Callie ab, hatte jedoch vergessen, wie hartnäckig er war.

„Keine Sorge, ich habe mit Mamie gesprochen. Sie ist einverstanden, dass du eine Pause einlegst.“

„Mich hat niemand gefragt, ob ich einverstanden bin.“

„Du hast dich nicht geändert, Cal“, stellte er fest und lachte leise. „Du hast es einem schon immer schwer gemacht.“

„Alles ändert sich auf der Welt, sogar die dumme kleine Callie Magruder“, entgegnete sie und lehnte den Besen an die Wand. „Was willst du, Luke?“

„Typisch meine Callie“, stellte er fest. „Nie um den heißen Brei schleichen, bloß keine Zeit verlieren.“

„Bist du vielleicht hier, um nett zu plaudern?“, fragte sie ironisch. „Ich bin sehr beschäftigt“, fuhr sie leise fort. „Bestimmt gibt es auch noch andere Frauen in der Stadt, mit denen du dich unterhalten könntest.“

„Fünf Minuten, Callie, mehr nicht“, drängte er. „Was ist denn schon dabei?“

„Warum lässt du mich nicht in Ruhe?“, fragte sie scharf. „Was willst du?“

Er sah sie beschwörend an. „Wenn du das wissen willst, musst du dir fünf Minuten Zeit nehmen. Ich kann es auch hier und jetzt sagen“, fügte er hinzu und sah sich im Salon um. „Dann erfahren es wenigstens gleich alle.“

Callie schauderte bei der Vorstellung. „Warum tust du das?“, fauchte sie ihn gedämpft an. „Hast du noch nicht genug angerichtet?“

Er ließ sich nicht beeindrucken. „Hör mir einfach zu, es ist wichtig.“

Sie hasste die Gerüchteküche, und sie verübelte es Luke, dass er sie in diese Lage gebracht hatte, doch nun hatte sie keine andere Wahl. „Also schön, fünf Minuten und keine Sekunde länger“, entschied sie und verließ unter den neugierigen Blicken der anderen den Salon.

Luke war noch vor ihr bei der Tür und hielt sie ihr auf, und als sie an ihm vorbeiging, spürte sie wie damals diese unwiderstehliche Anziehung. Offenbar wurde sie ja doch nie klug, was Luke Parker betraf.

Schwüle Hitze schlug ihr entgegen, fast unerträglich nach dem klimatisierten Frisiersalon. Schweigend gingen sie Richtung Hauptplatz.

„Du siehst toll aus, Callie“, stellte Luke fest. „Balsam für meine müden Augen.“

Da hatte sie nun die alte Jeans und die noch ältere Bluse an, und das Haar kräuselte sich wegen der Luftfeuchtigkeit. Eigentlich hätte sie Luke das Lob verübeln sollen, aber leider hatte sie schon seit Ewigkeiten kein Kompliment mehr erhalten. Darum sog sie seine Worte in sich auf wie ausgedörrte Erde den lang ersehnten Regen.

Dabei wusste sie nur zu genau, dass es für Luke typisch war, jeder Frau das Gefühl zu geben, hübsch und wertvoll zu sein. Genau das hatte ihr eine Menge Probleme eingehandelt.

„Spar dir das Süßholzraspeln, Luke Parker“, wehrte sie ab. „Das wirkt nicht mehr. Dafür warst du zu lange in New York. Was machst du eigentlich wieder in Latour?“

Er zögerte einen Moment mit der Antwort. „Schulterverletzung. Meine Zeit im Rampenlicht war abgelaufen, und dann ist auch New York nicht mehr sonderlich interessant.“

Aber wenigstens hatte er eine interessante Zeit hinter sich. Das war der Unterschied zwischen ihm und ihr. Luke hatte Geld, sah gut aus und kam aus einer angesehenen Familie. Sie dagegen hatte nichts weiter als Sorgen und zehn Mal mehr Verantwortungsbewusstsein als er.

Der kleine Park auf dem Hauptplatz bildete eine grüne Oase mitten in der Stadt. In der Hitze des Sommers hing jedoch sogar das Spanische Moos vertrocknet von den Ästen der Bäume.

„In Latour ist es kaum so interessant wie in New York“, stellte sie fest und sah sich auf dem menschenleeren Platz um.

„Stimmt.“ Er führte sie zu einer Steinbank an der Ecke. „Allerdings richtet sich das Leben nicht nach den Wünschen, die man eigentlich hat. Ich muss einfach abwarten, wie es weitergeht.“

Callie wich seinem Blick aus. „Fünf Minuten“, erinnerte sie ihn. „Zwei sind schon um. Du solltest endlich damit herausrücken, was du willst.“

„Nun ja, es ist kompliziert.“

„Dann verschieben wir es“, entschied sie und wollte weggehen.

Er hielt sie am Arm fest, und Callie konnte kaum atmen. Zu viele Erinnerungen stürmten auf sie ein.

„Hör mich an“, bat er. „Du wirst es nicht bereuen. Ich habe einen Vorschlag für dich. Ein Geschäft, könnte man sagen.“

„Ein Parker will ein Geschäft mit einer Magruder machen, und er will dabei auch noch anständig sein? Wieso fällt es mir äußerst schwer, das zu glauben?“

Sekundenlang stand er schweigend neben ihr, ließ ihren Arm los und fragte unvermittelt: „Wieso arbeitest du eigentlich in Mamie’s Salon? Du wolltest Krankenschwester werden. Warst du nicht auf dem College?“

„Wie du so richtig bemerkt hast, erfüllt einem das Leben nicht unbedingt alle Wünsche.“ Mehr als nötig wollte sie ihm auf keinen Fall enthüllen. „Ich habe ein Kind, einen Jungen“, fuhr sie fort und sorgte dafür, dass er hörte, wie stolz sie war. „Sein Name ist Robbie.“

„Ja“, bestätigte er und sah sie noch immer nicht an. „Ich habe gehört, dass du Reb Jenkins geheiratet hast. Eine ziemlich spontane Entscheidung, nicht wahr? Wie lange nach der Highschool war das? Drei Monate?“

„Wir waren verliebt“, entgegnete sie abweisend und achtete sorgfältig darauf, keine Gefühle zu zeigen. „Wenigstens dachten wir das damals. Später mussten wir einsehen, dass es nicht so war. Wir haben uns aber bemüht, das Beste daraus zu machen.“

„Du meinst, du hast dich bemüht, und Reb hat es ausgenutzt.“

Klar, dass er das so auslegte. Luke und Reb hatten sich nie verstanden, weil sie stets in allem miteinander konkurriert hatten. Und Luke hatte normalerweise gewonnen.

„Reb und ich waren letztlich wie Feuer und Wasser“, erklärte sie. „Schon nach einem Jahr ist er nach New Orleans verschwunden. Das nehme ich wenigstens an, weil er dort die Scheidung eingereicht hat.“

„Hast du ihn nicht wegen böswilligen Verlassens verklagt?“

Das sagte ausgerechnet Luke Parker? „Wo nichts ist, ist auch nichts zu holen“, entgegnete sie lässig. „Ich brauche Reb nicht. Robbie und ich kommen großartig ohne ihn zurecht.“

„Ach ja, dein Sohn Robbie. Wie alt ist er jetzt? Neun? Zehn?“

„Er ist gerade neun geworden“, erwiderte sie und hoffte, ihn ablenken zu können. „Reb wollte damals nicht mit Kindern warten.“

„Dieser Reb“, sagte Luke zornig. „Alles hat er angefangen, aber nichts zu Ende geführt.“

Darauf musste sie ihm einfach eine passende Antwort geben. „Nur wer frei ist von Schuld, der werfe den ersten Stein.“

„Du beziehst dich auf die Bibel, Cal?“, fragte er gereizt. „Das erinnert mich an meinen alten Herrn.“

„Vergleiche mich nie mit Ben Parker!“ Es reichte ihr. Mit diesem Mann wollte sie nicht im selben Atemzug genannt werden. „Also, ein letztes Mal. Was willst du von mir, Luke?“

Er war sichtlich überrascht, dass sie energisch auftrat, lenkte jedoch ein. „Gut. Du hast mal zu mir gesagt, ich müsste dich nur bitten, wenn ich einen Gefallen von dir brauche.“

„Na, du bist wirklich gut, Luke!“, platzte sie heraus. „Eben noch beleidigst du mich, indem du mich mit Ben vergleichst, und im nächsten Atemzug erinnerst du mich an ein zehn Jahre zurückliegendes Versprechen und forderst einen Gefallen von mir?“

Um seinen Mund legte sich ein harter Zug. „Ben will, dass ich die Geschäfte unserer Familie übernehme.“

Vor Jahren musste es zwischen Vater und Sohn zu einer Katastrophe gekommen sein, über die Luke nie sprach. An der Highschool hatte er zwar das Geld seines Vaters ausgegeben, sich jedoch standhaft geweigert, jemals für Parker Industries zu arbeiten.

„Du streitest also wieder mit Ben“, stellte sie fest. „Ich begreife nicht, was das mit mir zu tun hat.“

„Er wird mich so lange unter Druck setzen, bis ich etwas unternehme“, setzte Luke ihr auseinander. „Darum möchte ich dafür sorgen, dass er absolut nichts mehr von mir wissen will und lieber einen Clown an die Spitze seines Unternehmens setzen würde. Da kommst du ins Spiel.“

„Ach, habe ich vielleicht eine rote Knollennase und überdimensionale Schuhe?“, fragte sie abweisend.

„Das nicht.“ Er lächelte flüchtig. „Ich denke dabei eher daran, dass du eine Frau bist.“

Sie traute ihren Ohren nicht. „Das kannst du vergessen“, wehrte sie ab. „Ich denke nämlich gar nicht daran, deine Freundin zu spielen, nur um deinen Vater zu verärgern.“

„Davon war auch nicht die Rede.“ Schlagartig wurde er ernst. „Callie, ich möchte, dass du mich heiratest.“

2. KAPITEL

Callie verschlug es die Sprache. Mit allem hatte sie gerechnet, aber nicht mit einem Heiratsantrag!

„Es ist die einzige Lösung“, beteuerte Luke. „Nur so werde ich meinen Vater endgültig los, und er lässt mich für immer in Ruhe.“

Callie hätte gern widersprochen, aber in ihrem Kopf drehte sich alles. Wahrscheinlich hatten ihm die Ärzte nach seinem Unfall auf dem Footballfeld so starke Medikamente gegeben, dass er noch heute nicht klar denken konnte. Das war die einzige Erklärung für seinen Vorschlag.

Sie und Luke Parker ein Ehepaar? Sicher, vor zehn Jahren hätte sie alles dafür getan, aber sie war eben nicht mehr das unschuldige Mädchen von damals.

„Du hast den Verstand verloren“, erklärte sie schließlich. „Bist du eigentlich so von dir selbst eingenommen, dass du denkst, ich würde darauf eingehen?“

„Hör mir weiter zu“, bat er und griff nach ihren Händen. „Du wirst bald merken, dass es auch zu deinem Vorteil ist.“

„Ja, sicher.“ Sie löste sich rasch von ihm, weil sie nur zu genau wusste, wie stark er auf sie wirkte. „Meine Familie hat stets draufgezahlt, wenn wir mit den Parkers zu tun hatten.“

Anstatt zu widersprechen, nickte er. „Diesmal wird keiner den anderen übervorteilen. Und ich behaupte nicht, dass ich ein Wohltäter bin. Ich habe auch einen Vorteil von der Sache. Wie gesagt, es geht um ein Geschäft.“

„Seltsames Geschäft, bei dem du eine Frau und den Sohn eines anderen Mannes bekommst. Wäre es nicht einfacher, du sagst deinem Vater, dass du nicht für ihn arbeiten wirst?“

„Du solltest besser als alle anderen wissen, dass Ben Parker keinen Widerspruch gelten lässt“, erwiderte er geradezu enttäuscht.

„Liegt wohl in der Familie.“

Er tat, als hätte er nichts gehört. „Ich stecke in der Klemme. Wenn dir eine andere Möglichkeit einfällt, wie ich meinen Vater loswerde, bin ich dir dankbar. Ich weiß nur, dass es perfekt wirken wird, wenn ich Zeke Magruders Enkelin heirate. Sei mir nicht böse, aber du weißt, wie Ben über dich und deine Familie denkt. Wenn ich mit einer Magruder lebe, lässt er mich nie wieder in die Nähe seiner über alles geliebten Firma.“

Wenigstens hatte er in diesem Punkt recht. Zwischen ihr und Ben Parker herrschte tiefe Abneigung. Trotzdem begriff sie Luke nicht. Eine Heirat war schließlich ein großer Schritt.

„Während des Aufenthalts im Norden hast du offenbar den Rest an gesundem Menschenverstand verloren, den du jemals besessen hast“, hielt sie ihm vor. „Hast du schon vergessen, dass wir damals eine Beziehung versucht haben? Ganze fünf Wochen hat es gedauert.“

Er richtete die blauen Augen forschend auf sie. „Damals ist es nicht um eine Beziehung gegangen, Callie. Ich habe dir vorn vornherein erklärt, dass ich nur Freundschaft suche.“

Stimmt, das hatte er gesagt, aber er hatte sich nicht dementsprechend verhalten. „Und jetzt willst du eine Ehefrau haben.“ Sie wurde mit jeder Minute zorniger. „Was ich haben will, spielt wohl keine Rolle.“

„Und was willst du haben, Cal?“

„Nichts von dir, Luke“, erwiderte sie.

„Die meisten Leute wollen Geld“, fuhr er trotzdem fort. „Wenn du mir hilfst, Cal, sorge ich finanziell für dich. Du brauchst dann nicht mehr zu arbeiten und …“

„Ich werde meine Stelle nicht aufgeben.“ Die Arbeit bei Mamie war sicher nicht das Ziel ihres Lebens gewesen, aber sie verdiente dort genug und arbeitete gut. „Ich will keinen Cent von Ben Parkers Geld.“

„Dann sind wir uns ja einig“, versicherte Luke. „Ich habe in New York eigenes Geld verdient. Du gehörst nicht in Mamie’s Salon, und das wissen wir beide. Wenn du willst, arbeite weiter dort, aber du solltest ans College gehen. Darum werde ich in den Eheverträgen nicht nur ausreichend für dich und deinen Sohn sorgen, sondern auch deine weitere Ausbildung finanzieren.“

Magruders nahmen keine Almosen von einem Parker an. „Wenn ich studieren möchte, kann ich mir das College selbst finanzieren.“

„Das weiß ich“, versicherte er. „Aber in gewisser Weise biete ich dir eine Arbeitsstelle an, und dafür erhältst du einen Arbeitslohn. Außerdem spreche ich nicht nur von deiner Ausbildung, sondern auch von der deines Sohnes.“

Klar, dass Luke ihre Schwachstelle fand. Robbie bedeutete ihr unendlich viel. Um ihm ein besseres Leben zu ermöglichen, hätte sie fast alles getan.

„Und als Beweis für meine guten Absichten“, fuhr Luke fort, „sorge ich dafür, dass die Ärzte im Sanatorium deinen Großvater unserer Pflege anvertrauen. Wir achten darauf, dass er meinen Vater in Ruhe lässt. Dann gibt es keinen Grund mehr dafür, dass er weiter an diesem Ort bleibt.“

Nur zu deutlich erinnerte Callie sich an die Verzweiflung ihres Großvaters, als er weggebracht wurde. Sie hatte alles versucht, um ihm zu helfen, doch Geld verlieh den meisten Einfluss, und davon hatte Ben Parker mehr als genug. Sie war hilflos gewesen.

„Du kommst zu spät“, erwiderte sie so ruhig wie nur möglich. „Großvater ist letzten Winter gestorben.“

„Tut mir leid, Callie, ich weiß, wie viel er dir bedeutet hat.“

Richtig, das wusste er, und sein Mitgefühl verleitete sie dazu, mehr zu sagen, als sie wollte.

„Es hieß, er wäre an Altersschwäche gestorben, doch bevor dein Vater ihn in diese grässliche Anstalt geschickt hat, ging es ihm gut. Es war falsch, dass mein Großvater deinen Vater unausgesetzt belästigt hat, aber das hat ihn auch am Leben erhalten. Er hat sich daran geklammert, dass er eines Tages unser Zuhause wiederbekommt. Ben Parker hat ihn dafür in einer Nervenheilanstalt einsperren lassen. Damit hat er ihm nicht nur die Freiheit, sondern auch den Lebenswillen genommen. Und ich musste der Rache deines Vaters tatenlos zusehen.“

„Einen Moment, ich würde nicht von Rache …“

„Ich schon, Luke.“ Sie schnitt ihm das Wort ab, bevor er seinen Vater verteidigen konnte. „Ben hat meinen Großvater in den Tod getrieben, und das nur, weil die Frau, die Ben haben wollte, meinen Großvater geheiratet hat. Bens Rache hat damit angefangen, dass er uns unsere Farm weggenommen hat, und erzähle mir nicht, das wüsstest du nicht.“

„Davon habe ich nie etwas gehört“, versicherte er.

„Großvater hat vor Jahren eine Hypothek aufgenommen, ohne es mir zu sagen“, erklärte sie daraufhin. „Dein Vater wusste Bescheid und hat diese Hypothek der Bank abgekauft. Einen Monat später wurden wir von der Farm vertrieben. Danach begann Großvater mit seinem Feldzug gegen deinen Vater, der wiederum drohte, auf unserem Land eine Fabrik zu bauen.“

„Ich schwöre dir, Cal, davon weiß ich nichts“, beteuerte Luke.

Autor

Barbara Benedict
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